Teil 1: Spektroskopie

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Gliederung
(1)
(2)
(3)
(4)
Spektroskopie (Galla)
Elektrochemie, Membranbiophysik (Adam-Läuger-Stark)
BPC2-Praktikum (MPIbp)
Formeln-Zusammenfassung
Teil 1: Spektroskopie
Für die Spektroskopie an biologischen Molekülen können Wellenlängen von 1 nm (Röntgenstrahlung)
bis zu 1 m (Radiowellen für NMR) verwendet werden.
Lipid-Membranen
Zusammensetzung
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Proteingehalt: 20% (Myelin-Membran der Nerven) bis 80% (innere Mitochondrienmembran)
der Membrantrockenmasse.
Phospholipide nehmen den größten Teil der Membranlipide ein. Dann kommen Glykolipide
und Cholesterol
20% der Gesamtmasse ist Wasser, das fest gebunden für die Aufrechterhaltung der
Membranstruktur erforderlich ist.
Membran hat ca. 4nm Dicke, dynamisch: laterale Bewegelichkeit, Rotation um eigene Achse.
Modell-Membranen
Lyotropie: Eigenschaft von Materialien, die flüssig-kristalline Phasen ausbilden, wenn ein
Lösungsmittel hinzugefügt wird.
Lyotroper Polymorphismus: Die makroskopische Struktur der Lipid-Doppelschicht ist von der Art der
Phospholipide und vom Wassergehalt der Lipid-Dispersion abhängig.
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Phosphatidylcholine bilden bis zu einem Wassergehalt von 30% (Massenanteil) eine
lamellare Phase aus parallelen, übereinandergestapelten Doppelschichten.
Bei höherem Wassergehalt entsteht eine heterogene Dispersion aus geschlossenen,
multilamellaren Strukturen.
Bei sehr hohem Wasserüberschuss (>95%) bilden sich Liposomen/Vesikel, konzentrisch
angeordnete Doppelschichten. Durch Behandlung mit Ultraschall entstehen dadurch
unilamellare (eine Doppelschicht) Vesikel mit 20-50nm Durchmesser.
Thermotrope Phasenumwandlungen: abhängig vom Lipid. Häufig auftretende thermotrope Phasen
sind Lα, Pβ und Lβ. Das Phasendiagramm zeigt ihre Existenzbereiche.
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Die Lβ-Phase ist kristallin mit 1D-lamellarer Anordnung. Die CH-Ketten liegen gestreckt in
trans-Konformation nebeneinander und sind um 30° gegen die Membrannormale geneigt.
Die Neigung ist abhängig vom Flächen-Bedarf der Kopfgruppe (0,5 nm² für DPPC) und der
gesättigten CH-Ketten (0,4 nm²). So wird die Hohe laterale Packungsdichte der Ketten
erreicht. Es handelt sich um eine langreichweitige 2D-Ordnung aus einem verzerrten quasihexagonalen Gitter.
Die Pβ Phase ist ebenso kristallin, besitzt aber im Vergleich zur Lβ Phase eine periodische
Wellung als Überstruktur (Ripple-Struktur). Neigung: 30°-50°, reguläres hexagonales Gitter.
Die Lα Phase zeigt wegen der großen Zahl an gauche-Isomeren eine hohe Beweglichkeit der
CH-Ketten  fluide oder flüssigkristalline Phase. Die lamellare Struktur bleibt erhalten, die
Lipid-Moleküle sind jedoch entkoppelt. Die Dicke der Lipiddoppelschicht ist geringer als in
der Lβ Phase.
Phasen-Übergänge sind endotherm und verlaufen kooperativ. Lβ  Lα ist die
Hauptumwandlung; Lβ  Pβ die Vorumwandlung von Lipid-Membranen
Die Übergangstemperaturen sind abhängig von der Struktur der Kopfgruppe, der Länge und
dem Sättigungsgrad der CH-Kette und bei geladenen Lipiden von dem pH-Wert und der
Ionensträke der Dispersion.
Molekulare Dynamik in Lipid-Membranen
Der Anstieg der Lipid-Beweglichkeit bei der Hauptumwandlung ist auf die thermisch induzierte
Bildung von Rotationsisomeren der CH-Ketten zurückzuführen.
Die gauche-trans-gauche- (gtg-) Kinke entsteht aus der gestreckten CH-Kette in all-trans
Konformation durch Rotation um 120° um eine C-C-Bindung und einer simultanen Rotation um -120°
um eine übernächste C-C-Bindung. Eine einzelne gauche-Konformation ist aus sterischen Gründen
in der Membran unwahrscheinlich. Die Kinke bewirkt eine laterale Versetzung in der CH-Kette.
Dadurch entsteht ein freies Volumen in der Membran, in das Fremd-Moleküle eingebaut werden
können. Die Gesamtlänge der CH-Kette wird durch eine gtg-Kinke um 0,127 nm verkürzt (Abnahme
der Membran-Dicke). In der kristallinen Phase liegen 7% der CH2-Segmente in gauche-Konformation
vor, während es in der fluiden Phase 40% sind.
Absorptionsspektroskopie im UV- und VIS-Bereich
Wellenlänge-Frequenz-Beziehung
Energie eines Lichtquants
mit ℎ = 6,63 ∙ 10−34 𝐽𝐽𝐽𝐽
Resonanzbedingung für die Absorption!
1𝑒𝑒𝑒𝑒 = 1,602 ∙ 10−19 𝐽𝐽
1𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚 = 6,02 ∙ 1023 = 1𝐸𝐸 (Einstein)
Die Induktionsflussdichte B [Tesla=1vs/m²]
ist proportional zur magnetischen Feldstärke
H [A/m]; 𝜇𝜇 ist relative Permeabilität, 𝜇𝜇0 ist
Induktionskonstante
Zeitliche Änderung des elektrischen
Feldstärkevektors, 𝐸𝐸𝑥𝑥 ist Amplitude.
Ladungsverteilung im Grundzustand
Dipolmoment im Grundzustand bzw.
angeregten Zustand
Übergangsdipolmoment
Dipolstärke ist das Quadrat des Betrags des
Übergangsdipolmoments.
Dipolstärke kann auch aus der Fläche unter
dem Frequenz-abhängigen
Absorptionssignal erhalten werden.
Multiplizität
𝜆𝜆 ∙ 𝜈𝜈 = 𝑐𝑐 = 2,998 ∙ 108 𝑚𝑚/𝑠𝑠
𝐸𝐸 = ℎ ∙ 𝜈𝜈
𝐵𝐵 = 𝜇𝜇 ∙ 𝜇𝜇0 ∙ 𝐻𝐻
𝐸𝐸𝑥𝑥 = 𝐸𝐸𝑥𝑥0 ∙ cos 2𝜋𝜋𝜋𝜋𝜋𝜋
𝜓𝜓0
𝜇𝜇0 bzw. 𝜇𝜇1
𝜇𝜇01
𝐷𝐷01 = |𝜇𝜇01 |2 =
1,63 ∙ 10−38 ∙ 𝜀𝜀𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚 ∙
𝑀𝑀 = 2𝑆𝑆 + 1
∆𝜆𝜆
𝜆𝜆
Der UV-VIS-Bereich umfasst Wellenlängen von 180 bis 800 nm. Absorption setzt die Wechselwirkung
zwischen Licht und Materie voraus, wobei das Photon seine Energie an die Moleküle abgibt. Licht ist
eine transversale Welle, die in Raum und Zeit oszilliert. Die oszillierenden Vektoren des elektrischen
und magnetischen Feldes stehen senkrecht aufeinander. Für die UV/VIS-Absorption ist lediglich der
elektrische Feldvektor relevant.
Bei Molekülen, die klein gegenüber der Lichtwellenlänge sind, kann die Oszillation im Raum
vernachlässigt werden. Es muss nur die zeitabhängige Änderung des elektrischen Feldstärkevektors
𝟐𝟐
betrachtet werden: 𝐸𝐸𝑥𝑥 = 𝐸𝐸𝑥𝑥0 ∙ cos 2𝜋𝜋𝜋𝜋𝜋𝜋. Die Intensität des Lichtes ist proportional zu �𝑬𝑬𝟎𝟎𝒙𝒙 � .
Der lichtabsorbierende Teil eines Moleküls (Chromophor), besitzt eine bestimmte räumliche
Verteilung 𝜓𝜓 der elektrischen Ladung (quantenmechanisch definiert man spezifische
Wellenfunktionen). Elektronegativitäts-Unterschiede zwischen den Atomen im Molekül sind Ursache
für ein Dipol-Moment 𝜇𝜇. Bei der Absorption von Licht wird die Ladungsverteilung durch das
oszillierende Strahlungsfeld verändert, sodass 𝝍𝝍𝟎𝟎 → 𝝍𝝍𝟏𝟏 und 𝝁𝝁𝟎𝟎 → 𝝁𝝁𝟏𝟏 . Die Differenz zwischen dem
Dipolmoment des Grundzustandes und dem Dipolmoment des angeregten Zustandes bezeichnet
man als Übergangsdipolmoment 𝝁𝝁𝟎𝟎𝟎𝟎 . Die Orientierung von 𝜇𝜇01 definiert die Polarisationsebene der
Absorption. Licht geeigneter Frequenz kann optimal absorbiert werden, wenn die
Schwingungsrichtung des elektrischen Feldstärkevektors der elektromagnetischen Welle mit der
Richtung des Übergangsdipolmomentes übereinstimmt.
Ist die Dipolstärke null, so kann auch bei erfüllter Resonanzbedingung kein Übergang erfolgen
(Übergangsdipolmoment hat keine Länge). Liegen die Werte von 𝐷𝐷01 nahe null, spricht man von
einem verbotenen Übergang, liegen die Werte nahe eins, spricht man von einem erlaubten
Übergang.
Elektronische Übergänge und Struktur des Spektrums
Die Absorption im UV/VIS-Bereich induziert Übergänge zwischen elektronischen Energieniveaus, von
einem energetisch niedrigen, in ein energetisch höheres Orbital. Die elektronischen Niveaus sind in
Schwingungsniveaus unterteilt (Die weitere Unterteilung in Rotationsniveaus ist für die
Absorptionsspektroskopie in Lösungen nicht relevant).
Das Verhalten eines Moleküls wird durch das Modell eines
zweiatomigen anharmonischen Oszillators wiedergegeben.
Quantenmechanisch ergibt sich, dass die
Aufenthaltswahrscheinlichkeit der Elektronen der einzelnen
Schwingungsniveaus am Rande der Potentialkurve am größten ist.
Ausnahme: Grundzustand, wo sich das Elektron am
wahrscheinlichsten in der Nähe der Ruhelage 𝒓𝒓𝟎𝟎 der Kerne befindet.
Nach der Boltzmann-Statistik befinden sich bei Raumtemperatur fast alle Moleküle im
Schwingungsgrundzustand des elektronischen Grundzustandes. Von dort aus erfolgt die
Lichtabsorption. Da die Absorption mit 1 fs schneller ist als eine Molekülschwingung mit 100 fs,
erfolgt der Absorptionsübergang bei fester Kernlage, also vertikal (Franck-Condon Prinzip).
Überlappen die Wellenfunktionen, ist die Übergangswahrscheinlichkeit in dieses Schwingungsniveau
groß, sodass mehrere Schwingungsniveaus erreicht werden können, je nach Lage der beiden
Potentialkurven.
Das Absorptionsspektrum ist die Auftragung der Absorptionswahrscheinlichkeit gegen die
Wellenlänge. Die Molekül-abhängige Strukturierung ergibt sich aus den Schwingungsniveaus (00,
01, 02 Übergänge). Ist die 00 Bande am intensivsten liegt ein symmetrisches Spektrum vor.
Das Jablonski-Termschema zeigt Übergänge zwischen horizontalen Linien.
Die elektronischen Übergänge lassen sich nach den beteiligten Molekülorbitalen klassifizieren. Im
Grundzustand kommen bindende σ-Orbitale (bilden Einfachbindungen), π-Orbitale (bilden
Mehrfachbindungen) und bei Heteroatomen wie N oder O nichtbindende n-Orbitale vor, die von
einsamen Elektronenpaaren besetzt werden.
Von diesen Orbitalen kann ein Elektron in die antibindenden
Orbitale des angeregten Zustandes angehoben werden,
nämlich in das σ*-Orbital oder in das π*-Orbital. Beide
zeigen in der Elektronendichteverteilung einen
Knotenpunkt auf der Bindungsachse. Der energetisch hoch
liegende Übergang σ σ* und der Übergang n σ* sind für
die Spektroskopie von Biomolekülen nicht von Interesse.
Relevant sind die π π* und die energetisch niedrigen n
π* Übergänge.
Absorptionsübergänge können auch über ihre
Spinanordnung klassifiziert werden. Elektronen in
bindenden Orbitalen haben antiparallele Spinorientierung.
Die Multiplizität für S=0 ist M=2S+1=1. Dieser
Singulettzustand ist meist der Grundzustand (S0-Zustand)
des Moleküls, Ausnahme: Sauerstoff (T0-Zustand). Beim
Übergang in ein antibindendes Orbital kann der antiparallele
Spinzustand erhalten bleiben (S1, S2,… -Zustände) oder es
findet beim Absorptionsprozess eine Spinumkehr statt,
sodass M=3, also ein Triplettzustand erhalten wird. T1 liegt
energetisch unter S1.
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Der S0S1-Übergang gehört zu den erlaubten Übergängen und hat eine hohe
Übergangswahrscheinlichkeit.
Der S0T1-Übergang ist Spin-verboten. Eine Auswahlregel (Ableitung aus dem
Drehimpulserhaltungssatz) besagt, dass sich der Gesamtspin bei einem Übergang nicht
ändern darf. Dies bedeutet, dass auch bei erfüllter Resonanzbedingung die Intensität der
Absorptionsbanden S0T1 sehr klein ist.
Quantifizierung der Lichtabsorption
Die Absorptionswahrscheinlichkeit bei gegebener Wellenlänge wird durch den molaren
Extinktionskoeffizienten bestimmt. Die Extinktion ist in einer mehrkomponentigen Lösung eine
additive Größe. Treten bei hohen Konzentrationen Molekülassoziationen auf, sind positive und
negative Abweichungen vom Lambert-Beer Gesetz möglich.
Streulichteffekte (z.B. bei Dispersion) erhöhen die Extinktion künstlich, da das Streulicht in der
Bilanz des transmittierten Lichtes fehlt.
Exponentieller Abfall der Intensität 𝐼𝐼0 in
einer transparenten Substanz der Dicke d
[cm]. α ist für die Substanz charakteristisch.
wenn Substanz der Konzentration c
absorbiert und Lömi nicht absorbiert =>
Lambert-Beersches Gesetz: 𝛼𝛼 = 2,303 ∙ 𝜀𝜀 ∙
𝑐𝑐, [1000𝑐𝑐𝑐𝑐²/𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚] ∙ [𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚/𝑙𝑙]
% Transmission ist Anteil des nicht
absorbierten Lichtes
𝐼𝐼 = 𝐼𝐼0 ∙ 𝑒𝑒 −𝛼𝛼𝛼𝛼
𝐼𝐼 = 𝐼𝐼0 ∙ 10−𝜀𝜀𝜀𝜀𝑑𝑑
𝐼𝐼0
lg = 𝜀𝜀𝜀𝜀𝑑𝑑 = 𝐴𝐴 = 𝐸𝐸
𝐼𝐼
𝑇𝑇% = 𝐼𝐼/𝐼𝐼0 ∙ 100
Absorption=Extinktion
Für d=1cm: OD
𝑂𝑂𝑂𝑂 = 1 → 𝑇𝑇% = 10
Lösungsmitteleinflüsse
Das Lösungsmittel hat einen Einfluss auf den Energieunterschied zwischen Grund- und
Anregungszustand, wodurch es zur Verschiebung des Absorptionsmaximums kommt. Bei Wechsel
von apolarem zu polarem Lömi (Polaritätserhöhung), kann sich das Absorptionsmaximimum für die
π π* und die n π* Übergänge auf verschiedene Weisen verschieben.
größere Wellenlänge (Bathochromie, Rotverschiebung => größere Wellenlänge) beobachtet man
bei π π*-Übergängen.
Die Polarisierbarkeit des Lösungsmittels wird durch die dielektrische Konstante definiert und
stabilisiert den Zustand mit dem größten Dipolmoment (in jedem Fall der angeregte Zustand). Das
heißt, dass der π*-Zustand im polaren Medium energetisch stärker abgesenkt wird, als der
π-Zustand. Dadurch hat der π  π*-Übergang in polarem Medium einen geringeren
Energieunterschied, wodurch die Absorption rotverschoben ist.
kleinere Wellenlänge (Hypsochromie, Blauverschiebung => kleinere Wellenlänge) beobachtet man
bei n π* Übergängen.
Die Moleküle des Lösungsmittels besitzen aber auch ein permanentes Dipolmoment. Die besetzten
nicht-bindenden Orbitale können dadurch eine starke Wechselwirkung mit dem Lömi eingehen und
z.B. als Akzeptoren für H-Brücken fungieren. Dadurch ist die energetische Absenkung des
n-Zustandes stärker als die des π*-Zustandes. Der Energieunterschied des n  π*-Übergangs wird im
polaren Medium größer, wodurch die Absorption blauverschoben ist.
Anwendungsbeispiele
Chromophore
Viele Proteine enthalten Chromophore als
prosthetische Gruppe:
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Porphyrine in Hämoglobin, Cytochromen oder
Chlorophyll.
Coenzyme wie NADH oder der IsoalloxazinRest im FADH2 haben hohen
Extinktionskoeffizienten.
Die cis-trans Isomerisierung von Retinal in
Rhodopsinen kann
Apsorptionsspektrometrisch verfolgt werden.
Aminosäuren (W, Y, F) und Basen der
Nukleinsäuren weisen intensive Absorption
auf.
Aminosäuren und Peptide
Peptidbindung
•
π  π*-Übergang: 190nm, ε~7000
•
n  π*-Übergang: 220nm, ε~100 (Symmetrie-verboten)
Der Grundzustandsdipol der Peptid-Bindung liegt nahezu entlang der C=O Bindungsachse. Die
Absorption ist damit von der Konformation eines Polypeptids abhängig. Extinktionskoeffizient und
Absorptionsmaximum 𝜆𝜆𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚 unterscheiden sich daher bei α-Helices und β-Faltblättern.
Die Absorption bei 210-220nm (n  π*-Übergang), kann nicht zur Quantifizierung des Proteingehalts
herangezogen werden, da sie sich mit der Absorption von Seitenketten wie Asp, Asn, Glu, Gln und
Arg überlagert.
Warum eginet sich denn nicht der π  π*-Übergang? Eigene Überlegung: Die π-Bindung würde zerstört, es würde
freie Drehbarkeit um die Peptidbindung resultieren => Denaturierung!
Daher verwendet man die Absorption der aromatischen Aminosäuren W, Y, F, die zwischen 260 und
280 nm ihre Absorptionsmaxima haben. Da W sehr selten in Proteinen vorkommt, wird oft die
Y-Absorption gemessen. Liegt Trp in einem Protein vor, so lässt es sich als natürliche Sonde
verwenden, um die Polarisationsänderung bei Konformationsänderungen oder bei Wechselwirkung
mit hydrophoben Membranen zu verfolgen.
Warum besitzen unterschiedliche Konformere unterschiedliche Absorptionsspektren? Jede AS besitzt
ein Übergangsdipolmoment. Diese sind im Raum zueinander angeordnet und wechselwirken
miteinander. Es kommt zur Aufhebung der Entartung.
Lineardichroismus
Dichroitisches Verhältnis: Steht das Übergangsdipolmoment parallel zur Orientierungsachse der
Moleküle (𝜀𝜀∥ ≫ 𝜀𝜀⊥ ) ist d>0, stehen sie orthogonal zueinander ist d<0.
𝑑𝑑 =
𝜀𝜀∥ − 𝜀𝜀⊥
𝜀𝜀∥ + 𝜀𝜀⊥
n  π*-Übergang und π π*-Übergang haben
unterschiedlich orientierte Übergangsdipolmomente.
Voraussetzung ist eine feste, ein-achsige
Orientierung der Moleküle, sodass die
Übergangsdipolmomente ausgerichtet sind. Jedes
Dipolmoment besitzt zwei Komponenten senkrecht
zur Ausbreitungsrichtung des Lichts (x-Richtung), die
für die Absorption verantwortlich sind: 𝜇𝜇∥ (xz-Ebene)
und 𝜇𝜇⊥ (xy-Ebene).
Nun folgt die Messung des Absorptionsspektrums mit
parallelem und senkrecht linear polarisiertem Licht.
Zur Unterscheidung verschiedener Übergänge wird
die Extinktion parallel 𝜀𝜀∥ und senkrecht 𝜀𝜀⊥ zur
Orientierungsachse des Moleküls notiert und das
dichrotische Verhältnis bestimmt.
Wenn 𝝁𝝁𝝅𝝅𝝅𝝅∗ nicht parallel zu 𝝁𝝁𝒏𝒏𝒏𝒏∗ steht, sind die Übergänge unterscheidbar (siehe Abbildung von Poly-LGlutamin: Pfeile deuten die Richtungen der Übergangsdipolmomente an). Sind die Lage des
Übergangsdipolmomentes sowie die Struktur bekannt, kann man aus dem Dichroismus die
Orientierung der Chromophore im Makromolekül bestimmen. An einer orientierten Lösung von DNAMolekülen in der B-Form resultierte d<0. Da das Übergangsdipolmoment in der Ebene der Basen liegt, müssen die
Basenpaare senkrecht zur Moleküllängsachse orientiert sein.
Lineardichroitsches Spektrum und Absorptionsspektrum
(Poly-L-Lysin). Die einzelnen Absorptionsbanden sind im
Lineardichrotischen Spektrum (max/min/max) viel besser
unterscheidbar: Im Absorptionsspektrum ist die
Überlagerung der n  π* und π π*-Übergänge zu
erkennen. Mithilfe des Lineardichroismus kann die
Anisotropie der Absorptionsbande demonstriert werden.
Hypochromie und Hyperchromie
Höher organisierte, geordnetere Zustände, also Konformationen mit intensiver Wechselwirkung
zwischen den Chromophoren zeigen eine Abnahme der Absorption.
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α-Helix hat geringere Extinktion im Vergleich zum Zufallsknäuel.
Poly-Adenosin hat geringere Extinktion im Vergleich zu monomerem AMP.
Native DNA hat geringe Extinktion bei 260 nm als thermisch denaturierte oder enzymatisch
gespaltene.
Die Hypochromie von Nukleinsäuren kann ausgenutzt werden, um das Temperatur-abhängige
Schmelzen des Doppelstranges zu verfolgen.
Dimer aus miteinander interagierenden Monomeren 1 und 2. Diese sind ungeladen (reine DipolDipol-WW). Die Wechselwirkung zwischen den Monomeren kann eine Absenkung (bei negativer
Wechselwirkungsenergie V12 => anziehende WW) oder Anhebung (bei positiver WE V12 =>
abstoßende WW) der Energie des Übergangs Ea bewirken.
Betrachtung verschiedener Orientierungen des Übergangsdipolmomentes. Da dieses fest mit der
Molekülachse verbunden ist: Betrachtung verschiedener Molekülorientierungen.
Bei einer Stapelanordnung der Monomere, sind parallele von antiparalleler Orientierung zu
unterscheiden. Es resultiert eine Netto-Blauverschiebung des Spektrums.
(1) Parallel => klassische Abstoßung zweier Dipole, der die Energie Ea um den Betrag V12
erhöht. => Blauverschiebung.
(2) Antiparallel => klassische Anziehung, wodurch Ea um V12 erniedrigt wird. Hier erhält man
jedoch durch Addition der Übergangsdipolmomente den Wert Null (Dipolstärke ist null),
weshalb hier kein Übergang beobachtet wird. => Rotverschiebung tritt also nicht auf.
Bei einer Hintereinander-Anordnung der Dipole sind Kopf-Schwanz-Anordnung von Kopf-KopfAnordnung zu unterscheiden. Es resultiert eine Netto-Rotverschiebung des Spektrums.
(1) Kopf-Schwanz-Anordnung => Anziehung (negatives V12) => Rotverschiebung.
(2) Kopf-Kopf-Anordnung => Abstoßung (positives V12). Die Dipole heben sich auf =>
Blauverschobener Übergang wird nicht beobachtet.
Sind die Dipole unter einem bestimmten Winkel angeordnet, so sind beide Übergänge möglich. Es
resultiert eine Aufspaltung in zwei Absorptionslinien. Die Intensitätsverteilung ist vom Winkel
zwischen den Dipolen abhängig. Dieser Effekt wird als Exciton-Aufspaltung (analog zur kollektiven
Anregung von Phononen in Festkörpern) oder als Davydov-Aufspaltung (Entdecker) bezeichnet.
Die Folge der Anregungsdelokalisation ist die Hypo- bzw. Hyperchromie.
•
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Bei einer Stapelanordnung (Blauverschiebung) nimmt die spektrale Intensität am
niederenergetischen Ende der Absorptionsbande ab (Hypochromie).
Bei einer Hintereinander-Anordnung (Rotverschiebung) nimmt die spektrale Intensität am
niederenergetischen Ende des Spektrums zu (Hyperchromie).
Nach der Kuhn-Thomas-Regel ist jedoch die Summe aller Intensitäten konstant. Wenn also bei 260 nm die
Intensität von Nukleinsäuren im Polymer kleiner ist als bei gleicher Zahl von Monomeren, muss sie in einem anderen
Bereich des Spektrums zugenommen haben. Bei polymeren Nukleinsäuren tritt die Hyperchromie bei kleinen Wellenlängen
außerhalb des UV/VIS-Bereichs auf. Hypochromie bei einer Wellenlänge ist immer an Hyperchromie bei
einer anderen Wellenlänge gekoppelt.
Optische Rotationsdispersion und Circulardichroismus
ORD und CD sind spezielle Arten der Absorptionsspektroskopie im UV- oder VIS-Bereich. Grundlage
beider Methoden ist die Wechselwirkung linear polarisierten Lichts mit optisch aktiven Substanzen:
•
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ORD: Die linear polarisierte Welle wird beim Durchlaufen des Mediums Wellenlängenabhängig in ihrer Polarisationsrichtung gedreht.
CD: Die beiden zirkular polarisierten Komponenten, aus denen eine linear polarisierte Welle
zusammengesetzt ist, werden zusätzlich verschieden stark absorbiert.
Physikalische Grundlagen
Bei einer natürlichen Lichtquelle sind die Vektoren des elektrischen und magnetischen Feldes isotrop
im Raum verteilt. Bei linear polarisiertem Licht schwingt der E-Feldvektor nur in einer Ebene
senkrecht zur Ausbreitungsrichtung. Die Richtung des E-Feldvektors entspricht der
Polarisationsrichtung.
Polarisationszustände des Lichts
Eine linear polarisierte Welle lässt sich in zwei zirkular polarisierte Komponenten zerlegen, bei
denen die E-Feldvektoren um die Ausbreitungsrichtung rotieren. Dem Umlaufsinn entsprechend
werden diese als links- bzw. rechts-zirkular polarisiert bezeichnet (Blickrichtung: dem Strahl
entgegengerichtet). Die Summe ergibt zu jeder Zeit den E-Feldvektor des linear polarisierten Lichts.
Sind die Amplituden der zwei zirkular polarisierten Wellen verschieden, entsteht elliptisch
polarisiertes Licht.
Linear polarisiertes Licht kann durch einen Polarisationsfilter erzeugt werden. Sie bestehen meist
aus Kunststofffolien, in die submikroskopische, dichroitische Kristalle parallel zueinander
eingelagert sind. Diese absorbieren Licht, das parallel orientiert ist und lassen den senkrecht
orientierten Anteil mit geringer Schwächung passieren. Dagegen basieren klassische Polarisatoren
auf Doppelbrechung, Streuung oder Reflexion (z.B. Nicol-Prisma).
Zur Erzeugung zirkular polarisierten Lichtes benötigt man zwei linear polarisierte Wellen, die
senkrecht aufeinander stehen und deren Phasen um eine viertel Wellenlänge (90°) gegeneinander
verschoben sind. Der resultierende Summenvektor umläuft dann die Ausbreitungsrichtung auf einer
Spiralbahn. In der Projektion umläuft der Vektor eine Kreisbahn.
Der Gangunterschied von 90° wird durch ein λ/4-Plättchen erzeugt, einer Platte aus
doppelbrechendem Material (Doppelbrechung: Lichtbündel wird in zwei senkrecht zueinander
polarisierte Teilbündel aufgespalten), das parallel zur optischen Achse geschnitten ist.
Für natürliches Licht wird in Durchstrahlrichtung keine Doppelbrechung erhalten. Fällt linear
polarisiertes Licht auf die doppelbrechende Platte, wobei die Polarisationsebene genau zwischen der
schnellen und der langsamen Achse liegt, wird es in zwei linear polarisierte Komponenten gleicher
Intensität aufgespalten:
•
•
Der ordentliche Strahl steht senkrecht zur optischen Achse des Kristalls (langsame Achse)
Der außerordentliche Strahl steht parallel zur optischen Achse des Kristalls (schnelle Achse)
Beide Strahlen stehen also senkrecht aufeinander. Wegen der unterschiedlichen
Lichtgeschwindigkeiten, haben die beiden Strahlen bei Austritt aus dem λ/4-Plättchen einen
Gangunterschied, der bei geeigneter Plattendicke gerade 90° ist. Dabei läuft der außerordentliche
Strahl dem ordentlichen voraus.
•
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Hat das eingestrahlte Licht einen Winkel von 45° zur optischen Achse des Kristalls, so wird
rechts-zirkular polarisiertes Licht erhalten.
Hat das eingestrahlte Licht einen Winkel von -45° (315°) zur optischen Achse des Kristalls, so
sind langsame und schnelle Achsen vertauscht, sodass links-zirkular polarisiertes Licht
erhalten wird.
In elliptisch polarisiertem Licht sind Amplitude und Phase frei wählbar. Zirkular und linear
polarisiertes Licht ist ein Spezielfall des elliptisch polarisierten Lichtes:
•
•
Bei zirkular polarisiertem Licht bleibt die Amplitude der Orthogonalstrahlen unbeeinflusst,
während die Phase um 90° verschoben ist.
Bei linear polarisiertem Licht sind sowohl Amplitude, als auch Phase der Orthogonalstrahlen
identisch.
Optische Rotationsdispersion
Die Brechzahl 𝒏𝒏 = 𝒄𝒄𝟎𝟎 /𝒄𝒄 ist das Verhältnis zwischen Lichtgeschwindigkeit im Vakuum und in der
Materie.
U
Durchläuft linear polarisiertes Licht ein optisch aktives Medium, so wird die Polarisationsebene um
einen Winkel α gedreht. Der Drehwinkel ist der Schichtdicke und in Lösungen der Konzentration des
optisch aktiven Substrats proportional. Dispersion bezeichnet die Wellenlängen-Abhängigkeit des
Rotationsvermögens.
Die Lichtgeschwindigkeiten für links- bzw. rechts-zirkular polarisiertes Licht sind in einer optisch
aktiven Substanz unterschiedlich. So erfahren die zwei Komponenten beim Durchlaufen einer
Materieschicht eine unterschiedliche Zeitverzögerung (Gangunterschied). Dieser hat direkte
Auswirkung auf die Polarisationsrichtung des linear polarisierten Lichtes nach Austritt aus der
Materieschicht. Durch Kombination der beiden zirkular polarisierenden Wellen wird linear
polarisiertes Licht erhalten, dass um den Winkel α im Vergleich zum auf die Materieschicht
eingefallenen linear polarisierten Licht gedreht ist.
Für jede Substanz mit einer solchen asymmetrischen Wechselwirkung gilt für den Drehwinkel in
Abhängigkeit von der Wellenlänge:
𝛼𝛼(𝜆𝜆) = 180° ∙
𝑑𝑑
∙ (𝑛𝑛𝐿𝐿 − 𝑛𝑛𝑅𝑅 )
𝜆𝜆
𝑛𝑛𝐿𝐿/𝑅𝑅 ist der Brechungsindex für links/rechts-zirkular polarisiertes Licht. 𝛼𝛼 ist einheitslos.
Als Stoffkonstante wird durch Normierung auf c und d die spezifische Drehung angegeben. Einheit:
[Grad*cm²/g], wenn c in [g/cm³].
[𝛼𝛼]𝜆𝜆 =
𝛼𝛼(𝜆𝜆)
𝑐𝑐 ∙ 𝑑𝑑
Molare Rotation bezieht sich auf relative Molekülmasse M in [g/mol]. Einheit: [Grad*cm²/mol]
[𝑀𝑀]𝜆𝜆 =
𝛼𝛼(𝜆𝜆) ∙ 𝑀𝑀
10 ∙ 𝑐𝑐 ∙ 𝑑𝑑
Bei polymeren Substanzen wie Peptiden bezieht man sich auf die mittlere Molekülmasse der
monomeren Einheiten. Typische molare Drehungen von Aminosäuren liegen im Bereich von 105 grad*cm²/mol; d.h.
eine 10−4 molare Lösung einer optisch aktiven Substanz bewirkt bei d=1cm eine Drehung der Polarisationsebene um 1°.
Dies entspricht ∆𝑛𝑛 = 1,6 ∙ 10−6 .
Die optische Rotation kann positiv (rechts-drehend) oder negativ (links-drehend) sein. Richtung und
Größe sind Wellenlängen-abhängig.
•
•
Ein Chromophor mit positivem Cotton-Effekt ist mit
steigender Frequenz zunächst rechts- (+) und dann
links-drehend (-).
Ein Chromophor mit negativem Cotton-Effekt geht
mit steigender Frequenz von einer links- in eine
Rechts-Drehung über.
Circulardichroismus
Beim Durchgang des linear polarisierten Lichts durch eine optisch aktive Substanz können nicht nur
die Lichtgeschwindigkeiten der beiden zirkular polarisierten Komponenten, sondern auch die
Extinktionskoeffizienzen 𝜺𝜺𝑳𝑳 und 𝜺𝜺𝑹𝑹 unterschiedlich sein. Eine stärkere Absorption des links-zirkular
polarisierten Lichts führt zur Verkürzung des Vektors der links-zirkular polarisierten Komponente. Der
Unterschied ∆𝜺𝜺 = 𝜺𝜺𝑳𝑳 − 𝜺𝜺𝑹𝑹 ist die eigentliche Messgröße, wobei in der CD-Spektroskopie die
Elliptizität angegeben wird:
𝜃𝜃(𝜆𝜆) = ln 10 ∙
[𝜀𝜀] = 𝑐𝑐𝑐𝑐²/𝑔𝑔, [𝑐𝑐] = 𝑔𝑔/𝑐𝑐𝑐𝑐³
180
∙ (𝜀𝜀𝐿𝐿′ − 𝜀𝜀𝑅𝑅′ ) ∙ 𝑐𝑐 ∙ 𝑑𝑑 ≈ 33 ∙ (𝜀𝜀𝐿𝐿′ − 𝜀𝜀𝑅𝑅′ ) ∙ 𝑐𝑐 ∙ 𝑑𝑑
2𝜋𝜋
Analog zur ORD kann man eine molare Elliptizität definieren:
[𝜃𝜃]𝜆𝜆 =
𝑀𝑀∙𝜃𝜃(𝜆𝜆)
10∙𝑐𝑐∙𝑑𝑑
= 3,3𝑀𝑀 ∙ ∆𝜀𝜀 (im Galla ist M=1000, warum?)
Die Wellenlängen-Abhängigkeit der Elliptizität zeigt das CD-Spektrum. Auch hier wird positiver
(rechts-zirkular polarisiertes Licht wird stärker absorbiert) und negativer (links-zirkular polarisiertes
Licht wird stärker absorbiert) Cotton-Effekt unterschieden.
Konzept des optisch aktiven Chromophors
Konfigurationsisomere (D- oder L-Konfiguration) drehen polarisiertes Licht mit gleichem Betrag
jeweils nach links oder nach rechts. Enantiomere besitzen weder eine Spiegelebene noch eine
Drehspiegelachse.
Optische Aktivität tritt nur bei vorhandener Chiralität auf. Diese ist notwendig und hinreichend für
das Auftreten von Enantiomerie.
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Ein asymmetrisches C-Atom ist häufig Ursache der Chiralität.
Bei Quarz z.B. liegt eine chirale Kristallstruktur vor, die die optische Aktivität verursacht.
Substituierte Allene sind durch die senkrechte Anordnung ihrer Liganden chiral.
Hexahelicen besitzt durch die sterische Behinderung der endständigen H-Atome eine
spiralförmige Struktur und ist daher chiral.
Für die Spektroskopie ist nicht primär die räumliche Anordnung des Moleküls von Interesse, sondern
die daraus resultierende Asymmetrie der Elektronenverteilung.
Bedingung für das Auftreten von optischer Aktivität ist die Tatsache, dass einfallendes Licht eine
helikale Ladungsverschiebung erzeugen kann. Daher wird die zirkular polarisierte Welle bevorzugt
absorbiert, die einen der helikalen Ladungsverschiebung entsprechenden Drehsinn besitzt.
Chromophore mit lokaler Symmetrie besitzen keine optische Aktivität. So ist Cyclohexanon optisch
inaktiv (zwei Spiegelebenen). Über induzierte Asymmetrie kann optische Aktivität erzeugt werden.
Dies geschieht hier über Einführung einer Methylgruppe: Methylcyclohexanon ist optisch aktiv.
Bei Proteinen ist die C=O Gruppe der Peptidbindung das Chromophor. Diese ist isoliert betrachtet
nicht optisch aktiv, was sich innerhalb eines Proteins aus zwei Gründen ändert:
(1) Aufgrund des benachbarten asymmetrischen C-Atoms tritt eine induzierte Asymmetrie auf,
die den Chromophor optisch aktiv werden lässt.
(2) Neben diesem statischen Einfluss, ist bei Proteinen die Kopplung mit anderen Chromophoren
wichtig: So erzeugt eine asymmetrische Sekundärstruktur (z.B. α-Helix) optisch aktive
Chromophore durch Bildung gekoppelter Oszillatoren ohne Symmetriezentrum oder
-ebene. Chiralität kann also auch durch die Struktur eines Makromoleküls resultieren,
weshalb über die CD-Spektroskopie auch die Konformation von Proteinen bestimmt werden
kann.
Messtechnik
Ein Monochromator lässt nur eine bestimmte Wellenlänge durch. Das monochromatische Licht fällt
auf einen Polarisator, der linear polarisiertes Licht erzeugt. Ein zweiter Polarisator hinter der
Probenkammer wird als Analysator verwendet.
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Ist die Probe optisch inaktiv, resultiert maximale Intensität am Photomultiplier bei paralleler
Orientierung von Polarisator und Analysator.
Bei einer optisch aktiven Probe wird die Polarisationsebene des Lichts gedreht, sodass der
Analysator um den entsprechenden Winkel nachgeführt werden muss, um maximale
Intensität zu erhalten.
Die Wellenlänge wird automatisch variiert und der jeweilige Drehwinkel gemessen. Es wird ein
ORD-Spektrum erhalten.
Zur Aufnahme eines CD-Spektrums muss die Absorption von links- bzw. rechts-zirkular polarisiertem
Licht gemessen werden. Dazu wird wie bei der ORD zunächst linear polarisiertes Licht eingestrahlt
(Lampe, Monochromator und Polarisator) und nach Durchstrahlen der Küvette das nun elliptisch
polarisierte Licht nacheinander für jede Wellenlänge in rechts- und links-zirkulierende Teile separiert
(CD-Modulator), verstärkt (Photomultiplier) und detektiert.
Dies ist theoretisch durch ein λ/4-Plättchen möglich. Das λ/4-Plättchen wird dabei stetig um
90° gedreht, um abwechselnd links- und rechts-zirkular polarisiertes Licht jeder
Wellenlänge zu erzeugen. So kann abwechselnd der Intensitätsverlust von rechts- und linkszirkular polarisiertem Licht nach Durchgang durch die Probe gemessen werden. Nach
Lambert-Beer können aus der Absorption die Extinktionskoeffizienten 𝜺𝜺𝑳𝑳 und 𝜺𝜺𝑹𝑹 und damit
auch die Elliptizität 𝜽𝜽~∆𝜺𝜺 bestimmt werden.
In der Praxis legt man ein elektrisches Wechselfeld an, anstatt das λ/4-Plättchen zu drehen. Im Takt
des Wechselfeldes wird damit unter Ausnutzung des piezoelektrischen Effekts die
Molekülorientierung im λ/4-Plättchen variiert (entspricht einer Drehung). Ein Photomultiplier misst
zeitabhängig im Takt dieses CD-Modulatros nach Durchstrahlen der Probe die Lichtintensität 𝐼𝐼𝐿𝐿 und
𝐼𝐼𝑅𝑅 . Die Elliptizität wird dann berechnet und als Funktion der Wellenlänge (CD-Spektrum)
ausgegeben.
Anwendungsbeispiele
Anhand des Cotton-Effekts ist es möglich durch Vergleich mit Standardsubstanzen Konformationen
von Makromolekülen zu bestimmen. Hierzu wird die CD-Spektroskopie als schnelle Methode zur
Sekundärstrukturanalyse von Proteinen und Polynukleotiden verwendet.
Analyse der Sekundärstruktur von Proteinen
Die Abbildung stellt am Beispiel von α-helikalem Poly-Alanin das
Apsorptionsspektrum dem CD-Spektrum gegenüber – es sind
außerdem die Peaks der einzelnen elektronischen Übergänge
einzeln hervorgehoben. Die unterschiedlichen elektronischen Übergänge,
die im Absorptionsspektrum überlappen, können wie gezeigt auch mit dem
Lineardichroismus dargestellt werden (siehe Beispiel Poly-Lysin). Insgesamt
drei aufgelöste Übergänge führen zur beobachteten Spektrenform
(bei 190 nm und 204 nm die ππ*-Übergänge und bei 220 nm der
nπ*-Übergang).
Die einzelnen Banden des CDSpektrums sind deutlich besser
aufgelöst. Das Spektrum ist
typisch für ein α-helikales
Protein. Die Form des CDSpektrums ändert sich
charakteristisch mit der
Konformation eines Peptids.
Der Bereich um 190 nm und
zwischen 210 und 220 nm ist
sehr gut geeignet, um
Konformationsänderungen in
Proteinen zu verfolgen (z.B. bei
thermischer Denaturierung).
Durch Computer-gestützte Spektren-Addition kann eine Konformationsanalyse natürlicher Proteine
durchgeführt werden. Dazu werden die CD-Spektren der drei Grundformen so oft anteilig überlagert,
bis eine Übereinstimmung mit dem experimentellen Spektrum erreicht ist. Dabei wird ein
Prozentsatz immer konstant gewählt (z.B. 20% Zufallsknäuel) und die anderen Prozentsätze ( α-Helix
und β-Faltblatt) variiert.
Für die Analyse von Protein-Spektren benötigt man Verlgeichsspektren!
Die CD-Spektroskopie an Proteinen ist nicht auf die Peptid-Bindung beschränkt. Prosthetische
Gruppen mit häufig typischen Absorptionsspektren im sichtbaren Bereich wurden intensiv mittels
CD-Spektroskopie untersucht.
Polynukleotide und Nukleinsäuren
Die optisch aktiven Gruppen in Nukleotiden sind die Purin- und Pyrimidin-Basen, wobei die
N-glykosidische Bindung sowie die helikale Anordnung im Polymer ursächlich sind. Damit sind die
CD-Spektren von der Basenstapelung abhängig, sodass Konformationsänderungen und LigandBindung analysiert werden können. Ribose und Phosphorester-Bindungen absorbieren nicht im
UV/VIS-Bereich.
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Bei der Polymerisierung von AMP ändert sich das Vorzeichen des Cottoneffekts (AMP:
negativ, polyA: positiv)
Temperatur-Abhängigkeit des CD-Spektrums von Adenosin-5‘-mononicotinat. Bei tiefen
Temperaturen sind Basen gestapelt (hohe Peaks), bei hohen Temperaturen dissoziiert.
Infrarot-Spektroskopie
Die Infrarot-Spektroskopie ist eine Absorptionsmethode im Wellenlängenbereich 2,5-250µm. Er
schließt sich direkt an das langwellige Ende des sichtbaren Bereichs an. Durch diese im Vergleich zum
UV-VIS-Licht energiearme Strahlung (Wärmestrahlung) können keine elektronischen Übergänge mit
Energieunterschieden von etwa 400 kJ/mol angeregt werden, sondern nur noch
Molekülschwingungen (40kJ/mol) und Molekülrotationen (4kJ/mol).
Die im IR beobachteten Banden sind also auch im UV/VIS-Spektrum vorhanden, aber nicht
ausreichend aufgelöst. Abgesehen vom Energieunterschied sind die physikalischen Prinzipien der
Vibrations-Absorptions-Spektroskopie die gleichen wie für elektronische Spektren (Lambert-Beer,
Übergangsdipolmomente, Dichroismus).
Das IR-Spektrum
Die Darstellung des IR-Spektrums unterscheidet sich von der des UV/VIS-Spektrums.
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Die Ordinate zeigt nicht den molaren Extinktionskoeffizienten, sondern die prozentuale
Transmission %𝑇𝑇 = 𝐼𝐼/𝐼𝐼0 ∙ 100 oder zum Teil die prozentuale Absorption %𝐴𝐴 = 100 − %𝑇𝑇.
Eine starke Absorptionsbande zeigt also im ersteren Fall nach unten.
Auf der Abszisse ist nicht die Wellenlänge, sondern von rechts nach links steigend der
reziproke Wert, die Wellenzahl 𝑣𝑣�[𝑐𝑐𝑚𝑚−1 ] = 104 /𝜆𝜆[µ𝑚𝑚] aufgetragen. Sie gibt an wieviele
Wellenlängen einen cm ergeben. Vorteil: Die Wellenzahl ist der Frequenz und damit dem
𝑐𝑐
𝜆𝜆
Energieunterschied proportional: 𝑣𝑣 = = 𝑐𝑐 ∙ 𝑣𝑣� → 𝐸𝐸 = ℎ𝑣𝑣 = ℎ𝑐𝑐𝑣𝑣�.
Oszillator-Modelle für zweiatomige Moleküle
Die Absorptionsbanden werden sowohl von intramolekularen Schwingungen der Atomkerne in
Richtung Kernverbindungsachse als auch von intermolekularen Schwingungen der Moleküle erzeugt.
Die Eigenschwingungen eines mehratomigen Moleküls mit einer definierten Frequenz lassen sich
anhand eines zweiatomigen Oszillators klassisch mechanisch erklären. Zwei kovalent verknüpfte
Atome befinden sich in einem mittleren Abstand zueinander (Gleichgewichtsabstand =>
Bindungslänge, z.B. C-H=0,107nm). Es herrscht ein Kräftegleichgewicht zwischen Abstoßung der
positiven Kerne und negativen Elektronenwolken sowie Anziehung zwischen Kernen und
Elektronen der jeweiligen Partner-Atome. Man betrachtet Atome als Punktmassen m1 und m2, die
über eine elastische Feder F (rücktreibende Kraft) verbunden sind.
Harmonischer Oszillator
k=Kraftkonstante
Das Hookesche Gesetz
𝐹𝐹 = −𝑘𝑘(𝑟𝑟 − 𝑟𝑟0 )
r=Abstand der Massenpunkte bei Auslenkung,
beschreibt die Rückstellkraft
r_0=Gleichgewichtsabstand,
negatives Vorzeichen, da die Kraft F der Auslenkung rder Feder, nach Kompression
r0 entgegengerichtet ist.
oder Extension der Feder.
1
Potentielle Energie des schwingenden Systems
𝐸𝐸 = 2 𝑘𝑘 ∙ (𝑟𝑟 − 𝑟𝑟0 )2
Vibrationsfrequenz
1
𝑘𝑘
𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣 = 2𝜋𝜋 ∙ �µ
Reduzierte Masse des Systems
Wellenzahl
erlaubte Energieniveaus
Resonanzbedingung (Energiedifferenz zwischen 2 benachbarten Niveaus)
Der Grundzustand besitzt quantenmechanisch die Nullpunktsenergie
𝑚𝑚 1 𝑚𝑚 2
1 +𝑚𝑚 2
𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣
𝑐𝑐
µ = 𝑚𝑚
𝑣𝑣� =
1
2
𝐸𝐸𝑣𝑣 = �𝑣𝑣 + � ℎ ∙ 𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣
𝐸𝐸𝑣𝑣 = 𝐸𝐸𝑣𝑣+1 − 𝐸𝐸𝑣𝑣 = ℎ𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣
1
𝐸𝐸0 = 2 ℎ𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣
Die potentielle Energie steigt symmetrisch auf einer parabolischen Kurve an. Der Scheitelpunkt der
Parabel liegt bei r0. Die Schwingungsfrequenz ist nur von der Kraftkonstante (Bindungsstärke) und
den schwingenden Massen abhängig, aber unabhängig von der Auslenkung.
Die auftretenden Schwingungsniveaus müssen quantenmechanisch erklärt werden: Alle molekularen
Energien sind diskret, weshalb die erlaubten Energieniveaus äquidistant sind. Die Quantenzahl v
kann die Werte 0,1,2,3… annehmen. Die Absorption findet nur bei erfüllter Resonanzbedingung statt
(Frequenz der Schwingung muss mit Frequenz der Strahlung übereinstimmen). Voraussetzung für ein
beobachtbares Spektrum ist, dass sich das Dipolmoment des Moleküls ändert. Das heißt, dass eine
Schwingung nur in heteronuklearen, zweiatomigen Molekülen IR-aktiv sein kann. Ein
homonukleares zweiatomiges Molekül hat kein Dipolmoment, sodass es auch nicht geändert werden
kann. In einem symmetrischen mehratomigen Molekül kann nur eine Schwingung, die
unsymmetrisch zum Symmetriezentrum erfolgt, IR-aktiv sein.
Aufgrund der Nullpunktenergie ist festgelegt, dass ein Molekül immer Schwingungen aufweist. Nur
klassisch ist ein ruhendes Atom möglich.
Anharmonischer Oszillator
Das h.O.-Modell kann für reale Moleküle nicht verwendet werden. Bindungen sind nur in einem
kleinen Bereich um ihre Gleichgewichtslänge elastisch und können bei großen
Schwingungsamplituden brechen. Statt der harmonischen Parabel gilt das Morse-Potential (LennardJones-Potential, wie bei Van-der-Waals Wechselwirkung). Die Abstände sind nicht mehr äquidistant
und das Molekül dissoziiert beim Überschreiten eines bestimmten Energiebetrages ∆𝐸𝐸𝐷𝐷 . Nach den
Auswahlregeln sind Übergänge mit ∆𝒗𝒗 = ±𝟏𝟏, ±𝟐𝟐, ±𝟑𝟑 … möglich, wobei die
Übergangswahrscheinlichkeit immer niedriger wird.
Aus dem Energieunterschied zwischen E0 und E1 lassen sich über die Boltzmann-Verteilung die
Besetzungszahlen der beiden Niveaus berechnen. Bei Raumtemperatur liegt die Besetzungszahl von
E1 bei etwa 1% der Besetzungszahl des Grundzustandes E0. Auch bei der IR-Spektroskopie gehen
demnach praktisch alle Übergänge von v=0 aus.
IR-aktive Schwingungen eines mehratomigen Moleküls
Die Lage eines Moleküls mit N Atomen ist durch 3N Koordinaten (x,y,z für jedes Atom) eindeutig
bestimmt. Ein Molekül hat damit 3N Freiheitsgrade. Die Translation des Gesamtmoleküls benötigt 3
Freiheitsgrade. Die Rotation eines nicht-linearen Moleküls benötigt ebenso 3 Freiheitsgrade. So
bleiben für die Vibration 3N-6 (nichtlineares Molekül) bzw. 3N-5 (lineares Molekül) Freiheitsgrade.
Bei einem linearen Molekül entfällt ein Rotationsfreiheitsgrad, wegen des geringen
Trägheitsmoments der Drehung um die Längsachse.
Damit ergeben sich für ein drei-atomiges nichtlineares Molekül wie H2O 3 FG und für ein lineares
Molekül wie CO2 4 FG der Vibration. So berechnete Schwingungen heißen Normalschwingungen.
Man unterscheidet aufgrund der Schwingungsform Valenzschwingungen und
Deformationsschwingungen voneinander.
Bei Valenzschwingungen/Streckschwingungen ändert sich die Bindungslänge. Es werden
symmetrische (𝒗𝒗𝒔𝒔 ) und asymmetrische (𝒗𝒗𝒂𝒂𝒂𝒂 ) Streckschwingungen unterschieden, je nachdem ob
eine vorhandene Molekülsymmetrie erhalten bleibt oder nicht.
Bei Deformationsschwingungen/Beugschwingungen ändert sich der Bindungswinkel. Es können
symmetrische (𝜹𝜹𝒔𝒔 ) und asymmetrische (𝜹𝜹𝒂𝒂𝒂𝒂 ) Beugschwingungen unterschieden werden.
Deformationsschwingungen sind in der Papierebene (in plane) oder senkrecht dazu (out of plane)
möglich.
Die Abbildung zeigt typische Schwingungen von CH2-Gruppen in CH-Ketten z.B. von Lipiden. Auch
Kopplungen zwischen Schwingungen benachbarter Gruppen haben Einfluss auf das IR-Spektrum.
Schwingungen, die charakteristisch für das Gesamtmolekül sind heißen Gerüstschwingungen. Sie
kommen nicht mehr durch einzelne funktionelle Gruppen (lokalisierte Schwingungen), sondern durch
das Molekül als Ganzes zustande. Durch die Überlagerung der Normalschwingungen mit den
Gerüstschwingungen ist die Zuordnung der lokalisierten Schwingungen stark erschwert. Dies gilt für
den Fingerprint-Bereich ab etwa 1500 cm-1, der für Reinsubstanzen anhand von Vergleichszwecken
eine eindeutige Identifizierung ermöglicht. Gerüstschwingungen sind umso ausgeprägter, je größer
das Molekül.
Nicht jede Schwingung ist IR-aktiv. Bei erfüllter Resonanzbedingung,
muss also nicht zwingend Absorption auftreten. Eine Schwingung ist nur
dann IR-aktiv, wenn sich das Dipolmoment des Moleküls im Verlauf der
Schwingung ändert. Beim CO2 ändert sich bei 𝑣𝑣𝑠𝑠 das Dipolmoment nicht,
wodurch sie nicht im IR-Spektrum sichtbar ist, trotz Eigenfrequenz bei
1330𝑐𝑐𝑚𝑚−1 . Bei Wasser ändert sich der Dipol für alle drei
Schwingungsmodi.
Da die meisten funktionellen Gruppen von Biomolekülen kein
Symmetriezentrum besitzen, kann die IR-Spektroskopie zur
Strukturbestimmung eingesetzt werden.
Einbeziehung der Rotation
Jedes Schwingungsniveau ist in mehrere Rotationsniveaus unterteilt. Analog zur Strukturierung des
UV-VIS-Absorptionsspektrums durch die Vibrationsniveaus führen hier die Rotationsniveaus zur
Strukturierung der IR-Banden. Rotationsspektren können aber nur bei Molekülen in der Gasphase
beobachtet werden. Bei fester oder gelöster Form ist dieser niederenergetische Übergang nicht von
Interesse.
Messtechnik
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Selber Aufbau wie für UV-VIS, nur andere Materialien, da anderer Wellenlängen-Bereich.
Lichtquelle: geheizter Festkörper aus Oxiden von Siliciumcarbid.
Nernst-Stift aus Zirkonoxid wird vorgeheizt, damit er elektrisch leitend wird (1500K). Er wird
über Strom auf dieser Temperatur gehalten.
Für Gitter oder Prismen in den Monochromatoren sowie für Linsen, Spiegel und
Probengefäße müssen spezielle Materialien verwendet werden, da Glas IR-Strahlung
absorbiert. Es werden daher Mineralsalze NaCl, KBr oder NaF verwendet.
Als Detektoren für IR-Strahlung werden Halbleiterdioden verwendet.
Spezielle IR-Techniken
Abgeschwächte Totalreflexion
Die Anwesenheit von Wasser schränkt die Möglichkeiten zur Strukturuntersuchung biologischer
Systeme mit IR-Spektroskopie stark ein, da die für Biomoleküle interessanten Resonanzen (C=N, C=O,
NH, OH) durch die starke IR-Absorption des Wassers um 1600 und 3400 𝒄𝒄𝒎𝒎−𝟏𝟏 überdeckt werden.
Messungen sind daher nur bei geringer Schichtdicke und hoher Konzentration möglich, was im
Gegensatz zur häufig geringen Löslichkeit oder zur Assoziations-Tendenz von Makromolekülen bei
hohen Konzentrationen steht. IR-Messungen an trockenem biologischem Material führen zu einem
Verlust der biologischen Relevanz.
Einen Ausweg bietet die ATR-Methode. Das Probenmaterial wird als Schicht auf eine Platte mit einer
großen Brechzahl aufgetragen. Geeignete Materialien für die ATR-Platte, die für IR-Strahlung
transparent sein muss, sind Silberchloride, Thalliumhalogenide oder Germanium. Der Lichtstrahl
wird an der polierten Grenzfläche einer Trapez-förmigen Platte unter einem definierten Winkel
eingestrahlt. Da die Brechzahl der Platte n1 groß gegenüber der Brechzahl der aufgetragenen Probe
n2 ist, tritt beim Überschreiten eines kritischen Einstrahlwinkels θ Totalreflexion auf. Der Strahl wird
durch die Platte geleitet.
Im Gegensatz zur Reflexion an einer verspiegelten Oberfläche, dringt die elektrische Feldstärke hier
bei jeder Reflexion ein wenig in das optisch dünnere Medium ein. Die Eindringtiefe E der so
genannten evanezenten Welle ist abhängig vom Einfallswinkel und der Wellenlänge und variiert
zwischen <1 und 10 µm.
Liegt das Probenmaterial dicht auf der Oberfläche, so wird Licht absorbiert, wodurch der reflektierte
Strahl abgeschwächt wird. Verlässt das Licht die ATR-Platte am anderen Ende, so enthält es
Informationen über die Absorption der Probe.
Diese Methode ist bei 100 Reflexionen hochempfindlich und besonders für Schichten-bildende
Materialien (Lipide, Proteine) und stark streuende Proben (fibrilläre Proteine) geeignet. Streuende
Proben können nicht in Transmission gemessen werden, weshalb die ATR-IR Methode besser
geeignet ist. Das aufgetragene Material kann entsprechend seinem natürlichen Milieu hydratisiert
sein, da aufgrund der geringen Eindringtiefe eine wässrige Umgebung auf der Platte nicht erkannt
wird (Grund: Die untere Schicht enthält nur die Probe, Wasser befindet sich weiter weg vom
Kristallboden).
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Durch Variation des Einfallwinkels können sogar unterschiedliche Tiefen im Material
untersucht werden.
Durch Verwendung von polarisiertem Licht kann an orientierten Schichten das dichroitische
Verhältnis bestimmt werden.
Aus der Lage der Übergangsdipolmomente lassen sich Orientierung und Flexibilität von
Molekülsegmenten ermitteln.
Fourier-Transform-IR-Spektroskopie
Die FT-Technik bietet höhere Aufnahmegeschwindigkeiten bei
hoher spektraler Auflösung. Ein Computer ermöglicht eine Korrektur der
Lösungsmittel-Absorptionen und eine automatische Spektrenauswertung. Zwei
sich überlagernde Wellen unterschiedlicher Frequenz addieren sich
zu jeder Zeit. Die durch Interferenz resultierende Welle ist oft eine
Schwebung.
Die Frequenz der Einhüllenden (Schwebungsfrequenz) entspricht der Differenz der Frequenzen der
einzelnen Wellen. Durch die zeitabhängige Aufnahme der Amplitudenänderung einer solchen Welle
mithilfe eines Detektors kann die Frequenz der Schwebung und damit der Frequenzunterschied der
sich überlagernden Wellen ermittelt werden. Dies gilt auch für eine komplizierte Überlagerung
mehrerer Wellen, wobei jede einzelne durch Frequenz und Amplitude definiert ist.
Zur Analyse des überlagerten Spektrums muss zunächst am Rechner die zeitabhängige Änderung des
Signals gespeichert werden. Typische Zeitintervalle liegen bei 1 ms, wobei für 1k-2k
aufeinanderfolgende Intervalle die gemessenen Intensitäten gespeichert werden. Die Gesamtzeit zur
Aufnahme des Spektrums in der Zeitdomäne (Interferogramm) beträgt damit 1s.
Mithilfe der Fourier-Transformation kann eine komplexe Wellenform in die einzelnen
Sinusfunktionen zerlegt werden. Damit können die Frequenzen der beteiligten Schwingungen
ermittelt werden. So wird das Frequenzspektrum erhalten.
Bei der FT-IR wird die Probe mit dem insgesamt von der Lichtquelle zur Verfügung gestellten
Frequenz-Spektrum bestrahlt. Die Strahlung der Lichtquelle enthält ein breites Frequenz-Band im IRBereich. Das Interferometer besteht aus einem Strahlteiler ST und zwei Spiegeln S1 und S2. Der
Strahlteiler ist ein halbdurchlässiger Spiegel, der die eine Hälfte des Lichts auf S1 fallen lässt und die
zweite Hälfte auf S2 reflektiert. Die zurücklaufenden Wellen interferieren dann am Strahlteiler. Ist die
Weglänge S1-ST gleich der Weglänge S2-ST, resultiert konstruktive Interferenz. Ein heller Strahl
verlässt den Strahlenteiler. Das gleiche gilt für Wegunterschiede, die ein ganzzahliges Vielfaches der
Wellenlänge ausmachen. Bei halbzahligen Vielfachen kommt es zur destruktiven Interferenz.
Beim Michelson-Interferometer ist der Spiegel S2 beweglich. In 1s kann er ca. 1 cm in
Strahlrichtung ausgelenkt werden. Der Vorteil liegt darin, dass nicht mehr der ganze
Wellenlängenbereich Wellenlänge für Wellenlänge vermessen werden muss, sondern das gesamte
Spektrum simultan aufgenommen werden kann. So verkürzt sich die Aufnahmezeit von 10-15
Minuten auf unter eine Minute.
Ein weiterer Vorteil der FT-Technik liegt darin, dass optische Bauteile wie Monochromator und Spalte
zur Abbildung der Lichtquelle nicht benötigt werden. Diese würden das Auflösungsvermögen des
Spektrometers begrenzen. Eine gute Auflösung (kleiner Spalt) bedeutet ein Intensitätsverlust (hohes
Signal/Rauschen Verhältnis). Die bessere Signalintensität des FT-Spektrometers kann weiter über
Spektrenakkumulation verbessert werden.
Anwendungsbeispiele
Für ein Makromolekül wird aufgrund der 3N-6 Schwingungen ein sehr komplexes Spektrum erwartet.
Die vollständige Auswertung des Spektrums ist daher nicht möglich. Anhand charakteristischer
Übergänge lässt sich jedoch eine Aussage über die strukturelle Organisation und über die
Wechselwirkungen verschiedener Gruppen gewinnen. Schwingungen von Atomen, die an der
Ausbildung von H-Brücken beteiligt sind, unterliegen besonders starken Veränderungen.
Konformationen und Wechselwirkungen von Proteinen
In Peptiden und Proteinen sind drei Absorptionsbanden wichtig:
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Die Amid-A-Bande um 𝟑𝟑𝟑𝟑𝟑𝟑𝟑𝟑𝟑𝟑𝒎𝒎−𝟏𝟏 = N-H Streckschwingung
Die Amid-B-Bande um 3100𝑐𝑐𝑚𝑚−1 = erste Oberschwingung der Amid-II-Schwingung; verstärkt
durch Fermi-Resonanz mit N-H-Streckschwingung
Die Amid-I-Bande bei 𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏𝒎𝒎−𝟏𝟏 = C=O Streckschwingung
Die Amid-II-Bande bei 𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏𝒎𝒎−𝟏𝟏 = N-H Beugschwingung + C-N Streckschwingung
Amid-III bis Amid-VII sind weitere Banden
Alle drei Schwingungen gehören zum Grundgerüst
des Polypeptids und sind daher besonders intensiv.
Die Schwingungen benachbarter Peptid-Gruppen im
Rückgrat des Proteins sind aber nicht voneinander
unabhängig. Da C=O und N-H Gruppen über HBrücken miteinander interagieren, stellt das ProteinRückgrat eine Reihe schwach gekoppelter
Oszillatoren dar. Über H-Brücken ändert sich die
Masse der schwingenden Kerne, was sich auf die
Schwingungsfrequenz auswirkt (𝝎𝝎𝒗𝒗𝒗𝒗𝒗𝒗 = �𝒌𝒌/𝝁𝝁). Die
Kopplung und damit die Frequenzlage, Linienbreite
und Intensität sind von der Konformation des
Proteins abhängig.
Unterscheidung zwischen Zufallsknäuel und geordneten Strukturen (α-Helix und β-Faltblatt) ist
anhand der Amid-A-Bande möglich. β-Faltblatt und α-Helix lassen sich über die Amid-I-Bande
unterscheiden.
Die Amid-I-Bande liegt im Fall von Poly-Lysin (siehe Abbildung) bei
einer freien C=O-Schwingung bei 1700𝑐𝑐𝑚𝑚−1 , bei einem Zufallsknäuel
aber bei 1655 𝑐𝑐𝑚𝑚−1 und bei einer α-Helix bei 1650 𝑐𝑐𝑚𝑚−1 . Beim
Übergang in ein β-Faltblatt erfolgt eine Aufspaltung in eine schwache
Bande bei 1690 𝑐𝑐𝑚𝑚−1 und eine starke Bande bei 1620 𝑐𝑐𝑚𝑚−1 . In
natürlichen Proteinen findet man dieselbe Tendenz: Mit steigendem
β-Faltblatt-Anteil eines Proteins wandert die Amid-I-Bande von 1650
𝑐𝑐𝑚𝑚−1 (z.B. Cytochrom c, 0% Faltblatt) zu 1636 𝑐𝑐𝑚𝑚−1 (z.B.
Ribonuklease, 36% Faltblatt).
Durch Ausbildung von Wasserstoff-Brücken im Rückgrad der Proteine verschiebt sich die
Amid-A-Bande im Vergleich zu nicht-H-Brücken-gebundener monomerer Amide hin zu niedrigeren
Wellenzahlen. Diese Verschiebung ist allerdings nicht sehr stark. Zwischen polaren Seitengruppen
bilden sich häufig sehr starke H-Brücken, die die Banden des IR-Spektrums zu einem Kontinuum
verbreitern können.
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N-H-…N-Brücken verbreitern bei Poly-L-Histidin den Bereich um 3000 𝑐𝑐𝑚𝑚−1 .
Brückenbildung zwischen Glutamat und Glutaminsäure –O….H-O würden den Bereich um
1600 𝑐𝑐𝑚𝑚−1 stark verbreitern.
Konformationen und Wechselwirkungen bei Nukleinsäuren
Bei Nukleinsäuren kann die Ausbildung von H-Brücken bei der Basenpaarung über die Verschiebung
der entsprechenden Schwingungen hin zu kleineren Wellenzahlen beobachtet werden.
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Die Modellsubstanz 9-Ethyladenin liefert zwei Banden für die N-H-Valenzschwingung bei
3416 𝑐𝑐𝑚𝑚−1 und 3482 𝑐𝑐𝑚𝑚−1 .
Cyclohexylbromuracil zeigt die entsprechende Bande bei 3380 𝑐𝑐𝑚𝑚−1 .
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Eine Mischung zeigt zusätzliche Assoziatbanden bei wesentlich geringerer Wellenzahl (3210,
3260, 3330 𝑐𝑐𝑚𝑚−1 ).
Bei der C=O-Valenzschwingung in einer G-C-Paarung beobachtet man eine Aufspaltung der Bande um
1700 𝑐𝑐𝑚𝑚−1 (Strukturbande). Anhand dieser kann das Aufschmelzen der Doppelhelix und damit der
Verlust der Basenpaarung verfolgt werden.
Modell- und Biomembranen
IR-Messungen an Modellmembranen werden mit der ATR-Technik durchgeführt. Die Lipid-Schichten
liegen auf der ATR-Platte in orientierter Form vor, sodass mithilfe von polarisierter IR-Strahlung
orientierungsabhängige Spektren aufgenommen werden können.
Das Spektrum zeigt DPPC bei 22°C (unterhalb der Phasenumwandlungstemperatur). Das Dublett der
asymmetrischen CH2-Streckschwingung bei 2918 𝑐𝑐𝑚𝑚−1 verschiebt sich beim Überschreiten der
Phasenumwandlungstemperatur von 41°C um ca. 6 𝑐𝑐𝑚𝑚−1 . Der Grund sind vermehrt auftretende
gauche-Konformationen.
Diese geringe Frequenzverschiebung des Absorptionsmaximums ist mit der FT-IR-Spektroskopie
problemlos nachzuweisen und wird zur Detektion von Lipid-Phasenumwandlungen verwendet.
Integrale Proteine erzeugen unterhalb der Phasenumwandlungstemperatur eine starke Zunahme
der Wellenzahl des Absorptionsmaximums, also eine Zunahme der gauche-Lagen im hydrophoben
Bereich der Lipid-Membran.
Schwingungen der Phosphat-Gruppe oder der N(CH3)3-Gruppe im Cholinteil liefern Informationen
über Beweglichkeit und Orientierung im Kopfguppenbereich.
Es können auch biologische Membranen aufgenommen werden. So wurde anhand der Amid-I-Bande
bei 1650 𝑐𝑐𝑚𝑚−1 festgestellt, dass die Proteine des sarkoplasmatischen Retikulums vorwiegend
α-helikal oder als Zufallskäuel vorliegen.
Fluoreszenz-Spektroskopie
Nach der Anregung von Elektronen durch Licht im UV/VIS-Bereich resultiert ein elektronischer
Übergang vom Grundzustand in den angeregten Zustand. Das angeregte Molekül kann auf mehrere
Arten in den energetischen Grundzustand zurück kehren. Die Emission von Strahlung (Lumineszenz)
wird allgemein in Fluoreszenz und Phosphoreszenz unterteilt. Außerdem kann die Energie durch
verschiedene nicht-strahlende Prozesse abgegeben werden.
Physikalische Grundlagen
Fluoreszenz und Phosphoreszenz wird meist bei aromatischen und heterozyklischen Molekülen
beobachtet, insbesondere bei zwei oder mehr kondensierten Ringen. Die Anregungszustände
niedrigster Energie sind bei diesen Molekülen die des π-Elektronensystems. Bei Absorption wird ein
Elektron aus einem bindenden π-Orbital in ein antibindendes π*-Orbital überführt.
Absorptions- und Emissionsübergänge
Im Grundzustand eines Moleküls mit gerader Elektronenzahl sind die niedrigsten Orbitale paarweise
mit Elektronen besetzt. Nach dem Pauli-Prinzip müssen die Spins der beiden Elektronen eines
Orbitals antiparallel ausgerichtet sein. Der Gesamtspin S des Moleküls im Grundzustand ist dann null
(Singulettzustand).
Im angeregten Zustand können die beiden Spins der π- und π*-Orbitale parallel (S1) oder
antiparallel (T1) sein. Diese Zustände besitzen aufgrund unterschiedlicher Elektronenwechselwirkung
verschiedene Energien. Die Energie des Triplettzustandes ist dabei niedriger als die des
entsprechenden Singulettzustandes.
Bei RT befinden sich die Moleküle fast ausschließlich im niedrigsten Schwingsungsniveau des
elektronischen Grundzustandes S0. Die Absorption eines Lichtquants geeigneter Energie überführt
das Molekül von S0 in den ersten angeregten oder in einen höheren Singulettzustand (S1, S2…).
Der Absorptionsprozess zu einem Triplettzustand stellt wegen der Spinumkehr einen
quantenmechanisch verbotenen Übergang dar. Die Übergangswahrscheinlichkeit ist sehr gering und
von niedriger Intensität (spielt hier keine Rolle).
Im Anschluss an den Absorptionsprozess im fs-Bereich finden verschiedene Deaktivierungsprozesse
im Molekül statt.
Deaktivierungsprozesse
Innere Umwandlung (interne Konversion, IC): Verteilung der Energie auf innere Schwingungsmoden
eines Moleküls oder Austausch von Schwingungsenergie mit benachbarten Molekülen in Lösungen
oder Festkörpern. Dadurch gelangt ein Molekül wieder in das thermische GG mit seiner Umgebung.
Es gelangt von einem höher angeregten Zustand in das nullte Schwingungsniveau.
Strahlungslose Deaktivierung: Die innere Umwandlung ist auch für den Übergang aus S2- oder S3Zuständen in den S1-Zustand verantwortlich. Es ist von diesen Zuständen ausgehend keine
Fluoreszenz beobachtbar (Ausnahme: Azulen fluoresziert aus dem S2-Zustand).
(1) Die Elektronen-Energie (S2) wird zunächst in Kernschwingungsenergie überführt
(Schwingungsterm gleicher Gesamtenergie des S1-Zustandes).
(2) Diese relaxiert über Temperaturausgleich mit der Umgebung in den energetisch niedrigsten
Schwingungszustand (Schwingungsrelaxation ist mit 100-1000fs schneller als Fluoreszenz
und Phosphoreszenz mit >100µs).
(3) Die Energiedifferenz zwischen S1 und S0 ist wesentlich größer als zwischen höheren
benachbarten, angeregten Singulettniveaus. Daher kann die strahlungslose Umwandlung
von S1 nach S0 nur über gleichzeitige Anregung einer Vielzahl von Schwingungsquanten
erfolgen. Da dieser Prozess sehr langsam stattfindet, stellt die Fluoreszenz von S1 nach S0
einen effektiv konkurrierenden Relaxationsmechanismus dar.
Interkombinationsübergang (intersystem crossing, ISC): quantenmechanisch verbotene
Spinumkehr, durch die der Singulettzustand in einen Triplettzustand (oder umgekehrt) überführt
wird.
Fluoreszenz-Löschung: Energie wird auf Quencher übertragen.
Lumineszenz
Fluoreszenz erfolgt vom niedrigsten Schwingungsniveau in S1 in ein beliebiges Schwingungsniveau in
S0. Die Übergangsrate kf liegt im Bereich 𝟏𝟏𝟏𝟏𝟕𝟕 − 𝟏𝟏𝟏𝟏𝟖𝟖 𝒔𝒔−𝟏𝟏 . Phosphoreszenz erfolgt vom niedrigsten
Schwingungsniveau in T1 in ein beliebiges Schwingungsniveau in S0. Die Übergangsrate liegt
zwischen < 1 − 𝟏𝟏𝟏𝟏𝟒𝟒 𝒔𝒔−𝟏𝟏 . Innerhalb von S0 findet erneut Schwingungsrelaxation statt, sodass der
Schwingungsgrundzustand erreicht wird. Fluoreszenz hat folgende Eigenschaften:
•
•
•
Das Emissions-Spektrum ist unabhängig von der Anregungswellenlänge.
Das Fluoreszenzspektrum ist gegenüber dem Absorptionsspektrum zu größeren
Wellenlängen hin verschoben.
Das Absorptionsspektrum ist durch die
Schwingungsniveaus des angeregten Zustandes,
das Fluoreszenz-Spektrum durch die des
Grundzustandes S0 strukturiert. Bei vergleichbaren
Schwingungsstrukturen von S0 und S1 verhalten
sich Absorptions- und Fluoreszenz-Spektrum
spiegelbildlich zueinander.
Quantenausbeute
Der Fluoreszenzanteil der Deaktivierungsprozesse wird durch die Quantenausbeute Φ angegeben.
Die Übergangsraten für die einzelnen Prozesse sind kf (Fluoreszenz), kic (innere Umwandlung), kisc
(Interkombinationsübergang) und kQ (Fluoreszenz-Löschung). Die Quantenausbeute ist unabhängig
von der Wellenlänge, da alle Prozesse vom niedrigsten Schwingungsniveau des angeregten
Zustandes ablaufen.
Φ = Anzahl emittierter Photonen / Anzahl absorbierter Photonen < 1
Φ=
Fluoreszenzlebensdauer
kf
𝑘𝑘𝑓𝑓 + 𝑘𝑘𝑖𝑖𝑖𝑖 + 𝑘𝑘𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖 + 𝑘𝑘𝑄𝑄
Die Fluoreszenz-Lebensdauer ist die Zeit, die ein Molekül im Mittel im angeregten Zustand bleibt,
bevor die Emission erfolgt. 𝑁𝑁0 ist die Molekülzahl im angeregten Zustand. Moleküle, die pro
Zeiteinheit über Fluoreszenz in den Grundzustand übergehen:
−
𝑑𝑑𝑑𝑑
= 𝑘𝑘𝑓𝑓 ∙ 𝑁𝑁0 → 𝑁𝑁(𝑡𝑡) = 𝑁𝑁0 ∙ 𝑒𝑒 −𝑘𝑘 𝑓𝑓 ∙𝑡𝑡
𝑑𝑑𝑑𝑑
Fluoreszenzlebensdauer ist die Zeit 𝑡𝑡 innerhalb der die Zahl angeregter Moleküle 𝑵𝑵(𝒕𝒕) auf 𝑵𝑵𝟎𝟎 /𝒆𝒆
zurückgegangen ist. Damit ergibt sich 𝝉𝝉𝑭𝑭 = 𝟏𝟏/𝒌𝒌𝒇𝒇 .
Die Lebensdauer des angeregten Zustands 𝝉𝝉 = 𝝉𝝉𝑭𝑭 ∙ 𝚽𝚽 =
1
𝑘𝑘 𝑓𝑓 +𝑘𝑘 𝑖𝑖𝑖𝑖 +𝑘𝑘 𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖 +𝑘𝑘 𝑄𝑄
muss alle anderen
Deaktivierungsprozesse mit einbeziehen und ist die experimentell zugängliche Messgröße. Über
Messung der Quantenausbeute lässt sich die Fluoreszenzlebensdauer dann berechnen.
Lösungsmittel-Einflüsse
Wie bei der Absorption treten auch beim Emissionsprozess bei Variation des Lömis spektrale
Verschiebungen auf. Dabei kann es sich um Änderungen der Polarität, der Dielektrizitätskonstanten
oder der Polarisierbarkeit des Lömis handeln.
•
•
•
Polares Lömi: Der angeregte Franck-Condon-Zustand S1 liegt energetisch höher als der
Gleichgewichtszustand des angeregten Moleküls S1e, da sich erst in S1e die polaren LömiMoleküle wegen des unterschiedlichen Dipolmoments des angeregten Zustandes
umorientiert haben.
Apolares Lömi, geringe Polarisierbarkeit: Im apolaren Medium erfolgt keine Umorientierung
der Lömi-Molekle, weshalb die Energien in S1 und S1e näherungsweise gleich groß sind.
Diese im Vergleich zum polaren Lömi höherenergetische Fluoreszenz ist damit
blauverschoben.
Apolares Lömi, hohe Polarisierbarkeit: Der angeregte Fluorophor kann Dipolmomente in
den Lömi-Molekülen induzieren, was zu einer Orientierung führt. S1e ist gegenüber S1
erniedrigt. Diese Erniedrigung kann größer sein, als die im polaren Lömi, weshalb die im
Vergleich zum polaren Lömi niederenergetische Fluoreszenz rotverschoben ist.
Die Richtung der spektralen Verschiebung ist anders als bei der Absorption schwer aus der
Polarität des Lömis vorherzusagen.
Anregungsspektren
Die Form des Emissionsspektrums ist immer gleich und unabhängig von der absorbierten Strahlung,
da die Emission immer vom niedrigsten Schwingungsniveau aus S1 erfolgt.
•
•
Fluoreszenzintensität vs. Emissionswellenlänge bei konstanter Anregungswellenlänge ergibt
ein Fluoreszenz-Emissionsspektrum.
Fluoreszenzintensität vs. Anregungswellenlänge bei konstanter Emissionswellenlänge ergibt
Fluoreszenz-Anregungsspektrum. Dies entspricht qualitativ einem Absorptionsspektrum.
Konzentrationsabhängigkeit der Fluoreszenz
Konzentrierte Lösungen zeigen geringere Quantenausbeuten und Veränderungen im Spektrum.
Reabsorption emittierter Fluoreszenz-Strahlung: Je höher die Fluorophor-Konzentration, desto
größer die Wahrscheinlichkeit der Reabsorption. Die Voraussetzung ist die teilweise Überlappung
des Emissions- und Absorptionsspektrums. Reabsorption tritt damit hauptsächlich für den
kurzwelligen Anteil der emittierten Strahlung auf. Die Quantenausbeute für n
Reabsorptionsprozesse ist Φn mit Φ < 1. Mit steigender Reabsorption geht damit die
Quantenausbeute gegen null, wodurch die Fluoreszenz-Intensität im kurzwelligen Teil des
Emissionspektrums verschwindet. Dies hat erheblichen Einfluss auf die Form des Spektrums.
Dimer-Bildung im Grundzustand: Wenn der Fluorophor im Grundzustand teilweise als Dimer
vorliegt, absorbiert auch der Dimer Strahlung. Die Intensität der Monomer-Fluoreszenz ist
verringert, weil ihre Konzentration durch Dimer-Bildung niedriger ist. Dimer-Bildung ist häufig mit
einer Rotverschiebung im Absorptionsspektrum verbunden, wobei das Fluoreszenz-Spektrum in
seiner Form unverändert bleibt, da Grundzustands-Dimere meist nicht fluoreszieren.
Angeregte Dimere (Excimere): Excimere existieren nur im angeregten Zustand. Sie entstehen über
eine Wechselwirkung zwischen einem angeregten Monomer und einem Monomer im Grundzustand.
Das Absorptionsspektrum bleibt dadurch unverändert. Im Fluoreszenzspektrum tritt eine zusätzliche
Bande, rotverschoben im Vergleich zur Monomer-Bande auf.
Bei niedrigen Konzentrationen überwiegen Anregung und anschließende Fluoreszenz der Monomere.
Mit steigender Konzentration nimmt die Wahrscheinlichkeit der Excimeren-Bildung zu. Diese können
strahlungslos zerfallen, unter Erhalt des angeregten Zustands dissoziieren oder bei höheren
Wellenlängen fluoreszieren.
Der Grundzustand eines Excimers (M+M) ist instabil, denn bei Abnahme des Molekülabstands
zwischen zwei Monomeren im Grundzustand nimmt die potentielle Energie stetig zu. Ist hingegen
einer der beiden Reaktionspartner im elektronisch angeregten Zustand (M*+M), so kommt es zur
Bildung eines Potentialminimums, in dem der Excimer stabilisiert wird.
Beim Übergang in den Grundzustand resultiert eine breite,
unstrukturierte Bande im Fluoreszenz-Spektrum. Ursache
sind die unterschiedlichen Energiedifferenzen zwischen
angeregtem Zustand und Grundzustand. (Fluoreszenz immer vom
Schwingungsgrundzustand; aber auch hier existiert eine Schwingung, die
den Kernabstand variiert; Da Grundzustand exponentielle Energiekurve hat,
resultiert für eine kleine Änderung im Kernabstand schon eine große
Änderung in der Energie des Grundzustandes und damit auch eine große
Änderung der Energiedifferenz)!
Die Excimeren-Bildung ist eine dynamische Fluoreszenz-Löschung der Monomere. Sie kann mit der
M
ist maximale Quantenausbeute der Monomere
Stern-Volmer-Gleichung beschrieben werden. Φmax
bei unendlicher Verdünnung. 𝑘𝑘𝑎𝑎 𝑐𝑐 ist die Excimeren-Bildungsrate (beachte:
Konzentrationsabhängigkeit!). 𝜏𝜏0 ist die Lebensdauer der angeregten Monomere. Für die ExcimerenE
kann bei sehr hohen FluorophorKomponente ergibt sich eine inverse Beziehung. Φmax
Konzentrationen bestimmt werden.
M
Φmax
− 1 = 𝑘𝑘𝑎𝑎 ∙ 𝑐𝑐 ∙ 𝜏𝜏0
ΦM
E
Φmax
1
−1=
E
Φ
𝑘𝑘𝑎𝑎 ∙ 𝑐𝑐 ∙ 𝜏𝜏0
Fluoreszenz-Löschung
Quencher reduzieren die Quantenausbeute des Fluorophors. Dabei wird die Energie des
Anregungszustandes strahlungslos auf die Quencher überführt. Die Effektivität der beiden Prozesse
ist von der Quencher-Konzentration abhängig
•
•
Dynamische Fluoreszenz-Löschung: Kollisionsprozesse
Statische Fluoreszenz-Löschung: Komplexbildung
Dynamische Fluoreszenz-Löschung:
Mit Löschermoleküle
Ohne Löschermoleküle
Verhältnis der Quantenausbeuten:
Übergangsrate der Fluoreszenzlöschung ist
proportional zur Quencher-Konzentration
Φ
𝐼𝐼
Da Φ0 ~ 𝐼𝐼0 = Fluoreszenzintensität mit und
ohne Quencher
Φ = 𝑘𝑘
Φ0 =
Φ0
Φ
kf
𝑓𝑓 +𝑘𝑘 𝑖𝑖𝑖𝑖 +𝑘𝑘 𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖 +𝑘𝑘 𝑄𝑄
kf
𝑘𝑘 𝑓𝑓 +𝑘𝑘 𝑖𝑖𝑖𝑖 +𝑘𝑘 𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖
kQ
= 1 + 𝑘𝑘
𝑘𝑘𝑄𝑄 = 𝐾𝐾𝑐𝑐𝑄𝑄
𝑓𝑓 +𝑘𝑘 𝑖𝑖𝑖𝑖 +𝑘𝑘 𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖
τ0 = 𝑘𝑘
= 1 + 𝑘𝑘𝑄𝑄 τ0
𝑰𝑰𝟎𝟎
− 𝟏𝟏 = 𝑲𝑲𝒄𝒄𝑸𝑸 𝛕𝛕𝟎𝟎
𝑰𝑰
K = Löschkonstante
Stern-VolmerGleichung
Stern-Volmer Diagramm zur Fluoreszenz-Löschung von Trp durch NaI hat Steigung 𝐾𝐾τ0 .
Löschkonstante kann bei bekannter Lebensdauer ermittelt werden.
Statische Fluoreszenz-Löschung:
1
𝑓𝑓 +𝑘𝑘 𝑖𝑖𝑖𝑖 +𝑘𝑘 𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖
Quantenausbeute in Abwesenheit von Quencher sei gleich 1
Quantenausbeute mit Quencher
Gleiche Anregungswahrscheinlichkeit
von Fluorophor und Komplex
Φ0 𝐼𝐼0
~
Φ 𝐼𝐼
[𝑀𝑀𝑀𝑀]∗
[𝑀𝑀 ∗ ]
=
[𝑀𝑀𝑀𝑀]
[𝑀𝑀]
= 𝑘𝑘𝑎𝑎 [𝑄𝑄]
𝑰𝑰𝟎𝟎
− 𝟏𝟏 = 𝒌𝒌𝒂𝒂 𝒄𝒄𝑸𝑸
𝑰𝑰
[𝑀𝑀 ∗ ]
=1
[𝑀𝑀]
[𝑀𝑀 ∗ ]
Φ = [𝑀𝑀 ∗ ]+[𝑀𝑀𝑀𝑀]∗
[𝑀𝑀𝑀𝑀]∗
Φ0
=
1
+
[𝑀𝑀 ∗ ]
Φ
[𝑀𝑀𝑀𝑀]
𝑘𝑘𝑎𝑎 = [𝑀𝑀][𝑄𝑄] ist
Φ0 =
Komplexbildungskonstante
Vergleich:
Statische und dynamische Fluoreszenz-Löschung ergeben eine lineare Abhängigkeit des
Intensitätsverhältnisses von der Konzentration der Löschermoleküle.
Die dynamische Löschung ist zusätzlich von der Lebensdauer des angeregten Fluorophors abhängig,
da die Wahrscheinlichkeit für eine Kollision zwischen angeregtem Fluorophor und Quencher mit
höherer Lebensdauer des angeregten Zustands steigt. Die Komplexbildung beim statischen
Quenchen reduziert lediglich die Konzentration an freiem Fluorophor, beeinflusst aber die
Lebensdauer der angeregten Moleküle nicht.
Die Unterscheidung zwischen statischer und dynamischer Fluoreszenzlöschung wird anhand der
Lebensdauer des gebildeten Komplexes MQ getroffen und stellen damit nur Grenzfälle dar.
•
•
Dynamisch: Lebensdauer von MQ ist viel kürzer als von M*
Statisch: Lebensdauer von MQ ist viel länger als von M*
Energieübertragung: Förster-Transfer
Für Fluoreszenz-Löschung ist eine direkte Kopplung zwischen elektronischen Orbitalen von
Fluorophor und Löschermolekül erforderlich. Die Energieübertragung kann auch über größere
Abstände bis zu 10 nm erfolgen. Ist das Akzeptormolekül ebenso ein Fluorophor, kann die
Energieübertragung anhand der Fluoreszenz des Akzeptors (sensibilisierte Fluoreszenz, da keine
direkte Anregung des Akzeptors) nachgewiesen werden.
Der Mechanismus des Energieübertrags beruht auf einem Resonanzphänomen (daher:
Resonanzenergietransfer): Das Elektronensystem des angeregten Donors wird als mechanischer
Oszillator betrachtet, dessen Anregungsenergie auf einen zweiten Oszillator übertragen werden kann
(gekoppelte Schwingungen). Bedingung ist, dass der elektronische Übergang des Akzeptors mit der
Frequenz des Donors erfolgt (Überlappung von Emissions-/Absorptionsspektrum).
Für die effiziente Energieübertragung müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:
•
•
•
•
Donormolekül muss ein Fluorophor mit hoher Fluoreszenzlebensdauer sein.
Überlappung von Emissionsspektrum des Donors und Absorptionsspektrum des Akzeptors.
Übergangsdipolmomente von Donor und Akzeptor müssen geeignete Orientierung
zueinander haben.
Abstand zwischen Donor und Akzeptor muss < 10 nm liegen.
Im Vergleich zur Reabsorption erfolgt der Energieübertrag, bevor eine Emission der
Donorfluoreszenz möglich ist. Reabsorption kann durch eine Verringerung der Schichtdicke der
Probe verhindert werden, während bei größeren Abständen die Effizienz des Förster-Transfers gleich
null ist. In der Tabelle ist nichttrivialer Übergang = Förster Transfer.
Die Transfereffizienz ET ist mit kT = Energieübertragungsrate zwischen Donor und Akzeptor:
𝐸𝐸𝑇𝑇 =
𝑘𝑘 𝑇𝑇 +
𝑘𝑘𝑓𝑓𝐷𝐷
𝑘𝑘 𝑇𝑇
𝐷𝐷
𝐷𝐷
+ 𝑘𝑘𝑖𝑖𝑖𝑖
+ 𝑘𝑘𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖
Für eine experimentelle Untersuchung des Resonanztransfers, müssen Emissionsmaxima von Donor
und Akzeptor ausreichend getrennt sein. Außerdem darf die Anregung des Donors nicht zu einer
Anregung des Akzeptors führen.
Bestimmung von 𝐄𝐄𝐓𝐓 über Messung der Fluoreszenz-Quantenausbeute des Donors in Anwesenheit
(𝚽𝚽𝐃𝐃−𝐀𝐀) und in Abwesenheit (𝚽𝚽𝐃𝐃 ) des Akzeptors:
Φ𝐷𝐷−𝐴𝐴
=
Φ𝐷𝐷
𝑘𝑘𝑓𝑓𝐷𝐷
𝐷𝐷
𝐷𝐷
𝑘𝑘 𝑇𝑇 + 𝑘𝑘𝑓𝑓𝐷𝐷 + 𝑘𝑘𝑖𝑖𝑖𝑖
+ 𝑘𝑘𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖
𝑘𝑘𝑓𝑓𝐷𝐷
𝐷𝐷
𝐷𝐷
𝑘𝑘𝑓𝑓𝐷𝐷 + 𝑘𝑘𝑖𝑖𝑖𝑖
+ 𝑘𝑘𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖
= 1 − 𝐸𝐸𝑇𝑇
Alternative zur Bestimmung von 𝑬𝑬𝑻𝑻 : Messung der Lebensdauer der angeregten Donormoleküle.
Dies hat den Vorteil, dass keine Verfälschung über Reabsorption erfolgt. Die Fluoreszenzlebensdauer
wird nur durch den Resonanztransfer verringert (Reabsorptionsprozess hat keinen Einfluss auf
Fluoreszenzlebensdauer).
1
𝐷𝐷
𝐷𝐷
+ 𝑘𝑘𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖
τ𝐷𝐷−𝐴𝐴 𝑘𝑘 𝑇𝑇 + 𝑘𝑘𝑓𝑓𝐷𝐷 + 𝑘𝑘𝑖𝑖𝑖𝑖
=
= 1 − 𝐸𝐸𝑇𝑇
1
τ𝐷𝐷
𝐷𝐷
𝐷𝐷
𝑘𝑘𝑓𝑓𝐷𝐷 + 𝑘𝑘𝑖𝑖𝑖𝑖
+ 𝑘𝑘𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖
Über die Abstandsabhängigkeit der Transfereffizienz können Aussagen über die strukturelle
Organisation von Chromophoren in Makromolekülen gemacht werden. 𝑅𝑅 ist Abstand zwischen
Donor-Akzeptor. 𝑅𝑅0 ist der Abstand des Donor-Akzeptor-Paares, für den die Wahrscheinlichkeit des
Resonanztransfers und der innermolekularen Deaktivierung des Donors (durch strahlende und
strahlungslose Prozesse) gleich groß sind. Es ist eine für das jeweilige Donor-Akzeptor-Paar
spezifische Konstante, mit Werten zwischen 1 und 5nm.
𝟏𝟏
𝑹𝑹 −𝟔𝟔
∙� �
𝒌𝒌𝑻𝑻 =
𝝉𝝉𝑫𝑫 𝑹𝑹𝟎𝟎
Wechselwirkungsenergie zwischen Donor und Akzeptor entspricht der zweier Dipole (Abnahme mit
der dritten Potenz). Die 𝑅𝑅 −6 -Abhängigkeit kommt wegen der Proportionalität der
Energieübertragungswahrscheinlichkeit zum Quadrat der Wechselwirkungsenergie.
Die Energieeffizienz ist definiert als der Anteil der absorbierten Photonen, der vom Donor auf den
Akzeptor transferiert wird: Es ist der Quotient aus Anzahl der vom Donor zum Akzeptor
transferierten Photonen 𝑘𝑘 𝑇𝑇 und der Anzahl der vom Donor absorbierten Photonen 𝑘𝑘 𝑇𝑇 + 1/𝜏𝜏𝐷𝐷 . Durch
Einsetzen der obigen Gleichung für 𝑘𝑘 𝑇𝑇 erhält man eine Gleichung zur Bestimmung von R:
𝐸𝐸𝑇𝑇 =
𝑘𝑘 𝑇𝑇
𝑅𝑅06
= 6
𝑘𝑘 𝑇𝑇 + 1/𝜏𝜏𝐷𝐷 𝑅𝑅 + 𝑅𝑅06
Die Messung der Energie-Übertragungseffizienz ermöglicht für Abstände nahe R0 eine genaue
Bestimmung des Donor-Akzeptor-Abstandes.
Orientierungseinflüsse
Konzentrationsdepolarisation
Der Resonanztransfer kann auch zwischen zwei gleichen Molekülen erfolgen, da sich Absorptionsund Emissionsspektrum eines Moleküls immer überlappen. Dadurch ändert sich jedoch nicht das
Fluoreszenzspektrum. Der Nachweis erfolgt über Messungen der Fluoreszenz-Polarisation. Bei
erreichen einer kritischen Fluorophor-Konzentration resultiert eine Abnahme im Polarisationsgrad
der Fluoreszenz-Strahlung (Konzentrationsdepolarisation). Die Ursache ist der Resonanztransfer
zwischen den Fluorophoren: Da die Übergangsdipolmomente der am Transfer beteiligten Moleküle
einen Winkel einschließen erfolgt die Emission der Fluoreszenz-Strahlung unter einer geänderten
Polarisationsrichtung. Makroskopisch depolarisiert das linear polarisierte Licht mit zunehmender
Anzahl an Transferprozessen.
Fluoreszenz-Polarisation
Analog zum Absorptions-Übergangsdipolmoment 𝜇𝜇𝐴𝐴 existiert ein Emissions-Übergangsdipolmoment
𝜇𝜇𝐸𝐸 für die Fluoreszenz. Absorptions- und Emissions-Übergangsdipolmomente haben eine definierte
Orientierung im molekularen Achsensystem. 𝝁𝝁𝑬𝑬 der meisten Fluorophore schließt mit 𝝁𝝁𝑨𝑨 einen
Winkel von 10-40° ein. Vereinfacht wird im Folgenden davon ausgegangen, dass sie dieselbe
Richtung haben.
Die Polarisation der Fluoreszenz-Strahlung einer Probe ist von der Orientierung des EmissionsÜbergangsdipolmoments abhängig. 𝝁𝝁𝑬𝑬 kann aufgrund von Molekülbewegungen (Rotation des
Moleküls, Beweglichkeit von Molekülsegmenten) während der Dauer des angeregten Zustands
seine Richtung ändern. Damit sind über die Messung der Polarisation der Fluoreszenz-Strahlung
Aussagen über die Rotationsbeweglichkeit, die Orientierung und die Viskosität in der Umgebung
der betrachteten Moleküle möglich.
Licht wird entlang der x-Achse eingestrahlt. Die Polarisationsebene ist die x-z-Ebene. Die
fluoreszierende Probe hat hier das Übergangsdipolmoment 𝜇𝜇 für Absorption und Emission. Die
Fluoreszenz-Emission wird auf der y-Achse detektiert, wobei die Komponente parallel und die
Komponente senkrecht zur einfallenden Strahlung detektiert werden.
quantitatives Maß für die Polarisation: Polarisationsgrad P oder Anisotropie A
•
•
•
𝑃𝑃 =
𝐼𝐼∥ − 𝐼𝐼⊥
𝐼𝐼∥ + 𝐼𝐼⊥
𝐴𝐴 =
unpolarisierte Strahlung: 𝐼𝐼∥ = 𝐼𝐼⊥ ⟹ 𝑃𝑃 → 0
polarisierte Strahlung 𝐼𝐼⊥ = 0 ⟹ 𝑃𝑃 = 1
teilweise polarisiert für 𝑃𝑃 < 1
𝐼𝐼∥ − 𝐼𝐼⊥
𝐼𝐼∥ − 𝐼𝐼⊥
=
𝐼𝐼∥ + 2𝐼𝐼⊥
𝐼𝐼𝐺𝐺𝐺𝐺𝐺𝐺
Die Anisotropie ist physikalisch sinnvoller, da sie die Beiträge aller Polarisationsrichtungen der
emittierten Strahlung berücksichtigt. 𝑰𝑰⊥ lässt sich nämlich in zwei Komponenten aufteilen: eine ist
in x-Richtung, die andere in y-Richtung polarisiert. Beide Komponenten besitzen die gleiche mittlere
Intensität, da die Verteilung des Moleküls unabhängig vom Winkel 𝜑𝜑 ist.
Quantitative Beschreibung des Absorptionsprozesses
E = E-Feldvektor des eingestrahlten Lichts, 𝜃𝜃 = ∡(𝜇𝜇𝐴𝐴 , 𝐸𝐸). Wahrscheinlichkeit der Absorption:
𝑃𝑃(𝜃𝜃, 𝜑𝜑)~(𝜇𝜇𝐴𝐴 ∙ 𝐸𝐸)2 ~ cos2 𝜃𝜃
Die Absorptionswahrscheinlichkeit ist also am größten für Moleküle, deren Übergangsdipolmoment
in Richtung des elektrischen Feldstärkevektors orientiert ist. Bevorzugte Anregung für kleine Winkel
𝜃𝜃 wird als Photoselektion bezeichnet.
𝑁𝑁(𝜃𝜃, 𝜑𝜑) = Relative Anzahl an Molekülen, die eine Orientierung zwischen 𝜃𝜃 und 𝜃𝜃 + 𝑑𝑑𝑑𝑑 sowie 𝜑𝜑 und
𝜑𝜑 + 𝑑𝑑𝑑𝑑 aufweisen. Es gilt:
𝑁𝑁(𝜃𝜃, 𝜑𝜑) 𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑 = sin 𝜃𝜃 𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑
Die Abbildung zeigt die Verteilung der Übergangsdipolmomente
einer isotropen Molekül-Probe für verschiedene Winkel 𝜃𝜃. Die Zahl
der Übergangsdipolmomente mit einem bestimmten Winkel 𝜃𝜃 zur
z-Achse wird durch die Mantelfläche F eines Kegels mit dem
Öffnungswinkel 2𝜃𝜃 repräsentiert. Da die Dichte der Dipolmomente
auf jeder Fläche gleich groß sein muss (isotrope Verteilung), ist die
jeweilige Zahl der Übergangsdipolmomente proportional zur Fläche
𝐹𝐹 = 𝜋𝜋ℎ ∙ sin 𝜃𝜃 .
Das heißt, dass die Anzahl an Molekülen mit einer Orientierung senkrecht zu z viel größer ist, als
die Anzahl Moleküle mit einer nahezu parallelen Orientierung.
Relative Anzahl an angeregten Molekülen im Winkelbereich 𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑:
𝑍𝑍(𝜃𝜃, 𝜑𝜑) 𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑 = 𝑁𝑁(𝜃𝜃, 𝜑𝜑)𝑃𝑃(𝜃𝜃, 𝜑𝜑)𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑~ cos2 𝜃𝜃 sin 𝜃𝜃 𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑
Bezogen auf die Gesamtzahl der angeregten Moleküle N ergibt sich der Anteil der angeregten
Moleküle im Winkelbereich zwischen 𝜽𝜽 und 𝜽𝜽 + 𝒅𝒅𝒅𝒅 sowie 𝝋𝝋 und 𝝋𝝋 + 𝒅𝒅𝒅𝒅:
2𝜋𝜋
𝑁𝑁 = �
𝜋𝜋
�
𝜑𝜑=0 𝜃𝜃 =0
𝑊𝑊(𝜃𝜃, 𝜑𝜑) =
𝑍𝑍(𝜃𝜃, 𝜑𝜑)𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑍𝑍(𝜃𝜃, 𝜑𝜑)𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑
2
=
cos2 𝜃𝜃 sin 𝜃𝜃 𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑁𝑁
4𝜋𝜋
Die Einstrahlung von linear polarisiertem Licht führt zu einer anisotropen Verteilung der angeregten
Moleküle, die zylindersymmetrisch zur Polarisationsrichtung der einfallenden Strahlung ist. Grund:
Absorption erfolgt auch, wenn Übergangsdipolmoment nicht genau parallel zum E-Feldvektor ist,
sondern eben eine Abweichung zwischen 𝜃𝜃 und 𝜃𝜃 + 𝑑𝑑𝑑𝑑 zeigt. Da das EmissionsÜbergangsdipolmoment fest mit der Molekülachse verbunden ist, muss aufgrund der anisotoropen
Verteilung der angeregten Moleküle auch die Polarisation der emittierten Fluoreszenz-Strahlung
anisotrop sein. Schlussfolgerung: bereits der Absorptionsprozess von linear polarisiertem Licht führt
zur Depolarisation der Fluoreszenz.
Emission der Fluoreszenz
Die Fluoreszenz-Depolarisation basiert auf zwei weiteren Beiträgen:
•
•
Relative Orientierung zwischen Absorptions- und Emissions-Übergangsdipolmoment kann
für verschiedene Absorptions- und Fluoreszenzübergänge in einem Molekül verschieden
sein.
Bewegungen des Moleküls innerhalb der Lebensdauer des angeregten Zustands, die zu
einer Änderung der Orientierung des Übergangsdipolmomentes führen.
Betrachtung einer starren, isotropen Probe, Annahmen:
(1) Bei Absorption und Emission tritt derselbe elektronische Übergang auf, sodass die beiden
Übergangsdipolmomente parallel orientiert sind.
(2) Räumliche Orientierung des Emissions-Übergangsdipolmoments ändert sich während der
Fluoreszenz-Lebensdauer nicht.
 Es ist lediglich die Photoselektion berücksichtigt!
Die Wahrscheinlichkeiten für eine Polarisation der emittierten Strahlung in z- bzw. x-Richtung lauten
dann (e = Einheitsvektoren der jeweiligen Raumrichtungen):
𝑃𝑃𝑧𝑧 (𝜃𝜃, 𝜑𝜑)~(𝜇𝜇𝑧𝑧 ∙ 𝑒𝑒𝑧𝑧 )2 ~ cos 2 𝜃𝜃
𝑃𝑃𝑋𝑋 (𝜃𝜃, 𝜑𝜑)~(𝜇𝜇𝑥𝑥 ∙ 𝑒𝑒𝑥𝑥 )2 ~(sin 𝜃𝜃 cos 𝜑𝜑)2
Die relativen Intensitäten 𝐼𝐼∥ und 𝐼𝐼⊥ werden über Multiplikation mit dem Anteil angeregter Moleküle
und anschließender Integration über die Kugeloberfläche erhalten:
2𝜋𝜋
𝐼𝐼∥ = �
2𝜋𝜋
𝐼𝐼⊥ = �
𝜑𝜑=0
𝜑𝜑=0
𝜋𝜋
𝑑𝑑𝑑𝑑 �
𝜋𝜋
𝑑𝑑𝑑𝑑 �
𝜃𝜃=0
𝜃𝜃=0
cos2 𝜃𝜃 𝑊𝑊(𝜃𝜃, 𝜑𝜑)𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑 =
3
5
sin2 𝜃𝜃 cos2 𝜑𝜑 𝑊𝑊(𝜃𝜃, 𝜑𝜑)𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑 =
1
5
Aufgrund der gemachten Annahmen entsprechen diese Werte dem Maximalwert für 𝐼𝐼∥ sowie dem
Minimalwert von 𝐼𝐼⊥ . Damit ergibt sich 𝑷𝑷 = 𝟎𝟎, 𝟓𝟓 und 𝑨𝑨 = 𝟎𝟎, 𝟒𝟒 als Maximalwerte für die FluoreszenzPolarisation einer Probe unbeweglicher, isotrop im Raum verteilter Moleküle (Grenzanisotropie).
Für einen beliebigen Winkel γ zwischen den Übergangsdipolmomenten,
aber weiterhin unter der Annahme, dass die Orientierung der Moleküle
innerhalb der Lebensdauer des angeregten Zustands unverändert bleibt,
gilt für die Fluoreszenz-Polarisation rechtsstehende Beziehung.
Die Fundamentalanisotropie ist eine Stoffeigenschaft. Sie beschreibt die
Anisotropie eines Fluorophors ohne depolarisierende Effekte, unter
Berücksichtigung der Grenzanisotropie (Photoselektion) und dem Winkel
zwischen den Übergangsdipolmomenten.
3 cos2 𝛾𝛾 − 1
cos 2 𝛾𝛾 + 3
𝟑𝟑 𝐜𝐜𝐜𝐜𝐜𝐜 𝟐𝟐 𝜸𝜸 − 𝟏𝟏
𝑨𝑨 =
𝟐𝟐
𝑃𝑃0 =
𝑨𝑨𝟎𝟎 = 𝟎𝟎, 𝟒𝟒 ∙ 𝑨𝑨
𝟑𝟑 𝐜𝐜𝐜𝐜𝐜𝐜 𝟐𝟐 𝜸𝜸 − 𝟏𝟏
𝟓𝟓
Daraus (einsetzen von 0° und 90° für γ) ergibt sich ein mögliches Intervall für die Anisotropie: die
limitierende Anisotropie = −0,2 ≤ 𝐴𝐴0 ≤ 0,4 (ohne depolarisierende Effekte)
1 1
1 1
𝜏𝜏𝐹𝐹
Unter Berücksichtigung von
𝜏𝜏𝐹𝐹 =
− = � − � �1 + �
Bewegungseinflüssen als
Fluoreszenzlebensdauer
𝑃𝑃 3
𝑃𝑃0 3
𝜏𝜏𝑐𝑐
einzigen depolarisierenden
des Moleküls
𝑨𝑨𝟎𝟎 =
Effekt, gilt die PerrinGleichung:
Statisch:
Diffusionskonstante 𝐷𝐷𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟 für
kugelförmige Moleküle:
𝟏𝟏
𝑨𝑨
𝟏𝟏
𝝉𝝉
= 𝑨𝑨 �𝟏𝟏 + 𝝉𝝉𝑭𝑭 �
𝟎𝟎
𝒄𝒄
1
𝜏𝜏𝑐𝑐 = 6𝐷𝐷
𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟
=
Rotationskorrelationszeit
Dynamisch: 𝑨𝑨(𝒕𝒕) = 𝑨𝑨𝟎𝟎 𝒆𝒆−𝒕𝒕/𝝉𝝉𝒄𝒄
𝑘𝑘𝑘𝑘
k = Boltzmann-Konstante
𝐷𝐷𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟 =
T = Absolute Temperatur
𝑉𝑉ℎ 𝜂𝜂
𝜂𝜂 = Viskosität der Probe
𝑉𝑉ℎ = hydratisiertes Molekülvolumen
Der Perrin-Gleichung liegen folgende Annahmen zugrunde:
•
•
•
•
Moleküle haben dieselben Rotationseigenschaften wie kugelförmige Teilchen mit dem
Volumen 𝑉𝑉ℎ .
Mikroviskosität der Umgebung eines Moleküls ist gleich der Viskosität der gesamten Probe.
Rotationsbewegung ist ungehindert und erfolgt statistisch.
Depolarisation erfolgt ausschließlich über Orientierungsunterschiede von Absorptions- und
Emissions-Übergangsdipolmoment und durch Brownsche Molekularbewegung (FRET,
Reabsorption und andere Effekte bleiben unberücksichtigt).
Anhand der Perrin-Gleichung können verschiedene Fallunterscheidungen getroffen werden:
(1) 𝝉𝝉𝒄𝒄 ≫ 𝝉𝝉𝑭𝑭 : keine Bewegung des Moleküls innerhalb von 𝜏𝜏𝐹𝐹 , d.h. 𝑃𝑃 = 𝑃𝑃0 bzw. 𝐴𝐴 = 𝐴𝐴0
(2) 𝝉𝝉𝒄𝒄 ≪ 𝝉𝝉𝑭𝑭 : angeregten Fluorophore nehmen innerhalb von 𝜏𝜏𝐹𝐹 eine statistische Verteilung ein,
d.h. 𝐼𝐼∥ = 𝐼𝐼⊥ und 𝑃𝑃 = 𝐴𝐴 = 0.
(3) 𝝉𝝉𝒄𝒄 ≈ 𝝉𝝉𝑭𝑭 : Orientierung der Moleküle ändert sich innerhalb von 𝜏𝜏𝐹𝐹 . Die Verteilung der
angeregten Moleküle bleibt jedoch anisotrop, d.h. 0 < 𝑃𝑃 < 𝑃𝑃0 .
Bei Kenntnis von 𝑃𝑃0 und 𝜏𝜏𝐹𝐹 lässt sich durch Messung von P die Rotationskorrelationszeit des
Fluorophors aus der Perrin-Gleichung bestimmen. Dann sind auch Probenviskosität und das
hydratisierte Molekülvolumen rechnerisch zugänglich, wenn einer der beiden Werte bekannt ist.
Um Rückschlüsse auf die Beweglichkeit von Makromolekülen machen zu können, sind Fluorophore
mit Fluoreszenz-Lebensdauern im Bereich der Rotationskorrelationszeiten erforderlich. Durch
Fluoreszenz-Farbstoffe sind Rotationskorrelationszeiten von 1-100ns, mit PhosphoreszenzFarbstoffen im Bereich von ms möglich.
Im Perrin-Plot erfolgt die Auftragung 1/𝐴𝐴0 gegen 𝑇𝑇/𝜂𝜂, sodass bei
bekanntem Hydratationsradius sowohl Rotationskorrelationszeit als
auch Fluoreszenzlebensdauer ermittelt werden können:
1
𝜏𝜏𝐹𝐹
1
1 6𝑘𝑘𝜏𝜏𝐹𝐹 𝑇𝑇
1
=
�1 + � → =
+
𝜏𝜏𝑐𝑐
𝐴𝐴 𝐴𝐴0 𝑉𝑉ℎ 𝐴𝐴0 𝜂𝜂
𝐴𝐴 𝐴𝐴0
𝜏𝜏 6𝑘𝑘
,
0 𝑉𝑉 ℎ
Steigung ist damit 𝐴𝐴𝐹𝐹
erhalten wird.
wobei 𝐴𝐴0 aus dem y-Achsenschnittpunkt
Statische und zeitaufgelöste Fluoreszenz-Polarisation
Die Fluoreszenz-Polarisation kann statisch oder zeitaufgelöst gemessen werden.
•
•
Statische Messung: kontinuierliche Anregung mit konstanter Lichtquelle. Die Messung der
Fluoreszenz-Intensität liefert mittlere Intensitätswerte. Daher entsprechen die Werte für A
und P auch zeitlichen Mittelwerten.
𝐼𝐼∥ =
1 ∞
∫ 𝐼𝐼 (𝑡𝑡)𝑑𝑑𝑑𝑑,
𝜏𝜏 𝐹𝐹 0 ∥
𝐼𝐼⊥ =
1 ∞
∫ 𝐼𝐼 (𝑡𝑡)𝑑𝑑𝑑𝑑
𝜏𝜏 𝐹𝐹 0 ⊥
Zeitaufgelöste Messung: Anregung mittels kurzem
Laser-Puls. Messung des zeitlichen Verlaufs 𝐼𝐼∥ (𝑡𝑡) und
𝐼𝐼⊥ (𝑡𝑡). Beide Fluoreszenz-Intensitäten fallen exponentiell
mit der Zeit ab. Direkt nach dem Laser-Puls wird die
Fluoreszenz-Polarisation von der Anisotropie der
Absorption (Photoselektion) bestimmt. Moleküle, die zu
einem späteren Zeitpunkt fluoreszieren haben bereits
eine Rotationsbewegung durchgeführt, wodurch die
Fluoreszenz-Polarisation von 𝑃𝑃0 bzw. 𝐴𝐴0 auf einen
Endwert abnimmt. Der Endwert ist von 𝝉𝝉𝒄𝒄 und 𝝉𝝉𝑭𝑭
abhängig.
Für kugelförmige Moleküle erfolgt die zeitliche Abnahme der Polarisation exponentiell. Die
Rotationskorrelationszeit entspricht der Zeit, in der der Polarisationsgrad oder die Anisotropie auf
1/e ihres Ausgangswertes abgefallen sind. Sie ist damit direkt aus dem Experiment bestimmbar
(Steigung der Geraden ist −1/𝜏𝜏𝑐𝑐 , der Schnittpunkt mit der y-Achse ist ln 𝐴𝐴0 ).
Anwendungsbeispiele
Fluoreszenz-Sonden
Man unterscheidet zwei Arten von Fluorophoren: Natürliche Fluorophore kommen in biologischen
Makromolekülen vor, wie z.B. Tryptophan. Fluoreszenz-Sonden sind organischhe Moleküle, die
kovalent an Makromoleküle gebunden werden können oder mit ihnen assoziieren oder interkalieren.
•
•
•
•
•
ANS (1-Anilino-8-Naphthalinsulfonat) assoziiert mit Proteinen oder Lipid-Membranen. Es hat
in Wasser eine niedrige Quantenausbeute, emitiert aber in apolarer Umgebung intensive,
blauverschobene Fluoreszenz.
Dansyl-Chlorid kann kovalent an Amino-Gruppen binden und reagiert ebenso wie ANS auf
Änderungen in der Sondenumgebung.
Fluoreszin wird über eine Isothiocyanat-Gruppe an Thiol- oder Amino-Gruppen in Proteinen
gebunden.
Ethidiumbromid und Acridinorange interkalieren in dsDNA und werden als
Fluoreszenzmarker für Nukleinsäuren verwendet.
Diphenylhexatrien oder Anthroyl-Derivate von Fettsäuren sind Fluorophore zur
Untersuchung von Membranstrukturen. Pyren-markierte Lipide bilden Excimere und können
als Membran-Sonden eingesetzt werden.
Bathochrome Verschiebung der Trp-Fluoreszenz von Proteinen
Trp in polarer Umgebung zeigt im Vergleich zu apolarer Umgebung eine rotverschobene Fluoreszenz.
Dies kann ausgenutzt werden, um die Assoziation eines Proteins mit Membranen zu untersuchten.
Durch Titration des Proteins mit Lipiden ist eine stetige Blauverschiebung gegen einen
Sättigungswert zu beobachten, die direkt mit der Inkorporation des Proteins in die Lipid-Membran
korreliert.
Änderung der Quantenausbeute bei WW mit makromolekularen Systemen
ANS wird als Fluorophor zur Bestimmung von Lipid-Phasenumwandlungen verwendet, da er nur an
Lipide im fluiden, nicht aber an Lipide im kristallinen Zustand bindet und im Membran-gebundenen
Zustand eine wesentlich erhöhte Fluoreszenz-Quantenausbeute resultiert. ANS interkaliert dabei
zwischen den polaren Kopfgruppen. Genauso können durch ANS hydrophobe Bereiche von Proteinen
titriert werden.
Excimere: Bestimmung des lateralen Diffusionskoeffizienten
Die Bildung von angeregten Dimeren ist diffusionskontrolliert. Aus der Excimeren-Bildungsrate von
Pyren-markierten Lipiden kann der Diffusionskoeffizient für laterale Diffusion in Membranen
ermittelt werden.
Verhältnis der Quantenausbeute für Excimere und
Monomere ist dem Verhältnis der Fluoreszenz-Intensitäten
proportional:
𝑘𝑘𝑓𝑓𝑓𝑓
𝜙𝜙𝐸𝐸
𝐼𝐼𝐸𝐸
=
∙ 𝑘𝑘𝑎𝑎 𝑐𝑐 ∙ 𝜏𝜏𝐸𝐸 ~
𝜙𝜙𝑀𝑀 𝑘𝑘𝑓𝑓𝑓𝑓
𝐼𝐼𝑀𝑀
Bei Kenntnis der Fluoreszenz-Übergangsraten beider
Populationen sowie der Lebensdauer der Excimeren 𝜏𝜏𝐸𝐸 ,
kann über eine Messung der Intensitäten 𝐼𝐼𝐸𝐸 und 𝐼𝐼𝑀𝑀 die
Excimeren-Bildungsrate 𝒌𝒌𝒂𝒂 ermittelt werden. Dazu
müssen Spektren bei unterschiedlichen FluorophorKonzentrationen 𝑐𝑐 gemessen werden (Abbildung: a, b, c).
Es folgt eine Auftragung
𝑘𝑘 𝑓𝑓𝑓𝑓
𝑘𝑘 𝑓𝑓𝑓𝑓
𝐼𝐼𝐸𝐸
𝐼𝐼𝑀𝑀
vs. 𝑐𝑐, wobei aus der Steigung
∙ 𝑘𝑘𝑎𝑎 ∙ 𝜏𝜏𝐸𝐸 die Excimeren-Bildungsrate ermittelt werden
kann.
Der Wert von 𝒌𝒌𝒂𝒂 𝒄𝒄 ist abhängig von der Kollisionswahrscheinlichkeit zwischen M und M*. Er ist daher
proportional zum Diffusionskoeffizienten. Für die Diffusion in der Lipid-Membran (= 2D-Gitter) wird
ein Hüpfprozess angenommen, bei dem das Molekül pro Zeiteinheit immer um einen Gitterplatz in
eine zufällige Richtung weiter springt.
Die Assoziationsrate 𝒌𝒌𝒂𝒂 𝒄𝒄 = 𝒗𝒗𝒋𝒋 𝒏𝒏𝒔𝒔 entspricht dem Produkt aus Sprungfrequenz 𝑣𝑣𝑗𝑗 der
Sondenmoleküle und der mittleren Zahl an Sprüngen 𝑛𝑛𝑠𝑠 , die ein Monomer bis zur Excimeren-Bildung
ausführen muss. Der Diffusionskoeffizient berechnet sich dann mithilfe der Einstein-Gleichung zu
𝟏𝟏
𝟒𝟒
𝑫𝑫 = 𝒗𝒗𝒋𝒋 𝝀𝝀𝟐𝟐 mit der mittleren Sprunglänge 𝜆𝜆. D ermöglicht eine Aussage über die Fluidität der
Membran.
•
•
Für die flüssigkristalline L-α-Phase wurde D zu 𝟏𝟏𝟏𝟏−𝟖𝟖 − 𝟏𝟏𝟏𝟏−𝟕𝟕 𝒄𝒄𝒎𝒎𝟐𝟐 /𝒔𝒔 bestimmt. Sie ist
langsamer als die Diffusion von Pyren in Wasser mit 10−6 − 10−5 𝑐𝑐𝑚𝑚2 /𝑠𝑠, da sie auf der
Diffusion von zwei langen, kovalent über die Kopfgruppe verknüpften CH-Ketten basiert.
In der P-β-Phase oberhalb der Phasenumwandlungstemperatur wurde D zu 𝟏𝟏𝟏𝟏−𝟏𝟏𝟏𝟏 −
𝟏𝟏𝟏𝟏−𝟏𝟏𝟏𝟏 𝒄𝒄𝒎𝒎𝟐𝟐 /𝒔𝒔 bestimmt. Diese Werte können nicht mit der Excimeren-Methode bestimmt
werden, da die Diffusion zu langsam ist: Die Excimeren-Bildung findet also sehr
unwahrscheinlich innerhalb der Fluoreszenz-Lebensdauer der Pyren-Sonden (~100ns) statt.
Excimere: Phasentrennungsphänomene in Lipid-Membranen
Das Intensitätsverhältnis ist von der Konzentration der Excimeren-bildenden Sonde abhängig
(
𝑘𝑘 𝑓𝑓𝑓𝑓
𝑘𝑘 𝑓𝑓𝑓𝑓
∙ 𝑘𝑘𝑎𝑎 ∙ 𝑐𝑐 ∙ 𝜏𝜏𝐸𝐸 ~
•
•
𝐼𝐼𝐸𝐸
).
𝐼𝐼𝑀𝑀
Im Falle eines diffusionskontrollierten Prozesses steigt bei statistischer Sondenverteilung
𝐼𝐼𝐸𝐸 /𝐼𝐼𝑀𝑀 linear mit der Konzentration an (siehe Plot oben)
Wenn die Sonde bevorzugt in bestimmte Membran-Bereiche einbaut, kommt es zu einer
höheren lokalen Konzentration und damit zu einem höheren 𝐼𝐼𝐸𝐸 /𝐼𝐼𝑀𝑀 Wert.
Eine Lipid-Mischung aus geladener Phosphatidsäure (PA) und
ungeladenem Phosphatidylcholin (PC) trennt sich bei
Temperaturen unterhalb des Phasenübergangs (fluide Phase)
durch Zugabe von Calcium-Ionen auf. Calcium komplexiert PA,
wodurch es in den kristallinen Zustand übergeht und die
beiden Lipide nicht mehr mischbar sind. Innerhalb des
kristallinen PA/Ca2+ bilden sich fluide PC-Domänen. Mit
steigender Calcium-Konzentration beobachtet man dann eine
steigende Excimeren-Bildung (steigendes 𝐼𝐼𝐸𝐸 /𝐼𝐼𝑀𝑀 ), da sich die
Pyren-Dekansäure bevorzugt in der fluiden Phase aufhält. Die
Sonde wird Ca2+-abhängig aus der kristallinen Phase in die
fluide gedrängt. Je größer der PA-Anteil, also die potentiell
kristallisierende Phase, desto stärker ist die Ca-induzierte
Konzentrationserhöhung von Pyren-Dekansäure in der
fluiden Phase. Damit verbunden ist ein größeres IE/IM
Verhältnis.
Excimere: Protein-Assoziation
Mithilfe der Excimeren-Bildung konnte nachgewiesen werden, dass die
Ca2+-abhängige ATPase im Membran-gebundenen Zustand als
Oligomer vorkommt. Es erfolgt die kovalente Markierung des Proteins
mit einem Fluorophor und die Beobachtung der Excimeren-Bildung
mit steigender Sondenkonzentration (größerer Anteil Proteine, die mit
einer Sonde markiert sind). Excimeren-Bildung entspricht direkt der
Protein-Assoziation.
Excimer-Laser
S.74/155
Lokalisation von Fluorophoren in Membranen durch Fluoreszenz-Löschung
Die Effizienz der Fluoreszenz-Löschung durch Radikal-Sonden ermöglicht Rückschlüsse auf die Lage
von Fluoreszenz-Sonden in Membranen.
Besonders geeignet sind Fettsäuren oder Lipide mit Nitroxid-Gruppen, die sich an jeweils
verschiedenen Positionen der CH-Ketten befinden. Aus der bekannten Lage der Nitroxid-Gruppen in
der Membran lässt sich die Position der Chromophoren Gruppe der Fluoreszenz-Sonde angeben:
Sie befindet sich in der Position, für die die Nitroxid-Gruppe die effizienteste Fluoreszenz-Löschung
zeigt. Stern-Volmer-Auftragung zeigt, dass für Pyren-Buttersäure die effizienteste FluoreszenzLöschung mit C5-Radikalsonde, für Pyren-Dekansäure mit C12-Radikalsonde vorliegt.
So konnte auch die Lage des Porphyrin-Rings in Chlorophyll-Molekülen nahe der Lipid-Kopfgruppen
bestimmt werden (C5-Radiklsonde am effizientesten).
Abstandsmessung durch Energieübertragung
ANS bindet an Serumalbumin und erhöht seine Fluoreszenz-Quantenausbeute. Zusätzlich kann die
Bindung durch Messung des Energietransfers beobachtet werden. Serumalbumin besitzt
Tryptophane, die mit ANS Donor-Akzeptor-Paare bilden. Bei Anregung der Trp-Fluoreszenz
beobachtet man mit steigendem ANS/Protein Verhältnis eine Abnahme der Protein-Fluoreszenz
(Bande II) und eine Zunahme der Ligand-Fluoreszenz (Bande I). Die maximale Energieübertragung
liegt bei voll besetzten Ligandbindestellen vor, deren Anzahl aus dem Ligand/Protein-Verhältnis
bestimmt werden kann.
Wegen der Abstands-Abhängigkeit, lässt sich die Entfernung der Fluorophore bestimmen. Dazu muss
R0 bekannt sein und im Bereich des zu messenden Abstandes liegen. Die Abstandsmessung zwischen
Donor α-Naphthyl und Akzeptor Dansyl an den Enden unterschiedlich langer L-Prolyl-Peptide ergibt
eine mit zunehmendem Abstand geringer werdende Energieübertragungseffizienz.
Fluoreszenz-Depolarisation: Messung der Phasenumwandlung von Lipid-Membranen
Die Membran-Phasen unterscheiden sich durch Anordnung und Beweglichkeit der Lipid-Moleküle.
Daher kann die Phasenumwandlungstemperatur über Fluoreszenz-Depolarisation bestimmt werden.
In kristalliner Membranphase liegen CH-Ketten dicht gepackt in
all-trans Konformation. Dadurch sind die Sondenmoleküle im
hydrophoben Membranbereich in ihrer Bewegung stark
eingeschränkt (hoher Polarisationsgrad, 𝑃𝑃 ≈ 0,4). Nach der
Phasenumwandlung nimmt die Beweglichkeit der CH-Ketten
durch Bildung von gauche-Isomeren stark zu. Dies überträgt sich
auf die Sondenmoleküle (Depolarisation).
Bestimmung der Rotationskorrelationszeiten von Proteinen durch zeitabhängige FluoreszenzDepolarisation
Die logarithmische Auftragung des zeitlichen Verlaufs der
Fluoreszenz-Anisotropie ist eine Gerade. Die Steigung ist umgekehrt
proportional zur Rotationskorrelationszeit. Bei Untersuchung eines
Trp-Restes eines globulären Proteins lässt sich die Beweglichkeit des
Trp-Restes schlussfolgern. Ist die Rotationskorrelationszeit viel
größer, als man für eine Kugel (Protein) erwarten würde, so hat Trp
eine hohe Eigen-Beweglichkeit, umgekehrt ist Trp sehr starr am
Protein-Gerüst gebunden.
Bestimmung von Diffusionskoeffizienten in Membranen über FRAP
FRAP (Fluorescence Recovery after Photobleaching) ermöglicht die Messung von Transportprozessen
in und durch Membranen. Dazu muss die Lipid-Membran markiert werden (häufig mit der LipidSonde NBD-PE).
Ein Laser bestrahlt ein Messfeld von einigen µm
Durchmesser, wodurch die Chromophore
irreversibel zerstört werden, die Lipide aber
unbeschädigt bleiben. Die zerstörte Fluoreszenz im
Messfeld nimmt mit der Zeit durch Diffusion von
Chromophoren aus der Umgebung zu. Aus der
Anstiegszeit lässt sich der Diffusionskoeffizient
ermitteln, sodass Koeffizienten von 10−6 −
10−12 𝑐𝑐𝑚𝑚2 /𝑠𝑠 bestimmt werden können (vergleiche
Excimer-Methode).
Der Diffusionskoeffizient berechnet berechnet sich direkt aus den experimentellen Parametern (𝑎𝑎 ist
der Radius des gebleichten Flecks und 𝜏𝜏1/2 ist die Zeit, in der die Hälfte der Ursprungsintensität
wieder hergestellt wurde):
𝐷𝐷 =
𝑎𝑎2
4𝜏𝜏1/2
Der Endwert für die Fluoreszenz ist um den Betrag der gebleichten Moleküle niedriger als der zuvor
bestimmte Wert. Füllt man eine Zelle mit Farbstoff und bleicht das Innere aus, so kann der
Transport von Farbstoff aus dem Außenmedium in das Innere beobachtet werden.
Eine Variante des FRAP ist FLIP (Fluorescence loss in photobleaching). Hier wird eine Region
kontinuierlich geblichen, sodass das Verhalten des gesamten Fluoreszierenden Pools außerhalb der
Bleichungsregion beobachtet werden kann. FLIP liefert Informationen über die Verbindung von
zellulären Strukturen.
Elektronenspinresonanz (ESR) Spektroskopie
ESR ist eine Absorptions-Spektroskopie-Art, wobei Mikrowellen-Strahlung durch paramagnetische
Substanzen absorbiert wird und Übergänge zwischen verschiedenen Energieniveaus der
Elektronenspins induziert.
Die ESR-Spektroskopie kann nur auf Moleküle mit ungepaarten Elektronen angewandt werden:
•
•
•
Übergangsmetalle z.B. in Proteinen und Enzymen.
Freie Radikale z.B. als Zwischenstufe bei lichtinduzierten Reaktionen der Photosynthese.
Spinsonden (stabile organische Radikale, die meist kovalent an Biomoleküle gebunden sind),
Spin-Label-Technik.
Der Schwerpunkt der Anwendung liegt auf der Untersuchung der Struktur und Dynamik von LipidMembranen.
Physikalische Grundlagen
Elektronen besitzen eine Gesamtdrehimpulsquantenzahl 𝑱𝑱, die sich additiv aus
Bahndrehimpulsquantenzahl 𝑳𝑳 (Kreisbewegung um den Kern) und Eigendrehimpulsquantenzahl 𝑺𝑺
(Spin, Eigenrotation) zusammensetzt. 𝐽𝐽 ist ein dimensionsloser Vektor, der in Einheiten von ℏ
angegeben wird. Der Betrag der Vektoren entspricht dem jeweiligen Drehimpuls P.
Gesamtdrehimpulsquantenzahl
Beträge der Quantenzahlen ergeben Drehimpulse
ℏ=ℎ/2𝜋𝜋
ℎ = 6,626 ∙ 10−34 𝐽𝐽𝐽𝐽
𝐽𝐽 = 𝐿𝐿 + 𝑆𝑆
|𝑆𝑆| = ℏ�𝑆𝑆(𝑆𝑆 + 1) = 𝑃𝑃𝑆𝑆
|𝐿𝐿| = ℏ�𝐿𝐿(𝐿𝐿 + 1) = 𝑃𝑃𝐿𝐿
|𝐽𝐽| = ℏ�𝐽𝐽(𝐽𝐽 + 1) = 𝑃𝑃𝐽𝐽
L ist die Nebenquantenzahl, kann Werte von 0,1,2,3… annehmen, welche den s,p,d,f Orbitalen
entsprechen.
Das magnetische Moment
Eine bewegte Ladung erzeugt nach der klassischen Elektrodynamik ein
Magnetfeld: Aus dem Kreisstrom wird ein magnetisches Moment 𝝁𝝁 erzeugt,
das senkrecht auf der durch den Kreisstrom aufgespannten Ebene steht.
Das gesamte magnetische Moment setzt sich wieder additiv aus den magnetischen Momenten für
Bahnumlauf und Eigenrotation zusammen.
Magnetische Momente setzen sich wie die
Quantenzahlen additiv zusammen
𝜇𝜇𝐽𝐽 = 𝜇𝜇𝐿𝐿 + 𝜇𝜇𝑆𝑆
Betrag des magnetischen
Moments:
(dasselbe gilt auch für die
Vektoren)
𝛾𝛾 = gyromagnetisches Verhältnis
(Proportionalitätsfaktor zwischen Drehimpuls und
magnetischem Moment eines Teilchens)
𝜇𝜇𝐵𝐵 = Bohrsches Magneton
𝑔𝑔 = 2,0023 Proportionalitätsfaktor für freies
Elektron (Landé-Faktor); für Bahndrehimpulse beträgt
�𝜇𝜇𝐽𝐽 � = 𝛾𝛾 ∙ |𝐽𝐽|
= 𝑔𝑔 ∙ 𝜇𝜇𝐵𝐵 ∙ |𝐽𝐽|
der g-Faktor immer 1 (Aussage ist also, um wieviel der Spin
größeren Einfluss auf die Energie hat, als der Bahndrehimpuls)
Allgemein: Magneton
Für Elektron: z=1
=> Bohrsches Magneton
𝑞𝑞∙ℏ
𝜇𝜇 = 2𝑚𝑚
𝑒𝑒∙ℏ
𝜇𝜇𝐵𝐵 = 2𝑚𝑚 = 0,92 ∙ 10−23 𝐽𝐽/𝑇𝑇
𝑒𝑒
𝑒𝑒 = 1,672 ∙ 10−27 𝑘𝑘𝑘𝑘 =
Elementarladung
𝑧𝑧 = 1 (Ladungszahl)
𝑚𝑚𝑒𝑒 = Masse des Elektrions
Landé-Faktor für ein Atom (Näherung, da ohne
quantenelektrodynamische Korrektur)
Für freie = „bahnlose“
Elektronen gilt:
𝑔𝑔 = 1 +
�𝜇𝜇𝐽𝐽 � = |𝜇𝜇𝑆𝑆 | = −𝑔𝑔 ∙ 𝜇𝜇𝐵𝐵 ∙ |𝑆𝑆|
mit 𝑔𝑔 = 2 (klassisch)
𝑔𝑔 = 2,00232 (quantenmech.)
𝑐𝑐 = Lichtgeschwindigkeit
𝐽𝐽 (𝐽𝐽 +1)+𝑆𝑆(𝑆𝑆+1)−𝐿𝐿(𝐿𝐿+1)
2𝐽𝐽 (𝐽𝐽 +1)
achte auf negatives Vorzeichen, da
magnetisches Moment und Spin
entgegengesetzt orientiert sind.
Für viele Anwendungen reduzieren sich die Beziehungen auf den Eigendrehimpuls S, da der
Bahndrehimpuls L organischer Radikale vernachlässigbar ist (Betrachtung „bahnloser“ Elektronen). L
muss aber bei Übergangsmetallionen mitberücksichtigt werden.
Der Zeeman-Effekt im B0-Feld
Ein Radikal mit einem freien Elektron wird in ein zeitlich konstantes, homogenes Magnetfeld mit der
magnetischen Induktionsflussdichte 𝐵𝐵0∗ gebracht. Der Spin-Vektor (magnetischer Dipol) stellt sich in
eine Richtung parallel oder antiparallel zur Magnetfeld-Richtung ein. Der Winkel wird durch Gesetze
der Quantenmechanik bestimmt.
Für die Projektion des Spin-Drehimpulses 𝑃𝑃𝑆𝑆 auf die 𝐵𝐵0 -Achse (z-Achse) gilt 𝑷𝑷𝒛𝒛 = 𝒎𝒎𝒔𝒔 ℏ . 𝑚𝑚𝑠𝑠 ist die
magnetische Quantenzahl, die sich aus der Spin-Quantenzahl ableiten lässt: 𝑚𝑚𝑠𝑠 = 𝑆𝑆, 𝑆𝑆 − 1, 𝑆𝑆 −
2, … , −𝑆𝑆 (genauso gilt für die magnetische Quantenzahl des Drehimpulses 𝑚𝑚𝑙𝑙 = 𝐿𝐿, 𝐿𝐿 − 1, 𝐿𝐿 − 2, … , −𝐿𝐿). Es sind damit
nur die Werte ±1/2, ±3/2, ±5/2 … erlaubt.
•
•
•
S=0,5 ergibt damit 𝑚𝑚𝑠𝑠 = ±0,5
S=1,5 ergibt 𝑚𝑚𝑠𝑠 = ±0,5, ±1,5
Es ergeben sich demnach 𝟐𝟐𝟐𝟐 + 𝟏𝟏 Einstellungsmöglichkeiten im angelegten Magnetfeld.
Für die z-Komponente (parallel zu B0) des magnetischen Momentes gilt dann 𝝁𝝁𝒛𝒛 = 𝜸𝜸 ∙ 𝑷𝑷𝒛𝒛 = 𝜸𝜸 ∙ 𝒎𝒎𝒔𝒔 ℏ.
Für S=0,5 entspricht die Komponente des magnetischen Moments in Richtung B0 sehr genau dem
Bohrschen Magneton: 𝜇𝜇𝑧𝑧 = −𝑔𝑔 ∙ 𝜇𝜇𝐵𝐵 ∙ 𝑚𝑚𝑠𝑠 = ±1,0012𝜇𝜇𝐵𝐵 .
Energie eines magnetischen
Dipols in B0
𝐸𝐸 = 𝜇𝜇𝑧𝑧 ∙ 𝐵𝐵0
= 𝜸𝜸𝑷𝑷𝒛𝒛 𝑩𝑩𝟎𝟎 = 𝜸𝜸𝒎𝒎𝒔𝒔 ℏ𝑩𝑩𝟎𝟎
Für 𝑆𝑆 = ±0,5 → 𝑚𝑚𝑠𝑠 = ±0,5
ergeben sich 2 Energieterme
Energiedifferenz der 2
Elektronen-Zustände eines
ungepaarten Elektrons im
Magnetfeld
1
𝐸𝐸+1/2 = + ∙ 𝜸𝜸ℏ𝑩𝑩𝟎𝟎
2
∆𝑬𝑬 = 𝜸𝜸ℏ𝑩𝑩𝟎𝟎
𝛿𝛿 = Winkel zwischen
Magnetfeldrichtung und
Richtung des magnetischen
Moments
cos 𝛿𝛿 = 𝑚𝑚𝑠𝑠 /|𝑆𝑆|
1
𝐸𝐸−1/2 = − ∙ 𝜸𝜸ℏ𝑩𝑩𝟎𝟎
2
! abhängig von B0 !
 Aufspaltung im äußeren
Magnetfeld => Zeeman-Effekt
Durch Energiezufuhr von 𝒉𝒉𝒉𝒉 = ∆𝑬𝑬 = 𝜸𝜸ℏ𝑩𝑩𝟎𝟎 in Form von elektromagnetischer Strahlung, kann ein
Absorptionsprozess stattfinden, der einen Übergang von E- nach E+ bewirkt. Die Elektronen-Spins
klappen dabei um.
Bei der ESR-Spektroskopie werden dazu Flussdichten um 0,1-1 Tesla durch Mikrowellen mit
Wellenlängen im cm-Bereich (10Ghz) verwendet. Bei einer festen Mikrowellen-Frequenz kann über
die Variation des Magnetfeldes die Resonanzstelle bestimmt werden, bei der die Absorption der
Mikrowellen-Strahlung auftritt. Im Gegensatz zur Licht-Absorption ist dies ein magnetisches
Phänomen: Der Übergang wird durch die magnetische Komponente, nicht durch die elektrische des
elektromagnetischen Feldes induziert.
Larmor-Präzession im B0-Feld
Aus dem Elektronenspin resultiert ein magnetisches Moment, das im Magnetfeld eine Orientierung
erfährt. Im Magnetfeld B0 herrscht demnach eine Kraft (Drehmoment 𝚪𝚪 = 𝝁𝝁 × 𝑩𝑩𝟎𝟎 ), die den
Elementarmagneten ausrichtet. Nach dem Drehimpulssatz der Mechanik verursacht das
Drehmoment eine Richtungsänderung des Spins senkrecht zum magnetischen Moment und
senkrecht zum angreifenden Drehmoment. Der Elektronen-Spin-Vektor führt demnach eine
Kreisbewegung um die Feldachse aus, was zu einer Drehimpuls-Änderung führt. Das magnetische
Moment präzidiert um B0 und hat sich nach einer bestimmten Zeit um den Winkel 𝜑𝜑 in eine neue
Lage gedreht.
Die Zahl der Umläufe pro Sekunde ist die Larmor-Frequenz:
ℎ𝑣𝑣𝐿𝐿 = 𝐸𝐸 = 𝛾𝛾ℏ ∙ 𝐵𝐵0 ⟷ 𝑣𝑣𝐿𝐿 =
𝛾𝛾 ∙ 𝐵𝐵0
↔ 𝝎𝝎𝟎𝟎 = 𝜸𝜸 ∙ 𝑩𝑩𝟎𝟎
2𝜋𝜋
Diese Frequenz ist kernspezifisch und nimmt linear mit der Magnetfeldstärke zu. Radiowellen dieser
Frequenz bewirken die Resonanz des Spinsystems. Durch die kontinuierliche Absorption dieser
Frequenzen resultiert das Frequenzspektrum. Bei der NMR werden Pulse mit solchen Frequenzen eingestrahlt,
um den Winkel α der Präzession so zu verändern, dass der Vektor in der Nähe der xy-Ebene liegt, wo er messbar ist. Auf der
z-Achse ist der Kerndrehimpuls nicht zu messen, da das magnetische Moment sehr gering ist und vom viel größeren
externen Magnetfeld überlagert wird.
Resonanzphänomen
Der Resonanzfall tritt ein, wenn die durch das Magnetfeld B0 festgelegte Larmor-Frequenz mit der
Frequenz der eingestrahlten Mikrowelle übereinstimmt.
Die eingestrahlte Mikrowelle hat wie jede elektromagnetische Welle eine elektrische und eine
magnetische Komponente. Die magnetische Komponente kann als zweites magnetisches Feld B1
betrachtet werden, das senkrecht zu B0 mit der Frequenz 𝑣𝑣𝐿𝐿 rotiert. Im rotierenden Bezugssystem
sind B1 und 𝜇𝜇𝑆𝑆 zeitlich konstant. Unter Wirkung von B1 beginnt nun das magnetische Moment um die
B1-Achse zu rotieren. Da 𝑩𝑩𝟏𝟏 ≪ 𝑩𝑩𝟎𝟎 , präzediert der Spin um B1 viel langsamer als um B0. Durch
Überlagerung der Präzessionen um B0 und B1 resultiert eine Spiralbahn, auf der sich die Spins
zwischen den Positionen 𝒎𝒎𝒔𝒔 = ±𝟏𝟏/𝟐𝟐 auf und ab bewegen.
Die Resonanzbedingung: B1 muss mit der gleichen Frequenz und mit gleichem Umlaufsinn um die B0Achse rotieren wie die Spins selbst. Dies wird durch eine in die x-Richtung orientierte, linear
polarisierte elektromagnetische Welle erreicht. Eine linear polarisierte Welle entspricht der Addition
zweier zirkular polarisierter Wellen mit entgegengesetztem Umlaufsinn. Die Komponente, die in der
xy-Ebene im Gleichsinn zum magnetischen Moment um B1 rotiert, bewirkt den Resonanzübergang.
Boltzmann-Verteilung
Energetisch gesehen bedeutet eine Ausrichtung des Atomkerns eine Aufspaltung in Energieniveaus
(Zeeman Effekt). Es gibt für einen Spin S, der zuvor zufällig im Raum ausgerichtet war, exakt 2S+1
verschiedene Energieniveaus in einem äußeren Magnetfeld B0. Für Elektronen gilt immer S=+1/2
oder S=-1/2, wodurch 2 mögliche Energieniveaus möglich sind (wie auch für Kernspins der
Wasserstoffatome mit I=1/2). Der Abstand der Energieniveaus nimmt linear mit der
Magnetfeldstärke zu. Für Elektronen gibt es den energetisch niedrigeren Zustand α bzw. -1/2, der
parallel zum Magnetfeld ausgerichtet ist und den energiereicheren, antiparallelen Zustand β bzw. +
1 2 . Es herrscht ein thermisches Equilibrium der Absolutmagnetisierung, wenn alle Spins im α oder
β Zustand vorliegen, diese Zustände aber untereinander wechseln können.
Die magnetischen Dipol-Übergänge zwischen den durch die 𝑚𝑚𝑠𝑠 -Quantenzahl definierten
Energietermen können in beiden Richtungen stattfinden (Absorption und Emission sind
gleichberechtigt). Die Zahl der Absorptionsprozesse 𝑁𝑁𝐴𝐴 und Emissionsprozesse 𝑁𝑁𝐸𝐸 ist von der
Besetzungszahl der Zeeman-Niveaus abhängig. Boltzmann-Verteilung zwischen 𝐸𝐸+ und 𝐸𝐸− liefert
Besetzungszahl-Verhältnis 𝑛𝑛+ /𝑛𝑛_ (+ ist oberes, - ist unteres Energieniveau).
∆𝑬𝑬
𝒏𝒏+ = 𝒏𝒏− ∙ 𝒆𝒆−𝒌𝒌∙𝑻𝑻
Im thermischen GG gilt 𝑛𝑛− > 𝑛𝑛+: Absorption ist proportional zur Besetzungsdifferenz. Bei RT und
magnetischen Feldern bis 1T gilt
∆𝐸𝐸
1
𝑛𝑛−
~
→
= 1,000007
𝑘𝑘 ∙ 𝑇𝑇 200 𝑛𝑛+
Netto wird also eine Absorption der eingestrahlten Energie erhalten, da das untere Energieniveau
mehr besetzt ist. Hohe Magnetfeldstärken und niedrige Temperaturen begünstigen die Intensität
des ESR-Signals.
Relaxationsmechanismen
Spin-Gitter-Relaxation: Durch thermischen Kontakt zwischen Spinsystem und seiner Umgebung
wird die durch den Absorptionsprozess gestörte Boltzmann-Verteilung wiederhergestellt. Die frei
werdende Energie wird von der Umgebung (Gitter) aufgenommen. Die Spin-Gitter-Relaxationszeit T1
beschreibt die benötigte Zeit, um die Boltzmann-Verteilung bis auf 1/e wiederherzustellen (innerhalb
von T1 relaxieren ca. 63% der Spins, e=2,718). In Festkörpern ist T1 kürzer als in Flüssigkeiten,
Ursache ist bessere Kopplung zwischen Spinsystem und Umgebung.
Bei zu langen Relaxationszeiten oder zu hoher Anregungsleistung tritt ein Sättigungsverhalten ein.
Dadurch werden die ESR-Linien breiter und verlieren an Intensität. Sättigungsexperimente ergeben
jedoch Aussagen über die Umgebung und sind in der NMR-Spektroskopie wichtig.
Spin-Spin-Relaxation: Über magnetische Dipol-Dipol-WW können paramagnetische
Nachbarmoleküle ihren Spinzustand austauschen (Spin-Spin-Kopplung). Der Spinaustausch
beeinflusst die Lebensdauer 𝜏𝜏 eines Spinzustandes, aber nicht das Besetzungsverhältnis. Nach
Heißenberg ist ∆𝑬𝑬 ∙ 𝝉𝝉 = 𝒉𝒉 , weshalb eine kurze Lebensdauer eine große Energieunschärfe bewirkt
(Die Spins verlieren mit der Zeit an Kohärenz). Die Breite der Resonanzlinie nimmt damit zu. In
Lösungen ist die Linienbreite proportional zu 𝟏𝟏/𝑻𝑻𝟐𝟐 , da die Kopplung an die Umgebung gering ist
und die Linienbreite kaum beeinflusst.
g-Faktor
Zwischen den magnetischen Momenten des Eigendrehimpulses und des Bahndrehimpulses treten
Wechselwirkungen auf (Spin-Bahn-Kopplung). Damit kann 𝜇𝜇𝐿𝐿 zu einer Verstärkung oder
Abschwächung des äußeren Magnetfeldes B0 und somit zur Vergrößerung oder Verringerung der
Energiedifferenz ∆𝑬𝑬 führen. Die Absorptionslinien sind dann durch größere oder kleinere g-Werte
bestimmt, die vom g-Wert des freien Elektrons ohne Spin-Bahn-Kopplung (g=2,00232) abweichen.
Für Übergangsmetall-Ionen gilt 1 < 𝑔𝑔 < 4. Ein ESR-Spektrum kann durch mehrere Absorptionslinien
mit verschiedenen g-Werten charakterisiert sein.
Hyperfeinstruktur (Hfs)
Jede ESR-Linie wird einem bestimmten g-Wert zugeordnet und kann nochmals eine Aufspaltung
erfahren (Hyperfeinaufspaltung). Diese resultiert aus der Wechselwirkung der Elektronen mit den
magnetischen Momenten der Atomkerne. Die Kerne erzeugen ein lokales Feld 𝐵𝐵𝑙𝑙𝑙𝑙𝑙𝑙 , das sich mit
dem externen B0-Feld zu einem effektiven Feld 𝑩𝑩𝒆𝒆𝒆𝒆𝒆𝒆 = 𝑩𝑩𝟎𝟎 + 𝑩𝑩𝒍𝒍𝒍𝒍𝒍𝒍 addiert.
Ein Kern kann mit seinem Kernspin 𝐼𝐼 genau 2𝐼𝐼 + 1 Einstellungen im externen Magnetfeld annehmen.
Diese definieren die Kernspin-Quantenzahl 𝑚𝑚𝐼𝐼 .
Das lokale Feld kann somit auch 𝟐𝟐𝟐𝟐 + 𝟏𝟏 Werte annehmen und spaltet eine ESR-Linie damit in
𝟐𝟐𝟐𝟐 + 𝟏𝟏 Linien auf. Die jeweilige Resonanz wird bei einem Resonanz-Feld beobachtet:
0
− 𝑎𝑎𝑚𝑚𝐼𝐼
𝐵𝐵𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟 = 𝐵𝐵𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟
0
ist Resonanzstelle ohne Elektron-Kern-WW. Die Hyperfeinkopplungskonstante 𝒂𝒂 gibt den
𝐵𝐵𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟
Abstand der Hyperfeinlinien wieder.
Allgemein ergibt eine paramagnetische Substanz mit dem Elektronenspin S und dem Kernspin I ein
ESR-Spektrum mit 𝟐𝟐𝟐𝟐(𝟐𝟐𝟐𝟐 + 𝟏𝟏) Linien, da die Auswahlregeln ∆𝒎𝒎𝒔𝒔 = 𝟏𝟏 und ∆𝒎𝒎𝑰𝑰 = 𝟎𝟎 gelten.
Messtechnik
Der Messraum des ESR-Spektrometers befindet sich in einem homogenen Magnetfeld, das durch
einen Elektromagneten erzeugt wird.
Die Strahlungsquelle (Klystron) erzeugt eine Mikrowelle im ~10 Ghz Bereich (Wellenlänge: ~3 cm).
Ein Klystron ist eine Elektronenröhre zur Hochfrequenz-Verstärkung. Die Frequenz der Mikrowelle
bleibt im ESR-Experiment konstant. Die Mikrowelle wird über einen Hohlleiter (hohles, innen
vergoldetes Vierkant-Rohr mit einer Kantenlänge, die der Wellenlänge entspricht) zum Probenraum
gebracht.
Der Probenraum ist ein HohlraumResonator (Cavity), in dem sich durch
geeignete Ankopplung eine stehende Welle
ausbildet. Die Welle ist linear polarisiert
(zwei entgegengesetzt umlaufende zirkularpolarisierte Wellen). Der HohlraumResonator sorgt dafür, dass das zur ESRMessung notwendige magnetische
Wechselfeld B1 der Mikrowelle am
Probenort „fokussiert“ wird.
Das homogene äußere Magnetfeld B0 steht senkrecht zu B1 in z-Richtung. Es wird durch seitlich am
Hohlraum-Modulator angebrachte Zusatzspulen mit 100 kHz moduliert (Warum siehe unten).
Bei einer festen Mikrowellenfrequenz, die durch die Dimension des Klystrons vorgegeben wird, wird
B0 im ESR-Experiment variiert. Wenn die Resonanzbedingung erfüllt ist, absorbiert das System
Energie aus der Mikrowellenstrahlung (konstantes B1-Wechselfeld). Die Verringerung der
Mikrowellen-Amplitude als Funktion von B0 ergibt das ESR-Spektrum. Gemessen wird jedoch oft
nicht Transmission sondern Reflektion, d.h. der Teil der Mikrowellenstrahlung, der letztlich aus dem
Hohlraumresonator wieder zurück ins magische T gelangt.
Mikrowellen-Sender, Probe und Detektionssystem sind
über eine Brückenschaltung, häufig dem „magischen T“,
verbunden. Der Klystron befindet sich in Arm 1 und
emittiert Mikrowellen in die Arme 2 und 3. Die
Mikrowellenenergie in Arm 2 wird nahezu vollständig
gedämpft. Die in Arm 3 gelangt in den HohlraumResonator. Der Resonator ist mit einer variablen
Lochblende (Iris) gekoppelt, sodass alle ankommende
Energie gedämpft wird und keine Reflexion auftritt.
Bei Erfüllung der Resonanzbedingung und der damit verbundenen Absorption wird die Anpassung
gestört, sodass ein Teil der Mikrowelle in Arm 3 reflektiert wird. Über das magische T fällt der
reflektierte Anteil auf einen Kristall-Detektor (Gleichrichter) in Arm 4. Die gemessene
Gleichspannung liefert das ESR-Signal und wird auf der Ordinate des ESR-Spektrums aufgetragen.
Die Abszisse ist das B0-Feld.
Für ein besseres Signal/Rauschen-Verhältnis wird das erhaltene Absorptionssignal moduliert, indem
das Magnetfeld mit 100kHz moduliert wird. Dadurch wird aus dem Gleichspannungssignal ein
Wechselspannungssignal, das rauschärmer zu verstärken ist.
Die Modulationsspulen erzeugen am Ort der
Probe ein homogenes magnetisches
Wechselfeld, das parallel zum B0-Feld liegt. Die
Amplitude des Wechselfelds ist wählbar, darf
aber nicht die Halbwertsbreite des
Absorptionssignals überschreiten. Die
resultierende Wechselstromantwort (ia und ib)
verstärkt sich proportional zur Steigung der
Signalkurve. Die Amplitudenmaxima des
resultierenden Detektorstroms als Funtkion von
B0 bilden demnach die Steigung der
eigentlichen Absorptionskurve. Die Amplitude
der Wechselspannung, gemessen an der Diode,
entspricht dann der ersten Ableitung des
resultierenden Signals.
Zusammenfassung: Es existieren damit drei verschiedene magnetische Felder!
(1) Ein B0-Feld in z-Richtung. Dieses Feld setzt sich aus einem konstanten Feld und einem
Sweep-Feld zusammen.
(2) Ein hochfrequentes (10 GhZ) Wechselfeld B1 in y-Richtung. Dieses Feld resultiert am
Probenort aus zwei entgegengesetzt zirkular polarisierten Mikrowellen, die sich zu einer
linear polarisierten Welle addieren.
(3) Ein zusätzliches 100 kHz-Feld Bm in z-Richtung. Dieses Feld wird durch am Resonator
befindliche Helmholtz-Spulen erzeugt und dient der Erhöhung der
Spektrometerempfindlichkeit durch Modulation der Feldstärke. Aufgrund der
Feldmodulation wird generell die erste Ableitung der Linienform bezüglich der Feldstärke df
(B0) dB0 aufgezeichnet.
Untersuchung von Biomolekülen
Voraussetzung der ESR-Spektroskopie sind ungepaarte Elektronen. In biologischen Systemen ist dies
oft gegeben:
•
•
•
Proteine enthalten paramagnetische Metall-Zentren. Übergangsmetall-Ionen wie Cu2+, Fe3+
oder Mn2+ können leicht detektiert werden.
Redox-Reaktionen, bei denen ein Elektron übertragen wird, gehen mit der Bildung von
kurzlebigen, radikalischen Intermediaten einher. Elektronen-Übertragungen bei
Photosynthese und Atmungskette müssen daher bei niedrigen Temperaturen (77K, N2Siedetemperatur) untersucht werden. Stark delokalisierte Radikale wie Chinone oder Flavine
können auch bei RT aufgenommen werden.
Bei der Untersuchung von Membranen, liegt kein natürlicher Paramagnetismus vor, sodass
Radikal-Sonden verwendet werden müssen (Spin-Sonden-Technik).
Untersuchung von Biomolekülen: Spin-Sonden-Technik
Nitroxid-Radikalsonden
Zur Untersuchung von Membran-Strukturen oder Segmentbeweglichkeiten in Proteinen werden
zwei Klassen von Nitroxid-Radikalsonden verwendet.
Derivate des Oxazolidins
Derivate des Piperidin- bzw.
Pyrrolidin-Ringes (durch Oxidation
der entsprechenden sekundären Amine)
Beispiel, unten: TEMPO (2,2,6,6Tetramethyl-piperidin-1-oxid)
Die radikalische Nitroxid-Gruppe ist von stabilisierenden Methyl-Gruppen an quartären C-Atomen
flankiert. Diese setzen die Reaktivität des Radikals soweit herab, dass sie auch in Lösung über Tage
und Wochen stabil sind.
Der Oxazolidin-Ring kann kovalent an ein Biomolekül verknüpft werden (z.B. Cholesterin oder
Fettsäuren der Lipide). Der Fünfring hat dabei eine feste Orientierung zum Biomolekül (wichtig für
die Untersuchung der Bewegungszustände der Moleküle).
Proteine binden über Amino- und Thiolgruppen an verschiedene Spinsonden mit reaktiven
Gruppen. Dazu zählen Analoga des Maleinimids, des Iodacetamids und des Isothiocyanats.
Alle genannten Spinsonden können durch Ascorbinsäure reduziert werden. Damit kann die
Zugänglichkeit einer Spinsonde aus der wässrigen Phase heraus bestimmt werden.
Radikal-Sonden in einem isotropen Lömi zeigen ein typisches 3-Linien-Spektrum. Neben der
Hyperfein-Kopplung mit dem Stickstoff-Kern (I=1) sind die zwei Hyperfeinlinien aus der Kopplung mit
13C (I=0,5) für jede der drei N-Linien zu erkennen (sehr klein, da natürliches 13C-Vorkommen sehr
gering => 13C-Satelliten).
Spin-Sonden-Technik: Spektrale Anisotropie
Bei den Nitroxid-Radikalen ist das freie Elektron (S=0,5) in einem
p-Orbital am Stickstoff (I=1) lokalisiert. Es wird also eine
Hyperfeinstruktur mit drei Linien erwartet. Das p-Orbital liegt bei
der Fettsäure-Spinsonde parallel zur Moleküllängsachse (hier: zAchse). Spektrale Anisotropie bedeutet, dass der g-Faktor
(bestimmt Lage des Gesamtspektrums) und die HyperfeinKopplungskonstante (bestimmt Abstand der Hyperfeinlinien) von
der Orientierung des p-Orbitals und damit von der Orientierung
der Spinsonde in B0 abhängig sind.
B0 kann durch entsprechende Orientierung der Probe (Nachweis:
Radikal-Sonde, eingebettet in eine feste, orientierte Matrix)
parallel zu einer der Molekülachsen liegen. Die spektrale
Anisotropie resultiert in unterschiedlichen g-Faktoren und
Hyperfein-Kopplungskonstanten, wenn eine Aufnahme des
Spektrums für 𝐵𝐵0 ∥ 𝑥𝑥, 𝐵𝐵0 ∥ 𝑦𝑦 oder 𝐵𝐵0 ∥ 𝑧𝑧 erfolgt.
Oft ist das molekulare System achsialsymmetrisch (hier: z-Achse), sodass zwei Komponenten
ausreichen, um das ESR-Spektrum zu beschreiben:
𝑔𝑔∥ = 𝑔𝑔𝑧𝑧𝑧𝑧 ,
𝑎𝑎∥ = 𝑎𝑎𝑧𝑧𝑧𝑧 ,
𝑔𝑔⊥ = 𝑔𝑔𝑥𝑥𝑥𝑥 = 𝑔𝑔𝑦𝑦𝑦𝑦
𝑎𝑎⊥ = 𝑎𝑎𝑥𝑥𝑥𝑥 = 𝑎𝑎𝑦𝑦𝑦𝑦
Für Orientierungen, die zwischen den Hauptachsen liegen, werden Spektren mit entsprechenden
mittleren Werten für g und a erhalten. Hyperfein-Kopplungskonstante und g-Faktor sind dann nur
vom Winkel 𝜽𝜽 zwischen Magnetfeld und Molekülachsen abhängig:
𝑔𝑔𝜃𝜃 = �𝑔𝑔∥2 cos 2 𝜃𝜃 + 𝑔𝑔⊥2 sin2 𝜃𝜃
𝑎𝑎𝜃𝜃 = �𝑎𝑎∥2 cos 2 𝜃𝜃 + 𝑎𝑎⊥2 sin2 𝜃𝜃
Aus den experimentell bestimmten Werten für 𝑔𝑔𝜃𝜃 und 𝑎𝑎𝜃𝜃 lässt sich die Orientierung des Moleküls
ablesen.
Normalerweise liegen keine Einkristalle vor, sodass polykristalline Pulverspektren (alle
Orientierungen liegen statistisch verteilt vor) erhalten werden. Das Spektrum enthält alle Werte des
g-Faktors und der Kopplungskonstanten. Das Absorptionsspektrum enthält also alle möglichen
Resonanzlinien (gestrichelt gezeichnet) von 𝑎𝑎𝑧𝑧𝑧𝑧 bis 𝑎𝑎𝑥𝑥𝑥𝑥 , wobei die „Einhüllende“ eine Gerade
darstellt und das ESR-Spektrum wiedergibt. Die maximale Kopplungskonstante 𝒂𝒂𝒛𝒛𝒛𝒛 ist auswertbar,
wobei die minimale Aufspaltung 𝒂𝒂𝒙𝒙𝒙𝒙 von der Zentrallinie überdeckt wird und nicht aufgelöst ist (𝑎𝑎𝑥𝑥𝑥𝑥
kann anders ermittelt werden). Die Anisotropie des g-Faktors wurde hier vernachlässigt.
Pulverspektrum unter Vernachlässigung
der g-Anisotropie und die Ableitung des
Spektrums (Detektorsignal).
Oben: Pulverspektrum mit a- und g-Anisotropie.
Unten: isotropes Spektrum mit isotroper HyperfeinKopplungskonstante.
Ein zweiter Extremfall (neben polykristalliner Probe) stellt eine nichtviskose Lösung von RadikalSonden dar. In Lösung erfolgt die Rotation der Moleküle. Ist die Rotationskorrelationszeit kleiner als
die Zeit für den Absorptionsprozess, mittelt sich die Anisotropie von a und g heraus. Das Spektrum
ist dann unabhängig von der Molekül-Orientierung zu B0.
Es ergeben sich die isotropen Mittelwerte:
1
𝑎𝑎0 = (𝑎𝑎𝑧𝑧𝑧𝑧 + 𝑎𝑎𝑦𝑦𝑦𝑦 + 𝑎𝑎𝑥𝑥𝑥𝑥 )
3
1
𝑔𝑔0 = (𝑔𝑔𝑧𝑧𝑧𝑧 + 𝑔𝑔𝑦𝑦𝑦𝑦 + 𝑔𝑔𝑥𝑥𝑥𝑥 )
3
Spin-Hamilton-Operator
Für den Fall der Achsialsymmetrie gilt:
1
𝑎𝑎0 = (𝑎𝑎∥ + 2𝑎𝑎⊥ )
3
1
𝑔𝑔0 = (𝑔𝑔∥ + 2𝑔𝑔⊥ )
3
𝑂𝑂�𝑓𝑓 = 𝑐𝑐𝑐𝑐
Allgemeiner OperatorFormalismus
𝑂𝑂� ist Operator
f ist Eigenfunktion
c ist Eigenwert der Funktion
Bei Anwendung des Hamilton-Operators auf eine Wellenfunktion erhält man für die Eigenwerte die
verschiedenen Energieniveaus.
Der Spin-Hamilton eines einzelnen Elektrons mit isotropem g-Faktor und mit Spin-KernWechselwirkung hat die Form:
� = 𝜇𝜇𝐵𝐵 ∙ 𝑆𝑆 ∙ 𝑔𝑔 ∙ 𝐵𝐵0 + 𝑆𝑆 ∙ 𝑎𝑎 ∙ 𝐼𝐼
𝐻𝐻
Hier sind g und a Tensoren, welche die Orientierungsabhängigkeit berücksichtigen. S, I und B haben
jeweils drei Vektorkomponenten (x,y,z).
Ordnungsgrade in Lipid-Doppelschichten
Bisher wurde keine Segmentbeweglichkeit der Spin-Sonde berücksichtigt, wie sie z.B. auftritt, wenn
sie an ein Lipid gekoppelt ist und sich innerhalb der Lipid-Doppelschicht befindet. Die Beweglichkeit
der Spin-Sonde kann aus der Hyperfein-Aufspaltung abgeleitet werden.
Ist das Spin-markierte Molekül fest in ein Membransystem
inkorporiert oder an ein Makromolekül gebunden, resultiert
wegen der statistischen Orientierung ein Pulverspektrumähnliches anisotropes ESR-Signal. Da ein biologisches System
aber immer eine Flexibilität zeigt, unterscheidet sich die
Spektren-Form. Die maximalen und minimalen HyperfeinAufspaltungen 𝑎𝑎𝑧𝑧𝑧𝑧 bzw. 𝑎𝑎𝑥𝑥𝑥𝑥 werden nicht mehr erreicht. Die
experimentell bestimmbaren Werte 𝒂𝒂∥ < 𝒂𝒂𝒛𝒛𝒛𝒛 und 𝒂𝒂⊥ > 𝒂𝒂𝒙𝒙𝒙𝒙
weichen umso mehr von diesen ab, je stärker die
Beweglichkeit der Radikal-Sonden wird.
Mit zunehmender Beweglichkeit wird die maximale HyperfeinAnisotropie 𝑎𝑎𝑧𝑧𝑧𝑧 − 𝑎𝑎𝑥𝑥𝑥𝑥 = 2,5 ∙ 10−3 𝑇𝑇 durch eine begrenzte Bewegung
der Sonde herausgemittelt (siehe simulierte Spektren von s=0,4 bis
s=1,0; oben ist das Intervall 2𝑎𝑎∥ markiert, unten das Intervall 2𝑎𝑎⊥ ; Die Grenzen bei
2𝑎𝑎⊥ bzw. 2𝑎𝑎∥ sind einfach abzulesen, da her maxima bzw. minima liegen). Zur
Beschreibung wird der Ordnungsgrad eingeführt (Verhältnis zwischen
beobachteter Hyperfein-Anisotropie und maximaler HyperfeinAnisotropie).
𝒂𝒂∥ − 𝒂𝒂⊥
𝒔𝒔 =
𝒂𝒂𝒛𝒛𝒛𝒛 − 𝒂𝒂𝒙𝒙𝒙𝒙
Der Ordnungsgrad sinkt mit steigender Beweglichkeit, da dann
𝑎𝑎∥ − 𝑎𝑎⊥ → 0. Für unbewegliche Moleküle ist 𝒔𝒔 = 𝟏𝟏, für eine isotrope
molekulare Bewegung resultiert 𝒔𝒔 = 𝟎𝟎. In einem mittleren Bereich
zwischen 0 und 1 kann S über die Winkelamplitude der anisotropen
molekularen Bewegung ausgedrückt werden:
𝟑𝟑⟨𝐜𝐜𝐜𝐜𝐜𝐜 𝟐𝟐 𝜽𝜽⟩ − 𝟏𝟏
𝒔𝒔 =
𝟐𝟐
𝜃𝜃 ist der Winkel zwischen Membran-Normale und Moleküllängsachse. ⟨ ⟩ bezieht sich auf den
zeitlichen Mittelwert.
Durch Bildung von Rotations-Isomeren können die Fettsäure-Ketten der Lipide in der fluiden Phase
Segmentbewegungen durchführen. In einem einfachen Modell nimmt die Lipid-Kopfgruppe eine
feste Position ein. Die CH-Ketten führen eine statistische Bewegung durch, begrenzt durch einen
Kegelmantel mit dem Öffnungswinkel 2𝛽𝛽 (anisotrope Bewegung mit begrenzter Amplitude). In einer
Lipid-Sonde haben die Achsen der Nitroxid-Gruppe immer eine definierte Orientierung im
molekularen Achsensystem. Die z-Achse als Richtung von B0 ist die Moleküllängsachse und gibt die
Richtung der maximalen Hyperfein-Aufspaltung mit 𝑎𝑎𝑧𝑧𝑧𝑧 = 3,2 ∙ 10−3 𝑇𝑇 an. Das p-Orbital am NitroxidStickstoff ist in z-Richtung orientiert. Die beiden anderen Komponenten der Hyperfein-Aufspaltung
liegen senkrecht zur Moleküllängsachse (𝑎𝑎𝑥𝑥𝑥𝑥 = 𝑎𝑎𝑦𝑦𝑦𝑦 = 5,6 ∙ 10−4 𝑇𝑇)
In einer Membran orientiert sich die Sonde vorzugsweise parallel zur Membran-Normalen.
In planaren Lipidschichten kann 𝒂𝒂𝒛𝒛𝒛𝒛 bei einer Orientierung von B0 parallel zur Membran und
𝒂𝒂𝒙𝒙𝒙𝒙 = 𝒂𝒂𝒚𝒚𝒚𝒚 bei einer Orientierung von B0 senkrecht zur Membran bestimmt werden (siehe
Abbildung, rechts). Bei schneller anisotroper Bewegung nimmt die Sonde statistisch Orientierungen
ein, die von der Membran-Normalen abweichen (siehe Abbildung, links). Der experimentelle Wert
𝒂𝒂∥ , ist damit kleiner als 𝒂𝒂𝒛𝒛𝒛𝒛 . Genauso ist 𝒂𝒂⊥ größer als 𝒂𝒂𝒙𝒙𝒙𝒙 = 𝒂𝒂𝒚𝒚𝒚𝒚 . In vesikulären
Membransystemen sind die Sonden zusätzlich statistisch über eine Kugel-Oberfläche verteilt.
Aus dem ESR-Spektrum können direkt 𝒂𝒂⊥ und 𝒂𝒂∥ abgeleitet
werden. Daraus berechnet sich der Ordnungsgrad.
Mit dieser Methode können auch Temperatur-abhängige
Phasenübergänge beobachtet werden. Für die Messung wurde
eine FS-Kette mit dem Oxazolidin-Ring am C5-Atom verwendet.
Bei 35°C ist mit steigender Temperatur eine Abnahme von 𝑎𝑎∥ zu
erkennen. 𝑎𝑎⊥ nimmt weniger stark ausgeprägt entsprechend zu.
Dies korreliert mit einem Übergang der Lipid-Membran von einer
quasi-kristallinen in eine flüssigkristalline Phase.
Lipid-Protein-Wechselwirkung
S-Werte ermöglichen die Charakterisierung von Membran-Zuständen:
•
•
Bei S-Werten im Bereich von 0,8 liegt eine immobilisierte Sonde vor.
Bei S-Werten kleiner 0,4 ist die Sonde mobil.
Membranproteine können mit unterschiedlichen Lipid/Protein-Verhältnissen in Anwesnheit von
Fettsäure-Radikal-Sonden rekonstituiert werden. Die Protein-Menge innerhalb der Membran hat
große Auswirkungen auf das ESR-Spektrum.
•
•
•
Bei geringem Lipid-Gehalt besteht das ESR-Spektrum nur aus einer immobilisierten
Komponente. Lipid und Sonde sind fest an das Protein gebunden.
Bei höherem Lipid-Gehalt ist eine mobile Komponente zu erkennen, die der immobilen
überlagert ist (Abbildung b).
Bei hohem Lipid-Gehalt ist das ESR-Spektrum kaum vom Spektrum der reinen LipidMembran mit hoher Sonden-Mobilität zu unterscheiden.
Durch Spektrensubtraktion kann der immobile Teil vom mobilen Anteil
getrennt werden. Damit ist die Verteilung der Sonde zwischen Proteinassoziierten Sonden und freien Sonden zugänglich. So kann die Anzahl der
Lipide, die mit dem Protein assoziieren bestimmt werden. Die Bildung solcher
Lipid-Domänen ist jedoch dynamisch: Die Austauschrate zwischen gebundenem
und freiem Lipid liegt bei 107 𝑠𝑠 −1 . Aufgrund des Zeitfensters der ESRSpektroskopie von 𝟏𝟏𝟏𝟏−𝟕𝟕 bis 𝟏𝟏𝟏𝟏−𝟗𝟗 𝒔𝒔 sind Lipid-Domänen messbar.
Mit NMR geht dies nicht, Zeitfenster hier: 10−4 bis 10−6 𝑠𝑠. Innerhalb des langen
Messzeitraums würde nur eine Mittelung über die beiden Zustände und damit
ein einheitliches Spektrum gemessen werden.
Abbildung: von oben nach unten steigt das Lipid/Protein-Verhältnis
Verteilungskoeffizient und Lipidphasen-Umwandlungstemperatur anhand LÖMI-Effekte
Die Spin-Sonde TEMPO kann zur Bestimmung der Phasenumwandlungs-Temperatur verwendet
werden. Die Hyperfein-Kopplungskonstante 𝑎𝑎 als Maß für die Stärke der Hyperfein-Wechselwirkung
ist von der Elektronendichte am Stickstoff-Kern abhängig.
Elektronische Struktur
in polaren Lömis
Elektronische Struktur
in apolaren Lömis
Abbildung a zeigt das Spektrum in wässrigem Medium.
•
•
In polarer Umgebung ist die Spin-Dichte des
ungepaarten Elektrons am Stickstoff größer (𝑎𝑎 ist
größer). Damit ist das Spektrum in apolarer
Umgebung weniger aufgespalten. (Abbildung c)
Der g-Faktor ist in der apolaren Phase größer
(𝑔𝑔𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 = 2,0056, 𝑔𝑔𝐻𝐻𝐻𝐻𝐻𝐻𝐻𝐻𝐻𝐻 = 2,0061). In apolarer
Umgebung wird das Spektrum zu kleineren
Resonanzfeldstärken verschoben. (Abbildung b)
Besteht die Probe aus zwei Phasen mit unterschiedlicher
Polarität und verteilt sich die Sonde zwischen den Phasen,
kommt es zu einer Überlagerung der beiden Spektren
(Abbildung d = (b+c) + a). Nur die Linie bei hohem Feld
scheint aufgespalten.
Dies ist der Fall, wenn sich die Sonde TEMPO zwischen der
wässrigen und der apolaren Lipid-Phase verteilt. Das
Linienhöhen-Verhältnis 𝒇𝒇 = 𝑯𝑯𝑳𝑳 /(𝑯𝑯𝑳𝑳 + 𝑯𝑯𝑾𝑾 ) entspricht
direkt dem Verteilungskoeffizienten der Sonde zwischen
apolarer und polarer Phase. Im Falle eines Lipids steigt
dieser Verteilungskoeffizient bei der
Phasenumwandlungstemperatur 𝑇𝑇𝑢𝑢 abrupt an. Bei 𝑇𝑇 < 𝑇𝑇𝑢𝑢 ist
die Sonde in der kristallinen Lipid-Phase schwer löslich. Bei
𝑇𝑇 > 𝑇𝑇𝑢𝑢 ist die Sonde in der fluiden Lipid-Phase gut löslich.
Aus der Bestimmung des Verteilungskoeffizienten als
Funktion der Temperatur kann die Lipid-PhasenUmwandlungstemperatur bestimmt werden.
Rotationskorrelationszeit
In einer isotropen Probe besteht das ESR-Spektrum aus drei schmalen Linien. Zunehmende
Immobilisierung führt zu einer charakteristischen Änderung des Spektrums.
In Glycerol-Wasser-Mischungen lässt sich die Rotationskorrelationszeit eines Moleküls mit Radius 𝑎𝑎
über das Stokesche Gesetz bestimmen. 𝜏𝜏𝑅𝑅 ist die Zeit, in der 1/e der Moleküle, die sich um einen
bestimmten Winkel aus ihrer Ausgangslage gedreht haben, wieder die Ausgangslage erreicht haben.
𝝉𝝉𝑹𝑹 ist damit kleiner, je schneller die Rotation erfolgt.
𝜏𝜏𝑅𝑅 =
4𝜋𝜋𝜋𝜋𝑎𝑎3
3𝑘𝑘𝑘𝑘
Im schwach immobilisierten Bereich ist eine Intensitätsabnahme der Hyperfeinlinie bei hohem Feld
zu beobachten. Im stark immobilisierten Bereich kommt es zur Linienverbreiterung des mittleren
Peaks. Der Grenzwert dieser Spektren für große 𝜏𝜏𝑅𝑅 (keine Rotation) ist das Pulverspektrum.
Solche Spektren werden auch bei Spin-markierten Proteinen erhalten. Die Rotation des Proteins als
Ganzes ist zu langsam, um Einfluss auf das Spektrum zu haben. Aus der Linienbreite der mittleren
Linie sowie den Intensitäten kann 𝝉𝝉𝑹𝑹 für die Segmentbeweglichkeit bestimmt werden (Spin-Sonde
an Lysin oder Cystein gekoppelt).
ℎ0
𝜏𝜏𝑅𝑅 = 6,5 ∙ 10−10 ∙ ∆𝐵𝐵0 ∙ �
−1
ℎ−1
Verschiedene Protein-Konformationen zeigen verschiedene Segmentbeweglichkeiten, weshalb das
ESR-Spektrum Konformationsänderungen anzeigt, die z.B. durch Titration induziert werden. Bei
Calmodulin resultiert eine Zunahme von 𝜏𝜏𝑅𝑅 (Abnahme der Segmentbeweglichkeit) infolge der
Ca2+-Bindung. Außerdem kann die Tiefe von Bindetaschen bestimmt werden, indem ein Spinmarkiertes Hapten (im Fall von Antikörper-Antigen Bindung) mit unterschiedlichem Abstand
zwischen Dinitrobenzyl- und TEMPO-Gruppe eingesetzt wird. Befindet sich TEMPO noch in der
Bindetasche, ist die Segmentbeweglichtkeit eingeschränkt. Außerhalb der Bindetasche ist sie hoch
(𝜏𝜏𝑅𝑅 fällt bei Kettenlänge = Tiefe der Bindungstasche stark ab).
Laterale Diffusion und Lipid-Phasentrennung
Laterale Diffusion ist eine Eigenschaft fluider Membranen. Neben der Fluoreszenz-Spektroskopie
kann auch die ESR-Spektroskopie Diffusionskoeffizienten bestimmen. Laterale Phasentrennung
bezeichnet die in natürlichen Membranen immer vorkommende heterogene Lipid-Verteilung
innerhalb einer Lipid-Schicht.
Die Methode basiert auf der Bestimmung der Spinaustausch-WW (2 Spins tauschen ihre
Orientierung). Diese WW besitzt nur eine kurze Reichweite, sodass sie nur bei van-der-Waals
Kontakten stattfinden. Ermöglicht wird der Kontakt über laterale Diffusion. Dem Effekt der
Austausch-WW ist immer eine Verbreiterung durch Dipol-Dipol-WW überlagert.
•
•
•
•
Der Stoffmengenanteil des markierten Lipids muss größer sein als 2%.
Niedriger Stoffmengenanteil (2-5%): Kollisionsfrequenz, also Austauschrate niedriger als
Hyperfein-WW => Position der 3 Linien unverändert; Linienbreite nimmt zu.
Mittlerer Stoffmengenanteil (5-30%): Erhebliche Linien-Verbreiterung.
Hoher Stoffmengenanteil: Drei Hyperfeinlinien fallen zu einer einzigen Austauschverschmälerten Linie zusammen.
Die Kollisionsfrequenz der Radikalsonden ist über Computer-Simulationen zugänglich, woraus dann
die Austauschfrequenz ermittelt wird. Mit Hilfe eines Diffusionsmodells lässt sich dann über
Austauschfrequenz 𝑾𝑾𝒆𝒆𝒆𝒆 und Sonden-Konzentration 𝑐𝑐 den Diffusionskoeffizienten bestimmen. Dieser
theoretisch bestimmte Wert zeigt eine lineare Abhängigkeit zwischen Konzentration und
Austauschfrequenz. Die Konstante 6 ∙ 10−16 beinhaltet geometrische Faktoren.
𝐷𝐷𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑 = 6 ∙ 10−16 ∙
𝑊𝑊𝑒𝑒𝑒𝑒
𝑐𝑐
Dem diffusionskontrollierten Spin-Spin-Austausch (homogene Sondenverteilung) wirkt die
Phasentrennung entgegen (Sonde bildet mosaikartige Domänen in der Membran). Dadurch kommt
es ständig zum Spin-Spin-Austausch. Die Austauschfrequenz ist nicht mehr linear von der SondenKonzentration abhängig, sondern zeigt eine hyperbolische Abhängigkeit: schneller Anstieg schon
bei kleinen Konzentrationen, da sich die Sonden in derselben Domäne befinden (z.B. Ca2+komplexierte Phosphatidsäure in PC bildet Domänen).
Transversale Diffusion
Der Austausch von Lipiden zwischen zwei Lipid-Schichten einer Doppelschicht ist extrem langsam.
Diese Art der ESR-Spektroskopie ist nur anwendbar, wenn die Austauschzeiten bei mehreren
Stunden liegen, wie in natürlichen Membranen.
Eine Lipid-Sonde mit der Radikal-Gruppe im polaren Bereich wird in Membranvesikel eingebaut,
sodass beide Mono-Schichten besetzt sind. Bei 0°C können durch Ascorbinsäure alle außen
liegenden Sonden reduziert werden. Innenliegende Sonden werden nicht erreicht, da Membranen
bei 0°C impermeabel für Ascorbinsäure sind. Nach Entfernung der Ascorbinsäure
(Säulenchromatographie) und Inkubation bei einer höheren Temperatur, findet der Lipid-Austausch
statt. Nach bestimmten Zeiten wird der Lipid-Austausch gestoppt (Abkühlen auf 0°C) und der nach
außen gelangte Sonden-Anteil reduziert. Der Anteil der verbleibenden Spin-Sonden kann aus der
Intensität des ESR-Spektrums ermittelt werden. So ist die Transferrate berechenbar.
So können auch Membranpermeabilitäten bestimmt werden: das innere Kompartiment des Vesikels
wird mit einer permeierenden Sonde gefüllt. Durch die Membran diffundierte Sonden werden
reduziert und der Restgehalt zeitabhängig bestimmt.
Untersuchung von Biomolekülen: Metall-Ionen in Proteinen
Mithilfe der ESR-Spektroskopie können paramagnetische Übergangsmetall-Ionen wie Cu, Fe, Mn,
Co, Ni untersucht werden. Die Elektronen mit ungepaartem Spin befinden sich im Wesentlichen in
d-Orbitalen. Aufgrund eines starken Beitrags des Bahndrehmoments weichen daher die g-Faktoren
stark vom Wert des freien Elektrons (g=2,0033) ab. Sehr kurze Relaxationszeiten verlangen sehr
häufig Messungen bei tiefen Temperaturen.
Elektronen-Konfiguration von Übergangsmetall-Ionen
Übergangsmetall-Ionen können ein oder mehrere ungepaarte Elektronen besitzen. Die 5 d-Orbitale
können mit je zwei entgegengesetzt orientierten Spins besetzt werden, woraus sich zehn mögliche
Elektronen-Konfigurationen ergeben.
•
•
Cu+ ist diamagnetisch und zeigt kein ESR-Signal (S=0, 10 Elektronen gepaart).
Cu2+ besitzt ein ungepaartes Elektron (9 Elektronen in 3d) und ist ESR-aktiv.
Bei mehr als 1 oder weniger als 9 Elektronen in d Orbitalen ist der
Spin-Zustand von der Umgebung (Ligandenfeld) abhängig, sodass
high spin und low spin Zustände eingenommen werden können.
•
•
Der high-spin Zustand hat durch maximale Einfachbelegung
der d-Orbitale den größtmöglichen Spin.
Der low-spin Zustand hat durch maximale Doppelbelegung
den kleinstmöglichen Spin.
Da die Gesamtzahl der ESR-Linien ohne Hyperfein-Aufspaltung 2S beträgt, hat der high-spin Zustand
für Fe3+ (S=5/2) fünf ESR-Linien, während der low-spin Zustand für Fe2+ (S=0) ESR-inaktiv ist.
Eine unterschiedliche Besetzung der d-Orbitale beinhaltet auch verschiedene Beiträge des
Bahndrehimpulses. Dadurch sind die g-Faktoren stark von den Liganden des Metall-Ions abhängig.
•
•
Fe3+ (high-spin): 1,4 < 𝑔𝑔 < 3,1
Fe2+ (low-spin): 2,0 < 𝑔𝑔 < 9,7
Die Komplexität des Spektrums erhöht sich weiter durch die Orientierungsabhängigkeit von g und a.
Titration von Mn2+-Bindestellen in Proteinen
Da Ca2+ nicht paramagnetisch ist, kann Mn2+ als Ligand für Ca2+-Bindeproteine verwendet werden. Es
liegt in wässriger Lösung im high-spin Zustand vor. Die Relaxationszeiten sind lang genug, sodass das
Spektrum bei RT aufgenommen werden kann.
•
•
In Lösung resultiert durch Hyperfein-WW mit dem Kernspin 𝐼𝐼 = 5/2 eine Aufspaltung in
sechs Linien (𝑎𝑎 = 9,4 ∙ 10−3 𝑇𝑇).
Der g-Faktor ist sehr gering (g=2), sodass die mit fünf ungepaarten Elektronen halbbesetzte
Schale eine kugelsymmetrische Elektronendichte-Verteilung haben muss und damit kein
Bahnmoment aufweist.
Durch Zugabe von Calmodulin wird Mn2+ komplexiert. Durch die entstehende Asymmetrie in der
Koordinationsphäre werden die Linien verbreitert und die Intensitäten verringert (siehe
Abbildungen a, b). Der Endpunkt der Titration wird durch ein scharfes ESR-Spektrum angezeigt. Über
diese Methode können die Anzahl an Mn2+-Bindestellen sowie die Dissioziationskonstante bestimmt
werden. Die Dissoziationskonstante wird erhalten, wenn die Intensität der letzten ESR-Linie von
freiem Mn2+ (isotropes Lösungsspektrum) als Funktion der Mn2+-Konzentration aufgetragen wird,
einmal in Anwesenheit (Kurve II) und einmal in Abwesenheit (Kurve I) von Calmodulin. Die Differenz
der Kurven erlaubt die Bestimmung der Dissoziationskonstanten.
Cytochrom-c-Oxidase
Das Molekül besteht aus Cyt-a und Cyt-a3 und zwei Kupfer-Ionenzentren. Die Aufnahme des
Spektrums erfolgt bei 81K, wegen der kurzen Relaxationszeiten. Das Spektrum hat Komponenten der
Fe3+-Ionen in der low-spin und der high-spin Konfiguration. Das ESR-Signal des Cu2+-Ions hat einen
niedrigen g-Wert (g=2). Die fehlende Hyperfein-Struktur im Cu2+-Spektrum (I=3/2) deutet auf eine
starke Delokalisation der Elektronen hin, was der Redox-Funktion entspricht.
Biologische freie Radikale
Freie Radikale treten als Zwischenprodukte vieler enzymatischer Reaktionen auf. Die ESRSpektroskopie kann die Struktur solcher Radikale identifizieren und dadurch Mechanismus oder
Kinetiken von Stoffwechsel-Reaktionen charakterisieren.
Da solche Reaktionen sehr schnell ablaufen, existieren die paramagnetischen Spezies nur
übergangsweise. Das ungepaarte Elektron ist meist stark delokalisiert und wechselwirkt mit
verschiedenen Kernen der Umgebung. Damit verbunden ist eine komplexe Hyperfeinstruktur.
Anhand von Linienbreite sowie Werten für a und g kann eine strukturelle Zuordnung geschehen,
wobei zu Vergleichszwecken ESR-Spektren von chemisch synthetisierten Modellsubstanzen
herangezogen werden.
Flavin-Radikale: Die Reduktion von FAD erfolgt durch schrittweise Aufnahme von zwei Elektronen
und zwei Protonen, sodass radikalische Zwischenstufen entstehen. Ebenso stehen die oxidierte und
die reduzierte Form im Gleichgewicht, wodurch halbreduzierte Formen entstehen.
Die ausgeprägte Hyperfeinstruktur von Isoalloxazin-Derivaten resultiert aus der WW zwischen
ungepaartem Elektron und verschiedenen N- und H-Kernen.
•
•
•
Durch Ersatz des H-Atoms an N3 wurden keine Veränderungen im Spektrum beobachtet.
Dies deutet auf eine geringe Spin-Dichte an diesen N-Atomen hin, was eine Beteiligung am
Elektronentransfer ausschließt.
Durch Ersatz des H-Atoms an N1, N5 und N10 konnte festgestellt werden, dass das Elektron
nicht im Pyrimidin-Ring delokalisiert ist (Pyrimidin-Ring ist nicht am Elektronentransfer
beteiligt).
Hohe Elektronendichten wurden am N5, N10, C6 und C8 gefunden, sodass diese am
Elektronentransfer beteiligt sein müssen.
Substrat-Radikale bei Enzym-Reaktionen: Bei enzymatischer Reaktion können radikalische
Zwischenstufen an Enzyme und/oder Substrat entstehen. Bei Peroxidasen entstehen z.B. SubstratRadikale, da Peroxidasen dem Substrat ein Elektron entziehen.
Im Komplex mit H2O2 ist die Peroxidase aktiv (oxidierter Zustand, Compound I). Compound I muss
dann nacheinander durch zwei Mol SH2 wieder reduziert werden, wobei als Zwischenstufe
Compound II entsteht. Die dabei entstehenden SH-Radikale zerfallen durch Disproportionierung.
Die ESR-Spektren der entstehenden anionischen Radikale ermöglichen anhand der Intensität des
ESR-Signals die Bestimmung der Steady-State Konzentration des Radikals. Die gut aufgelöste
Hyperfein-Struktur zeigt, dass sich die Radikale frei in Lösung befinden, da in einem Enzymgebundenen Zustand durch eingeschärnkte Rotation breite Linien resultieren.
Strahlenschäden in DNA-Strängen: UV- oder Röntgen-Strahlung können zum Strangbruch führen,
wodurch Radikale entstehen, die über ESR-Spektroskopie nachgewiesen werden können. Ein
Spektrum bestrahlter DNA konnte durch Vergleich mit Spektren von bestrahlten Einkristallen der vier
Basen dem Radikal des Thymidins zugeordnet werden.
Kernmagnetische Resonanz
Wie bei der ESR ist auch für die NMR ein Resonanzphänomen mit gleicher physikalischer Grundlage
verantwortlich. Im Vergleich zu den Elektronen, hat ein Proton jedoch eine wesentlich größere Masse
(Faktor 1836). Das magnetische Moment eines Elektrons ist 660mal größer als das eines Protons.
Daher werden in der NMR-Spektroskopie zur Erfüllung der Resonanzbedingung niedrigere
Frequenzen (100-900Mhz, Radiowellen-Bereich) und stärkere Magnetfelder als in der ESRSpektroskopie (7-21 Tesla) benötigt.
Kern-Eigendrehimpulsquantenzahl 𝑰𝑰
Magnetisches Moment des
Kerns
Kernmagneton
|𝐼𝐼| = ℏ�𝐼𝐼(𝐼𝐼 + 1) = 𝑃𝑃𝐼𝐼
𝜇𝜇𝑁𝑁 Bohrsches Kernmagneton
𝑔𝑔𝑁𝑁 = 5,5855 Proportionalitätsfaktor für ein
freies Proton; 𝑔𝑔𝑁𝑁 variiert zwischen den
verschiedenen Atomkernen zwischen -6 und
6.
𝑒𝑒 ∙ ℏ
𝑚𝑚𝑝𝑝 = 1836,15𝑚𝑚𝑒𝑒 =
𝜇𝜇𝑁𝑁 =
= 5,05 ∙ 10−27 𝐽𝐽/𝑇𝑇
Kernmasse
2𝑚𝑚𝑝𝑝
𝜇𝜇𝐼𝐼 = 𝛾𝛾 ∙ 𝐼𝐼
= 𝑔𝑔𝑁𝑁 ∙ 𝜇𝜇𝑁𝑁 ∙ 𝐼𝐼
Daher ist das Kernmagnetische
Moment wesentlich geringer =>
Energiedifferenz geringer!
Für die NMR-Niveaus gilt ∆𝐸𝐸 = 𝛾𝛾𝐵𝐵0 ℏ, wie auch für die ESR-Niveaus. Je größer der Wert für 𝛾𝛾, desto
nachweisempfindlicher ist die Substanz in der NMR-Spektroskopie. Kerne mit einem großen 𝛾𝛾 Wert
werden daher als NMR empfindlich, solche mit einem kleinen Wert für 𝛾𝛾 als NMR-unempfindlich
bezeichnet.
Während ein Elektron immer die Spinquantenzahl 1/2 aufweist, können Kernspins ein ganz-zahliges
Vielfaches von 1/2 annehmen, da mehrere Protonen vorhanden sind, die jeweils eine
Spinquantenzahl von 1/2 aufweisen. 𝐼𝐼 kann Werte von 0 bis 6 annehmen, wobei der Kernspin I=0
NMR Inaktivität bedeutet.
ESR vs. NMR
Die ESR benötigt höhere Energien (Mikrowellen), als die NMR (Radiowellen), da die Energieniveaus
zwischen den Spin-Zuständen der Elektronen weiter auseinander liegen, als die zwischen den SpinZuständen des Kerns. Dadurch ist die Boltzmann-Verteilung bei den Elektronen-Spins (großer
Überschuss im Grundzustand) auch günstiger als die für die Kern-Spins (nur geringer Überschuss im
Grundzustand). Damit haben die ESR-Spektren von Natur aus eine bessere Auflösung als die NMRSpektren, für die eine Akkumulation mehrerer Spektren notwendig ist.
Bei der Aufnahme des ESR-Spektrums wird mit einer konstanten Frequenz eingestrahlt und das
Magnetfeld über die Zeit verändert (Mikrowellen können schwer in Frequenz variiert werden, da
magisches T in der Anpassung stetig geändert werden müsste). Es tritt Absorption für bestimmte
Magnetfeld-Größen auf, die anschließend detektiert wird. Jedem Zeitpunkt ist eine Magnetfeldstärke
zuzuordnen, der wiederum eine Absorption zuzuordnen ist. Es wird demnach direkt das Spektrum
erhalten (keine FT), wobei die Aufnahmezeit wesentlich größer ist als bei der NMR.
Bei der NMR werden bei konstantem Magnetfeld (viel höher als bei ESR, daher schwer zu variieren)
verschiedene Frequenzen, allerdings alle gleichzeitig, eingestrahlt. Dies ermöglicht schnellere
Aufnahmezeiten, benötigt aber die FT, um das Signal in der Zeitdomäne (überlagerte Wellen) in die
Frequenzdomäne umzuwandeln. Die geringere Aufnahmezeit relativiert sich, da aufgrund der
niedrigeren Auflösung (Boltzmann-Verteilung ungünstig) die Aufnahme und Akkumulation mehrerer
Spektren notwendig ist.
Bei der NMR-Theorie liegt der Schwerpunkt auf der Betrachtung der Überschussmagnetisierung, was
lediglich mit der Messtechnik zutun hat. Die gemessene NMR-Signalintensität nach einem B1-Puls ist
ein zeitabhängiges Signal, die mit der Rotation der Magnetisierung in der xy-Ebene variiert. Bei der
ESR geht es lediglich um Absorption, die direkt in Form von fehlenden Frequenzen am Detektor
aufgezeichnet wird. Die B1-Einstrahlung erfolgt nicht Pulsweise, sondern kontinuierlich, sodass sich
die Vektoren ständig um B0 spiralförmig nach oben und unten bewegen. Die Betrachtung einer
Überschussmagnetisierung in der ESR-Theorie spielt keine Rolle, da sie nichts mit dem detektierten
Signal zutun haben. Die physikalischen Prinzipien sind jedoch identisch.
Kernspins in biologischen Substanzen
NMR-aktive Isotope haben alle ein 𝐼𝐼 ≠ 0. Dazu zählen 1H, 13C oder 31P. Andere natürlich
vorkommende Kerne wie 12C, 16O oder 32S haben 𝐼𝐼 = 0 und damit kein magnetisches Moment und
sind NMR-inaktiv. Der Kernspin wird von Neutronen und Protonen beeinflusst. Eine empirische
Regel zur Vorhersage der magnetischen Komponente besagt folgendes
•
•
•
Nur Kerne mit gerader Massenzahl und gerader
Kernladungszahl (Atomzahl) haben 𝑰𝑰 = 𝟎𝟎.
Ungerade Massenzahl und gerade Kernladungszahl
ergibt ungerades ganzzahliges Vielfaches von ½.
Gerade Massenzahl und ungerade Kernladungszahl
ergibt ganzzahligen Kernspin.
Die Einsatzmöglichkeiten der verschiedenen Kerne in der NMR-Spektroskopie sind durch drei
Parameter bestimmt:
•
Natürliches Vorkommen.
•
Relative Empfindlichkeit. Die Amplitude des Absorptionssignals pro Feldeinheit ist
proportional zum Quadrat des magnetischen Moments und damit stark von der Kernmasse
abhängig (je größer die Kernmasse, desto geringer die Absorption; siehe Kernmagneton).
•
Linienbreite steigt insbesondere bei Kernen mit 𝑰𝑰 > 1/2 durch das elektrische QuadrupolMoment enorm (daher ist 14N praktisch ohne Bedeutung für die NMR).
Das Produkt aus natürlichem Vorkommen und relativer Empfindlichkeit ergibt die relative
Signalintensität als Maß für die Verwendbarkeit eines Kerns. Für 13C muss damit eine 104
empfindlichere Messung durchgeführt werden, als für 1H.
Physikalisches Bild des NMR-Experiments
Bei einer makroskopischen Probe mehrerer Kerne, jeweils mit einem magnetischen Moment 𝜇𝜇,
addieren sich alle magnetischen Momente vektoriell zu einer makroskopischen
Gesamtmagnetisierung M. Ohne äußeres Magnetfeld sind die Kernspins statistisch verteilt, sodass
𝑴𝑴 = 𝟎𝟎. Wird ein äußeres Magnetfeld B0 in z-Richtung eines festgelegten Achsensystems angelegt,
orientieren sich die Kernspins parallel bzw. antiparallel zum B0-Feld. Im thermischen GG ist das
energieärmere Niveau (paralleler Zustand) aufgrund der Boltzmann-Verteilung stärker besetzt.
Dadurch erhält die makroskopische Magnetisierung in z-Richtung den endlichen Wert 𝑴𝑴𝒛𝒛 .
Die einzelnen Spins präzedieren mit der Larmor-Frequenz, haben aber keine Phasenbeziehung (Lage
ist statistisch auf Kegelmantel verteilt). So mitteln sich alle Komponenten senkrecht zu B0 heraus,
sodass keine Magnetisierung 𝑀𝑀𝑥𝑥 in x-Richtung oder 𝑀𝑀𝑦𝑦 in y-Richtung auftritt.
Analog zur ESR wird nun in x-Richtung (Senderspule emitiert Hochfrequenz-Feld) ein linear
polarisiertes magnetisches Wechselfeld B1 angelegt (Frequenz des Wechselfeldes wird variiert, B0 ist konstant
– ESR umgekehrt!). Die zirkular polarisierte Komponente, welche die xy-Ebene im selben Drehsinn wie
die präzedierenden Spins umläuft, zwingt den Spin bei Eintritt der Resonanzbedingung (B1-Feld
rotiert mit Larmor-Frequenz) einen phasengleichen Umlauf auf (Bündelung der Spins). Dadurch tritt
eine Magnetisierung 𝑴𝑴𝒚𝒚 senkrecht zu B0 auf, die in der xy-Ebene mit der Larmor-Frequenz umläuft.
Das NMR-Signal wird auf der y-Achse (Empfängerspule) als die durch den rotierenden
Magnetisierungsvektor induzierte Spannung gemessen.
Im rotierenden Koordinatensystem ist My fest mit der y‘-Achse verbunden und das B1-Feld zeigt
stationär in x‘-Richtung. Das B1-Feld wirkt auf Mz und übt ein Drehmoment 𝑫𝑫 = 𝑴𝑴𝒛𝒛 × 𝑩𝑩𝟏𝟏 aus,
sodass Mz-Vektor um einen Winkel 𝝋𝝋 um die x‘-Achse (B1-Feld) rotiert – Der Winkel der Rotation
ist von der Dauer des B1-Feld-Pulses abhängig. Die neue Magnetisierung bei einem 90°-Puls steht
senkrecht zu B0 und senkrecht zu B1; sie liegt auf der y‘-Achse (transversale Magnetisierung My‘).
Netto werden mehr Spins von der parallelen Orientierung in die antiparalle (energiereicher)
überführt, sodass eine Absorption der Energie aus dem B1-Feld vorliegt. Dadurch wird die
Boltzmann-Verteilung gestört.
B1-Feld induziert demnach zwei Prozesse: Bündelung der Spins und Störung der
Boltzmannverteilung!
Fourrier-Transformation
Jedes Proton hat eine unterschiedliche Larmorfrequenz, je nachdem in welcher chemischen
Umgebung es sich befindet; Bei einer NMR Messung werden alle Frequenzen gleichzeitig
eingestrahlt, weshalb auch alle H Atome angeregt werden, wodurch sich ihre
Kerndrehimpulsvektoren mit ihrer Larmorfrequenz (nach einem 90° Puls) innerhalb der xy-Ebene um
die z-Achse drehen; jedes einzelne Proton induziert dadurch einen Wechselstrom in der Spule mit
seiner Larmofrequenz (unterschiedliche Larmorfrequenzen aufgrund unterschiedlicher chemischer Umgebung, siehe
unten), wodurch es im FID (freier Induktionsabfall) zu einer Überlagerung aller Larmorfrequenzen
kommt; Daher lassen sich aus dem Zeitdomänen-Signal des FID nicht einfach die Frequenzen
ableiten.
Beim ESR bleibt die Frequenz konstant. Die Änderung des B0-Feldes bewirkt die Anregung der Spins nacheinander
(es werden nicht alle B0-Felder gleichzeitig verwendet xD). Daher ist jedes B0-Feld zu jedem Zeitpunkt einer
Larmorfrquenz zuzuordnen – kein FT notwendig.
Die Fourier Transformation ist eine mathematische Operation, mit der die Zeitdomänen-Information
von 𝐹𝐹(𝑡𝑡) (FID) in die Frequenzdomänen-Information von 𝐹𝐹(𝜔𝜔) (Spektrum) umgewandelt wird. Das
FID stellt eine periodische Funktion dar, die sich durch eine Reihe harmonischer Funktionen
annähern lässt.
𝐹𝐹(𝑡𝑡) =
𝑎𝑎0
+ 𝑎𝑎1 cos 𝑥𝑥 + 𝑎𝑎2 cos 2𝑥𝑥 + 𝑎𝑎3 cos 3𝑥𝑥 + ⋯ + 𝑏𝑏1 sin 𝑥𝑥 + 𝑏𝑏2 sin 2𝑥𝑥 + 𝑏𝑏3 sin 3𝑥𝑥 + ⋯
2
+∞
𝐹𝐹(𝜔𝜔) = �
−∞
+∞
𝑓𝑓(𝑡𝑡)𝑒𝑒 𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖 𝑑𝑑𝑑𝑑 = �
−∞
𝑓𝑓(𝑡𝑡) ∙ (cos 𝜔𝜔𝜔𝜔 + 𝑖𝑖 sin 𝜔𝜔𝜔𝜔)𝑑𝑑𝑑𝑑
Es wird nacheinander das Produkt zwischen 𝐹𝐹(𝑡𝑡) und dem Sinus-Teil sowie dem Cosinus-Teil aus
𝐹𝐹(𝜔𝜔) gebildet. Dabei werden alle Frequenzen einmal für den Sinus-Teil (Punktsymmetrisch) und
einmal für den Cosinus-Teil (Achsensymmetrisch) durchprobiert. Ist z.B. der Sinus-Teil aus 𝐹𝐹(𝜔𝜔)für
eine bestimmte Frequenz gleich der Funktion 𝐹𝐹(𝑡𝑡) , so ergibt das Produkt der beiden Funktionen
eine maximale Intensität; es resultiert somit ein Peak im Frequenzspektrum; genauso wird das mit
dem Cosinus-Teil gemacht.
𝐹𝐹(𝜔𝜔) ist eine komplexe Größe, weshalb man nach der FT zwei Spektren erhält: einen Realteil (durch
den Cosinus-Teil) und einen Imaginärteil (durch den Sinus-Teil).
Re�F(ω)� = �
+∞
−∞
𝑓𝑓(𝑡𝑡) ∙ (cos 𝜔𝜔𝜔𝜔)𝑑𝑑𝑑𝑑 ,
+∞
Im�F(ω)� = �
−∞
𝑓𝑓(𝑡𝑡) ∙ (sin 𝜔𝜔𝜔𝜔)𝑑𝑑𝑑𝑑
Zeitfunktion (links) und Frequenzfunktion
(rechts) für zwei um 90° phasenverschobene
Signale. Die obere Frequenzfunktion ist das
Absorptionsspektrum oder der Realteil, und
die untere ist das Dispersionsspektrum
oder der Imaginärteil. In der Praxis ergibt
die Fouriertransformation zunächst eine
Kombination der beiden
Frequenzfunktionen (jedes Signal liefert 2
Peaks), aus denen man durch
Phasenkorrekturen die reinen Absorptionsund Dispersionsspektren berechnet.
Bei der Phasenkorrektur wird aus dem einen Teil das für die Praxis relevante Absorptionsspektrum
berechnet (enthält 1 Peak je Signal), während der andere Teil, das Dispersionsspektrum, die um 90°
phasenverschobenen Signale enthält.
Messtechnik
In einem Continious wave (cw) Experiment wird die Absorption bei kontinuierlicher B1-FeldStrahlung über den Induktionsstrom in der Empfängerspule gemessen. Um die Resonanzbedingung
zu erreichen, kann die Frequenz bei konstantem B0-Feld oder das B0-Feld bei konstanter Frequenz
variiert werden (Erinnerung: ℎ𝑣𝑣 = ∆𝐸𝐸 = 𝛾𝛾ℏ ∙ 𝐵𝐵0 ); üblich: Magnetfeldänderung (wie bei ESR; dies gilt
aber nur für das veraltete cw-Experiment, nicht für Puls-Experimente).
Probleme bei der NMR-Spektroskopie liegen in der Konstanz, der Stärke und der Homogenität des
Magnetfeldes. Die Toleranz liegt bei Abweichungen in der Größenordnung 10−8 . Mit gewöhnlichen
Elektromagneten können Felder bis 2,5T erzeugt werden. Darüber müssen supraleitende Spulen
unter Kühlung mit flüssigem Helium (Widerstand vernachlässigbar) verwendet werden.
Moderne Geräte arbeiten nicht mit der cw-Technik, sondern mit der Fourier-Transform-Technik, die
mit Pulsen arbeitet.
Struktur des NMR-Spektrums
Ein NMR-Spektrum ist primär durch zwei Größen charakterisiert.
•
•
Die chemische Verschiebung (Abschirmung des B-Feldes durch Elektronendichte der
Umgebung) bestimmt die Größe des Resonanz-Feldes, also die Lage des Übergangs auf der
B0-Achse (entsprechend g-Faktor bei ESR-Spektroskopie).
Die Wechselwirkung mit benachbarten Kernspins (Spin-Spin-Kopplung) führt zu einer
Multiplettstruktur (entsprechend Hyperfein-WW = Elektronenspin-Kernspin-WW bei ESRSpektroskopie).
Der Unterschied zwischen den Kernen ist die unterschiedliche Frequenzlage. Bei 10T liegt z.B. die
1
H-Resonanz bei 425,7 Mhz und die 13C-Resonanz bei 107.1Mhz. Mit einem Experiment kann damit
nur eine Kernsorte spektroskopisch untersucht werden. Es werden zwar mehrere Frequenzen pro Experiment
eingestrahlt, aber innerhalb eines wesentlich geringeren Frequenzbandes, um lediglich Spins derselben Kernsorte mit
aufgrund von CV und Spin-Spin-WW leicht unterschiedlichen Larmor-Frequenzen anzuregen.
Die chemische Verschiebung
Das B0-Feld erzeugt Kreisströme in der Elektronenwolke. Bewegte Ladungen erzeugen aber ein
Magnetfeld 𝑩𝑩𝒊𝒊𝒊𝒊𝒊𝒊, das nach der Lenzschen Regel dem erzeugenden B0-Feld entgegengesetzt
gerichtet ist. Am Ort des Kerns herrscht somit ein lokales Feld 𝑩𝑩𝒍𝒍𝒍𝒍𝒍𝒍 = 𝑩𝑩𝟎𝟎 − 𝑩𝑩𝒊𝒊𝒊𝒊𝒊𝒊 . Der Kern ist
damit abgeschirmt und zur Resonanz muss ein stärkeres B0-Feld verwendet werden.
Das induzierte Feld ist jedoch vom angelegten Feld abhängig: 𝐵𝐵𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖 = 𝜎𝜎𝐵𝐵0 , weshalb
𝐵𝐵𝑙𝑙𝑙𝑙𝑙𝑙 = 𝐵𝐵0 (1 − 𝜎𝜎) gilt. Die Größe der Abschirmkonstante 𝜎𝜎 ist stark von der Elektronendichte
abhängig, also von den Nachbaratomen eines Kerns. Ansteigende Elektronendichte verringert damit
die Resonanzfrequenz: 𝜔𝜔0 = 𝛾𝛾𝐵𝐵0 (1 − 𝜎𝜎) . So ist die Elektronendichte am Proton in C-H größer als
im Proton in O-H, da Sauerstoff eine größere Elektronegativität hat als Kohlenstoff. Damit gilt
𝜎𝜎𝐶𝐶𝐶𝐶 > 𝜎𝜎𝑂𝑂𝑂𝑂 und die Resonanz des Protons in C-H liegt bei höherem Feld. Wenig Elektronegative
Nachbargruppen (z.B. CH3) = Hohe Elektronendichte am zu untersuchenden Kern (Hier: 1H) = hohe
Abschirmung des Kerns = höheres B0-Feld zur Resonanz erforderlich = Niedrige chem.
Verschiebung (ppm). Auch Nachbargruppen können die Abschirmung erhöhen (-CH3, -NH2, COO-)
oder erniedrigen (-OH, -COOH, -NH3+, -NO2).
Im Benzol erzeugt das B0-Feld einen Ringstrom der
π-Elektronen. Das entstehende Magnetfeld im Innern des
Ringes ist dem B0-Feld entgegengesetzt gerichtet. Außerhalb
des Ringes, im Bereich der Protonen, ist das induzierte Feld
dem angelegten gleichgerichtet (Verstärkung von B0). Eine
vorhandene Abschirmung wird geschwächt, weshalb die
Resonanz der Benzol-Protonen bei relativ kleinem Feld liegt.
Die chemische Verschiebung ist damit charakteristisch für einen gegebenen Kern in definierter
chemischer Umgebung, wodurch strukturelle Zuordnungen möglich sind.
Zur Quantifizierung der chemischen Verschiebung wird eine Referenz benötigt, da die Größe des
abschirmenden Feldes sowie die entsprechende Resonanzfrequenz mit der Betriebsfrequenz des
Spektrometers variiert und daher eine absolute Angabe keinen Sinn macht. So sind beide Werte bei
500Mhz-Spektrometern fünfmal so groß als bei 100Mhz-Spektrometern.
𝛿𝛿 =
𝑣𝑣𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅 − 𝑣𝑣𝑃𝑃𝑃𝑃𝑃𝑃𝑃𝑃𝑃𝑃
∙ 106 𝑝𝑝𝑝𝑝𝑝𝑝
𝑣𝑣𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅
Eine Resonanzstelle in einem 200Mhz-Spektrum, die 200 Hz von der Resonanzstelle der Referenz
entfernt ist, zeigt eine chemische Verschiebung von 1 ppm. Dasselbe gilt für ein 500 Mhz-Spektrum,
da hier die Entfernung 500 Hz ist.
Als Referenz für 1H und 13C wird Tetramethylsilan (TMS) verwendet. Diese Protonen haben sehr
hohe Resonanz-Feldstärken (große Abschirmung), da Si mit 1,9 eine niedrige Elektronegativität
aufweist (H=2,2; C=2,5; N=3,0; O=3,5). Die CV wird im Spektrum von rechts nach links in ppm-Einheiten
aufgetragen. Positive Zahlen kennzeichnen damit die Verschiebung zu niedrigerem Feld.
Spin-Spin-Kopplung
Spin-Spin-Kopplung mit benachbarten Kernen bwirkt eine
Multiplettaufspaltung. Im 1H-Spektrum von Alanin in D2O gehört
das Duplett bei 1,21 ppm der CH3-Gruppe und das Quartett bei
3,31 ppm dem CαH, da beide Protonen miteinander wechselwirken
(Kopplungskonstante bei 7,2Hz für vicinale Proton-ProtonKopplung). Da die Aufnahme in D2O erfolgte, sind die
austauschbaren Protonen der Aminogruppe nicht sichtbar.
Die Stärke der WW gibt die Kopplungskonstante J an, die
unabhängig von B0 ist. Für Protonen liegt sie bei 0-30Hz (100MhzSpektrometer: 0,2 ppm, 500Mhz-Spektrometer: 1ppm).
Äquivalente Protonen haben dieselbe chemische Verschiebung, so auch die in CH3. Das benachbarte
CαH kann die Spinzustände 𝑚𝑚𝐼𝐼 = ±0,5 einnehmen. Je nach Spinzustand wird damit das Feld am Ort
der CH3-Protonen um einen Betrag BA erhöht oder erniedrigt, weshalb das Signal in ein Duplett
aufgespalten wird. Das Quartett in CαH kann genauso erklärt werden: Die CH3-Protonen können zu
einem Gesamtspin von 𝑚𝑚𝐼𝐼 = ±0,5, ±1,5 kombinieren. Es resultieren zwei verschiedene
Feldverstärkungen und zwei verschiedene Feldabschwächungen am CαH, sodass vier Linien
resultieren. Es gilt also für die Kpplungskonstante J analog wie für die Hyperfeinkopplungskonstante
0
der ESR-Spektroskopie: 𝐵𝐵𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟 = 𝐵𝐵𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟
− 𝐽𝐽𝑚𝑚𝐼𝐼 .
Allgemein gilt, dass n äquivalente Kerne mit Spin I=0,5 genau n+1 Multiplett-Komponenten
erzeugen. Die Intensitätsverhältnisse der einzelnen Banden sind dem Pascalschen Dreieck zu
entnehmen.
Ein Multiplett mit Überlagerungen entsteht bei Kopplung mit mehreren Sätzen von Kernen.
Allgemein beträgt die Multiplizität des betrachteten Kerns bei n benachbarten Kernen mit Spin I:
𝒛𝒛 = 𝟐𝟐𝟐𝟐 ∙ 𝑰𝑰 + 𝟏𝟏 . Bei i Sätzen äquivalenter Kerne mit verschiedener Kopplungskonstante gilt für die
einzelnen Multiplizitäten 𝑧𝑧𝑖𝑖 = 2𝑛𝑛𝑖𝑖 ∙ 𝐼𝐼𝑖𝑖 + 1 und für die Gesamtmultiplizität 𝒛𝒛 = ∏ 𝒛𝒛𝒊𝒊 . Für Lysin
ergeben sich demnach:
•
•
Für das Proton am Cβ genau sechs Linien (𝑛𝑛1 = 1 vom C α H und 𝑛𝑛2 = 2 vom C γ H2).
Für die Protonen am Cγ genau neun Linien (beide Nachbar-C‘s haben zwei Protonen).
Die übernächsten Nachbarn sind zu vernachlässigen.
Die vicinale Spin-Spin-Kopplung (3J) erlaubt Rückschlüsse auf die Torsionswinkel (KarplusBeziehung), da die Kopplungskonstante mit dem Winkel variiert. So sind trans-Konformation bei
180° und gauche-Konformation bei 60° genau zu unterscheiden. Damit lassen sich für Proteine
Sekundärstrukturen bestimmen.
Relaxationsmechanismen
Die aufgenommene Energie des Spinsystems wird mit der Zeit auf die Umgebung oder auf andere
Spins übertragen (Relaxationsprozess). Die Relaxationszeit beschreibt die Zeit, die nach Abschalten
des B1-Feldes vergeht, bis der Anteil 1/e der aufgenommenen Energie disspativ abgegeben wurde.
•
•
T1: Spin-Gitter oder longitudinale Relaxation.
T2: Spin-Spin oder transversale Relaxation.
Beide Relaxationen tragen zur Breite der NMR-Linien bei, da sie die Lebensdauer eines
Spinzustandes verkürzen. Eine lange Lebensdauer (~1s) bedeutet nach Heißenberg eine geringe
Energieunschärfe (bei 2,35T scharfe Linie von ~0,1Hz). Eine kurze Lebensdauer (𝟏𝟏𝟏𝟏−𝟒𝟒 𝒔𝒔) ergibt eine
sehr breite Linie (~1000Hz). Aus der Linienbreite kann damit die Lebensdauer bestimmt werden
(eleganter: FT-NMR).
Die Relaxation beruht auf fluktuierenden magnetischen Wechselwirkungen. So ist die Dipol-DipolWechselwirkung abhängig von der Rotationskorrelationszeit der benachbarten Moleküle oder
molekularen Gruppen. Relaxationszeiten enthalten damit Informationen über inter- und
intramolekulare Interaktionen (Konformation und Assoziation bei Makromolekülen).
Spin-Gitter-Relaxation
Das B0-Feld erzeugt eine longitudinale Magnetisierung in z-Richtung (Mz). Das B1-Feld stört die
Boltzmann-Verteilung und verringert die longitudinale Magnetisierung. Nach Ausschalten von B1,
kehrt Mz zu ihrem Gleichgewichtswert M0 zurück. Dies folgt einem exponentiellen Zeitgesetz. Die
Überschussenergie wird über thermische Prozesse an die Umgebung (Gitter) abgegeben, weshalb
es sich um einen enthalpischen Prozess handelt.
Spin-Spin-Relaxation
𝑴𝑴𝒛𝒛 = 𝑴𝑴𝟎𝟎 �𝟏𝟏 − 𝒆𝒆−𝒕𝒕/𝑻𝑻𝟏𝟏 �
Im B1-Feld präzedieren die Spins in Phase. Daraus resultiert eine Quermagnetisierung My. Ohne
B1-Feld geht die Phasen-Kohärenz verloren, wodurch sich die Spins wieder gleichmäßig auf der
Kegelfläche verteilen. Die transversale Magnetisierung fällt auf null ab. Es handelt sich um einen
entropischen Prozess. Ursache sind WW zwischen Spins, die temporärer und zufälliger Natur sind
und eine Feld-Heterogenität verursachen. Da die Spins nicht alle mit derselben Larmor-Frequenz
rotieren folgt eine schnelle Dephasierung. Diese Art der Relaxation wird durch Magnetfeld-Inhomogentitäten
beschleunigt (muss bei Bestimmung von T2 rausgemittelt werden).
Vergleich der Relaxationszeiten
𝑴𝑴𝒚𝒚 = 𝑴𝑴𝒚𝒚𝒚𝒚 �𝒆𝒆−𝒕𝒕/𝑻𝑻𝟐𝟐 �
Bei kleinen Molekülen im gelösten oder flüssigen Zustand ist 𝑇𝑇1 ~𝑇𝑇2 . Im festen Zustand oder bei
gelösten Makromolekülen ist 𝑻𝑻𝟏𝟏 > 𝑻𝑻𝟐𝟐 , d.h. die Quermagnetisierung fällt auf null ab, bevor die
Boltzmann-Verteilung erreicht ist (FID wird durch T2 bestimmt!). T1 kann niemals kleiner als T2 sein.
Die longitudinale Gleichgewichtsmagnetisierung M0 kann nur erreicht werden, wenn die
Phasenbeziehung verloren gegangen ist. Bei einem endlichen My ist Mz immer kleiner M0.
Effektive Relaxationsprozesse sind wie bei der ESR für die Aufnahme eines NMR-Spektrums
essentiell. Im CW-Experiment wird der Effekt von B1 auf die Magnetisierung ständig durch die
Relaxationsprozesse korrigiert.
Puls-Fourier-Transform-NMR
In der CW-Technik werden Spektren bei kontinuierlicher Einstrahlung eines B1-Feldes mit konstanter
Frequenz durch Variation des B0-Feldes aufgenommen. Das Spektrum ist durch die chemische
Verschiebung und die Spin-Spin-Kopplungskonstante charakterisiert. Mithilfe der Puls-FT-NMR
werden Zusatzinformationen durch Messung der beiden Relaxationszeiten erhalten.
Nach einem B1-Puls wird das Verhalten des Spinsystems zeitabhängig untersucht. Über FT wird dann
das Zeitdomänen-Signal in das typische Frequenz-Spektrum umgewandelt. Der kurze
Hochfrequenzpuls ist nicht monochromatisch, sondern enthält alle Frequenzen aus dem
Gesamtbereich der möglichen Verschiebung eines Kerns. Ein Spektrum kann damit innerhalb ~1s
aufgenommen werden. Über Spektren-Akkumulation werden dann intensivere Spektren erhalten.
Der Intensitäts-pro-Zeit-Gewinn ist um einen Faktor 100 besser als der in der cw-Technik.
Pulstechnik
Ein Hochfrequenzpuls der Dauer tp und der magnetischen Induktion B1 in Richtung x‘-Achse dreht die
Magnetisierung Mz in der zy‘-Ebene um einen definierten Winkel 𝜽𝜽 = 𝜸𝜸𝑩𝑩𝟏𝟏 𝒕𝒕𝒑𝒑 . 𝛾𝛾 ist das
gyromagnetische Verhältnis, das für jeden Kern charakteristisch ist. B1 muss so groß gewählt
werden, dass tp klein gegenüber den Relaxationszeiten ist. Typische Werte sind 1µ𝑠𝑠 < 𝑡𝑡𝑝𝑝 < 50µ𝑠𝑠.
Freier Induktionsabfall
Das Abklingen der Quermagnetisierung nach einem Hochfrequenzpuls wird als FID (free induction
decay) bezeichnet. Nach einem 90°-Puls liegt die Quermagnetisierung mit ihrem Maximalwert in der
y‘-Richtung. Der Betrag von My‘ entspricht der Intensität des NMR-Signals. Nach dem Puls verlieren
die Spins ihre Phasenkohärenz und My‘ klingt mit der Zeit ab:
𝑑𝑑𝑀𝑀𝑦𝑦′
𝑀𝑀𝑦𝑦′
=−
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑇𝑇2
Dies gilt jedoch nur in einem ideal homogenen B0-Feld. In der Realität liegen immer geringe
Inhomogenitäten vor, sodass T2 durch T2* ersetzt werden muss. T2* beinhaltet den Beitrag der
transversalen Relaxation und den Beitrag der Magnetfeld-Inhomogenität.
Eine bestimmte Abklingkurve entsteht aber nur, wenn die Impulsfrequenz genau mit der
Larmorfrequenz übereinstimmt. Sie ist demnach nur für eine spezifische chemische Verschiebung
gültig.
Ein Vorteil der FT-NMR ist die gleichzeitige Aufnahme des Gesamtspektrums durch einen
Hochfrequenzpuls, der alle Frequenzen abdeckt. Die Impulsfrequenz ist damit nicht immer gleich der
Resonanzfrequenz („off resonance“ Fall = Frequenzen des Frequenz-Bands, die für keine Spins der
Probe eine Resonanz induzieren). Typische Frequenz-Unterschiede zwischen Larmor- und ImpulsFrequenz liegen bei 50 Hz (die eingestrahlten Frequenzen werden im Intervall von 50 Hz um die
erwartete Larmorfrequenz gewählt).
Durch Interferenzen entstehen Schwebungen, wobei das Interferogramm die Form einer
abklingenden Sinusschwingung hat. Für den resonanten und nichtresonanten Fall kann die
Zeitdomänen-Information über FT in die Frequenz-Domäne (Absorptionssignal) umgewandelt
werden.
Bei Protonen eines Moleküls mit verschiedener CV liegt immer der nichtresonante Fall vor. Das
Spektrum in der Zeitdomäne stellt komplexe Schwebungen dar. Nach Akkumulation einer Vielzahl
solcher FIDs wird das Frequenzspektrum berechnet.
Spin-Echo-Methode zur Messung von T2
T2 ist nur messbar, wenn T2 klein gegenüber dem Beitrag
aus der Magnetfeld-Inhomogenität ist, sodass T2 die
Relaxationsgeschwindigkeit maßgeblich bestimmt.
Ansonsten wird ein T2*-Wert bestimmt, der wesentlich
kleiner ist als der reale T2-Wert.
Die Spin-Echo Methode ermöglicht die Vernachlässigung
der Magnetfeld-Inhomogenität.
(a) 90°-Puls in Richtung der x‘-Achse kippt die Magnetisierung aus der z- in die y‘-Richtung.
(b) Durch Magnetfeld-Inhomogenitäten präzedieren einige Spins schneller (s) und andere
langsamer (l), als der auf y‘ liegende Mittelwert. Mit der Zeit geht die Spin-Kohärenz
verloren, wodurch My‘ kleiner wird.
(c) Zur Zeit 𝝉𝝉 erfolgt ein 180°-Puls wieder entlang x‘. Dadurch rotiert die Magnetisierung um
180° um die x‘-Achse.
(d) Die Magnetisierung präzediert immernoch in x’y‘-Ebene, wobei nun die langsamen Spins
dem Mittlerwert vorauseilen und die schnellen hinterher laufen. So wird die PhasenKohärenz mit der Zeit wiederhergestellt und My‘ nimmt zu.
(e) Zur Zeit 𝟐𝟐𝟐𝟐 nach dem 90°-Puls fallen alle Spins im Mittelwert zusammen. Die gemessene
Magnetisierung (Spin-Echo) ist genauso groß wie direkt nach dem 90° Puls.
(f) Bei 𝑡𝑡 > 2𝜏𝜏 geraten die Spins wieder außer Phase. Der Vorgang kann wiederholt werden.
Die Folge 90°- 𝝉𝝉-180°- 𝝉𝝉-FID beseitigt damit die unterschiedlichen Präzessionsfrequenzen aufgrund
der Magnetfeld-Inhomogenitäten (T2*  T2).
Die Spin-Spin-Relaxation (T2) führt ebenso zu einem Zerfall der Quermagnetisierung innerhalb der
Zeit 2𝜏𝜏. Dieser Effekt kann jedoch nicht durch die Pulssequenz aufgehoben werden, sodass das SpinEcho My‘ nach 2𝜏𝜏 kleiner ist und mit jeder weiteren Pulssequenz exponentiell abnimmt. Aus der logAuftragung der maximalen Echo-Amplitude als Funktion von 𝜏𝜏 kann T2 bestimmt werden.
Messung von T1 durch Progressive Sättigung
Durch 5-10 direkt hintereinander folgende 90°-Pulse wird ein
dynamisches Gleichgewicht zwischen Absorption und Relaxation
erreicht. Nach der Zeit 𝝉𝝉 erfolgt nach einem weiteren 90°-Puls die
Messung des NMR-Absorptionssignals. Ist in dieser Zeit die
longitudinale Magnetisierung noch nicht vollständig
wiederhergestellt, wird eine geringere Intensität gemessen.
Mit größerem 𝝉𝝉 steigt die Signal-Intensität auf ihren Maximalwert an. Die Auftragung ln⁡
(𝐴𝐴∞ − 𝐴𝐴𝑡𝑡 )
als Funktion der Wartezeit liefert eine Gerade mit der Steigung −1/𝑇𝑇1 .
Messung von T1 durch die Inversions-Erholungs-Methode
Ein 180°-Puls invertiert die Magnetisierung auf die (-z)-Richtung. Nach der Zeit 𝝉𝝉 erfolgt der 90°-Puls.
Anschließend wird My‘ über ein FID gemessen. Die FT führt zum Absorptionssignal.
Bei sehr kurzen Zeiten zeigt die Magnetisierung Mz nach unten, sodass der 90°-Puls die
Magnetisierung auf die negative y‘-Achse klappt und ein negatives Absorptionssignal erhalten wird.
Nach längeren Zeiten entsteht ein positives Signal. Dazwischen liegt der Nulldurchgang mit Mz=0
und My‘=0.
Zur Messung von T1 muss das NMR-Signal als Funktion der Zeit (bis 100s) aufgenommen werden. Die
Intensität steigt von –A bis +A. T1 kann am Nulldurchgang ermittelt werden.
𝐴𝐴 = 𝐴𝐴max �1 − 2e
τ
−
T1 � ,
Anwendungsbeispiele für Protonen-Resonanz
Basen-Stapelung
1 − 2e
τ
−
T1
= 0 → τ = T1 ∙ ln 2
Die Basen haben wegen den π-Elektronen
Protonen-Resonanzen bei niedrigem B0-Feld
(große chemische Verschiebung). In einer
verdünnten Lösung von 6,9-Dimethyl-Adenin
liegen die Resonanzstellen der Ring-Protonen bei
8,1 (C2) bzw. 7,95 (C8) und die der CH3-Gruppen
bei 3,05-3,75. Bei einer Erhöhung der BasenKonzentration, resultiert eine HochfeldVerschiebung (kleinere ppm-Werte) aller
Protonen-Resonanzen.
Sie beruht auf der Basen-Stapelung senkrecht zu ihrer Ringebene: Die
Nachbarmoleküle schwächen den Ringstrom-Effekt, die chemische Verschiebung
nimmt ab.
Aus der exakten Berechnung des Abschirm-Effektes lässt sich die Lage der
Nukleobasen im Assoziat bestimmen. Hochaufgelöste NMR-Spektren erlauben
auch die Lokalisierung von dsRNA-Bereichen in RNA-Molekülen.
Analyse von Protein-Spektren
Problem der Protonen-Resonanz an Proteinen ist die Auflösung und die Zurodnung einzelner
Resonanz-Linien (hohe Frequenzen und 2D-NMR  bessere Auflösung). Probleme sind:
•
•
In Peptiden kommt es zu einer Überlagerung der Linien vieler chemisch und magnetisch
ähnlicher Gruppen. Typische Protonen-Resonanzen von Aminosäuren liegen bei 1-4,5 ppm
für das CαH und aliphatische Reste oder bei 7-9 ppm für aromatische AS.
In großen, globulären Proteinen sind die einzelnen Linien wegen langer
Rotationskorrelationszeiten (kurze Relaxationszeiten) stark verbreitert.
Im nativen Zustand sind die Linien aufgrund der starren Struktur und den daraus resultierenden
Dipol-Feldern stark verbreitert. Im denaturierten Zustand wird diese Wechselwirkung aufgehoben,
sodass das Spektrum aus gut aufgelösten NMR-Linien besteht, die nahezu der Summe der einzelnen
AS-Resonanzen entsprechen.
Die Zuordnung eines 1D Spektrums eines Peptids erfolgt über Vergleiche mit den Spektren einzelner
AS. Aus der Größe der chemischen Verschiebung und der Spin-Spin-Kopplung kann die Information
über Struktur und Dynamik des Peptids erhalten werden. Ab 10 kDa ist eine solche Methode sehr
schwierig.
Protonen-Spinrelaxation in Proteinen und Lipid-Membranen
Relaxationsmessungen liefern grundsätzlich Informationen über oszillierende Bewegungen mit
Frequenzen im Bereich der Larmorfrequenz. Bei Protonen liegen die Rotationen des
Gesamtmoleküls und auch der Segmentbewegungen in diesem Bereich. Kleine Moleküle mit
Rotationskorrelationszeiten 𝝉𝝉𝑹𝑹 < 𝟏𝟏𝟏𝟏−𝟗𝟗 𝒔𝒔 ergeben schmale NMR-Linien. Für die Halbwetsbreite
einer Linie gilt:
∆𝑣𝑣1/2 ≥
1
2𝜋𝜋 ∙ 𝑇𝑇2
Der Zusammenhang zwischen Rotationskorrelationszeit und Relaxationszeiten ist komplex. Im
Bereich 10−12 𝑠𝑠 < 𝜏𝜏𝑅𝑅 < 10−8 𝑠𝑠 fallen die Relaxationszeiten (schnellere Relaxation) jedoch mit
steigender Rotationskorrelationszeit (geringere Beweglichkeit) ab. Die gemessene Relaxationszeit
ist also Maß für die Beweglichkeit.
Die Relaxationsprozesse in Proteinen oder Lipid-Membranen werden hauptsächlich durch DipolDipol-WW mit Kernen der Umgebung beeinflusst. Die Relaxationszeit ist also von der Anzahl, der
Stärke und dem Abstand benachbarter Dipole sowie dem Frequenz-Spektrum der oszillierenden
Dipole abhängig, wobei die Stärke mit der sechsten Potenz des Abstandes abnimmt
(Lösungsmitteleinflüsse können durch Verwendung deuterierter Lömis ausgeschlossen werden).
Anzahl und Abstand ist bei der Protonen-Resonanz schwer bestimmbar. Aussagen reduzieren sich
damit auf relative Beweglichkeitsänderungen.
Ferrichrom ist ein zyklisches Hexapeptid aus drei Ornithin-Derivaten und drei Glycin-Molekülen mit
Affinität für Fe3+. Durch Metall-Koordination, resultiert eine starre Konformation
(Rotationskorrelationszeit basiert auf Rotation des Gesamtmoleküls). Die zeitaufgelösten Spektren
der Amid-Protonen nach einem 180°-𝝉𝝉-90° Puls zeigen, dass die Relaxationszeiten der drei Glycylund der drei Ornithyl-Reste verschieden sind (0,15 < 𝑇𝑇1 < 0,3). Da das Molekül eine starre
Konformation aufweist, bedeutet dies, dass die Amid-Protonen unterschiedliche Dipolumgebungen
in der Raumstruktur haben.
Das Metall-freie Molekül besitzt in Lösung eine flexible Struktur. Die Relaxationszeiten für die GlycylReste sind etwa gleich (𝑇𝑇1 = 0,31), die für die Ornithyl-Reste leicht verschieden
(𝑇𝑇1 = 0,23; 0,24; 0,18). Theoretisch wären größere Relaxationszeiten aufgrund der höheren
Beweglichkeit im Vergleich zum komplexierten Ferrichrom zu erwarten. Die größere Beweglichkeit
(größere Relaxationszeiten) kann durch abnehmenden Dipol-Dipol-Abstand (kleinere
Relaxationszeiten) kompensiert werden. Genaue Aussagen können jedoch nicht getroffen werden.
Der physikalische Zustand einer Membran kann zwar qualitativ beschrieben und
Phasenumwandlungen verfolgt werden, quantitative Aussagen (Ordnungsgrad,
Molekülorientierungen) sind jedoch nicht möglich. Die Linien verschmälern beim Übergang in die
fluide Phase, was eine zunehmende Flexibilität bedeutet.
pH-Abhängigkeit der NMR-Spektren von Aminosäuren
Die chemische Verschiebung von Protonen ist auch vom Ionisationsgrad abhängig. Mit steigendem
pD-Wert verschieben sich die Resonanz-Linien von Alanin zu kleineren CVs (höheres Feld). Es wird
eine Titrationskurve erhalten, da bei den pK-Werten die CV sprunghaft abfällt.
Bei den CαH Protonen ist dieser Einfluss wegen der direkten Nachbarschaft zu den funktionellen
Gruppen größer als bei den Protonen der CH3-Gruppe des Alanins. Grund für dieses Verhalten: Die
bei hohem pH dissoziierte COO- Gruppe erzeugt mit ihrem delokalisierten π-Elektronenystem eine
höhere Elektronendichte am Cα und auch am Cβ. Daraus resultiert eine bessere Abschirmung der
Protonen (kleinere 𝛿𝛿-Werte). Die deprotonoerte NH2-Gruppe besitzt im Gegensatz zum NH3+ ein
freies Elektronenpaar, was ebenso eine bessere Abschmirmung ermöglicht.
Histidin kommt häufig in aktiven Zentren von Enzymen vor. Die CV der Protonen am Imidazol-Ring
liegt pH-abhängig zwischen 7 und 9 ppm. Diese pH-Abhängigkeit erleichtert die Zuordnung von
Histidin-Resonanzen. Aus den Titrationskurven kann der pK ermittelt werden. Verschiebungen im
pK-Wert ergeben Hinweise auf unterschiedliche chemische Umgebungen, sodass
Konformationsänderungen detektiert werden können.
Moderne Techniken
Spin-Entkopplung
Bei einfachen Spektren kann aus der Multiplett-Struktur die Kopplungskonstante abgeleitet werden.
Multipletts mit gleichen J-Werten sind miteinander gekoppelt. Besteht ein Spektrum aus
verschiedenen Multipletts mit gleicher Kopplungskonstante, müssen miteinander koppelnde Kerne
über die Spin-Entkopplung zugeordnet werden.
Die Nachbarspins erzeugen am Ort des betrachteten Kerns ein Zusatzfeld. Wenn man also mithilfe
eines zweiten Senders den koppelnden Nachbarkern durch Einstrahlen in seine Resonanzfrequenz
(Doppelresonanz-Technik) zu dauernden Übergängen zwingt, mittelt sich das Zusatzfeld heraus und
die Multiplettstruktur des betrachteten Kerns vereinfacht sich oder verschwindet ganz.
Bei gleichen Kernen entsteht ein homonuklear entkoppeltes Spektrum. Strahlt man z.B. bei Lysin
mit dem Zusatzfeld in die Resonanz der CαH bei 3,8 ppm ein, so koppelt es nicht mehr mit dem CβH2.
Das Multiplett vereinfacht sich von sechs auf drei Linien (Kopplung mit CγH2 bleibt bestehen).
Da eine Kopplung nur mit Protonen auftritt, die zwei oder drei Bindungen voneinander entfernt sind,
kann durch selektive Entkopplung eine eindeutige Zuordnung benachbarter Kerne erfolgen.
Die Entkopplung von Protonen ist für die 13C-Spektroskopie besonders wichtig, um die
Multiplettstruktur zu vereinfachen (heteronukleare Entkopplung).
Zweidimensionale NMR-Spektroskopie
Bei der J-Spektroskopie werden chemische Verschiebung und Kopplungskonstante voneinander
getrennt auf zwei Achsen dargestellt. Das entkoppelte Spektrum erhält man durch Projektion der
2D-Intensitäten in Richtung der 𝛿𝛿-Achse. Das gekoppelte Spektrum ist eine Projektion in Richtung
J-Achse.
Ein 1D NMR Experiment hat eine Frequenzachse und eine Intensitätsachse. Ein 2D NMR Experiment
hat 2 Frequenzachsen und die Intensitäten entsprechen der dritten Dimension. Sie werden als 3D
Peaks oder Konturlinien dargestellt, wobei die Abstände logarithmisch sind.
Bei den 2D-NMR-Spektren unterscheidet man zwischen J-aufgelösten und verschiebungskorrelierten
NMR-Spektren: J-aufgelöst: 1. Achse chemische Verschiebung, 2. Achse Kopplungskonstanten (J);
Verschiebungskorreliert: beide Achsen chemische Verschiebung.
Messung eines verschiebungskorrelierten 2D Spektrums am Beispiel einer Probe, die nur eine
Resonanzlinie aufweist (Z.B. Chloroform):
Aus dem Besetzungsunterschied resultiert eine geringe
Überschussmagnetisierung M0 in z-Richtung
90° Puls bringt diese Überschussmagnetisierung auf die
y-Achse
Während der Zeit t1 präzidiert der Vektor um das
statische Feld B0 in z-Richtung (Bewegung in x,y Ebene).
Dadurch erhält die Magnetisierung eine Komponente in
x- und eine in y-Richtung.
Es wird in diesem Zeitraum der Winkel 2𝜋𝜋𝜋𝜋𝑡𝑡1
zurückgelegt. Die Komponente der Magnetisierung in yRichtung beträgt danach 𝑀𝑀 cos 2𝜋𝜋𝜋𝜋𝑡𝑡1 (in x-Richtung mit
sin)
Zweiter 90° Puls bringt die y-Achsen Komponente der
Magnetisierung auf die z-Achse, wodurch sie nicht mehr
detektierbar wird.
Die x-Achsen Komponenten bleibt in der x,y Ebene und
kann detektiert werden.
Während der Zeit t2 erfolgt die Aufnahme des FID und
eine anschließende Fourriertransformation
Wiederholung des Experiments mit verschiedenen t1
Zeiten (Inkrementierung von t1; schrittweise erhöhung um
selben Betrag, beginnend bei 0ms). Nach FT erhält man eine
Reihe von Peaks an derselben Stelle. Die Höhe der Peaks
variiert mit t1 (oszilliert sinus-förmig mit der Frequenz v)
Verbindung der Peak-Enden (Datenpunkte) miteinander
führt zu einem Schaubild der Amplitude des
ursprünglichen Signals, die mit der Frequenz v oszilliert.
Dies ist das zweite FID (Interferrogramm).
Nach FT erhält man so ein 2 D Spektrum. Es wurden also
2 Richtungen Fourriertransformiert.
2 Fourriertransformationen: 𝑡𝑡2 ⟶ 𝜈𝜈2 (real time) und 𝑡𝑡1 ⟶ 𝜈𝜈1 (Inkrementierung von 𝑡𝑡1 )
COSY: Achse 1 enthält die normale CV, Achse 2 die Differenz-Frequenz zwischen korrelierten Spins.
3D-Strukturbestimmung eines Proteins über COSY, TOCSY, NOESY
Die Strukturbestimmung erfolgt in drei separaten Schritten:
1. Zuordnung der Resonanzen (assignment) d.h. Bestimmung der chemischen Verschiebung der
einzelnen Kerne.
2. Gewinnung von Strukturinformation d.h. Interpretation der Spektren bezüglich Abständen,
Dihedralwinkeln.
3. Strukturberechnung unter Berücksichtigung der NMR-Daten (Pseudoenergie) und der
theoretischen Energie des Moleküls.
2D-NMR-Experimente verlaufen nach dem selben Schema:
(1) Präparationszeit: Alle Spins werden in einen einheitlichen Ausgangszustand gebracht
(2) Evolutionszeit (t1, variabel): Zeitabhängige Entwicklung der Magnetisierung (chemische
Verschiebung in der ersten Dimension)
(3) Mischphase (tm, konstant): Magnetisierungstransfer auf andere Kerne (bestimmt
Signalintensität)
a. COSY: direkte J-Kopplung über 2-3 Bindungen.
b. TOCSY: J-Kopplung im gesamten Spinsystem.
c. NOESY: Kopplung zwischen Protonen in räumlicher Nähe (<5Å); induzierte Dipole.
(4) FID (t2)
Information über Struktur:
•
•
aus NOE-Intensitäten: Entfernungen zwischen Protonen
aus Kopplungen: erlaubte Bereiche für Dihedralwinkel
Verbreitetste Strategie: "simulated annealing". Programm erstellt zahlreiche Startstrukturen,
Verletzungen der "erlaubten" Bereiche (Entfernung, Winkel) werden als zusätzliche Pseudo-Energie
behandelt. Molekulardynamik mit abnehmender Temperatur, am Schluß Energieminimierung. Die
20-30 Strukturen mit der niedrigsten Energie werden als NMR-Struktur veröffentlicht (zeigt
Genauigkeit der lokalen Konformationsbestimmung).
13C-NMR Spektroskopie
13C Kerne haben ebenso wie 1H-Kernen einen Spin von 𝐼𝐼 = 0,5. Der Vorteil der 13C-NMR von
Makromolekülen liegt darin, dass direkt das Molekülgerüst und funktionelle Gruppen ohne
Protonen spektroskopiert werden können. Nachteil: geringe Empfindlichkeit, geringes natürliches
Vorkommen (Signal-Intensität um Faktor 6k niedriger als bei 1H).
Über Isotopen-Markierung und den NOE-Effekt wird das Signal verstärkt. Die starke
Hyperfeinaufspaltung durch Wechsewlrikung mit Protonen kann durch Spin-Entkopplung
aufgehoben werden, was die Komplexität des Spektrums erheblich reduziert.
Chemische Verschiebung
Im Vergleich zur 1H-NMR sind die Werte der CV bei 13C-Kernen erheblich größer. 𝛿𝛿-Werte liegen im
Bereich bis zu 200 ppm, während für 1H-NMR maximal 10 ppm erreicht wurde. Qualitativ ist aber
der Einfluss von Nachbargruppen der gleiche.
Spin-Spin-Kopplung
In natürlich vorkommenden Materialien sind nur die heteronuklearen Kopplungen zu 1H-Kernen von
Bedeutung. Die homo- und heteronuklearen Kopplungskonstanten der 13C-Kerne sind mit 130-200Hz
erheblich größer als die 1H-1H-Kopplungskonstanten mit Werten bis zu 10 Hz. Durch IsotopenMarkierung liefert auch die 13C-13C-Kopplung wichtige Struktur-Informationen.
Isotopen-Markierung
Natürliche Proben enthalten ca. 1,1% 13C-Kerne bezogen auf den Gesamt-Kohlenstoff. Die
Intensitätssteigerung durch Isotopen-Markierung ist durch die zunehmende 13C-13C-Kopplung
beschränkt.
Doppelresonanz-Technik und NOE-Effekt
Bei der 13C-NMR wird meist die 1H-13C-Entkopplung angewendet. Bei der Breitband-Entkopplung
enthält das entkoppelnde Feld die Resonanz-Frequenzen aller vorhandenen Protonen.
Eine Begleit-Erscheinung der Entkopplung ist eine Intensitätssteigerung aufgrund des NOE. 13Cund 1H-Kerne bilden ein gemeinsames Spinsystem. Erregt man nun die Protonen-Resonanz, wird
das GG (Boltzmann-Verteilung) gestört. Das System stellt die Boltzmann-Verteilung durch vermehrte
13C-Relaxation wieder her, d.h. der Grundzustand der 13C-Kerne wird stärker besetzt und es kann
mehr Hochfrequenz-Leistung aufgenommen werden. Die Signal-Intensität kann dadurch bis auf das
dreifache gesteigert werden.
Bestimmung von Segmentbeweglichkeiten durch T1-Messung
Die Messung von T1 ermöglicht die Charakterisierung dynamischer Prozesse in Makromolekülen.
Unterschiedliche T1-Zeiten z.B. einer bestimmten Aminosäure in verschiedenen Positionen des
Proteins, erlauben über die zu berechnenden Rotationskorrelationszeiten Aussagen über
Segmentbeweglichkeiten. Die Relaxationszeiten von 13C-Kernen sind wegen der 𝑟𝑟 −3 -Abhängigkeit
der Dipol-Dipol-Wechselwirkung stark von den benachbarten Atomen abhängig. 13C-Kerne mit
gebundenem Wasserstoff haben Werte zwischen 1s und 20s, 13C-Kerne ohne Wasserstoff haben
Relaxatiosnzeiten um 30s. In größeren Molekülen sind die T1-Zeiten wesentlich kürzer (schnelle
Relaxation wegen langsamer Rotation).
Die Abbildung zeigt die T1-Zeiten der einzelnen 13C-Kerne eines
Lipids innerhalb einer Membran. Die Kopfgruppe ist recht
beweglich. In der Nähe des Glycerol-Grundgerüsts ist die
Beweglichkeit stark eingeschränkt, nimmt aber zum Kettenende
hin drastisch zu.
31P-NMR
31P enthält ebenso einen Spin von 𝐼𝐼 = 0,5. Die chemische Verschiebung wird häufig relativ zur
Phosphorsäure gemessen. Kopplungskonstanten liegen bei 10-30Hz.
31P-NMR kann in vivo durchgeführt werden, um z.B. Stoffwechselvorgänge zu verfolgen. Darüber
hinaus liefert die 31P-Spektroskopie Aussagen über die räumliche Anordnung der Biomoleküle. Dies
ist möglich durch die Anisotropie der chemischen Verschiebung. Die Elektronenverteilung um eine
R2PO4-Gruppe z.B. in Phospholipiden ist nicht isotrop. Die CV ist von der Orientierung des
Molekülachsen-Systems zum B0-Feld abhängig.
•
•
Mittlere Abbildung: 01/02 = Sauerstoffe der Ester-Bindung , 03/04 = freie Elektronen der
Ester-Bindung.
Rechte Abbildung: H-entkoppeltes 31P-Spektren für unterschiedliche Winkel zwischen B0
und Membran-Normalen.
Entsprechend dem g-Faktor der ESR-Spektroskopie muss die CV dann durch einen Abschirmtensor
mit 𝛿𝛿𝑥𝑥𝑥𝑥 , 𝛿𝛿𝑦𝑦𝑦𝑦 , 𝛿𝛿𝑧𝑧𝑧𝑧 beschrieben werden. Das 31P-Spektrum ist dadurch Orientierungs-abhängig. Die
Anisotropie liefert mit den 𝛿𝛿∥ - und 𝛿𝛿⊥ -Werten von Sonden einen Ordnungsgrad (dadurch ist eine
Zuordnung von Lipid-Phasen möglich).
Licht-Streuung
Im Gegensatz zur Absorption, die nur bei Molekül-spezifischen Wellenlängen auftritt, tritt Streuung
im gesamten sichtbaren Wellenlängenbereich auf.
Aus der gestreuten Strahlung lässt sich die relative Molekülmasse sowie die Diffusionskoeffizienten
der streuenden Teilchen bestimmen. Außerdem werden Informationen über Moleküldimensionen
und WW zwischen Makromolekülen erhalten.
Man unterscheidet mechanistisch drei verschiedene Streuprozesse:
•
•
•
Elastische Streuung: Einfallende und gestreute Strahlung haben die gleiche Frequenz
(Rayleigh-Streuung: 𝑑𝑑 ≪ 𝜆𝜆/2, Mie-Streuung: 𝑑𝑑 ≫ 𝜆𝜆/2).
Quasi-elastische Streuung: Frequenz des gestreuten Lichts wird durch
Translationsbewegungen der streuenden Teilchen verändert. Frequenzspektrum resultiert
aus Doppler-Verbreiterung der gestreuten Strahlung.
Inelastische Streuung (Raman-Streuung): Streuprozess regt Molekülschwingungen an.
Elastische Lichtstreuung
Streuung an einem isolierten, isotropen Molekül
Eine monochromatische, polarisierte Lichtwelle (keine Absorptionsfrequenz) trifft auf ein einzelnes
Molekül. Für die Streuung ist lediglich der elektrische Feldvektor relevant:
𝑥𝑥
𝐸𝐸 = 𝐸𝐸0 ∙ cos �2𝜋𝜋 ∙ 𝑣𝑣 �𝑡𝑡 − ��
𝑐𝑐
Das streuende Teilchen sei klein gegenüber der Wellenlänge, sodass E am Ort des gesamten
Teilchens als konstant angenommen werden kann. Das E-Feld übt eine Kraft auf die elektrische
Ladung des Moleküls aus, die zu einer Verschiebung der Elektronen und des Kerns in
entgegengesetzter Richtung führt und dadurch ein elektrisches Dipolmoment 𝝁𝝁 = 𝜶𝜶𝜶𝜶 induziert.
Die Größe des induzierten Dipolmoments wird durch die Polarisierbarkeit α bestimmt (für isotropes
Teilchen richtungsunabhängig, also Skalar). Das E-Feld der Strahlung induziert somit ein
oszillierendes Dipolmoment:
𝑥𝑥
𝜇𝜇 = 𝛼𝛼 ∙ 𝐸𝐸0 ∙ cos �2𝜋𝜋 ∙ 𝑣𝑣 �𝑡𝑡 − ��
𝑐𝑐
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑥𝑥
= −𝛼𝛼 ∙ 𝐸𝐸0 ∙ 2𝜋𝜋𝜋𝜋 ∙ sin �2𝜋𝜋 ∙ 𝑣𝑣 �𝑡𝑡 − �� ,
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑐𝑐
𝑑𝑑 2 𝜇𝜇
𝑥𝑥
= −𝛼𝛼 ∙ 𝐸𝐸0 ∙ 4𝜋𝜋 2 𝑣𝑣 2 ∙ cos �2𝜋𝜋 ∙ 𝑣𝑣 �𝑡𝑡 − ��
𝑑𝑑𝑡𝑡 2
𝑐𝑐
Oszillierende Dipole senden wiederum selbst EM-Strahlung aus.
Die elektrische Feldstärke der Dipolstrahlung ist proportional zu
𝑑𝑑2 𝜇𝜇/𝑑𝑑𝑡𝑡 2 und ist vom Winkel 𝚽𝚽 zwischen Dipolachse und
betrachteter Streurichtung abhängig. Die Feldlinien ausgehend
von einem oszillierenden Dipol sind charakteristisch verteilt. Die
Streuintensität ist maximal senkrecht zur Dipolachse; in Richtung
der Dipolachse tritt keine Strahlung aus. Abbildung: Links ist
Phase der einfallenden Strahlung am Ort des Dipols gezeigt.
Rechts die Feldlinien der emittierten Dipolstrahlung.
Das E-Feld der Dipolstrahlung lässt sich klassisch berechnen und zeigt lediglich eine im Vergleich zum
Einstrahl-Licht veränderte Amplitude:
𝐸𝐸 = 𝛼𝛼 ∙ 𝐸𝐸0 ∙
4𝜋𝜋 2 ∙ sin Φ
𝑥𝑥
∙ cos �2𝜋𝜋 ∙ 𝑣𝑣 �𝑡𝑡 − ��
2
𝑐𝑐
𝑟𝑟 ∙ 𝜆𝜆
Die Intensität der Streustrahlung ist proportional zum Quadrat der Amplitude der elektrischen
Feldstärke. Das Verhältnis der Streuintensität 𝐼𝐼𝑆𝑆 zur Intensität des eingestrahlten Lichts 𝐼𝐼0 ist (es kürzt
sich quasi nur 𝐸𝐸0 aus der Amplitude raus):
𝐼𝐼0 ~𝐸𝐸02 ,
2
4𝜋𝜋 2 ∙ sin Φ
𝐼𝐼𝑆𝑆 ~ �𝛼𝛼 ∙ 𝐸𝐸0 ∙
� ,
𝑟𝑟 ∙ 𝜆𝜆2
𝑰𝑰𝑺𝑺
16𝜋𝜋 4
2
= 𝛼𝛼 ∙ 2 4 ∙ sin2 Φ
𝑰𝑰𝟎𝟎
𝑟𝑟 ∙ 𝜆𝜆
Wichtig: Richtungsabhängigkeit (𝐬𝐬𝐬𝐬𝐬𝐬𝟐𝟐 𝚽𝚽) und Wellenlängen-Abhängigkeit (𝝀𝝀−𝟒𝟒 ). Letztere erklärt
den hohen Anteil kurzwelligen Lichts in der Streustrahlung des Sonnenlichts in der Atmosphäre und
lässt den Himmel blau erscheinen.
Bisher wurde linear polarisiertes Licht betrachtet. Bei unpolarisiertem Licht besitzt die relative
Streuintensität lediglich eine veränderte Winkelabhängigkeit. Der Winkel 𝛉𝛉 liegt zwischen
einfallender Strahlung und Beobachtungsrichtung. Die x-Achse ist die Einfallsrichtung des Lichts.
𝑰𝑰𝑺𝑺
16𝜋𝜋 4 1
= 𝛼𝛼 2 ∙ 2 4 ∙ (1 + cos 2 θ)
𝑰𝑰𝟎𝟎
𝑟𝑟 ∙ 𝜆𝜆 2
Winkelverteilung für polarisiertes Licht.
𝐼𝐼𝑆𝑆 ~ sin2 Φ
Winkelverteilung für unpolarisiertes Licht.
𝐼𝐼𝑆𝑆 ~1 + cos 2 θ
Streuung an mehreren Molekülen
Hier muss die gegenseitige Phasenlage der durch die verschiedenen Moleküle emittierten
Streustrahlung berücksichtigt werden. Für die Streuung an gelösten Makromolekülen, die relativ
zueinander freie Bewegung ausführen können, ist der zeitliche Mittelwert der Streuintensität durch
die Summe der Streuintensitäten der Einzelmoleküle gegeben:
Streuung an verdünnten Gasen
Die Polarisierbarkeit α ist direkt
mit der Brechzahl n über die
Clausius-Mosotti-Gleichung
verknüpft
Taylorentwicklung von n nach
c ergibt Polarisierbarkeit
Streuintensität der Teilchen
(einfach oben α ersetzen!)
Beziehung zwischen
Molekülmasse (über Experiment
berechenbar) und Streuintensität
(im Experiment gemessen)
𝐼𝐼𝑆𝑆,𝐺𝐺𝐺𝐺𝐺𝐺𝐺𝐺𝐺𝐺𝐺𝐺 = � 𝐼𝐼𝑆𝑆𝑖𝑖
𝟐𝟐
𝒏𝒏 − 𝟏𝟏 = 𝟒𝟒𝝅𝝅 ∙ 𝑵𝑵 ∙ 𝜶𝜶
𝟏𝟏 𝒅𝒅𝒅𝒅 𝑴𝑴𝒓𝒓
𝜶𝜶 =
∙
∙
𝟐𝟐𝟐𝟐 𝒅𝒅𝒅𝒅 𝑵𝑵𝑨𝑨
N = Teilchenzahl pro
Volumeneinheit.
Für verdünnte Gase liegt die
Brechzahl nahe 1.
𝑐𝑐 =
𝑀𝑀𝑟𝑟 𝑁𝑁
𝑁𝑁𝐴𝐴
=
Teilchenkonzentration
𝑀𝑀𝑟𝑟 = relative Molekülmasse
𝑰𝑰𝑺𝑺
1
𝑑𝑑𝑑𝑑 2 𝑀𝑀𝑟𝑟2 16𝜋𝜋 4 1
= 2 ∙ � � ∙ 2 ∙ 2 4 ∙ (1 + cos 2 θ)
𝑰𝑰𝟎𝟎 4𝜋𝜋
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑁𝑁𝐴𝐴 𝑟𝑟 ∙ 𝜆𝜆 2
Die Änderung der Brechzahl mit der Konzentration 𝑑𝑑𝑑𝑑/𝑑𝑑𝑑𝑑 muss in
einem separaten Experiment bestimmt werden.
Bei einer Streuung am idealen Kristall resultiert für eine im Vergleich zur Lichtwellenlänge genügend
kleinen Gitter-Konstanten eine Streuintensität nur in Richtung der einfallenden Lichtwelle. Für alle
anderen Beobachtungsrichtungen existiert zu jedem Streuzentrum 𝑖𝑖 ein weiteres Streuzentrum 𝑗𝑗,
dessen emittierte Streustrahlung eine Phasenverschiebung von 180° gegenüber 𝑖𝑖 aufweist. Damit
löschen sich diese Streustrahlungen aus (destruktive Interferenz). In Richtung der einfallenden
Strahlung sind alle Streuwellen in Phase und verstärken sich (konstruktive Interferenz).
Streuung an Molekülen in Lösung
𝑛𝑛2 − 𝑛𝑛02 = 4𝜋𝜋 ∙ 𝑁𝑁 ∙ 𝛼𝛼
Für Lösungen muss die Brechzahl
n0 des Lösungsmittels in der
Clausius-Mosotti-Gleichung
berücksichtigt werden.
Umformen,
erweitern mit c
𝛼𝛼 =
𝑛𝑛+𝑛𝑛 0
4𝜋𝜋
∙
𝑛𝑛−𝑛𝑛 0
𝑐𝑐
𝑛𝑛−𝑛𝑛
𝜶𝜶 ist hier die Differenz der
Polarisierbarkeit der gelösten
Moleküle und der Polarisierbarkeit
der Lösungsmittel-Moleküle
𝑛𝑛−𝑛𝑛 0
𝑐𝑐
𝑐𝑐
ist die spezifische Änderung der Brechzahl für die
gelösten Moleküle
∙ 𝑁𝑁
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝒏𝒏
0
Für lineare Änderung gilt:
=
𝑐𝑐
𝑑𝑑𝑑𝑑
Für verdünnte Lösung gilt: 𝑛𝑛 + 𝑛𝑛0 = 2𝑛𝑛0
𝒅𝒅𝒅𝒅 𝑴𝑴
𝜶𝜶 = 𝟐𝟐𝟐𝟐𝟎𝟎 ∙ 𝒅𝒅𝒅𝒅 ∙ 𝑵𝑵 𝒓𝒓
𝑰𝑰𝑺𝑺
𝑰𝑰𝟎𝟎
Streuintensität des gelösten Teilchens:
𝑛𝑛 2
𝑨𝑨
𝑑𝑑𝑑𝑑 2
𝑀𝑀 2
16𝜋𝜋 4
1
= 4𝜋𝜋02 ∙ � 𝑑𝑑𝑑𝑑 � ∙ 𝑁𝑁 𝑟𝑟2 ∙ 𝑟𝑟 2 ∙𝜆𝜆 4 ∙ 2 (1 + cos2 θ)
𝐴𝐴
Besser: Streuintensität 𝑖𝑖𝑠𝑠 pro Volumen des streuenden Mediums. Die streuenden Teilchen sind statistisch
verteilt => Gesamtintensität pro Volumeneinheit = Summe der Beiträge einzelner Teilchen.
Rayleigh-Verhältnis enthält experimentell gegebene Größen
Für ideale Lösungen ergibt sich
𝐾𝐾∙𝑐𝑐
𝑅𝑅𝜃𝜃
Für reale Lösungen muss die
Wechselwirkung zwischen gelösten
Molekülen durch c-abhängige
Korrekturterme berücksichtigt werden
1
= 𝑀𝑀
𝑟𝑟
𝐾𝐾 =
𝑲𝑲𝑲𝑲
𝑹𝑹𝜽𝜽
=
2𝜋𝜋 2 ∙𝑛𝑛 02
𝑁𝑁𝐴𝐴 ∙𝜆𝜆 4
𝟏𝟏
𝑴𝑴𝒓𝒓
𝒊𝒊
𝒓𝒓𝟐𝟐
𝑹𝑹𝜽𝜽 = 𝑰𝑰𝒔𝒔 ∙ 𝟏𝟏+𝐜𝐜𝐜𝐜𝐜𝐜𝟐𝟐 𝜽𝜽
𝑑𝑑𝑑𝑑 2
∙ � 𝑑𝑑𝑑𝑑 �
+ 𝟐𝟐𝟐𝟐𝟐𝟐 + ⋯
𝟎𝟎
Der zweite Viralkoeffizient
B ist Maß für Stärke der
WW.
𝐾𝐾𝐾𝐾
Die Messung von 𝑅𝑅 in Abhängigkeit von 𝑐𝑐 erfolgt bei
𝜃𝜃
konstantem Streuwinkel 𝜃𝜃. Die Extrapolation der Messkurve
für 𝑐𝑐 → 0 liefert aus dem Ordinaten-Schnittpunkt die
Molekülmasse der streuenden Teilchen. Die Steigung der
Kurve bei kleinen Konzentrationen ergibt den VirialKoeffizienten 𝑩𝑩.
Streuung an größeren Molekülen
Bei größeren Molekülen ist die elektrische Feldstärke der einfallenden Strahlung nicht mehr im
gesamten Molekül konstant. Es kann demnach kein punktförmiger Dipol betrachtet werden, da die
Ladungen des Moleküls in verschiedenen Teilen des Moleküls mit unterschiedlicher Phase zur
Oszillation angeregt werden. Es resultieren induzierte Dipole innerhalb eines Moleküls, die
phasenverschoben oszillieren.
Die Streuzentren innerhalb eines Moleküls sind in ihrer Anordnung weitgehend fixiert und daher
keine unabhängigen Streuer. Die Streustrahlungen des Moleküls interferieren und löschen sich je
nach Molekülgeometrie und Streurichtung mehr oder weniger aus. Das unterschiedliche
Streuverhalten aufgrund von Interferenzeffekten zwischen Streuzentren kann durch die 𝑃𝑃(𝜃𝜃) ≤ 1
Funktion beschrieben werden. Sie entspricht dem Verhältnis zwischen der Streuintensität des
realen Makromoleküls und des punktförmig angenommenen Makromoleküls für einen gegebenen
Winkel 𝜃𝜃. 𝑅𝑅𝐺𝐺 ist der Gyrationsradius der streuenden Moleküle (mittlerer Abstand der einzelnen
Massenpunkte vom Massenschwerpunkt des Moleküls).
𝑃𝑃(𝜃𝜃) = 1 −
16𝜋𝜋 2 ∙ 𝑅𝑅𝐺𝐺2
𝜃𝜃
∙ sin2
2
3𝜆𝜆
2
Damit ergibt sich für die Lichtstreuung an realen Lösungen:
𝐾𝐾𝑐𝑐
1
1
=
∙ � + 2𝐵𝐵𝐵𝐵�
𝑅𝑅𝜃𝜃 𝑃𝑃(𝜃𝜃) 𝑀𝑀𝑟𝑟
Die Streuintensität ist hier abhängig vom Winkel 𝜽𝜽, unter dem die Streustrahlung gemessen wird.
•
•
Grenzfall: Rayleigh Streuung für 𝑷𝑷(𝜽𝜽) ≈ 𝟏𝟏. Erfüllt für
kleine Streuwinkel (𝜃𝜃 → 0), große Wellenlängen (𝜆𝜆 ≫ 𝑅𝑅𝐺𝐺 ),
kleine Teilchen (𝑅𝑅𝐺𝐺 → 0).
Ist 𝑷𝑷(𝜽𝜽) ≪ 𝟏𝟏, ermöglicht die Winkel-Abhängigkeit der
Streustrahlung die Bestimmung des Gyrationsradius.
𝐾𝐾𝐾𝐾
=
𝑅𝑅𝜃𝜃
1
1
1
16𝜋𝜋 2 ∙ 𝑅𝑅𝐺𝐺2
𝜃𝜃
∙
�
+
2𝐵𝐵𝐵𝐵�
=
+
∙ sin2 � ∙ � + 2𝐵𝐵𝐵𝐵�
�1
2
2
2
𝑀𝑀𝑟𝑟
3𝜆𝜆
2
16𝜋𝜋 ∙ 𝑅𝑅𝐺𝐺
𝜃𝜃 𝑀𝑀𝑟𝑟
∙ sin2
1−
2
2
3𝜆𝜆
Im Gegensatz zur Lichtstreuung an einer realen Lösung kleiner Teilchen zeigt eine reale
makromolekulare Lösung eine Abhängigkeit der Streuintensität von 𝒄𝒄 und dem Streuwinkel.
In einem Streuungs-Experiment muss daher die Streuintensität 𝒊𝒊𝒔𝒔 und damit das Rayleigh-Verhältnis
𝑹𝑹𝜽𝜽 für verschiedene Streuwinkel und Konzentrationen bestimmt werden. Daraus können
Molekülmasse, Gyrationsradius und Virialkoeffizient der streuenden Moleküle erhalten werden.
Die Molekülmasse wird über Extrapolation von
𝐾𝐾𝐾𝐾
𝑅𝑅𝜃𝜃
für 𝑐𝑐 → 0 und 𝜃𝜃 → 0 erhalten.
1
𝐾𝐾𝐾𝐾
=
⁡
c→0 𝑅𝑅𝜃𝜃
𝑀𝑀𝑟𝑟
lim
𝜃𝜃→0
Für diese Extropolation eignet sich die Auftragung in einem Zimm-Diagramm. Hier ist
𝜃𝜃
𝐾𝐾𝐾𝐾
𝑅𝑅𝜃𝜃
gegen
sin2 2 + 𝑚𝑚𝑚𝑚 aufgetragen, wobei 𝑚𝑚 eine beliebige Konstante ist, die einen vernünftigen Maßstab auf
der Abszisse liefert. Jede Messung von 𝑅𝑅𝜃𝜃 bei einem bestimmten Streuwinkel und einer bestimmten
Konzentration ergibt einen Messpunkt im Zimm-Digramm.
•
•
Ist die Konzentration konstant, so liegen die Messpunkte für verschiedene Streuwinkel auf
der Kurve A. Der untere Endpunkt der Kurve für 𝜃𝜃 = 0° hat den x-Wert 𝑚𝑚𝑚𝑚.
Für unterschiedliche Konzentrationen bei konstantem Winkel ergeben sich (fast) senkrecht
zu A verlaufende Kurven B. Die Endpunkte aller Kurven (𝜃𝜃 = 0°) bilden eine Gerade mit der
Geradengleichung:
1
𝐾𝐾𝐾𝐾
|𝜃𝜃 =0° =
+ 2𝐵𝐵𝐵𝐵
𝑀𝑀𝑟𝑟
𝑅𝑅𝜃𝜃
Der y-Achsen-Schnittpunkt dieser Geraden (𝑐𝑐 = 0, 𝜃𝜃 = 0°) liefert die Molekülmasse, ihre Steigung
den zweiten Virialkoeffizienten.
𝜃𝜃
Der linke Endpunkt der Kurven B entspricht sin2 2 . Die Endpunkte aller Kurven liegen wieder auf
einer Gerade mit der Geradengleichung
𝐾𝐾𝐾𝐾
16𝜋𝜋 2 ∙ 𝑅𝑅𝐺𝐺2
1
𝜃𝜃
|𝑐𝑐=0 =
∙ sin2 �
�1 +
2
𝑅𝑅𝜃𝜃
3𝜆𝜆
𝑀𝑀𝑟𝑟
2
Der y-Achsen-Schnittpunkt liefert ebenfalls die Molekülmasse (gemeinsamer Schnittpunkt!), die
Steigung liefert den Gyrationsradius. Zur Ableitung der Teilchendimensionen aus dem
Gyrationsradius muss die Form (Kugel, Stab…) der Moleküle bekannt sein.
Messtechnik
Als Lichtquelle dient meist ein Laser, dessen monochromatische Strahlung über ein optisches System
auf die Streuzelle fokussiert wird. Die emittierte Streustrahlung wird mit einem Photomultiplier
registriert. Dieser ist auf einem drehbaren Arm montiert, sodass Messungen bei unterschiedlichen
Streuwinkeln möglich sind. Die Streuung des Lösungmsittels muss getrennt gemessen und von der
Streuung der Lösung abgezogen werden.
Quasi-elastische Streuung
Elastische Streuung liefert Intensität, Konzentrations- und Winkelabhängigkeit der Streuung. Quasielastische Streuung ermöglicht die Analyse der Frequenz der Streustrahlung als weitere
Informationsquelle.
Die spektrale Verteilung des Streulichts hat eine wesentlich
höhere Halbwertsbreite (~10kHz) als die des Primärlichts. Die
Ursache der Verbreiterung ist die thermische molekulare
Bewegung der streuenden Partikel. Die Frequenz der emittierten
Streustrahlung wird geringfügig von der Frequenz des
eingestrahlten Lichts abweichen; Grund ist der Dopplereffekt
aufgrund der thermischen Bewegung (Translation und Rotation).
Rein elastische Streuung tritt also so gut wie gar nicht auf!
Der Dopplereffekt beschreibt die Änderung der
emittierten Wellenlänge aufgrund der Bewegung von
Teilchen. In Bewegungsrichtung wird sie kleiner,
entgegengesetzt der Bewegungsrichtung wird sie
größer. Da sich Teilchen zufällig in alle Richtungen
bewegen, resultiert eine Linienverbreiterung.
Ein Molekül benötigt die Zeit t, um die Strecke x zurückzulegen. Es gilt 𝑡𝑡~𝑥𝑥 2 /𝐷𝐷
(𝐷𝐷=Diffusionskoeffizient).
Die spektrale Verteilung des Streulichts hat
die Form einer Lorentz-Kurve:
q = Streuvektor
Halbwertsbreite der
Lorentzkruve:
Für kugelförmige Teilchen ist D
über Stokes-Einstein-Relation
gegeben:
|𝑞𝑞| =
Δ𝑣𝑣 =
4𝜋𝜋
𝜆𝜆
𝐷𝐷𝑞𝑞 2
2𝜋𝜋
𝑘𝑘𝑘𝑘
𝜃𝜃
sin 2
𝐷𝐷 = 6𝜋𝜋𝜋𝜋𝜋𝜋
𝐼𝐼(𝑣𝑣) =
𝐷𝐷𝑞𝑞 2
2𝜋𝜋
∙
1
2
𝐷𝐷 𝑞𝑞 2
(𝑣𝑣−𝑣𝑣0 )2 +�
�
2𝜋𝜋
Aus der HWB lässt sich direkt der
Diffusionskoeffizient ermitteln.
Bei bekannter Viskosität der Lösung kann der
hydrodynamische Radius der Teilchen bestimmt
werden.
Anwendungsbeispiele
Amphipatische Moleküle wie Seifen neigen in Lösung zur Aggregat-Bildung. Die Micellen-Bildung
erfolgt bei Überschreiten eines kritischen Wertes der Teilchen-Konzentration (cmc). Die sprunghafte
Zunahme der Streuintensität bei der Ausbildung von Micellen (Streuung der monomeren Einheiten
sehr gering) ermöglicht die Bestimmung der kritischen Micellen-Bildungskonzzentration mit der
Methode der elastischen Lichtstreuung. Gleichzeitig lässt sich die Masse der Micellen bestimmen.
Raman-Spektroskopie
Die Raman-Spektroskopie ist eine Streumethode (nichtresonante Wechselwirkung zwischen Licht
und Materie), die auf der inelastischen Streuung basiert. Die Streustrahlung enthält damit, zusätzlich
zu dem einfallenden Licht, Frequenz-verschobene Banden (Raman-Spektrum).
Die Frequenz-Verschiebung liegt im Energiebereich
der Vibrations- und Rotationsübergänge. Die
eingestrahlten Photonen können dabei die
entsprechende Energie dem Molekül entziehen
(Herabsetzung des Energieniveaus) oder sie dem
Molekül zuführen (Anregung in höheres
Energieniveau). Aus der Frequenz-Verschiebung der
Raman-Linien in Bezug zur Frequenz des
eingestrahlten Lichts resultieren direkt die
Frequenzen der Molekülschwingungen. Die RamanSpektroskopie deckt wie die IR-Spektroskopie den
Bereich zwischen 150 und 4000 𝑐𝑐𝑚𝑚−1 ab und liefert
vergleichbare Information.
Physikalische Grundlagen
Der Raman-Effekt lässt sich anhand der Polarisierbarkeit 𝛼𝛼 eines Moleküls beschreiben. In einem
statischen E-Feld wirkt auf die positiven Kerne und die negativen Elektronen eine Kraft. Diese
versucht die Ladungszentren zu trennen, wodurch ein induziertes elektrisches Dipolmoment
resultiert und das Molekül polarisiert wird. Die Größe des induzierten Dipols 𝝁𝝁 = 𝜶𝜶𝜶𝜶 ist von der
Feldstärke E abhängig. Da das elektrische Feld der EM-Strahlung mit der Frequenz 𝑣𝑣0 und der
Maximalamplitude 𝐸𝐸0 zeitabhängig am Ort des Moleküls oszilliert, wird auch das induzierte
Dipolmoment zeitabhängig:
𝐸𝐸 = 𝐸𝐸0 cos 2𝜋𝜋𝑣𝑣𝑜𝑜 𝑡𝑡 → 𝜇𝜇(𝑡𝑡) = 𝛼𝛼𝐸𝐸0 cos 2𝜋𝜋𝑣𝑣𝑜𝑜 𝑡𝑡
Aufgrund der Molekülschwingungen kommt es zur Zeitabhängigkeit der Polarisierbarkeit α. Ändern
die Kerne ihre Lage, so folgen die Elektronen dieser Bewegung. Die Fähigkeit Elektronen durch ein
äußeres Feld zu verschieben (= Polarisierbarkeit), ist demnach vom Kern-Kern-Abstand abhängig.
Damit wird die Polarisierbarkeit durch die Frequenz der Molekülschwingung 𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣 moduliert:
𝛼𝛼(𝑡𝑡) = 𝛼𝛼0 + 𝛼𝛼𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣 cos 2𝜋𝜋𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣 𝑡𝑡
𝛼𝛼0 ist Polarisierbarkeit des Moleküls in Gleichgewichtslage der Kerne und 𝛼𝛼𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣 die Änderung der
Polarisierbarkeit mit der Kernbewegung.
Polarisierbarkeit zeitlich konstant
Polarisierbarkeit moduliert mit der Zeit => Schwebung
(Molekülschwingung langsamer als Oszillation des E-Feldes =>
Molekülschwingung ist überlagert)
Das Resultat ist eine Schwebung (Überlagerung einer Grundfrequenz mit einer dazu verschobenen
Frequenz => Schwebungsfrequenz ist die Differenz der beiden Schwingungsfrequenzen). Damit sollte
das gestreute Licht gegenüber dem Anregungslicht eine verschobene Frequenzkomponente
enthalten. Neben der Frequenz der elastischen Streuung (Rayleigh-Bande) müssen demnach zu
niedrigeren oder höheren Frequenzen verschobene Raman-Banden auftreten. Die Zahl der Banden
ist von der Zahl der Molekülschwingungen abhängig.
•
•
Die zu niedrigeren Frequenzen verschobenen Banden heißen Stokes-Banden (Energie wurde
von Photonen abgegeben, „Absorptionsbanden“).
Die zu höheren Frequenzen verschobenen heißen Anti-Stokes (Energie wurde von Photonen
aufgenommen, „Emissionsbanden“).
Mathematisch lassen sich die Gleichungen für 𝝁𝝁(𝒕𝒕) und 𝜶𝜶(𝒕𝒕) kombinieren und über die
1
2
geometrische Identität cos 𝑎𝑎 ∙ cos 𝑏𝑏 = (cos(𝑎𝑎 + 𝑏𝑏) + cos(𝑎𝑎 − 𝑏𝑏)) umformen. Die resultierende
Gleichung für 𝜇𝜇(𝑡𝑡) zeigt, dass der oszillierende Dipol drei Frequenzkomponenten aufweist: die des
eingestrahlten Lichts 𝒗𝒗𝟎𝟎 sowie Komponenten bei 𝒗𝒗𝟎𝟎 ± 𝒗𝒗𝒗𝒗𝒗𝒗𝒗𝒗 . Das Streulicht enthält die Frequenzen
der Molekülschwingungen.
1
1
𝜇𝜇(𝑡𝑡) = 𝛼𝛼0 𝐸𝐸0 ∙ cos[2𝜋𝜋𝑣𝑣𝑜𝑜 𝑡𝑡] + 𝛼𝛼𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣 𝐸𝐸0 ∙ cos[2𝜋𝜋(𝑣𝑣0 + 𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣 )𝑡𝑡] + 𝛼𝛼𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣 𝐸𝐸0 ∙ cos[2𝜋𝜋(𝑣𝑣0 − 𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣 )𝑡𝑡]
2
2
Schwingungen sind nur dann Raman-aktiv, wenn sich die Polarisierbarkeit während der Schwingung
ändert, also 𝜶𝜶𝒗𝒗𝒗𝒗𝒗𝒗 ≠ 𝟎𝟎 ist. Ansonsten würde nur die eingestrahlte Frequenz sichtbar sein.
Raman-Effekt als 2-Photonen Prozess
Ein Modell zur Vorstellung des Raman-Effektes ist die Annahme eines
2-Photonen-Prozesses. Dabei kann das Molekül Photonen-Energie vom
Schwingungsgrundzustand sowie vom angeregten Schwingungszustand
aufnehmen (Absorption) und nach Emission wieder in einer der beiden
Zustände landen. Dabei liegt das Molekül in einem höheren, aber
virtuellen Anregungszustand vor, der nicht unbedingt einem
elektronischen Übergang entsprechen muss. Nach ~10−11 𝑠𝑠 wird dieser
Zwischenzustand wieder verlassen.
•
•
Absorption vom angeregten Niveau, Emission in den Grundzustand => Antistokes
(Energiegewinn des Photons, Blauverschiebung).
Absorption vom Grundzustand, Emission in das angeregte Niveau => Stokes (Energieverlust
des Photons, Rotverschiebung).
Da das Anregungsniveau für die Stokes-Bande energetisch niedriger liegt (höhere Besetzung) sind
Stokes-Übergänge wahrscheinlicher und im Raman-Spektrum intensiver.
Resonanz-Raman-Spektroskopie
Wenn die Frequenz des eingestrahlten Lichts im Bereich einer
Absorptionsbande liegt, treten im Streulicht ebenfalls Raman-Banden auf.
Die Raman-Streuung nach Anregung im Bereich der Absorptionsbande eines
Chromophors ist eine direkte Emission im Bereich von 𝟏𝟏𝟏𝟏−𝟏𝟏𝟏𝟏 𝒔𝒔 (nicht zu
verwechseln mit Fluoreszenz: 𝟏𝟏𝟏𝟏−𝟖𝟖 𝒔𝒔 existiert hier der angeregte Zustand).
Auftretende Fluoreszenz erschwert die Aufnahme eines Raman-Spektrums
erheblich. Eine Unterscheidung zwischen Raman- und Fluoreszenz-Banden
kann aufgrund des Zeitunterschieds oder der Frequenzabhängigkeit
erfolgen: Fluoreszenz tritt unabhängig von der Anregungswellenlänge immer
an derselben Stelle im Spektrum auf. Raman-Banden haben einen
definierten Frequenzunterschied zur Rayleigh-Bande und verschieben sich
daher im Frequenzspektrum mit der Anregungsfrequenz.
Auswahlregeln
Es ist von der Art der Schwingung abhängig, ob diese nur IR-aktiv, nur Raman-aktiv oder beides ist.
•
•
IR: Änderung des Dipolmomentes während der Schwingung.
Raman: Änderung der Polarisierbarkeit während der Schwingung (Deformierbarkeit der
Elektronenwolke muss sich ändern).
Die Änderung von α und 𝝁𝝁 kann entlang der Normalkoordinate Q (Abweichung vom
Gleichgewichtsabstand) betrachtet werden. Negative Werte für Q repräsentieren eine Stauchung,
positive Werte eine Streckung des Kern-Kern-Abstandes im Vergleich zum Gleichgewichtsabstand.
Die Entscheidung über Raman- und IR-Aktivität erfolgt über die erste Ableitung von α und 𝝁𝝁 nach Q
an der Gleichgewichtsposition 𝑸𝑸 = 𝟎𝟎 (dieser Wert entspricht der zuvor verwendeten Größe 𝛼𝛼𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣 ).
U
•
•
Haben 𝛼𝛼(𝑄𝑄) bzw. 𝜇𝜇(𝑄𝑄) bei 𝑄𝑄 = 0 eine Steigung, ist die Schwingung Raman- bzw. IR-aktiv.
Resultiert eine Horizontale Tangente, dann sind die Schwingungen inaktiv.
Die symmetrische Streckschwingung eines linearen Moleküls A-B-A ist Raman-aktiv. Die
Deformierbarkeit der Elektronenwolke ist in der gestauchten Form verschieden von der der
gestreckten Form. Das Dipolmoment ändert sich jedoch nicht bei dieser Schwingung, sodass sie
IR-inaktiv ist.
Bei der asymmetrischen Streckschwingung eines linearen Moleküls A-B-A ist die Situation gerade
umgekehrt. Die Polarisierbarkeit ist in gestauchter und gestreckter Form gleich und durchläuft in der
Gleichgewichtslage ein Minimum, weshalb die Schwingung Raman-inaktiv ist. Die
Dipolmomentänderung ist jedoch gegeben, weshalb die Schwingung IR-aktiv ist.
Eine symmetrische Streckschwingung eines nicht-linearen Moleküls A-B-A ist Raman- und IR-aktiv.
Bei der Betrachtung der Änderung des Dipolmoments auf Ladungsschwerpunkt achten. Bei der
Betrachtung der Änderung der Polarisierbarkeit auf Länge/Winkel der Bindungen achten.
Die Änderung der Polarisierbarkeit und des Dipolmoments ist nicht auf eine Ebene beschränkt,
sondern kann in drei Raumrichtungen verschieden sein. Die Polarisierbarkeit muss daher korrekt
durch einen Tensor mit neun Elementen wiedergegeben werden. Eine Schwingung ist dann Ramanaktiv, wenn die Ableitung mindestens einer Komponente des Tensors nach Q an der GG-Position
ungleich null ist.
Dies bedeutet, dass die Raman-Spektroskopie auch Aussagen über Molekül-Symmetrie, -Orientierung
und –Struktur liefert. Nichtaktive Schwingungen können durch Kopplung mit anderen Schwingungen
aktiv werden, wenn dadurch höhere als die erste Ableitung ungleich null werden.
Messtechnik
Als Lichtquelle dienen Edelgas gefüllte Laser-Röhren (Argon-Ionen-Laser, Helium-Neon-Laser) oder
Stickstoff-Laser. Sie emittieren definierte Linien im UV/VIS-Bereich des Lichts. Hohe Frequenzen
(kleine Wellenlängen => UV) werden bevorzugt, da die Intensität des Streulichts mit 𝒗𝒗𝟒𝟒 steigt (also
lieber 488 nm Linie des Argon-Lasers als die 632,8nm Linie des He-Ne-Lasers; Intensitätsfaktor: 2,8). Für ResonanzRaman-Untersuchungen wird ein durchstimmbarer, also in der Lichtfrequenz variabler FarbstoffLaser verwendet.
Das Laser-Licht durchstrahlt die Probe, wonach das Streulicht in einem Winkel von 90° zur
Einstrahlrichtung „aufgefangen“ und auf das Gitter eines Monochromators umgelenkt wird. Hier
erfolgt die spektrale Zerlegung der Streustrahlung. Der Monochromator muss die RayleighStreuung, die um einen Faktor 𝟏𝟏𝟏𝟏𝟓𝟓 größer ist, von den Raman-Banden trennen und ist maßgeblich
für die Auflösung des Spektrums verantwortlich. Daher werden Doppel- oder
Dreifachmonochromatoren verwendet. Ein Doppelmonochromator schafft im Abstand von 50𝑐𝑐𝑚𝑚−1
vom Maximum der Rayleigh-Bande eine Intensitäts-Minderung der Rayleigh-Bande um einen Faktor
1010 . Dreifachmonochromatoren ermöglichen Aufnahmen von Raman-Banden bis zu einem Abstand
von 10𝑐𝑐𝑚𝑚−1 von der Rayleigh-Bande. Dies ist allerdings nur dann interessant, wenn Rotationsniveaus
betrachtet werden sollen, da Vibrationsniveaus ohnehin einen größeren Abstand zur Rayleigh-Bande
aufweisen.
Die Weglängen zwischen Spiegel und Gitter liegen im Bereich von 1m und bestimmen die Dimension
des Spektrometers.
Das Spektrum wird mithilfe eines Photomultipliers über die
„Photon counting“-Technik berechnet. Dabei löst jedes auf
den Detektor fallende Photon einen Impuls aus, der als
Signal in einem Vielkanalanalysator gespeichert wird. Aus
dem Inhalt der Kanäle ergibt sich das Raman-Spektrum. Die
aufsummierte und gemittelte Streuintensität wird als
Funktion der Wellenzahl, also dem Abstand vom Maximum
der Rayleigh-Bande in 𝒄𝒄𝒎𝒎−𝟏𝟏 aufgezeichnet. Das RamanSpektrum sieht dann genauso aus wie das IR-Spektrum,
mit Ausnahme der Signalintensitäten. Diese hängen im IR
und Raman-Spektrum von dem Ausmaß der Änderung des
Dipolmoments bzw. der Polarisierbarkeit mit der Zeit ab.
Anwendungsbeispiele
Aus der Intensität und Breite der Raman-Banden können inter- und intramolekulare
Wechselwirkungen abgeleitet werden – genau wie bei der IR-Spektroskopie. Spezifische
Frequenzverschiebungen erlauben Aussagen über Konformationsänderungen oder z.B. die
Ausbildung von H-Brücken.
Raman-Spektren von Proteinen
Schwingungen des Peptid-Gerüsts und der Seitengruppen der AS können empirisch durch Vergleich
zugeordnet werden. Im gezeigten Spektrum sieht man einen Teil der Rayleigh-Bande ganz rechts bei
niedrigen Frequenzen.
Neben den Amid-Banden können insbesondere die Aromaten-Schwingungen gut aufgelöst werden.
Über die Verschiebung der Amid-I-Bande von 1650𝑐𝑐𝑚𝑚−1 (α-Helix) zu 1665𝑐𝑐𝑚𝑚−1 (β-Faltblatt) lassen
sich wie bei der IR-Spektroskopie Konformationsänderungen beobachten.
Phasenumwandlungen in Lipiden
Das Spektrum der Lipid-Membranen ist hauptsächlich durch die Schwingungen des CH-Bereichs
gekennzeichnet. Man unterscheidet die Bereiche „akustische Schwingungen“, „optische
Schwingungen“ und den Bereich der CH-Schwingungen.
„akustische Schwingungen“ (LAM, longitudinal acoustic modes) sind die Zieharmonika-ähnlichen
longitudinalen Schwingungen der gesamten CH2-Kette. Der Bereich dieser Schwingungen liegt sehr
eng an der Rayleigh-Bande (100-300𝒄𝒄𝒎𝒎−𝟏𝟏 ). Die Frequenz der Schwingung nimmt mit steigender
Kettenlänge ab, sodass aus der Frequenz eine Aussage über die Länge eines schwingenden
Kettenbereichs und damit über Wechselwirkungen z.B. mit Proteinen gemacht werden kann.
„optische Schwingungen“ (SOM, sceletal optical modes) liegen im
Bereich um 1100 𝒄𝒄𝒎𝒎−𝟏𝟏 . Deutlich sichtbar sind drei Banden, die
typisch für C-C-Streckschwingungen in trans-Konformation sind. Die
mittlere überdeckt eine Raman-Bande, die charakteristisch für C-CSchwingungen in gauche-Konformationen ist. Beim Durchlaufen der
Phasenumwandlung von kristallin zu flüssigkristallin nimmt die
gauche-Konformation stark zu, weshalb das Verhältnis der Banden
ebenfalls zunehmen muss.
CH-Streckschwingungen liegen zwischen 2800 und 3000 𝒄𝒄𝒎𝒎−𝟏𝟏 und
liefern Informationen über die Kettenpackungsdichte. Sie können
auch zur Charkaterisierung von Lipid-Phasen herangezogen werden.
Die geringe Streuintensität des Wassers erlaubt eine im Vergleich zur IR-Absorption problemlose
Messung von Raman-Spektren.
Resonanz-Raman-Spektroskopie
Raman-Streuung im Bereich einer Absorptionslinie zeigt eine um einige Größenordnungen
verstärkte Streuintensität. Nichtresonante Streubanden erscheinen wegen der fehlenden
Verstärkung durch die Absorption nur im Untergrund des resonanten Spektrums. So können in
ganzen biologischen Materialen (z.B. Karotte) definierte Bereiche um einen Chromophor (hier:
β-Carotin) untersucht werden.
Untersuchungen an z.B. Häm-Proteinen erlauben Aussagen über die Schwingungsstruktur des
Prophyrin-Ringes und damit über konformative Änderungen z.B. bei der Oxygenierung oder bei der
Anlagerung anderer Liganden.
Es kann spezifisch die Konformation und die Wechselwirkung vieler Metallproteine oder anderer
Chromophore untersucht werden.
Röntgen- und Neutronen-Beugung
Strahlung wird beim Auftreffen auf Moleküle teilweise oder vollständig elastisch gestreut. Bei der
Streuung an einem Kristall resultiert nur in Richtung der einfallenden Strahlung eine beobachtbare
Streulicht-Intensität, da für alle anderen Winkel destruktive Interferenz resultiert.
Ist dagegen die Wellenlänge der einfallenden Strahlung von gleicher Größenordnung wie die
Gitterkonstante des Kristalls, beobachtet man ein oder mehrere gebeugte Strahlenbündel, deren
Richtung von der Einfallsrichtung abweicht. Dies trifft für den Bereich der Röntgenstrahlung, aber
auch für Elektronen und thermische Neutronen zu. Diese Sonden unterscheiden sich in ihrer
Wechselwirkung mit Materie: Röntgenstrahlen werden an Elektronen gestreut, Neutronen an den
Atomkernen und Elektronen am elektrostatischen Potential der Elektronen.
Kristallographische Grundbegriffe
Bravis-Gitter
Der Begriff Kristallstruktur bezeichnet die periodische Anordnung der Atome oder Moleküle in
Festkörpern. Das Bravis-Gitter ist ein Konzept, das die relevante Periode des Kristalls durch eine
periodische Anordnung von Punkten beschreibt. Es existieren zwei äquivalente Definitionen für das
Bravis-Gitter:
•
•
Ein Bravis-Gitter ist eine unendliche Anordnung von Punkten und alle diese Punkte sind
äquivalent in dem Sinne, dass von jedem Punkt ausgesehen diese Anordnung vollkommen
identisch aussieht.
Ein dreidimensionales Bravis-Gitter besteht aus allen Punkten, deren Ortsvektoren R in der
Form 𝑅𝑅�⃗ = 𝑛𝑛1 𝑎𝑎⃗1 + 𝑛𝑛2 𝑎𝑎⃗2 + 𝑛𝑛3 𝑎𝑎⃗3 geschrieben werden können. Die Vektoren 𝑎𝑎⃗𝑖𝑖 heißen
primitive Vektoren. Sie können in drei Dimensionen nicht alle gleichzeitig in einer Ebene
liegen. Die Koeffizienten 𝑛𝑛𝑖𝑖 sind ganze Zahlen.
Die Abbildung zeigt ein zweidimensionales BravisGitter. Es wurden Ursprung 0 und die zwei Punkte A
und B definiert, die über eine Linearkombination der
primitiven Vektoren ausgedrückt werden können:
𝑅𝑅�⃗𝐴𝐴 = 3𝑎𝑎⃗1 + 𝑎𝑎⃗2
𝑅𝑅�⃗𝐵𝐵 = 𝑎𝑎⃗1 − 𝑎𝑎⃗2
Wichtige dreidimensionale Gittertypen sind z.B. das einfache kubische Gitter (sc, Würfel mit acht
Atomen an den Ecken), das kubisch raumzentrierte Gitter (bcc, einfaches kubisches Gitter mit einem
Atom in der Mitte) und das kubisch flächenzentrierte Gitter (fcc, einfaches kubisches Gitter mit
einem Atom in der Mitte einer jeden Würfelfläche). Das einfache kubische Gitter kann mit den drei
primitiven Vektoren 𝑎𝑎⃗1 = (𝑎𝑎, 0,0), 𝑎𝑎⃗2 = (0, 𝑎𝑎, 0), 𝑎𝑎⃗3 = (0,0, 𝑎𝑎) dargestellt werden.
Die Abbildung zeigt das kubisch raumzentrierte Gitter. Mit den
Vektoren für das einfache kubische Gitter können die Atome in
der Mitte nicht erreicht werden, weshalb hier als primitive
Vektoren folgende verwendet werden:
𝑎𝑎⃗1 =
𝑎𝑎
(−1,1,1),
2
𝑎𝑎⃗2 =
𝑎𝑎
(1, −1,1),
2
𝑎𝑎⃗3 =
𝑎𝑎
(1,1, −1)
2
In einem Bravis-Gitter hat jeder Punkt bzw. jedes Atom die gleiche Anzahl direkter Nachbarn. Sie ist
definiert durch die Koordinationszahl. Für die drei angesprochenen Gittertypen ist die
Koordinationszahl 6 (sc), 8 (bcc) bzw. 12 (fcc).
Insgesamt gibt es im dreidimensionalen Raum 14 verschiedene Bravis-Gitter inklusive den sich
daraus ergebenenden Einheitszellen. Sie lassen sich in sieben Kristallsysteme klassifizieren (kubisch,
hexagonal, trigonal, tetragonal, orthorhombisch, monoklin, triklin).
Die Einheitszelle
Jedem Bravis-Gitter ist eine Einheitszelle zuzuordnen, wobei man vier Arten von Einheitszellen
unterscheidet. Es handelt sich um das kleinste Volumen im Raum, das durch Translation durch den
Vektor 𝑅𝑅�⃗ den ganzen Raum ausfüllt. Die Einheitszelle definiert damit den Kristall.
Warum benutzen wir dann Bravis-Gitter? Der Vorteil der Bravaisgitter ist, dass sie die jeweils
größtmögliche Symmetrie unmittelbar erkennen lassen.
Einheitszellen sind Parallelepipede, welche jeweils einen Gitterpunkt pro Ecke aufweisen. Sie werden
von zwei bzw. drei Gittervektoren (2D bzw. 3D) aufgespannt. Zu ihrer Beschreibung gibt man die
Längen der Kantenvektoren und die Winkel zwischen ihnen an. Zwecks Eindeutigkeit werden an die
EZ drei Bedingungen gestellt: möglichst kleines Volumen, möglichst kurze Kanten (Gittervektoren)
und Winkel nahe 90°.
Kristall = Gitter + Basis
Betrachtet man in einer Kristallstruktur nur die translatorisch äquivalenten Punkte (Atome), bilden
diese das zu der Struktur gehörende Raumgitter (Translationsgitter). Es wird durch drei
Gitterverktoren charakterisiert, die im Sinne der analytischen Geometrie eine Basis darstellen.
Die Kristallstruktur wird durch das Bravis-Gitter und der Basis definiert. Unter der Basis versteht man
eine Anordnung von Atomen bzw. Punkten, die durch die zulässigen Translationen des Bravis-Gitters
die Kristallstruktur wiedergeben. Die Basis ist die Struktureinheit des Kristalls. Das Bravis-Gitter
definiert die Vorschrift für die Aneinanderreihung der Basis-Vektoren, was zum Raumgitter führt. Im
Bravis-Gitter sind 𝑎𝑎⃗𝑖𝑖 die Basis-Vektoren.
Gitterebenen / Netzebenen
Unter der Gitterebene versteht man eine Ebene, die mindestens drei nicht kolineare (= nicht auf
einer Linie liegende) Gitterpunkte beinhaltet. Durch eine Parallelverschiebung einer solchen Ebene in
einem bestimmten Abstand d baut sich das Kristallgitter auf. Unter einer Familie von Gitterebenen
versteht man eine Menge solcher paralleler Gitterebenen, die alle den gleichen Abstand voneinander
haben und zusammen sämtliche Gitterpunkte des Bravis-Gitters enthalten.
Reziprokes Gitter
Das Bravis-Gitter ist die Menge aller Gitterpunkte, deren Ortsvektoren in der Form
𝑅𝑅�⃗ = 𝑛𝑛1 𝑎𝑎⃗1 + 𝑛𝑛2 𝑎𝑎⃗2 + 𝑛𝑛3 𝑎𝑎⃗3 (Gittervektor) dargestellt werden können. Diese Ortsvektoren liegen im
Ortsraum (auch direkter Raum genannt). Sie definieren das Raumgitter (auch direkte Gitter oder
Kristallgitter genannt).
Gitterpunkte im reziproken Gitter erfüllen die Gleichung 𝐺𝐺⃗ = ℎ𝑏𝑏�⃗1 + 𝑘𝑘𝑏𝑏�⃗2 + 𝑙𝑙𝑏𝑏�⃗3 (reziproker
Gittervektor). Sie liegen im Phasenraum (auch k-Raum genannt).
Ortsraum und Phasenraum stehen über die Gleichung 𝑒𝑒 𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖 = 1 in Verbindung. Daraus ergibt sich
direkt die Bedingung 𝐺𝐺𝐺𝐺 = 2𝜋𝜋𝜋𝜋 mit 𝑁𝑁 ∈ ℤ.
Die primitiven Vektoren des reziproken Gitters berechnen sich über eine einfache
Transformationsvorschrift aus den primitiven Vektoren des Bravis-Gitters. Im Nenner steht jeweils
das Volumen, das die Basis-Vektoren aufspannen: 𝑉𝑉 = 𝑎𝑎⃗1 (𝑎𝑎⃗2 × 𝑎𝑎⃗3 ).
𝑏𝑏�⃗1 = 2𝜋𝜋 ∙
𝑎𝑎⃗2 × 𝑎𝑎⃗3
,
𝑉𝑉
𝑏𝑏�⃗2 = 2𝜋𝜋 ∙
𝑎𝑎⃗3 × 𝑎𝑎⃗1
,
𝑉𝑉
𝑏𝑏�⃗3 = 2𝜋𝜋 ∙
𝑎𝑎⃗1 × 𝑎𝑎⃗2
𝑉𝑉
Es ergibt sich für die Gittervektoren ein einfacher Zusammenhang: Es gilt 𝑏𝑏𝑖𝑖 𝑎𝑎𝑗𝑗 = 2𝜋𝜋𝛿𝛿𝑖𝑖𝑖𝑖 = �
2𝜋𝜋
0
𝑖𝑖 = 𝑗𝑗
𝑖𝑖 ≠ 𝑗𝑗
Neben den Basisvektoren des Ortsraums und des Phasenraums (𝑎𝑎⃗𝑖𝑖 bzw. 𝑏𝑏�⃗𝑖𝑖 ) sind auch die Indizes (𝑛𝑛𝑖𝑖
bzw. 𝑘𝑘𝑖𝑖 ) miteinander verknüpft. Die Indizes des reziproken Gitters 𝑘𝑘𝑖𝑖 = ℎ, 𝑘𝑘, 𝑙𝑙 (Millersche Indizes)
ergeben sich aus den Koeffizienten 𝑛𝑛𝑖𝑖 des Ortsraums dadurch, dass man die 𝑛𝑛𝑖𝑖 invertiert und die sich
ergebenden Brüche so multipliziert, dass sie teilerfremde, ganze Zahlen ergeben.
Eigenschaften des reziproken Gitters bzw. reziproken Raums:
•
•
•
•
Das reziproke Gitter erfüllt alle Kriterien eines Bravis-Gitters und ist damit selbst wieder ein
Bravis-Gitter.
Das reziproke Gitter des reziproken Gitters ist wieder das ursprüngliche Bravis-Gitter.
Das reziproke Gitter existiert im Phasenraum (auch reziproker Raum oder k-Raum). Die
Vektoren des reziproken Gitters haben die Einheit einer inversen Länge.
Zwischen reziprokem Raum und Ortsraum kann über Fourier-Transformation gewechselt
werden.
Miller Indizes
Die Miller-Indizes bieten eine einfache Möglichkeit alle Ebenen einer Familie zu beschreiben. Die
Miller-Indizes einer Gitterebene im Ortsraum sind die Koordinaten des reziproken Gittervektors im
Phasenraum. Der reziproke Gittervektor steht senkrecht auf der Gitterebene (hkl).
Da die Gittervektoren des reziproken Raumes auch senkrecht auf den Netzebenen des direkten
Raumes stehen, lassen sich die Millerschen Indizes dazu nutzen, den Abstand zweier Netzebenen zu
ermitteln. Es gilt: 𝑑𝑑 = 2𝜋𝜋/�𝐺𝐺⃗ � . Anders formuliert: Für eine Familie von Ebenen, die alle den Abstand
d voneinander haben, existiert eine Untermenge der reziproken Gittervektoren 𝐺𝐺⃗ , die senkrecht zu
der Familie der Ebenen sind und der kürzeste Vektor hat die Länge �𝐺𝐺⃗ � = 2𝜋𝜋/𝑑𝑑.
Insgesamt gibt es zahlreiche Kristallnetzebenen, die mit den
Millerschen Indizes (hkl) angegeben werden. Die Indizes erhält
man aus den Schnittpunkten der betrachteten Netzebene mit
den Kristallachsen, indem man das kleinste, ganzzahlige
Verhältnis der reziproken Achsenabschnitte bildet. Schneidet
die Netzebene die Achsen bei a/h, b/k und c/l, wird die
Netzebenenschar durch (hkl) gekennzeichnet. Zu jeder
Netzebenenschar des Kristalls gehört bei gegebener
Wellenlänge ein Winkel 𝜽𝜽𝒉𝒉,𝒌𝒌,𝒍𝒍 , unter dem Reflexion zu
beobachten ist. Die Reflexe im Beugungsbild des Kristalls lassen
sich damit den zugehörigen Netzebenen zuordnen. Aus Zahl,
Lage und Symmetrie der Reflexe im Beugungsbild lässt sich die
Kristallstruktur bestimmen.
reziprokes Gitter, Laue Gleichungen und Ewald Konstruktion
Der Nutzen des reziproken Gitters erschließt sich, wenn man Streuung betrachtet. Das Maximum der
gestreuten Strahlung tritt dort auf, wo der Gangunterschied zwischen den Strahlen ein ganzzahliges
Vielfaches der Wellenlänge beträgt. Betrachtet man zwei Gitterpunkte in einem dreidimensionalen
Gitter, welche durch die primitive Translation 𝑎𝑎⃗𝑛𝑛 beschrieben werden, so wird ein einfallender Strahl
dann maximal gestreut, wenn gilt: 𝑎𝑎⃗𝑛𝑛 (𝑠𝑠⃗ − 𝑠𝑠⃗0 ) = ℎ𝜆𝜆 . Diese Gleichung wird Laue-Gleichung genannt.
𝑠𝑠⃗ und 𝑠𝑠⃗0 stehen hier für die Richtungsvektoren des einfallenden und des gebeugten Strahls (siehe
Abbildung), h ist eine beliebige ganze Zahl.
Die Laue-Gleichung lässt sich mithilfe der Bedingung für den reziproken Raum leicht umformulieren
(𝐺𝐺⃗ 𝑅𝑅�⃗ = 2𝜋𝜋ℎ mit 𝑅𝑅�⃗ = 𝑎𝑎⃗𝑛𝑛 ersetzt ℎ in obiger Gleichung => (𝑠𝑠⃗ − 𝑠𝑠⃗0 ) = 𝜆𝜆𝐺𝐺⃗ /2𝜋𝜋; dann nur noch
�𝑘𝑘�⃗ � = 2𝜋𝜋/𝜆𝜆 einsetzen => �𝑘𝑘�⃗ �(𝑠𝑠⃗ − 𝑠𝑠⃗0 ) = 𝐺𝐺⃗ => 𝑘𝑘�⃗ − 𝑘𝑘�⃗0 = 𝐺𝐺⃗ ). Als Bedingung für die maximale
�⃗ = 𝐺𝐺⃗ . Das heißt die Differenz der Wellenvektoren
Streuamplitude resultiert letztlich 𝑘𝑘�⃗ − 𝑘𝑘�⃗0 = 𝐾𝐾
aus einfallender und gestreuter Welle muss gleich dem reziproken Gittervektor sein. Der Satz G der
reziproken Gittervektoren, der durch die einzelnen hkl-Ebenen definiert ist, bestimmt damit die
möglichen Beugungsreflexe.
Hier wurden nur zwei Gitterpunkte betrachtet. Da aber das Gitter eine Widerholung der
betrachteten primitiven Translation darstellt, lässt sich das Prinzip auf beliebig viele Gitterpunkte
erweitern. Ist diese Bedingung nicht erfüllt, findet keine konstruktive Interferenz statt. Die Beträge
der Einzelwellen löschen sich aus.
Der Zusammenhang zwischen G und K sowie die Laue-Bedingung lassen sich geometrisch über die
Ewald-Konstruktion verdeutlichen. Die Abbildung zeigt die Ewald-Kugel im zweidimensionalen
reziproken Gitter. Die Kugel wird wiefolgt konstruiert:
(1) Man zeichnet die Punkte des reziproken Gitters des Kristalls auf.
(2) In dieses Netz wird der Wellenzahlvektor 𝑘𝑘�⃗ der einfallenden Welle so eingezeichnet, dass er
am Gitterpunkt (00) endet. Der Anfangspunkt des Vektors sei A, der idR nicht mit einem
Gitterpunkt zusammenfällt.
(3) Um den Punkt A wird nun eine Kugel (2D: Kreis) mit dem Radius �𝑘𝑘�⃗0 � gezeichnet.
(4) Da für elastische Streuung �𝑘𝑘�⃗ � = �𝑘𝑘�⃗0 � (nur Richtung des einfallenden Strahls, nicht der Betrag
ändert sich durch Streuung) gilt, liegt auch das Ende von �𝑘𝑘�⃗ �, ausgehend vom Punkt A auf der
Oberfläche der Kugel.
�⃗ = 𝐺𝐺⃗ für das Auftreten eines Beugungsmaximums gilt, ist
(5) Da nun die Laue-Bedingung ∆𝑘𝑘�⃗ = 𝐾𝐾
dies genau für die gebeugten Wellenvektoren �𝑘𝑘�⃗ � der Fall, die von A ausgehend auf Punkte
des reziproken Gitters zeigen (also die Gitterpunkte, die auf der Oberfläche der Ewald-Kugel
liegen). In der Abbildung ist dies für einen Wellenvektor und dem dazugehörigen reziproken
Gittervektor illustriert.
An dieser Konstruktion wird anschaulich klar, warum bei großen Wellenlängen (kleine Wellenzahl k)
keine Beugung am Kristall stattfinden kann: Es gibt keine Wellenvektoren 𝑘𝑘�⃗ mehr, welche die Laue-
Bedingung erfüllen können, da die Ewald-Kugel zu klein wird.
Über den Zweck des reziproken Gitters
Der Phasenraum und das reziproke Gitter sind letztlich eine mathematische Konstruktion, sodass die
Laue-Bedingung formuliert werden kann.
Die Gitterpunkte werden im Phasenraum durch diejenigen Wellenvektoren dargestellt, welche die
Periodizität des Gitters aufweisen. Die einzelnen Gitterpunkte stehen dann nicht mehr für eine
Einheitszelle, sondern stellen eine ganze Gitterebene bezüglich des jeweiligen K-Vektors dar.
�⃗
Eine ebene Welle der Form 𝒆𝒆𝒊𝒊𝒌𝒌�⃗𝒓𝒓 wird in der Regel nicht die Periodizität des zugrunde liegenden
Bravis-Gitters aufweisen. Dies ist nur für bestimmte Wellenvektoren 𝑘𝑘�⃗ der Fall. Die Menge aller
�⃗ = �𝒌𝒌⃗ − �𝒌𝒌⃗𝟎𝟎 , die zu ebenen Wellen führen, welche die Periodizität des BravisWellenvektoren �𝑲𝑲
Gitters aufweisen, nennt man das reziproke Gitter.
Erzeugung von Röntgenstrahlung
Allgemein betrachtet wird Röntgenstrahlung in einer evakuierten Röhre dadurch erzeugt, dass
Elektronen, welche an einer Glühkathode austreten, durch ein elektrisches Feld beschleunigt und auf
ein Anodenmaterial geschossen werden. Die angelegte Beschleunigungsspannung zwischen Kathode
und Anode ist typischerweise 20-50 kV. Die dadurch entstehende Strahlung besitzt ein gewisses
Spektrum, welches sich aus einem kontinuierlichen und einem diskreten Teil zusammensetzt und
charakteristisch für das verwendete Anodenmaterial ist.
Weiße Röntgenstrahlung
Die weiße Röntgenstrahlung entspricht dem kontinuierlichen Teil des Spektrums. Es beginnt bei einer
minimalen Wellenlänge und steigert seine Intensität bis zu einem Maximum, wonach die Intensität
für größere Wellenlängen wieder absinkt. Die minimale Wellenlänge hängt direkt von der
Beschleunigugnsspannung ab: 𝜆𝜆min = hcU/e . Der kontinuierliche Teil des Spektrums entsteht
durch Abbremsung der Elektronen bei Auftreffen auf die Anode; man spricht daher auch von
Bremsstrahlung. Dabei verlieren die Elektronen kinetische Energie, was in einem Schritt (minimale
Wellenlänge) oder in mehreren Schritten (größere Wellenlängen) erfolgen kann. Bei einer erhöhten
Beschleunigungsspannung steigt auch die kinetische Energie der Elektronen, was zu kleineren
minimalen Wellenlängen führt. Die Röntgenstrahlung entspricht 1% der eingestrahlten Energie, 99%
wird in Form von Wärme abgegeben.
Charakteristische Röntgenstrahlung
Die charakteristische Röntgenstrahlung entspricht einem diskrteten Spektrum und besteht idR aus
zwei Spektrallinien. Wenn die kinetische Energie der Elektronen einen gewissen Wert überschreitet
sind diese in der Lage Elektronen aus der Hülle eines Aoms zu schlagen. Die so entstehende Lücke
wird von einem Elektron aus einer höheren Schale besetzt, wobei die überschüssige Energie
(Energiedifferenz der elektronischen Niveaus) in Form eines Photons abgestrahlt wird.
Teilchenbeschleuniger
Eine weitere Möglichkeit Röntgenstrahlung zu erzeugen sind Teilchenbeschleuniger, insbesondere
bei Beschleunigung von Elektronen. Hier entsteht, wenn der Teilchenstrahl in einem starken
Magnetfeld abgelenkt und dadurch quer zu seiner Ausbreitungsrichtung beschleunigt wird,
Synchrotonstrahlung, eine Art der Bremsstrahlung. Synchrotronstrahlung entsteht aufgrund der
Maxwellschen Gesetze, wenn eine Ladung mit relativistischen Geschwindigkeiten einer Kreisbahn
folgt.
Bis zu einer Maximalenergie enthält die Synchrotonstrahlung das gesamte elektromagnetische
Spektrum, darunter für passene Magnetfeldstärken und Teilchenenergie auch Röntgenstrahlung. Die
Intensität ist um einige Größenordnungen höher als von Röntgenstrahlung aus konventionellen
Röntgenröhren.
Röntgen-Beugung
Die geometrischen Bedingungen für konstruktive Interferenz lassen sich mithilfe der Braggschen
Reflexionsbedingung oder mit den drei Laue-Gleichungen beschreiben
Braggsche Bedingung
Einfallende Strahlung wird an den parallel
zueinander angeordneten Netzebenen (Abstand
𝒅𝒅) des Kristalls mit dem Winkel 𝜽𝜽 reflektiert. Für
das Auftreten konstruktiver Interferenz der
reflektierten Strahlung (Entstehung eines
gestreuten Strahlenbündels) gilt die Braggsche
Reflexionsbedingung.
Braggsche Reflexionsbedingung:
𝟐𝟐𝟐𝟐 ∙ 𝐬𝐬𝐬𝐬𝐬𝐬 𝜽𝜽 = 𝒏𝒏𝒏𝒏 ,
𝑛𝑛 = 0,1,2 …
Der Gangunterschied zweier, an aufeinanderfolgenden Netzebenen reflektierter Strahlen ist
2𝑑𝑑 ∙ sin 𝜃𝜃. Für konstruktive Interferenz muss dieser Gangunterschied einem ganzzahligen Vielfachen
der Wellenlänge, also 𝑛𝑛𝑛𝑛 entsprechen.
Die Braggsche Reflexionsbedingung zeigt umgekehrte Proportionalität zwischen Streuwinkel 𝜽𝜽 und
Abstand 𝒅𝒅 der zugehörigen Netzebene des Kristalls.
•
•
Die Röntgen-Kleinwinkel-Streuung liefert daher Informationen über periodische
Anordnungen mit großem Abstand.
Die Röntgen-Weitwinkel-Streuung liefert Informationen über die Feinstruktur des
Untersuchungsobjekts.
Jedoch birgt die Herleitung der Bragg-Bedingung eine kleine Schwäche in sich. Man geht bei der
Herleitung nämlich von willkürlich gewählten Gitterebenen aus. Es ist daher wünschenswert eine
alternative Bedingung ableiten zu können, welche allgemein gefasst ist und ohne Wahl von
Gitterebenen auskommt.
Bragg
Laue
Laue Gleichungen
Der Kristall wird bei diesem Modell als ein aus drei Scharen eindimensionaler äquidistanter
Punktreihen aufgebautes Gitter betrachtet (Gitterebenen hkl im Ortsraum = Gitterpunkte im
Phasenraum; Bragg  Laue). Jedes der identischen Objekte kann zur Streuung des Lichts führen. Die
Darstellung der Röntgenbeugung geht von der Streuung der Röntgenstrahlung an den Elektronen
der Atomhüllen eines Kristalls aus. Treffen parallele Röntgenstrahlen auf eine Punktreihe, so kann
Verstärkung der gebeugten Strahlen nur dann auftreten, wenn der Gangunterschied ein ganzzahliges
Vielfaches der Wellenlänge ist. Für alle anderen Gangunterschiede (also andere Streurichtungen)
wird bei genügend großer Anzahl an Streuzentren die Streustrahlung vollständig ausgelöscht.
Die einfallende Strahlung trifft unter dem Winkel α0 auf eine
Reihe von Streuzentren mit dem Abstand a. Als Bedingung für
konstruktive Interferenz, der unter dem Winkel α gestreuten
Strahlung gilt:
𝐡𝐡𝐡𝐡 = 𝐚𝐚(𝐜𝐜𝐜𝐜𝐜𝐜 𝛂𝛂 − 𝐜𝐜𝐜𝐜𝐜𝐜 𝛂𝛂𝟎𝟎 ) ,
h = 0,1,2 …
Für einen dreidimensionalen Kristall mit den Abständen a, b und c der Streuzentren in den
jeweiligen Raumrichtungen kommen zwei weitere Bedingungen hinzu. 𝛼𝛼, 𝛽𝛽, 𝛾𝛾 sowie 𝛼𝛼0 , 𝛽𝛽0 , 𝛾𝛾0 geben
die Winkel der einfallenden bzw. gestreuten Röntgen-Strahlung in Bezug auf die jeweilig betrachtete
Raumrichtung an. Die drei Bedingungen entsprechen den Laue-Gleichungen.
ℎ𝜆𝜆 = 𝑎𝑎(cos 𝛼𝛼 − cos 𝛼𝛼0 )
𝑘𝑘𝑘𝑘 = 𝑏𝑏(cos 𝛽𝛽 − cos 𝛽𝛽0 )
𝑙𝑙𝑙𝑙 = 𝑐𝑐(cos 𝛾𝛾 − cos 𝛾𝛾0 )
Jede der Laue-Gleichungen modelliert eine Kegelschar. Die Richtung der Streustrahlung wird durch
die Kegelmäntel dargestellt, deren Achse eine eindimensionale Reihe der Streuzentren ist. Der
geometrische Ort für die Richtungen, in denen Beugungsmaxima entstehen, ist eine koaxiale
Kegelschar, d.h. zu jedem ganzzahligen h gehört ein Kegel mit unterschiedlichem
Öffnungshalbwinkel. Jeder auf einem Kegelmantel liegender Vektor 𝒔𝒔 = 𝒉𝒉𝒉𝒉 ist eine Lösung der
obigen Gleichung.
1D (koaxiale Kegelschar)
1D
Beziehungen zwischen Bragg und Laue
Befindet sich der Kristall unter dem Winkel 2𝜃𝜃 bezüglich der
Einfallsrichtung der Röntgenstrahlung, resultiert der Streuwinkel 𝜃𝜃
(siehe Abbildung). Zu jeder Netzebenenschar (hkl) gibt es im
Spektrum eine Wellenlänge, für die die Bragg-Bedingung erfüllt ist
und konstruktive Interferenz resultiert.
Aus den Reflexpositionen erhält man mithilfe der Braggschen
Gleichung direkt die Netzebenenabsstände (d-Werte). Diese sind
eine Funktion der Gitterparameter der Einheitszellen (a, b, c, α, β,
γ) und der Millerschen Indizes (hkl). Die Zusammenhänge variieren
daher für verschiedene Kristallsysteme.
Unter Berücksichtigung der Winkelbeziehungen
(Richtungskosinus) zwischen 𝜃𝜃 und 𝛼𝛼, 𝛽𝛽, 𝛾𝛾 sowie 𝛼𝛼0 , 𝛽𝛽0 , 𝛾𝛾0
erhält man als Verallgemeinerung der Braggschen
Reflexionsbedingung für einen orthorhombischen Kristall
(rechtwinkliges Kristallsystem mit drei 90°-Winkeln, ohne gleichlange
Achsen):
1/2
ℎ2 𝑘𝑘 2 𝑙𝑙 2
𝜆𝜆 � 2 + 2 + 2 �
𝑎𝑎
𝑏𝑏
𝑐𝑐
= 2 sin 𝜃𝜃
Die Werte für ℎ, 𝑘𝑘, 𝑙𝑙 charakterisieren eine NetzebenenSchar, die für die beobachteten Streulichtreflexe unter dem
zugehörigen Streuwinkel 𝜃𝜃ℎ,𝑘𝑘,𝑙𝑙 verantwortlich ist.
Aufnahme von Beugungsbildern (Messmethoden)
Laue Verfahren
3D
Im Laue-Verfahren wird ein Einkristall polychromatischer Röntgenstrahlung ausgesetzt. Die BraggGleichung wird hier durch Variation der Wellenlängen erfüllt, sodass mehrere Gitterebenen
gleichzeitig die Beugungsbedingung erfüllen. Damit ist das Laue-Verfahren sehr viel schneller als die
in anderern Verfahren verwendete Beugung mit monochromatischer Röntgenstrahlung
(Linienspektrum).
Aufgrund der geringeren Zeit für die Aufnahme mit dem Laue-Verfahren, können dynamische
Prozesse an Kristallen verfolgt werden. Besonders bei Proteinkristallen lassen sich Änderungen der
Proteinstruktur im Kristall beobachten. Nachteil ist die Unkenntniss darüber welcher Reflex von
welcher Wellenlänge stammt (Indizierungsproblem). Während das Laue-Verfahren sehr schnell ist, ist
die späte Datenverarbeitung sehr zeitaufwendig.
Auf dem fotographischen Film sind punktförmige Reflexe zu erkennen.
Bild in der Ewald-Kugel: Es werden verschieden
große Ewald-Kugeln gezeichnet, deren Mittelpunkte
auf der Geraden des eingestrahlten Wellenvektors
mit der kleinsten Wellenlänge (größtes k) liegen
(dieser gehört zur Ewald-Kugel mit dem größten
Radius). Der Endpunkt ist immer derselbe
Gitterpunkt (00). Dadurch liegen mehrere
Gittervektoren auf den verschiedenen Kreisen und
die Laue-Bedingung wird für verschiedene EwaldKugeln erfüllt.
Drehkristallmethode
Für eine gegebene Netzebenenschar (hkl) bei fester
Wellenlänge ist nur bei Einstrahlung unter einem
Winkel 𝜃𝜃ℎ,𝑘𝑘,𝑙𝑙 die Reflexionsbedingung erfüllt. Zur
Untersuchung von Einkristallen wird der Kristall um
eine Achse senkrecht zur Einfallsrichtung der
Strahlung gedreht, um damit für verschiedene
Netzebenen die Laue-Bedingungen zu erfüllen. Die
Lage der einzelnen Reflexe im Beugungsbild
ermöglicht die Bestimmung der Dimensionen der
Elementarzelle des Kristalls.
Für diese Methode ist die Ewald-Kugel von
besonderem Interesse: Ein Reflex entsteht, falls ein
Gitterpunkt mit der Kugeloberfläche zusammenfällt.
Im Allgemeinen gibt es keinen Reflex. Durch Drehen
des Kristalls kann aber die Bedingung erfüllt werden.
Bild in der Ewald-Kugel: Die Ewald-Kugel ist
ortsfest, während sich das reziproke Gitter
unter der Ewald-Kugel durchdreht. Dadurch
landen verschiedene Gitterpunkte im
Verlaufe der Drehung auf dem Kreis der
Ewald-Kugel, wodurch verschiedene Reflexe
während der Kristall-Drehung resultieren.
Debye-Scherrer-Verfahren (Pulvermethode)
Als Probe dient ein Pulver aus kleinen, statistisch
orientierten Kristallen. Daher liegt bereits für jede
Netzebene die geeignete Orientierung zur
Erfüllung der Laue-Gleichungen vor (keine Drehung
erforderlich). Das Beugungsbild besteht nicht mehr
aus einzelnen Reflexen. Die Reflexe jeder
Netzebene bilden einen Kreis um das Zentrum des
Beugungsbildes. Je nach Symmetrie des Kristalls
(Ausrichtung, periodische Strukturen) resultiert ein
Beugungsmuster aus Ringen, Bögen oder Punkten.
Rückschlüsse auf Strukturen der Elementarzelle
sind möglich.
Bild in der Ewald-Kugel:
Der reziproke Raum besteht nicht mehr aus
Punkten wie bei einem Einkristall, sondern aus
Kugeln mit Radien der möglichen, reziproken
Gittervektoren. Diese Kugeln schneiden sich mit
der fixen Ewaldkugel in Breitenkreisen.
Die Primärstrahlrichtung und damit auch die
Ewald-Kugel sind ortsfest. Da es sich um ein
polykristallines Gefüge handelt, können die
Vektoren des reziproken Gitters G jede beliebige
Richtung einnehmen. Die Gitterpunkte müssen
auf den so gennanten Bragg-Kugelschalen liegen,
damit Reflexion beobachtet wird.
Gegenüberstellung
Probe
Strahlung
Laue
Einkristall
Polychromatische
Bremsstrahlung
Prinzip
Zu jeder
Netzebenenschar
(hkl) gibt es im
Spektrum eine
Wellenlänge für
die die BragBedingung erfüllt
ist.
Beugungsbild Punktmuster,
Symmetrie
Drehkristallmethode
Einkristall,
epitaktische Schicht
monochromatisch
Debye-Scherrer
Polykristallines
Kristallpulver
monochromatisch
Vergrößerung des
Winkels θ bei
Mitführung des
Detektors um 2θ bis
Bragg-Bedingung
erfüllt ist.
Röntgenstrahlen, die an
Netzproblemen mit
gleichen Indizes reflektiert
werden, liegen auf
Kegelmantel um
einfallenden Strahl (2θ)
Winkelabhängige
Intensitätsmaxima
verschiedener
Beugungsordnungen
(punktförmig)
Konzentrische Bogenstücke
um den Strahlaustritt
Anwendung
Vororientierung
der Kristalle
Bestimmung der
Gitterkonstanten,
Halbwertsbreiten
Gitterkonstante,
Phasenanalyse,
Gitterstörungen
Bestimmung von Elektronendichten
Das Beugungsmuster liefert Informationen zur Geometrie
der Elementarzelle, während die Intensität der Reflexe
Informationen zur Elektronendichteverteilung der
Strukturen enthalten.
Es sei ein periodisches 2D-Gitter aus parallel angeordneten
zweiatomigen Molekülen (Atom A und B) innerhalb der
xy-Ebene betrachtet. Bestimmte Ebenen durch die A
Atome erfüllen die Laue-Bedingung (Die Teilwellen, ausgehend
von allen Gitterpunkten (A-Atome) sind in Phase = Phasenunterschied
beträgt ein Vielfaches der Wellenlänge). Dies gilt wegen der
parallelen Anordnung auch für B.
Zwischen der gestreuten Strahlung von A und B
besteht jedoch eine Phasendifferenz.
ℎ𝑥𝑥
𝑎𝑎
+
𝑘𝑘𝑘𝑘
�
𝑏𝑏
ℎ𝑥𝑥
𝑎𝑎
+
𝑘𝑘𝑘𝑘
𝑏𝑏
Abstände zwischen den Molekülen AB:
in x-Richtung: a | in y-Richtung: b
Abstände zwischen den Atomen A und B:
in x-Richtung: x | in y-Richtung: y
ΔΦ = 2𝜋𝜋 �
Dreidimensional gilt:
ΔΦ = 2𝜋𝜋 �
Die Intensität der am Molekül AB gestreuten
Wellen mit den Phasen ΦA = 0 und Φ𝐵𝐵 = ΔΦ
Für N Atome im Molekül gilt (𝐴𝐴𝑗𝑗 sind
Streufaktoren der Atome):
Für n Moleküle pro Elementarzelle, ist die
resultierende Intensität je Zelle auch
proportional zu n. 𝐹𝐹ℎ𝑘𝑘𝑘𝑘 ist der Strukturfaktor.
Die Beträge der Strukturfaktoren sind
proportional zur Wurzel aus den ReflexIntensitäten. Aus den Intensitäten lassen sich
somit die Beträge der Strukturfaktoren, aber
nicht 𝐹𝐹ℎ𝑘𝑘𝑘𝑘 = |𝐹𝐹ℎ𝑘𝑘𝑘𝑘 | ∙ 𝑒𝑒 𝑖𝑖𝛼𝛼 ℎ 𝑘𝑘𝑘𝑘 und somit auch nicht
die Phase 𝛼𝛼ℎ𝑘𝑘𝑘𝑘 bestimmen (siehe
Phasenproblem).
𝑙𝑙𝑙𝑙
𝑐𝑐
+ � = Φ𝐵𝐵
2
𝐼𝐼ℎ𝑘𝑘𝑘𝑘 ~�𝐴𝐴0 𝑒𝑒 𝑖𝑖Φ 𝐴𝐴 + 𝐵𝐵0 𝑒𝑒 𝑖𝑖Φ 𝐵𝐵 �
2
𝑖𝑖Φ 𝑗𝑗
𝐼𝐼ℎ𝑘𝑘𝑘𝑘 ~�∑𝑁𝑁
� =
𝑗𝑗 =1 𝐴𝐴𝑗𝑗 𝑒𝑒
�∑𝑗𝑗𝑁𝑁=1 𝐴𝐴𝑗𝑗 𝑒𝑒 2𝜋𝜋𝜋𝜋 ∙�ℎ𝑥𝑥 𝑗𝑗 +𝑘𝑘𝑦𝑦 𝑗𝑗 +𝑙𝑙𝑧𝑧𝑗𝑗 � �
2
2
2𝜋𝜋𝜋𝜋 ∙�ℎ𝑥𝑥 𝑗𝑗 +𝑘𝑘𝑦𝑦 𝑗𝑗 +𝑙𝑙𝑧𝑧 𝑗𝑗 �
𝐼𝐼ℎ𝑘𝑘𝑘𝑘 ~ �𝑛𝑛 ∙ ∑𝑁𝑁
� = |𝐹𝐹ℎ𝑘𝑘𝑘𝑘 |2
𝑗𝑗 =1 𝐴𝐴𝑗𝑗 𝑒𝑒
Vergleich zwischen berechneten Reflex-Intensitäten für verschiedene Positionen der Atome und den
beobachteten Intensitäten ermöglicht Rückschlüsse auf Molekülanordnung im Kristall.
Anstelle der Streufaktoren kann die
Elektronendichte 𝝔𝝔(𝒙𝒙, 𝒚𝒚, 𝒛𝒛) verwendet werden.
𝑉𝑉𝐸𝐸𝐸𝐸 ist das Volumen der Elementarzelle.
Das Integral hat die Form eines Fourierintegrals:
𝐹𝐹ℎ𝑘𝑘𝑘𝑘 ist die Fouriertransformierte der
Elektronendichteverteilung 𝜚𝜚(𝑥𝑥, 𝑦𝑦, 𝑧𝑧).
Umgekehrt ergibt sich die Elektronendichte als
Fouriertransformierte des Strukturfaktors.
2𝜋𝜋𝜋𝜋 ∙�ℎ𝑥𝑥 𝑗𝑗 +𝑘𝑘𝑦𝑦 𝑗𝑗 +𝑙𝑙𝑧𝑧 𝑗𝑗 �
𝐹𝐹ℎ𝑘𝑘𝑘𝑘 = ∑𝑛𝑛𝑛𝑛
=
𝑗𝑗 =1 𝐴𝐴𝑗𝑗 𝑒𝑒
∫𝑉𝑉
𝐸𝐸𝐸𝐸
𝜚𝜚(𝑥𝑥, 𝑦𝑦, 𝑧𝑧) ∙ 𝑒𝑒
𝜚𝜚(𝑥𝑥, 𝑦𝑦, 𝑧𝑧) = ∫𝑉𝑉
𝐸𝐸𝐸𝐸
2𝜋𝜋𝜋𝜋 ∙�
ℎ 𝑥𝑥 𝑘𝑘𝑘𝑘 𝑙𝑙𝑙𝑙
+ +
𝑎𝑎
𝑏𝑏
𝑐𝑐
𝐹𝐹ℎ𝑘𝑘𝑘𝑘 ∙ 𝑒𝑒
�
−2𝜋𝜋𝜋𝜋 ∙�
𝑑𝑑𝑑𝑑
ℎ 𝑥𝑥 𝑘𝑘𝑘𝑘 𝑙𝑙𝑙𝑙
+ + �
𝑎𝑎
𝑏𝑏
𝑐𝑐
𝑑𝑑𝑑𝑑
Im Experiment wird das Beugungsmuster aus der Struktur erzeugt:
Wir wollen aber aus dem Beugungsmuster die Struktur ermitteln:
Ist 𝐹𝐹ℎ𝑘𝑘𝑘𝑘 für eine bestimmte Netzebene (hkl) bekannt, so lässt sich die Elektronendichte-Verteilung
𝝔𝝔(𝒙𝒙, 𝒚𝒚, 𝒛𝒛) bestimmen und man erhält ein Abbild der Elementarzelle des Kristalls. Die
Elektronendichte ist eine dreidimensionale Funktion mit der Einheit 𝑒𝑒/Å3 , welche beschreibt wo sich
in der Einheitszelle des Kristalls die Elektronen (also auch die Atome) befinden. Sie enthält also das
Bild der Struktur, das wir bestimmen wollen.
Wichtig: Jeder Reflex (hkl) des Beugungsmusters trägt zur Elektronendichte in jeder einzelnen
Position (xyz) der Einheitszelle des Kristalls bei.
Durch Auftragung der Elektronendichte-Verteilung in Form von Linien gleicher Elektronendichte,
erhält man Elektronenkarten.
Phasenproblem und Lösungen
Was ist das Phasenproblem?
Die Elektronendichte-Verteilung lässt sich jedoch aus den gemessenen Reflexintensitäten nur bei
Kenntnis der jeweils zugehörigen Phase bestimmen (Phasenproblem), über die keine Informationen
aus dem Beugungsbild gewonnen werden können (zeigt nur konstruktive Interferenz, also In-PhaseAnteile; aber keine weiteren Phasenbeziehungen).
Im Beugungsexperiment werden Intensitäten von Wellen gemessen, die von Ebenen (hkl) im Kristall
gestreut werden. Die Amplitude der Welle |𝐹𝐹ℎ𝑘𝑘𝑘𝑘 | ist proportional zur Wurzel der gemessenen
Intensitäten am Detektor. Um die Elektronendichte in der Position (xyz) der Einheitszelle eines
Kristalls zu berechnen wird die Summation über alle hkl-Ebenen benötigt. Sprich: Elektronendichte
bei (xyz) = Summe aus allen Wellen-Beiträgen im Punkt (xyz), die in der Ebene (hkl) gestreut
wurden; Deren Amplituden sind abhängig von der Anzahl der Elektronen in der Ebene und der
korrekten relativen Phasenbeziehung. Mathematisch formuliert:
𝑖𝑖𝛼𝛼 ℎ 𝑘𝑘𝑘𝑘
|𝐹𝐹ℎ𝑘𝑘𝑘𝑘
| ∙ 𝑒𝑒�
𝜚𝜚(𝑥𝑥, 𝑦𝑦, 𝑧𝑧) = 1/𝑉𝑉 � ��
����
�� ∙ 𝑒𝑒 −2𝜋𝜋𝜋𝜋 ∙(ℎ𝑥𝑥+𝑘𝑘𝑘𝑘 +𝑙𝑙𝑙𝑙)
𝐹𝐹ℎ 𝑘𝑘𝑘𝑘
Hier ist V das Volumen der Einheitszelle und 𝛼𝛼ℎ𝑘𝑘𝑘𝑘 die Phase, welche mit der Struktur-Faktor
Amplitude |𝐹𝐹ℎ𝑘𝑘𝑘𝑘 | assoziiert ist. Wir können die Amplitude messen, aber die Phase geht im Experiment
verloren. Dies ist das Phasenproblem.
Übersicht über Methoden zur Lösung des Phasenproblems
Es gibt keine Beziehung zwischen Amplituden und Phasen, außer über die Molekulare Struktur bzw.
die Elektronendichte. Wenn wir also etwas über die Elektronendichte oder Struktur wissen, kann dies
zu Werten für die Phasen führen. Dies ist die Basis für alle Methoden zur Lösung des
Phasenproblems. Man unterscheidet verschiedene Ansätze zur Lösung des Phasenproblems:
(1)
(2)
(3)
(4)
(5)
(6)
(7)
(8)
Direkte Methode
Multiple isomorphous replacement (MIR)
Single isomorphous replacement (SIR)
Molecular Replacement (MR) + Patterson-Methode
Multiwavelength anomalous diffraction (MAD)
Single wavelength anomalous dispersion (SAD)
Anomalous Scattering (AS)
MIRAS und SIRAS (MIR+AS bzw. SIR+AS)
Direkte Methoden
Diese Methoden sind nur für kleine Moleküle mit subatomarer Auflösung (Sub-Angstrom-Bereich)
anwendbar. Für einfache Moleküle nimmt man eine realistisch erscheinende Struktur an und
berechnet daraus die Strukturfaktoren und die Phase. Das berechnete Beugungsbild wird mit den
gemessenen Reflexintensitäten verglichen. So kann die angenommene Struktur verfeinert werden. Im
Grunde werden einfach einzelne Werte für Phasen durchprobiert werden, bis eine sphärische Struktur
in der resultierenden Elektronendichte-Karte beobachtet werden kann.
Bei der direkten Methode werden statistische Beziehungen ausgenutzt, die zwischen Sätzen von
Strukturfaktoren bestehen, um mögliche Werte für die jeweilige Phase abzuleiten. Ausgehend von
einigen wenigen Reflexen, deren Phasen bekannt sind (Startreflexe), können die unbekannten
Phasen der anderen Reflexe abgeschätzt werden. Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass die so
abgeschätzte Struktur die richtige ist, wächste mit der Anzahl der für die Lösung zur Verfügung
stehenden Reflexe. Mit dem mathematisch sehr aufwendigen Verfahren lässt sich die Struktur der
Basis entschlüsseln, wenn sie bis zu 100 Atomen enthält.
Direkte Methoden basieren auf der Ladung und Atomzahl einer Elektronendichte, die zu
Phasenbeziehungen zwischen den normalisierten Strukturfaktoren führen. So konnten bisher
Protein-Strukturen mit bis zu 1000 Atomen bestimmt werden. Die direkte Methode wird auch für die
Bestimmung von Substrukturen in hohen Auflösungen verwendet (Physik-Nobelpreis 1985).
Molecular Replacement (MR) und Patterson-Methode
Wenn ein Homologie-Modell zur Verfügung steht, kann die MR-Methode angewendet werden. In
der MR-Methode wird das Phasenproblem gelöst, indem ein ähnliches Molekül in der korrekten
Orientierung und Position in der asymmetrischen Einheit der kristallisierten unbekannten Struktur
positioniert wird. Das bekannte Molekül muss eine ähnliche Struktur zur kristallisierten haben
(Daumenregel: Rückgrat-Atome müssen weniger als 1,5Å rms aufweisen; dies wird erreicht bei einer
Sequenzidentität von ca. 30%). Heutzutage werden 2/3 aller Strukturen mit dieser Methode gelöst.
Über die Patterson-Methode wird die erste Orientierung der Modell-Struktur in der neuen
Einheitszelle bestimmt und anschließend die Translation des korrekt orientierten Modells relativ zum
Ursprung der Einheitszelle erreicht. Die Patterson-Funktion kann aus dem experimentellen
Beugungsbild ohne Phasen sowie ausgehend von einer bereits bekannten Struktur berechnet
werden. Das verwendete Struktur-Modell ist natürlich nicht identisch mit der Zielstruktur, sodass die
entsprechenden Patterson-Funktionen nicht identisch sind. P(u,v,w) der Modell-Struktur enhtält nur
intramuolekulare Vektoren, während P(u,v,w) aus den Beugungsdaten intra- und intermolekulare
Vektoren enthält.
Die Patterson-Methode kann direkt die Positionen von schweren Atomen bestimmen. Sie kann nur
verwendet werden, wenn schwere Atome im Kristall vorkommen oder wenn ein bedeutender Anteil
der Struktur bereits bekannt ist.
Die Gefahr bei solchen Methoden ist eine falsche Struktur: So führt die Berechnung einer
Elektronendichte-Karte aus den Amplituden eines Beugungsbildes einer Ente und den Phasen der
Beugung an einer Katze zu der Katzen-Struktur. Phasen enthalten damit mehr Informationen als
Amplituden!
Single / Multiple Isomorphous Replacement (SIR/MIR)
Der Austausch von schweren Atomen wurde zunächst für kleine Moleküle zur Lösung des
Phasenproblems verwendet. Die veränderten Intensitäten ermöglichen Rückschlüsse auf die
Positionierung einzelner Atome im Kristall.
Protein-Kristalle können in
Schwermetalllösungen inkubiert werden, um
isomorphe Schwermetall-Atom Derivate
(gleiche Einheitszelle, gleiche Orientierung
des Proteins in der Zelle) zu erhalten. Aus
den resultierenden Intensitäts-Änderungen
können die Positionen der Schweratome
abgeleitet werden. Zur Ableitung der Phase
sind drei Schritte notwendig:
(1) Normierung der Strukturfaktoren |𝐹𝐹𝑃𝑃 (ℎ𝑘𝑘𝑘𝑘)| und |𝐹𝐹𝑃𝑃𝑃𝑃 (ℎ𝑘𝑘𝑘𝑘)| auf dieselbe Skala: 𝑅𝑅 = 100 ∙
∑ℎ𝑘𝑘𝑘𝑘 �|𝐹𝐹𝑃𝑃𝑃𝑃 | − |𝐹𝐹𝑃𝑃 |� / ∑ℎ𝑘𝑘𝑘𝑘 |𝐹𝐹𝑃𝑃 |.
(2) Bestimmung der Positionen der schweren Atome (𝐹𝐹𝐻𝐻 ) über die Differenzen |𝐹𝐹𝑃𝑃 (ℎ𝑘𝑘𝑘𝑘)| −
|𝐹𝐹𝑃𝑃𝑃𝑃 (ℎ𝑘𝑘𝑘𝑘)|.
(3) Berechnung von 𝛼𝛼𝑃𝑃 (ℎ𝑘𝑘𝑘𝑘) aus 𝐹𝐹𝐻𝐻 , |𝐹𝐹𝑃𝑃 (ℎ𝑘𝑘𝑘𝑘)| und |𝐹𝐹𝑃𝑃𝑃𝑃 (ℎ𝑘𝑘𝑘𝑘)|.
Die Intensitätsänderungen durch isomorphen Ersatz wirken sich auf alle Beugungspunkte aus. Der
Grund: Jedes Atom einer Einheitszelle ist an jeder einzelnen Reflektion im Beugungsmuster beteiligt
– an einigen mehr, an anderen weniger. Es wird ein Atom mit dem Streufaktor A1 durch ein
schweres Atom mit dem Streufaktor A2 ausgetauscht. Die Intensitätsunterschiede in den
Beugungsbildern entsprechen einer Streuung an einem hypothetischen Kristall mit dem Streufaktor
A2-A1. Die Struktur des hypothetischen Kristalls lässt sich einfach bestimmen, da nur ein Atom
vorliegt (Beugungsbild des Schwereatoms allein in der Zelle des Proteins). So lässt sich das
austauschbare Atom lokalisieren. Anschließend kann der Beitrag des Atoms zu jedem Strukturfaktor
des Kristalls berechnet werden.
In der Harker-Konstruktion (siehe Abbildung) resultieren für den Fall eines SIR-Experiments (single
isomorphous replacement) zwei mögliche Werte für 𝛼𝛼𝑃𝑃 (ℎ𝑘𝑘𝑘𝑘).
Dieses Problem kann über verschiedene Wege behoben werden:
•
•
•
•
Dichte-Modifikation
Ein zweites Schweratom-Derivat (MIR)
Einführen von anomaler Streuung (SIRAS)
Beides: MIRAS.
Über MIR gibt es in der Harker-Konstruktion nur eine mögliche Lösung:
Die Derivatisierung selbst kann über verschiedene Wege erfolgen. Beispiele sind Cokristallisation,
quick-soaking und kovalente Modifikation des Proteins (z.B. Se-Met statt Met) oder der DNA (z.B. BrU statt T).
Die Verbesserung der Phase
Es ist eher selten, dass die experimentell bestimmten Phasen genau genug sind, um eine
interpretierbare Elektronendichte-Karte zu erzeugen. Experimentelle Phasen sind oft der StartPunkt für Phasen-Verbesserungen über eine Vielzahl von Methoden der Dichte-Modifikation, die
ebenso auf bekannte Struktur-Eigenschaften basieren. Eine wichtige Methode dieser DichteModifikation ist z.B. das Entfernen negativer Elektronendichte im Bereich des Lösungsmittels
(solvent flattening), sodass die Elektronendichte des Proteins kontrastreicher vom Hintergrund
hervorsticht.
Es handelt sich um einen zyklischen Prozess: In vielen
Fällen wird ein erster Satz von Phasen bestimmt und die
Elektronendichte-Karte für das Beugungsmuster
berechnet. Diese Elektronendichte-Karte wird dann
verwendet, um Teile der Struktur zu bestimmen. Die
Struktur dient zur Modellierung einer modifizierten
Elektronendichte, die dann rücktransformiert wird, um
eine modifizierte Phase zu erhalten. Dieser neue Satz an
Phasen wird als Verfeinerung (Refinement) bezeichnet.
Die Phasen werden nun auf die original Amplituden
(Beugungsmuster) angewendet und eine verbesserte
Elektronendichte-Karte abgeleitet, aus der die Struktur
korrigiert werden kann. Dies wird fortgesetzt, bis der
Zyklus konvergiert bzw. bis ein Fehler-Term (Rfree) einen
zufriedenstellenden Wert erreicht hat.
Anomalous Scattering (AS)
Der atomare Streufaktor hat drei Komponenten: ein normaler Streu-Term, der vom Bragg-Winkel
abhängig ist und zwei Terme, die nicht vom Streuwinkel abhängig sind, aber von der Wellenlänge.
Die letzten beiden Terme repräsentieren anormale Streuung (anomalous scattering), die auftritt,
wenn die Röntgenstrahlung absorbiert wird und ein Elektron aus der inneren Schale des Atoms
herauslöst. Dies führt zur Phasenverschiebung, die dazu genutzt werden kann anomale Streuer zu
lokalisieren.
Die anormale Differenz kann auf dieselbe Weise wie die isomorphe Differenz in der Patterson- oder
Direkten Methode dazu genutzt werden die anormalen Streuuer zu lokalisieren. Phasen für die
nativen Struktur-Faktoren können dann ähnlich wie bei SIR oder MIR abgeleitet werden. Eine
Kombination der Methoden führt zu SIRAS und MIRAS (single bzw. multple isomorphous
replacement with anomalous scattering).
Multiwavelength / Singlewavelength anomalous diffraction (MAD/SAD)
SIR/MIR hat verschiedene Probleme, darunter der Nicht-Isomorphismus zwischen den Kristallen
(Änderungen der Einheitszelle, Reorientierung des Proteins, Konformationsänderungen, Änderungen
in Salz- und Lösungsmittel-Ionen). Diese Probleme werden von MAD bewältigt.
Dabei werden typischerweise drei Wellenlängen verwendet, die im Bereich der Absorption liegen,
um die Absorptionseffekte zu maximieren.
In der MAD-Methode absorbieren innere Elektronen der Atome Röntgenstrahlung verschiedener
Wellenlängen. Nach einer gewissen Zeitverzögerung wird die Röntgenstrahlung emittiert, wobei
aufgrund der Zeitverzögerung eine Phasenverschiebung resultiert. Diese wird als anomalous
dispersion effect beschrieben. Die Analyse der Phasenverschiebung ergibt eine Lösung für die
Phasen. Für diese Methode ist Synchroton-Strahlung erforderlich.
Neutronen/Elektronen-Beugung
Neutronen-Beugung
Nach de Broglie hat jedes Teilchen die Wellenlänge 𝝀𝝀 = 𝒉𝒉/𝒑𝒑 . Mit der mittleren Energie der
1
3
Neutronen 𝐸𝐸 = 2 𝑚𝑚𝑣𝑣 2 = 2 𝑘𝑘𝑘𝑘 ergibt sich damit 𝝀𝝀 = 𝒉𝒉/√𝟐𝟐𝟐𝟐𝟐𝟐𝟐𝟐 . Bei 𝑻𝑻 = 𝟔𝟔𝟔𝟔𝟔𝟔𝟔𝟔 beträgt die
Wellenlänge von Neutronen etwa 0,1nm und liegt damit in der Größenordnung der
Kristallgitterkonstanten. Für Beugungsexperimente werden daher thermische Neutronen verwendet
(Neutronen aus Kernspaltungen, die durch Kollision mit schwerem Wasser auf die entsprechenden
Energien abgebremst werden).
Mithilfe von Neutronenbeugung lassen sich Strukturen mit Wasserstoff-Atomen untersuchen. Die
Röntgen-Beugung, die durch Wechselwirkung mit der Elektronenhülle der Atome erfolgt und daher
mit der Zahl der Elektronen im streuenden Atom zunimmt, ist dafür nicht geeignet (H-Streuung wird
durch Streuung großer Atome überdeckt). Die Streuung von Neutronen erfolgt dagegen aufgrund
von Kernkräften und Wechselwirkungen zwischen magnetischen Momenten von Neutron und
Atomkern.
Als Maß für die Streukraft der Teilchen wird die Streulänge angeführt. Die Neutronen-Streulänge von
H und D ist innerhalb eines Faktors 2-3 betragsmäßig vergleichbar mit den Streulängen von schweren
Atomen. Leichte Atome liefern also ebenso einen wesentlichen Beitrag zur Streuintensität. Bei der
Röntgenstrahlung nimmt die Streulänge mit steigender Molekülmasse zu.
Die Streulängen bei Neutronenbeugung von H und D tragen unterschiedliches Vorzeichen. Negatives
Vorzeichen bedeutet, dass die gestreute Strahlung um 180° gegenüber der Streustrahlung an
anderen Atomen mit positiver Streulänge phasenverschoben sind. Diese Phasenverschiebung
beeinflusst die Interferenzterme zwischen H und anderen Termen.
Eine wichtige Anwendung findet diese Eigenschaft bei der Einstellung des Lösungsmittelkontrastes.
Durch Variation des Lösungsmittelverhältnisses H2O/D2O lässt sich der Kontrast zwischen Lömi und
gelöster Substanz verändern. Das Lömi bestimmt wesentlich das beobachtete Beugungsbild der
Neutronenstrahlen. Mithilfe der Kontrastanpassung können verschiedene Bestandteile eines
Objekts selektiv hervorgehoben werden.
Neutronenbeugung
Thermische Neutronen
Schwache Streuung im wesentlichen an Kernen
Probleme: Intensität, Monochromasie
Vorteile: hohe Nachweisempfindlichkeit (Isotopen, leichte und schwere), Bestimmung der
magnetischen Struktur und von Phononenspektren.
Elektronenbeugung
Wesentlich stärkere Wechselwirkung (größere Streuintensität  geringere mengen).
Oberflächen-nahe Bereiche und dünne Schichten.
Vorteile: geringerere Linienverbreiterung, kürzere Belichtungszeiten, leichte Atome gut lokalisierbar.
Teil 2: Elektrochemie und Membranbiophysik
Kapitel 4/5: Basics zum Chemischen Potential und zur Gibbs-Energie
Chemisches Potential
Das chemische Potential ist eine partielle molare Größe. Im Falle einer reinen Substanz ist 𝜇𝜇 einfach
die auf 1 mol bezogene Freie Enthalpie: 𝝁𝝁 = 𝑮𝑮/𝒏𝒏 (n ist die Stoffmenge, G die freie Enthalpie).
Das chemische Potential gibt an, wie viel Arbeit aufzubringen ist, um in einem System bei
konstantem Druck p, konstanter Temperatur T und konstanten Stoffmengen n anderer
Systemkomponenten, die Menge der Substanz i von 𝑛𝑛𝑎𝑎 auf 𝑛𝑛𝑒𝑒 zu erhöhen. Das chemische Potential
ist ein Maß für die Fähigkeit der Substanz i chemische Reaktionen einzugehen oder elektrische,
mechanische und osmotische Arbeit zu leisten. Unter den genannten Bedingungen ist die
aufzubringende Arbeit gleich der Änderung der Gibbs-Energie des Systems.
𝜕𝜕𝜕𝜕
𝜇𝜇𝑖𝑖 = � �
→ 𝑑𝑑𝑑𝑑 = � 𝜇𝜇𝑖𝑖 𝑑𝑑𝑛𝑛𝑖𝑖
𝜕𝜕𝑛𝑛𝑖𝑖 𝑃𝑃,𝑇𝑇,𝑛𝑛
𝑖𝑖
𝑗𝑗
Bei einer Mischung ist das chemische Potential der Komponente i also die partielle Ableitung von G
nach der Stoffmenge 𝑛𝑛𝑖𝑖 unter Konstanhaltung von T,p,n. Wegen des extensiven Charakters von G
gilt: 𝐺𝐺 = ∑𝑖𝑖 𝜇𝜇𝑖𝑖 𝑛𝑛𝑖𝑖 . Die Gibbs-Duhem-Gleichung ist das vollständige Differential des chemischen
Potentials. Bei konstentem T und p (isotherme, isobare Prozessführung) gilt ∑𝑖𝑖 𝑛𝑛𝑖𝑖 𝑑𝑑𝑑𝑑𝑖𝑖 = 0.
Gibbs-Duhem:
∑𝑖𝑖 𝑑𝑑𝑑𝑑𝑖𝑖 𝑛𝑛𝑖𝑖 = −𝑆𝑆𝑆𝑆𝑆𝑆 + 𝑉𝑉𝑉𝑉𝑉𝑉
Wie bei jeder thermodynamischen Energiegröße ist das chemische Potential einer gegebenen
Substanz nur bis auf eine willkürliche additive Konstante bestimmt. Da bei allen Anwendungen nur
Differenzen chemischer Potentiale vorkommen, ist diese Konstante belanglos.
Chemisches Potential für ideale Gase
Aus 𝑑𝑑𝑑𝑑 = 𝑉𝑉𝑉𝑉𝑉𝑉 − 𝑆𝑆𝑆𝑆𝑆𝑆 folgt bei konstanter Temperatur 𝑑𝑑𝑑𝑑 = 𝑉𝑉𝑉𝑉𝑉𝑉. Mit der Definitionsgleichung des
chemischen Potentials folgt weiter 𝑑𝑑𝑑𝑑 = 𝑑𝑑𝑑𝑑/𝑛𝑛 = (𝑉𝑉/𝑛𝑛)𝑑𝑑𝑑𝑑. Mit der idealen Gasgleichung
𝑝𝑝𝑝𝑝 = 𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛 → 𝑉𝑉/𝑛𝑛 = 𝑅𝑅𝑅𝑅/𝑝𝑝 folgt:
𝑑𝑑𝑑𝑑 =
𝑉𝑉
𝑅𝑅𝑅𝑅
𝑑𝑑𝑑𝑑 =
𝑑𝑑𝑃𝑃,
𝑛𝑛
𝑝𝑝
𝜇𝜇
𝑝𝑝
1
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑝𝑝 0 𝑝𝑝
� 𝑑𝑑𝑑𝑑 = 𝑅𝑅𝑅𝑅 �
𝜇𝜇 0∗
𝝁𝝁 = 𝝁𝝁∗𝟎𝟎 + 𝑹𝑹𝑹𝑹 𝐥𝐥𝐥𝐥
𝑷𝑷
𝑷𝑷𝟎𝟎
→ 𝜇𝜇 − 𝜇𝜇0∗ = 𝑅𝑅𝑅𝑅(ln 𝑃𝑃 − ln 𝑃𝑃0 )
Meist wird 𝑝𝑝0 = 1𝑏𝑏𝑏𝑏𝑏𝑏 gesetzt. In 𝜇𝜇 = 𝜇𝜇0∗ + 𝑅𝑅𝑅𝑅 ln 𝑝𝑝 ist dann p eine reine Zahl (Maßzahl des in bar
angegebenen Drucks).
𝛍𝛍 ist nur bis auf die Konstante 𝛍𝛍∗𝟎𝟎 festgelegt, die vom Referenzdruck p0 , von der Temperatur und
von der chemischen Natur des Gases abhängig ist.
Das chemische Potential eines Gases nimmt mit steigendem Druck p zu. Ein hochkomprimiertes
Gas, das zu großer Arbeitsleistung befähigt ist, besitzt ein hohes chemisches Potential.
Chemisches Potential für ideale und reale Lösungen
Das chemische Potential einer ideal verdünnten Lösung (keine WW zwischen den Molekülen, erfüllt
für hinreichend kleine c) kann direkt aus dem des idealen Gases erhalten werden:
𝑉𝑉 = 𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛 → 𝑝𝑝 = (𝑛𝑛/𝑉𝑉)𝑅𝑅𝑅𝑅 = 𝑐𝑐𝑐𝑐𝑐𝑐
𝜇𝜇 = 𝜇𝜇0∗ + 𝑅𝑅𝑅𝑅 ln 𝑝𝑝 → 𝜇𝜇 = 𝜇𝜇0∗ + 𝑅𝑅𝑅𝑅 ln 𝑐𝑐𝑐𝑐𝑐𝑐 = 𝜇𝜇0∗ + 𝑅𝑅𝑅𝑅 ln 𝑅𝑅𝑅𝑅 + 𝑅𝑅𝑅𝑅 ln 𝑐𝑐 = 𝜇𝜇0 + 𝑅𝑅𝑅𝑅 ln 𝑐𝑐
𝝁𝝁 = 𝝁𝝁𝟎𝟎 + 𝑹𝑹𝑹𝑹 𝐥𝐥𝐥𝐥 𝒄𝒄
Bei konzentrierten Lösungen muss man die WW zwischen den gelösten Molekülen berücksichtigen.
Statt der Konzentration wird die Aktivitätt 𝒂𝒂 verwendet, die eine Funktion der Konzentration
darstellt: 𝒂𝒂 = 𝒇𝒇(𝒄𝒄) ∙ 𝒄𝒄 . Hier ist 𝒇𝒇(𝒄𝒄) der Aktivitätskoeffizient. Für 𝑐𝑐 → 0 folgt 𝑓𝑓 → 1, sodass für
verdünnte Lösungen die Aktivität gleich der Konzentration ist.
Bei Lösungen ungeladener Substanzen ist 𝑓𝑓 für kleine Konzentrationen konstant. Bei höheren
Konzentrationen resultiert eine Zunahme von 𝒇𝒇, also eine Erhöhung der effektiven Konzentration im
Vergleich zur tatsächlichen Konzentration. Die Zunahme von 𝑓𝑓 resultiert aus der WW der gelösten
Moleküle mit den Lömi-Molekülen. Im Falle geladener Teilchen: elektrostatische WW mit den H2ODipolen, wodurch es zur Bildung der Hydrathülle kommt (Erniedrigung des Wasser-Anteils =
Erhöhung der effektiven Konzentration).
Debye-Hückel-Theorie
Die Debye-Hückel-Theorie ist ein theoretischer Ansatz zur Beschreibung der Ionenwechselwirkungen
in Lösungen. Sie liefert eine Interpretation für die elektrische Leitfähigkeit starker Elektrolyte sowie
einen Ansatz zur Abschätzung von Aktivitätskoeffizienten für Elektrolyte. Die Grundlage dieser
Theorie ist die Annahme, dass sich solvatisierte Ionen so verteilen, dass ihre Positionen durch
anziehende und abstoßende elektrostatische Kräfte sowie die thermische Bewegung kT bestimmt
werden. Aufgrund der Coulomb-Kraft ergibt sich um ein beliebiges Zentralatom eine kugelförmige
Schale aus Gegenionen. Dies steht im Gegensatz zur statistischen Verteilung der Teilchen wie in
einem Gas. Jedes geladene Teilchen ist Zentralion seiner eigenen Ionenwolke und gleichzeitig
Bestandteil der Ionenwolken entgegengesetzt geladener Ionen. Über die Zeit gemittelt befinden sich
neben jedem beliebigen Ion die passenden Gegen-Ionen (Ionenhülle). Debye-Hückel macht folgende
Annahmen:
•
•
•
•
•
Der Elektrolyt ist vollständig dissoziiert, bei allen Konzentrationen.
Ionen sind kugelförmige, nicht polarisierbare Ladungen (kugelförmiges E-Feld).
Ionenradien sind klein gegenüber dem Abstand der Ionen.
Das Lösungsmittel beeinflusst die Coulomb-WW der Ionen durch Bildung einer Solvathülle
der Dielektrizitätskonstanten ε.
Die Coulomb-WW der Ionen ist klein gegenüber kT nur für verdünnte Lösungen < 0,01 M.
Ionenwolken
Ionenwolken mit Hydrathüllen
Der Radius β der Ionenwolke (auch Debye’scher Radius genannt) ergibt sich für T=25°C in wässrigen
Lösungen zu:
𝜀𝜀𝜀𝜀0 𝑘𝑘𝐵𝐵 𝑇𝑇 0,304 ∙ 10−9 𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚
�
𝛽𝛽 = �
=
,
2𝑁𝑁𝐴𝐴 𝑒𝑒 2 𝐼𝐼
𝑙𝑙
√𝐼𝐼
[𝛽𝛽] = 𝑚𝑚,
[𝐼𝐼] =
𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚
𝑙𝑙
Mit steigender Ionenkonzentration nimmt die Durchdringung der Ionenwolken zu, sodass die
Coulomb-WW stärker wird. Um Reaktionen einzugehen, muss das Ion zusätzliche Arbeit aufwenden,
um die Ionenhülle abzustreifen. Ein Ion in realer Lösung ist damit weniger reaktiv als ein isoliertes Ion
in idealer verdünnter Lösung. Der Reaktionsverlust steigt mit der Dichte der Elektronenwolke und
damit mit der Ionenstärke der Lösung. Um die tatsächlich wirksame Konzentration gelöster Ionen
beschreiben zu können, verwendet man die Aktivität.
Die Aktivitätskoeffizienten aller geladenen Teilchen fallen mit zunehmender Konzentration
zunächst ab. Ursache ist nach Debye-Hückel wie beschrieben die elektrostatische WW zwischen den
Ionen bzw. mit der Ionenhülle, die zu einer Verringerung des chemischen Potentials führt. Nach
Durchlaufen eines Minimums überwiegt auch bei hochkonzentrierten Lösungenen geladener
Teilchen der Anstieg der effektiven Konzentration aufgrund der WW mit den
Lösungsmittelmolekülen. Für sehr niedrige Konzentrationen ist der Aktivitätskoeffizient nach
Debye-Hückel gegeben durch log 𝑓𝑓 = −𝐴𝐴|𝑧𝑧+ 𝑧𝑧− | ∙ √𝐼𝐼 (Debye-Hückelsches Grenzgesetz), wobei 𝐴𝐴
eine Temperatur- und Lösungsmittel-abhängige Konstante und 𝐼𝐼 die Ionenstärke darstellt.
Eine Verfeinerung des Modells von Debye-Hückel ist das Modell nach Debye-Hückel-Onsager, wo
zusätzlich die Hydrodynamik mitberücksichtigt wird. Dies geschieht auf ähnliche Weise wie im Kapitel
Elektrophorese beschrieben (Hydrodynamische Bremsung durch in entgegengesetzter Richtung
wandernde Ionenwolke).
Verteilungsgleichgewicht
Bringt man eine Substanz A in ein Zweiphasen-System, die sich in beiden Phasen löst, resultiert nach
einiger Zeit ein Verteilungsgleichgewicht. In Phase I herrscht dann die Konzentration c‘, in Phase II die
Konzentration c‘‘.
Werden 𝑑𝑑𝑑𝑑 Mole der Substanz A von der Phase I in die Phase II überführt, so ist die gesamte
Änderung 𝑑𝑑𝑑𝑑 der Freien Enthalpie die Summe der Änderungen in beiden Phasen. Bei konstantem
Druck und konstanter Temperatur gilt 𝑑𝑑𝑑𝑑 = 𝜇𝜇𝜇𝜇𝜇𝜇. Weiter gilt beim Übertritt der 𝑑𝑑𝑑𝑑 Mole A von I
nach II die Beziehung: 𝑑𝑑𝑑𝑑′′ = −𝑑𝑑𝑑𝑑′ = 𝑑𝑑𝑑𝑑.
•
•
𝑑𝑑𝑑𝑑 = 𝑑𝑑𝐺𝐺 ′ + 𝑑𝑑𝐺𝐺 ′′ = 𝜇𝜇′ 𝑑𝑑𝑛𝑛′ + 𝜇𝜇′′ 𝑑𝑑𝑛𝑛′′ = (𝜇𝜇′′ − 𝜇𝜇′ )𝑑𝑑𝑑𝑑
Ein spontaner Übertritt von A aus Phase I in Phase II erfolgt dann, wenn 𝜇𝜇′ > 𝜇𝜇′′ (Übergang
von hohem zu niedrigem chemischen Potential), weil 𝑑𝑑𝑑𝑑 < 0 für spontane Prozesse.
Das Verteilungsgleichgewicht ist dann erreicht, wenn 𝜇𝜇′ = 𝜇𝜇′′ , weil 𝑑𝑑𝑑𝑑 = 0 für Prozesse im
Gleichgewicht.
Die Gleichgewichtsbedingung ermöglicht die Berechnung der Konzentrationen beider Phasen im
Gleichgewicht. Dazu einfach die chemischen Potentiale in beiden Phasen gleich setzen und nach dem
Konzentrationsverhältnis auflösen. Die Standardwerte des chemischen Potentials 𝜇𝜇0′ und 𝜇𝜇0′′ sind
verschieden, da sich die Moleküle der Substanz A in beiden Phasen in einer unterschiedlichen
Umgebung befinden. Die Differenz 𝜇𝜇0′ − 𝜇𝜇0′′ wird als −∆𝐺𝐺0 zusammengefasst.
GG-Bedingung:
𝜇𝜇′ = 𝜇𝜇0′ + 𝑅𝑅𝑅𝑅 ln 𝑐𝑐 ′ = 𝜇𝜇0′′ + 𝑅𝑅𝑅𝑅 ln 𝑐𝑐 ′′ = 𝜇𝜇′′
(𝜇𝜇0′ − 𝜇𝜇0′′ )
𝑐𝑐 ′′
= ln 𝑐𝑐 ′′ − ln 𝑐𝑐 ′ = ln ′
𝑅𝑅𝑅𝑅
𝑐𝑐
′
′′
�𝝁𝝁𝟎𝟎 −𝝁𝝁𝟎𝟎 �
−∆𝑮𝑮𝟎𝟎
𝒄𝒄′′
𝑹𝑹𝑹𝑹
𝑹𝑹𝑹𝑹 = 𝜸𝜸
=
𝒆𝒆
=
𝒆𝒆
𝒄𝒄′
Der Verteilungskoeffizient 𝜸𝜸 ist nur noch von der Temperatur abhängig. Das
Konzentrationsverhältnis ist demnach eine temperaturabhängige Konstante.
Die Änderung der freien Enthalpie durch Transfer von 1 mol von Phase I nach II kann durch Integration aus 𝑑𝑑𝑑𝑑 =
(𝜇𝜇′′ − 𝜇𝜇′ )𝑑𝑑𝑑𝑑 bestimmt werden. Unter der Annahme, dass sich die Konzentrationen c‘ und c‘‘ unwesentlich ändern (n‘ und
n‘‘ sind hinreichend groß), bleiben die chemischen Potentiale µ‘ und µ‘‘ praktisch konstant. Es gilt:
∆𝐺𝐺 = 𝜇𝜇′′ − 𝜇𝜇′ = (𝜇𝜇0′′ − 𝜇𝜇0′ ) + 𝑅𝑅𝑅𝑅 ln
𝑐𝑐 ′′
= ∆𝐺𝐺0
𝑐𝑐 ′
∆𝐺𝐺0 ist damit die Änderung der Freien Enthalpie von 1 mol Substanz (∆𝐺𝐺), unter der Bedingung 𝑐𝑐′ = 𝑐𝑐′′, wodurch der lnTerm wegfällt. Bei positivem ∆𝐺𝐺0 (𝜇𝜇0′′ > 𝜇𝜇0′ ) ist der Verteilungskoeffizient 𝛾𝛾 < 0 (A reichert sich in Phase I an).
Massenwirkungsgesetz und Energetik chemischer Reaktionen
Bei einer Reaktion 𝑣𝑣𝐴𝐴 𝐴𝐴 + 𝑣𝑣𝐵𝐵 𝐵𝐵 → 𝑣𝑣𝑃𝑃 𝑃𝑃 + 𝑣𝑣𝑄𝑄 𝑄𝑄 gilt für die Änderung der Freien Enthalpie 𝑑𝑑𝑑𝑑:
𝑑𝑑𝑑𝑑 = 𝜇𝜇𝐴𝐴 𝑑𝑑𝑛𝑛𝐴𝐴 + 𝜇𝜇𝐵𝐵 𝑑𝑑𝑛𝑛𝐵𝐵 + 𝜇𝜇𝑃𝑃 𝑑𝑑𝑛𝑛𝑃𝑃 + 𝜇𝜇𝑄𝑄 𝑑𝑑𝑛𝑛𝑄𝑄
Annahme: Die Konzentrationen aller Reaktanden sind konstant (erfüllt bei großem Volumen des Reaktionsgefäßes bzw.
hohen Konzentrationen der Reaktanden  endlicher Stoffumsatz ohne Einfluss auf Konzentrationsverhältnisse). Somit
können auch die chemischen Potentiale der Reaktanden als konstant betrachtet werden.
Die einzelnen Stoffmengenänderungen 𝑑𝑑𝑛𝑛𝑖𝑖 sind über die stöchiometrischen Koeffizienten
miteinander verknüpft. Außerdem müssen bei den Edukten ein negatives Vorzeichen ergänzt
werden. Es folgt für die Änderung der freien Enthalpie pro Formelumsatz ∆𝑮𝑮:
∆𝐺𝐺 = �𝜇𝜇𝑃𝑃 𝑣𝑣𝑃𝑃 + 𝜇𝜇𝑄𝑄 𝑣𝑣𝑄𝑄 � − (𝜇𝜇𝐴𝐴 𝑣𝑣𝐴𝐴 + 𝜇𝜇𝐵𝐵 𝑣𝑣𝐵𝐵 )
Für ideal verdünnte Lösungen folgt weiter mit 𝜇𝜇𝑖𝑖 = 𝜇𝜇𝑖𝑖0 + 𝑅𝑅𝑅𝑅 ln 𝑐𝑐𝑖𝑖 :
∆𝐺𝐺 = �𝜇𝜇𝑃𝑃0 𝑣𝑣𝑃𝑃 + 𝜇𝜇𝑄𝑄0 𝑣𝑣𝑄𝑄 � − �𝜇𝜇𝐴𝐴0 𝑣𝑣𝐴𝐴 + 𝜇𝜇𝐵𝐵0 𝑣𝑣𝐵𝐵 � + 𝑅𝑅𝑅𝑅�𝑣𝑣𝑃𝑃 ln 𝑐𝑐𝑃𝑃 + 𝑣𝑣𝑄𝑄 ln 𝑐𝑐𝑄𝑄 � − 𝑅𝑅𝑅𝑅(𝑣𝑣𝐴𝐴 ln 𝑐𝑐𝐴𝐴 + 𝑣𝑣𝐵𝐵 ln 𝑐𝑐𝐵𝐵 )
∆𝐺𝐺 = ∆𝐺𝐺 0 + 𝑅𝑅𝑅𝑅 ln
𝑣𝑣
𝑣𝑣
𝑐𝑐𝑃𝑃𝑃𝑃 ∙ 𝑐𝑐𝑄𝑄𝑄𝑄
𝑣𝑣
𝑣𝑣
𝑐𝑐𝐴𝐴 𝐴𝐴 ∙ 𝑐𝑐𝐵𝐵𝐵𝐵
Für die Konzentrationen sind die entsprechenden Konzentrationen vor Einstellung des
Gleichgewichts einzusetzen! Sind alle Konzentrationen gleich eins, so folgt ∆𝐺𝐺 = ∆𝐺𝐺 0 (Änderung der
freien Enthalpie unter Standardbedingungen).
Die Reaktion verläuft dann spontan von links nach rechts, wenn 𝜇𝜇𝐴𝐴 𝑣𝑣𝐴𝐴 + 𝜇𝜇𝐵𝐵 𝑣𝑣𝐵𝐵 > 𝜇𝜇𝑃𝑃 𝑣𝑣𝑃𝑃 + 𝜇𝜇𝑄𝑄 𝑣𝑣𝑄𝑄 , da
für spontane Prozesse ∆𝐺𝐺 < 0 gilt. Selbst wenn ∆𝐺𝐺 0 positiv ist, kann die Reaktion spontan ablaufen,
wenn die Konzentration der Endprodukte klein gehalten wird (z.B. bei Folgereaktion).
Im Gleichgewicht gilt ∆𝑮𝑮 = 𝟎𝟎. Es folgt damit:
0
−∆𝐺𝐺 = 𝑅𝑅𝑅𝑅 ln
𝑣𝑣
𝑣𝑣
𝑐𝑐𝑃𝑃𝑃𝑃 ∙ 𝑐𝑐𝑄𝑄𝑄𝑄
𝑣𝑣
𝑐𝑐𝐴𝐴 𝐴𝐴
∙
𝑣𝑣
𝑐𝑐𝐵𝐵𝐵𝐵
∆𝐺𝐺 0
= 𝑅𝑅𝑅𝑅 ln 𝐾𝐾 → 𝐾𝐾 = 𝑒𝑒 − 𝑅𝑅𝑅𝑅
Für die Konzentrationen der Reaktanden sind die Konzentrationen im Gleichgewicht einzusetzen!
Da ∆𝐺𝐺 0 Konzentrations-unabhängig ist, muss das Argument im 𝑙𝑙𝑙𝑙 eine Konstante sein, die als
𝐾𝐾 bezeichnet wird. 𝑲𝑲 ist die Gleichgewichtskonstante der Reaktion und definiert das
Massenwirkungsgesetz. Sie ist abhängig von der chemischen Natur der Reaktanden, von der
Temperatur und vom Druck. Die Einheit der Gleichgewichtskonstanten ist abhängig von der Anzahl
an Edukten und Produkten.
Im Fall, dass es sich nicht um ideal verdünnte Lösungen handelt, sind die Konzentrationen durch
Aktivitäten zu ersetzen.
Hinreaktion und Rückreaktion laufen auch im Gleichgewicht ständig ab.
Die Standardänderung der Freien Enthalpie ∆𝑮𝑮𝟎𝟎
Der Standardzustand ist durch die Konzentration 1 M definiert. Je stärker ∆𝐺𝐺 0 negativ ist, desto
größer ist K (GG umso mehr auf der Seite der Produkte). Reaktionen mit hohen
Gleichgewichtskonstanten werden als irreversibel bezeichnet. Sind Wasserstoffionen an der Reaktion
beteiligt, so wird als Standardzustand eine Wasserstoffionen-Konzentration von 10−7 𝑀𝑀 (pH=7)
′
gewählt. Die Standardenthalpie wird mit ∆𝐺𝐺 0 bezeichnet.
Für komplizierte Reaktionen kann ∆𝐺𝐺 0 aus den ∆𝐺𝐺 0 -Werten einfacher Reaktionen zusammengesetzt
werden, die tabelliert sind. Die Reaktion muss dazu in Teilreaktionen zerlegt werden und die
einzelnen ∆𝐺𝐺 0 -Werte der Teilreaktionen aufaddiert werden.
Gekoppelte Reaktionen: exergone und endergone Reaktionen
′
Die Raktion Glucose + 𝑃𝑃𝑖𝑖  Glucose-6-Phosphat + H2O läuft nicht spontan ab, da ∆𝐺𝐺 0 1 =
′
13,8𝑘𝑘𝑘𝑘/𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚. Durch Kopplung an die Reaktion ATP+H2O  ADP + 𝑃𝑃𝑖𝑖 + H+ mit ∆𝐺𝐺 0 2 = −30,5𝑘𝑘𝑘𝑘/𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚
′
′
kann die Gesamtreaktion spontan ablaufen (∆𝐺𝐺 0 1 + ∆𝐺𝐺 0 2 = −16,7𝑘𝑘𝑘𝑘/𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚). Die Kopplung erfolgt
über das Enzym Hexokinase, die das Phosphat von ATP direkt auf Glucose überträgt.
•
•
∆𝐺𝐺 < 0: exergone Reaktion, läuft spontan ab.
∆𝐺𝐺 > 0: endergone Reaktion, läuft nicht spontan ab.
Enthalpie und Entropie bei chemischen Reaktionen
Gibbs-Helmholtz-Gleichung: ∆𝐺𝐺 = ∆𝐻𝐻 − 𝑇𝑇∆𝑆𝑆
Endotherme Reaktion: ∆𝐻𝐻 > 0, Wärme wird aus der Umgebung aufgenommen
Exotherme Reaktion: ∆𝐻𝐻 < 0, Wärme wird an die Umgebung abgegeben
Standardbedingungen (T=298,15K): ∆𝐺𝐺 0 = ∆𝐻𝐻 0 − 𝑇𝑇∆𝑆𝑆 0
∆𝐻𝐻 0
∆𝑆𝑆 0
𝑅𝑅
Gleichgewichtskonstante: 𝐾𝐾 = 𝑒𝑒 − 𝑅𝑅𝑅𝑅 ∙ 𝑒𝑒 −
Läuger, Kapitel 6: Elektrochemie
Elektrolytische Leitung
Das Gesetz von Faraday
Elektrolyte sind Stoffe, die in Wasser in frei bewegliche Ionen dissoziieren und daher elektrische
Leiter darstellen. Durch Eintauchen von Elektroden aus einem inerten Metall (z.B. Platin) kann der
Leitungsvorgang in Lösung beobachtet werden. Bei Anlegen einer Spannung 𝑉𝑉 fließt ein Strom 𝐼𝐼
durch die Lösung. Der Ladungstransport entspricht einer Wanderung von positiven Kationen zur
Kathode und negativen Anionen zur Anode innerhalb der wässrigen Lösung. Im Inneren der
Metallelektroden besteht der Ladungstransport in einer Wanderung von Elektronen.
An der Grenzfläche Elektrode/Lösung findet also ein
Übergang von einem elektronischen zu einem ionischen
Leitungsmechanismus statt. Dies hat zur Folge, dass an
den Elektroden chemische Reaktionen ablaufen
(Elektrolyse). Bei einer HCl-Lösung reagieren zwei
Protonen mit zwei Elektronen der Kathode zu H2-Gas,
während zwei Chlorid-Ionen zwei Elektronen an die
Anode abgeben und als Cl2-Gas der Lösung entweichen.
Die Kathode ist damit Elektronendonor, während die
Anode Elektronenakzeptor ist.
Fließt während der Zeit 𝑡𝑡 ein konstanter Strom 𝐼𝐼, so wird insgesamt die Ladung 𝑸𝑸 = 𝑰𝑰𝑰𝑰 [𝑪𝑪 = 𝑨𝑨𝑨𝑨]
transportiert. Die an den Elektroden umgesetzten Stoffmengen sind der transportierten Ladung
proportional. Für die Abscheidung von 1 mol einer einwertigen Ionensorte benötigt man 𝑁𝑁𝐴𝐴 𝑒𝑒 = 𝐹𝐹 =
96485𝐶𝐶/𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚 (Faraday-Konstante). Die allgemeine Form dieser Beziehung: 𝑸𝑸 = 𝒏𝒏𝒏𝒏𝒏𝒏 ist das Gesetz
von Faraday (n = Anzahl der Mole, z = Ladung).
Ionenwanderung im elektrischen Feld, Ionenbeweglichkeit und Leitfähigkeit
Die Konzentrations-Abhängigkeit der Leitfähigkeit einer Elektrolytlösung kann über eine zylindrische
Leitfähigkeitszelle vom Querschnitt 𝐴𝐴 und der Länge 𝑙𝑙 gemessen werden, die eine verdünnte Lösung
eines völlig dissoziierten Elektrolyten 𝐴𝐴𝐴𝐴 ⇌ 𝐴𝐴+ + 𝐵𝐵− enthält. Die von außen angelegten elektrischen
Potentiale der Elektroden 1 und 2 erzeugen eine Potentialdifferenz/Spannung von 𝑉𝑉 = 𝜑𝜑1 − 𝜑𝜑2 , die
mit einem elektrischen Feld in x-Richtung verbunden ist. Dabei wird von einer linearen Abhängigkeit
des elektrischen Potentials von der Ortskoordinate x ausgegangen.
𝐸𝐸𝑥𝑥 = −
𝑑𝑑𝑑𝑑 𝜑𝜑1 − 𝜑𝜑2 𝑉𝑉
=
=
𝑙𝑙
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑙𝑙
��⃗+ = 𝒆𝒆𝑬𝑬
�⃗ ; auf das
Im elektrischen Feld wirkt auf das einwertige Kation der Ladung 𝒆𝒆 die Kraft 𝑲𝑲
��⃗− = −𝒆𝒆𝑬𝑬
�⃗ . Schaltet man das E-Feld ein, so nehmen die Ionen
Anion der Ladung – 𝑒𝑒 wirkt die Kraft 𝑲𝑲
�⃗+ = 𝒖𝒖+ �𝑬𝑬⃗ und 𝒗𝒗
�⃗− = −𝒖𝒖− �𝑬𝑬⃗ an, bei der die
innerhalb kurzer Zeit konstante Geschwindigkeiten 𝒗𝒗
Reibungskraft mit der elektrischen Kraft im GG ist. 𝑢𝑢+ und 𝑢𝑢− sind die Ionenbeweglichkeiten
(Einheit: 𝑐𝑐𝑚𝑚2 𝑉𝑉 −1 𝑠𝑠 −1 , Geschwindigkeit des Ions unter Wirkung der Feldstärke 1𝑉𝑉𝑉𝑉𝑚𝑚−1 , qualitativer
Zusammenhang zum Diffusionskoeffizienten). Die Beweglichkeit kleiner Ionen in Wasser bei RT ist im
Bereich 10−3 𝑐𝑐𝑚𝑚2 𝑉𝑉 −1 𝑠𝑠 −1 und daher sehr langsam (0,01mm pro Sekunde bei einer Feldstärke von
1𝑉𝑉𝑉𝑉𝑚𝑚−1 ).
Die Elektrolytlösung enthält pro Volumenelement 𝑁𝑁+ Kationen und 𝑁𝑁− Anionen. Der durch die
Bewegung der Ionen erzeugte elektrische Strom 𝑰𝑰 entspricht der Ladung 𝑸𝑸 pro Zeitintervall ∆𝒕𝒕, die
durch eine senkrecht zur Bewegungsrichtung anzunehmende Querschnittsfläche 𝑨𝑨 hindurchtritt. In
der Zeit ∆𝑡𝑡 legt das Ion die Strecke 𝒔𝒔 = 𝒗𝒗∆𝒕𝒕 zurück. Durch die Querschnittsfäche A treten in ∆𝑡𝑡 also
alle Ionen durch, die sich in einem Zylinder des Volumens 𝑨𝑨𝑨𝑨∆𝒕𝒕 befinden, insgesamt also:
∆𝑵𝑵 = 𝑵𝑵𝑵𝑵𝑵𝑵∆𝒕𝒕 Ionen. Es resultiert ein Strombeitrag von 𝑰𝑰 = ∆𝑸𝑸/∆𝒕𝒕 = 𝒆𝒆∆𝑵𝑵/∆𝒕𝒕. Angewandt auf
Kationen und Anionen ergibt sich (Die entgegengesetzten Bewegungsrichtungen der Kationen und Anionen können
nicht registriert werden, da beide parallel zum E-Feld laufen. Es resultieren in beiden Fällen positive Strombeträge; für die
Geschwidnigkeiten werden Beträge verwendet!):
𝐼𝐼+ = 𝑒𝑒𝑁𝑁+ 𝐴𝐴𝑣𝑣+ ,
𝐼𝐼− = 𝑒𝑒𝑁𝑁− 𝐴𝐴𝑣𝑣− ,
→ 𝐼𝐼 = 𝑒𝑒𝑒𝑒(𝑁𝑁+ 𝑣𝑣+ + 𝑁𝑁− 𝑣𝑣−)
Mit 𝑁𝑁 = 𝑐𝑐𝑁𝑁𝐴𝐴 = 𝑐𝑐𝑐𝑐/𝑒𝑒 (𝑭𝑭 = 𝑵𝑵𝑨𝑨 𝒆𝒆 ) sowie 𝑣𝑣 = 𝑢𝑢𝑢𝑢 = 𝑢𝑢𝑢𝑢/𝑙𝑙 folgt weiter:
U
𝑰𝑰 = 𝒄𝒄𝒄𝒄𝒄𝒄(𝒖𝒖+ + 𝒖𝒖− )
𝑽𝑽
𝒍𝒍
Damit ist der elektrische Strom proportional zur angelegten Spannung, die als Triebkraft für die
Ionenbewegung wirkt. Das Verhältnis von |𝑰𝑰/𝑽𝑽| (Strom:Spannung) ist der elektrische Leitwert
(Einheit: 𝑆𝑆 = 1𝐴𝐴/𝑉𝑉). Er ist damit von den Dimensionen der Leitfähigkeitszelle (𝑨𝑨 und 𝒍𝒍) sowie von
den Eigenschaften der Elektrolytlösung (𝒄𝒄 und 𝒖𝒖) abhängig.
Werden ausschließlich die Eigenschaften der Elektrolytlösung berücksichtigt, definiert sich die
elektrische Leitfähigkeit 𝝀𝝀 als der auf die Flächeneinheit und die Längeneinheit bezogene Leitwert
(Leitwert der Einheitszelle: A=1cm², l=1cm).
|𝐼𝐼/𝑉𝑉| ∙ 𝑙𝑙
= 𝝀𝝀 = 𝒄𝒄𝒄𝒄(𝒖𝒖+ + 𝒖𝒖− ) ,
𝐴𝐴
[𝐴𝐴𝑉𝑉 −1 𝑐𝑐𝑚𝑚−1 = 𝑆𝑆𝑆𝑆𝑚𝑚−1 ]
Die entsprechend reziproken Größen sind elektrischer Widerstand (Einheit: Ω = 𝑉𝑉/𝐴𝐴 = 1/𝑆𝑆) und
spezifischer elektrischer Widerstand (Einheit: 𝑉𝑉𝐴𝐴−1 𝑐𝑐𝑐𝑐).
Um eine von der Konzentration unabhängige Vergleichsgröße zu erhalten wird die molare
elektrische Leitfähigkeit definiert: 𝚲𝚲 = 𝝀𝝀/𝒄𝒄 .
Die Leitfähigkeit von Elektrolytlösungen (Ionenleitung) ist viel geringer als die von Metallen
(Elektronenleitung): Für 1M KCl bei 25°C gilt 𝜆𝜆 = 0,11𝑆𝑆𝑆𝑆𝑚𝑚−1 (realer Messwert, berechneter Wert liegt bei
0,15𝑆𝑆𝑆𝑆𝑚𝑚−1 , da diese Gleichungen keine interionische WW berücksichtigen -> bewirkt Reduktion der Leitfähigkeit),
während für gut leitende Metalle 𝜆𝜆 = 106 𝑆𝑆𝑆𝑆𝑚𝑚−1 gilt.
𝑧𝑧
𝑧𝑧
Berücksichtigung der Ladungszahl z und Dissoziationszahl n der Ionen 𝐾𝐾𝑛𝑛 ++ 𝐴𝐴𝑛𝑛−− :
Interionische Wechselwirkung
𝝀𝝀 = 𝒄𝒄𝒄𝒄(𝒏𝒏+𝒛𝒛+𝒖𝒖+ + 𝒏𝒏−𝒛𝒛−𝒖𝒖−)
Es wurde bisher vorausgesetzt, dass die Ionen unabhängig voneinander wandern (keine interionische
WW), was nur bei hochverdünnten Lösungen zutrifft. Zwei Ladungen q im Abstand r ziehen sich mit
�⃗𝑪𝑪 an. Dabei tritt die Coulomb-Energie 𝑾𝑾𝑪𝑪 auf. 𝑟𝑟⃗0 ist der Einheitsvektor in
der Coulomb-Kraft �𝑲𝑲
Verbindungsrichtung der beiden Ladungen.
�𝑲𝑲
�⃗𝑪𝑪 =
𝒒𝒒+𝒒𝒒−
�⃗ ,
𝒓𝒓
𝟒𝟒𝟒𝟒𝟒𝟒𝜺𝜺𝟎𝟎 𝒓𝒓𝟐𝟐 𝟎𝟎
𝑾𝑾𝑪𝑪 = −
𝒒𝒒+𝒒𝒒−
𝟒𝟒𝟒𝟒𝟒𝟒𝜺𝜺𝟎𝟎 𝒓𝒓
Würde nur die Coulomb-Kraft wirken, würden die Ionen in Wasser nicht dissoziieren. Ursache der
Dissoziation ist die thermische Molekularbewegung aufgrund der thermischen Energie
𝑾𝑾𝒕𝒕𝒕𝒕 = 𝒌𝒌𝑩𝑩 𝑻𝑻 = 𝟒𝟒, 𝟏𝟏 ∙ 𝟏𝟏𝟏𝟏−𝟐𝟐𝟐𝟐 𝑱𝑱 . Ist die Coulomb-Energie kleiner als die thermische, so erfolgt die
Dissoziation.
Für einen Abstand 𝑟𝑟 = 0,5𝑛𝑛𝑛𝑛 (5-facher Ionenradius von Na+) würde in Wasser (𝜀𝜀 = 80) die
Coulomb-Energie zweier einwertiger Ionen (𝑞𝑞+ 𝑞𝑞− = −𝑒𝑒 2 ) 𝑊𝑊𝐶𝐶 = 5,8 ∙ 10−21 𝐽𝐽 betragen. Dies
entspricht 2,9 ∙ 10−21 𝐽𝐽 < 𝑊𝑊𝑡𝑡ℎ pro Ion. Die thermische Energie ist damit ausreichend für die
Dissoziation, jedoch nicht groß genug, um eine völlige unabhängige Bewegung von Kationen und
Anionen in Lösung zu ermöglichen. Damit ist die Aufenthaltswahrscheinlichkeit eines Kations in der
Nähe eines Anions größer, als man es für eine unabhängige Bewegung erwarten würde. Kationen
und Anionen stören sich bei der Bewegung im E-Feld, was zur Konzentrations-Abhängigkeit der
molaren Leitfähigkeit führt. Für verdünnte Lösungen gilt:
𝚲𝚲(𝐜𝐜) = 𝚲𝚲𝟎𝟎 − 𝒂𝒂√𝒄𝒄
Hier ist Λ 0 der Grenzwert von Λ für 𝑐𝑐 → 0 und 𝑎𝑎 eine positive Konstante. Bei 1mM KCl beträgt der
Korrekturfaktor 2%, bei größeren Konzentrationen kann er erheblich ansteigen. Die Reduktion der
molaren Leitfähigkeit entspricht phänomenologisch einer Reduktion der effektiven IonenKonzentration. Dies wurde bereits anhand der Aktivität 𝑎𝑎 = 𝑓𝑓(𝑐𝑐)𝑐𝑐 festgestellt, wobei der
Aktivitätskoeffizient 𝑓𝑓(𝑐𝑐) Konzentrationsabhängig ist (für Ionen: Reduktion der effektiven Konzentration bei
geringen Konzentrationen aufgrund interionischer WW).
Beziehungen zwischen Ionenbeweglichkeit und Ionenradius
Da bei konstanter Geschwindigkeit im E-Feld ein GG zwischen Reibungskraft und elektrischer Kraft
�⃗𝑟𝑟 = −𝐾𝐾
�⃗+ bzw. 𝐾𝐾
�⃗𝑟𝑟 = −𝐾𝐾
�⃗−. Für kugelförmige makroskopische Teilchen und
herrscht gilt: 𝐾𝐾
�⃗𝑟𝑟 = −6𝜋𝜋𝜋𝜋𝜋𝜋𝑣𝑣⃗ = −6𝜋𝜋𝜋𝜋𝜋𝜋𝑢𝑢𝐸𝐸�⃗ . Es
näherungsweise auch für mikroskopische gilt das Stokesche Gesetz 𝐾𝐾
folgt (da u positiv sein muss und z negativ für Anionen, muss ein negatives Vorzeichen ergänzt werden):
−6𝜋𝜋𝜋𝜋𝜋𝜋𝜋𝜋𝐸𝐸�⃗ = 𝑧𝑧𝑧𝑧𝐸𝐸�⃗ ,
→ 𝒖𝒖+/− = ±
𝒛𝒛+/− ∙ 𝒆𝒆
𝟔𝟔𝟔𝟔𝟔𝟔 ∙ 𝒓𝒓+/−
Ionenbeweglichkeit ist demnach umgekehrt proportional zum Ionenradius, wobei der Radius des
hydratisierten Ions zu betrachten ist. Die Verhältnisse hier (Li+aq > Na+aq > K+aq) sind umgekehrt als
bei den Ionenradien ohne Hydrathülle (Li+ < Na+ < K+).
Eine Sonderrolle nimmt das Proton ein, das eine besonders hohe Beweglichkeit besitzt. Dies liegt an
dem Ordnungsgrad des Wassers, dass Protonentransport längs H-Brückenbindungen erlaubt
(Grothhuß-Mechanismus).
Überführungszahlen
Da Kation und Anion unterschiedliche Beweglichkeiten besitzen, sind die Beiträge zum
Gesamtstrom 𝑰𝑰 = 𝑰𝑰+ + 𝑰𝑰− unterschiedlich groß. Es werden Überführungszahl des Kations
𝑡𝑡+ = 𝐼𝐼+ /𝐼𝐼 = 𝑢𝑢+/(𝑢𝑢+ + 𝑢𝑢−) und des Anions 𝑡𝑡− (äquivalent) definiert, wobei 𝑡𝑡+ + 𝑡𝑡− = 1. Für HCl
gilt z.B. 𝑡𝑡+ = 0,82, d.h. der Strom wird zu 82% durch Protonen getragen, aufgrund der hohen
Beweglichkeit der Protonen.
Ionengleichgewichte an Membranen: Das elektrochemische Potential
Ionenselektive Membranen
Es werden zwei Phasen zu unterschiedlichen NaCl-Konzentrationen betrachtet, die über eine
Membran getrennt sind, die nur für eine Ionensorte permeabel sei (Ionenselektivität).
Ionenselektive Membranen sind z.B. Ionenaustauscher-Membranen, die aus einem hochpolymeren porösen
Netzwerk mit hoher Konzentration fixierter elektrischer Ladungen trägt. Kationenselektivität wird z.B. durch
fixierte COO -Gruppen bewerkstelligt. Die porösen Zwischenräume enthalten dann neben Wasser Kationen,
welche die fixierten negativen Ladungen neutralisieren. Die Anionen-Konzentration ist sehr gering.
Aufgrund des Konzentrationsgradienten hat Na+ die Tendenz von der Seite höherer Konzentration
(c‘‘) zur Seite niedrigerer Konzentration (c‘) zu wandern. Es kommt nicht zum
Konzentrationsausgleich, da sich eine Potentialdifferenz 𝜑𝜑 ′ − 𝜑𝜑′′ = 𝑉𝑉𝑚𝑚 über der Membran aufbaut
(Membranpotential).
(1) Zunächst wird dabei 𝜑𝜑′ > 𝜑𝜑′′ , da die linke Seite der Membran (Plattenkondensator) durch
die positiven Na+-Ionen positiv aufgeladen wird.
(2) Dies führt zu einem elektrischen Feld im Inneren der Membran, dessen Vektor von links nach
rechts orientiert ist.
(3) Das elektrische Feld induziert eine Kraft in Gegenrichtung der wandernden, positiv geladenen
Teilchen, die den Transport zum Erliegen bringt. Der Gleichgewichtszustand entspricht
keinem Konzentrationsausgleich, sondern einem hinreichend großen Membranpotential.
Elektrochemisches Potential, Membranpotential unter Gleichgewichtsbedingungen
Obwohl sich ein Gleichgewichtszustand einstellt, ist die für ungeladene Teilchen gültige
′
Gleichgewichtsbedingung 𝜇𝜇′ = 𝜇𝜇′′ für das permeable Kation nicht mehr gültig, da 𝑐𝑐 ′ ≠ 𝑐𝑐 ′′ → 𝜇𝜇𝑁𝑁𝑎𝑎
+ ≠
′′
𝜇𝜇𝑁𝑁𝑎𝑎 + . Es muss der Beitrag der elektrischen Potentialdifferenz berücksichtigt werden.
Das elektrochemische Potential ist die Summe aus elektrischem und chemischem Potential:
𝜇𝜇�𝑖𝑖 = 𝜇𝜇𝑖𝑖 + 𝑧𝑧𝑖𝑖 𝐹𝐹𝐹𝐹 = 𝜇𝜇𝑖𝑖0 + 𝑅𝑅𝑅𝑅 ln 𝑎𝑎𝑖𝑖 + 𝑧𝑧𝑖𝑖 𝐹𝐹𝐹𝐹
𝒛𝒛𝒊𝒊 𝑭𝑭𝑭𝑭 ist die elektrostatische Energie, die aufgewendet werden muss, um 1 mol Ionen der
Gesamtladung 𝒛𝒛𝒊𝒊 𝑭𝑭 vom Unendlichen (Potential Null) an einen Ort des Potentials 𝝋𝝋 zu
transferieren. Für das permeable Ion gilt demnach die Gleichgewichtsbeziehung 𝜇𝜇� ′ = 𝜇𝜇�′′ . Für das
permeable Kation gilt damit:
′
′′
𝜇𝜇+
+ 𝑧𝑧+ 𝐹𝐹𝜑𝜑′ = 𝜇𝜇+
+ 𝑧𝑧+ 𝐹𝐹𝜑𝜑′′
0
0
𝜇𝜇+
+ 𝑅𝑅𝑅𝑅 ln 𝑐𝑐+′ + 𝑧𝑧+ 𝐹𝐹𝜑𝜑′ = 𝜇𝜇+
+ 𝑅𝑅𝑅𝑅 ln 𝑐𝑐+′′ + 𝑧𝑧+ 𝐹𝐹𝜑𝜑′′
𝑧𝑧+ 𝐹𝐹𝜑𝜑′ − 𝑧𝑧+ 𝐹𝐹𝜑𝜑′′ = 𝑅𝑅𝑅𝑅 ln
𝑉𝑉𝑚𝑚 = 𝜑𝜑′ − 𝜑𝜑′′ =
𝑐𝑐+′′
𝑐𝑐+′
𝑅𝑅𝑅𝑅 𝑐𝑐 ′′
ln
𝑧𝑧𝑧𝑧 𝑐𝑐 ′
Für z.B. Na+ gilt mit 𝑧𝑧+ = 1 für 𝑇𝑇 = 298𝐾𝐾 folgende Gleichung. Für einwertig negative geladene Ionen
wie Cl- würde derselbe Betrag mit anderem Vorzeichen (𝑧𝑧− = −1) resultieren.
𝑉𝑉𝑚𝑚 = 59𝑚𝑚𝑚𝑚 ∙ log10
𝑐𝑐 ′′
𝑐𝑐 ′
Unter Berücksichtigung der spezifischen Membrankapazität C, errechnet sich eine akkumulierte Ladung von
𝑄𝑄 = 𝐶𝐶𝐶𝐶 = 5,8 ∙ 10−8 𝐶𝐶 = 3,6 ∙ 1011 𝑒𝑒 pro cm² Membranfläche.
Gleichungen für Membranpotentiale im Gleichgewichtszustand werden als Nernst-Gleichungen
bezeichnet.
Bei diesen Berechnungen wird immer die
Elektroneutralitätsbedingung berücksichtigt. Diese
besagt, dass auf jeder Seite der Membran gleich viele
Kationen wie Anionen vorliegen müssen (jedes
intrazelluläre Kompartiment ist für sich elektroneutral).
Die Diffusion von Kationen über die Membran bewirkt
demnach, dass Anionen nachdiffundieren – Sie
kommen allerdings nicht über die Membran.
Die Potentialdifferenz kommt ausschließlich dadurch zustande, dass die Membran auf ihren beiden
Seiten Ionen verschiedenen Vorzeichens aufnehmen kann – Sie wird nur durch die Ladungen
bestimmt, die dicht an der Membran anliegen. Die durch die Membran transportierten Kationen
akkumulieren also an der Membran auf der gegenüberliegenden Seite, die Anionen auf der
entgegengesetzten Membranseite (Aufladung des Membrankondensators).
Donnan-Gleichgewicht
Das Donnan-Gleichgewicht beschreibt das Membranpotential, wenn eine für kleine Kationen und
Anionen permeable Membran mit der Lösung eines impermeablen Polyelektrolyten
(hochmolekulare, ioinisierte Verbindung, z.B. Protein) in Kontakt steht. In Lösung werden die auf
dem Polyelektrolytmolekül fixierten Ladungen durch gelöste kleine Gegenionen kompensiert. Im
Durchschnitt trägt ein Proteinat etwa 10 Ladungen.
Es wird eine für Na+ und Cl- permeable Membran betrachtet. Im Gleichgewichtszustand gilt 𝑐𝑐+′ = 𝑐𝑐+′′
sowie 𝑐𝑐−′ = 𝑐𝑐−′′ , wenn lediglich der niedermolekulare Elektrolyt NaCl vorhanden ist. Das
Membranpotential ist null. Die Zugabe eines Proteins zur Phase II bewirkt über die überschüssig
fixierten Ladungen 𝒛𝒛𝑷𝑷 die Aufnahme von Ionen aus der Lösung. Dadurch stellt sich ein neues
Gleichgewicht ein, bei dem 𝑐𝑐+′ = 𝑐𝑐+′′ sowie 𝑐𝑐−′ = 𝑐𝑐−′′ nicht mehr gelten. Zudem ist das
Membranpotential nicht mehr null.
•
′
′′
Ausgangspunkt der Betrachtung sind wieder die Gleichgewichtsbedingungen 𝜇𝜇�+
= 𝜇𝜇�+
und
+
′
′′
𝜇𝜇�− = 𝜇𝜇�− für Na bzw. Cl . Einsetzen der elektrochemischen Potentiale für verdünnte
Lösungen und Addition der beiden Gleichungen ergibt die Donnan-Gleichung 𝒄𝒄′+ 𝒄𝒄′− = 𝒄𝒄′′+ 𝒄𝒄′′− .
In beiden Lösungen muss damit das Produkt der Konzentrationen von permeablen Kationen
und Anionen gleich groß sein.
•
•
In der Protein-freien Phase I gilt die Elektroneutralitätsbedingung 𝒄𝒄′+ = 𝒄𝒄′− = 𝒄𝒄′ , sodass
die Donnan-Gleichung zur quadratischen Gleichung (𝒄𝒄′ )𝟐𝟐 = 𝒄𝒄′′+ 𝒄𝒄′′− wird.
Enthält die Phase II ein positiv geladenes Protein, so ist 𝒄𝒄′′− > 𝒄𝒄′′+ , da die Ladung des Proteins
durch einen Cl--Überschuss kompensiert werden muss (Konzentration der Gegen-Ionen in der
Proteinlösung erhöht, der Co-Ionen erniedrigt im Vergleich zur Protein-freien Lösung). Es gilt hier als
Elektroneutralitätsbedingung 𝒄𝒄′′− = 𝒛𝒛𝑷𝑷 𝒄𝒄𝑷𝑷 + 𝒄𝒄′′+ . Durch Einsetzen der Gleichung für 𝑐𝑐−′′ und
𝑐𝑐+′′ in die quadratische Donnan-Gleichung und Auflösung über die pq-Formel (NullstellenBestimmung) ergeben sich folgende Beziehugen:
(𝑐𝑐 ′ )2 = 𝑐𝑐+′′ (𝑧𝑧𝑃𝑃 𝑐𝑐𝑃𝑃 + 𝑐𝑐+′′ ) bzw. (𝑐𝑐 ′ )2 = 𝑐𝑐−′′ (𝑐𝑐−′′ − 𝑧𝑧𝑃𝑃 𝑐𝑐𝑃𝑃 )
0 = (𝑐𝑐+′′ )2 + 𝑧𝑧𝑃𝑃 𝑐𝑐𝑃𝑃 𝑐𝑐+′′ − (𝑐𝑐 ′ )2 bzw. 0 = (𝑐𝑐−′′ )2 − 𝑧𝑧𝑃𝑃 𝑐𝑐𝑃𝑃 𝑐𝑐−′′ − (𝑐𝑐 ′ )2
𝑐𝑐+′′ = −
𝑧𝑧𝑃𝑃 𝑐𝑐𝑃𝑃
𝑧𝑧𝑃𝑃 𝑐𝑐𝑃𝑃 2
+ �(𝑐𝑐 ′ )2 + �
� ,
2
2
𝑐𝑐−′′ =
𝑧𝑧𝑃𝑃 𝑐𝑐𝑃𝑃
𝑧𝑧𝑃𝑃 𝑐𝑐𝑃𝑃 2
+ �(𝑐𝑐 ′ )2 + �
�
2
2
(nach der pq-Formel sollte vor der Wurzel ± stehen; für das minus-Zeichen würde aber eine negative Konzentration
resultieren, was physikalisch keinen Sinn macht)
Grenzfälle:
•
•
•
Befindet sich kein Protein in Lösung (𝑐𝑐𝑃𝑃 = 0) oder befindet es sich am isoelektrischen Punkt
(𝑧𝑧𝑃𝑃 = 0), resultiert 𝑐𝑐+′′ = 𝑐𝑐−′′ = 𝑐𝑐′′.
Hohe Salzkonzentration: Vernachlässigung des zweiten Terms unter der Wurzel, da
𝑧𝑧 𝑐𝑐
′′
= 𝑐𝑐 ′ ∓ 𝑃𝑃 𝑃𝑃
𝑐𝑐 ′ ≫ |𝑧𝑧𝑃𝑃 𝑐𝑐𝑃𝑃 | → 𝑐𝑐+/−
2
Niedrige Salzkonzentration: 𝑐𝑐 ′ ≪ |𝑧𝑧𝑃𝑃 𝑐𝑐𝑃𝑃 | → 𝑐𝑐−′′ = 𝑧𝑧𝑃𝑃 𝑐𝑐𝑃𝑃 , 𝑐𝑐+′′ =
2
�𝑐𝑐 ′ �
𝑧𝑧𝑃𝑃 𝑐𝑐𝑃𝑃
≪ 𝑐𝑐 ′ . Hier ist die
Proteinlösung praktisch frei von Natrium-Ionen, obwohl sie durch die Membran diffundieren
können.
Das bei Donnan-Gleichgewicht vorliegende Membranpotential (Donnan-Potential) berechnet sich
über die normale Nernst-Gleichung 𝑉𝑉𝑚𝑚 =
(𝑐𝑐 ′ )2 = 𝑐𝑐+′′ 𝑐𝑐−′′ zu:
𝑅𝑅𝑅𝑅
𝑐𝑐 ′′
ln 𝑐𝑐 ′
𝐹𝐹
𝑉𝑉𝑚𝑚 = 𝜑𝜑′ − 𝜑𝜑′′ =
unter Berücksichtigung der Donnan-Gleichung
𝑅𝑅𝑅𝑅 𝑐𝑐+′′ 𝑅𝑅𝑅𝑅 𝑐𝑐−′′
ln ′ =
ln ′
𝑐𝑐
𝑐𝑐
𝐹𝐹
𝐹𝐹
Für ein positiv geladenes Protein nimmt die Protein-freie Lösung I ein positives Potential an
(vergleiche Formel für 𝑐𝑐−′′ : für 𝑧𝑧𝑃𝑃 > 0 folgt hier 𝑐𝑐−′′ > 𝑐𝑐 ′ ).
Erklärung: Für ein positiv geladenes Protein gilt nach der Gleichung 𝑐𝑐−′′ = 𝑧𝑧𝑃𝑃 𝑐𝑐𝑃𝑃 + 𝑐𝑐+′′ die Beziehung
𝑐𝑐−′′ > 𝑐𝑐+′′ . Der Überschuss an permeablen Anionen würde einen Nettotransport in die Protein-freie
Lösung bewirken. Dieser wird durch das Membranpotential verhindert.
Kolloidosmotischer Druck ignoriert S.207
Redoxprozesse und elektrochemische Zellen
Ionen können teilweise in verschiedenen Oxidationsstufen vorkommen, die durch Aufnahme oder
Abgabe eines Elektrons ineinander übergehen. Im Reaktionsablauf treten freie Elektronen jedoch nie
in Erscheinung. Solche Reaktionen treten daher entweder gekoppelt auf (Elektronendonor =
Reduktionsmittel und Elektronenakzeptor = Oxidationsmittel) oder finden unter Beteiligung von
Metallelektroden statt. Eine allgemeine Redoxreaktion läuft nach dem Schema:
(𝑂𝑂𝑂𝑂)1 + (𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅)2 ⇌ (𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅)1 + (𝑂𝑂𝑂𝑂)2
Analog zu einem konjugierten Säure-Base-Paar HA/A- treten Reduktionsmittel und Oxidationsmittel
als konjugierte Redox-Paare auf. 𝐻𝐻𝐻𝐻 ⇌ 𝐴𝐴− + 𝐻𝐻 + entspricht damit 𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅 ⇌ 𝑂𝑂𝑂𝑂 + 𝑒𝑒 −.
Vorgänge an Elektrodenoberflächen, Elektronenmotorische Kraft E
Eine spezielle Art eines Redox-Paares ist ein Metall in Kontakt mit einer Lösung seiner Ionen, wie ein
Ag-Stab in einer Lösung von Ag+-Ionen. An der Grenzfläche Metall/Lösung findet je nach Ag+Konzentration in der Lösung einer der beiden Prozesse ab:
(1) Anlagerung von Ag+ an die Metalloberfläche unter positiver Aufladung des Metalls.
(2) Auflösung von metallischem Ag zu Ag+, das in die Lösung übergeht, unter negativer
Aufladung des Metalls.
Es baut sich also zwischen Metall und Lösung eine elektrische Potentialdifferenz ∆𝝋𝝋 = 𝝋𝝋𝑴𝑴 − 𝝋𝝋𝑳𝑳
auf, die schließlich eine weitere Aufladung des Metalls verhindert.
Zur Ermittlung der Potentialdifferenz ∆𝜑𝜑 ist eine elektrische Verbindung zwischen Metall/Lösung und
einem Voltmeter erforderlich, was nur über eine zweite Metallelektrode möglich ist. Auch diese
zweite Elektrode hat jedoch eine Potentialdifferenz gegenüber der Lösung (Voltmeter zeigt Differenz
zweier Potentialdifferenzen). Diese Anordnung heißt elektrochemische Zelle.
Die beiden Elektroden tauchen entweder in dieselbe oder in verschiedene Lösungen, die über eine
Salzbrücke (häufig konz. KCl, da hier die störenden Diffusionspotentiale an der Grenzfläche Salzbrücke/Lösung gering
sind) verbunden sind, um einen elektrischen Kontakt zwischen Ihnen zu gewährleisten. Die Slazbrücke
ermöglicht Potentialdifferenzen verschiedener Lösungen zu vergleichen (z.B. Zn-Elektrode in
Zn+-Lösung vs. Cu-Elektrode in Cu+-Lösung).
Die beiden Elektroden sind mit einem hochohmigen Voltmeter verbunden, der die Differenz
𝑬𝑬 = 𝝋𝝋𝒓𝒓𝑴𝑴 − 𝝋𝝋𝒍𝒍𝑴𝑴 der elektrischen Potentiale zwischen rechter (r) und linker (l) Elektrode misst.
Vernachlässigt man Störpotentiale, sind die elektrischen Potentiale der Lösungen identisch, da sie
über Salzbrücke verbunden sind: 𝝋𝝋𝑳𝑳 = 𝝋𝝋𝒓𝒓𝑳𝑳 = 𝝋𝝋𝒍𝒍𝑳𝑳 . Daher gilt:
𝑟𝑟
𝑙𝑙
𝑟𝑟
𝑙𝑙
𝑟𝑟
𝑙𝑙
𝐸𝐸 = 𝜑𝜑𝑀𝑀
− 𝜑𝜑𝑀𝑀
= 𝜑𝜑𝑀𝑀
− 𝜑𝜑𝑀𝑀
− 𝜑𝜑𝐿𝐿 + 𝜑𝜑𝐿𝐿 = (𝜑𝜑𝑀𝑀
− 𝜑𝜑𝐿𝐿 ) − �𝜑𝜑𝑀𝑀
− 𝜑𝜑𝐿𝐿 �
→ 𝐸𝐸 = ∆𝜑𝜑𝑟𝑟 − ∆𝜑𝜑𝑙𝑙
Bei unendlich hohem Innenwiderstand des Voltmeters würde die Spannungsmessung stromlos
erfolgen. Damit befände sich die Messzelle im thermodynamischen GG. Die hier beobachtete
Spannung E heißt Elektromotorische Kraft (EMK) der elektrochemischen Zelle. Sie entspricht der
Quellenspannung einer elektrischen Spannungsquelle (kein Verlust durch Widerstände).
Ersetzt man das Voltmeter durch einen Widerstand R, so fließt ein Strom durch Zelle und äußeren
Stromkreis. Bei der Stromrichtung von rechts nach links (Bewegung positiver Ladungen, technische
Stromrichtung) findet die Erzeugung der Elektronen an der linken Elektrode statt, indem das
Elektrodenmaterial sich zu positiv geladenen Ionen auflöst. Die Elektronen wandern zur rechten
Elektrode, wo sie mit den positiv geladenen Ionen in der Lösung unter Abscheidung von neutralem
Metall reagieren. Bei diesen Vorgängen gibt die elektrochemische Zelle elektrische Energie ab (in
Form des durch den Widerstand fließenden Stroms). Die Energie wird durch die an den Elektroden
ablaufenden chemischen Reaktionen geliefert (Umwandlung von chemischer in elektrischer
Energie).
Zusammenhang zwischen EMK und Konzentration c
Für die allgemeine Redox-Reaktion 𝐴𝐴+𝑧𝑧 + 𝑧𝑧𝑒𝑒 − ⇌ 𝐴𝐴 gilt für die Konzentrationsabhängigkeit der
Potentialdifferenz im Gleichgewichtszustand ausgehend von ∆𝐺𝐺 = 𝜇𝜇�𝐴𝐴 − (𝜇𝜇�𝐴𝐴+𝑧𝑧 + 𝑧𝑧𝜇𝜇�𝑒𝑒 − ) = 0:
𝑅𝑅𝑅𝑅
ln 𝑎𝑎𝐴𝐴+𝑧𝑧 ,
∆𝜑𝜑 = 𝜑𝜑𝑀𝑀 − 𝜑𝜑𝐿𝐿 = 𝜑𝜑0 +
𝑧𝑧𝑧𝑧
𝜇𝜇𝐴𝐴0 +𝑧𝑧 + 𝑧𝑧𝜇𝜇𝑒𝑒0− − 𝜇𝜇𝐴𝐴
𝜑𝜑0 =
𝑧𝑧𝑧𝑧
Falls 𝑎𝑎𝐴𝐴+𝑧𝑧 = 1, folgt somit ∆𝜑𝜑 = 𝜑𝜑0 . Ansonsten steigt ∆𝜑𝜑 mit dem Logarithmus der Ionenaktivität in
Wasser an. Eine Erhöhung der Ionenaktivität entzieht dem Metall damit mehr Elektronen, wodurch
ein positiveres elektrisches Potential im Metall resultiert.
Bei Betrachtung der elektrochemischen Zelle unter Konstanthaltung der Ionenkonzentrationen der
linken Seite (Referenzelektrode), ergibt sich für die Spannung E mit der Konzentrationsabhängigkeit
der Potentialdifferenz die Beziehung:
𝐸𝐸 = ∆𝜑𝜑𝑟𝑟 − ∆𝜑𝜑𝑙𝑙 = 𝜑𝜑𝑟𝑟0 +
𝐸𝐸 = 𝐸𝐸0 +
𝑅𝑅𝑅𝑅
+𝑧𝑧
ln 𝑎𝑎𝑟𝑟𝐴𝐴 ,
𝑧𝑧𝑧𝑧
𝑅𝑅𝑅𝑅
+𝑧𝑧
ln 𝑎𝑎𝑟𝑟𝐴𝐴 − ∆𝜑𝜑𝑙𝑙
𝑧𝑧𝑧𝑧
𝐸𝐸0 = 𝜑𝜑𝑟𝑟0 − ∆𝜑𝜑𝑙𝑙
Falls 𝑎𝑎𝐴𝐴+𝑧𝑧 = 1, folgt somit 𝐸𝐸 = 𝐸𝐸0 . Wählt man als Referenzelektrode die NormalWasserstoffelektrode, nennt man 𝑬𝑬𝟎𝟎 das Standard-Elektrodenpotential des Systems 𝐴𝐴/𝐴𝐴+𝑧𝑧 (für
𝐴𝐴𝐴𝐴/𝐴𝐴𝑔𝑔+ ist 𝐸𝐸𝐻𝐻0 = 0,8𝑉𝑉). Die hergeleitete Beziehung kann zur potentiometrischen
Konzentrationsbestimmung über die Messung der Spannung verwendet werden.
Berechnung der EMK elektrochemischer Zellen
Über tabellierte Standardpotentiale ist die Berechnung von Zellspannungen E unterschiedlicher
Metalle in Lösungen ihrer jeweiligen Ionen möglich. Für die Spannung schreibt man unter
Berücksichtigung des elektrischen Potentials der Normal-Wasserstoffelektrode 𝝋𝝋𝑯𝑯 (wurde einmal
subtrahiert und einmal addiert, die Klammerausdrücke entsprechen dann den EMKs der rechten und linken Elektrode,
jeweils gegen die Normal-Wasserstoffelektrode):
𝑙𝑙
𝑟𝑟
𝐸𝐸 = (𝜑𝜑𝑀𝑀
− 𝜑𝜑𝐻𝐻 ) − �𝜑𝜑𝑀𝑀
− 𝜑𝜑𝐻𝐻 � = �(𝐸𝐸𝐻𝐻0 )𝑟𝑟 +
𝑅𝑅𝑅𝑅
𝑅𝑅𝑅𝑅
+𝑧𝑧
+𝑧𝑧
ln 𝑎𝑎𝑟𝑟𝐴𝐴 � − �(𝐸𝐸𝐻𝐻0 )𝑙𝑙 +
ln 𝑎𝑎𝑙𝑙𝐴𝐴 �
𝑧𝑧𝑟𝑟 𝐹𝐹
𝑧𝑧𝑙𝑙 𝐹𝐹
Die Standardpotentiale sind Tabellen zu entnehmen, die Logarithmen werden zusammengefasst.
𝐸𝐸 =
(𝐸𝐸𝐻𝐻0 )𝑟𝑟
− (𝐸𝐸𝐻𝐻0 )𝑙𝑙
+𝑧𝑧
𝑅𝑅𝑅𝑅 𝑎𝑎𝑟𝑟𝐴𝐴
+
ln
𝑧𝑧𝑧𝑧 𝑎𝑎𝑙𝑙𝐴𝐴 +𝑧𝑧
Für die Daniell-Zelle (rechts: Cu, links: Zn) gilt z.B. 𝐸𝐸 = 1,1𝑉𝑉 +
𝑎𝑎 2+
𝑅𝑅𝑅𝑅
ln 𝑎𝑎 𝐶𝐶𝑢𝑢
𝑧𝑧𝑧𝑧
𝑍𝑍𝑛𝑛 2+
Wird in beiden Halbzellen dasselbe Elektrodenmaterial und dieselben Lösungen in unterschiedlichen
Konzentrationen verwendet, spricht man von Konzentrationsketten. Es gilt (𝐸𝐸𝐻𝐻0 )𝑟𝑟 = (𝐸𝐸𝐻𝐻0 )𝑙𝑙 , sodass
kein Standardpotential zur Berechnung notwendig ist.
IUPAC:
•
•
Potentialdifferenz ist immer: rechte Elektrode minus linke Elektrode
Formelumsätze immer als Reduktionen formulieren
Redoxreaktionen an Edelmetallelektroden
Edelmetalle lösen sich nicht in Wasser, weshalb die bisher besprochenen Reaktionen nicht möglich
sind. Dennoch können Edelmetalle Elektronen aufnehmen und Abgeben, wobei das Elektronengas
des Metalls als Reservoir für Redoxreaktionen fungiert. Steht z.B. eine Platinelektrode mit einer
wässrigen Fe2+/Fe3+-Lösung in Kontakt, überwiegt je nach Konzentrationsverhältniss der zwei
Ionensorten eher die Elektronenaufnahme oder –Abgabe, wodurch sich die Platinelektrode entweder
positiv oder negativ gegenüber der Lösung auflädt.
Platinelektroden werden in Normal-Wasserstoffelektroden
als Referenzelektroden verwendet. Eine elektrochemische
Zelle kann rechts (Messzelle) eine Lösung des zu
untersuchenden Redox-Systems, wo eine Platinelektrode
Übergänge zwischen Red und Ox in beiden Richtungen
ermöglicht, und links (Referenzzelle) eine Platinelektrode
als Normal-Wasserstoffelektrode in einer 1M
Wasserstoffionen-Lösung unter 𝑝𝑝 = 1𝑏𝑏𝑏𝑏𝑏𝑏 enthalten. Beide
Halbzellen sind verbunden über eine Salzbrücke.
Je stärker oxidierend das in der rechten Halbzelle vorhandene Redoxpaar (schwaches Redmittel,
starkes Oxmittel) ist, desto positiver ist das Potential der Messelektrode gegenüber der
Referenzelektrode. Es resultiert ein Stromfluss, der durch folgende Reaktionen definiert wird:
•
•
•
Messelektrode: 𝑂𝑂𝑂𝑂 + 𝑒𝑒 − → 𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅.
Referenzelektrode: 1/2𝐻𝐻2 → 𝐻𝐻 + + 𝑒𝑒 −.
Elektronen fließen im äußeren Kreis von der Referenzelektrode zur Messelektrode.
Ist das Redoxpaar stark reduzierend (schwaches Oxmittel, starkes Redmittel), laufen die inversen
Prozesse ab:
•
•
•
Messelektrode: 𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅 → 𝑂𝑂𝑂𝑂 + 𝑒𝑒 −.
Referenzelektrode: 𝐻𝐻 + + 𝑒𝑒 − → 1/2𝐻𝐻2 .
Elektronen fließen von der Messelektrode zur Referenzelektrode.
Bei hinreichend großen Widerständen (sehr kleine Ströme), bleibt das System (𝐻𝐻 + + 𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅 →
1/2𝐻𝐻2 + 𝑂𝑂𝑂𝑂 bzw. 1/2𝐻𝐻2 + 𝑂𝑂𝑂𝑂 → 𝐻𝐻 + + 𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅) sehr nahe am Gleichgewicht. Dies entspricht einer
quasi-reversiblen Führung der chemischen Reaktion. Bei der Reaktion wird Energie frei.
Redoxpotential, Nernst-Gleichung
𝐸𝐸 = 𝜑𝜑𝑀𝑀𝑒𝑒 − 𝜑𝜑𝑅𝑅𝑅𝑅 wird in diesen Zusammenhängen als Redoxpotential bezeichnet, wobei die
Vorzeichenkonvention vorgibt: Messelektrode (Me) minus Referenzelektrode (Re).
•
•
Ein stark oxidierendes Redox-Paar (Tendenz der Messelektrode Elektronen zu entziehen)
ergibt einen stark positiven Wert von E.
Ein stark reduzierendes Redox-Paar (Tendenz Elektronen an die Messelektrode abzugeben)
ergibt einen stark negativen Wert von E.
Unter Berücksichtigung, dass n mol Elektronen beim Umsatz von 1mol Ox in 1 mol Red ausgetauscht
werden (𝑂𝑂𝑂𝑂 + 𝑛𝑛𝑒𝑒 − ⇄ 𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅) ergibt sich für den Formelumsatz der Reaktion im Gleichgewicht:
∆𝐺𝐺𝑀𝑀 = 𝜇𝜇�𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟 − (𝜇𝜇�𝑜𝑜𝑜𝑜 + 𝑛𝑛𝜇𝜇�𝑒𝑒 − ) = 0. Nach Einsetzen der elektrochemischen Potentiale ergibt sich
analog zu oben:
∆𝜑𝜑𝑀𝑀𝑀𝑀 = 𝜑𝜑𝑀𝑀 − 𝜑𝜑𝐿𝐿 = 𝜑𝜑0 +
𝑅𝑅𝑅𝑅 𝑎𝑎𝑜𝑜𝑜𝑜
ln
,
𝑛𝑛𝑛𝑛 𝑎𝑎𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟
𝐸𝐸 = ∆𝜑𝜑𝑀𝑀𝑀𝑀 − ∆𝜑𝜑𝑅𝑅𝑅𝑅 = 𝜑𝜑0 +
𝐸𝐸 = 𝐸𝐸0 +
𝑅𝑅𝑅𝑅 𝑎𝑎𝑜𝑜𝑜𝑜
ln
,
𝑛𝑛𝑛𝑛 𝑎𝑎𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟
𝜑𝜑0 =
0
0
𝜇𝜇𝑜𝑜𝑜𝑜
+ 𝑛𝑛𝜇𝜇𝑒𝑒0− − 𝜇𝜇𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟
𝑛𝑛𝑛𝑛
𝑅𝑅𝑅𝑅 𝑎𝑎𝑜𝑜𝑜𝑜
ln
− ∆𝜑𝜑𝑅𝑅𝑅𝑅
𝑛𝑛𝑛𝑛 𝑎𝑎𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟
𝐸𝐸0 = 𝜑𝜑0 − ∆𝜑𝜑𝑅𝑅𝑅𝑅
Die Gleichungen charakterisieren einen Gleichgewichtszustand. Die letzte Formulierung wird als
Nernst-Gleichung für das Redoxpotential E bezeichnet. Sie beschreibt die Abhängigkeit des
Redoxpotentials von den Konzentrationen der oxidierten und reduzierten Form des Redoxpaares. E
ist umso stärker positiv, je größer die Aktivität des Oxidationsmittels und je kleiner die Aktivität des
konjugierten Reduktionsmittels. E wird negativ, wenn die Aktivität des Reduktionsmittels größer ist
als die Aktivität des Oxidationsmittels (𝑎𝑎𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟 > 𝑎𝑎𝑜𝑜𝑜𝑜 → ln 𝑎𝑎𝑜𝑜𝑜𝑜 / 𝑎𝑎𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟 wird negativ).
Übergang auf Zehnerlogarithmus (ln 𝑥𝑥 = 2,3 log10 𝑥𝑥) unter Berücksichtigung, dass 𝑅𝑅𝑅𝑅/𝐹𝐹 = 0,0257𝑉𝑉
für 𝑇𝑇 = 298𝐾𝐾:
𝐸𝐸 = 𝐸𝐸0 +
0,0592𝑉𝑉
𝑎𝑎𝑜𝑜𝑜𝑜
log10
𝑎𝑎𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟
𝑛𝑛
Eine Vergrößerung von 𝒂𝒂𝒐𝒐𝒐𝒐 /𝒂𝒂𝒓𝒓𝒓𝒓𝒓𝒓 um das Zehnfache führt für n=1 zu einer Erhöhung von E um 59,2
mV. Die Konzentrationsabhängigkeit des Redoxpotentials ist in der Abbildung gezeigt. Das StandardRedoxpotential 𝑬𝑬𝑯𝑯
𝟎𝟎 ergibt sich, wenn die Aktivitäten der oxidierten und reduzierten Form gleich groß
sind und die Messung mit der Normal-Wasserstoffelektrode als Referenzelektrode durchgeführt
wird. Je stärker positiv 𝐸𝐸0 desto stärker oxidierend ist das betreffende Redoxsystem.
•
•
Red1/Ox1: Fe2+/Fe3+: 𝐸𝐸0𝐻𝐻 = 0,771𝑉𝑉
Red2/Ox2: Ce3+/Ce4+: 𝐸𝐸0𝐻𝐻 = 1,61𝑉𝑉
Redoxpotential und freie Enthalpie
Bei einer äquimolaren Mischung der beiden Lösungen (Fe und Ce; ablaufende Reaktion: 𝑂𝑂𝑥𝑥1 +
𝑅𝑅𝑅𝑅𝑑𝑑2 ⇌ 𝑅𝑅𝑅𝑅𝑑𝑑1 + 𝑂𝑂𝑥𝑥2 ), würde Fe2+ zu Fe3+ oxidiert und Ce4+ zu Ce3+ reduziert werden. Diese Reaktion
wäre irrversibel!
Eine reversible Reaktion wäre über eine Verbindung beider Lösungen in einer elektrochemischen
Zelle mit Platinelektroden möglich. Durch Wahl geeigneter Ausgangskonzentrationen der
Redoxpaare kann so die Reaktion gesteuert werden. Bei Wahl eines Messgeräts mit hohem
Innenwiderstand läuft die Reaktion sehr langsam ab. Für 𝐼𝐼 → 0 wird die EMK gemessen, die den
Gleichgewichtszustand charakterisiert (𝑅𝑅𝑖𝑖 → ∞ = Ablauf der Reaktion gehemmt). Dieses
Gleichgewicht unterscheidet sich jedoch vom chemischen GG, das bei Vermischung der Reaktanden
beobachtet wird.
𝐻𝐻
Für den Grenzfall 𝑰𝑰 → 𝟎𝟎 gilt für die EMK (hier wurden wieder ∆𝜑𝜑𝑅𝑅𝑅𝑅
addiert und subtrahiert):
𝐻𝐻 )
𝐻𝐻 )
𝐸𝐸 = ∆𝜑𝜑2 − ∆𝜑𝜑1 = (∆𝜑𝜑2 − ∆𝜑𝜑𝑅𝑅𝑅𝑅
− (∆𝜑𝜑1 − ∆𝜑𝜑𝑅𝑅𝑅𝑅
Die Redoxpotentiale der beiden Redox-Paare ∆𝜑𝜑2 = 𝐸𝐸2 und ∆𝜑𝜑1 = 𝐸𝐸1 sind dabei über das
entsprechende 𝜑𝜑𝑀𝑀 − 𝜑𝜑𝐿𝐿 der beiden Halbzellen definiert. Einsetzen der Nernst-Gleichung für das
Redox-Potential und auflösen:
𝐻𝐻 )
𝐻𝐻 )
𝐸𝐸 = (∆𝜑𝜑2 − ∆𝜑𝜑𝑅𝑅𝑅𝑅
− (∆𝜑𝜑1 − ∆𝜑𝜑𝑅𝑅𝑅𝑅
= �(𝐸𝐸0𝐻𝐻 )2 +
𝐸𝐸 = 𝐸𝐸0 +
𝑅𝑅𝑅𝑅 𝑎𝑎𝑜𝑜𝑜𝑜 2 𝑎𝑎𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟 1
ln
,
𝑛𝑛𝑛𝑛 𝑎𝑎𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟 2 𝑎𝑎𝑜𝑜𝑜𝑜 1
𝑅𝑅𝑅𝑅 𝑎𝑎𝑜𝑜𝑜𝑜 2
𝑅𝑅𝑅𝑅 𝑎𝑎𝑜𝑜𝑜𝑜 1
ln
� − �(𝐸𝐸0𝐻𝐻 )1 +
ln
�
𝑛𝑛𝑛𝑛 𝑎𝑎𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟 2
𝑛𝑛𝑛𝑛 𝑎𝑎𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟 1
𝐸𝐸0 = (𝐸𝐸0𝐻𝐻 )2 − (𝐸𝐸0𝐻𝐻 )1
Im Chemischen Gleichgewicht: Durch Erniedrigung des Innenwiderstands fließt ein endlicher Strom,
der die Reaktion in das chemische GG überführt. Im GG herrscht dann I=0, jetzt aber bei beliebigem
endlichen Widerstand. Da I=0 gilt auch 𝐸𝐸 = 𝑅𝑅𝑖𝑖 𝐼𝐼 = 0 (vorher galt dies nicht, da 𝑅𝑅𝑖𝑖 𝐼𝐼 = ∞ ∙ 0 nicht definiert ist).
Mit E=0 folgt aus der obigen Gleichung weiter:
𝐸𝐸0 = −
𝑅𝑅𝑅𝑅 𝑎𝑎�𝑜𝑜𝑜𝑜 2 𝑎𝑎�𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟 1
𝑅𝑅𝑅𝑅
ln
=−
ln 𝐾𝐾
𝑛𝑛𝑛𝑛 𝑎𝑎�𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟 2 𝑎𝑎�𝑜𝑜𝑜𝑜 1
𝑛𝑛𝑛𝑛
Hier sind für die Aktivitäten die Werte im Gleichgewichtszustand einzusetzen! Der
Gleichgewichtszustand wird dann durch die Gleichgewichtskonstante K definiert. Umgeformt ergibt
sich:
ln 𝐾𝐾 = −
𝑛𝑛𝑛𝑛((𝐸𝐸0𝐻𝐻 )2 − (𝐸𝐸0𝐻𝐻 )1 )
𝑛𝑛((𝐸𝐸0𝐻𝐻 )2 − (𝐸𝐸0𝐻𝐻 )1 )
=−
𝑅𝑅𝑅𝑅
0,0257𝑉𝑉
Da 𝐾𝐾 = 𝑒𝑒 −∆𝐺𝐺0 /𝑅𝑅𝑅𝑅 → ln 𝐾𝐾 = −∆𝐺𝐺0 /𝑅𝑅𝑅𝑅 folgt weiter:
∆𝐺𝐺0 = 𝑛𝑛𝑛𝑛((𝐸𝐸0𝐻𝐻 )2 − (𝐸𝐸0𝐻𝐻 )1 )
Damit kann die freie Standardenthalpie von Redoxreaktionen durch Messung von
Redoxpotentialen bestimmt werden. Ist das Redox-Paar 1 stärker oxidierend als das Redox-Paar 2,
folgt (𝐸𝐸0𝐻𝐻 )1 > (𝐸𝐸0𝐻𝐻 )2 und weiter ∆𝐺𝐺0 < 0; Die Reaktion läuft demnach spontan ab (von links nach
rechts unter Standardbedingungen).
Der Rest des Kapitels 6 ignoriert
Läuger, Kapitel 7: Grenzflächenphänomene
Kapitel 7.1 ignoriert
Adsorption an Grenzflächen
Im Allgemeinen sind die Mischungskomponenten in den einander berührenden Phasen nicht
gleichförmig verteilt. Die Grenzfläche kann im Vergleich zur angrenzenden Volumenphase an
bestimmten Mischungskomponenten angereichert oder verarmt sein, wodurch es zur Änderung der
Grenzflächenspannung kommt. Wenn sich eine gelöste Substanz (grenzflächenaktive Verbindung =
Tensid) an der Grenzfläche anreichert (Adsorption an die Grenzfläche), wird die
Grenzflächenspannung gegenüber der des Lömis erniedrigt.
Die Filmwaage
Eine Flüssigkeit ist bestrebt eine minimale Oberfläche einzunehmen. Die Triebkraft für diesen
Prozess ist die Oberflächenspannung 𝜸𝜸. Die Oberflächenspannung einer reinen Flüssigkeit 𝜸𝜸𝟎𝟎 kann
durch Zumischung einer weiteren Komponente erniedrigt werden, sodass 𝜸𝜸 ≪ 𝜸𝜸𝟎𝟎 .
Wasser hat eine hohe Oberflächenspannung (𝛾𝛾0 = 72,8𝑚𝑚𝑚𝑚 𝑚𝑚−1 = 72,8𝑚𝑚𝑚𝑚 𝑚𝑚−2 ) gegenüber seinem
Dampf bzw. Luft. Für Wasser oberflächenaktive Verbindungen sind amphiphil (z.B. Hexanol). Hexanol
akkumuliert aus energetischen Gründen an der Oberfläche (OH-Gruppe in Wasser). Dies ist
gleichbedeutend mit einer Erniedrigung der Oberflächenspannung: Die energetisch ungünstige
Anordnung der Wassermoleküle, wird durch die energetisch günstige Anordnung der HexanolMoleküle ersetzt (0,03M Hexanol reduziert 𝛾𝛾 auf 38,5𝑚𝑚𝑚𝑚/𝑚𝑚).
Die Veränderung der Oberflächenspannung kann über eine Filmwaage (auch Langmuir-Waage)
gemessen werden. Sie besteht aus einem flachen Gefäß mit einer auf der Oberfläche
schwimmenden Barriere und einer daran befestigten Membran. Diese trennt die Lösung von einer
zu untersuchenden Substanz. Die unterschiedlichen Oberflächenspannungen 𝜸𝜸 und 𝜸𝜸𝟎𝟎 auf beiden
Seiten der Barriere sorgen für eine Nettokraft auf die bewegliche Barriere, die durch eine
Gegenkraft K über eine Waage kompensiert werden muss.
Beide Oberflächen besitzen eine mehr oder weniger große Tendenz sich zu verkleinern (Richtung der
Kräfte beachten!). Befindet sich die oberflächenaktive Substanz links und das Lömi rechts von einer
Barriere der Länge 𝑙𝑙: Dann wirkt die Kraft 𝒍𝒍𝜸𝜸𝟎𝟎 von links nach rechts und die Kraft 𝒍𝒍𝒍𝒍 von rechts nach
links. Die zu kompensierende Nettokraft 𝑲𝑲 = 𝒍𝒍(𝜸𝜸𝟎𝟎 − 𝜸𝜸) wirkt von links nach rechts, da 𝜸𝜸𝟎𝟎 > 𝛾𝛾.
Die Differenz 𝝅𝝅 = 𝜸𝜸𝟎𝟎 − 𝜸𝜸 ist der Spreitungsdruck (Kraft pro Länge oder Energie pro Fläche). Über
die Filmwaage lässt sich direkt die Konzentrationsabhängigkeit der Oberflächenspannung
𝜸𝜸(𝒄𝒄) = 𝜸𝜸𝟎𝟎 − 𝝅𝝅(𝒄𝒄) bestimmen.
Es gibt auch Oberflächenaktive Substanzen, welche die Oberfläche meiden und daher die
Oberflächenspannung gegenüber dem reinen Lömi erhöhen (z.B. wässrige Lösung von Salzen: 0-5M
NaCl zeigt lineare Erhöhung der Oberflächenspannung von 72,8 auf 81 mN/m).
Im Allgemeinen bleibt 𝛾𝛾 für Lösungen oberflächenaktiver Substanzen groß genug, um die Ausbildung
einer minimalen Oberfläche aufrechtzuerhalten. Für 𝝅𝝅 ≈ 𝜸𝜸𝟎𝟎 → 𝜸𝜸 ≈ 𝟎𝟎 würde eine kleinste Störung
des Systems zu Ausstülpungen (Vergrößerung der Oberfläche) führen, die kein/kaum
Energieaufwand benötigen würde. Dies gilt auch für Grenzflächen wie Membran/Wasser in
biologischen Zellen (hier ist die Ausbildung der Membran energetisch günstig aufgrund der
Oberflächenaktivität von Lipiden).
Tenside
Tenside erniedrigen die Oberflächenspannung des Wassers häufig auf Werte von ca. 25 mJ/m² oder
auf viel kleinere Werte. Kleine 𝛾𝛾-Werte bei Tensidlösungen führen zur Schaumbildung durch
mechanisches Rühren, da die Oberflächenvergrößerung nur geringe Energiezufuhr benötigt. Neben
dem GG zwischen gelöstem und oberflächengebundenem Tensid tritt Micellenbildung (Assoziate aus
50-200 Molekülen) auf, wenn die Lösungsoberfläche bereits vollständig mit Tensidmolekülen besetzt
ist. Dazu muss die kritische Mizellkonzentration (CMC) erreicht sein. Nach Erreichen der CMC
resultiert keine weitere Erniedrigung der Oberflächenspannung mit zunehmenden TensidKonzentrationen mehr. Dafür resultieren eine Abnahme der molaren Leitfähigkeit und eine Zunahme
der Lichtstreuung.
CMC und mittlere Tensidmolekül-Anzahl pro Mizelle sind stark von der Konzentration der
Gegenionen abhängig, da die negativen Ladungen der Tensidkopfgruppen ohne Stabilisierung über
anorganische Kationen zur Abstoßung und Destabilisierung der Mizellen führen.
Tenside erleichtern die Bildung von Emulsionen (z.B. Wasser-Tropfen in Öl oder Lipid-Tropfen in
Wasser) nach Schütteln, indem sie die Grenzfläche zwischen den zwei Phasen stabilisieren
(hydrophiler Teil in Wasser, hydrophober Teil in Öl). Tenside als Detergentien (z.B. langkettige
Fettsäure) lösen Verschmutzungen, indem sie ihre Suspendierung erleichtern (Emulsion-Bildung),
wobei auf der gereinigten Faser eine Tensidmonoschicht zurückbleibt, die mit den hydrophoben
Teilen der Faser interagiert. Dies führt zu einer hohen Benetzbarkeit der Faser durch wässrige
Lösungen.
Die Löslichkeit kleiner hydrophober Moleküle kann durch Einbau in Mizellen erhöht werden
(Solubilisierung). So kann die CMC über eine Zunahme der Fluoreszenz von hydrophoben Farbstoffen
bestimmt werden. Membranproteine können über geeignete Detergentien solubilisiert werden.
Dabei werden die Membranlipide in Tensid-haltige Mizellen-artige Strukturen überführt, wobei auch
die Membranproteine mit den hydrophoben Teilen der Detergentien interagieren. Zur Vermeidung
der Denaturierung werden die schonenderen zwitterionischen und nichtionischen Tenside
eingesetzt. Nichtionische Tenside werden auch zur schonenden Permeabilisierung der
Plasmamembran verwendet, um Zugang zum Zytoplasma zu erhalten. Die Plasmamembran wird
nicht solubilisiert, sondern in ihren Barriereeigenschaften erheblich beeinträchtigt.
SDS ist ebenso zur Solubilisierung fähig, bewirkt aber die Denaturierung der Proteine. Es wird für die
SDS-PAGE verwendet. Dabei bindet ca. 1,4mg SDS an 1mg Protein, wodurch das Protein aufgrund der
vollständig dissoziierten Sulfonatgruppen in SDS eine erhebliche negative Nettoladung erhält
(Eigenladung vernachlässigbar). Da die Wanderungsgeschwindigkeit im E-Feld proportional zur Ladung proportional
zur Oberfläche proportional zur Masse ist, kann die Molmasse über die Wanderungsstrecke bestimmt werden.
Die Gibb‘sche Adsorptionsisotherme
Die Oberflächenphase der Fläche 𝐴𝐴𝑠𝑠 einer Mischung aus zwei Komponenten 1 und 2 (z.B. Wasser und
Hexanol) hat spezifische Oberflächenkonzentrationen Γ1 = 𝑛𝑛𝑠𝑠1 /𝐴𝐴𝑠𝑠 und Γ2 = 𝑛𝑛𝑠𝑠2 /𝐴𝐴𝑠𝑠 . Diese sind
über die Stoffmengen pro Fläche definiert.
Die Oberflächenphase hat eine endliche Dicke d, in der alle Oberflächen-spezifischen Phänomene
auftreten können. Diese wird für die Überlegungen nicht benötigt, da sich die
Oberflächenkonzentration auf die Fläche, nicht auf das Volumen der Oberflächenphase bezieht.
Ohne Oberflächen-spezifische Phänomene wäre das Verhältnis der Oberflächenkonzentration gleich
dem Verhältnis der Volumenkonzentration (Γ2 /Γ1 = 𝑐𝑐2 /𝑐𝑐1 ), während für eine Verarmung oder
Anreicherung der Komponente 2 das Verhältnis ungleich wird.
Es wird nach der Konzentrationsabhängigkeit der Oberflächenkonzentrationen 𝚪𝚪𝟐𝟐 (𝒄𝒄𝟐𝟐 ) und 𝚪𝚪𝟏𝟏 (𝒄𝒄𝟐𝟐 )
sowie der Oberflächenspannung 𝜸𝜸(𝒄𝒄𝟐𝟐 ) gefragt.
Die Konzentration 𝑐𝑐2 ist niedrig, sodass für das chemische Potential 𝜇𝜇2 die Beziehung für eine ideal
verdünnte Lösung gilt:
𝜇𝜇2 = 𝜇𝜇2,0 + 𝑅𝑅𝑅𝑅 ln 𝑐𝑐2
Annahme: es herrscht thermodynamisches GG, d.h. alle intensiven Zustandsvariablen im
Grenzflächensystem (s) und im Volumensystem sind gleich (z.B. 𝑇𝑇𝑠𝑠 = 𝑇𝑇, 𝑝𝑝𝑠𝑠 = 𝑝𝑝), so auch 𝜇𝜇𝑠𝑠1 = 𝜇𝜇1
und 𝜇𝜇𝑠𝑠2 = 𝜇𝜇2 .
Für Volumenphase und Grenzflächenphase können separat entsprechende Gibbs-DuhemGleichungen aufgestellt werden:
•
•
Gibbs-Duhem Gleichung für Volumenphase: 𝑛𝑛1 𝑑𝑑𝜇𝜇1 = −𝑛𝑛2 𝑑𝑑𝜇𝜇2
o Division durch das Volumen: 𝑐𝑐1 𝑑𝑑𝜇𝜇1 = −𝑐𝑐2 𝑑𝑑𝜇𝜇2 → 𝑑𝑑𝜇𝜇1 = −𝑐𝑐2 /𝑐𝑐1 ∙ 𝑑𝑑𝜇𝜇2
Gibbs-Duhem Gleichung für Oberflächenphase: 𝐴𝐴𝑠𝑠 𝑑𝑑𝑑𝑑 = −𝑛𝑛𝑠𝑠1 𝑑𝑑𝜇𝜇1 − 𝑛𝑛𝑠𝑠2 𝑑𝑑𝜇𝜇2
o Division durch die Oberfläche: 𝑑𝑑𝑑𝑑 = −Γ1 𝑑𝑑𝜇𝜇1 − Γ2 𝑑𝑑𝜇𝜇2
o Gibbsche Adsorptionsgleichung für n Komponenten in der Mischung:
𝑑𝑑𝑑𝑑 = − ∑𝑛𝑛𝑖𝑖 Γi 𝑑𝑑𝜇𝜇𝑖𝑖
Es ergibt sich durch Einsetzen von 𝑑𝑑𝜇𝜇1 und 𝑑𝑑𝜇𝜇2 = 𝑑𝑑�𝜇𝜇2,0 + 𝑅𝑅𝑅𝑅 ln 𝑐𝑐2 � = 𝑅𝑅𝑅𝑅 ∙ 𝑑𝑑𝑐𝑐2 /𝑐𝑐2 in die Gibbsche
Adsorptionsgleichung:
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑅𝑅𝑅𝑅
𝑐𝑐2
=−
�Γ2 − Γ1 �
𝑑𝑑𝑐𝑐2
𝑐𝑐1
𝑐𝑐2
Der Klammerausdruck heißt Oberflächenüberschuss.
•
•
•
Wären die Konzentrationsverhältnisse in Oberflächenphase und Volumenphase identisch
(Γ2 = 𝑐𝑐2 , Γ1 = 𝑐𝑐1 ), würde sich der Klammerausdruck zu null auflösen und damit 𝒅𝒅𝒅𝒅/𝒅𝒅𝒄𝒄𝟐𝟐 = 𝟎𝟎
resultieren (keine Änderung der Oberflächenspannung bei Änderung der Konzentration des
gelösten Stoffes).
Ist die Substanz 2 oberflächenaktiv, resultiert eine Anreicherung von 2 an der Grenzfläche.
Der Oberflächenüberschuss ist positiv, es folgt: 𝒅𝒅𝒅𝒅/𝒅𝒅𝒄𝒄𝟐𝟐 < 0 (Abnahme der Oberflächenspannung
mit zunehmender Konzentration).
Bei wässrigen Lösungen von Salzen resultiert eine Verarmung von 2 an der Grenzfläche. Der
Oberflächenüberschuss ist negativ, es folgt: 𝒅𝒅𝒅𝒅/𝒅𝒅𝒄𝒄𝟐𝟐 > 0.
Mithilfe der Filmwaage kann direkt 𝒅𝒅𝒅𝒅/𝒅𝒅𝒄𝒄𝟐𝟐 gemessen werden (Einzelexperimente bei
unterschiedlichen Konzentrationen  Steigung des Graphen). Damit kann der
Oberflächenüberschuss für eine bestimmte Konzentration 𝑐𝑐2 berechnet werden. Die Größen 𝚪𝚪𝟐𝟐 und
𝚪𝚪𝟏𝟏 sind jedoch nicht einzeln bestimmbar, weshalb der Oberflächenüberschuss als Γ(c2 )
zusammengefasst wird.
Liegen zusätzliche molekulare Kenntnisse über das Grenzflächensystem vor, kann Γ2 getrennt
ermittelt werden. Bei langkettigen Alkoholen liegt eine Monoschicht mit Ausrichtung der
Moleküllängsachsen senkrecht zur Lösungsoberfläche vor. Der Oberflächenüberschuss entspricht
also der Oberflächenkonzentration des Tensids in der Monoschicht. Bei einem Vergleich molekularer
Strukturen von Grenzflächen resultiert, dass Γ2 ≫ 𝑐𝑐2 /𝑐𝑐1 ∙ Γ1 , sodass Γ(c) = Γ2 − c2 /c1 Γ1 ≈ Γ2
(Oberflächenüberschuss gleich Oberflächenkonzentration des Tensids). Für die Anwendung dieser
Näherung muss die zuvor undefinierte Dicke 𝑑𝑑 der Grenzfläche auf 1-2 Moleküllängen festgelegt werden, da über diesen
Abstand die für die strukturellen Eigenschaften der Grenzfläche verantwortlichen intermolekularen Wechselwirkungen
stattfinden.
Die abgeleiteten Gleichungen gelten für alle Grenzflächen: flüssig/gasförmig, flüssig/flüssig,
flüssig/fest, wobei die adsorbierende Substanz nicht in der zweiten Volumenphase auftreten darf.
Die Langmuir-Isotherme
Bei einer Lösung einer oberflächenaktiven Substanz liegt oft eine Konzentrations-Abhängigkeit des
Spreitungsdruckes 𝝅𝝅 vor, die empririsch ermittelt wurde:
𝜋𝜋 = 𝛾𝛾0 − 𝛾𝛾 = 𝑅𝑅𝑅𝑅 Γ∞ ln(1 + Kc)
Γ∞ und K sind Konzentrations-unabhängige, Temperatur-abhängige, empirische Konstanten.
Einsetzen der empirische Gleichung für 𝛾𝛾 in die Gibbsche Adsorptionsgleichung und Differentiation:
𝑑𝑑𝛾𝛾
𝑅𝑅𝑅𝑅
Γ
Kc
=−
Γ(c) → Γ(c) = Γ∞
⟺ Kc =
𝑑𝑑𝑐𝑐2
𝑐𝑐2
Γ∞ − Γ
1 + Kc
Diese Langmuir’sche Adsorptionsisotherme gilt für die Adsorption eines Liganden an eine
Grenzfläche unter isothermen Bedingungen (K=Konstant).
Das theoretische Modell setzt voraus, dass an der Grenzfläche maximal 𝐍𝐍∞ Bindungsplätze (für je
ein oberflächenaktives Molekül) vorhanden sind. Es resultiert ein dynamisches GG zwischen
Adsorption und Desorption an diesen Bindungsplätzen.
Wenn 𝑁𝑁 Moleküle gebunden sind, ist die Geschwindigkeit der Adsorption 𝑣𝑣𝑎𝑎 proportional zur Anzahl
der freien Bindungsstellen 𝑁𝑁∞ − 𝑁𝑁 und proportional zur Konzentration freier Liganden 𝑐𝑐. Die
Proportionalitätskonstante ist die Geschwindigkeitskonstante der Adsorption 𝑘𝑘𝑎𝑎 . Die
Geschwindigkeit der Desorption 𝑣𝑣𝑑𝑑 ist proportional zur Anzahl 𝑁𝑁 der gebundenen Moleküle, wobei
𝑘𝑘𝑑𝑑 die Geschwindigkeitskonstante der Desorption ist.
𝑣𝑣𝑎𝑎 = 𝑘𝑘𝑎𝑎 (𝑁𝑁∞ − 𝑁𝑁)𝑐𝑐,
𝑣𝑣𝑑𝑑 = 𝑘𝑘𝑑𝑑 𝑁𝑁
Im Gleichgewicht müssen beide Geschwindigkeiten gleich sein. K ist die Gleichgewichtskonstante der
Bindung.
𝒗𝒗𝒂𝒂 = 𝒗𝒗𝒅𝒅 → 𝑲𝑲𝑲𝑲 =
𝑵𝑵
,
𝑵𝑵∞ − 𝑵𝑵
𝑲𝑲 =
𝒌𝒌𝒂𝒂
𝒌𝒌𝒅𝒅
Setzt man anstelle der Bindungsstellen-Anzahl molare Oberflächenkonzentrationen (Γ = 𝑁𝑁/𝑁𝑁𝐴𝐴 𝐴𝐴𝑠𝑠 ,
Γ∞ = 𝑁𝑁∞ /𝑁𝑁𝐴𝐴 𝐴𝐴𝑠𝑠 ) ein, ergibt sich die Langmuirsche Adsorptionsisotherme.
•
•
𝚪𝚪∞ ist damit die Gesamtkonzentration an Bindungsplätzen an der Oberfläche.
𝐊𝐊 ist die Gleichgewichtskonstante für die Bindung an diese Plätze.
Die Oberflächenkonzentration 𝚪𝚪 zeigt nach diesem Modell ein Sättigungsverhalten: Mit steigender
Konzentration c nähert sich diese asymptotisch dem 𝚪𝚪∞ -Wert an. Der Spreitungsdruck 𝜋𝜋, der
experimentell über die Filmwaage gemessen werden kann, zeigt kein Sättigungsverhalten. Kann
experimentell nachgewiesen werden, dass der Spreitungsdruck 𝜋𝜋 die Konzentrations-Abhängigkeit
der obigen Gleichung (𝜋𝜋 = 𝑅𝑅𝑅𝑅 Γ∞ ln(1 + Kc)) zeigt, kann sofort auf die Sättigungskonstante Γ∞ und
die Bindungskonstante K geschlossen werden.
Die Langmuirsche Adsorptionsisotherme ist formal und inhaltlich analog zur Michaelis-MentenKinetik der Enzyme sowie zur Liganden-Bindung an Proteine. Sie wird z.B. angewandt bei der Bindung
von Hormonen an Rezeptoren der Plasmamembran (nur ohne Kooperativität!).
Das zweidimensionale ideale Oberflächengas
In vielen Fällen ist die Oberflächenkonzentration Γ direkt gegeben, aber die Konzentration c in der
Volumenphase unmessbar klein (z.B. bei Lipidmonoschichten). Hier kann die Oberflächenspannung γ
als Funktion der Oberflächenkonzentration dargestellt werden.
Durch einsetzen von 𝐾𝐾𝐾𝐾 =
Γ
Γ ∞ −Γ
in die empirische Formel für 𝜋𝜋 und Anwendung der Näherung
Γ ≪ Γ∞ (kleine Oberflächenkonzentrationen) ergibt sich die Beziehung 𝜋𝜋 = 𝑅𝑅𝑅𝑅 Γ. Wegen Γ = ns /As
folgt ein zweidimensionales Analogon zur idealen Gasgleichung: 𝝅𝝅𝑨𝑨𝒔𝒔 = 𝒏𝒏𝒔𝒔 𝑹𝑹𝑹𝑹 . Dies setzt voraus,
dass keine Wechselwirkung zwischen den Molekülen existiert. Dies ist gegeben, da geringe
Oberflächenkonzentrationen vorausgesetzt wurden. D.h. die adsorbierten Moleküle bewegen sich
infolge der Wärmebewegung auf der zweidimensionalen Oberfläche genauso wie ein ideales Gas im
Raum). Die entsprechende Beziehung gilt jedoch auch im asymptotischen Grenzfall, also auch für
höhere Oberflächenkonzentrationen 𝚪𝚪 ≈ 𝚪𝚪∞ (siehe Diagramm für niedrige Spreitungsdrücke unten).
𝜋𝜋 = 𝑅𝑅𝑅𝑅 Γ∞ ln �1 +
Γ
Γ ∞ −Γ
� = 𝑅𝑅𝑅𝑅 Γ∞ ln �
Γ∞
Γ ∞ −Γ
� = −𝑅𝑅𝑅𝑅 Γ∞ ln �
Γ ∞ −Γ
Γ∞
� = −𝑅𝑅𝑅𝑅 Γ∞ ln �1 −
Γ
Γ∞
� ≈ −𝑅𝑅𝑅𝑅 Γ∞ ∙ �−
Γ
Γ∞
� = RT Γ
Hier wurde zuletzt ln(1 − 𝑥𝑥) ≈ −𝑥𝑥 für |𝑥𝑥| ≪ 1 verwendet, sodass dieses Ergebnis formal nur für Γ ≪ Γ∞ gilt, also
nicht im asymptotischen Grenzfall.
Unter Berücksichtigung der pro Molekül zur Verfügung stehenden molekularen Oberfläche („Größe
der Bindungsstelle“) 𝑎𝑎𝑠𝑠 = 𝐴𝐴𝑠𝑠 /𝑁𝑁𝐴𝐴 𝑛𝑛𝑠𝑠 , ergibt sich aus der idealen Zustandsgleichung 𝜋𝜋 = 𝑘𝑘𝐵𝐵 𝑇𝑇/𝑎𝑎𝑠𝑠 .
Monomolekulare und bimolekulare Lipidschichten
Die Grundbausteine biologischer Membranen sind stark oberflächenaktiv, was eine Ausbildung von
Aus- und Einstülpungen der Membranen erleichtert.
Lipidmonoschichten
Alkalisalze langkettiger Fettsäuren können in nennenswerten Konzentrationen gelöst werden (CMC
im Bereich 10−3 − 10−2 𝑀𝑀). Die undissoziierten Formen (z.B. bei pH=2) oder die stark hydrophoben
Phospholipide sind praktisch unlöslich. Sie bilden eine Monoschicht auf der Wasseroberfläche, ohne
in die Volumenschicht einzudringen.
Geringe Konzentrationen der zu untersuchenden Substanz werden in einem flüchtigen Lömi gelöst
auf die wässrige Phase aufgetragen. Nach Verdampfen des Lömis und Ausbreitung des Tensids auf
der Oberfläche kann die Studie über eine Filmwaage beginnen.
Die Untersuchung von Myristinsäure (C14-FS) bei pH=2 und T=14°C ergibt charakteristische
Zustandskurven bei sehr kleinen und hohen Spreitungsdrücken 𝜋𝜋. Die Variation des
Spreitungsdruckes im Experiment erfolgt durch Verkleinerung der Monoschicht, d.h. durch
Reduzierung der zur Verfügung stehenden Oberfläche (bewegliche Barriere).
Die Langmuir-Isotherme sollte nur für sehr kleine Oberflächenkonzentrationen (niedrige
Spreitungsdrücke, große Oberfläche pro Molekül) gelten (siehe Herleitung). Die linke Abbildung
zeigt, dass die Abweichung zwischen Messkurve und Langmuir-Isotherme wie erwartet mit der
Fläche pro Molekül 𝑎𝑎𝑠𝑠 abnimmt. Das Verhalten ähnelt dem eines zweidimensionalen idealen Gases.
Bei kleineren Werten für 𝒂𝒂𝒔𝒔 treten Abweichungen vom idealen Verhalten auf, die auch bei realen
Gasen beobachtet werden.
•
•
Bei 𝜋𝜋 = 0,2𝑚𝑚𝑚𝑚 𝑚𝑚−1 und > 𝑎𝑎𝑠𝑠 = 8,5𝑛𝑛𝑚𝑚2 : „Kondensation des zweidimensionalen Gases“
𝑎𝑎𝑠𝑠 < 0,5𝑛𝑛𝑚𝑚2 : zweidimensionale Flüssigkeit (flüssig-expandierte Monoschicht)
Das Verhalten kann näherungsweise durch eine der Van-der-Waals-Gleichung für reale Gase
äquivalente Gleichung beschrieben werden. 𝛼𝛼 und 𝛽𝛽 sind hier die zweidimensionalen Van-der-Waals
Konstanten.
�𝜋𝜋 +
𝛼𝛼
� (𝑎𝑎𝑠𝑠 − 𝛽𝛽) = 𝑘𝑘𝐵𝐵 𝑇𝑇
𝑎𝑎𝑠𝑠2
Niedrige Spreitungsdrücke
(hohe Oberfläche pro Molekül),
gestrichelte Linie = Langmuir-Isotherme für
sehr kleine Oberflächenkonzentrationen
Hohe Spreitungsdrücke
(niedrige Oberfläche pro Molekül)
Zusätzlich ist für Myristinsäure der Übergang zwischen flüssig-expandierter und kondensierter
Phase zu beobachten (rechte Abbildung). Dieser Erstarrungsvorgang bei 𝜋𝜋 = 8𝑚𝑚𝑚𝑚 𝑚𝑚−1 führt von
einer Oberfläche pro Molekül von etwa 0.35nm² auf eine von 0,22-0,25nm². Letztere kommt einer
kristallinen Packung von Paraffinketten sehr nahe. Oberhalb von 𝜋𝜋 ≈ 15𝑚𝑚𝑚𝑚 𝑚𝑚−1 liegen dann alle
CH-Ketten der Myristinsäure gestreckt in dichtester Packung und senkrecht zur Wasseroberfläche
vor.
Die Druck-Flächen-Diagramme zeigen, dass die Myristinsäure- genauso wie die DPPC-Isotherme
analog zur Isotherme bei der Gaskompression beschreibbar sind.
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„Kein Druck“: gasphase-ähnlich
Niedriger Druck: flüssig-expandiert (FS-Ketten in gauche-trans-gauche).
Kompression  hoher Druck: flüssig-kondensiert (FS-Ketten in all-trans Konformation).
Noch höherer Druck: flüssig-kristallin (dichteste Packung)
Noch höherer Druck: Kollaps! Monoschicht wird zur Bimolekularen Lipidschicht
Phosphatidylcholine bilden ebenso Monoschichten auf der Oberfläche der wässrigen Volumenphase.
Der Spreitungsdruck ist abhängig von der Länge der CH-Ketten. Die Messungen fanden bei T=22°C an
DPPC statt.
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Kürzere Ketten zeigen einen flachen Kurvenverlauf im Druck-Flächen-Digramm (bei allen
Spreitungsdrücken liegen die Lipide im flüssig-expandierten Zustand vor),
Längere Ketten zeigen einen steilen Kurvenverlauf (bei allen Spreitungsdrücken liegen die
Lipide im kondensierten Zustand vor).
Für C16 ist ein Übergang zwischen zwei verschiedenen Steilheitsbereichen zu beobachten
(Übergang von flüssig-expandiert zu kondensiert bei hohen Spreitungsdrücken). Der
Phasenübergang erfolgt bei etwa 𝜋𝜋 = 8𝑚𝑚𝑚𝑚 𝑚𝑚−1 . Er beginnt bei 𝑎𝑎𝑠𝑠 ≈ 0,75𝑛𝑛𝑚𝑚2 und endet
bei 𝑎𝑎𝑠𝑠 = 0,48𝑛𝑛𝑚𝑚2 bei hohen Spreitungsdrücken. In allen Zuständen ist die molekulare
Oberfläche von PC damit doppelt so groß wie für FS (Grund: 2 CH-Ketten), weshalb man auch
hier von einer dichtesten Packung sprechen kann.
Abhängigkeit von PC-Kettenlänge
Vereinfachte Übersichtsdarstellung für
Monoschichten.
Lipid-Doppelschicht-Systeme
Phospholipide bilden in Wasser bimolekulare Schichten, die höhere lamellare Strukturen ausbilden
können. Voraussetzung zur Ausbildung dieser Strukturen ist ein Überschuss an Wasser. Man
unterscheidet verschiedene Modellmembran-Systeme, die zur Untersuchung von Membrangebundenen Prozessen wie Transportmechanismen dienen.
(1) Vesikel / Liposomen
(2) Schwarze Membranen (BLM) = planare Lipidmembranen
(3) Festkörpergestützte Membranen (SSM)
Der Anspruch an die Modellmembran ist eine Übereinstimmung zwischen Zellmembran und
Modellsystem (freie Einstellung der physikalisch chemischen Eigenschaften wie laterale
Beweglichkeit der Lipide und chemische Zusammensetzung der Lipidmembran; hohe
Langzeitstabilität, Reproduzierbarkeit)
Vesikel bilden in wässrigen Lösungen abgeschlossene Kompartimente, die eine wässrige-Innenphase
von der wässrigen Außenphase trennen. Liposomen werden nach steigendem Durchmesser in SUV’s
(small unilamellar vesicles; Ø = 20-100 nm), LUV’s (large unilamellar vesicles; Ø = 100-500 nm) und
MLV’s (multilamellar vesicles; Ø > 100 nm) eingeteilt.
Die Herstellung von unilamellaren Vesikeln erfolgt über die Extrusionsmethode nach Hope. Dabei
wird eine Suspension multimlamellarer Vesikel oberhalb der Phasenumwandlungstemperatur des
jeweiligen Lipids oder der Lipidmischung mehrmals durch eine Polycarbonatmembran definierter
Porengröße gedrückt. Die entstehenden Vesikel sind unilamellar; die Größenverteilung ist von der
Porengröße des Filter abhängig (100𝑛𝑛𝑛𝑛  80 ± 25𝑛𝑛𝑛𝑛). Vesikel eigenen sich als Modellsystem zur
Untersuchung aktiver Membranproteine. Nachteil: nach der Präparation besteht kein Zugang zum
Inneren des Vesikels. Anwendungen von Vesikel als Modellmembranen finden sich bei
kalorimetrischen und optischen Untersuchungen.
Planare Lipidmembranen können mithilfe verschiedener Techniken über ein kreisförmiges Loch
(Durchmesser ca. 𝟎𝟎, 𝟑𝟑 − 𝟑𝟑𝒎𝒎𝒎𝒎) gespannt werden. Zur Herstellung der BLM wird ein geeignetes Lipid
oder Lipidgemisch in organischem Lösungsmittel gelöst und die Lösung anschließend über das Loch in
einer Teflonplatte gestreift. Durch Verdampfen des Lösungsmittels und self-assembly der
Lipidmoleküle entsteht spontan eine Lipiddoppelschicht.
Das Loch befindet sich in einer dünnen Festkörperschicht (elektrisch isoliertes Material, Teil einer
Küvette), die zwei wässrige Phasen voneinander trennt. Der Stofftransport zwischen den Lösungen
funktioniert nur über die planare Lipidmembran. Mit zwei Elektroden, einer Spannungsquelle und
einem Voltmeter kann über Strommessung der Ionentransport über die Membran detektiert
werden. So können elektrische Eigenschaften von Membranen und Membranproteinen gemessen
werden.
Vorteile von BLM liegen in der Zugänglichkeit beider Kompartimente, den guten
elektrischen Eigenschaften und der Möglichkeit zur Einzelkanaluntersuchung.
Ein Nachteil sind die verwendeten organischen Lömis, da nicht ausgeschlossen werden kann,
dass noch Lömi-Reste innerhalb der Membran vorliegen und die Messungen beeinflussen.
Außerdem liegt eine geringe Langzeitstabilität der BLM im Bereich einiger Stunden vor.
Der relativ große Durchmesser der kreisförmigen Membran erlaubt auch optische Untersuchungen:
Durch Messung der Intensität des reflektierenden Lichts kann die Membrandicke gemessen werden.
Planare Lipidmembranen erscheinen im reflektierten Licht fast schwarz, da sich die an der Vorderund Rückseite der Membran reflektierten Lichtanteile durch Interferenz beinahe auslöschen. Sie
werden daher auch als schwarze Lipidmembranen (BLM) bezeichnet.
Planare Lipidmembranen können verwendet werden, um die Oberflächenspannung von
Lipiddoppelschichten zu messen. Hierzu wird die Membran auf einer Seite zur Halbkugel ausgebeult
(z.B. durch Erhöhung des Wasserspiegels auf einer Seite) und die dazu nötige Druckdifferenz
gemessen. Es resultiert ein sehr kleiner Wert von 𝛾𝛾 = 0,9𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚−2 . Amphiphile Verbindungen
ermöglichen damit über die Ausbildung von Lipiddoppelschichten eine Reduktion der
Oberflächenspannung um 2 Größenordnungen (für n-Heptan läge die Grenzflächenspannung bei
𝛾𝛾 = 100𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚−2 ).
Festkörpergestützte Membranen wurden aufgrund der Nachteile der BLM entwickelt. Sie zeigen
eine sehr hohe Stabilität und erlauben die Anwendung verschiedener oberflächensensitiver
Methoden (Anwendungen: MS, Ellipsometrie, ATR-IR, Rasterkraftmikroskopie, Impedanzspektroskopie). Die
Präparation festkörpergestützter Membranen kann über Vesikelfusion oder Langmuir-BlodgettÜbertrag (LB-Übertrag) erfolgen.
•
•
Bei der Vesikelfusion wird das Substrat für einige Zeit in einer Vesikelsuspension von
unilamellaren Vesikeln definierter Größe inkubiert. Das Spreiten der an der Oberfläche
adherierten Vesikel führt zu einer festkörpergestützten Membran. Die WW zwischen Vesikel
und FK-Oberfläche kann elektrostatisch oder entropisch sein (Funktionalisierung der
FK-Oberfläche mit geladenen bzw. amphipatischen Molekülen). Die Lipide können auch über
funktionelle Gruppen an der Kopfgruppe eine quasikovalente Bindung mit dem Substrat
eingehen (über Thiolgruppe, die an Goldoberfläche chemisorbiert).
Beim LB-Übertrag wird ein hydrophiles Substrat (z.B. Glas, Silizium, Gold) in die Subphase
des wassergefüllten Teflontrogs der Filmwaage gehängt, das Lipid an der Wasser-LuftGrenzfläche gespreitet und das Substrat unter kontantem Druck der Lipide langsam aus
dem Wasser gezogen. Die Lipide bilden auf der Oberfläche des Substrats eine Monoschicht.
In einem weiteren Übertrag kann durch Eintauchen (horizontal oder vertikal) des Substrats in
die wässrige Phase eine zweite Monoschicht präpariert werden.
Nachteile: Die ersten SSMs zeigten eine geringe Lebensdauer, da die Membranen hier
lediglich auf dem Substrat physisorbiert (Van-der-Waals-Bindung) waren. Aufgrund der
Wechselwirkung der unteren Monoschicht mit der Substratoberfläche, war der Einbau
integraler Proteine durch den FK sterisch behindert. Ein weiteres Problem ist die
Einschränkung der lateralen Diffusion in der unteren Lipidschicht aufgrund der Bindung der
Lipide an das Susbtrat.
Alle diese Probleme werden durch festkörpergestützte Membranen mit Abstandhalter (tBLM =
tethered bilayer membrane) gelöst. Durch eine dünne Polyelektrolytschicht zwischen Substrat und
Lipidschicht (packing- und Anchor-Moleküle) wird mehr Platz für Proteine und laterale Diffusion
geschaffen. Der Abstand zwischen Lipidschicht und Substrat kann auch über Spacerlipide vergrößert
werden, die z.B. über ein Thiol an das Goldsubstrat anbinden; die hier vorhandene Chemisorption
(chemische, meist kovalente Bindung) ist wesentlich stabiler als die Physisorption und sorgt für
wesentlich längere Lebensdauern. Bei der tBLM sind Membran und Substrat entkoppelt, weshalb die
Oberfläche keinen Einfluss mehr auf die Membraneigenschaften hat.
Phaseneigenschaften von Lipiddoppelschichten
Bei lamellaren Phospholipid-Wasser-Systemen kann man Phasenübergänge beobachten, die den
Monoschicht-Umwandlungen „flüssig-expandiert“ ⇌ „kondensiert“ ähneln.
Die lamellaren Systeme eignen sich besser zur
Untersuchung der Phaseneigenschaften über
kalorimetrische oder spektroskopische Methoden,
bei denen relativ scharfe Änderungen der
Messgrößen (wie Wärmekapazität) in Abhängigkeit
von der Temperatur beobachtet werden. Die
spezifische Wärmekapazität von DPPC zeigt bei
𝑇𝑇𝑐𝑐 = 41°𝐶𝐶 ein charakteristisches Maximum. Die
� (𝑇𝑇) = 𝐻𝐻(𝑇𝑇0 ) + 𝑐𝑐𝑝𝑝 (𝑇𝑇)𝑑𝑑𝑑𝑑
spezifische Enthalpie 𝐻𝐻
zeigt eine drastische Zunahme mit der Temperatur.
Der Übergang ähnelt einem Phasenübergang erster
Ordnung (scharfe Schmelzumwandlung). Da die
Zustandsänderung nicht sehr scharf ist, sind die
Verhältnisse bei der Umwandlung von LipidDoppelschichten jedoch komplizierter
(mesomorphe Umwandlung).
Die molekulare Anordnung der CH-Ketten unterhalb der Umwandlungstemperatur 𝑇𝑇𝑐𝑐 entspricht
einer quasikristallinen Packung der gestreckten Ketten. Oberhalb der Umwandlungstemperatur
nehmen die Ketten durch Rotation um C-C-Bindnungen verschiedene Konformationen ein, was zu
einer Abnahme der Ordnung und zu einer Zunahme der Fluidität führt (fluid-kristalliner Zustand). Es
handelt sich um keinen Schmelzvorgang! Die mesomorphe Umwandlung ist ein Übergang von
einem erstarrten quasikristallinen Zustand (Gel-Phase) in eine flüssig-kristalline Phase unter
Erhaltung der Doppelschicht-Struktur.
•
•
Die Umwandlungstemperatur steigt mit der Kettenlänge (für Diacyl-Phosphatidylcholine
gilt: C14: 24°C, C16: 41°C, C18: 55°C).
Doppelbindungen erniedrigen den Grad der Ordnung in der quasikristallinen Packung, was
zu einer Reduktion der Umwandlungstemperatur führt (C18 mit einer Doppelbindung: -22°C;
Reduktion um 77°C!).
Lipidmischungen in Lipiddoppelschichten
Phasenübergänge von Mono- und Doppelschichtsystemen aus reinen Phospholipiden zeigen damit
ein Phasenverhalten, das einem Schmelzgleichgewicht eines Einkomponentensystems sehr ähnlich
ist. Das Phasenverhalten von Lipidmischungen kann ebenso näherungsweise analog zu den
Phasengleichgewichten von Mehrkomponentensystemen beschrieben werden.
Die Abbildung zeigt Phasendiagramme (x-Achse: Anteil an C18-PC, y-Achse: Temperatur) von lamellaren
Mischsystemen aus Diacyl-PC verschiedener Kettenlängen in wässriger Suspension.
Oben ist ein binäres System aus zwei PCs gezeigt, die sich in ihrer Länge um zwei CH2-Gruppen
unterscheiden. Das Phasendiagramm entspricht einem Schmelzdiagramm eines (dreidimensionalen)
binären Systems mit vollständiger Mischbarkeit der beiden Komponenten in beiden Phasen (flüssig
und fest). Dadurch konnte auf die vollständige (zweidimensionale) Mischbarkeit der beiden
Komponenten in beiden Phasen (flüssig-kristallin und quasikristallin) geschlossen werden. Es ist
außerdem zu erkennen, dass bei konstanter Temperatur, durch Anreicherung bzw. Verarmung einer
PC-Art, fluid-kristalline und quasikristalline Phase nebeneinander existieren können
(Zweiphasengebiet, F+S). Die Phasen sind streifenförmig oder Inselförmig voneinander abgetrennt.
Bei niedrigeren oder höheren Temperaturen resultieren Einphasengebiete, sodass die gesamte
Membran ausschließlich in quasikristallinen (S) bzw. fluid-kristallinen (F) Zustand vorliegt. Der
Übergang vom Zweiphasengebiet in das Einphasengebiet (durch Temperatur- oder MolenbruchÄnderung) wird als laterale Phasentrennung bezeichnet.
Unten ist ein binäres System aus zwei PCs gezeigt, die sich in ihrer Länge um vier CH2-Gruppen
unterscheiden. Das Phasendiagramm zeigt hier, dass die zwei Komponenten im kristallinen
Einphasengebiet nur beschränkt mischbar sind. Es handelt sich um ein monotektisches
Phasendiagramm, da es einer Hälfte des eutektischen Phasendiagramms entspricht.
Im eutektischen Phasendiagramm (völlige Mischbarkeit in der einen und völlige Entmischbarkeit in der anderen
Phase) gibt es einen eutektischen Punkt, in dem drei Phasen des Systems im Gleichgewicht sind (Solidus- und
Liquidus-Linie berühren sich, siehe rechte Abbildung). Dies ist hier nicht der Fall.
Das Phasendiagramm zeigt, dass die kristalline Phase (S) aus reinem DSL besteht oder zumindest
eine DSL-reiche Phase darstellt (feste Phase bei hohen Temperaturen nur bei hohem DSL-Anteil
möglich). Unterhalb der Temperatur TDML (reines monotektisches Verhalten) existiert ein erstarrter
Bereich mit DML und DSL nebeneinander.
In Plasmamembranen kommt Cholesterin in relativ hoher Konzentration vor (𝑥𝑥𝐶𝐶ℎ𝑜𝑜𝑜𝑜 = 0,3). Dies ist
die Ursache für Phasenverhalten mit ausgedehnten Zweiphasengebieten. Das Phasenverhalten
natürlicher Membranen ist aufgrund der Vielzahl an Komponenten (mehr thermodynamische
Freiheitsgrade als ein binäres System) wesentlich komplexer. Dennoch sind Bereiche im
Phasendiagramm zu erwarten, in denen Phasen im Gleichgewicht stehen. Wichtige
Regulationsvorgänge an Membranen beruhen auf zweidimensionalen Phasentrennungen, die durch
Änderung der Konzentration stark oberflächenaktiver Membranbestandteile induziert werden.
Dadurch könnten verschiedene Membran-gebundene Enzym- oder Transportfunktionen an- oder
abgeschaltet werden, wenn der zugehörige Membranbereich erstarrt oder fluidisiert wird oder,
wenn seine Zusammensetzung in Bezug auf funktionswichtige Membranbestandteile verschoben
wird.
Lipid Rafts sind angereichert an Sphingolipiden und Cholesterin und scheinen zur Verankerung und
Aggregation spezieller Membranproteine zu dienen. Sie sind in ihrer Struktur Festkörper-ähnlich
und schwimmen auf dem fluid-kristallinen See der Membran. Sie entstehen durch laterale
Phasentrennung.
Läuger, Kapitel 8
Transporterscheinungen in kontinuierlichen Systemen sind irreversibel und umfassen Diffusion,
Sedimentation und Elektrophorese.
Viskosität
Definition
Die Viskosität 𝜼𝜼 ist über die Kraft K definiert, die notwendig ist, um eine obere Platte (Position d,
Fläche A) mit konstanter Geschwindigkeit gegen eine untere Platte (Position 0, Fläche A) zu
verschieben. Zwischen den Platten befinden sich einzelne Flüssigkeitsschichten, deren
Geschwindigkeiten von 𝑣𝑣 = 0 (Position 𝑧𝑧 = 0) bis zur Geschwindigkeit 𝑣𝑣0 (Geschwindigkeit der
oberen Platte, Position 𝑧𝑧 = 𝑑𝑑) linear mit dem Abstand 𝑧𝑧 zunimmt. Diese Linearität gilt nur für
laminare (wirbelfreie) Strömungen (Flüssigkeitsbewegung ist ausschließlich durch innere Reibung
bestimmt, Voraussetzung: kleine Geschwindigkeiten). Im turbulenten Fall wäre die Viskosität keine
Materialkonstante mehr, sondern von 𝑣𝑣0 abhängig. Die Viskosität sinkt mit der Temperatur. Fluidität
ist der Kehrwert der Viskosität.
𝐾𝐾 = 𝜂𝜂𝜂𝜂 ∙
𝑣𝑣0
𝐾𝐾𝐾𝐾
𝑑𝑑𝑑𝑑
= 𝜂𝜂𝜂𝜂 ∙ → 𝜂𝜂 =
,
𝑑𝑑
𝐴𝐴𝑣𝑣0
𝑑𝑑𝑑𝑑
Viskoses Fließen in einer Kapillare
�
𝑁𝑁𝑁𝑁
𝑁𝑁𝑁𝑁 𝑘𝑘𝑘𝑘
= 2=
�
∙ 𝑚𝑚/𝑠𝑠 𝑚𝑚
𝑚𝑚𝑚𝑚
𝑚𝑚2
Fließt eine Flüssigkeit der Dichte 𝜌𝜌 von einem höheren Reservoir in ein tieferes, ist die treibende
Kraft der Druckunterschied ∆𝑃𝑃 = 𝜌𝜌𝜌𝜌ℎ, wobei ℎ die Höhe der Flüssigkeitssäule ist. An der
Kapillarwand (Rauigkeit) hat die Flüssigkeitsschicht 𝑣𝑣 = 0, im Zentrum ist 𝑣𝑣 = 𝑣𝑣𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚 . Bei konstanter
Strömung resultiert ein parabolisches Geschwindigkeitsprofil in der Kapillare.
In einer bestimmten Zeit ∆𝑡𝑡 fließt das Volumen ∆𝑉𝑉 durch die Kapillare. Die entsprechende Beziehung
heißt Hagen-Poiseuillesche Gleichung. 𝑅𝑅 ist Kapillarradius, 𝐿𝐿 die Kapillarlänge. Beachte die
Proportionalität zu 𝑅𝑅 4 (Verdopplung des Radius => 16faches transportiertes Volumen pro Zeit).
∆𝑉𝑉 =
𝜋𝜋 𝜌𝜌𝜌𝜌ℎ𝑅𝑅 4
∙
∙ ∆𝑡𝑡
𝜂𝜂𝜂𝜂
8
Viskositätsmessung geht über ein Kapillarviskosimeter nach Ostwald (ignoriert). Sie geben
Informationen über Eigenschaften von Makromolekülen.
Viskosität makromolekularer Lösungen
Viskosität gibt Aufschluss über Größe und Form von Makromolekülen. Die Viskosität steigt mit der
Konzentration 𝑐𝑐 [𝑔𝑔/𝑐𝑐𝑚𝑚3 ] des Makromoleküls an (Potenzreihenentwicklung der Konzentrationsabhängigkeit).
Die Viskosität des reinen Lösungsmittels ist 𝜂𝜂0 (y-Achsen-Schnittpunkt). Für kleine Konzentrationen
resultiert linearer Anstieg nach der Geradengleichung 𝜂𝜂(𝑐𝑐) = 𝜂𝜂0 (1 + [𝜂𝜂]𝑐𝑐) mit der Steigung 𝜂𝜂0 [𝜂𝜂].
[𝜂𝜂] (erster Koeffizient der Potenzreihe) ist die Intrinsic-Viskosität und beschreibt die Veränderung der
Viskosität durch die gelöste makromolekulare Komponente. Dadurch ermöglicht [𝜼𝜼] Aussagen
über die Form des Makromoleküls.
•
•
Für kugelförmige Teilchen der Dichte 𝜌𝜌 ist [𝜂𝜂]𝜌𝜌 = 2,5. Anhand von [𝜂𝜂]𝜌𝜌 kann das
Halbachsenverhältnis für ellipsoide Moleküle bestimmt werden, wenn bekannt ist, ob es sich
um ein Stäbchen oder ein Scheibchen handelt: Stäbchenförmige Teilchen erhöhen mit
zunehmendem Halbachsenverhältnis a/b die Viskosität wesentlich stärker als
Scheibchenförmige Teilchen (Stäbchen bewirken eine stärkere Störung der Lömi-Strömung).
Lineare Moleküle können in flexible Fadenmoleküle und langgestreckte starre Stäbchen
unterteilt werden. Eine Unterscheidung ist über eine Molmassenabhängigkeit von [𝜂𝜂]
möglich.
Reibungskoeffizient
Teilchen erfahren in Flüssigkeiten der Viskosität 𝜂𝜂 einen Reibungswiderstand, der durch den
Reibungskoeffizienten charakterisiert ist. Die Reibungskraft ist proportional zur
�⃗)
�⃗ = 𝒒𝒒𝑬𝑬
Teilchengeschwindigkeit und wirkt der auslösenden Kraft (z.B. Coulomb-Anziehung �𝑲𝑲
�⃗ .
entgegen: ��⃗
𝑹𝑹 = −𝒇𝒇𝒗𝒗
Der Reibungskoeffizient 𝒇𝒇 [𝑁𝑁𝑁𝑁/𝑚𝑚 = 𝑘𝑘𝑘𝑘/𝑠𝑠] lässt sich für makroskopische Teilchen definierter
Geometrie berechnen. Für eine Kugel gilt das Gesetz von Stokes: 𝒇𝒇 = 𝟔𝟔𝟔𝟔𝟔𝟔𝟔𝟔 (kann auch für
mikroskopische Teilchen verwendet werden).
Die Bewegungsgleichung eines Teilchens in viskoser Lösung, auf das eine konstante Kraft K wirkt
lautet 𝑚𝑚𝑣𝑣⃗̇ = 𝐾𝐾 − 𝑓𝑓𝑣𝑣⃗ . Die Lösung dieser Differentialgleichung ergibt die Geschwindigkeit:
𝑣𝑣(𝑡𝑡) =
𝑓𝑓
𝐾𝐾
�1 − 𝑒𝑒 −𝑚𝑚 𝑡𝑡 �
𝑓𝑓
Die Geschwindigkeit des Teilchens nimmt damit hyperbolisch bis zur Endgeschwindigkeit
��⃗ = −𝑹𝑹
��⃗ und damit die Beschleunigung gleich null wird.
𝒗𝒗𝒎𝒎𝒎𝒎𝒎𝒎 = 𝑲𝑲/𝒇𝒇 zu, da hier 𝑲𝑲
Die Beschleunigung kann durch die Relaxationszeit 𝝉𝝉 = 𝒎𝒎/𝒇𝒇 beschrieben werden, nach der das
Teilchen bis auf 1/e seine Endgeschwindigkeit erreicht hat (63,2% von 𝑣𝑣𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚 ). In Wasser (𝜂𝜂 =
0,001𝑔𝑔𝑔𝑔𝑚𝑚−1 𝑠𝑠 −1 ) resultieren damit für Proteine Werte im Bereich von 𝜏𝜏 = 10−11 𝑠𝑠, für Zellen im
Bereich von 𝜏𝜏 = 10−5 𝑠𝑠. Es wird demnach sehr schnell die Maximalgeschwindigkeit erreicht.
Brownsche Molekularbewegung und Reibungskoeffizient
Die Ursache der Brownschen Molekularbewegungen sind thermisch bedingte Zusammenstöße mit
Molekülen der umgebenden Flüssigkeit. Aufgrund der ungeordneten Wärmebewegung der
Moleküle, kommt es zu Zufallsbewegungen.
Die mittlere Verschiebung ����
𝚫𝚫𝒙𝒙 für n Einzelverschiebungen ist null, da positive Richtung und negative
�����𝟐𝟐 (Ausmaß der
Richtung gleich wahrscheinlich sind. Das mittlere Verschiebungsquadrat 𝜟𝜟𝒙𝒙
Zitterbewegung) steigt mit zunehmender thermischer Energie 𝑘𝑘𝐵𝐵 𝑇𝑇 (𝑘𝑘𝐵𝐵 = 𝑅𝑅/𝑁𝑁𝐴𝐴 = 1,38 ∙ 1023 𝐽𝐽/𝐾𝐾 ist
die Boltzmannkonstante) und abnehmendem Reibungskoeffizient 𝑓𝑓 (und logischerweise mit der
Beobachtungszeit 𝛥𝛥𝛥𝛥):
�����2 = 2𝑘𝑘𝐵𝐵 𝑇𝑇 𝛥𝛥𝛥𝛥
𝛥𝛥𝑥𝑥
𝑓𝑓
�����2 lässt sich damit 𝑓𝑓 eines Teilchens bestimmen. Für die Projektion der
Durch Messung von 𝛥𝛥𝑥𝑥
Bewegung auf die y- und z-Achse gelten identische Beziehungen. Im dreidimensionalen gilt dann:
�����2 = �����
�����2 + 𝛥𝛥𝑧𝑧
�����2 = 6𝑘𝑘𝐵𝐵 𝑇𝑇 𝛥𝛥𝛥𝛥
𝛥𝛥𝑠𝑠
𝛥𝛥𝑥𝑥 2 + 𝛥𝛥𝑦𝑦
𝑓𝑓
Diffusion
Diffusion ist Materietransport aufgrund von Konzentrationsunterschieden. Die Diffusion ist
mechanistisch an die Brownsche Molekularbewegung gekoppelt.
Diffusion und Brownsche Molekularbewegung
Bei Überschichtung eines gelösten Farbstoffs der Konzentration 𝑐𝑐0 mit reinem Lösungsmittel erfolgt
mit der Zeit t ein Konzentrationsausgleich. Zur quantitativen Beschreibung des Diffusionsvorgangs
wird der Diffusionsfluss 𝑱𝑱𝒙𝒙 [𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚 ∙ 𝑠𝑠 −1 ] definiert: Es ist die Stoffmenge pro Zeiteinheit ∆𝒏𝒏/∆𝒕𝒕 , die
netto und in positiver x-Richtung durch einen senkrecht zur x-Richtung angeordneten, ebenen
Querschnitt der Fläche A hindurchtritt (Vergleiche: Definition des Stromflusses bei Elektrolyse).
U
Bezieht sich der Diffusionsfluss auf einen Querschnitt der Einheitsfläche, spricht man von der
Diffusionsflussdichte oder dem spezifischen Diffusionsfluss 𝚽𝚽𝒙𝒙 = 𝑱𝑱𝒙𝒙 /𝑨𝑨 [𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚 ∙ 𝑐𝑐𝑚𝑚−2 ∙ 𝑠𝑠 −1 ] . Der
Diffusionsfluss und die Diffusionsflussdichte sind Vektorgrößen! Hier wird lediglich immer eine Komponente (in x-Richtung)
betrachtet.
Das 1. Ficksche Gesetz beschreibt die Proportionalität zwischen dem Fluss 𝑱𝑱𝒙𝒙 und der betrachteten
Querschnittsfläche 𝑨𝑨 sowie dem Konzentrationsgefälle −(𝒅𝒅𝒅𝒅/𝒅𝒅𝒅𝒅)𝒕𝒕 in x-Richtung. Die
Proportionalitätskonstante ist der Diffusionskoeffizient 𝑫𝑫. Der Diffusionskoeffizient beschreibt die
Geschwindigkeit der Diffusion und ist mit der inneren Reibung verknüpft, die das Teilchen während
seiner Bewegung vom umgebenden Medium erfährt. D ist daher von der Viskosität des Mediums
abhängig.
Das Minus-Zeichen wird verwendet, um 𝐽𝐽 und 𝐷𝐷 positiv zu definieren, wenn 𝑑𝑑𝑐𝑐/𝑑𝑑𝑑𝑑 negatives Vorzeichen hat
(positiver Fluss in x-Richtung, wenn Abnahme der Konzentration in x-Richtung).
𝒅𝒅𝒅𝒅
𝑱𝑱𝒙𝒙 = −𝑫𝑫𝑫𝑫 � �
𝒅𝒅𝒅𝒅 𝒕𝒕
Die Konzentration 𝑐𝑐(𝑥𝑥, 𝑡𝑡) ist aufgrund der Diffusion sowohl ortsabhängig als auch zeitabhängig.
Daher enthält das 1. Ficksche Gesetz die partielle Ableitung der Konzentration c nach der
Ortskoordinate x. Diese Gleichung gilt damit unabhängig von der Zeit.
Die Zeit- und Orts-Abhängigkeit der Konzentration ist Gegenstand des 2. Fickschen Gesetzes. Dieses wird später
𝑑𝑑𝑑𝑑
betrachtet: � � = 𝐷𝐷 �
𝑑𝑑𝑑𝑑 𝑥𝑥
𝑑𝑑 2 𝑐𝑐
�
𝑑𝑑𝑥𝑥 2 𝑡𝑡
Die Fickschen Gesetze beschreiben einen gerichteten Materie- oder Teilchenstrom, beruhen aber
allein auf der ungerichteten Brownschen Molekularbewegung der einzelnen diffundierenden
Teilchen. Aus dem mittleren Verschiebungsquadrat der Brownschen Molekularbewegung, lässt sich
das Ficksche Gesetz direkt herleiten (S296, ignoriert). Sie führt also bei Konzentrationsunterschieden
zu einer gerichteten Bewegung. Darüber hinaus wird eine Definitionsgleichung für den
Diffusionskoeffizienten erhalten, die so genannte Einstein-Gleichung. Aus der Gleichung ist zu
erkennen, dass die Wärme als Triebkraft für die Diffusionsbewegung fungiert (𝑘𝑘𝐵𝐵 𝑇𝑇 im Zähler),
während die Viskosität als bremsende Kraft wirkt (6𝜋𝜋𝜋𝜋𝜋𝜋 im Nenner).
𝐷𝐷 =
�����2 𝑘𝑘𝐵𝐵 𝑇𝑇
𝛥𝛥𝑥𝑥
𝑘𝑘𝐵𝐵 𝑇𝑇
=
=
⏟
2∆𝑡𝑡
𝑓𝑓 𝐾𝐾𝐾𝐾𝐾𝐾𝐾𝐾𝐾𝐾 6𝜋𝜋𝜋𝜋𝜋𝜋
Die Kenntnis des Diffusionskoeffizienten ermöglicht die Berechnung der maximal möglichen Verschiebung ������
𝜟𝜟𝒙𝒙𝟐𝟐
innerhalb eines Zeitintervalls ∆𝑡𝑡 sowie über die zweite Beziehung die Berechnung des Reibungskoeffizienten 𝒇𝒇
bei gegebener Temperatur. Diese Gleichungen ermöglichen z.B. für einen Substrattransport die Berechnung der
notwendigen Diffusionszeit ∆𝒕𝒕 für eine gegebene Wegstrecke ������
𝜟𝜟𝒙𝒙𝟐𝟐 , wenn 𝑫𝑫 oder 𝒇𝒇 bekannt sind.
Als abgewandelte Formulierung des 1. Fickschen Gesetzes wird die Diffusionsflussdichte verwendet.
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝐽𝐽𝑥𝑥
= Φ𝑥𝑥 = −𝐷𝐷
𝐴𝐴
𝑑𝑑𝑑𝑑
In vielen Fällen ist eine 1D-Betrachtung der Diffusion nicht ausreichend, da die
Konzentrationsverteilung nicht unbedingt linear, sondern auch Kugel- oder Zylinder-symmetrisch
(z.B. in einer Zelle) sein kann. Für die drei Raumrichtungen 𝑥𝑥, 𝑦𝑦, 𝑧𝑧 gelten entsprechend identische
Formulierungen. Für eine kugelsymmetrische Zelle ist die Konzentration nur vom Abstand r zum
Zellmittelpunkt abhängig, sodass auch hier einfach Φ𝑟𝑟 verwendet werden kann, wenn der
Koordinaten-Ursprung im Zellmittelpunkt gewählt wird.
Stationäre Diffusion durch eine Trennwand
Nun soll eine stationäre Diffusion des Stoffes S zwischen zwei
Lösungsräumen, getrennt durch eine feinporige Wand,
eindimensional (x-Richtung) betrachtet werden. Werden beide
Lösungsräume kontinuierlich durchmischt (Magnetrührer), ist die
Konzentration der Lösungsräume ortsunabhängig. Das
Konzentrationsgefälle beschränkt sich auf die Lösungsmittelgefüllten Poren der Trennwand. Das Konzentrationsgefälle ist für
lange Diffusionszeiten und große Lösungsräume (beides =
Konzentrationsdifferenz in Lösungsräumen konstant) linear. Damit
fällt die Konzentration von S in den Poren linear von 𝒄𝒄𝑰𝑰𝑰𝑰 auf 𝒄𝒄𝑰𝑰 ab.
Durch Einsetzen von
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑐𝑐(𝑥𝑥) = 𝑐𝑐 𝐼𝐼𝐼𝐼 −
=−
�𝑐𝑐 𝐼𝐼𝐼𝐼 −𝑐𝑐 𝐼𝐼 �
𝑑𝑑
(𝑐𝑐 𝐼𝐼𝐼𝐼 − 𝑐𝑐 𝐼𝐼 )
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑥𝑥 = 𝑐𝑐 𝐼𝐼𝐼𝐼 −
𝑥𝑥,
𝑑𝑑
𝑑𝑑𝑑𝑑
0 ≤ 𝑥𝑥 ≤ 𝑑𝑑
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑑𝑑𝑑𝑑 𝑡𝑡
in das 1. Fickschen Gesetz 𝐽𝐽𝑥𝑥 = −𝐷𝐷𝐷𝐷 � � ergibt sich:
𝐽𝐽𝑥𝑥 = 𝐷𝐷𝐷𝐷
(𝑐𝑐 𝐼𝐼𝐼𝐼 − 𝑐𝑐 𝐼𝐼 )
𝑑𝑑
Als Folge der Diffusion nimmt die Konzentratiosdifferenz 𝑐𝑐 𝐼𝐼𝐼𝐼 − 𝑐𝑐 𝐼𝐼 mit der Zeit ab, sodass 𝐽𝐽𝑥𝑥 mit der
Zeit ebenso kleiner wird. Sind die Lösungsräume sehr groß, ändert sich die Konzentrationsdifferenz
nur unwesentlich und der Fluss ist stationär (zeitlich konstant).
Über diese Anordnung kann der Diffusionskoeffizient gemessen werden. Der Fluss 𝐽𝐽𝑥𝑥 = Δn/Δ𝑡𝑡
wird erhalten, indem im Zeitintervall Δ𝑡𝑡 die durch die Trennwand diffundierte Stoffmenge Δ𝑛𝑛
gemessen wird. 𝐴𝐴 ist der effektive Querschnitt (Summe der Querschnittsflächen aller Poren), 𝑑𝑑 die
effektive Dicke der Trennwand (𝑑𝑑/𝐴𝐴 wird über Eichung mit einer Substanz mit bekanntem
Diffusionskoeffizienten über dieselbe Gleichung bestimmt).
𝐷𝐷 =
Δn 𝑑𝑑
1
∙ ∙ 𝐼𝐼𝐼𝐼
Δ𝑡𝑡 𝐴𝐴 (𝑐𝑐 − 𝑐𝑐 𝐼𝐼 )
Zeitabhängigkeit der Diffusion durch eine Trennwand (einfacher Fall)
Die zeitabhängige Konzentrationsdifferenz zwischen den Lösungsräumen sei ∆𝑐𝑐 = 𝑐𝑐 𝐼𝐼𝐼𝐼 − 𝑐𝑐 𝐼𝐼 (Fluss von
II nach I). Die zeitliche Änderungen der Stoffmengen 𝑛𝑛𝐼𝐼 und 𝑛𝑛𝐼𝐼𝐼𝐼 in den beiden Lösungsräumen
entsprechen direkt den Flüssen und können daher über das 1. Ficksche Gesetz geschrieben werden.
Die unterschiedlichen Vorzeichen beschreiben, dass die Zunahme der Konzentration im Lösungsraum I von der Abnahme in
Lösungsraum II unterschieden werden muss.
𝑑𝑑𝑛𝑛𝐼𝐼𝐼𝐼 𝑉𝑉 𝐼𝐼𝐼𝐼 𝑑𝑑𝑐𝑐 𝐼𝐼𝐼𝐼
=
= −𝐽𝐽𝑥𝑥 ,
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑑𝑑𝑑𝑑
→
𝑑𝑑𝑐𝑐 𝐼𝐼𝐼𝐼
1
= − 𝐼𝐼𝐼𝐼 ∙ 𝐽𝐽𝑥𝑥
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑉𝑉
𝑑𝑑𝑛𝑛𝐼𝐼 𝑉𝑉 𝐼𝐼 𝑑𝑑𝑐𝑐 𝐼𝐼
=
= 𝐽𝐽𝑥𝑥 ,
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑑𝑑𝑑𝑑
→
𝑑𝑑𝑐𝑐 𝐼𝐼
1
= 𝐼𝐼 ∙ 𝐽𝐽𝑥𝑥
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑉𝑉
Die zeitliche Änderung der Konzentrationsdifferenz ergibt sich aus der Subtraktion der rechten
Gleichungen (links minus recht):
⟺
𝑑𝑑𝑐𝑐 𝐼𝐼𝐼𝐼 𝑑𝑑𝑐𝑐 𝐼𝐼
1
1
−
= − 𝐼𝐼𝐼𝐼 ∙ 𝐽𝐽𝑥𝑥 − 𝐼𝐼 ∙ 𝐽𝐽𝑥𝑥
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑉𝑉
𝑉𝑉
∆𝑐𝑐 1
1
𝒅𝒅∆𝒄𝒄
= −𝐷𝐷𝐷𝐷 � 𝐼𝐼𝐼𝐼 + 𝐼𝐼 � = −𝜷𝜷𝜷𝜷∆𝒄𝒄 ,
𝑑𝑑 𝑉𝑉
𝑉𝑉
𝒅𝒅𝒅𝒅
𝛽𝛽 =
𝐴𝐴 1
1
� 𝐼𝐼𝐼𝐼 + 𝐼𝐼 �
𝑑𝑑 𝑉𝑉
𝑉𝑉
𝛽𝛽 ist die „Apparate Konstante“ der Anordnung. Die Lösung der Differentialgleichung (rot markiert)
unter Berücksichtigung der Konzentrationsdifferenz ∆𝑐𝑐0 im Anfangszustand ermöglicht die
Bestimmung des Diffusionskoeffizienten, wenn Konzentrationsdifferenz ∆𝑐𝑐 zur Zeit t bekannt ist.
∆𝑐𝑐 = ∆𝑐𝑐0 𝑒𝑒 −𝛽𝛽𝛽𝛽𝛽𝛽 ↔ 𝐷𝐷 =
ln(∆𝑐𝑐0 /∆𝑐𝑐)
𝛽𝛽𝛽𝛽
Der wesentliche Schritt für die zeitabhängige Betrachtung ist die Berücksichtigung der
Stoffmengenbilanzen der zwei Lösungsräume. Das 2. Ficksche Gesetz ermöglicht eine allgemeine
Formulierung der Stoffmengenbilanzen bei Diffusionsvorgängen.
Die lila markierten Bestimmungsgleichungen, einmal für den stationären und einmal für den
zeitabhängigen Fall, können beide zur Berechnung von D herangezogen werden.
Bisher unberücksichtigt: Der Diffusionskoeffizient nimmt mit zunehmender Konzentration ab. Faustregel: In
einer 1%igen Lösung (Massenprozent) ist D um 1-2% gegenüber dem Wert bei einer unendlich verdünnten Lösung
erniedrigt.
2. Ficksches Gesetz und Diffusion in freier Lösung
Für Diffusionsprozesse in freier Lösung (keine poröse Wand) ist das 1. Ficksche Gesetz
unzureichend. Es wird das 2. Ficksche Gesetz angewendet.
Wir betrachten die Konzentrationsbilanz in einer dünnen Scheibe der Dicke 𝒅𝒅𝒅𝒅 und der
Querschnittsfläche 𝑨𝑨. Die erste Oberfläche befindet sich an Position 𝑥𝑥 (hier ist der Zufluss von
Teilchen möglich), die andere an Position 𝑥𝑥 + 𝑑𝑑𝑑𝑑 (Abfluss von Teilchen). Die Änderung 𝑑𝑑𝑑𝑑/𝑑𝑑𝑑𝑑 der
Stoffmenge 𝑛𝑛 = 𝑉𝑉𝑉𝑉 = 𝐴𝐴𝐴𝐴𝐴𝐴𝐴𝐴 der diffundierenden Teilchen in der flachen Scheibe beruht auf der
Differenz von Zufluss und Abfluss:
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑑𝑑𝑑𝑑
= 𝐴𝐴𝐴𝐴𝐴𝐴 � � = 𝐽𝐽(𝑥𝑥) − 𝐽𝐽(𝑥𝑥 + 𝑑𝑑𝑑𝑑)
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑑𝑑𝑑𝑑 𝑥𝑥
Umformen zum Differentialquotienten („Division“ durch dx):
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝐽𝐽(𝑥𝑥) − 𝐽𝐽(𝑥𝑥 + 𝑑𝑑𝑑𝑑)
𝐽𝐽(𝑥𝑥 + 𝑑𝑑𝑑𝑑) − 𝐽𝐽(𝑥𝑥)
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝐴𝐴 � � =
=− �
�=− � �
𝑑𝑑𝑑𝑑 𝑥𝑥
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑑𝑑𝑑𝑑
Für J das 1. Ficksche Gesetz einsetzen: 𝐽𝐽𝑥𝑥 = −𝐷𝐷𝐷𝐷 � �
𝑑𝑑𝑑𝑑 𝑡𝑡
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑑𝑑 �𝐷𝐷𝐷𝐷 � � �
𝑑𝑑 �� � �
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑑𝑑2 𝑐𝑐
𝑑𝑑𝑑𝑑 𝑡𝑡
𝑑𝑑𝑑𝑑 𝑡𝑡
𝐴𝐴 � � = �
� = 𝐷𝐷𝐷𝐷 �
� = 𝐷𝐷𝐷𝐷 � 2 �
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑑𝑑𝑥𝑥 𝑡𝑡
𝑑𝑑𝑑𝑑 𝑥𝑥
𝒅𝒅𝒅𝒅
𝒅𝒅𝟐𝟐 𝒄𝒄
→ � � = 𝑫𝑫 � 𝟐𝟐 �
𝒅𝒅𝒅𝒅 𝒙𝒙
𝒅𝒅𝒙𝒙 𝒕𝒕
Diese Gleichung beschreibt Orts- und Zeitabhängigkeit der Konzentration, wobei D auch hier als
Konzentrationsunabhängig vorausgesetzt wird. Für 3D ist 𝑑𝑑 2 𝑐𝑐/𝑑𝑑𝑥𝑥 2 zu ersetzen durch ∑
𝑖𝑖 = 𝑥𝑥, 𝑦𝑦, 𝑧𝑧.
𝑑𝑑 2 𝑐𝑐
𝑑𝑑𝑖𝑖 2
mit
Da das 2. Ficksche Gesetz für alle existierenden Diffusionsprobleme gilt, muss die allgemeine Lösung
der Differentialgleichung vieldeutig sein. Erst durch Beachtung von spezifischen
Anfangsbedingungen und Randbedingungen des Problems resultiert eine eindeutige Lösung. Daher
muss für das zweite Ficksche Gesetz die Lösung immer anhand des vorliegenden Problems neu
hergeleitet werden.
Betrachtung einer eindimensionalen Diffusion einer Phase mit gelöster Substanz S gegen eine reine
Lösungsmittelphase ohne Trennwand; die Phasengrenze liegt bei x=0.
•
•
Anfangsbedingungen gelten zum Zeitpunkt 𝑡𝑡 = 0.
o 𝑐𝑐 = 𝑐𝑐0 für 𝑥𝑥 < 0.
o 𝑐𝑐 = 0 für 𝑥𝑥 > 0.
Randbedingungen gelten an geometrischen Grenzen des Diffusionsproblems im Verlaufe
des Diffusionsprozesses, also für 𝑡𝑡 ≥ 0. Wir gehen davon aus, dass die Konzentrationen an
den Enden der Diffusionsküvette konstant bleiben (es wird von einer unendlich großen
Diffusionsküvette ausgegangen, jedoch gilt diese Bedingung auch für Küvetten mit Längen im 𝑐𝑐𝑐𝑐-Bereich bei
Beschränkung der Diffusionszeit auf mehrere Tage)
o
o
𝑐𝑐 = 𝑐𝑐0 für 𝑥𝑥 = −∞
𝑐𝑐 = 0 für 𝑥𝑥 = ∞.
Unter diesen Bedingungen lautet die Lösung des 2. Fickschen Gesetzes 𝑐𝑐(𝑥𝑥, 𝑡𝑡) mit der Fehlerfunktion
𝝋𝝋(𝒖𝒖):
𝑐𝑐0
𝑐𝑐(𝑥𝑥, 𝑡𝑡) = [1 − 𝜑𝜑(𝑢𝑢)] ,
2
𝜑𝜑(𝑢𝑢) =
2
√𝜋𝜋
𝑢𝑢
2
� 𝑒𝑒 −𝑦𝑦 𝑑𝑑𝑑𝑑 ,
0
𝑢𝑢 =
𝑥𝑥
2√𝐷𝐷𝐷𝐷
Das Integral lässt sich nur numerisch lösen: 𝜑𝜑(𝑢𝑢) = 0 für 𝑢𝑢 = 0 und geht für große 𝑢𝑢-Werte schnell
→ 1. Die Fehlerfunktion ist außerdem symmetrisch 𝜑𝜑(−𝑢𝑢) = −𝜑𝜑(𝑢𝑢). Durch differenzieren der
Fehlerfunktion nach der oberen Grenze erhält man:
𝑥𝑥 2
𝑐𝑐0
𝑑𝑑𝑑𝑑
−
4𝐷𝐷𝐷𝐷
=−
𝑒𝑒
𝑑𝑑𝑑𝑑
√4𝜋𝜋𝜋𝜋𝜋𝜋
Konzentrationsgradient −𝑑𝑑(𝑐𝑐/𝑐𝑐0 )/𝑑𝑑𝑑𝑑
vs.
Diffusionsstrecke x
Konzentrationsververhältnis 𝑐𝑐/𝑐𝑐0
vs.
Diffusionsstrecke x
𝐷𝐷 = 3 ∙ 10−6 𝑐𝑐𝑚𝑚2 𝑠𝑠 −1 , z.B. ATP (4𝐷𝐷 = 1𝑐𝑐𝑚𝑚2 𝑑𝑑−1 macht Rechnung einfacher, wenn für t=d eingesetzt wird). Die
Abbildung zeigt, dass die Diffusion für makroskopische Entfernungen (𝑐𝑐𝑐𝑐-Bereich) sehr langsam ist.
𝑑𝑑𝑑𝑑/𝑑𝑑𝑑𝑑 zeigt jedoch sehr große Änderungen bei kleinen x-Werten. Es findet eine gerichtete Bewegung
der Teilchen von der Phase I (negative x-Werte) in die Lösungsmittel-Phase II (positve x-Werte) statt:
•
•
Untere Abbildung: Zeigt die Konzentrationsverhältnisse 𝑐𝑐/𝑐𝑐0 in Abhängigkeit von dem
Abstand zur Phasengrenze. Bei t=0 ist hier eine Treppenfunktion zu erkennen, wobei an der
Phasengrenze x=0 die Konzentration abrupt von 𝑐𝑐 = 𝑐𝑐0 bzw. 𝑐𝑐/𝑐𝑐0 = 1 für negative x-Werte
auf null für positive x-Werte abfällt. Zu späteren Zeiten nähern sich beide Phasen der
Konzentration 𝑐𝑐 = 0,5𝑐𝑐0 bzw. 𝑐𝑐/𝑐𝑐0 = 0,5 an. Die Kurven zeigen einen sigmoidalen Verlauf.
Obere Abbildung: Zeigt die Steigung des Graphen der unteren Abbildung (Achtung: y-Achse zeigt
den negativen Gradienten!), also die Änderung des Konzentrationsverhältnisses mit der Position x.
Für x-Werte nahe null (Nahe der Phasengrenze) sind die Konzentrationsänderungen am
größten. Für negative und positive x-Werte nimmt das Ausmaß der Änderung ab, bis es bei
großen Entfernungen zur ursprünglichen Phasengrenze null wird. Die Kurve nähert sich für
lange Zeiten einer horizontalen Geraden an.
Für den typischen Durchmesser einer Zelle von 80 µm benötigt ein Teilchen über Diffusion lediglich
1,6 s (für 8 cm sind es 18,7 Tage). Die Diffusionsprozesse limitieren damit auch die
Kompartimentierung biologischer Systeme. Ähnliche Werte gelten für Proteine und Lipide in der
Lipidmembran (1-2 µm pro Sekunde).
Die experimentelle Bestimmung von 𝑑𝑑𝑑𝑑/𝑑𝑑𝑑𝑑 mithilfe der schlierenoptischen Methode ermöglicht die
Berechnung des Diffusionskoeffizienten. Dabei wird der Gradient des Brechnungsindex 𝑑𝑑𝑑𝑑/𝑑𝑑𝑑𝑑
gemessen, wobei 𝑛𝑛 = 𝜅𝜅𝜅𝜅 (Formeln ignoriert, S305).
Sedimentation-Kapitel ignoriert
Diffusion von Ionen
Eine Kapillare verbindet zwei Lösungsräume mit unterschiedlich konzentrierten, vollständig
dissoziierten Elektrolyten 𝑀𝑀+ 𝑋𝑋 −.
•
•
Am Ende der Kapillare sei die Konzentration konstant und
so groß wie im entsprechenden Lösungsraum (stetige
Durchmischung, große Räume): 𝑐𝑐(𝑥𝑥 = 0) = 𝑐𝑐′ und
𝑐𝑐(𝑥𝑥 = 𝑙𝑙) = 𝑐𝑐 ′′ .
Kapillare ist in einem quasi-stationären (annähernd
zeitunabhängigen) Zustand: 𝑑𝑑𝑑𝑑(𝑥𝑥)/𝑑𝑑𝑑𝑑 = 0.
Die Flüsse der einzelnen Ionen 𝑴𝑴+ und 𝑿𝑿− sind trotz unabhängiger Bewegung (in verdünnten
Lösungen) und unterschiedlichen Diffusionskoeffizienten identisch.
Für 𝑫𝑫+ > 𝑫𝑫− hat das Kation die Tendenz dem Anion bei der Diffusion vorauszueilen. So wandern
zunächst geringfügig mehr Kationen als Anionen aus der konzentrierten in die verdünnte Lösung.
Dadurch kommt es zu einem positiven elektrischen Potential in der verdünnten Lösung gegenüber
der konzentrierten. Das in der Kapillare entstehende elektrische Feld vermindert den Fluss von
Kationen und erhöht den Fluss von Anionen, sodass die Flüsse beider Ionensorten gleich groß
werden.
Die Wanderung von Ionen unter gleichzeitiger Wirkung eines Konzentrationsgradienten und eines
elektrischen Potentialgradienten heißt Elektrodiffusion. Die sich entlang der Diffusionsstrecke
aufbauende Spannung 𝑽𝑽𝑫𝑫 = 𝝋𝝋′ − 𝝋𝝋′′ heißt Diffusionspotential.
Nernst-Planck-Gleichung
Die Flussdichte muss damit als Summe eines Diffusionsanteils und eines durch das elektrische Feld
zustande kommenden Anteils geschrieben werden, wobei 𝑖𝑖 für eine Ionensorte steht:
Φ𝑖𝑖 = (Φ𝑖𝑖 )𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑 + (Φ𝑖𝑖 )𝑒𝑒𝑒𝑒 = −𝐷𝐷𝑖𝑖
𝑑𝑑𝑐𝑐𝑖𝑖
+ (Φ𝑖𝑖 )𝑒𝑒𝑒𝑒
𝑑𝑑𝑑𝑑
Nun soll (𝚽𝚽𝐢𝐢 )𝐞𝐞𝐞𝐞 berechnet werden
Auf jedes Ion wirkt eine Kraft aufgrund des elektrischen Feldes. Für die x-Komponente dieser Kraft
gilt:
𝑒𝑒𝑒𝑒
= 𝑞𝑞𝑖𝑖 𝐸𝐸𝑥𝑥 = −𝑞𝑞𝑖𝑖
𝐾𝐾𝑥𝑥,𝑖𝑖
𝑑𝑑𝑑𝑑
,
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑞𝑞𝑖𝑖 = 𝑧𝑧𝑖𝑖 𝑒𝑒
𝜑𝜑(𝑥𝑥) ist das elektrische Potential in der Kapillare. Die elektrische Kraft stellt nach einer kurzen Zeit
(Gleichgewichtsbedingung: 𝐾𝐾 = −𝑅𝑅) eine konstante Geschwindigkeit ein, entsprechend dem
Reibungskoeffizienten 𝑓𝑓 des Ions.
𝑣𝑣𝑥𝑥,𝑖𝑖 =
𝑞𝑞𝑖𝑖
𝑞𝑞𝑖𝑖 𝑑𝑑𝑑𝑑
𝐸𝐸𝑥𝑥 = − ∙
𝑓𝑓𝑖𝑖
𝑓𝑓𝑖𝑖 𝑑𝑑𝑑𝑑
Mit der Einsteinschen Beziehung (𝐷𝐷𝑖𝑖 = 𝑘𝑘𝐵𝐵 𝑇𝑇/𝑓𝑓𝑖𝑖 ) lässt sich der Reibungskoeffizient ersetzen:
𝑣𝑣𝑥𝑥,𝑖𝑖 = −𝐷𝐷𝑖𝑖 ∙
𝑞𝑞𝑖𝑖 𝑑𝑑𝑑𝑑
∙
𝑘𝑘𝐵𝐵 𝑇𝑇 𝑑𝑑𝑑𝑑
Nun ein paar Naturkonstanten austauschen (𝑒𝑒 = 𝐹𝐹/𝑁𝑁𝐴𝐴 , 𝑘𝑘𝐵𝐵 = 𝑅𝑅/𝑁𝑁𝐴𝐴 ):
𝑣𝑣𝑥𝑥,𝑖𝑖 = −𝐷𝐷𝑖𝑖 ∙
𝑧𝑧𝑖𝑖 𝐹𝐹 𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑑𝑑𝑑𝑑
∙
= −𝑢𝑢𝑖𝑖 ∙
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑅𝑅𝑅𝑅 𝑑𝑑𝑑𝑑
𝒖𝒖𝒊𝒊 ist die Beweglichkeit und steht hier für die gerichtete Bewegung der Ionen im elektrischen Feld.
Sie lässt sich durch den Diffusionskoeffizienten ausdrücken, der wiederum aus der ungerichteten
Brownschen Molekularbewegung herleitbar ist. Auch hier basiert also die gerichtete Bewegung auf
einer ungerichteten!
Die elektrische Flussdichte (𝚽𝚽𝒊𝒊 )𝒆𝒆𝒆𝒆 ist das Produkt aus Konzentration und Geschwindigkeit. Damit gilt:
(Φ𝑖𝑖 )𝑒𝑒𝑒𝑒 = 𝑐𝑐𝑖𝑖 𝑣𝑣𝑥𝑥,𝑖𝑖 = −𝑐𝑐𝑖𝑖 𝐷𝐷𝑖𝑖 ∙
𝑧𝑧𝑖𝑖 𝐹𝐹 𝑑𝑑𝑑𝑑
∙
𝑅𝑅𝑅𝑅 𝑑𝑑𝑑𝑑
Damit ergibt sich die Nernst-Planck-Gleichung, die grundlegende Gleichung für Elektrodiffusion:
𝑑𝑑𝑐𝑐𝑖𝑖
𝐹𝐹 𝑑𝑑𝑑𝑑
+ 𝑧𝑧𝑖𝑖 𝑐𝑐𝑖𝑖 ∙
∙ �
Φ𝑖𝑖 = (Φ𝑖𝑖 )𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑 + (Φ𝑖𝑖 )𝑒𝑒𝑒𝑒 = −𝐷𝐷𝑖𝑖 �
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑅𝑅𝑅𝑅 𝑑𝑑𝑑𝑑
Sie gilt unabhängig davon, ob die elektrische Feldstärke 𝑬𝑬𝒙𝒙 = −
𝒅𝒅𝒅𝒅
𝒅𝒅𝒅𝒅
durch Ionendiffusion
(Diffusionspotential) erzeugt wird oder durch eine von außen angelegte Spannung entsteht.
Nernst-Planck: Diffusionspotential eines 1:1-wertigen Elektrolyten
Versuchsanordnung/Bedingungen wie in Abbildung zu Beginn des Kapitels. Weitere Voraussetzungen:
•
•
In der Kapillare fließt kein Strom, d.h. es wandern gleich viele Kationen wie Anionen von
links nach rechts: Φ+ = Φ− → Φ+ − Φ− = 0
Jedes Volumenelement der Kapillare enthält gleich viele Kationen wie Anionen
(Elektroneutralitätsbedingung): 𝑐𝑐+ (𝑥𝑥) = 𝑐𝑐− (𝑥𝑥) = 𝑐𝑐(𝑥𝑥)
Nernst-Planck-Gleichung mit 𝑧𝑧+ = 1 bzw. 𝑧𝑧− = −1 einsetzen:
𝑑𝑑𝑐𝑐+
𝐹𝐹 𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑑𝑑𝑐𝑐−
𝐹𝐹 𝑑𝑑𝑑𝑑
+ 𝑐𝑐+ ∙
∙ � + 𝐷𝐷− �
− 𝑐𝑐− ∙
∙ �
Φ+ − Φ− = 0 = −𝐷𝐷+ �
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑅𝑅𝑅𝑅 𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑅𝑅𝑅𝑅 𝑑𝑑𝑑𝑑
Die Gleichung auflösen nach
𝐷𝐷+ − 𝐷𝐷− 𝑅𝑅𝑅𝑅 1 𝑑𝑑𝑑𝑑
𝛼𝛼 𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑑𝑑𝑑𝑑
=−
∙
∙ ∙
=− ∙
𝐷𝐷+ + 𝐷𝐷− 𝐹𝐹 𝑐𝑐 𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑐𝑐 𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑑𝑑𝑑𝑑
Integration der Differentialgleichung zwischen 𝑥𝑥 = 0 und 𝑥𝑥 = 𝑙𝑙 (Länge der Kapillare).
Achtung: Das ist etwas merkwürdig: die Gleichung wird mit dx erweitert, um nach dx integrieren zu können;
letztlich wird dadurch aber dx gekürzt, sodass die rechte Seite nach dc und die linke nach 𝑑𝑑𝑑𝑑 integriert werden
kann, wobei die Grenzen eben für x gesetzt bleiben (Formalismus, muss man nich verstehen xD).
𝑙𝑙
�
0
𝑙𝑙
𝑑𝑑𝑑𝑑
1 𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑑𝑑𝑑𝑑 = −𝛼𝛼 � ∙
𝑑𝑑𝑥𝑥
𝑑𝑑𝑑𝑑
0 𝑐𝑐 𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑙𝑙
𝑙𝑙
→ � 𝑑𝑑𝑑𝑑 = −𝛼𝛼 �
0
0
1
∙ 𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑐𝑐
→ 𝜑𝜑(𝑙𝑙) − 𝜑𝜑(0) = −𝛼𝛼 ln
𝑐𝑐(𝑙𝑙)
𝑐𝑐(0)
Da die Werte von 𝜑𝜑 und c an den Enden der Kapillare genauso groß sind wie in den Lösungsräumen
(𝜑𝜑(𝑙𝑙) = 𝜑𝜑′′, 𝜑𝜑(0) = 𝜑𝜑′, 𝑐𝑐(𝑙𝑙) = 𝑐𝑐′′, 𝑐𝑐(0) = 𝑐𝑐′), folgt für das Diffusionspotential 𝑽𝑽𝑫𝑫 (𝛼𝛼 wurde wieder eingesetzt):
𝜑𝜑′′ − 𝜑𝜑′ = −
Grenzbetrachtungen:
•
•
•
𝐷𝐷+ − 𝐷𝐷− 𝑅𝑅𝑅𝑅
𝑐𝑐 ′′
∙
∙ ln ′
𝐷𝐷+ + 𝐷𝐷− 𝐹𝐹
𝑐𝑐
𝑉𝑉𝐷𝐷 = 𝜑𝜑′ − 𝜑𝜑′′ =
| ∗ (−1)
𝐷𝐷+ − 𝐷𝐷− 𝑅𝑅𝑅𝑅
𝑐𝑐′′
∙
∙ ln ′
𝐷𝐷+ + 𝐷𝐷− 𝐹𝐹
𝑐𝑐
Für 𝐷𝐷+ = 𝐷𝐷− (Anionen und Kationen haben denselben Diffusionskoeffizient) wird 𝑉𝑉𝐷𝐷 = 0
Für 𝐷𝐷+ > 𝐷𝐷− ist 𝑉𝑉𝐷𝐷 = 𝜑𝜑′ − 𝜑𝜑′′ > 0 für 𝑐𝑐 ′′ > 𝑐𝑐′. Die verdünnte Lösung 𝐼𝐼 hat damit gegenüber
der konzentrierten 𝐼𝐼𝐼𝐼 ein positives Potential.
Für 𝐷𝐷+ ≫ 𝐷𝐷− bzw. Für 𝐷𝐷+ ≪ 𝐷𝐷− geht das Diffusionspotential in das Nernst-Potential für das
Kation bzw. das Anion über:
𝑉𝑉𝐷𝐷
Messung des Membranpotentials
≈
𝐷𝐷+ ≫𝐷𝐷−
𝐷𝐷+ ≪𝐷𝐷−
𝑐𝑐′′
+ 𝑅𝑅𝑅𝑅
∙ ln ′
− 𝐹𝐹
𝑐𝑐
Diffusionspotentiale sind bei elektrochemischen Messungen oft störend. Bei der Messung des
Membranpotentials führt man in die Zelle eine Glaskapillare mit KCl-Lösung ein, die über einen
chlorierten Silberdraht an den äußeren Messkreis angeschlossen ist. Die zweite Elektrode befindet
sich in der umgebenden Lösung der Zelle. Das Voltmeter zeigt die Potentialdifferenz zwischen
Elektrolytfüllungen der beiden Elektroden an: 𝑉𝑉 = 𝜑𝜑𝐸𝐸1 − 𝜑𝜑𝐸𝐸2 .
Die gemessene Potentialdifferenz ist von verschiedenen Potentialdifferenzen abhängig:
(𝜑𝜑𝐸𝐸1
𝑉𝑉 = ��
− ��
𝜑𝜑𝑖𝑖 ) + (𝜑𝜑
�����
�������
���
��
𝑖𝑖 − 𝜑𝜑
𝑎𝑎 ) + (𝜑𝜑
𝑎𝑎 − 𝜑𝜑𝐸𝐸2 )
𝑉𝑉𝐷𝐷 1
𝑉𝑉𝑀𝑀
−𝑉𝑉𝐷𝐷 2
𝑉𝑉𝐷𝐷1 und 𝑉𝑉𝐷𝐷2 sind die entsprechenden Diffusionspotentiale an den Spitzen der Elektroden 1 (Differenz
Elektrodenlösung minus Zellinneres) und 2 (Differenz Zelläußeres minus Elektrodenlösung). Ursache dieser
Potentialdifferenzen sind die Ionen-Konzentrationsgradienten in der Übergangszone zwischen
Elektrodenlösung und Außenmedium. Sie verfälschen das eigentlich zu messende
Membranpotential 𝑉𝑉𝑀𝑀 .
Um 𝑉𝑉𝐷𝐷1 und 𝑉𝑉𝐷𝐷2 klein zu halten, müssen zwei Bedingungen erfüllt sein:
•
Elektrodenfüllung muss ein Salz sein, für das 𝑫𝑫+ = 𝑫𝑫− gilt, damit 𝑉𝑉𝐷𝐷1 und 𝑉𝑉𝐷𝐷2 ungefähr
gleich groß werden und sich wegen des unterschiedlichen Vorzeichens aufheben (KCl).
•
Hohe Konzentrationen sind notwendig, damit in der Übergangszone das Diffusionspotential
ausschließlich von KCl bestimmt wird und nicht von anderen Ionen in der Zelle/Lösung.
Elektrisch geladene Grenzflächen
Geladene Oberflächen (Zellen, Proteine) tragen meist negative und positive Ladungen, in ungleicher
Zahl, wodurch eine Nettoladung resultiert. Sie sind gleichzusetzen mit einer elektrisch geladenen,
ebenen Wand.
Elektrisches Potential in der Nähe einer geladenen Wand
Eine ebene Wand mit fixierten positiven Ladungen 𝑊𝑊 + sei in
Kontakt mit einem vollständig dissoziierten Elektrolyten 𝑀𝑀+ 𝑋𝑋 −.
Da das Gesamtsystem (Wand + Lösung) elektrisch neutral sein
muss, werden 𝑊𝑊 +durch 𝑋𝑋 − neutralisiert. Dies geschieht durch
einen Überschuss von 𝑋𝑋 − (Gegen-Ion, entgegengesetzte Ladung im
Vergleich zu 𝑊𝑊 +) und ein Defizit von 𝑀𝑀+ (Co-Ion, gleiche Ladung wie
𝑊𝑊 +) in der Nähe der Wand. Die Schicht aus fixierten
𝑾𝑾+-Ladungen und diffusen 𝑿𝑿−-Ladungen bilden die elektrische
Doppelschicht.
Die Bildung der elektrischen Doppelschicht geht einher mit der Bildung eines elektrischen Potentials
(ganz allgemein: Galvani-Potential) zwischen Wand und Lösung. Der Verlauf der Konzentrationen
𝑐𝑐+ (𝑥𝑥) und 𝑐𝑐− (𝑥𝑥) in der Nähe der Wand wird durch den Verlauf des elektrischen Potentials 𝜑𝜑(𝑥𝑥)
bestimmt.
𝑊𝑊 + erzeugt unmittelbar an der Wand (𝑥𝑥 = 0) ein positives elektrisches Potential 𝜑𝜑0
(Grenzflächenpotential), das in der Grenze 𝑥𝑥 → ∞ null wird (Referenz). Der Verlauf 𝜑𝜑(𝑥𝑥) wird durch
verschiedene Theorien beschrieben.
Das Helmholtz-Schicht-Modell beschreibt die starre Bindung der
hydratisierten Ionen an die Elektroden-Grenzfläche, wobei die
Hydratationssphären den Abstand zwischen Ionen und Grenzfläche
limitieren und das Ladungsverhältnis zwischen fixierten (Elektrode)
und frei beweglichen (Ionen) Ladungen genau 1:1 ist. Es entsteht
eine planare Ionen-Schicht, die äußere Helmholtz-Schicht (OHP)
im Abstand von einem Ionenradius r zur Elektroden-Grenzfläche.
Zwischen den beiden Ladungsschichten ist ein ladungsfreier Raum
(Ladungsdichte 𝜌𝜌 = 0). Ohne Quellen oder Senken des
elektrischen Potentials, ändert sich dieses nur linear mit dem Ort.
Aus der Poissoin-Gleichung folgt durch zweimalige Integration:
𝜌𝜌
𝑑𝑑2 𝜑𝜑
=−
, 𝜌𝜌 = 0 → 𝜑𝜑(𝑥𝑥) = 𝐶𝐶1 𝑥𝑥 + 𝐶𝐶2
2
𝜀𝜀𝑟𝑟 𝜀𝜀0
𝑑𝑑𝑥𝑥
Eine Verfeinerung des Modells beschreibt, dass Ionen ihre Hydrathülle abwerfen und direkt über
chemische Bindung an die Elektroden-Oberflächen binden können. Dabei bildet sich eine innere
Helmholtz-Schicht (IHP). Das Helmholtz-Schicht-Modell vernachlässigt jedoch die thermische
Energie und die damit verbundene diffuse Bewegung der Ionen, welche die rigiden Hemlholtz-
Schichten zerstört. Das Helmholtz-Schicht-Modell kann jedoch mehr oder weniger gut für sehr
hochkonzentrierte Elektrolyt-Lösungen angewendet werden.
Das Gouy-Chapman-Modell berücksichtigt eine diffuse elektrische Doppelschicht, ähnlich wie auch
die Debye-Hückel-Theorie die diffuse Hydrathülle eines Ions beschreibt. Es wird lediglich das einzelne
Zentral-Ion durch eine unendliche, planare Elektrode ersetzt. Im Gouy-Chapman Modell befinden
sich mehr Gegen-Ionen in der Nähe der Elektroden-Oberfläche als Co-Ionen.
•
•
Debye-Hückel: Gegenseitige Wechselwirkung der Ionen einer Elektrolytlösung.
Radialsymmetrische Geometrie  Ionenwolke.
Gouy-Chapman: Wechselwirkung zwischen fixierten Ionen einer Wand und Ionen einer
angrenzenden Lösung. Ebene Geometrie  Raumladungszone.
Unter Voraussetzung kleiner Werte für 𝜑𝜑0 , resultiert aus der Gouy-Chapman-Theorie:
|𝜑𝜑0 | ≪
𝑅𝑅𝑅𝑅
≈ 25𝑚𝑚𝑚𝑚
𝐹𝐹
→ 𝜑𝜑(𝑥𝑥) = 𝜑𝜑0 ∙ 𝑒𝑒
𝑥𝑥
−
𝑙𝑙 𝐷𝐷
𝒍𝒍𝑫𝑫 ist der Abstand, in dem 𝝋𝝋 auf 1/e von 𝝋𝝋𝟎𝟎 abgefallen ist (Debye-Länge). Die Debye-Länge ist
abhängig von der Konzentration des Elektrolyten und der Dielektrizitätskonstanten:
𝑙𝑙𝐷𝐷 =
1
𝜀𝜀𝜀𝜀0 𝑅𝑅𝑅𝑅
∙�
𝐹𝐹
2𝑐𝑐
Für wässrige Lösungen (𝜀𝜀 = 80) bei RT:
•
•
•
•
𝑐𝑐
𝑐𝑐
𝑐𝑐
𝑐𝑐
= 0,001𝑀𝑀 → 𝑙𝑙𝐷𝐷 = 9,6𝑛𝑛𝑛𝑛
= 0,01𝑀𝑀 → 𝑙𝑙𝐷𝐷 = 3𝑛𝑛𝑛𝑛
= 0,1𝑀𝑀 → 𝑙𝑙𝐷𝐷 = 0,96𝑛𝑛𝑛𝑛
= 1𝑀𝑀 → 𝑙𝑙𝐷𝐷 = 0,3𝑛𝑛𝑛𝑛
Mit zunehmender Elektrolytkonzentration nimmt die Debye-Länge ab, sodass der beschriebene
Abfall des elektrischen Potentials in kleineren Wandabständen vollzogen ist. Unter physiologischen
Bedingungen (𝒄𝒄 ≈ 𝟎𝟎, 𝟏𝟏𝟏𝟏) resultiert 𝒍𝒍𝑫𝑫 ≈ 𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏 (etwa 4-5 Schichten Wassermoleküle).
Potentialverlauf für verschiedene
Elektrolytkonzentrationen
Es resultiert eine Überschussladung
im Bereich der Grenzfläche!
Probleme bei der Gouy-Chapman-Theorie:
(1) Versagen bei hohen Elektrolytkonzentrationen.
(2) Viel zu hohe Kapazitätswerte.
(3) Anderer Kapazitätsverlauf bei größeren Potentialdifferenzen.
Weder das Helmholtz- noch das Gouy-ChapmanModell ermöglichen eine gute Beschreibung der
Struktur der elektrischen Doppelschicht. Während
ersteres die Rigidität der lokalen Lösung zu sehr
betont, vernachlässigt letzteres die rigide Struktur
zu sehr. Beide Modelle werden daher im
Stern-Modell kombiniert. Hier werden die Ionen,
die der Elektrode am nächsten sind, in eine
Helmholtz-Schicht gezwungen (lineare Abnahme
des Potentials), während Ionen außerhalb dieser
Schicht sich wie im Gouy-Chapman Modell
verhalten (exponentielle Abnahme des
Potentials). Somit resultiert für die Kapazität eine
Reihenschaltung zweier Kapazitäten:
1
1
1
1
1
= 𝐻𝐻𝐻𝐻𝐻𝐻𝐻𝐻 + 𝐺𝐺𝐺𝐺𝐺𝐺𝐺𝐺 =
+
𝐴𝐴
𝐴𝐴
𝐶𝐶𝑑𝑑 𝐶𝐶𝑑𝑑
𝐶𝐶𝑑𝑑
𝜀𝜀0 𝜀𝜀𝐻𝐻𝐻𝐻𝐻𝐻𝐻𝐻 ∙
𝜀𝜀0 𝜀𝜀𝐺𝐺𝐺𝐺𝐺𝐺𝐺𝐺 ∙
𝑑𝑑
𝑑𝑑
Eine weitere Verfeinerung stellt das Stern-Grahame-Modell dar, das die innere Helmholtz-Schicht
mit berücksichtigt (über van-der-Waals Kräfte spezifisch adsorbierte Ionen und Wassermoleküle mit
orientiertem Dipol). Die OHP enthält dann Ladungen mit demselben Vorzeichen wie die Elektrode
bzw. mit entgegengesetztem Vorzeichen zur IHP. Dieses Modell ermöglicht die Beschreibung mittels
drei verschiedener Werte für die Permitivität. In dielektrisch gesättigten, wässrigen Lösungen ist für
die innere Schicht 𝜀𝜀 ≈ 6. In der äußeren Schicht ist das Feld wesentlich geringer (𝜀𝜀 ≈ 30). In der
diffusen Gouy-Schicht wird eine Permittivität von 𝜀𝜀 ≈ 78, also die von reinem Wasser angenommen.
Die Kapazität ergibt sich demnach aus der Reihenschaltung dreier Kapazitäten.
Ionenstärke
Wenn in der Lösung n verschiedene Ionensorten mit unterschiedlichen Wertigkeiten 𝑧𝑧𝑖𝑖 und zu
unterschiedlichen Konzentrationen 𝑐𝑐𝑖𝑖 vorliegen, so muss in die Gouy-Chapman-Gleichung statt die
Konzentration die Ionenstärke 𝑱𝑱 eingesetzt werden. 𝐽𝐽 ist eine mittlere Konzentration, bei der die
Ionensorten entsprechend dem Quadrat ihrer Wertigkeit gewichtet werden.
𝒏𝒏
𝟏𝟏
𝑱𝑱 = � 𝒛𝒛𝟐𝟐𝒊𝒊 𝒄𝒄𝒊𝒊
𝟐𝟐
𝒊𝒊=𝟏𝟏
Grundgleichungen der Elektrostatik (gelten für Punktladungen)
𝟏𝟏 𝒒𝒒𝟏𝟏 𝒒𝒒𝟐𝟐 �⃗
𝒓𝒓
�⃗|
𝟒𝟒𝟒𝟒𝜺𝜺𝟎𝟎 𝒓𝒓𝟐𝟐 |𝒓𝒓
𝟏𝟏 𝒒𝒒𝟏𝟏 𝒒𝒒𝟐𝟐
𝟒𝟒𝟒𝟒𝜺𝜺𝟎𝟎 𝒓𝒓
�𝑭𝑭⃗𝑪𝑪 (𝒓𝒓
�⃗) = −𝒈𝒈𝒈𝒈𝒈𝒈𝒈𝒈�𝑼𝑼(𝒓𝒓
�⃗)� = �𝑬𝑬⃗(𝒓𝒓
�⃗)𝒒𝒒𝟐𝟐 =
�⃗) =
𝑼𝑼(𝒓𝒓
�⃗
𝒓𝒓
�⃗′ )𝒅𝒅𝒓𝒓
�⃗′
− ∫𝒓𝒓�⃗ �𝑭𝑭⃗(𝒓𝒓
𝟎𝟎
��⃗(𝒓𝒓
�⃗)𝒒𝒒𝟐𝟐 =
= 𝝋𝝋
�𝑭𝑭⃗
𝒒𝒒𝟏𝟏 �⃗
𝒓𝒓
𝟐𝟐 �⃗|
𝟎𝟎 𝒓𝒓 |𝒓𝒓
𝟏𝟏 𝒒𝒒𝟏𝟏
𝟒𝟒𝟒𝟒𝜺𝜺𝟎𝟎 𝒓𝒓
𝟏𝟏
�⃗(𝒓𝒓
�⃗) = −𝒈𝒈𝒈𝒈𝒈𝒈𝒈𝒈�𝝋𝝋
��⃗(𝒓𝒓
�⃗)� = 𝑪𝑪 =
𝑬𝑬
𝒒𝒒
𝟒𝟒𝟒𝟒𝜺𝜺
��⃗(𝒓𝒓
�⃗) =
𝝋𝝋
�⃗
𝒓𝒓
�⃗′ )𝒅𝒅𝒓𝒓
�⃗′
− ∫𝒓𝒓�⃗ �𝑬𝑬⃗(𝒓𝒓
𝟎𝟎
=
𝟐𝟐
�⃗)
𝑼𝑼(𝒓𝒓
𝒒𝒒𝟐𝟐
=
Ionenkonzentration in der Nähe einer geladenen Wand
Die in der Nähe der Wand befindlichen Ionen besitzen je nach Vorzeichen ihrer Ladung eine
erhöhte oder erniedrigte potentielle Energie:
𝑈𝑈(𝑥𝑥) = 𝑞𝑞 ∙ 𝜑𝜑(𝑥𝑥),
𝑞𝑞 = 𝑧𝑧𝑧𝑧
Nach der Boltzmann-Verteilung gilt für das Verhältnis zwischen Konzentrationen derselben
Ionensorte mit einer spezifischen Energiedifferenz:
𝑈𝑈 −𝑈𝑈
𝑐𝑐2
− 2 1
= 𝑒𝑒 𝑘𝑘 𝐵𝐵 𝑇𝑇
𝑐𝑐1
Die eine Ionen-Population befindet sich hinreichend weit von der Membran entfernt, sodass 𝜑𝜑(𝑥𝑥)
bereits auf null gesunken ist, wodurch auch 𝑈𝑈(𝑥𝑥) = 𝑈𝑈1 = 0 (aufgrund der kleinen Debye-Länge kann so ein
Abstand leicht in der Zelle erreicht werden; der Grenzwert 𝑥𝑥 → ∞ muss nicht vorliegen). Die Konzentration dieser
Ionen-Population sei 𝑐𝑐1 = 𝑐𝑐. Sowohl Anionen als auch Kationen liegen in gleicher Konzentration vor
(Ionen-Population ist hinreichend weit von der Membran entfernt).
Für die zweite Ionen-Population wird 𝑼𝑼𝟐𝟐 = 𝑼𝑼(𝒙𝒙) gesetzt. Hier müssen die Konzentrationen von
Anionen und Kationen getrennt betrachtet werden. Für einwertige Anionen bzw. Kationen gilt dann
𝑈𝑈(𝑥𝑥) = −𝑒𝑒𝑒𝑒(𝑥𝑥) bzw. 𝑈𝑈(𝑥𝑥) = +𝑒𝑒𝑒𝑒(𝑥𝑥).
Mithilfe der Boltzmann-Verteilung können für Anionen und Kationen getrennt die
Konzentrationsverhältnisse zwischen den Energieniveaus 𝑈𝑈1 = 0 und 𝑈𝑈2 = ±𝑒𝑒𝑒𝑒(𝑥𝑥) berechnet
werden.
𝑒𝑒𝑒𝑒 (𝑥𝑥)
𝑐𝑐+ (𝑥𝑥)
−
= 𝑒𝑒 𝑘𝑘 𝐵𝐵 𝑇𝑇
𝑐𝑐
𝑒𝑒𝑒𝑒 (𝑥𝑥)
𝑐𝑐− (𝑥𝑥)
= 𝑒𝑒 𝑘𝑘 𝐵𝐵 𝑇𝑇
𝑐𝑐
𝑭𝑭𝑭𝑭(𝒙𝒙)
𝑹𝑹𝑹𝑹
𝒄𝒄+ (𝒙𝒙) = 𝒄𝒄𝒆𝒆−
𝒄𝒄− (𝒙𝒙) = 𝒄𝒄𝒆𝒆
𝑭𝑭𝑭𝑭(𝒙𝒙)
𝑹𝑹𝑹𝑹
Bei einer positiv geladenen Wand (also: 𝜑𝜑(𝑥𝑥) > 0 für alle Abstände x, außer im
Unendlichen) ist die Kationenkonzentration in Wandnähe erniedrigt (𝑐𝑐+(𝑥𝑥) < 𝑐𝑐,
da e-Funktion < 1). Die negative Überschussladung kompensiert die fixierten
positiven Ladungen der Wand.
Eine Folgerung ist, dass an einer elektrisch geladenen Grenzfläche der pH-Wert verschieden ist vom
pH-Wert der Lösung.
Scheinbares Paradoxon: Innerhalb einer elektrisch leitenden Phase (Wand-nahe Elektrolytlösung) ist
ein elektrisches Feld vorhanden (𝑈𝑈𝑥𝑥 = −𝑑𝑑𝑑𝑑/𝑑𝑑𝑑𝑑), ohne dass gleichzeitig ein Strom fließt (kein NettoLadungsfluss). Erklärung: Der Feld-induzierte Ladungstransport (Gegen-Ionen in Richtung der
Elektrode, Co-Ionen in entgegengesetzter Richtung) wird durch Diffusion der Kationen und
Anionen entlang ihres Konzentrationsgradienten 𝒅𝒅𝒄𝒄+ /𝒅𝒅𝒅𝒅 und 𝒅𝒅𝒄𝒄− /𝒅𝒅𝒅𝒅 kompensiert. Es stellt sich
somit ein Gleichgewicht ein, das durch die entsprechenden Ionen-Konzentrationen in jedem
beliebigen Abstand zur Elektrode definiert ist. Potential- und Konzentrationsgradient sind an jeder
Stelle sowohl für Kation als auch für Anion betragsmäßig gleich groß (unterschiedliches Vorzeichen),
sodass die Nernst-Planck-Gleichung gleich 0 ist
𝑑𝑑𝑐𝑐𝑖𝑖
𝐹𝐹 𝑑𝑑𝑑𝑑
Φ𝑖𝑖 = −𝐷𝐷𝑖𝑖 �
+ 𝑧𝑧𝑖𝑖 𝑐𝑐𝑖𝑖 ∙
∙ � = 0,
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑅𝑅𝑅𝑅 𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑑𝑑𝑑𝑑:
𝑑𝑑𝑐𝑐𝑖𝑖
𝐹𝐹 𝑑𝑑𝑑𝑑
= −𝑧𝑧𝑖𝑖 𝑐𝑐𝑖𝑖 ∙
∙
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑅𝑅𝑅𝑅 𝑑𝑑𝑑𝑑
In den Gleichungen für c(x) geht daher das Verhältnis der Energie des E-Feldes (Ladung mal
elektrisches Potential durch Elektrode) und der thermischen Energie kBT (Ursache der Brownschen
Molekularbewegung und damit der Diffusion) ein.
Zusammenhang zwischen Flächenladungsdichte und Grenzflächenpotential
Die Anzahl der auf der Wand fixierten elektrischen Ladungen (Flächenladungsdichte 𝝈𝝈 [𝐶𝐶𝑚𝑚−2 ])
bestimmt das Grenzflächenpotential 𝝋𝝋𝟎𝟎 . Die Ladungsdichte ist durch die Struktur der Grenzfläche
und den pH-Wert der Lösung vorgegeben und ist konstant bei Variation der Ionenstärken.
Eine elektrische Doppelschicht kann durch einen Plattenkondensator
dargestellt werden. Die elektrischen Feldlinien entspringen aus
positiven Ladungen und enden auf gleich vielen negativen Ladungen.
Die Dichte der Feldlinien ist damit bei den Gegen-Ionen in Lösung
und dem Plattenkondensator für dieselbe Flächenladungsdichte
identisch, sofern ein unmittelbar an die Wand angrenzendes Gebiet
der Lösung betrachtet wird (d.h. für 𝐸𝐸𝑥𝑥 = −𝑑𝑑𝑑𝑑/𝑑𝑑𝑑𝑑 Feldstärke bei x=0
einsetzen). Die Flächenladungsdichte ist allgemein über
definiert.
𝜎𝜎 =
𝑄𝑄
𝐴𝐴
•
Für eine Membran (Plattenkondensator) folgt dann mit der E-Feldstärke 𝐸𝐸 =
(Q ist der Betrag der Ladung auf einer Platte) für die Flächenladungsdichte
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝜎𝜎 = 𝜀𝜀𝜀𝜀0 𝐸𝐸𝑥𝑥 = 𝜀𝜀𝜀𝜀0 � 𝑑𝑑𝑑𝑑 �
𝑥𝑥=0
𝑈𝑈
𝑑𝑑
=
𝑄𝑄
𝜀𝜀𝜀𝜀 0 𝐴𝐴
.
•
Für eine Flächenladung (gleichmäßig geladene, ausgedehnte dünne Platte) würde mit der
•
E-Feldstärke 𝐸𝐸 =
𝑄𝑄
2𝜀𝜀𝜀𝜀 0 𝐴𝐴
für die Flächenladungsdichte folgen: 𝜎𝜎 = 2𝜀𝜀𝜀𝜀0 𝐸𝐸𝑥𝑥 .
Für einen Kugelkondensator (z.B. Vesikel) würde gelten: 𝐸𝐸 =
Herleitung der Beziehung zwischen Grenzflächenpotential und Ladungsdichte:
(1)
(2)
(3)
(4)
(5)
−
𝑄𝑄
4𝜋𝜋𝑟𝑟 2 𝜀𝜀𝜀𝜀 0
=> 𝜎𝜎 = 4𝜋𝜋𝜋𝜋𝜀𝜀0 𝐸𝐸𝑥𝑥 .
x
Für φ(x) die Gouy-Chapman-Gleichung (φ(x) = φ0 ∙ e l D ) einsetzen,
Nach x differenzieren,
𝑥𝑥 = 0 setzen, sodass die e-Funktion 1 wird,
nach 𝜑𝜑0 auflösen;
rechts wurde Debye-Länge eingesetzt und die Konstanten zusammengefasst:
𝜑𝜑0 =
𝜎𝜎𝑙𝑙𝐷𝐷 𝜎𝜎
𝑅𝑅𝑅𝑅
𝜎𝜎
= ∙�
= 𝐾𝐾 ∙
𝜀𝜀𝜀𝜀0 𝐹𝐹 2𝜀𝜀𝜀𝜀0 𝐽𝐽
�𝐽𝐽
Bei gegebener Ladungsdichte nimmt das Grenzflächenpotential mit zunehmender Ionenstärke ab.
Ähnlich verkleinert sich auch mit zunehmender Ionenstärke der Bereich des Abfalls von 𝜑𝜑(𝑥𝑥) (mehr
Ionen in Lösung, weniger Einfluss einer geladenen Membran in einer bestimmten Entfernung). Der Abfall des
Potentials wird durch die Debye-Länge bestimmt. Das Grenzflächenpotential ist unabhängig von
der Debye-Länge (Permitivität steht im Nenner!).
Verlauf der elektrischen Feldstärke
Die Bewegung wird quantitativ durch die elektrische Kraft 𝐾𝐾𝑥𝑥,𝑖𝑖 = 𝑧𝑧𝑖𝑖 𝑒𝑒𝐸𝐸𝑥𝑥 = −𝑧𝑧𝑖𝑖 𝑒𝑒
ein Teilchen der Ladung 𝑧𝑧𝑖𝑖 𝑒𝑒 wirkt und von der geladenen Membran herrührt.
•
•
𝐸𝐸𝑥𝑥 = −
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑑𝑑𝑑𝑑
bestimmt, die auf
𝑥𝑥
𝑥𝑥
𝑑𝑑𝑑𝑑
1
𝜎𝜎
−
−
= −𝜑𝜑0 ∙ 𝑒𝑒 𝑙𝑙 𝐷𝐷 ∙ �− � =
∙ 𝑒𝑒 𝑙𝑙 𝐷𝐷
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑙𝑙𝐷𝐷
𝜀𝜀𝜀𝜀0
Damit ist die elektrische Feldstärke 𝑬𝑬𝒙𝒙 (𝒙𝒙 = 𝟎𝟎) =
𝝈𝝈
𝜺𝜺𝜺𝜺𝟎𝟎
an der Membran unabhängig von der
Ionenstärke, im Gegensatz zum elektrischen Potential an der Membran
(Grenzflächenpotential).
Für 𝒙𝒙 > 0 nimmt die elektrische Feldstärke jedoch mit zunehmender Ionenstärke ab, wobei
die Abnahme durch die Debye-Länge bestimmt wird (wie beim Potentialverlauf).
Der elektrische Potentialverlauf durch eine BLM
Eine BLM ist für kleine anorganische Ionen nahezu impermeabel, da aufgrund des hydrophoben
Membraninneren (𝜀𝜀 = 2) ein relativ großer Potentialberg überwunden werden muss. Der Verlauf des
Potentials ist maßgeblich vom Grenzflächenpotential nach dem Gouy-Chapman-Modell (beeinflusst
duch hydrophile Kopfgruppen) und der Born-Energie (Potentialberg im Zentrum der Membran)
abhängig. Zudem spielt u.a. der Bildpunktladungseffekt eine Rolle (negative Punktladung erzeugt
durch Dipol-Dipol-WW eine positive Bildladung an der Membran, was zu einer attraktiven WW
führt).
Die Abbildung zeigt die Summe aller Beiträge.
Die Lage der Minima sind abhängig von Größe,
Ladung und chemischer Struktur des Ions. Der
Potentialberg wird maßgeblich durch die BornEnergie beschrieben:
𝑊𝑊𝐵𝐵 (𝑟𝑟) =
Anwendungsbeispiele
•
𝑧𝑧 2 𝑒𝑒 2
1
1
∙� −
�
8𝜋𝜋𝜀𝜀0 𝑟𝑟 𝜀𝜀𝑀𝑀 𝜀𝜀𝐻𝐻2 𝑂𝑂
Cyctochrom c ist (wie die meisten peripheren Membranproteine) über elektrostatische
Wechselwirkung an die negativ geladene innere mitochondriale Membran gebunden. Durch
Waschen mit konzentrierten Salzen wie NaCl (Ionenstärke wird erhöht) kann das Protein
von der Membran gelöst werden. Man spricht von milden Bedingungen. Im Gegensatz dazu
müssen integrale Proteine durch Zerstörung der Membranstruktur über Behandlung mit Detergentien gelöst
werden (harte Bedingungen).
•
Zwei Proteine mit gleicher Oberflächen-Nettoladung stoßen sich in Lösung ab, wenn sich die
Raumladungszonen an Gegen-Ionen durchdringen. Die Dicke der Ionenwolke ist etwa gleich
der Debye-Länge und nimmt daher mit zunehmender Ionenstärke ab. Bei hohen
Elektrolytkonzentrationen können die Anziehungskräfte überwiegen (geringe Ionenwolke)
und Protein-Aggregation erfolgen.
Elektrophorese
Elektrophorese ist die Wanderung großer geladener Teilchen (Proteine, Zellen) unter dem Einfluss
eines elektrischen Feldes. Die Wanderungsgeschwindigkeit ist von der Teilchenladung abhängig
(Prinzip der Trennmethode).
Das elektrische Feld wirkt nicht nur auf die geladenen Teilchen selbst, sondern auch auf die
Raumladungswolke an Gegenionen.
Ohne Berücksichtigung der Gegenionen würde die Wanderungsgeschwindigkeit nach Einschalten
des Feldes schnell eine konstante Geschwindigkeit 𝑣𝑣𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚 erreichen (siehe Viskosität, 𝑢𝑢 = 𝑞𝑞/𝑓𝑓 ist die
Beweglichkeit, 𝐾𝐾 = 𝑞𝑞𝑞𝑞 die Kraft auf das Teilchen durch das elektrische Feld 𝐸𝐸, 𝑞𝑞 = 𝑧𝑧𝑧𝑧 die Ladung des Teilchens, 𝑓𝑓 der
Reibungskoeffizient):
𝑣𝑣⃗ (𝑡𝑡) =
�⃗
�⃗ 𝑞𝑞𝐸𝐸�⃗
𝑓𝑓𝑓𝑓
𝐾𝐾
𝐾𝐾
�1 − 𝑒𝑒 − 𝑚𝑚 � → 𝑣𝑣⃗𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚 = =
= 𝑢𝑢𝐸𝐸�⃗
𝑓𝑓
𝑓𝑓
𝑓𝑓
Diese Geschwindigkeit ist bei Annahme eines kugelförmigen Körpers (Stokes-Gesetz: 𝑓𝑓 = 6𝜋𝜋𝜋𝜋𝜋𝜋) nur
von der Ladung der Teilchen 𝑞𝑞, ihrem Radius 𝑟𝑟 und der Viskosität 𝜂𝜂 des Mediums abhängig
(abgesehen von der elektrischen Feldstärke, der Ursache der Bewegung xD).
Berücksichtigung der Gegenionen: Das Teilchen und die entgegengesetzt geladene Ionenwolke
(diffuse Gouy-Chapman Schicht) wandern im elektrischen Feld in eine entgegengesetzte Richtung.
Die Ionenwolke wird dabei an der Vorderseite des Teilchens stetig neu gebildet. Dadurch kommt es
zu einer hydrodynamischen Bremsung des Teilchens durch die Ionenwolke.
Die Wanderungsgeschwindigkeit ist von der Form des Teilchens abhängig, was die Bestimmung der
elektrophoretischen Wanderungsgeschwindigkeit ebenso erschwert. Das Ergebnis wird unter der
folgenden Prämisse einfach: Der kleinste Krümmungsradius des Teilchens (im Bereich der stärksten
Krümmung der Teilchenform zu suchen) muss größer als die Debye-Länge (Dicke der Doppelschicht) sein.
Diese Bedingung ist nur für große Teilchen wie Zellen [µm] erfüllt, nicht aber für Proteine [nm]. Die
Geschwindigkeit steigt dann linear mit der Debye-Länge, da bei kleiner Debye-Länge die
Ionenwolke enger an dem Teilchen anliegt, wodurch eine stärkere hydrodynamische Bremsung
resultiert.
•
•
𝑣𝑣⃗ =
𝜎𝜎𝐸𝐸 𝑙𝑙𝐷𝐷
𝐸𝐸�⃗
𝜂𝜂
�⃗/𝜼𝜼 ist hier ebenso gegeben, wie in der Gleichung ohne
�⃗~𝑬𝑬
Die Proportionalität 𝒗𝒗
Berücksichtigung der Ionenwolke. Die Abhängigkeit vom Radius 𝑟𝑟 des Teilchens fehlt völlig.
Statt der Ladung 𝑞𝑞, taucht hier die elektrophoretisch wirksame Ladungsdichte 𝝈𝝈𝑬𝑬 auf. Sie
unterscheidet sich von der eigentlichen Ladungsdichte 𝜎𝜎, weil Oberflächenrauigkeiten einen
Teil der Gegenionen bei der Wanderung des Teilchens mitschleppen (entspricht HelmholtzSchicht) – Der Absolutbetrag von 𝝈𝝈 sinkt.
In Analogie zur Beziehung zwischen Ladungsdichte 𝜎𝜎 und Grenzflächenpotential 𝜑𝜑0 führt man das
Zeta-Potential 𝝃𝝃 ein, das 𝜎𝜎𝐸𝐸 statt 𝜎𝜎 enthält. Der Unterschied zwischen dem Zeta-Potential und dem
Grenzflächenpotential entspricht dem Beitrag der mitgeführten Flüssigkeitsschicht (HelmholtzSchicht). Mit dem Zeta-Potential lässt sich die Geschwindigkeits-Gleichung umformulieren:
𝜑𝜑0 =
𝝃𝝃 =
→ 𝑣𝑣⃗ =
𝜎𝜎𝑙𝑙𝐷𝐷
𝜀𝜀𝜀𝜀0
𝝈𝝈𝑬𝑬 𝒍𝒍𝑫𝑫
𝜺𝜺𝜺𝜺𝟎𝟎
𝜀𝜀𝜀𝜀0 𝜉𝜉
𝐸𝐸�⃗
𝜂𝜂
Die neue Gleichung für die Geschwindigkeit kann zur Bestimmung des Zeta-Potentials
herangezogen werden. Dadurch ist die effektive Ladungsdichte bestimmbar. Die reale Ladungsdichte
ist experimentell nicht zugänglich!
Das Zeta-Potential charakterisiert die Abstoßungsenergie zwischen den Teilchen. Eine Erhöhung des
Zeta-Potentials steigert die Intermolekularen Abstoßungskräfte, wodurch die Aggregationsfähigkeit
vermindert ist.
Summary: Die bei Bewegung der Partikel in der Flüssigkeit auftretenden Scherkräfte beeinflussen
die fest an die Oberfläche gebundene Helmholtz-Schicht nicht! Die Helmholtz-Schicht definiert die
Scherebene. Diese definiert damit die elektrophoretisch wirksame Ladungsdichte 𝝈𝝈𝑬𝑬 und das Zeta-
Potential. Die hydrodynamische Bremsung kommt lediglich durch die Neubildung der diffusen
Gouy-Chapman-Schicht zustande, wodurch die veränderte Geschwindigkeitsbeziehung resultiert.
Gelelektrophorese ignoriert. S.340
Kapitel 9: Biologische Membranen
Membranen bilden eine passive Barriere für viele Substanzen, steuern selektiv den Durchtritt
einzelner Verbindungen und ermöglicht die asymmetrische Orientierung von Proteinen und Lipiden,
die wesentlich zur Funktion beitragen.
Fettsäuren mit einem hydrophoben Schwanz bilden Micellen, Lipide mit zwei hydrophoben
Schwänzen bilden Doppelschichten.
Hydrophobe Wechselwirkung
Der Hydrophobe Effekt (=Hydrophobe Wechselwirkung) führt zur Selbstaggregation von
hydrophoben Molekülen in wässriger Lösung aufgrund der starken Wechselwirkung zwischen
Wassermolekülen.
Das Verteilungsgleichgewicht von n-Alkanen zwischen Wasser und einem apolaren Lösungsmittel
wird über den Verteilungskoeffizienten γ angegeben, wobei 𝑐𝑐𝑤𝑤 die Alkan-Konzentration in Wasser
und 𝑐𝑐𝑎𝑎 die Alkan-Konzentration im apolaren Lömi ist.
𝛾𝛾 =
Δ𝐺𝐺 0
𝑐𝑐𝑎𝑎
= 𝑒𝑒 − 𝑅𝑅𝑅𝑅
𝑐𝑐𝑤𝑤
𝚫𝚫𝑮𝑮𝟎𝟎 ist die Änderung der freien Enthalpie bei der Überführung von 1 mol n-Alkan aus Wasser in
das apolare Lömi unter Standardbedingungen. 𝚫𝚫𝑮𝑮𝟎𝟎 hängt linear von der Zahl 𝒗𝒗 der C-Atome im
Alkan ab:
Δ𝐺𝐺 0 = ΔH0 − 𝑇𝑇ΔS0 = −𝐴𝐴 − 𝐵𝐵𝐵𝐵,
(𝐴𝐴, 𝐵𝐵 = 𝑘𝑘𝑘𝑘𝑘𝑘𝑘𝑘𝑘𝑘. > 0, 𝑣𝑣 ≥ 4)
𝚫𝚫𝑮𝑮𝟎𝟎 ist negativ und wird mit jeder CH2-Gruppe des Alkans um etwa 4kJ/mol negativer, sodass der
Übergang in die apolare Phase begünstigt ist. Der Verteilungskoeffizient 𝑐𝑐𝑎𝑎 /𝑐𝑐𝑤𝑤 wird damit für jede
CH2-Gruppe um einen konstanten Faktor größer. Die Bestimmung von ΔH 0 aus der
Temperaturabhängigkeit von 𝛾𝛾 ergibt für kleine Kettenlängen sogar positive Werte (Butan: 3,4
kJ/mol), sodass der Prozess nicht enthalpisch getrieben sein kann.
In der Umgebung einer CH-Kette haben die Wassermoleküle eine erhöhte Ordnung. Entzieht sich die
CH-Kette dem Kontakt mit Wasser, bricht dieser Ordnungszustand zusammen und die Entropie
nimmt zu (treibende Kraft für Membran-Bildung und Proteinfaltung).
H-Brücken im Wasser werden von der Größe der hydrophoben Moleküle beeinflusst:
•
•
Kleine unpolare Moleküle bewirken kaum ein Aufbrechen der H-Brücken zwischen
Wassermolekülen. Es resultiert lediglich Umorientierung der Wassermoleküle.
Bei großen unpolaren Molekülen ist das Aufrechterhalten des Wassernetzwerkes nicht mehr
möglich. Die Anzahl der H-Brücken wird reduziert. Die Entropie ist
Es wird angenommen, dass Wasser um hydrophobe Moleküle in einem höher geordneten Zustand
vorliegen. Man spricht von Clathrat-Hydraten (Käfigartige Struktur aus Wassermolekülen um ein
„Gastmolekül“). Für große hydrophobe Moleküle resultiert eine dünne wasserfreie „VakuumSchicht“ an der Oberfläche („trockene Schicht“). Kleine Moleküle sind „nass“ (Dichte von Wasser an
deren Oberfläche erhöht). Van-der-Waals-Kräfte bewirken die Verminderung des Trocknungseffekts
und damit eine Destabilisierung der Clathrat-Hydrate.
Der HE wird dominiert durch Entropie bei RT und Enthalpie bei
höherer Temperatur!
•
•
Enthalpie: bei steigender Temperatur werden die
H-Brücken schwächer.
Entropie: durch höhere Temperatur erfolgt Ausdehnung
des Wassernetzwerkes, was zur Zunahme des freien
Volumens für hydrophobe Moleküle führt.
Der Graph zeigt Δ𝐺𝐺/4𝜋𝜋𝑅𝑅 2 gegen den Molekülradius. Für
kleine Moleküle ist der hydrophobe Effekt damit stärker als
für große.
•
•
Für kleine Moleküle steigt Δ𝐺𝐺 linear mit dem
Volumen des Teilchens an (Δ𝐺𝐺~𝑅𝑅 3 ; im Graph lineare
Steigung für kleine R).
Für große Moleküle steigt Δ𝐺𝐺 linear mit der
Oberfläche des Teilchens an (Δ𝐺𝐺~4𝜋𝜋𝑅𝑅 2 𝛾𝛾 mit der
Oberflächenspannung 𝛾𝛾).
Enthalpie und Entropie haben für kleine und große
Teilchen unterschiedlichen Einfluss:
•
•
Kleine Teilchen: Entropie dominiert
Große Cluster: Enthalpie dominiert.
Ab kritischer Größe sind Cluster energetisch günstiger
als einzelne Teilchen.
Δ𝐺𝐺 steigt mit Temperatur  hydrophober Effekt
nimmt zu.
•
•
Bei Kälte bildet Wasser mehr H-Brücken, sodass die Entropie per se schon gering ist (durch
Hydrophoben Stoff werden H-Brücken nicht erhöht). Der Entropiegewinn bei einer
Verkleinerung hydrophober Oberflächen ist damit minimal (Kältedenaturierung).
Bei warmen Wasser sind weniger H-Brücken vorhanden, da ungeordnetere Zustände. Die
Entropie wird damit durch hydrophobe Stoffe (Ausbildung von H-Brücken zwischen Wasser
und hydrophobem Stoff) verringert. Durch Aggregation der hydrophoben Stoffe wird die
Entropie wieder stark erhöht, was die Ausbildung von Membranen und Proteinfaltung bei RT
begünstigt.
Die Verteilungsfunktion (pcf) beschreibt die Abhängigkeit der freien Energie von dem Abstand der
hydrophoben Moleküle (genauso auch für interagierende Ionen) unter Berücksichtigung der Größe
der Hydrathülle (𝑤𝑤(𝑟𝑟)~Δ𝐺𝐺 0 ).
Eigenschaften der Plasmamembran
Geometrische Dimensionen
Der Abstand der polaren Gruppen von C16 und C18 Fettsäureketten beträgt ca. 4 nm. Die voll
gestreckte Länge zweier C18 Ketten beträgt jedoch 2*18*0,125 = 4,5 nm. Die Differenz kommt daher,
dass die Ketten bei physiologischen Temperaturen nicht völlig gestreckt und parallel vorliegen. Die
Gesamtdicke der Plasmamembran ist durch an- und eingelagerte Proteine auf 6-10 nm erhöht. Je
nach Dicke des hydrophoben Protein-Bereichs eines Membranproteins kann die Dicke der Membran
über die Lipid-Zusammensetzung angepasst werden. Phosphatidylcholin ist für gerade
Membranflächen – Phosphoatidylethanolamin für stark gekrümmte Membranflächen geeignet.
Membranfluidität
Bei physiologischen Temperaturen liegt die Membran in einem flüssig-kristallinen Zustand vor. Dies
ermöglicht schnelle Diffusion: Die laterale Platzwechselzeit liegt bei 𝟏𝟏𝟏𝟏−𝟕𝟕 𝒔𝒔 (Zeit, die zwei Lipide im Mittel
benötigen, aufgrund der thermischen Bewegung ihre Plätze zu tauschen). Dies entspricht einem
Diffusionskoeffizienten der Lipidmoleküle in der Membranebene von 𝑫𝑫 = 𝟏𝟏𝟏𝟏−𝟖𝟖 − 𝟏𝟏𝟏𝟏−𝟕𝟕 𝒄𝒄𝒎𝒎𝟐𝟐 𝒔𝒔−𝟏𝟏 . Die
transversale Austauschzeit zwischen den Monoschichten der Doppelschicht besitzt
Größenordnungen von mindestens Stunden oder Tagen.
Die Diffusion von Membranproteinen kann über Markierung von Membranarealen mit
fluoreszierenden Antikörpern und anschließender zeitabhängiger Messung der Ausdehnung des
fluoreszierenden Membranflecks bestimmt werden. Der Fleck hat sich nach einer Zeit 𝝉𝝉 auf den
Durchmesser 𝟐𝟐𝟐𝟐 vergrößert. Der Diffusionskoeffizient kann dann ermittelt werden über
𝑫𝑫 = 𝒂𝒂𝟐𝟐 /𝟐𝟐𝟐𝟐 , woraus Werte im Bereich 𝑫𝑫 ≈ 𝟏𝟏𝟏𝟏−𝟗𝟗 𝒄𝒄𝒎𝒎𝟐𝟐 𝒔𝒔−𝟏𝟏 resultieren. In Wasser würde für ein
Protein ähnlicher Größe ein 100-1000fach größerer Diffusionskoeffizient resultieren. Einige Proteine
sind jedoch mit dem Zytoskelett verbunden und nicht frei diffusibel.
Elektrische Eigenschaften: Ersatzschaltbild
Das Innere einer Lipid-Doppelschicht (CH-Ketten) entspricht einem Medium mit hohem elektrischen
Widerstand R, das zwei Elektrolytlösungen mit niedrigem Widerstand voneinander trennt. Membran
und Elektrolytlösungen sind ein Plattenkondensator der Kapazität C: Die elektrisch leitenden
Lösungen entsprechen den Metallplatten, die durch das Membraninnere als Dielektrikum niedriger
Leitfähigkeit voneinander getrennt sind. Der tatsächliche Widerstand der Membran wird durch
Ionenkanäle bestimmt.
Elektrischer Widerstand
Der elektrische Widerstand 𝑹𝑹 =
𝑼𝑼
𝑰𝑰
einer Membran ist umgekehrt proportional zur Membranfläche
A (Widerstand sinkt für größere Membran). Der spezifische Membranwiderstand
𝑹𝑹𝒎𝒎 = 𝑹𝑹 ∙ 𝑨𝑨 [Ω𝑐𝑐𝑚𝑚2 ] ist auf die Membranfläche normiert.
Membranleitfähigkeit 𝒈𝒈 = 𝟏𝟏/𝑹𝑹 und spezifische Membranleitfähigkeit 𝒈𝒈𝒎𝒎 = 𝟏𝟏/𝑹𝑹𝒎𝒎 sind die
entsprechenden reziproken Werte. Im Vergleich zu 𝑔𝑔𝑚𝑚 [𝑆𝑆𝑆𝑆𝑚𝑚−2 ] bezieht sich die elektrische
Leitfähigkeit homogener Lösungen 𝜆𝜆 auf die Einheitszelle (Einheit: 𝑆𝑆𝑆𝑆𝑚𝑚−1 ).
Bei genügend großen Zellen kann 𝑅𝑅 durch Einführen
einer Mikroelektrode direkt ermittelt werden: gemessen
wird die aus einer Spannungsänderung Δ𝑈𝑈 resultierende
Stromänderung Δ𝐼𝐼. Alternative ist die patch-clamp
Technik.
Die 𝑹𝑹𝒎𝒎 -Werte verschiedener Zellmembranen liegen bei 𝟏𝟏 − 𝟏𝟏𝟏𝟏𝟓𝟓 𝛀𝛀𝒄𝒄𝒎𝒎𝟐𝟐 . Bei künstlichen, Proteinfreien Lipiddoppelschichten ist 𝑹𝑹𝒎𝒎 ≈ 𝟏𝟏𝟏𝟏𝟖𝟖 𝛀𝛀𝒄𝒄𝒎𝒎𝟐𝟐 (in 0,1M NaCl). Die Lipide tragen damit maßgeblich
zum Widerstand bei, während die Proteine die Leitfähigkeit erhöhen. In Anbetracht der geringen
Membrandicken handelt es sich in allen Fällen um extrem hohe Widerstände. So hat eine 0,1 M NaCl
Lösung der Dicke einer Membran einen Widerstand von 𝑹𝑹𝒎𝒎 ≈ 𝟏𝟏𝟏𝟏−𝟒𝟒 𝛀𝛀𝒄𝒄𝒎𝒎𝟐𝟐 . Im Vergleich zu einer
gleich dicken wässrigen Lösung ist der Widerstand der Membran um den Faktor 104 − 109 höher.
Die Eigenschaft eines Widerstandes wird über lineare IV-Kennlinien dargestellt.
Elektrische Kapazität
elektrische Kapazität C
spezifische Membrankapazität
𝐶𝐶 = 𝜀𝜀𝜀𝜀0
𝐴𝐴
[µ𝐹𝐹]
𝑑𝑑
𝜀𝜀𝜀𝜀0
≈ 0,44µ𝐹𝐹𝐹𝐹𝑚𝑚−2
𝑑𝑑
[µ𝐹𝐹𝐹𝐹𝑚𝑚−2 = 10−6 𝐶𝐶𝑉𝑉 −1 𝑐𝑐𝑚𝑚−2 ]
𝐶𝐶𝑚𝑚 =
𝜀𝜀0 = 8,85 ∙ 10−12 𝐶𝐶𝑉𝑉 −1 𝑚𝑚−1
𝜀𝜀 = 2 für CH-Kette
𝐴𝐴 = Membranfläche
𝑑𝑑 = Membrandicke (4nm)
Achtung! Theoretischer Wert weicht
vom gemessenen (1µ𝐹𝐹𝐹𝐹𝑚𝑚−2 ) ab!
Die Membrankapazität kann bestimmt werden, indem zum
Zeitpunkt t=0 ein konstanter Strom zwischen den beiden
Stromelektroden eingeschaltet wird und die zeitliche
Veränderung der Potentialdifferenz U(t) zwischen den beiden
Spannungselektroden mithilfe eines Oszillographen verfolgt
wird.
Die Membran hat gleichzeitig einen Widerstand und eine
Kapazität, sodass diese im Ersatzschaltbild parallel geschaltet
sind. Wird zur Zeit 𝑡𝑡 = 0 der Strom 𝐼𝐼 eingeschaltet, so steigt die
Spannung von 𝑈𝑈 = 0 allmählich auf den Endwert 𝑉𝑉∞ = 𝐼𝐼𝐼𝐼 an.
Der verzögerte Anstieg der Spannung resultiert aus der
Aufladung der Membrankapazität 𝐶𝐶 mit der Ladung 𝑄𝑄 = 𝐶𝐶𝑉𝑉∞ .
𝑈𝑈(𝑡𝑡) = 𝐼𝐼𝐼𝐼 �1 − 𝑒𝑒
𝑡𝑡
−
𝜏𝜏 𝑚𝑚 �,
𝑅𝑅𝑚𝑚
𝜏𝜏𝑚𝑚 = 𝑅𝑅𝑅𝑅 = �
∙ 𝐶𝐶𝑚𝑚 𝐴𝐴� = 𝑅𝑅𝑚𝑚 𝐶𝐶𝑚𝑚
𝐴𝐴
𝜏𝜏𝑚𝑚 ist die Zeit, nach der der Endwert 𝑉𝑉∞ = 𝐼𝐼𝐼𝐼 bis auf 1/e erreicht ist. Sie wird auch RC-Zeit genannt
(Vergleiche RC-Zeit bei BLM)
•
•
•
Der Widerstand kann aus der Messung von 𝑉𝑉∞ und dem eingestellten Strom 𝐼𝐼 aus 𝑉𝑉∞ = 𝐼𝐼𝐼𝐼
berechnet werden.
Die Kapazität kann aus der gemessenen Zeitkonstanten und dem berechneten Widerstand
über 𝜏𝜏𝑚𝑚 = 𝑅𝑅𝑅𝑅 berechnet werden.
Die spezifische Membrankapazität lässt sich nur bei bekannter Membranfläche ermitteln.
Die spezifische Membrankapazität bei verschiedenen Zelltypen liegt immer im Bereich von etwa
𝑪𝑪𝒎𝒎 = 𝟏𝟏µ𝑭𝑭𝑭𝑭𝒎𝒎−𝟐𝟐, Im Gegensatz zu dem bei verschiedenen Zelltypen in weiten Grenzen variierenden
spezifischen Widerstand 𝑅𝑅𝑚𝑚 . Der Unterschied zur berechneten spezifischen Membrankapazität von
𝑪𝑪𝒎𝒎 = 𝟎𝟎, 𝟒𝟒𝟒𝟒µ𝑭𝑭𝑭𝑭𝒎𝒎−𝟐𝟐 kommt daher, dass die Dielektrizitätskonstante der Membran durch Einbau von
Proteinen größer ist als der angenommene Wert von 𝜀𝜀 = 2.
Über Messung der Kapazität lässt sich auch die Ladungsverschiebung über die Membran bestimmen.
Beispiel: 𝑄𝑄 = 𝐶𝐶𝐶𝐶 = 30𝑝𝑝𝑝𝑝 ∙ 90𝑚𝑚𝑚𝑚 = 2,7 ∙ 10−12 𝐶𝐶 = 3 ∙ 1017 𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚. Die letzte Umrechnung erfolgt
über Division durch die Elementarladung 𝑒𝑒. Der dazu notwendige Verschiebungsstrom 𝑰𝑰 = 𝑪𝑪𝑪𝑪𝑪𝑪/𝒅𝒅𝒅𝒅
ist ebenso zeitabhängig. Die Spannung der Membran reagiert auf das Ein- und Ausschalten eines
Stroms mit einem exponentiellen Zeitverlauf der Spannung, der sich asymptotisch der
Maximalspannung annähert. Die Membran verzerrt also den Zeitverlauf eines angelegten
Stimulationssignals.
Kanäle und Pumpen im Ersatzschaltbild
Kanäle verhalten sich wie eine Batterie (Spannungsquelle) mit Widerstand. Die Polung der
Spannungsquelle und die Spannung [V] selbst orientieren sich an der Richtung und dem Betrag des
elektrochemischen Gradienten. Der Widerstand (repräsentiert eine Leitfähigkeit) beschreibt die
endliche Wahrscheinlichkeit, dass ein Ion entgegen des elektrochemischen Gradienten wandern
kann. Spannung und Polung können mit der Zeit variieren: je mehr transportiert wird, desto geringer
wird der Gradient und desto geringer die Wahrscheinlichkeit für den nächsten, gerichteten
Transport.
Die Spannungsquellen (Batterien) des Modells ersetzen die über der Membran vorhandenen
Aktivitätsunterschiede der verschiedenen Ionensorten, d.h. sie stehen für das Nernst´sche
Gleichgewichtspotential des jeweiligen Ions. Die zu den Batterien seriell geschalteten Widerstände stellen die
selektiven Ionenpermeabilitäten der Zellmembran, also die Leitfähigkeiten der einzelnen Ionensorten, dar. Die
Spannung über den gesamten Schaltkreis stellt das Membranpotential dar und kann an einem
Spannungsmeßgerät abgelesen werden.
Pumpen hingegen verhalten sich wie ein Gleichstrom-Generator, da immer dieselbe TransportEinheit mit demselben Energie-Aufwand in dieselbe Richtung mit konstanter Geschwindigkeit
übertragen wird. Im Gegensatz zum Kanal ist keine „Umkehr“ des Transports möglich – es existiert
also keine Wahrscheinlichkeit für einen Rückwärts-Transport (kein Widerstand seriell geschaltet).
Pumpen ermöglichen damit einen eindeutig definierten gerichteten Stromfluss (GleichstromGenerator), während bei Kanälen ein negatives Ion auch vom (+)-Pol zum (–)-Pol (entgegen des
elektrischen Gradienten) „springen“ kann. Letzteres ist nur unter Berücksichtigung einer (gepolten)
Spannungsquelle möglich.
Sind mehrere Kanäle oder Pumpen in die Membran eingelagert, so werden die einzelnen
Kanäle/Pumpen im Ersatzschaltbild parallel gezeichnet. Unter Berücksichtigung der BLM müssten die
einzelnen Kanäle/Pumpen parallel zum Widerstand und dem Kondensator der Membran
eingezeichnet werden.
Transport durch Membranen: Grundlagen und passiver Transport
Permeabilitätskoeffizient
Eine elektrisch neutrale Substanz S liegt auf zwei Seiten der Membran mit unterschiedlichen
Konzentrationen vor. Die Membran ist nur für S, nicht für das Lösungsmittel permeabel.
Der Diffusionsfluss 𝚽𝚽 von S über die Membran ist dann proportional zur Konzentrationsdifferenz Δ𝑐𝑐
(Das Vorzeichen von Φ ist so definiert, dass 𝚽𝚽 > 0 bei Transport von Lösung I mit 𝒄𝒄′ nach Lösung II
mit 𝒄𝒄′′ , unabhängig von der Größe der Konzentrationen). Die Proportionalitätskonstante ist der
Permeabilitätskoeffizient 𝑷𝑷𝒅𝒅 [𝑐𝑐𝑐𝑐 ∙ 𝑠𝑠 −1 ] der Membran für S. 𝑃𝑃𝑑𝑑 ist unabhängig von der
Konzentrationsdifferenz, kann aber eine Funktion der mittleren Konzentration 𝑐𝑐 = (𝑐𝑐 ′ + 𝑐𝑐 ′′ )/2 sein.
U
Φ = 𝑃𝑃𝑑𝑑 (𝑐𝑐 ′ − 𝑐𝑐 ′′ ) = 𝑃𝑃𝑑𝑑 Δ𝑐𝑐,
[𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚 ∙ 𝑐𝑐𝑚𝑚−2 ∙ 𝑠𝑠 −1 ]
Experimentelle Bestimmung des Permeabilitätskoeffizienten
Zur Zeit 𝑡𝑡 = 0 wird S der Konzentration 𝑐𝑐𝑎𝑎 in das Außenmedium zu einer Zellsuspension gegeben. In
bestimmten Zeitabständen werden Zellen vom Medium abgetrennt und die in die Zellen
aufgenommene Menge S bestimmt. Für Bestimmung von Membranpermeabilitäten werden meist
radioaktiv markierte Substanzen S verwendet. Bedingungen an das System:
•
•
•
•
Außenvolumen ist sehr viel größer als Zellvolumen (𝒄𝒄𝒂𝒂 über die Zeit konstant).
Diffusion von S im Zytoplasma ist schnell (Aufnahme in die Zelle wird nur durch Permeation
bestimmt).
Rein passive Aufnahme von S (nur durch Konzentrationsgradient getrieben).
S ist eine nicht-metabolisierbare Substanz (wird in der Zelle nicht verändert,
Innenkonzentration muss charakteristisch mit der Zeit ansteigen).
Für die Aufnahme gilt dann folgendes Zeitgesetz, wie für alle Prozesse mit Sättigungsverhalten:
𝑐𝑐𝑖𝑖 = 𝑐𝑐𝑎𝑎 �1 − 𝑒𝑒 −𝑡𝑡/𝜏𝜏 �,
𝜏𝜏 =
𝑉𝑉
𝐴𝐴𝑃𝑃𝑑𝑑
Die Innenkonzentration 𝑐𝑐𝑖𝑖 steigt demnach über eine Sättigungskurve von 𝑐𝑐𝑖𝑖 = 0 auf den Endwert
𝑐𝑐𝑖𝑖 (∞) = 𝑐𝑐𝑎𝑎 an, wobei die Zeitkonstante 𝝉𝝉 vom Permeabilitätskoeffizient, der mittleren
Zelloberfläche und dem mittleren Zellvolumen abhängig ist. Zur Bestimmung von 𝑷𝑷𝒅𝒅 müssen daher
die Zellmaße bekannt sein.
Transport Lipid-löslicher Substanzen
Der Transport lipidlöslicher Substanzen kann in erster Näherung über einen einfachen
Diffusionsmechanismus beschrieben werden. Sie besitzen einen großen Verteilungskoeffizienten
zwischen Membranphase m und Wasser w: 𝛾𝛾 = 𝑐𝑐𝑚𝑚 /𝑐𝑐𝑤𝑤 .
•
•
•
•
+
+
-
Ionen wie Na , K und Cl sind extrem lipidunlöslich, da die elektrostatische Energie für die Überführung einer
Ladung aus einem Medium mit hohem 𝜀𝜀 (Wasser) in ein Medium mit kleinem 𝜀𝜀 (Membran) sehr hoch ist.
Für Verbindungen, die viele H-Brücken zu Wasser ausbilden (z.B. Zucker) ist 𝛾𝛾 ebenso klein.
Wasser nimmt eine mittlere Stellung zwischen lipidlöslichen und lipidunlöslichen Verbindungen ein.
Einige Verbindungen kommen in einer lipidlöslichen Form und einer weniger lipidlöslichen, ionisierten Form vor
+
(NH3/NH4 , COOH/COO ).
Es sind einige, vereinfachende Annahmen erforderlich:
(1) Membran = homogener Flüssigkeitsfilm => ortsunabhängiger Verteilungskoeffizient und
ortsunabhängiger Diffusionskoeffizient von S in der Membran.
(2) Schneller Austausch von S zwischen Membran und Wasser => An der Grenzfläche
Wasser/Membran ist direkt das Verteilungsgleichgewicht eingestellt.
Wegen Annahme 1 stellt sich innerhalb der Membran ein
linearer Konzentrationsverlauf 𝒄𝒄(𝒙𝒙) ein. Die Flussdichte Φ im
Membraninneren ist durch das 1. Ficksche Gesetz
′
′′
= 𝑐𝑐𝑚𝑚 (0) und 𝑐𝑐𝑚𝑚
= 𝑐𝑐𝑚𝑚 (𝑑𝑑) sind die
gegeben. 𝑐𝑐𝑚𝑚
Konzentrationen von S innerhalb der Membran an den beiden
Grenzflächen.
Φ = −𝐷𝐷
′′
′
𝑑𝑑𝑐𝑐𝑚𝑚
𝑐𝑐𝑚𝑚
− 𝑐𝑐𝑚𝑚
= −𝐷𝐷
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑑𝑑
Wegen Annahme 2 sind die Konzentrationen an den Grenzflächen innerhalb und außerhalb der
Membran über den Verteilungskoeffizienten verknüpft.
𝛾𝛾 =
′
′′
𝑐𝑐𝑚𝑚
𝑐𝑐𝑚𝑚
=
,
𝑐𝑐𝑤𝑤′
𝑐𝑐𝑤𝑤′′
→ Φ = −γD ∙
𝑐𝑐𝑤𝑤′′ − 𝑐𝑐𝑤𝑤′
𝑐𝑐𝑤𝑤′ − 𝑐𝑐𝑤𝑤′′
= γD ∙
𝑑𝑑
𝑑𝑑
Mit der Definition Φ = 𝑃𝑃𝑑𝑑 (𝑐𝑐 ′ − 𝑐𝑐 ′′ ) = 𝑃𝑃𝑑𝑑 Δ𝑐𝑐 folgt dann 𝑷𝑷𝒅𝒅 = 𝛄𝛄𝛄𝛄/𝐝𝐝 .
Bei lipidlöslichen Substanzen kann der Permeabilitätskoeffizient aus dem Verteilungskoeffizienten
und dem Diffusionskoeffizienten ermittelt werden.
𝐷𝐷 ist wenig, 𝛾𝛾 stark von der chemischen Struktur der Substanz abhängig. Damit
liegt 𝐷𝐷 für viele Moleküle im selben Bereich, während 𝛾𝛾 stark variieren kann. 𝑃𝑃𝑑𝑑
variiert demnach stark mit dem Verteilungskoeffizienten: Je größer γ, desto
steiler ist bei gegebener äußerer Konzentrations-differenz 𝒄𝒄′𝒘𝒘 − 𝒄𝒄′′𝒘𝒘 der
Konzentrationsgradient innerhalb der Membran (𝒄𝒄′𝒎𝒎 − 𝒄𝒄′′𝒎𝒎 )/𝒅𝒅.
Diese Proportionalität zwischen 𝑃𝑃𝑑𝑑 und 𝛾𝛾 gilt für zahlreiche Nichtelektrolyte und
wurde bereits von Ernest Overton gefunden (Overton-Regel). Für kleine
hydrophile Moleküle wie Wasser oder Harnstoff findet man Abweichungen von
der Overton-Regel. Diese Abweichungen sind bei einer Auftragung von log 𝑃𝑃𝑑𝑑 vs.
log 𝛾𝛾 sichtbar (Collander-Plot), da die Datenpunkte für Harnstoff und Wasser
nicht auf der Geraden liegt, deren Steigung durch das Verhältnis 𝐷𝐷/𝑑𝑑 definiert
wird. Die Permeabilitätskoeffizienten für biologische Membranen umspannen
zehn Größenordnungen (𝑷𝑷𝑴𝑴 = 𝟏𝟏𝟏𝟏−𝟏𝟏𝟏𝟏 − 𝟏𝟏𝟏𝟏−𝟐𝟐 𝒄𝒄𝒄𝒄 𝒔𝒔−𝟏𝟏 ).
Collander-Plot für verschiedene Substanzen.
Substanzen 5 (Wasser), 9 (Harnstoff) und 10
(Glycerin) zeigen hohe Abweichungen von der
Geraden.
Experimentell wird der Verteilungskoeffizient
über eine Kohlenwasserstoff-Phase statt einer
Membran bestimmt.
Die Permeabilität von Protonen liegt mit 𝑷𝑷𝑴𝑴 = 𝟏𝟏𝟏𝟏−𝟒𝟒 𝒄𝒄𝒄𝒄 𝒔𝒔−𝟏𝟏 sehr hoch, sodass große
Abweichungen von der Gerade im Collander-Plot vorliegen. Erklärungen für diese hohe Permeabilität
liefert z.B. das Grothus-Modell: Aufgrund thermischer Dichtefluktuationen entstehen transiente
Verbindungen aus Wassermolekülen durch die Membran. Währenddessen kann das Proton über
eine Serie von H-Brücken von Wassermolekül zu Wassermolekül springen.
Unidirektionale Flüsse, Flussmessungen mit Isotopen
Bei jedem beobachteten Fluss, setzt sich die Nettoflussdichte 𝚽𝚽 aus zwei unidirektionalen
Flussdichten zusammen, von denen eine von I (z.B. Außenmilieu einer Zelle) nach II (z.B. Zytoplasma) und
eine von II nach I gerichtet ist (genauso gilt es auch für die Diffusion: Teilchen können sich nach links und nach rechts
bewegen; Nettoergebnis ist dann die beobachtete Diffusion). Für 𝑐𝑐 ′′ < 𝑐𝑐 ′ entspräche Φ𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁 = Φ′ − Φ′′ dann
Nettoeinstrom = Einstrom – Ausstrom.
Wenn die Nettoflussdichte null ist, weil die Konzentrationen auf beiden Seiten der Membran gleich
sind, sind dennoch unidirektionale Flussdichten vorhanden. Solche Flüsse lassen sich über
Isotopenmarkierung beobachten, wobei die Substanz in I als rad markiert und die Substanz in II als
stab markiert wird.
•
•
′
Srad-Fluss von I nach II: Φ′ = Φ𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟
′′
Sstab-Fluss von II nach I: Φ′′ = Φ𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠
•
Annahme: Srad und Sstab sind für die Membran ununterscheidbar
Meist wird auf der Seite I der Membran nur ein Teil der Substanz radioaktiv markiert, während der
Rest der Substanz einem stabilen Isotop entspricht, wie es auch auf der anderen Seite der Membran
vorliegt.
•
•
•
•
′
′
Für die Konzentration von S auf Seite I gilt: 𝑐𝑐 ′ = 𝑐𝑐𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟
+ 𝑐𝑐𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠
′
′
Gesamte unidirektionale Flussdichte von I nach II: Φ′ = Φ𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟
+ Φ𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠
′
Verhältnis Konzentration des radioaktiven Isotops : Gesamtkonzentration S: 𝛼𝛼 ′ = 𝑐𝑐𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟
/𝑐𝑐 ′
′′
′′
Konzentrationen von S auf Seite II: 𝑐𝑐 ′′ = 𝑐𝑐𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠
,
𝑐𝑐𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟
(𝑡𝑡 = 0) = 0
Durch Messung der Radioaktivität auf Seite II nach einer bestimmten Zeit, lässt sich der
unidirektionale Fluss des radioaktiv markierten Isotops bestimmen (Φ = ∆n/∆t). Über die Beziehung
zwischen Flussdichte-Verhältnis und Konzentrationsverhältnis ist die gesamte unidirektionale
Flussdichte aus der Flussdichte des radioaktiven Isotops berechenbar:
′
Φ′
𝑐𝑐 ′
1
Φ𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟
′
=
=
→
Φ
=
′
′
Φ𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟
𝑐𝑐𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟
𝛼𝛼 ′
𝛼𝛼′
′′
Ebenso kann der Permeabilitätskoeffizient ermittelt werden. Da Φ𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟
= 0 liegen
radioaktive=gemessene Flüsse nur von I nach II vor. Vorteil: Bei dieser Versuchsanordnung wird 𝑷𝑷𝒅𝒅
in einem stationären Zustand bestimmt, da Die Gesamtkonzentrationen in I und II zeitunabhängig
sind
Flusskopplung
Φrad =
′
Φrad
=
′
𝑃𝑃𝑑𝑑 𝑐𝑐𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟
′
Φrad
→ 𝑃𝑃𝑑𝑑 = ′
crad
Gemachte Annahmen:
•
•
Differenzen Δ𝑐𝑐𝐴𝐴 und Δ𝑐𝑐𝐵𝐵 sind hinreichend klein.
Es gelten die Gesetze für verdünnte Lösungen (alle Aktivitätskoeffizienten sind 1).
Treten gleichzeitig mehrere Teilchensorten durch die Membran, können sich die einzelnen Flüsse
beeinflussen. Die bekannten Gleichungen der einzelnen Flussdichten der Substanzen A und B müssen
dann mithilfe der Thermodynamik irreversibler Prozesse erweitert werden:
Φ𝐴𝐴 = 𝑃𝑃𝐴𝐴 Δ𝑐𝑐𝐴𝐴 + 𝑃𝑃𝐴𝐴𝐴𝐴 Δ𝑐𝑐𝐵𝐵 ,
Φ𝐵𝐵 = 𝑃𝑃𝐵𝐵 Δ𝑐𝑐𝐵𝐵 + 𝑃𝑃𝐵𝐵𝐵𝐵 Δ𝑐𝑐𝐴𝐴
Der Fluss von A ist also auch von Δ𝑐𝑐𝐵𝐵 abhängig und umgekehrt. 𝑷𝑷𝑨𝑨𝑨𝑨 bzw. 𝑷𝑷𝑩𝑩𝑩𝑩 sind
Kreuzkoeffizienten. Diese sind direkt durch die Onsager-Relation 𝑷𝑷𝑨𝑨𝑨𝑨 𝒄𝒄𝑩𝑩 = 𝑷𝑷𝑩𝑩𝑩𝑩 𝒄𝒄𝑨𝑨 verknüpft. Die
unabhängige Wanderung von A und B ist ein Spezialfall, sodass 𝑃𝑃𝐴𝐴𝐴𝐴 = 𝑃𝑃𝐵𝐵𝐵𝐵 = 0 gilt und die
gewöhnlichen Gleichungen ohne Erweiterung durch die Thermodynamik irreversibler Prozesse
verwendet werden kann.
Aus den Gleichungen für Φ𝐴𝐴 und Φ𝐵𝐵 lässt sich durch Kombination Φ𝐴𝐴 (Φ𝐵𝐵 ) oder Φ𝐵𝐵 (Φ𝐴𝐴 ) darstellen,
sodass die Flusskopplung beschrieben wird (die Φ𝐵𝐵 -Gleichung nach Δ𝑐𝑐𝐵𝐵 auflösen und dann in die andere
einsetzen ergibt Φ𝐴𝐴 (Φ𝐵𝐵 )).
Φ𝐴𝐴 = �𝑃𝑃𝐴𝐴 −
𝑃𝑃𝐴𝐴𝐴𝐴 𝑃𝑃𝐵𝐵𝐵𝐵
𝑃𝑃𝐴𝐴𝐴𝐴
� Δ𝑐𝑐𝐴𝐴 +
Φ
𝑃𝑃𝐵𝐵
𝑃𝑃𝐵𝐵 𝐵𝐵
Die Gleichung zeigt auch, dass selbst für 𝚫𝚫𝒄𝒄𝑨𝑨 = 𝟎𝟎 noch ein Fluss der Substanz A beobachtbar ist,
wenn Δ𝑐𝑐𝐵𝐵 ≠ 0 und eine Kopplung zwischen A und B (𝑃𝑃𝐴𝐴𝐴𝐴 ≠ 0) existiert. So kann bei einem
Konzentrationsgradienten der Substanz B die Substanz A gegen ihren Konzentrationsgradienten mit
transportiert werden.
•
•
Transport durch Kanäle: Positive Flusskopplung (Symport)
Carrier-Transport: Positive und Negative Flusskopplung (Symport und Antiport); bei Antiport
ist dann 𝑃𝑃𝐴𝐴𝐴𝐴 < 0.
Osmose an nicht-semipermeablen Membranen, Staverman-Gleichungen
S.371-375 ignoriert
Grundlage: Osmose (Kapitel 4)
Carriertransport (erleichterte Diffusion)
Hydrophile oder geladane Substanzen S haben eine verschwindende Permeabilität (geringe
Diffusion), die selektiv durch einen Carrier C erhöht werden kann (erleichterte Diffusion). Der
Carrier befindet sich innerhalb der Membran und kann mit der Substanz S einen Komplex CS
eingehen. Die Aufnahme und Abgabe von S erfolgt immer an den Grenzflächen Membran/Lösung.
Dabei gibt es zwei Mechanismen:
•
•
Translatorische Carrier diffundieren innerhalb der Membran zwischen den beiden
Grenzflächen. Valinomycin transportiert Kalium und andere Alkaliionen passiv durch die
Membran, indem es innerhalb der Membran frei diffundieren kann. Sechs von 12 CarbonylSauerstoffatome bilden einen Käfig, in dem ein K+ Ion eingeschlossen werden kann. Die
Außenseite des Komplexes ist stark hydrophob. Valinomycin ist hochspezifisch für K+ (Na+Transport ist 1000fach ineffizienter). Bei hoher K+-Konzentration transportiert ein
Valinomycin-Molekül etwa 𝟏𝟏𝟏𝟏𝟒𝟒 K+-Ionen pro Sekunde durch die Membran.
Carrier, die über Konformationsänderungen die Bindetasche abwechselnd zu der einen
Grenzfläche und der anderen Grenzfläche exponieren. Permeasen sind passive
Transportsysteme, welche die formalen Kriterien des Carriermodels erfüllen. Die
Aufklärung des genauen Transportmechanismus erweist sich bei diesen jedoch als
schwierig. Die Laktose-Permease (LacY) erreicht eine Wechselzahl von 1000/min.
Der Transport ist rein passiv, erfolgt also entlang des elektrochemischen Gradienten von S. Im
Gleichgewichtszustand (verschwindender Nettotransport) sind die Konzentrationen CS, C und S
durch das Massenwirkungsgesetz verknüpft (m=Membran, w=Wasser). K ist die
Gleichgewichtskonstante der Komplexbildung. 1/K ist die Konzentration von S, bei der die Hälfte der
Carriermoleküle als Komplex CS vorliegen.
𝐾𝐾 =
[𝐶𝐶𝐶𝐶]𝑚𝑚
[𝐶𝐶]𝑚𝑚 [𝑆𝑆]𝑤𝑤
Sättigungskinetik des Carriertransports
Es wird der Import von extrazellulärem S in die Zelle beobachtet. Bei 𝒕𝒕 = 𝟎𝟎 sei 𝒄𝒄𝒔𝒔,𝒊𝒊 = 𝟎𝟎. Mit
zunehmender Außenkonzentration 𝒄𝒄𝒔𝒔,𝒂𝒂 steigt der einwärtsgerichtete Fluss zunächst linear und
dann asymptotisch gegen den Maximalwert 𝑱𝑱𝒎𝒎𝒎𝒎𝒎𝒎 an. Die Sättigung des Flusses entspricht der
Tatsache, dass bei hohen Konzentrationen alle Carrier an der Außenseite der Membran als CSKomplexe vorliegen – eine weitere Steigerung des Flusses ist nicht möglich.
Die Wechselzahl 𝒘𝒘 = 𝑱𝑱𝒎𝒎𝒎𝒎𝒎𝒎 /𝑵𝑵 des Carriers lässt sich aus der Zahl der Carriermoleküle N und dem
maximalen Fluss bei Sättigung bestimmen. Sie entspricht der Anzahl an Teilchen, die ein CarrierMolekül pro Sekunde transportieren kann. Typische Werte liegen bei 𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏𝒔𝒔−𝟏𝟏 .
Negative Flusskopplung (Gegentransport)
Negative Flusskopplung tritt auf, wenn zwei Verbindungen R und S um dieselbe Bindungsstelle
eines Carriers konkurieren.
Auf beiden Seiten einer Membran liegt S in gleichen Konzentrationen vor. Die Konzentration von S ist
so hoch, dass sich C in Sättigung befindet. Durch Zugabe von R mit der gleichen Konzentration wie S
auf Seite II der Membran, herrscht eine Konkurrenz zwischen R und S um die Bindung von C an der
Grenzfläche Membran / Seite II. Ein Teil des Carriers geht dann an dieser Grenzfläche in die Form CR
über, wodurch in der Membran ein Konzentrationsgradient für CS entsteht, obwohl die
Konzentrationen für S in den Außenphasen gleich groß sind. Dies führt zu einem Fluss von S von
Seite I nach Seite II, während R in entgegengesetzte Richtung transportiert wird.
Dieser Transportmechanismus funktioniert auch dann noch, wenn die Außenkonzentration größer ist
als die Innenkonzentration, sodass der Transport gegen den Konzentrationsgradienten erfolgt.
Beispiel: Alanin wird von Streptokokken in hoher Konzentration synthetisiert, während Serin durch
Kopplung an den Alanin-Fluss entgegen des Konzentrationsgradienten aus dem Medium
aufgenommen wird.
Austauschtransport
Ist die Beweglichkeit des unkomplexierten Carriers in der Membran gering, wird der Rücktransport
des unkomplexierten Carriers behindert (z.B. wenn Carrier elektrisch geladen ist: 𝐶𝐶 2− + 𝑆𝑆 2+ ⇄ 𝐶𝐶𝑆𝑆).
Dies kann verhindert werden, indem auf der anderen Seite der Membran eine Verbindung zurück
transportiert wird.
Beispiele für Austauschtransportsysteme sind das Bicarbonat/Chlorid-Austauschsystem in der
Erythrozytenmembran und das ATP/ADP-Austauschsystem in der inneren Mitochondrienmembran.
NhaA (Na+H+-Austauscher von E.coli) erreicht eine Wechselzahl von 90k/min.
Positive Flusskopplung (Cotransport)
Bei positiver Flusskopplung hat der Carrier zwei verschiedene Bindestellen für R und S, wobei nur
der Komplex CSR über die Membran diffundieren kann.
Beispiel hierfür ist der Na+-gekoppelte Glucosetransport in Epithelzellen des Dünndarms.
Transport durch Kanäle
Ein Carrier hat Bindestellen, die abwechselnd von der einen und von der anderen Seite der Membran
zugänglich sind, aber nicht gleichzeitig! Ein Kanal ist gleichzeitig von beiden Seiten zugänglich. Die
Wechselzahl eines translatorischen Carriers ist durch die Viskosität beschränkt. In Membrandurchspannenden Kanälen können dagegen viel höhere Transportraten auftreten (Na+-Kanal in
Neuronen und Ach-aktivierter Ionen-Kanal in subsynaptischer Membran der Muskelendplatte: 𝟏𝟏𝟏𝟏𝟕𝟕 Ionen pro
Sekunde).
Das 15 AS lange Peptid Gramicidin bildet Kanäle aus zwei Kopf-an-Kopf verknüpften helikalen
Molekülen, die für monovalente Kationen spezifisch sind. Die hydrophoben Reste zeigen nach außen,
das Ion wird durch die helikale Struktur transportiert. Bei 1M NaCl Lösung und einer
Membranspannung von 100 mV ist die Wechselzahl ebenso bei 107 Ionen pro Sekunde.
Die Zahl der transportierten Ionen pro Zeiteinheit (selbe Aussage wie Wechselzahl! Aber keine
Sättigungskinetik, daher andere Methode zur Bestimmung notwendig) kann durch Einzelkanalexperimente
bestimmt werden.
Der Einbau einzelner Ionenkanäle führt zu einer signifikanten Zunahme der
Leitfähigkeit einer Lipidmembran. Ionenkanäle sind dynamische Strukturen,
die zwischen verschiedenen Leitfähigkeitszuständen fluktuieren, z.B. zwischen
einem offenen und einem geschlossenen Zustand: 𝐺𝐺 ⇄ 𝑂𝑂. Dementsprechend
zeigt der elektrische Strom bei konstanter Membranspannung stufenförmige
Fluktuationen. Aus deren Amplitudenstrom 𝑖𝑖 (Strom ist Ladung pro Zeit) kann die
Anzahl 𝑛𝑛 an Ionen der Ladung 𝑞𝑞 = 𝑧𝑧𝑧𝑧 pro Zeiteinheit 𝑡𝑡 ermittelt werden.
makroskopisch: 𝑸𝑸 = 𝒛𝒛𝒛𝒛𝒛𝒛 = 𝑰𝑰𝑰𝑰 → mikroskopisch: 𝒛𝒛𝒛𝒛𝒛𝒛 = 𝒊𝒊𝒊𝒊 → 𝒊𝒊 =
𝒏𝒏𝒏𝒏𝒏𝒏
𝒕𝒕
In der Versuchsanordnung überspannt die bimolekulare Lipidmembran die kreisrunde Öffnung (1mm² Fläche) in
einer dünnen Trennwand aus Teflon. Auf beiden Seiten der Membran befinden sich wässrige Salzlösungen, die
durch Elektroden kontaktiert werden. Diese sind mit einer Spannungsquelle und einem Strommessgerät
verbunden. Diese Experimente waren der wesentliche Schritt zu Einzelkanalexperimenten im Rahmen der PatchClamp Technik.
Das Auftreten solcher Stromfluktuationen wird als experimenteller
Beweis für das Vorliegen eines Kanalmechanismus angesehen. Bei
Vorliegen eines Carriermechanismus ist der Strombeitrag einzelner
Carriermoleküle um mehrere Größenordnungen geringer (siehe
typische Wechselzahlen), weshalb er in Einzelkanalexperimenten
nicht aufgelöst werden könnte.
Kanäle ermöglichen wie Carrier positive Flusskopplung: In engen Kanälen passen nie zwei Moleküle
nebeneinander durch den Kanal. Hintereinander angeordnete Moleküle können ihre Plätze also nicht
tauschen, weshalb die Flüsse verschiedener Teilchensorten gekoppelt sein müssen. Dies wurde für
den K+-Kanal der Nervenmembran bewiesen: Durch Anlegen von Spannung wird der KaliumTransport induziert und Wassermoleküle mitgeführt.
Transport durch Membranen: aktiver Transport
Aktiver Transport liegt vor, wenn eine Substanz entgegen ihres elektrochemischen Gradienten
(Konzentrationsgradient + elektrischer Gradient) transportiert wird. Aktiver Transport kann nur
über Kopplung an einen energieliefernden Prozess stattfinden, sodass die Gesamtbilanz der Freien
Enthalpie negativ ist. Achtung: Die bisher besprochene Flusskopplung, die zu einem gerichteten
Antiport oder Cotransport führen kann, kann sowohl aktiv als auch passiv sein.
Beispiele: Colibakterien können gewisse Zucker aus dem Medium bis zu einem Konzentrationsverhältnis
𝑐𝑐 𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖
𝑐𝑐𝑎𝑎𝑎𝑎 ß𝑒𝑒𝑒𝑒
= 103 anreichern. Das Epithel der Magenschleimhaut sezerniert Protonen aus dem Zellinneren (pH=7) in
den Magensaft (pH=1). Das Konzentrationsverhältnis ist 106 .
Sind 𝑎𝑎′ und 𝑎𝑎′′ die Aktivitäten der zu transportierenden Substanz in Lösung I und Lösung II, 𝜑𝜑′ und 𝜑𝜑′′
� ′ und 𝝁𝝁
� ′′ :
die elektrischen Potentiale, so sind die elektrochemischen Potentiale 𝝁𝝁
𝜇𝜇�′ = 𝜇𝜇0 + 𝑅𝑅𝑅𝑅 ln 𝑎𝑎′ + 𝑧𝑧𝑧𝑧𝜑𝜑 ′ ,
𝜇𝜇�′′ = 𝜇𝜇0 + 𝑅𝑅𝑅𝑅 ln 𝑎𝑎′′ + 𝑧𝑧𝑧𝑧𝜑𝜑 ′′
� = 𝝁𝝁
� ′ − 𝝁𝝁
� ′′ = ∆𝑮𝑮𝑻𝑻𝑻𝑻𝑻𝑻𝑻𝑻𝑻𝑻𝑻𝑻𝑻𝑻𝑻𝑻𝑻𝑻 , also der elektrochemische
Entscheidend ist die Größe der Differenz ∆𝝁𝝁
Gradient. Er entspricht der freien Enthalpie, die beim Transport von 1 mol der Substanz von Lösung
II nach Lösung I verbraucht wird.
∆𝑮𝑮𝑻𝑻𝑻𝑻𝑻𝑻𝑻𝑻𝑻𝑻𝑻𝑻𝑻𝑻𝒓𝒓𝒓𝒓 = 𝑹𝑹𝑹𝑹 𝐥𝐥𝐥𝐥
𝒂𝒂′
+ 𝒛𝒛𝒛𝒛(𝝋𝝋′ − 𝝋𝝋′′ )
𝒂𝒂′′
Aufgrund der Definition von 𝚽𝚽 (positiv, wenn Fluss von Lösung I
� = 𝝁𝝁
� ′ − 𝝁𝝁
� ′′ gilt:
nach Lösung II) und der Vorgabe ∆𝝁𝝁
•
•
�<0
für den aktiven Transport: 𝚽𝚽 ∙ ∆𝝁𝝁
�>0
für den passiven Transport: 𝚽𝚽 ∙ ∆𝝁𝝁
� entspricht der Änderung der freien Enthalpie, die mit dem betrachteten
Das Produkt 𝚽𝚽 ∙ ∆𝝁𝝁
Transportvorgang pro Flächen- und Zeiteinheit verknüpft ist.
Für den Transport eines Nichtelektrolyten ist 𝑧𝑧 = 0, sodass gilt:
∆𝜇𝜇� = 𝑅𝑅𝑅𝑅 ln
𝑎𝑎′
𝑎𝑎′′
Bei verdünnten Lösungen kann in den Gleichungen die Aktivität 𝑎𝑎 durch die Konzentration 𝑐𝑐 ersetzt
werden.
Arten des aktiven Transports
•
•
•
•
Primär aktiver Transport wird durch eine primäre Energiequelle wie ATP-Hydrolyse
(Natrium-Kalium-Pumpe), Licht (Bakteriorhodopsin) oder Redoxenergie (Cytochrom-Oxidase)
getrieben.
Sekundär aktiver Transport wird durch Kopplung des Transports an den Transport einer
anderen Substanz, die entlang ihres Gradienten transportiert wird, erreicht (z.B. Na+-Glucose
Cotransport zwecks Glucose-Anreicherung in den Dünndarmzellen). Der
Konzentrationsgradient wird durch einen primär aktiven Transport (hier: Natrium-KaliumPumpe) aufrecht erhalten.
Tertiär aktiver Transport nutzt den Konzentrationsgradient, den ein sekundär aktiver
Transport auf der Basis eines primär aktiven Transports aufgebaut hat (im Dünndarm werden
Di- und Tripeptide über diesen Mechanismus aufgenommen).
Gruppentranslokation: Hier werden z.B. Monosaccharide durch die Membran transportiert
und dabei direkt chemische verändert (z.B. phosphoryliert), wodurch kein
Konzentrationsgradient abgebaut wird (z.B. Phosphotransferase-System zum Glucose-Import
in E.coli; Energie stammt aus dem Phosphat von PEP).
Energiebilanz des primär aktiven Transports
Annahme: Pro mol hydrolysiertes ATP werden 𝒗𝒗 mol der Substanz S von Phase I nach Phase II
transportiert. Für den Transport ist also ein Betrag der freien Enthalpie der Größe 𝑣𝑣 ∙ ∆𝐺𝐺𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇
erforderlich.
Die Hydrolyse von ATP (∆𝐺𝐺 = −30𝑘𝑘𝑘𝑘/𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚) liefert freie Enthalpie der Größe −∆𝐺𝐺 = 30𝑘𝑘𝑘𝑘/𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚 (∆𝐺𝐺 ist
negativ; da man Energie „rausbekommt“ muss negatives Vorzeichen ergänzt werden).
Soll der Gesamtvorgang spontan ablaufen, muss gelten:
𝑣𝑣 ∙ ∆𝐺𝐺𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇 < −∆𝐺𝐺
𝑣𝑣 �𝑅𝑅𝑅𝑅 ln
𝑎𝑎′′
+ 𝑧𝑧𝑧𝑧(𝜑𝜑′′ − 𝜑𝜑′ )� < −∆𝐺𝐺
𝑎𝑎′
Die Gleichung legt fest, bis zu welchem Aktivitätsverhältnis 𝒂𝒂′′ /𝒂𝒂′ eine Substanz bei gegebenem
Membranpotential 𝝋𝝋′′ − 𝝋𝝋′ akkumuliert werden kann.
Ist S elektrisch neutral (z=0) und der Transport gehorcht einer 1:1 Stöchiometrie (v=1) sowie findet in
einer verdünnten Lösung statt (ac), folgt aus der Gleichung:
∆𝐺𝐺
𝑐𝑐 ′′
−
𝑅𝑅𝑅𝑅
<
𝑒𝑒
𝑐𝑐 ′
′
Die ATP-Hydrolyse unter Standardbedingungen liefert −∆𝐺𝐺 = −∆𝐺𝐺 0 = 𝟑𝟑𝟑𝟑𝟑𝟑𝟑𝟑/𝒎𝒎𝒎𝒎𝒎𝒎 Energie. Die
ATP-Hydrolyse unter physiologischen Bedingungen liefert bis zu −∆𝐺𝐺 = −∆𝐺𝐺𝑐𝑐ℎ𝑒𝑒𝑒𝑒 = 𝟔𝟔𝟔𝟔𝟔𝟔𝟔𝟔/𝒎𝒎𝒎𝒎𝒎𝒎
Energie. Dies liegt an den sehr unterschiedlichen verwendeten Konzentrationen (1M unter
Standardbedingungen, 0,01M unter physiologischen Bedingungen). Außerdem ist der Wert wegen
der höheren Temperatur (37°C statt 25°C) um wenige kJ/mol erhöht. Zusätzlich ist der Wert pHabhängig.
∆𝐺𝐺𝑐𝑐ℎ𝑒𝑒𝑒𝑒 = 𝑅𝑅𝑅𝑅 ln 𝐾𝐾 = 𝑅𝑅𝑅𝑅 ln
[𝑃𝑃𝑖𝑖 ][𝐴𝐴𝐴𝐴𝐴𝐴]
1,5𝑚𝑚𝑚𝑚 ∗ 0,05𝑚𝑚𝑚𝑚
= 𝑅𝑅𝑅𝑅 ln
[𝐴𝐴𝐴𝐴𝐴𝐴]
8𝑚𝑚𝑚𝑚
Mit 𝑅𝑅𝑅𝑅 = 2,5𝑘𝑘𝑘𝑘/𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚 folgt für Standardbedingungen 𝑐𝑐 ′′ /𝑐𝑐 ′ < 𝑒𝑒 12 = 2 ∙ 105 und für physiologische
Bedingungen 𝑐𝑐 ′′ /𝑐𝑐 ′ < 𝑒𝑒 24 = 2 ∙ 1010 . Die tatsächlich erzielte Anreicherung ist jedoch nierdiger.
Gründe hierfür sind:
•
•
Unvollständige Kopplung.
Passiver Rücktransport von S.
Beispiel für primär aktiven Transport: Die Natrium-Kalium-Ionen-Pumpe
Damit aufgrund des Na+-Glucose-Symports oder anderer Transport-Mechanismen, die den NatriumGradienten ausnutzen, nicht allmählich Δ𝜇𝜇𝑁𝑁𝑁𝑁 → 0 und damit der Symport zum Erliegen kommt,
müssen die Natrium-Ionen aktiv aus der Zelle exportiert werden.
Die meisten tierischen Zellen besitzen im Zytoplasma eine hohe Kalium-Konzentration (136mM)
und eine niedrige Natrium-Konzentration (19mM), während im extrazellulären Medium das
Konzentrationsverhältnis umgekehrt ist (5 mM bzw. 120 mM, die Angaben beziehen sich auf
Erythrozyten). Die zytoplasmatischen Konzentrationen von Kalium und Natrium sind wichtig für die Konstanthaltung des
Zellvolumens, für die Erregbarkeit von Nervenzellen und die Akkumulierung von Zuckern und Aminosäuren durch
Cotransportsysteme.
Die Zellmembran besitzt eine signifikante passive Permeabilität für Na+ und K+. Damit müssen die
Konzentrationsgradienten ständig aktiv aufrecht erhalten werden. Die Na+-K+-Ionen-Pumpe
bewerkstelligt dies, indem sie unter ATP-Hydrolyse Na+ exportiert und K+ importiert.
In homogener Lösung können enzymatische Eigenschaften studiert werden, wobei der vektorielle
Charakter der Reaktion nicht mehr vorhanden ist. Untersuchungen des Proteins nach Einbau in die
Erythrozytenmembran ermöglichten die Aufklärung des Mechanismus:
(1)
(2)
(3)
(4)
ATP wirkt in Form von MgATP nur auf der cytosolischen Seite.
+
In Gegenwart von intrazellulärem Na wird das Enzym durch ATP an einem Aspartylrest phosphoryliert.
+
Das phosphorylierte Protein wird in Gegenwart von extrazellulärem K dephosphoryliert.
+
+
Für jedes hydrolysierte ATP werden 2 K -Ionen nach innen und 3 Na -Ionen nach außen transportiert.
Die entsprechenden Konzentrationsgradienten im Gleichgewichtszustand (Na/K Transport-Gleichgewicht:
+
+
+
Na -K -Pumpen-Aktivität, passive Permeabilität, Na -Glucose-Symport sind im Gleichgewicht => stationärer Zustand =>
Konzentrationen über die Zeit konstant) können nur aufrecht erhalten werden, wenn die Pumpe orientiert
in die Membran eingebaut wurde.
Wären die natürlichen Gradienten für Na+ und K+ umgekehrt, so würde die Na+-K+-Pumpe
„rückwärts“ laufen und gleichzeitig ATP-Synthese betreiben.
Da ungleich viele Ladungen importiert und exportiert werden, handelt es sich um einen
elektrogenen Transport. Die Na+-K+-Pumpe ist damit Stromquelle. Die Aktivität der Na+-K+-Pumpe
kann damit auch durch die elektrische Spannung über der Membran gesteuert werden.
Der Reaktionsmechanismus beinhaltet einen
Übergang von einer Konformation E1 mit einwärts
gerichteten zu einer Konformation E2 mit auswärts
gerichteten Ionenbindestellen. Im Zustand E1 kann das
Enzym 3 Na+-Ionen mit hoher Affinität binden, wonach
die Phosphorylierung einen Übergang zur
Konformation E2 induziert. In diesem Zustand sind die
Bindestellen nach außen orientiert, während die
Affinität zu Na+ niedrig ist. Dies bewirkt die Dissoziation
von Na+ und die Aufnahme von 2 K+ Ionen, wodurch
eine Dephosphorylierung den Übergang in die
Konformation E1 induziert. Die E1-E2-Übergänge
verlaufen über Zwischenzustände, in denen die
gebundenen Ionen im Protein eingeschlossen sind.
Im Vergleich zu einem Ionenkanal ist die Transportrate mit 100 Zyklen pro Sekunde bei 37°C sehr
klein. Erythrozyten besitzen etwa 50 Kopien der Na+-K+-Pumpe je Zelle; Zellen der Nierentubuli
besitzen bis zu 4 ∙ 106 Kopien.
Energetik der Na+-K+-Pumpe
𝑎𝑎
Für den Transport von 3 mol Na+ nach außen (𝑎𝑎, 𝑐𝑐𝑁𝑁𝑁𝑁
= 140𝑚𝑚𝑚𝑚, 𝑐𝑐𝐾𝐾𝑎𝑎 = 5𝑚𝑚𝑚𝑚) und 2 mol K+ nach
𝑖𝑖
innen (𝑖𝑖, 𝑐𝑐𝑁𝑁𝑁𝑁
= 10𝑚𝑚𝑚𝑚, 𝑐𝑐𝐾𝐾𝑖𝑖 = 150𝑚𝑚𝑚𝑚) wird bei einem Membranpotential von ∆𝜑𝜑 = 𝜑𝜑𝑖𝑖 − 𝜑𝜑𝑎𝑎 =
−60𝑚𝑚𝑚𝑚 benötigt:
𝑎𝑎
𝑖𝑖
−∆𝐺𝐺𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇 = 3�𝜇𝜇𝑁𝑁𝑁𝑁
− 𝜇𝜇𝑁𝑁𝑁𝑁
� + 2�𝜇𝜇𝐾𝐾𝑖𝑖 − 𝜇𝜇𝐾𝐾𝑎𝑎 � = −42,2kJ/mol
Der Anteil von Natrium:
a
𝑘𝑘𝑘𝑘
cNa
𝜑𝜑𝑖𝑖 ) = (19,6 + 17,4)
= 𝟑𝟑𝟑𝟑𝟑𝟑𝟑𝟑/𝒎𝒎𝒎𝒎𝒎𝒎
= 3RT ln i + 3F (𝜑𝜑
�����
𝑎𝑎 − ��
𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚
cNa
���
+60mV
Der Anteil von Kalium:
~ln 10
cKi
𝑘𝑘𝑘𝑘
= 2RT ln a + 2F (𝜑𝜑
= 𝟓𝟓, 𝟐𝟐𝟐𝟐𝟐𝟐/𝒎𝒎𝒎𝒎𝒎𝒎
�����
��
𝑖𝑖 − 𝜑𝜑
𝑎𝑎 ) = (16,8 − 11,6)
cK
𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚
�
~ln 10
−60mV
Bedingung für einen spontanen Prozess: −∆𝐺𝐺𝑐𝑐ℎ𝑒𝑒𝑒𝑒 = 60𝑘𝑘𝑘𝑘/𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚 > 42,2𝑘𝑘𝑘𝑘/𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚 = ∆𝐺𝐺𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇 .
Insgesamt wird dabei also die Energie 𝟔𝟔𝟔𝟔𝟔𝟔𝟔𝟔/𝒎𝒎𝒎𝒎𝒎𝒎 − 𝟒𝟒𝟒𝟒, 𝟐𝟐𝟐𝟐𝟐𝟐/𝐦𝐦𝐦𝐦𝐦𝐦 = 𝟏𝟏𝟏𝟏, 𝟖𝟖𝟖𝟖𝟖𝟖/𝐦𝐦𝐦𝐦𝐦𝐦 > 0 nicht
verwendet. Dies bedeutet, dass die Na+-K+-Pumpe fern des elektrochemischen Gleichgewichts
arbeitet.
Bedeutung der Natrium-Kalium-Pumpe
Die Bedeutung der Natrium-Kalium-Pumpe ist sehr weitreichend für alle Organismen:
•
Wiederherstellung des korrekten Konzentrationsverhältnisses nach einem Aktionspotential.
•
•
•
Natrium-Export ist die Triebkraft für zahlreiche sekundär aktiven Transporter, die Glucose,
Aminosäuren und andere Nährstoffe über den Natriumgradienten importieren.
Aufrechterhaltung des Zellvolumens: Da die Zellmembran eine wesentlich geringere
Permeabilität für Natrium, als für Kalium aufweist, haben die Natrium-Ionen eine Tendenz
draußen zu bleiben. Es resultiert ein Nettoverlust an Ladung innerhalb der Zelle, was den
Wassereinstrom (Osmose  Lyse der Zelle) verhindert.
Signaltransduktion: Die Natrium-Kalium-Pumpe bindet Src-Kinase und inhibiert sie. Infolge
der Ligand-Bindung wird sie freigesetzt und kann MAPK und PLC-Wege induzieren.
Energiebilanz des sekundär aktiven Transports
S wird durch Kopplung an den Bergabtransport von R bergauf transportiert. Für den Transport von S
entgegen des elektrochemischen Gradienten ist – Φ𝑆𝑆 Δ𝜇𝜇𝑆𝑆 > 0 aufzuwenden. Damit der
Gesamtprozess spontan abläuft, muss gelten:
Φ𝑅𝑅 Δ𝜇𝜇𝑅𝑅 >– Φ𝑆𝑆 Δ𝜇𝜇𝑆𝑆
Beispiel für sekundär aktiven Transport: Cotransport von Na+ und organischen Substraten
Die Epithelzellen des Dünndarms akkumulieren Glucose aus dem Darmlumen entgegen eines
Konzentrationsgradienten durch Kopplung an den Natrium-Import entlang des elektrochemischen
Gradienten. Der Gesamtvorgang läuft spontan ab, wenn:
Φ𝐺𝐺𝐺𝐺 Δ𝜇𝜇𝐺𝐺𝐺𝐺 + ΦNa Δ𝜇𝜇𝑁𝑁𝑁𝑁 > 0
Annahme: die Kopplung ist vollständig und pro Glucose-Molekül wird ein Natrium-Ion
transportiert.
Φ𝐺𝐺𝐺𝐺 = ΦNa > 0,
→ Δ𝜇𝜇𝐺𝐺𝐺𝐺 + Δ𝜇𝜇𝑁𝑁𝑁𝑁 > 0 ,
𝑎𝑎
𝑖𝑖
𝑎𝑎
𝑖𝑖
→ �𝜇𝜇𝐺𝐺𝐺𝐺
− 𝜇𝜇𝐺𝐺𝐺𝐺
− 𝜇𝜇𝑁𝑁𝑁𝑁
� + �𝜇𝜇𝑁𝑁𝑁𝑁
�>0
Wobei a für Außenmedium und i für Innenmedium steht. Nun nimmt man eine verdünnte Lösung an
(Konzentrationen statt Aktivitäten) und berücksichtigt, dass Glucose keine Ladung trägt:
𝑅𝑅𝑅𝑅 ln
[G]a
[𝑁𝑁𝑎𝑎+ ]𝑎𝑎
> −𝑅𝑅𝑅𝑅 ln
− 𝐹𝐹(𝜑𝜑𝑎𝑎 − 𝜑𝜑𝑖𝑖 )
[𝐺𝐺]𝑖𝑖
[𝑁𝑁𝑎𝑎+ ]𝑖𝑖
[𝐆𝐆]𝐢𝐢 [𝑵𝑵𝒂𝒂+ ]𝒂𝒂 −𝑭𝑭(𝝋𝝋𝒂𝒂−𝝋𝝋𝒊𝒊 )
𝑹𝑹𝑹𝑹
>
𝒆𝒆
[𝑮𝑮]𝒂𝒂 [𝑵𝑵𝒂𝒂+ ]𝒊𝒊
Diese Gleichung gibt das maximale Anreicherungsverhältnis von Glucose an. Es ist von dem NatriumKonzentrationsverhältnis sowie von dem Membranpotential abhängig. Für [𝑵𝑵𝒂𝒂+ ]𝒂𝒂 /[𝑵𝑵𝒂𝒂+]𝒊𝒊 = 𝟏𝟏𝟏𝟏
und 𝝋𝝋𝒂𝒂 − 𝝋𝝋𝒊𝒊 = −𝟔𝟔𝟔𝟔𝟔𝟔𝟔𝟔 folgt [𝐆𝐆]𝐢𝐢 /[𝐆𝐆]𝐚𝐚 = 𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏. Bei nicht vollständiger Kopplung wird dieser Wert
unterschritten.
Möglicher Transportmechanismus: Carrier hat zwei Bindestellen, eine für Natrium und eine für
Glucose, und kann nur durch die Membran diffundieren, wenn beide Substanzen gebunden haben.
Chemiosmotische Theorie
Die oxidative Phosphorylierung in Mitochondrien und die Photophosphorylierung in Chloroplasten
� 𝑯𝑯 Gradienten zur Synthese von ATP.
nutzt den ∆𝝁𝝁
Mitchell postulierte 1961, dass die Redoxenergie für die Reaktion 𝐴𝐴𝐴𝐴𝐴𝐴 + 𝑃𝑃𝑖𝑖 → 𝐴𝐴𝐴𝐴𝐴𝐴 intermediär in
der Differenz des elektrochemischen Potentials von H+ über der inneren Mitochondrienmembran
gespeichert wird. Grund: Es wurde kein energiereiches Zwischenprodukt nachgewiesen, dass die
Energie für die Reaktion liefern könnte.
In der Elektronentransportkette der Mitochondrien wird zu Beginn ein Wasserstoff-reiches Substrat
𝑅𝑅𝐻𝐻2 oxidiert. Die entzogenen Elektronen werden am Ende der Kette auf 𝑂𝑂2 übertragen. Zu einem
gerichteten Transmembrantransport kommt es, wenn die integralen Redoxproteine der
Elektronentransportkette in der Membran orientiert vorliegen:
•
•
•
𝑅𝑅𝐻𝐻2 → 2𝑒𝑒 − + 2𝐻𝐻 + + 𝑅𝑅 (Protonen werden nach außen abgegeben).
1
𝑂𝑂
2 2
+ 2𝑒𝑒 − + 2𝐻𝐻 + → 𝐻𝐻2 𝑂𝑂 (Protonen werden von innen aufgenommen).
Zusätzlich wird oft direkt ein Elektronentransfer mit einem Protonenexport gekoppelt
(Redox-getriebene Protonenpumpen). Dabei sind Elektronen-Aufnahme und –Abgabe
gekoppelt an Übergängen zwischen Konformationen mit einwärts und auswärts orientierten
Protonenbindestellen (ähnlich Mechanismus der NaK-Pumpe).
Durch den gerichteten Protonen-Transport baut sich eine pH-Differenz und eine elektrische
Potentialdifferenz auf, wobei der mitochondriale Innenraum ein negatives Potential annimmt
(𝝋𝝋𝒊𝒊 − 𝝋𝝋𝒂𝒂 < 0) und einen geringeren pH-Wert aufweist (𝒑𝒑𝑯𝑯𝒊𝒊 − 𝒑𝒑𝑯𝑯𝒂𝒂 = ∆𝒑𝒑𝒑𝒑 < 𝟎𝟎):
∆𝜇𝜇�𝐻𝐻 = 𝑅𝑅𝑅𝑅 ln
𝑖𝑖
𝑎𝑎𝐻𝐻
𝑎𝑎 + 𝐹𝐹(𝜑𝜑𝑖𝑖 − 𝜑𝜑𝑎𝑎 ) = −2,3𝑅𝑅𝑅𝑅∆𝑝𝑝𝑝𝑝 + 𝐹𝐹∆𝜑𝜑,
𝑎𝑎𝐻𝐻
ln 𝑎𝑎 = 2,3 log 𝑎𝑎 ,
𝑝𝑝𝑝𝑝 = − log 𝑎𝑎
Die protonenmotorische Kraft (PMF) oder das Protonenpotential ist als elektrische Spannung
definiert. Die PMF ist die gesamte effektive Potentialdifferenz, die auf das Proton wirkt. Die pHDifferenz wird durch den Faktor 2,3𝑅𝑅𝑅𝑅/𝐹𝐹 = 59𝑚𝑚𝑚𝑚 bei 𝑇𝑇 = 298𝐾𝐾 in eine elektrische
Potentialdifferenz umgerechnet.
∆𝑝𝑝 =
∆𝜇𝜇�𝐻𝐻
𝑅𝑅𝑅𝑅
= −2,3
∆𝑝𝑝𝑝𝑝 + ∆𝜑𝜑 = −59𝑚𝑚𝑚𝑚∆𝑝𝑝𝑝𝑝 + ∆𝜑𝜑
𝐹𝐹
𝐹𝐹
Welchen Einfluss ∆𝒑𝒑𝒑𝒑 und ∆𝝋𝝋 auf die PMF haben, ist von den physiologischen Bedingungen abhängig.
•
•
Ausgehend vom Gleichgewichtszustand (∆𝑝𝑝𝑝𝑝 = 0, ∆𝜑𝜑 = 0), baut sich schnell unter Aufladung der
Membrankapazität eine Potentialdifferenz auf, während der pH-Unterschied wegen der Pufferkapazität der
wässrigen Medien beiderseits der Membran klein bleibt.
Ist die Membran für andere Ionen permeabel, induziert ∆𝜑𝜑 einen passiven Ladungstransport, der die Tendenz hat
|∆𝜑𝜑| zu verkleinern. Zum Ausgleich für diesen Ladungstransport dauert der Redox-getriebene Protonen-Transport
weiter an, sodass |∆𝑝𝑝𝑝𝑝| ansteigt.
Im stationären Zustand wird die Größe von ∆𝑝𝑝𝑝𝑝 und ∆𝜑𝜑 beeinflusst von der passiven Permeabilität für Protonen und
andere Ionen, von der ATP-Synthese-Rate sowie anderer energetischer Kopplungen.
ATP-Synthese
′
Unter Standardbedingungen wird für die ATP-Synthese ∆𝐺𝐺 0 = 30𝑘𝑘𝑘𝑘/𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚 benötigt, die nach der
chemiosmotischen Theorie durch Protonen-Transport entlang des elektrochemischen Gradienten
aufgebracht werden. Mit der Stöchiometrie 3 Protonen für 1 ATP muss gelten:
′
′
∆𝜇𝜇�𝐻𝐻
∆𝐺𝐺 0
∆𝐺𝐺 0
|3∆𝜇𝜇�𝐻𝐻 | > �∆𝐺𝐺 � → |∆𝜇𝜇�𝐻𝐻 | > �
� → |∆𝒑𝒑| = �
� ≈ 𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏
� > �
3
𝐹𝐹
3𝐹𝐹
0′
Bei den Konzentration von ATP, ADP und 𝑷𝑷𝒊𝒊 ist die vorliegende PMF (|∆𝒑𝒑| = |−𝟓𝟓𝟓𝟓𝟓𝟓𝟓𝟓∆𝒑𝒑𝒑𝒑 + ∆𝝋𝝋|)
größer als die erforderlichen 100 mV, nämlich im Bereich von 200 mV.
Die Photophosphorylierung der Chloroplasten verläuft auf ähnliche Weise, wobei hier während dem
lichtgetriebenen Elektronentransport Protonen ins Innere der Thylakoide gepumpt werden.
Energetische Kopplung des Protonen-Flusses bei E.coli
(1) Anreicherung von Lactose und Prolin im Zytoplasma durch positive Flusskopplung.
(2) Export von Na+ und Ca2+ durch negative Flusskopplung.
(3) Beim Import frei werdende Energie wird für den Antrieb der Flagellenrotation verwendet.
Transport durch Membranen: Membranpotential im GG und Nicht-GG
Die Differenz der elektrischen Potentiale zwischen Zellinnerem und Außenmedium 𝑉𝑉𝑚𝑚 = 𝜑𝜑𝑖𝑖 − 𝜑𝜑𝑎𝑎
wird als Membranspannung oder Membranpotential bezeichnet.
Berechnung des Membranpotentials im Gleichgewicht
Die Membran sei nur für Kalium permeabel, dann resultiert ein Kaliumausstrom, da die
Innenkonzentration größer ist als die Außenkonzentration. Dieser Ausstrom kommt im
Gleichgewicht zum Erliegen, da der Konzentrationsgradient durch den sich aufbauenden, entgegen
gerichteten elektrischen Gradienten kompensiert wird.
Für das Membranpotential in diesem Gleichgewichtszustand gilt die Nernst-Gleichung. 𝐸𝐸𝐾𝐾 ist das
Kaliumgleichgewichtspotential bei 𝑇𝑇 = 298𝐾𝐾.
𝑅𝑅𝑅𝑅 𝑐𝑐𝐾𝐾𝑎𝑎
𝑐𝑐𝐾𝐾𝑎𝑎
ln 𝑖𝑖 = 59,2𝑚𝑚𝑚𝑚 log 𝑖𝑖 = 𝐸𝐸𝐾𝐾
𝑉𝑉𝑚𝑚 = 𝜑𝜑𝑖𝑖 − 𝜑𝜑𝑎𝑎 =
𝐹𝐹
𝑐𝑐𝐾𝐾
𝑐𝑐𝐾𝐾
Tatsächlich ist die Zellmembran für mehrere Ionensorten permeabel (meist für K+, Na+ und Cl-),
wobei jede Ionensorte ein anderes Konzentrationsverhältnis 𝑐𝑐 𝑎𝑎 /𝑐𝑐 𝑖𝑖 besitzt. Daher ist ein
Gleichgewichtszustand über die Membran nicht möglich: Wäre eine Ionensorte im Gleichgewicht,
so wäre es eine andere aufgrund des unterschiedlichen Konzentrationsverhältnisses eben nicht. Das
Membranpotential stellt sich daher auf einen Mittelwert der einzelnen Gleichgewichtspotentiale
ein. Das Membranpotential ist nicht mehr thermodynamisch definiert – es sind Modelle
erforderlich!
Berechnung des Membranpotentials im Nichtgleichgewicht
Die Membran sei nur für K+, Na+ und Cl- permeabel. Es gelten folgende Annahmen:
(1) Membran ist im stationären Zustand (konstante Ionenkonzentrationen innen und außen).
(2) Membran ist homogene Phase (ortsunabhängiges D und γ, unabhängige Wanderung der
Ionen in der Membran).
(3) An der Grenzfläche Membran/Wasser herrscht für alle Ionen Verteilungsgleichgewicht
(Diffusion im Membraninneren bestimmt Geschwindigkeit des Ionentransports).
(4) E-Feld in der Membran ist konstant (𝜑𝜑 ist linear von x abhängig = Membran ist ideales
Dielektrikum = Ionenkonzentration in Membran ist null bzw. in erster Näherung klein).
Für die 𝑑𝑑 = 10 𝑛𝑛𝑛𝑛 dicke Membran gilt das Prinzip der makroskopischen Elektroneutralität nicht, da 𝑑𝑑 < 𝑙𝑙𝑑𝑑
(Debye-Länge ist größer als die Membrandicke; Elektroneutralität gilt nur in Abständen größer als 𝑙𝑙𝑑𝑑 ).
Die Flussdichte der Ionensorte 𝑣𝑣 in der Membran im stationären Zustand ist durch die Nernst-PlanckGleichung gegeben:
𝑑𝑑𝑐𝑐𝑣𝑣
𝐹𝐹 𝑑𝑑𝑑𝑑
+ 𝑧𝑧𝑣𝑣 𝑐𝑐𝑣𝑣
�
Φ𝑣𝑣 = −𝐷𝐷𝑣𝑣 �
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑅𝑅𝑅𝑅 𝑑𝑑𝑑𝑑
Mit Annahme 4 ergibt sich das reduzierte Membranpotential 𝒖𝒖:
𝑑𝑑𝑑𝑑 𝜑𝜑𝑎𝑎 − 𝜑𝜑𝑖𝑖
𝑉𝑉𝑚𝑚
𝑅𝑅𝑅𝑅 𝑢𝑢
=
=−
=−
∙ ,
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑑𝑑
𝑑𝑑
𝐹𝐹 𝑑𝑑
Die Nernst-Planck-Gleichung vereinfacht sich zu:
Φ𝑣𝑣 = −𝐷𝐷𝑣𝑣 �
𝑢𝑢 =
𝐹𝐹𝑉𝑉𝑚𝑚
1
=
∙ 𝑉𝑉
𝑅𝑅𝑅𝑅
25𝑚𝑚𝑚𝑚 𝑚𝑚
𝑑𝑑𝑐𝑐𝑣𝑣
𝑢𝑢
− 𝑧𝑧𝑣𝑣 𝑐𝑐𝑣𝑣 �
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑑𝑑
Diese Differentialgleichung für die unbekannte Funktion 𝑐𝑐𝑣𝑣 (𝑥𝑥) muss gelöst werden. Aus Annahme 3
resultieren die Randbedingungen: An den Grenzflächen Membran/Lösung soll das Verhältnis der
Konzentrationen innerhalb und außerhalb der Membran gleich dem Verteilungskoeffizienten sein.
𝑐𝑐𝑣𝑣 (0)
𝑐𝑐𝑣𝑣𝑖𝑖
=
𝑐𝑐𝑣𝑣 (𝑑𝑑)
= 𝛾𝛾𝑣𝑣
𝑐𝑐𝑣𝑣𝑎𝑎
Die Differentialgleichung lässt sich damit lösen. Das Ergebnis zeigt, dass 𝑐𝑐𝑣𝑣 (𝑥𝑥) eine nicht-lineare
Funktion von x ist (𝜑𝜑 dagegen ist linear von x abhängig), sondern exponentiell von x abhängig ist (ne Menge
Gleichungen und Herleitung ignoriert S.400). Letztlich ergibt sich für die Ionenflussdichte Φ𝑣𝑣 in
Abhängigkeit von den Ionenkonzentrationen außen und innen und vom Membranpotential u
folgende Beziehung. Über diese Gleichung kann der Permeabilitätskoeffizient unter beliebigen
Bedingungen (𝑉𝑉𝑚𝑚 ≠ 0) mit Hilfe von Isotopenflussmessungen bestimmt werden.
𝚽𝚽𝒗𝒗 = 𝑷𝑷𝒗𝒗 𝒛𝒛𝒗𝒗 𝒖𝒖 ∙
𝒄𝒄𝒊𝒊𝒗𝒗 𝒆𝒆𝒛𝒛𝒗𝒗𝒖𝒖 − 𝒄𝒄𝒂𝒂𝒗𝒗
𝒆𝒆𝒛𝒛𝒗𝒗𝒖𝒖 − 𝟏𝟏
Aus den Flussdichten 𝚽𝚽𝒗𝒗 aller permeablen Ionensorten erhält man die Stromdichte 𝒋𝒋 über die
Membranfläche 𝑨𝑨𝒎𝒎 . Flüsse von Kationen und Anionen in gleicher Richtung entsprechen nach der
Gleichung einer elektrischen Stromdichte entgegengesetzten Vorzeichens.
𝑗𝑗 =
𝐼𝐼
= 𝐹𝐹 � 𝑧𝑧𝑣𝑣 Φ𝑣𝑣 ,
𝐴𝐴𝑚𝑚
𝑣𝑣
[𝑄𝑄/𝐴𝐴 ∙ 𝑡𝑡]
Im stationären Zustand des Systems ist das Membranpotential zeitlich konstant (man spricht von
einem Fließgleichgewicht, aber: stationärer Zustand ≠ thermodynamischer Gleichgewichtszustand).
Damit ist der elektrische Strom über die Membran gleich null (𝒋𝒋 = 𝟎𝟎). Damit gilt für eine Membran,
die nur für Na+, K+ und Cl- permeabel ist:
Φ𝑁𝑁𝑁𝑁 + Φ𝐾𝐾 − Φ𝐶𝐶𝐶𝐶 = 0
Mit der Gleichung für Φ𝑣𝑣 und der Resubstitution von u folgt die Goldmann-Gleichung als
verallgemeinerte Nernst-Gleichung. Die Beiträge der einzelnen Ionensorten sind hier über die
Permeabilitätskoeffizienten gewichtet.
𝑉𝑉𝑚𝑚 = 𝜑𝜑𝑖𝑖 − 𝜑𝜑𝑎𝑎 =
𝑖𝑖
𝑎𝑎
𝑅𝑅𝑅𝑅 𝑃𝑃𝐾𝐾 𝑐𝑐𝐾𝐾𝑎𝑎 + 𝑃𝑃𝑁𝑁𝑁𝑁 𝑐𝑐𝑁𝑁𝑁𝑁
+ 𝑃𝑃𝐶𝐶𝐶𝐶 𝑐𝑐𝐶𝐶𝐶𝐶
ln
𝑎𝑎
𝑖𝑖
𝐹𝐹
𝑃𝑃𝐾𝐾 𝑐𝑐𝐾𝐾𝑖𝑖 + 𝑃𝑃𝑁𝑁𝑁𝑁 𝑐𝑐𝑁𝑁𝑁𝑁
+ 𝑃𝑃𝐶𝐶𝐶𝐶 𝑐𝑐𝐶𝐶𝐶𝐶
Im Grenzfall, wo die Membran überwiegend für K+ permeabel ist (𝑷𝑷𝑲𝑲 ≫ 𝑷𝑷𝑪𝑪𝑪𝑪 , 𝑷𝑷𝑲𝑲 ≫ 𝑷𝑷𝑵𝑵𝑵𝑵 ), geht die
Goldmann-Gleichung in die Nernst-Gleichung für Kalium über:
𝑉𝑉𝑚𝑚 =
𝑅𝑅𝑅𝑅 𝑐𝑐𝐾𝐾𝑎𝑎
ln
𝐹𝐹 𝑐𝑐𝐾𝐾𝑖𝑖
Liegt für ein Ion 𝑣𝑣 an der Membran ein Gleichgewicht vor (𝑐𝑐𝑣𝑣𝑎𝑎 /𝑐𝑐𝑣𝑣𝑖𝑖 ist durch Nernst-Gleichung
gegeben), so verschwindet der Fluss dieser Ionensorte, weshalb der Beitrag nicht in der GoldmannGleichung berücksichtigt werden muss.
Die allgemeine Form der Goldmann-Gleichung lautet (A=Anionen, K=Kationen):
𝑽𝑽𝒎𝒎 =
𝑹𝑹𝑹𝑹 ∑ 𝑷𝑷𝑲𝑲 𝒄𝒄𝒂𝒂𝑲𝑲 + ∑ 𝑷𝑷𝑨𝑨 𝒄𝒄𝒊𝒊𝑨𝑨
𝐥𝐥𝐥𝐥
𝑭𝑭
∑ 𝑷𝑷𝑲𝑲 𝒄𝒄𝒊𝒊𝑲𝑲 + ∑ 𝑷𝑷𝑨𝑨 𝒄𝒄𝒂𝒂𝑨𝑨
Die Goldmann-Gleichung wurde unter Berücksichtigung der passiven Ionenströme abgeleitet.
Dabei wurde der Strombeitrag von Ionenpumpen vernachlässigt! Die Gültigkeit der GoldmannGleichung kann überprüft werden, indem die Permeabilitätskoeffizienten der einzelnen Ionen in
unabhängigen Experimenten bestimmt werden.
Elektrisch erregbare Membranen
Der Erregungsvorgang findet im Wesentlichen an der Nervenmembran statt, während das AxonInnere (Axoplasma) hauptsächlich als passiver elektrischer Leiter und Ionenreservoir fungiert. Die
ersten elektrophysiologischen Untersuchungen wurden am Riesenaxon von Tintenfischen
durchgeführt, dessen Na+/K+/Cl- Konzentrationen innen und außen denen der meisten tierischen
Zellen entsprechen (Innen wenig Na+, viel K+, wenig Cl-; außen umgekehrt). Die Gradienten werden durch ATPgetriebene Ionenpumpen aufrecht erhalten.
Die Abbildung zeigt zur Orientierung physiologische und nichtphysiologische Strombereiche im
Vergleich.
Das Ruhepotential der Axonmembran
Der unerregte Zustand des Tintenfischaxons ist durch 𝑉𝑉𝑚𝑚 = 𝜑𝜑𝑖𝑖 − 𝜑𝜑𝑎𝑎 = −60𝑚𝑚𝑚𝑚 charakterisiert (Bei
Säugern findet man typischerweise 𝑉𝑉𝑚𝑚 = −70𝑚𝑚𝑚𝑚 in Nervenzellen). Das Ruhepotential wird
hauptsächlich durch K+, weniger durch Na+ bestimmt. Dies ist auf die Aktivität der Na+-K+-Pumpe
zurückzuführen (Spannungsabhängige Na+- und K+-Kanäle sind geschlossen), wobei die Membran für
Natrium weitgehend impermeabel, aber für Kalium aufgrund anderer geöffneter Kalium-Kanäle
permeabel ist (solche K+-Kanäle haben keinen S4 Sensor und können nicht auf verschiedene
Spannungen reagieren). Damit werden Natrium-Ionen über die Na+K+-Pumpe nach außen
transportiert und bleiben dort. Kalium-Ionen wandern über die Pumpe nach Innen und gelangen
über den sich aufbauenden Gradienten über Kanäle wieder nach außen (hohe Permeabilität). Daher
bestimmt der Kalium-Diffusionsgradient das Ruhepotential, bei dem sich ein Fließgleichgewicht
zwischen Kalium-Diffusion nach Außen über Kanäle und Kalium-Transport nach Innen über die
Pumpe eingestellt hat. Die Goldmann-Gleichung lautet für das Ruhepotential:
𝑎𝑎
𝑅𝑅𝑅𝑅 𝑃𝑃𝐾𝐾 𝑐𝑐𝐾𝐾𝑎𝑎 + 𝑃𝑃𝑁𝑁𝑁𝑁 𝑐𝑐𝑁𝑁𝑁𝑁
𝑉𝑉𝑚𝑚 =
ln
𝑖𝑖
𝐹𝐹 𝑃𝑃𝐾𝐾 𝑐𝑐𝐾𝐾𝑖𝑖 + 𝑃𝑃𝑁𝑁𝑁𝑁 𝑐𝑐𝑁𝑁𝑁𝑁
Daraus ergibt sich mit 𝑽𝑽𝒎𝒎 = −𝟔𝟔𝟔𝟔𝟔𝟔𝟔𝟔 ein Permeabilitätsverhältnis für den Ruhezustand einer
Nervenfaser von 𝑷𝑷𝑲𝑲 /𝑷𝑷𝑵𝑵𝑵𝑵 = 𝟏𝟏𝟏𝟏. Dies zeigt ebenso, dass das Ruhepotential hauptsächlich durch die
Permeabilität von Kalium zustande kommt.
Mittels Nernst-Gleichung lässt sich das Membran-Potential berechnen, das entsteht, wenn die
Membran ausschließlich für Kalium-Ionen permeabel ist. Der Unterschied zwischen gemessenem und
berechnetem Wert kommt durch eine (geringe) Permeabilität für Natrium- und Chlorid-Ionen
zustande.
EK =
[K + ]
RT
⋅ ln o+ = −91mV
zF
[Ki ]
Das Ersatzschaltbild einer Nervenmembran
Das Ruhemembranpotential lässt sich auch durch das Ersatzschaltbild einer Nervenmembran (Kanäle
= parallel geschaltete Batterien mit Widerstand) unter Verwendeung der Knotenregel (In einem
Knotenpunkt eines elektrischen Netzwerkes ist die Summe der zu- und abfließenden Ströme
identisch) berechnen, wenn Gleichgewichtspotentiale und Leitfähigkeiten der einzelnen Kanäle
bekannt sind. Die Ionenleitfähigkeit lässt sich über verschiedene Techniken getrennt bestimmen (Membranleitfähigkeit
mittels voltage-clamp messen und dann selektiv nur eine Ionensorte ins Außenmedium geben oder selektiv Ionenkanäle
blockieren)
Aus Knotenregel folgt: −𝐼𝐼𝑁𝑁𝑁𝑁 = 𝐼𝐼𝐾𝐾 → 𝐼𝐼𝑁𝑁𝑁𝑁 + 𝐼𝐼𝐾𝐾 = 0
Für i=K,Na ergeben sich die jeweilige Beiträge zum anliegenden Membranpotential aus der Summe
aus dem Ionen-Gleichgewichtspotential und der Spannung U=IR=I/g.
𝑉𝑉𝑚𝑚 = 𝐸𝐸𝑖𝑖 +
𝐼𝐼𝑖𝑖
→ 𝐼𝐼𝑖𝑖 = 𝑔𝑔𝑖𝑖 ∙ (𝑉𝑉𝑚𝑚 − 𝐸𝐸𝑖𝑖 )
𝑔𝑔𝑖𝑖
Einsetzen in 𝐼𝐼𝑁𝑁𝑁𝑁 + 𝐼𝐼𝐾𝐾 = 0 ergibt die folgende Beziehung (rechts allgemein formuliert).
Aktionspotentiale
𝑉𝑉𝑚𝑚 =
(𝐸𝐸𝑁𝑁𝑁𝑁 ∙ 𝑔𝑔𝑁𝑁𝑁𝑁 ) + (𝐸𝐸𝐾𝐾 ∙ 𝑔𝑔𝐾𝐾 )
∑𝑖𝑖 𝐸𝐸𝑖𝑖 ∙ 𝑔𝑔𝑖𝑖
→ 𝑉𝑉𝑚𝑚 =
∑𝑖𝑖 𝑔𝑔𝑖𝑖
𝑔𝑔𝑁𝑁𝑁𝑁 + 𝑔𝑔𝐾𝐾
Die Messung von Aktionspotentialen erfolgt durch Reizung des Nervenendes über einen Strompuls.
Die Richtung des Strompulses muss die Ladung der Membrankapazität an der Reizstelle
betragsmäßig vermindern (z.B. von -60mV auf -30mV). Mit zwei Mikroelektroden in einem Abstand
𝒂𝒂 kann eine zeitlich um ∆𝒕𝒕 verzögerte, vorübergehende Änderung der Membranspannung von
negativen auf positive Werte beobachtet werden. Aus 𝑣𝑣 = 𝑎𝑎/∆𝑡𝑡 kann die
Fortleitungsgeschwindigkeit des Nervenimpulses bestimmt werden. Sie steigt mit dem Durchmesser
der Nervenfaser. Bei einer Riesenfaser mit 0,5mm Durchmesser sind Werte von 𝒗𝒗 = 𝟓𝟓𝟓𝟓𝟓𝟓/𝒔𝒔
möglich.
Kabeleigenschaften des Axons
Ein Axon besitzt einen elektrisch gut leitenden Kern (Axoplasma) und eine schlecht leitende Hülle
(Membran), weshalb es einem Kabel gleicht. Kabel leiten elektrische Signale passiv weiter
(elektrotonische Weiterleitung), während Nervenaxone zusätzlich aktive Weiterleitung ermöglichen
(hier vernachlässigt).
Am Ende des Kabels liegt die Spannung 𝑽𝑽𝟎𝟎 zwischen Axoplasma und Außenphase an. Da über die
Membran ein elektrischer Strom vom Axoplasma in die Außenphase fließen kann und der
spezifische Widerstand an jedem Punkt des Axons gleichgroß ist (𝑅𝑅 = 𝑈𝑈/𝐼𝐼 = 𝐾𝐾𝐾𝐾𝐾𝐾𝐾𝐾𝐾𝐾; wenn I kleiner wird,
muss auch U kleiner werden), nimmt die am Ende des Kabels angelegte Spannung längs des Kabels ab.
Die abnehmende Spannung ist damit eine Folge der Spannungsteilung zwischen Axoplasma und
Membran.
Im elektrischen Ersatzschaltbild wird ein Axonabschnitt näherungsweise als Tiefpass gezeichnet: Im Zytoplasma herrscht in
jedem Axonabschnitt ein Innenwiderstand. Das Zytoplasma ist über eine Membran (Kondensator) mit der extrazellulären
Lösung verbunden. Der Widerstand der Membran ist hier vernachlässigt.
Nach Ausschalten der
Eingansfunktion
resultiert exp. Abfall!
Die elektrotonische Weiterleitung führt damit zu einer exponentiellen Abschwächung des
elektrischen Signals V mit dem Abstand x zur Spannungsquelle des Axons. Die Längskonstante 𝝀𝝀 ist
der Abstand, in dem das Signal auf 1/e seines Anfangswertes abgefallen ist. Sie ist abhängig vom
Radius 𝑟𝑟 des Axoplasmas, dem spezifischen Widerstand 𝑅𝑅𝑖𝑖 des Axoplasmas sowie dem spezifischen
Flächenwiderstand 𝑅𝑅𝑚𝑚 der Membran.
𝑉𝑉 = 𝑉𝑉0 𝑒𝑒 −𝑥𝑥/𝜆𝜆 ,
𝑟𝑟𝑅𝑅𝑚𝑚
𝜆𝜆 = �
2𝑅𝑅𝑖𝑖
Ein hochwertiges Kabel besitzt eine große Längskonstante. In der Biologie führt die Erhöhung von
Membran-Widerstand über Myelierung (gute Isolierung, siehe Nervenzellen von Vertebraten) oder
des Querschnitts der Zelle (Leitungsdurchmesser erhöht, siehe Riesenaxon von Tintenfischen) zu
einer Vergrößerung der Längskonstante, während der Widerstand des Axoplasmas kaum
beeinflussbar ist.
•
•
Transatlantik-Kabel: 𝜆𝜆 = 100 − 1000𝑘𝑘𝑘𝑘
Riesenaxon: 𝜆𝜆 = 5𝑚𝑚𝑚𝑚 (𝑟𝑟 = 0,25𝑚𝑚𝑚𝑚, 𝑅𝑅𝑀𝑀 = 700Ω𝑐𝑐𝑚𝑚2 , 𝑅𝑅𝑖𝑖 = 30Ω𝑐𝑐𝑐𝑐)
Da das Signal in einem Riesenaxon längs des gesamten Axons nahezu dieselbe Amplitude hat, ist dies
nicht durch elektrotonische Weiterleitung zu erklären. Damit die Impulsamplitude konstant bleibt,
muss eine Energiequelle her: es handelt sich um einen aktiven Mechanismus.
Für die Weiterleitung ist nur die Axonmembran erforderlich: Nach Entfernung des Axoplasmas und
Durchströmung mit geeigneter Elektrolytlösung (Perfusion) ist immer noch eine Weiterleitung zu
messen.
Während Axons einen aktiven Nervenfortsatz darstellen (Leitfähigkeiten sind vom momentanen
Membranpotential und von der Zeit 𝑡𝑡 abhängig), also nicht alleine durch die Kabeleigenschaften
definiert sind, stellen Dendriten einen passiven Nervenfortsatz (Leitfähigkeiten sind Konstanten),
weshalb die Ausbreitung des elektrischen Signals hier vollständig durch die Kabelgleichung
beschrieben ist.
Schwellenwertverhalten des Aktionspotentials
Zur Messung des Aktionspotentials an einem Riesnaxon muss die Außenelektrode die Form eines
koaxialen Zylinders aufweisen. Durch kurze Stromimpulse kann das im Ruheszustand auf der
Innenseite negative Membranpotential in Richtung positiver Werte (Depolarisation) oder in
Richtung negativer Werte (Hyperpolarisation) verschoben werden.
Bei Hyperpolarisation und schwacher Depolarisation resultiert ein rein passives Verhalten der
Axonmembran (Verhalten wie Parallelschaltung von Widerstand und Kapazität).
Bei stärkerer Depolarisation über einen bestimmten
Schwellenwert resultiert ein Aktionspotential, das den
schnellen Anstieg des Membranpotentials auf positive
Werte und die sofortige Rückkehr zum Ruhepotential
induziert (Kurve 4). Die Form des Aktionspotentials ist
von der Stärke des Reizes fast unabhängig.
Aktionspotentiale können über verschiedene Mechanismen ausgelöst werden:
•
•
Mechanischer oder chemischer Reiz bewirkt Änderung in Ionenpermeabilitäten, was entsprechend der GoldmanGleichung eine Depolarisation der Axonmembran zur Folge hat.
An Synapsen wird die Ionenpermeabilität der Axonmembran über die Ausschüttung einer Transmittersubstanz
beeinflusst.
Neben den Ohm’schen Kanälen gibt es Kanäle, die keine lineare Abhängigkeit zwischen Strom und
Membranpotential haben. Ursache ist eine Abhängigkeit der Leitfähigkeit vom Membranpotential.
Aus den Strom-Spannungskennlinien lässt such aus der Steigung direkt die Leitfähigkeit ablesen. Ist
diese kontant (Geradengleichung), so handelt es sich um ein Ohmsches Verhalten.
Strom-Spannungskennlinie
eines Ohmschen Kanals
Strom-Spannungskennlinie
eines Nicht-Ohmschen Kanals
Strom-Spannungskennlinie einer
Nervenmembran
Ionenströme bei der Nervenerregung
Während des Aktionspotentials zeigen Membranpotential und Strom durch die Membran
kompliziertes Zeitverhalten. Mithilfe der Spannungsklemme (voltage clamp) kann dieses Verhalten
vereinfacht werden, indem die Spannung über die Membran konstant gehalten wird. Dabei werden
in das Axon eine stromzuführende Elektrode und eine Spannungsmesselektrode eingeführt, die über
eine Regelschaltung verbunden sind; Der durch die Membran fließende Strom 𝐼𝐼 wird durch die
stromzuführende Elektrode so reguliert, dass das Membranpotential 𝑉𝑉𝑚𝑚 den einstellbaren, zeitlich
konstanten Wert 𝑉𝑉𝑒𝑒 beibehält. Der Anstieg vom Ruhepotential auf 𝑉𝑉𝑚𝑚 = 𝑉𝑉𝑒𝑒 ist dabei sprunghaft
(< 0,1𝑚𝑚𝑚𝑚).
Für Voltage-Clamp gilt als Vorzeichenkonvention für den Membranstrom 𝐼𝐼: 𝑰𝑰 > 0, wenn positive
Ladungen von innen nach außen fließen. Beim Ruhepotential ist der Membranstrom
definitionsgemäß null.
Bei schneller Änderung von 𝑽𝑽𝒎𝒎 resultiert aufgrund der Entladung der sehr hohen
Membrankapazität eine kapazitive Stromspitze 𝑰𝑰𝒌𝒌𝒌𝒌𝒌𝒌 . Es folgt ein nach innen gerichteter Strom, der
nach etwa 1 ms in einen nach außen gerichteten Strom übergeht.
Der Gesamtstrom 𝐼𝐼𝐺𝐺𝐺𝐺𝐺𝐺 = 𝐼𝐼𝑁𝑁𝑁𝑁 + 𝐼𝐼𝐾𝐾 + 𝐼𝐼𝐿𝐿 setzt sich additiv aus einem durch Na+ und einem durch K+
getragenen Strom zusammen. Es kommt ein Leckstrom 𝑰𝑰𝑳𝑳 hinzu, der hauptsächlich durch
Cl--Transport verursacht wird. Die relativen Anteile von 𝑰𝑰𝑵𝑵𝑵𝑵 und 𝑰𝑰𝑲𝑲 am Gesamtstrom verändern sich
über die Zeit des Aktionspotentials erheblich:
Gezeigt werden konnte dies durch selektive Blockade einzelner
Ionenströme über: Austausch von Ionen im Außenmedium;
Veränderung der Ionen im Zellinneren bei perfundierten Axonen;
Inhibition der Ströme durch Gifte.
+
+
• Na gegen Cholin im Außenmedium austauschen oder Blockade
des Natriumstroms durch Terodotoxin (TTX, wirkt an der
Außenseite des Axons)  Nur Ausstromsignal bleibt übrig. Der
frühe Einwärtsstrom besteht damit fast ausschließlich aus einem
passiven Natriumstrom.
• Tetraethylamonium (TEA wirkt an der axoplasmatischen Seite des
Axons) blockiert den Kaliumstrom  Nur Einstromsignal bleibt
übrig. Der späte Auswärtsstrom kommt durch einen passiven
Kaliumstrom zustande.
•
Die Ströme sind rein passiver Natur. Bestätigt wird dies dadurch, dass perfundierte Axonen über
längere Zeit Erregbarkeit zeigen, obwohl keine metabolischen Energiequellen vorhanden sind.
Voraussetzung ist nur die Aufrechterhaltung der physiologischen Na+/K+ Konzentrationen.
Umkehrpotential
Wenn nur Natrium-Ionen über die Membran fließen können (z.B.
durch Einwirkung von TEA), sollte beim NatriumGleichgewichtspotential kein Nettofluss vorliegen (kein Strom
messbar). Das Natriumgleichgewichtspotential ist durch die
Nernst-Gleichung gegeben:
𝐸𝐸𝑁𝑁𝑁𝑁 =
𝑎𝑎
𝑅𝑅𝑅𝑅 𝑐𝑐𝑁𝑁𝑁𝑁
𝑅𝑅𝑅𝑅 460𝑚𝑚𝑚𝑚
ln 𝑖𝑖 =
ln
= +55𝑚𝑚𝑚𝑚
𝐹𝐹 𝑐𝑐𝑁𝑁𝑁𝑁
𝐹𝐹
50𝑚𝑚𝑚𝑚
Wird also 𝑉𝑉𝑚𝑚 = 𝑉𝑉𝑒𝑒 = 𝑬𝑬𝑵𝑵𝑵𝑵 = +𝟓𝟓𝟓𝟓𝟓𝟓𝟓𝟓 eingestellt, so findet kein
Nettofluss von Natrium-Ionen statt, da der Konzentrationsgradient
von außen nach innen durch das innen gegen außen positive
elektrische Potential von +55 𝑚𝑚𝑚𝑚 kompensiert wird. Für
𝑉𝑉𝑚𝑚 > 55𝑚𝑚𝑚𝑚 resultiert Auswärtsstrom, für 𝑉𝑉𝑚𝑚 < 55𝑚𝑚𝑚𝑚
Einwärtsstrom. Das Membranpotential, bei dem der Strom seine
Richtung umkehrt heißt Umkehrpotential.
Quantitative Betrachtung des Natriumeinstroms
Die Anzahl notwendiger Na+-Ionen Δ𝑛𝑛 = Δ𝑄𝑄/𝑧𝑧𝑧𝑧 (𝑧𝑧 = 1), um die Membrankapazität vom
Ruhepotential (-60mV) auf den Maximalwert des Aktionspotentials (+40mV) umzuladen, ist direkt
aus der notwendigen Ladung Δ𝑄𝑄 zugänglich. Bei Betrachtung der Einheitsfläche der Membran
(Kapazität 𝐶𝐶𝑚𝑚 ), benötigt man für eine Spannungsänderung Δ𝑉𝑉𝑚𝑚 demnach:
𝛥𝛥𝛥𝛥 =
𝛥𝛥𝛥𝛥 𝐶𝐶𝑚𝑚 𝛥𝛥𝑉𝑉𝑚𝑚
1µ𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹−2 ∙ 100𝑚𝑚𝑚𝑚
=
=
= 10−12 𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚 𝑐𝑐𝑚𝑚−2
𝐹𝐹
𝐹𝐹
105 𝐶𝐶𝐶𝐶𝐶𝐶𝑙𝑙 −1
Die Anzahl an Ionen pro Aktionspotential können auch über Messung mit radioaktiven Isotopen
(24Na+, 42K+) erhalten werden. Der experimentelle Wert liegt etwa bei ∆𝒏𝒏 = 𝟑𝟑 ∙ 𝟏𝟏𝟏𝟏−𝟏𝟏𝟏𝟏 𝒎𝒎𝒎𝒎𝒎𝒎 𝒄𝒄𝒎𝒎−𝟐𝟐
Na+-Ionen, die bei einem Aktionspotential in das Axon importiert werden; dabei werden etwa gleich
viele K+-Ionen exportiert. Dies sind damit nur geringfügig mehr, als für die Umladung der
Membrankapazität notwendig ist. Der Faktor 3 erklärt sich dadurch, dass sich Natrium-Einstrom
und Kalium-Ausstrom zeitlich teilweise überlagern und daher mehr Natrium-Ionen notwendig sind,
um die gegebene Peak-Spitze zu erreichen.
Die durch das Aktionspotential im Axoplasma eingetretenen Konzentrationsänderungen werden
durch die ATP-getriebene Na,K-Pumpe langsam wieder rückgängig gemacht.
Mechanismus des Aktionspotentials
Die Natrium- und Kalium-Kanäle werden durch das elektrische Feld gesteuert: Sie sind beide im
Ruhezustand der Membran geschlossen. Der Na-Kanal öffnet sich nach der Depolarisation für kurze
Zeit, wonach er schnell wieder inaktiviert wird – Inaktivierung und Aktivierung verlaufen nach
unterschiedlichen Mechanismen (offener, geschlossener, inaktiver Zustand). Der K-Kanal öffnet sich
nach der Depolarisation zeitlich verzögert und bleibt geöffnet, solange die Depolarisation
aufrechterhalten wird (offener, geschlossener Zustand).
Im Ruhezustand ist das Aktivierungstor des Na-Kanals geschlossen, das Inaktivierungstor geöffnet.
Beim maximalen Na-Einstrom sind beide Tore geöffnet, während das Tor des K-Kanals noch
geschlossen ist. Beim maximalen K-Ausstrom ist das Inaktivierungstor des Na-Kanals geschlossen und
das Aktivierungstor des K-Kanals geöffnet.
•
•
•
•
•
•
Depolarisation von -60mV auf -40mV (Schwellenwert) öffnet einige Na+-Kanäle. Der
Na+-Einstrom bewirkt die Öffnung weiterer Na+-Kanäle, wodurch sich das
Depolarisationssignal verstärkt. Maximal könnte das Mambranpotential bis zum
Na+-Gleichgewichtspotential von +55mV ansteigen, wobei es tatsächlich einen Wert von
+40mV erreicht.
Durch den Inaktivierungsmechanismus des Na+-Kanals wird dieser nach 2 ms geschlossen.
Gleichzeitig wird der K+-Kanal geöffnet, wodurch das Membranpotential wieder auf negative
Werte absinkt.
Die K+-Kanäle schließen sich allmählich, wenn das Membranpotential negativ geworden ist.
Zudem kehren die Na+-Kanäle in den Ausgangszustand zurück (Inaktivierung aufgehoben,
Kanal aber geschlossen).
Die Zelle ist in ihr Ruhepotential zurückgekehrt (elektrisch wieder gleich, die
Konzentrationen von Natrium- und Kalium-Ionen innen und außen sind aber vertauscht).
Die Na+K+-ATPase pumpt die Natrium und Kalium Ionen, die während des Aktionspotentials
die Seiten getauscht haben, wieder zurück.
Einige ms nach dem Aktionspotential ist das Axon aufgrund der „falschen“
Konzentrationsverhältnisse von Natrium und Kalium unerregbar (Refraktärperiode).
Hauptgrund ist jedoch die Inaktivierung der Na+-Kanäle, die keine weitere Reizung zulässt.
Nach einem Aktionspotential bringen die geöffneten K+-Kanäle das Membranpotential in die
Nähe des K+-Gleichgewichtspotentials. Diese Tatsache erklärt das negative Nachpotential
am Ende des Aktionspotentials: Das K+-Gleichgewichtspotential liegt niedriger als das GG
der Na,K-Pumpe, sodass sich das Ruhepotential erst langsam wieder einstellt (Pumpen
arbeiten langsamer als Kanäle).
Dynamik der Kalium- und Natrium-Leitfähigkeit
Abhängigkeit vom
Membranpotential
Abhängigkeit von der
Dauer des Reizes
Vergleich der Einzelkanal-Leitfähigkeiten
mit dem Aktionspotential
Der Auslöser der Aktionspotentiale ist meist ein Transmitter aus einer Nachbarzelle, der die Öffnung
chemisch gesteuerter Ionenkanäle induziert. Wird der Schwellenwert überschritten öffnen sich die
Spannungs-gesteuerten Ionenkanäle, wodurch es zum Aktionspotential kommt. Die lokal erzeugte
Depolarisation wird über die Kabeleigenschaften des Axons passiv auf benachbarte Teile des Axons
übertragen, wodurch auch hier die Schwelle zum Aktionspotential erreicht wird (Aktionspotential
wandert entlang des Axons).
In myelierten Fasern spielt sich der Erregungsvorgang an den Schnürringen ab, welche die
Myelinscheiden in regelmäßigen Abständen unterbrechen. Nur an den Schnürringen steht die
Axonmembran in Kontakt mit extrazellulärem Medium. Das Aktionspotential zwischen den
Schnürringen breitet sich passiv anhand der Kabeleigenschaften aus. Die Längskonstante des
myelierten Axons ist aufgrund der guten Isolation sehr hoch, sodass am nächsten Schnürring das
neue Aktionspotential erreicht wird (saltatorische Erregungsleitung). Wegen der niedrigen
elektrischen Kapazität der Myelinscheiden werden an myelinierten Fasern ähnlich hohe
Leitungsgeschwindigkeiten erreicht wie an Riesenaxonen. Die Ausbreitungs-Geschwindigkeit ist an
den Schnürringen (Auslösung des Aktionspotentials) wesentlich niedriger, als in myelierten
Bereichen (passive Weiterleitung). Die Geschwindigkeit ist antiproportional zum
Membranwiderstand und zum Axondurchmesser.
Spannungsabhängige Steuerung von Ionenkanälen, Torströme
Der Steuerungsmechanismus beruht auf einer Konformationsänderung, induziert durch das
elektrische Feld. Bei einer 5 nm dicken Membran und einer transmembranären Spannung von
100 mV resultiert eine Feldstärke von 10−4 𝑘𝑘𝑘𝑘/5 ∙ 10−6 𝑚𝑚𝑚𝑚 = 𝟐𝟐𝟐𝟐𝟐𝟐𝟐𝟐/𝒎𝒎𝒎𝒎 , die der
Durchbruchsfeldstärke vieler Materialien nahe kommt (z.B. Luft ~2kV/mm, Glas 10kV/mm, PCV
30kV/mm).
Elektrische Felder greifen an Ladungen an, sodass die Konformationsänderung durch eine
Verschiebung geladener Gruppen oder eine Rotation elektrischer Dipole (z.B. Carbonylgruppen)
eingeleitet wird. Dabei wandert eine positive Ladung des Kanals immer zur Membranseite mit
negativem Potential, wobei an die Ladung eine mechanische Barriere gekoppelt ist, welche den Kanal
öffnet oder schließt. Die hierfür verantwortliche Kanal-Region heißt Spannungs-Sensor.
Übergänge zwischen geschlossener und offener Konformation gleichen einer monomolekularen
Reaktion. 𝑁𝑁 ist die Zahl der geschlossenen bzw. offenen Kanäle und 𝐾𝐾 die Gleichgewichtskonstante
der Reaktion:
∆𝐺𝐺 0
𝑁𝑁𝑜𝑜
= 𝐾𝐾 = 𝑒𝑒 − 𝑅𝑅𝑅𝑅
𝑁𝑁𝑔𝑔
∆𝐺𝐺 0 ist die Änderung der freien Enthalpie beim Übergang von 1 mol Kanalprotein vom geschlossenen
in den offenen Zustand. Da Ladungen durch das E-Feld verschoben werden, beinhaltet ∆𝐺𝐺 0 einen
elektrostatischen Anteil ∆𝐺𝐺𝑒𝑒𝑒𝑒0 = −𝑧𝑧𝑧𝑧𝑁𝑁𝐴𝐴 ∙ 𝑉𝑉𝑚𝑚 = −𝑧𝑧𝑧𝑧 ∙ 𝑉𝑉𝑚𝑚 (elektrische Energie = Ladung mal Spannung),
wobei z Elementarladungen pro Kanalprotein über die Membran verschoben werden. Das Minuszeichen
kommt wegen der Definition des Membranpotentials: negatives 𝑉𝑉𝑚𝑚 = 𝜑𝜑𝑖𝑖 − 𝜑𝜑𝑎𝑎 erhöht die Zahl geschlossener Kanäle und
0
korreliert sein. ∆𝐺𝐺�0
muss daher mit einem positiven ∆𝐺𝐺𝑒𝑒𝑒𝑒
ist die Änderung der freien Enthalpie ∆𝐺𝐺 0 bei 𝑉𝑉𝑚𝑚 =
� ist die Gleichgewichtskonstante 𝐾𝐾 bei 𝑉𝑉𝑚𝑚 = 0.
0. 𝐾𝐾
∆𝐺𝐺 0 = ∆𝐺𝐺�0 + ∆𝐺𝐺𝑒𝑒𝑒𝑒0 = ∆𝐺𝐺�0 − 𝑧𝑧𝑧𝑧 ∙ 𝑉𝑉𝑚𝑚
𝑧𝑧𝑧𝑧∙𝑉𝑉𝑚𝑚
𝑧𝑧𝑧𝑧∙𝑉𝑉𝑚𝑚
∆𝐺𝐺 0
∆𝐺𝐺� 0
𝑁𝑁𝑜𝑜
−
−
� ∙ 𝑒𝑒 𝑅𝑅𝑅𝑅
𝑅𝑅𝑅𝑅
= 𝐾𝐾 = 𝑒𝑒
= 𝑒𝑒 𝑅𝑅𝑅𝑅 ∙ 𝑒𝑒 𝑅𝑅𝑅𝑅 = 𝐾𝐾
𝑁𝑁𝑔𝑔
Da der Natrium-Strom 𝑰𝑰𝑵𝑵𝑵𝑵 proportional zur Zahl 𝑵𝑵𝒐𝒐 offener Natriumkanäle ist, kann man aus der
Spannungsabhängigkeit von 𝑰𝑰𝑵𝑵𝑵𝑵 die Zahl der verschobenen Ladungen pro Kanal bestimmen. Für
den Na+-Kanal wurde z=6, für den K+-Kanal z=4,5 gezeigt. Diese Werte bedeuten, dass sich entweder
z=6 bzw. z=4,5 Ladungen über die gesamte Membran oder entsprechend größere Ladungen über
eine geringere Distanz bewegen.
Die Ladungsverschiebung entspricht einem kurzzeitigen elektrischen Strom. Dieser Torstrom (gating
current) kann experimentell nachgewiesen werden. Schwierigkeiten sind die Überdeckung durch den
viel größeren Ionenstrom durch den Kanal und durch den kapazitiven Aufladestrom, der im selben
Zeitbereich wie der Torstrom liegt. Der Torstrom 𝑰𝑰𝑻𝑻 ergibt sich als Differenz der transienten
Membranströme nach einem depolarisierenden (−𝟕𝟕𝟕𝟕𝟕𝟕𝟕𝟕 → 𝟎𝟎𝟎𝟎𝟎𝟎) und einem
hyperpolarisierenden (−𝟕𝟕𝟕𝟕𝟕𝟕𝟕𝟕 → −𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏) Spannungssprung, wodurch der kapazitive Strom
herausgemittelt wurde.
Übertragung des Nervenimpulses über Synapsen
Neuronen sind über Synapsen indirekt miteinander verknüpft. Der synaptische Spalt zwischen den
miteinander verbundenen Zellen misst 20 bis 50nm. Die präsynaptische Zelle (sensorische Zelle oder
Neuron) überträgt den Impuls über die Synapse zur postsynaptischen Zelle (Neuron, Drüßenzelle
oder Muskelzelle). Verbindungen zwischen Neuron und Muskelzelle werden „neuromuscular
junctions“ genannt. Hier ist ein Motoraxon mit den Muskelfibrillen des Skelettmuskels verbunden.
In den synaptischen Endknöpfchen befinden sich viele Vesikel, in denen Neurotransmitter (z.B.:
Acetylcholin, Norepinephrin) gespeichert werden, welche mit der postsynaptischen Zelle
interagieren, indem sie die Impulse zum Skelettmuskel oder Herzmuskel übertragen.
Wenn ein Impuls das synaptische Endknöpfchen erreicht, induziert die Depolarisation das Öffnen
von voltage-gated Calcium-Kanälen an der präsynaptischen Membran. Dadurch strömen Calcium
Ionen in die Zelle und erhöhen die Ca2+-Konzentration um das tausendfache um die Kanäle herum.
Calcium initiiert die Fusion eines oder weniger Vesikel mit der präsynaptischen Membran, wodurch
die Neurotransmitter in den synaptischen Spalt entlassen werden. Sie diffundieren in Richtung
postsynaptischer Membran und binden spezifisch an Membran-assoziierte Rezeptoren.
•
•
Der gebundene Neurotransmitter aktiviert das Öffnen von Kation-selektiven Kanälen (Influx
von Natrium-Ionen  Depolarisation  weniger negatives Membran-Potential). Dies kann
zu einem Aktionspotential führen.
Der gebundene Neurotransmitter aktiviert das Öffnen von Anion-selektiven Kanälen (Influx
von Chlorid-Ionen  Hyperpolarisation  negativeres Membran-Potential). Dies inhibiert
Aktionspotentiale.
Die meisten Nervenzellen im Gehirn empfangen exzitatorische und inhibitorische Signale von
verschiedenen präsynaptischen Neuronen. Die Summe der Impulse entscheidet, ob ein
Aktionspotential ausgelöst wird oder nicht. Ob ein Neurotransmitter eine aktivierende oder
inhibierende Wirkung hat, hängt von den Rezeptoren ab (ACh inhibiert Kontraktion des Herzens und
aktiviert Kontraktion des Skelettmuskels).
Innerhalb des Gehirns wirkt Glutamat als primärer exzitatorische Neurotransmitter, während
γ-Aminobuttersäure (GABA) als primärer inhibitorischer Neurotransmitter fungiert.
Wirkung von Drogen auf die Nervenreizweiterleitung
Die im synaptischen Spalt befindlichen Neurotransmitter müssen nach einer kurzen Zeit eliminiert
werden, um eine Dauerreizung der postsynaptischen Zelle zu verhindern. Dies geschieht über zwei
Wege, welche die Dauer eines Impulses auf nur wenige ms reduzieren.
•
•
Enzyme zerstören die Neurotransmitter im synaptischen Spalt.
Proteine transportieren die Neurotransmitter zurück zum synaptischen Endknöpfchen.
Wenn die Acetylcholin-Esterase durch das Nervengas DFP (Diisopropylfluorophosphat) inhibiert
wird, kontrahieren alle Muskeln unkontrolliert (ACh ist ständig im synaptischen Spalt präsent).
Kokain verhindert die Wiederaufnahme des Neurotransmitters Dopamin, das vom limbischen
System (Belohnungszentrum) freigesetzt wird, wodurch ein Gefühl der Euphorie und das Bedürfnis
die Aktivität ständig zu wiederholen, entsteht. Amphetamine agieren ebenso mit Dopamin
sezernierenden Neuronen: sie beschleunigen die Abgabe von Dopamin und verlangsamen die
Wiederaufnahme. Gentechnisch veränderte Mäuse, welche keinen Dopamin-Transporter (DAT) zur
Wiederaufnahme aufweisen zeigen dieselben Symptome wie normale Mäuse, die Kokain oder
Amphetamine nehmen.
Δ9-Tetrahydrocannabinol (Wirkstoff von Marihuana) bindet an Cannabinoid-Rezeptoren (CB1)
bestimmter Neuronen und reduziert damit die Wahrscheinlichkeit, dass diese Neuronen
Neurotransmitter freisetzen (Schutz vor Reizüberflutung). CB1 interagiert normalerweise mit
Endocannabinoiden, welche von der postsynaptischen Membran nach ihrer Depolarisation
synthetisiert werden. Diese Substanzen diffundieren rückwärts durch die präsynaptische Membran,
wo sie an CB1 binden und die synaptische Aktivität herabsetzen. CB1 ist hauptsächlich am
Hippocampus und Cerebellum des Gehirns lokalisiert (deshalb geringere Erinnerungs- und
motorische Koordinations-Funktionen).
Synaptische Plastizität
Synapsen zeigen erstaunliche dynamische Fähigkeiten (synaptische Plastizität), welche bei der
Entwicklung des neuronalen Kreislaufs besonders in der Kindheit wichtig sind. Der Hippocampus ist
wichtig für Lernvorgänge und das Kurzzeit-Gedächtnis und es ist einer der Hauptbereiche, die durch
Alzheimer zerstört werden. Wenn Neuronen im Hippocampus wiederholend kurzzeitig stimuliert
werden, so werden die Synapsen, welche diese Neuronen verbinden durch long-term-potentiation
(LTP) verstärkt. Diese Verstärkung kann Tage, Wochen oder länger anhalten.
Der NMDA-Rezeptor ist einer der verschiedenen Rezeptor-Typen, welcher Glutamat bindet. Wenn
Glutamat an diesen postsynaptischen Rezeptor bindet, öffnet sich ein interner Kationen-Kanal, der
den Einstrom von Calcium-Ionen in die postsynaptische Zelle induziert. Calcium ist für eine SignalKaskade verantwortlich, welche zum LTP führt.
Nach einer LTP können die Neuronen auf geringere Signale reagieren und können eine intensivere
Antwort bei postsynaptischen Zellen hervorrufen. LTP spielt eine entscheidende Rolle für
Lernprozesse (wird LTP inhibiert, wird auch die Fähigkeit neue Information aufzunehmen erheblich
reduziert).
Hodgin-Huxley-Gleichungen
Die Hodgin-Huxley-Gleichungen: Mathematische Beschreibung des Aktionspotentials (S419-422
ignoriert).
Die Hodkin-Huxley-Gleichungen sind Differentialgleichungen, welche den Zeitverlauf sowie die
Ortsabhängigkeit (Ausbreitung wie eine Welle entlang des Axons) des Aktionspotentials
beschreiben.
Messung von Einzelkanal-Strömen mit der Saugpipetten-Technik
Einzelkanalexperimente am Na+-Kanal der Nervenmembran
Einzelkanalfluktuationen werden bei konstanter Membranspannung detektiert. Dies ist beim
Spannungs-abhängigen Na+-Kanal der Nervenmembran wegen seines Inaktivierungsverhaltens
nicht möglich. Erklärung: Der Na+-Kanal öffnet sich nur einmal, wonach er lange Zeit nicht mehr geöffnet werden kann.
Es ist also kein statistisches Öffnen/Schließen beobachtbar, wie bei anderen Kanälen. Die Inaktivierung wird erst wieder im
Ruhepotential rückgängig gemacht, wonach der Kanal wieder Spannungsabhängig geöffnet werden kann. Die Inaktivierung
erfordert demnach eine Messung über Spannungssprünge!
Daher werden während der Saugpipetten-Anordnung unter dem Membranfleck (enthält ein bis
mehrere Na+-Kanäle) depolarisierende Spannungssprünge durchgeführt, um den Kanal zu öffnen.
Nach dem Spannungssprung wird der Pipettenstrom 𝑰𝑰 etwa 20 ms detektiert, wonach die Spannung
wieder auf den Ruhewert zurückgestellt wird (1s Erholzeit) und der nächste Spannungssprung folgen
kann. Die Stromspuren der einzelnen Spannungssprünge zeigen Kanalöffnungsereignisse. Dabei sind
Latenzzeit zwischen Spannungssprung und Kanalöffnung sowie Lebensdauer des offenen Zustandes
statistisch verteilt. Außerdem besteht eine Wahrscheinlichkeit, dass nach dem Spannungssprung
keine Kanalöffnung beobachtet wird.
Über Summation einzelner Stromspuren, ergibt sich der mittlere Strom, der in seinem
Zeitverhalten mit dem makroskopischen Na+-Einwärtsstrom übereinstimmt. Damit liefert die
Einzelkanalmessung wesentlich detailliertere Ergebnisse als die Vielkanalmessung.
Für den Na+-Kanal kann damit folgendes kinetisches Schema
abgeleitet werden:
(1) Nach dem depolarisierenden Spannungssprung geht der
geschlossene Zustand G nach einer statistisch verteilten
Latenzzeit in den offenen Zustand O über.
(2) Nach einer wiederum statistisch verteilten Wartezeit geht O
in den inaktivierten Zustand I über.
(3) Gelegentlich kann der Kanal von O in G zurückspringen und
dann wieder in O übergehen (mehrfache
Öffnungsereignisse).
(4) Aus dem Auftreten von Stromspuren ohne
Öffnungsereignisse folgt, dass auch direkte Übergänge von G
nach I möglich sind.
Bei der im Experiment gewählten Spannung sind GI und OI irreversibel (keine
Kanalöffnungsereignisse bei langen Zeiten).
Struktur von Kanälen
Beispiele für Kanäle
•
•
•
•
Aquaporine
Porine der äußeren Membran gramnegativer Bakterien transportieren viele
niedermolekulare Substanzen wie Zucker
Kanäle können auch entfaltete Proteine transportieren.
Kanalartige Strukturen dienen auch als hydrophile Zugangskanäle zu Bindestellen aktiver
Transporter (Pumpen) innerhalb der Membran oder stellen den Ausgang in die
gegenüberliegende wässrige Phase dar. Dies gilt für Na,K-Pumpe sowie Bakteriorhodopsin.
Grundsätzliches Bauprinzip: hydrophobes Äußeres, Hydrophiler Kanalinnenraum (z.B. Gramicidin A).
Die Außenmembranproteine gramnegativer Bakterien sind aus β-Faltblattstrukturen aufgebaut,
während die Ionenkanäle erregbarer Membranen aus α-helikalen Elementen bestehen.
TolC besteht aus einem Porin-artigen Kanal aus einem β-Fass in der äußeren Membran von
gramnegativen Bakterien. An diesen Kanal schließt sich ein α-helikaler Tunnel an, der den
periplasmatischen Raum zwischen äußerer Membran und zytoplasmatischer Membran der Bakterien
überbrückt. Hier sind demnach beide Grundstrukturen vorhanden. TolC entspricht einem Zylinder
mit 3,5 nm Durchmeser, durch den verschiedene Moleküle, auch Proteine transportiert werden
können.
Die Ionenkanäle der Plasmamembran tierischer Zellen weisen einen erheblich geringeren
Durchmesser (Zehntel nm) auf, wodurch zwischen Ionen verschiedener Durchmesser oder Ladungen
unterschieden werden kann (Ionenselektivität). Der Selektivitätsfilter kann mehr oder weniger
ausgeprägt sein. Na+-Kanäle haben für Na+ eine 1000mal höhere Leitfähigkeit als für K+.
Spannungsabhängige Ionenkanäle bestehen aus vier Untereinheiten, die identisch (K+-Kanal) oder
verschieden (Na+-Kanal) sein können. Jede Untereinheit besteht aus sechs transmembranen
α-Helices (S1-S6). Die Helix S4 trägt eine Reihe positiver Ladungen und ist für die
Spannungsabhängige Steuerung der Kanäle verantwortlich. Zwischen S5 und S6 befindet sich eine
ausgeprägte Schleife, die den Kanaleingang (von der Außenseite her gesehen) bildet. Durch
Zusammenlagerung der vier Untereinheiten entsteht ein Kanal, der durch S5 und S6 gebildet wird,
mit der Eingangsstelle im Bereich der vier Schleifen, welche für die Ionenselektivität verantwortlich
sind. An eine zytosolische Domäne (T1) jeder Untereinheit ist über eine flexible Kette eine
kugelförmige Struktur geknüpft. Diese dringt in den Kanal ein und blockiert/inaktiviert ihn auf diese
Weise.
Teil 3: Membranbiophysik am MPI (BPC2-Praktikum)
Bakteriorhodopsin (BR)
Struktur und Funktion
Bei BR handelt es sich um ein integrales Membranprotein, das 75 Massenprozent der
Purpurmembran (bis zu 5 µm große Membran-Bereiche) des halophilen Bakteriums Halobacterium
salinarium ausmacht. BR-Moleküle sind in Trimeren organisiert und in der Purpurmembran in einem
kristallinen hexagonalen Gitter angeordnet. BR stellt daher ein sehr gutes Modellprotein dar, weil es
aufgrund seiner Häufigkeit sehr leicht zu isolieren und außerdem sehr resistent gegen
Umwelteinflüsse (hohe Stabilität und Langlebigkeit) ist. BR fungiert als zellauswärtsgerichtete
lichtgetriebene Protonenpumpe, die in vivo die Erzeugung eines elektrochemischen Gradienten
bewirkt, aus dem direkt ATP gewonnen werden kann (außerdem dient der Gradient zur Phototaxis sowie zur
+
+
+
Aufrechterhaltung eines niedrigen intrazellulären Na -Pools über den Na /H -Antiporter). Halobacterium salinarium
zeigt damit eine sehr spezielle Form der Photosynthese, die in Sauerstoff-armen Milieus die ATPProduktion über die Atmungskette unterstützen und ersetzen kann.
Das Protein besteht aus 248 Aminosäuren (26 kDa), die in 7 nahezu parallelen α-Helices angeordnet
sind und eine Pore innerhalb der Membran bilden. Die Pore beinhaltet ein zentrales, über eine
Schiffsche Base an die ε-NH2-Gruppe von Lys216 kovalent gebundenes Retinalmolekül. Retinal ist
für die Purpur-Farbe des Bakteriums verantwortlich und ein Derivat des Vitamin A. Es kann unter
physiologischen Bedingungen sowohl in all-trans, als auch in 13-cis Konfiguration vorliegen. Der
Übergang von all-trans zu 13-cis erfolgt unter Lichteinwirkung, während die Reisomerisierung ein
Prozess der thermischen Relaxation darstellt.
Der Photozyklus von BR
(1) 𝑩𝑩𝑩𝑩 → 𝑩𝑩𝑹𝑹∗: Durch Absorption eines Photons der Wellenlänge 568 nm erfolgt ein Übergang
vom BR Grundzustand zum photokativierten angeregten Zustand BR* innerhalb von 200 fs.
BR* fällt nur über thermische Relaxation in den elektronischen Grundzustand zurück,
entweder direkt oder unter Durchlaufen des Photozyklus (Dauer: ~10 ms bei 22°C).
(2) 𝑩𝑩𝑹𝑹∗ → 𝑱𝑱: Der Photozyklus beginnt mit der Isomerisierung am C13-Atom des Retinals: Der
protonierte all-trans Zustand des Retinals geht innerhalb von 500 fs in den protonierten
13-cis Zustand über.
(3) 𝑱𝑱 → 𝑲𝑲 → 𝑳𝑳 → 𝑴𝑴: Es folgen drei weitere schnelle Übergänge, bis der M Zustand gebildet ist.
Während des Übergangs von L nach M innerhalb von 50 µs wird das Proton der Schiff-Base
an den primären Protonenakzeptor Asp85 weiter gegeben. Von dort wird das Proton über
weitere Bindestellen im Protein an die extrazelluläre Seite der Membran weiter gereicht.
(4) 𝑴𝑴 → 𝑵𝑵: Retinal ist im M-Zustand also deprotoniert, jedoch immernoch in 13-cisKonfiguration. Der Zerfall des M-Komplexes in den Zustand N, welcher mit der Aufnahme
eines Protons vom primären Protonendonor Asp96 und somit mit der Reprotonierung der
Schiff-Base verbunden ist, dauert mit 3 ms relativ lange. Der Protonendonor erhält sein
Proton über mehrere Proton-Bindestellen im Protein letztlich aus der intrazellulären Seite
der Membran.
(5) 𝑵𝑵 → 𝑶𝑶 → 𝑩𝑩𝑩𝑩: Über die Reisomerisierung des Retinals von 13-cis zu all-trans während des
N-Zerfalls innerhalb einer ms, erfolgt nach weiteren 5 ms über den Zustand O die
Wiederherstellung des BR Grundzustandes.
BR-Zustand
L-Zerfall: Asp85Protonierung
M-Zerfall: Asp96Deprotonierung +
Asp85-Deprotonierung
N-Zustand: Asp96Reprotonierung
Je Zyklus wird ein Proton von der intrazellulären Seite der Membran auf die extrazelluläre Seite
transportiert, wobei das in Zyklus 1 zur Reprotonierung der Schiff Base verwendete Proton erst in
Zyklus 2 die extrazelluläre Seite erreicht. Der Protonendonor Asp96 ist näher an der intrazellulären
Seite gelegen, während sich der Protonenakzeptor Asp85 an der extrazellulären Seite befindet. Die
verschiedenen Affinitäten der Protonen-Donoren und –Akzeptoren werden über zeitlich
veränderte pK-Werte der Schiffschen Basen und Carboxylgruppen aufgrund von
Konformationsveränderungen moduliert.
Da die verschiedenen Zustände im Photozyklus unterschiedliche Konformationen aufweisen,
resultieren auch unterschiedliche Absorptionsmaxima. Durch Absorption von Licht dieser speziellen
Wellenlängen, relaxiert das System sofort in den photoaktivierten Grundzustand zurück, wodurch
das Proton zu einer gewissen Wahrscheinlichkeit nicht seinen Bestimmungsort erreicht (je nachdem
welcher Zustand im Zyklus angeregt wird).
BR-Mutante D96N
Es existiert eine BR-Mutante, bei der der primäre Protonendonor Asp96 durch ein Asparagin ersetzt
ist. Diese Mutante zeigt eine erheblich reduzierte Protonentransportaktivität. Da das Protein im
Grundzustand protoniert im all-trans Zustand vorliegt und ebenso wie der Wildtyp photoaktivierbar
ist, gelangt die BR-Mutante in den L-Zustand und von dort durch schnelle Deprotonierung in den
M-Zustand. Der M-Zerfall, welcher mit einer Reprotonierung der Schiff-Base verbunden ist, ist jedoch
erheblich erschwert, da der Protonendonor Asp96 nicht vorhanden ist. Daher zeigt der M-Zustand
der Mutante eine wesentlich höhere Lebensdauer als im Wildtyp Protein.
BLM
Experimentelles Setup
Die BLM (black lipid membrane) ist eine Methode Membranproteine elektrophysiologisch zu
charakterisieren. Dazu wird eine spezielle Küvette aus Teflon, die zwei Kammern, verbunden über
eine bimolekulare Membran innerhalb eines Septums enthält, mit einem Elektrolyt-Puffer gefüllt. Die
zwei Kammern sind wiederum über Salzbrücken aus Agar mit den Elektroden verbunden.
Wird über die Öffnung in der Trennwand
(Septum) der Teflon-Kammer eine Lösung von
Lipid, das in einer organischen Substanz gelöst
ist, gestrichen, so bildet sich zunächst eine dicke
Flüssigkeitslamelle. Nach einigen Minuten fließt
überflüssiges Lösungsmittel und Lipid zum Rand
des Septums ab. Durch Selbstorganisation
bildet sich dabei eine Lipid-Doppelschicht aus.
Das Septum, welche die beiden Kammern verbindet wird zunächst mit dem Lipid DiphytanoylPhosphatidylcholin (PC; 0,5% w/v in Hexan) imprägniert, anschließend wird die Elektrolytlösung in
die Kammern gegeben (100 mM NaCl, 20 mM HEPES, pH=7,3), ein Rührfisch in die Kammern
eingesetzt und das Septum mit PC (1,5% w/v in Decan) und zusätzlich Octadecylamin (PC/Octa 60/1
w/w) versetzt, wodurch die zwei Kammern nun über eine bimolekulare Lipidmembran getrennt sind.
Während das aufgegebene Lipid-Lösungsmittelgemisch bei Beleuchtung mit weißem Licht anfangs
durch Reflexion und Interferenzeffekte an der Lösungsmittel-Lipidmultischicht in allen Spektralfarben
schillert, so erscheint die anschließend entstehende Lipiddoppelschicht schwarz, da aufgrund ihrer
Dicke von nur 4 – 6 nm eine destruktive Interferenz auftritt.
Zur Überprüfung der Membran-Güte werden Leitfähigkeit und Kapazität der Membran gemessen.
Eine hohe Leitfähigkeit deutet darauf hin, dass die Membran durchlässig für Ionen ist. Dies sollte bei
der Messung der Aktivität einer Protonenpumpe verhindert werden.
Die Zugabe von BR erfolgt über das lichtabgewandte Kompartiment. BR wird in Form von
Membranfragmenten der Purpurmembran in die Lösung gegeben, die sich an die BLM anlagern.
Damit stehen zwei Lipiddoppelschichten in Kontakt (selbstgezogene BLM und Protein-haltiges
Membranfragment), die über eine dünne Lösungsmittelschicht getrennt sind. Nach 30 Minuten
rühren sollten sich die Membranen am Septum zusammengelagert haben. Der Versuchsaufbau ist
damit vollständig. Die Anlagerung von BR an die BLM findet so statt, dass die Protonen von der
Küvettenkammer in das Lumen zwischen den beiden bimolekularen Lipiddoppelschichten
transportiert werden.
Indem BR nun über Licht der Wellenlänge 568 nm angeregt wird, erfolgt die Induktion des
Photozyklus und der Transport von Protonen, wodurch sich das elektrische Potential über die
Membran verändert, was über die Elektroden detektiert wird.
Berechnung der spezifischen Kapazität, Leitfähigkeit und Dicke der planaren Lipidmembran
Nachdem die bimolekulare Lipidmembran auf das Septum der BLM-Küvette aufgezogen wurde,
erfolgt die Messung der Kapazität und Leitfähigkeit.
Die Kapazität (gespeicherte Ladung Q pro angelegte Spannung U) kann durch Anlegen einer
Dreiecksspannung (𝑈𝑈 = 20 𝑚𝑚𝑚𝑚, ∆𝑡𝑡 = 1𝑠𝑠) ermittelt werden. Dabei resultierte eine Stromdifferenz
von ∆𝐼𝐼 = 25𝑝𝑝𝑝𝑝 zwischen Maximum und Minimum im Intervall von einer Sekunde. Über folgende
Gleichung wurde die Kapazität berechnet.
𝐶𝐶 =
𝑄𝑄 ∆𝐼𝐼 ∙ ∆𝑡𝑡 25 ∙ 10−12 𝐴𝐴 ∙ 1𝑠𝑠
=
=
= 1,25𝑛𝑛𝑛𝑛
𝑈𝑈
𝑈𝑈
20 ∙ 10−3 𝑉𝑉
Zur Messung der Leitfähigkeit wurde eine konstante Spannung von 𝑈𝑈 = 30𝑚𝑚𝑚𝑚 angelegt. Dabei
resultierte ein Peakstrom von 𝐼𝐼 = 1,7𝑝𝑝𝑝𝑝. Die Leitfähigkeit ist definiert als der Kehrwert des
Widerstandes R: Es ergibt sich demnach
𝐺𝐺 =
𝑈𝑈 [𝑉𝑉]
Angelegte Spannung
𝐼𝐼 1,7 ∙ 10−12 𝐴𝐴
=
= 56𝑝𝑝𝑝𝑝
𝑈𝑈
30 ∙ 10−3 𝑉𝑉
𝑈𝑈 [𝑉𝑉]
Angelegte Spannung
∆𝑡𝑡 = 1𝑠𝑠
30 mV Rechteckspannung
20 mV Dreieckspannung
𝑡𝑡 [𝑠𝑠]
𝑄𝑄 [𝑉𝑉]
Ladung am Kondensator
𝑡𝑡 [𝑠𝑠]
Ableitung
Stromantwort
𝑡𝑡 [𝑠𝑠]
-10 mV
𝑄𝑄 [𝑉𝑉]
Ladung am Kondensator
𝐼𝐼 [𝐴𝐴] = 𝑑𝑑𝑑𝑑/𝑑𝑑𝑑𝑑
+10 mV
𝐼𝐼 = 1,7𝑝𝑝𝑝𝑝
𝑡𝑡 [𝑠𝑠]
𝐼𝐼 [𝐴𝐴] = 𝑑𝑑𝑑𝑑/𝑑𝑑𝑑𝑑
Stromantwort
𝐼𝐼 = 25𝑝𝑝𝑝𝑝
𝑡𝑡 [𝑠𝑠]
Messung der Leitfähigkeit
Messung der Kapazität
Die spezifische Leitfähigkeit und Kapazität kann unter Berücksichtigung der Membranfläche erhalten
werden. Die Membranfläche entspricht der Fläche der Küvettenpore von 1𝑚𝑚𝑚𝑚2
𝐺𝐺𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠 =
𝐶𝐶𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠 =
𝐺𝐺 56 ∙ 10−12 𝑆𝑆
𝑆𝑆
=
= 5,6 ∙ 10−9
2
𝐴𝐴
0,01𝑐𝑐𝑐𝑐
𝑐𝑐𝑐𝑐2
𝐶𝐶 1,25 ∙ 10−9 𝐹𝐹
𝐹𝐹
=
= 1,25 ∙ 10−7
2
𝐴𝐴
0,01𝑐𝑐𝑐𝑐
𝑐𝑐𝑐𝑐2
Die Membrandicke 𝒅𝒅 lässt sich mithilfe der Annahme, dass es sich bei der Membran um einen
Kondensator handelt, berechnen. Dann entspricht die Membrandicke dem Abstand zwischen den
Kondensatorplatten 𝑑𝑑. Die Berechnung erfolgt über die Kapazitätsformel, wobei die
Dielektrizitätskonstante im hydrophoben Innenbereich der Membran 𝜀𝜀 = 2 beträgt und die Fläche 𝐴𝐴
wieder der Fläche der Küvettenpore von 1𝑚𝑚𝑚𝑚2 entspricht.
𝐶𝐶 = 𝜀𝜀𝜀𝜀0
10−6 𝑚𝑚2
𝐴𝐴
𝐴𝐴
𝐴𝐴𝐴𝐴
⟺ 𝑑𝑑 = 𝜀𝜀𝜀𝜀0 = 2 ∙ 8,8542 ∙ 10−12
∙
= 1,417 ∙ 10−8 𝑚𝑚 = 14𝑛𝑛𝑛𝑛
𝑑𝑑
𝐶𝐶
𝑉𝑉𝑉𝑉 1,25 ∙ 10−9 𝐹𝐹
Erklärung des zeitlichen Verlaufs des transienten Stroms und des Ersatzschaltbildes
Die bimolekulare Membran am Septum der BLM-Küvette trennt zwei Puffer-Lösungen, die über eine
Salzbrücke aus Agar mit den Elektroden verbunden sind. Die Membran hat eine für sich
charakteristische Leitfähigkeit und Kapazität, die im Ersatzschaltbild als RC-Parallelschaltung
eingezeichnet ist.
Der durch die Anordnung fließende Strom 𝑰𝑰 ist demnach die Summe der Ströme durch den
Widerstand 𝑰𝑰𝑹𝑹 und den Kondensator 𝑰𝑰𝑪𝑪 . Dabei ist der ohmsche Strom der momentanen Spannung
an der Membran proportional, während der kapazititve Strom dem zeitlichen Spannungsgradienten
folgt.
𝐼𝐼 = 𝐼𝐼𝑅𝑅 + 𝐼𝐼𝐶𝐶 =
𝑈𝑈
𝑑𝑑𝑑𝑑
+ 𝐶𝐶
𝑅𝑅
𝑑𝑑𝑑𝑑
Berücksichtigt man die Anlagerung der BR-haltigen Purpurmembran, liegt eine Reihenschaltung
zweier RC-Parallelschaltungen vor. Zusätzlich muss im zweiten RC-Glied noch BR als Stromgenerator
berücksichtigt werden, sodass für den Gesamststrom gilt: 𝐼𝐼 = 𝐼𝐼𝑅𝑅 + 𝐼𝐼𝐶𝐶 + 𝐼𝐼𝑃𝑃 . Der entsprechende
Schaltkreis ist dann identisch zu dem einer SSM.
Oben: Ersatzschaltbild BLM ohne
Purpurmembran (Spannungsquelle zur
Messung von C und G der BLM)
Links: Ersatzschaltbild BLM mit
Purpurmembran (keine Spannungsquelle, da
Stromfluss durch BR über Licht angeregt wird)
Da BR eine Protonen-Pumpe darstellt ist hier die Stromquelle 𝐼𝐼𝑃𝑃 parallel zum RC-Glied der
Purpurmembran zu zeichnen. Der BR-induzierte Strom (Protonen-Fluss) beeinflusst die Leitfähigkeit
der Membran. Die Stromquelle (BR) und die damit verbundene Leitfähigkeitsänderung der Membran
ist Licht-abhängig (Photoinduzierbarkeit von BR).
Die Begrenzung der Zeitauflösung erfolgt über die Anstiegszeit des Stromverstärkers (im µs-Bereich)
und dem Zugriffswiderstand über Elektrolyt und Elektroden (letztere wurden hier vernachlässigt).
Messprinzip: Kapazitive Kopplung
Erklärung des Prinzips anhand der BLM bzw. SSM:
(1) Zum Zeitpunkt 𝒕𝒕 = 𝟎𝟎 ist das Membranpotential bei einem relativ niedrigen Wert (kein
elektrischer Gradient über die Membran) im Gleichgewicht (stationärer Strom).
(2) Durch Belichtung bei 𝒕𝒕 = 𝟏𝟏 werden Protonen in den Raum zwischen Purpurmembran und
BLM (Abbildung: in das Proteoliposom) gepumpt. Die positive Ladung des Lumens führt durch
kapazitive Kopplung zu einem Fluss negativer Ladung durch den äußeren Stromkreis inklusive
Strommessgerät und Elektrode in Richtung der BLM innerhalb der anderen Elektrolytkammer
(Abbildung: in Richtung Goldschicht).
(3) Bei 𝒕𝒕 = 𝟐𝟐 diffundieren Protonen aufgrund des elektrochemischen Potentials durch die
Membran zurück in die Elektrolytlösung, wodurch der Nettotransport gleich null wird und
das Membranpotential sein Maximum erreicht hat. Damit wird auch der messbare
Stromfluss gleich null (Ladungsausgleich ist beendet).
(4) Bei 𝒕𝒕 = 𝟑𝟑 wird das Licht ausgeschaltet, wodurch kein Protonenimport mehr stattfindet. Das
Membranpotential nimmt durch Diffusion der Protonen aus dem Lumen bzw. Liposom ab.
Die negativen Ladungen auf der anderen Seite der BLM bzw. in der Goldschicht wandern
zurück; die Stromrichtung kehrt sich um.
Kapazitive Kopplung bedeutet, dass die Aufladung des einen Membrankondensators
(Purpurmembran) mit der Aufladung des anderen Membrankondensators (BLM) gekoppelt ist und
erst diese Kopplung zu dem gemessenen Stromfluss über den äußeren Stromkreis führt.
Der durch konstante Belichtung für 2 Sekunden induzierte, gemessene Strom ist damit transient
(Ursache ist die kapazitive Kopplung); stationäre, also konstante Ströme (entspricht Vergrößerung der
Leak-Ströme) können über die Inkorporation von Ionophoren in die BLM und die Purpurmembran
erhalten werden (Zugabe in beide Elektrolytkammern). Dabei müssen die Ionophore permeabel für
die Ionen sein, die durch die Proteine im BLM-adhärierten Membranfragment transportiert werden
(in diesem Fall: H+-Ionophore). Es wird somit ein kontinuierlicher Fluss von Ladung ermöglicht (BLM
ist keine Barriere mehr für Ionenfluss).
Zeitlicher Verlauf des Stromsignals
Die gemessenen transienten Ströme sind kapazitive Ströme, die allein durch die kapazitive Kopplung
zwischen Purpurmembran und BLM möglich sind.
Das Stromsignal nach Einschaltung des Lichts besteht aus zwei exponentiellen Kurven, die durch zwei
Zeitkonstanten beschrieben werden. Die sehr schnelle Zeitkonstante 𝝉𝝉𝟏𝟏 beschreibt den Anstieg bis
zum Erreichen des Peakstroms. Ursache ist die sich anfangs beschleunigende ProtonenTransportgeschwindigkeit, die mit einem hohen Elektronenfluss durch das Strommessgerät aufgrund
der kapazitiven Kopplung verbunden ist. Die Größe des Peakstroms ist abhängig von der PumpLeistung von BR und von den Leakströmen.
Die erheblich langsamere Zeitkonstanten 𝝉𝝉𝟐𝟐 (Abklingkonstante) beschreibt den Abfall des Signals bis
zum Erreichen des konstanten Membranpotentials. Ursache ist der langsamer werdende Anstieg
der Protonenkonzentration (Abbremsung der Protonen-Transportgeschwindigkeit) im Lumen
zwischen BLM und Purpurmembran (aufgrund niedrigerer Pump-Leistung sowie die Diffusion der Protonen zurück
in die Elektrolytlösung) und der damit verbundene geringere kapazitive Stromfluss. Im GG sollte dann der
kapazitive Stromfluss gleich null sein, da die Ionenkonzentrationen an der BLM und im Lumen
zwischen Purpurmembran und BLM konstant sind. Tatsächlich stellt sich aber ein stationärer
Stromfluss ein: Es handelt sich um einen Leakstrom aufgrund von Löcher innerhalb der BLM und der
Purpurmembran, wodurch der Stromkreis „geschlossen“ ist und ein kontinuierlicher Stromfluss
ermöglicht wird. Diese Zeitkonstante wird auch RC-Zeit genannt, da sie direkt und ausschließlich von
den Membran-Eigenschaften (Widerstand, Kapazität) abhängig ist. Die Abklingkonstante ist
gegeben durch (𝑈𝑈 ist eine Konstante mit der Einheit einer Spannung):
𝜏𝜏2 = 𝑅𝑅𝐺𝐺𝐺𝐺𝐺𝐺 ∙ 𝐶𝐶𝐺𝐺𝐺𝐺𝐺𝐺 =
𝐶𝐶𝑚𝑚 + 𝐶𝐶𝑝𝑝
𝐶𝐶𝐺𝐺𝐺𝐺𝐺𝐺
=
𝐺𝐺𝐺𝐺𝐺𝐺𝐺𝐺 𝐺𝐺𝑚𝑚 + 𝐺𝐺𝑝𝑝 + 𝐼𝐼𝑝𝑝 ⁄𝑈𝑈
Leakstrom
exponentieller
Signalanstieg
mit
Belichtung Start
exponentieller
Signalabfall
mit
Baseline
Peakstrom
Belichtung Ende
BR kann maximal einen Protonengradienten von vier pH-Einheiten erzeugen, wonach sich ein
Gleichgewicht zwischen Protonenfluss nach außen durch Löcher innerhalb der Membran
(Leakströme) und Protonenfluss nach Innen durch die Aktivität von BR, eingestellt hat. Besitzt die
Membran (idealerweise) eine Leitfähigkeit von null (keine Leakströme), so nähert sich das
abklingende Signal der Baseline an. Liegt eine relevante Leitfähigkeit vor, so liegt die Asymptote des
abklingenden Signals tiefer als die Baseline, da der Leakstrom (unter Annahme der Langzeitstabilität der BLM)
konstant ist, und daher im Gleichgewicht auch eine konstante Menge Protonen pro Zeit durch BR ins
Lumen gepumpt wird. Die Messungen werden verfälscht, wenn die Membran instabil ist, da dies
einer Erhöhung des Leakstroms mit der Zeit entspricht (Daten nicht mehr vergleichbar).
Die Richtung des Peakstroms (positiv oder negativ) ist von der Polung der Spannungsquelle abhängig. Elektronen
fließen immer von der Kammer mit Protein-haltigem Membranfragment zur Kammer mit der BLM. „Springen“ sie
dabei über die Spannungsquelle von + nach – resultiert ein negativer Peak-Strom. „Springen“ sie von – nach +,
was der natürlichen Richtung der negativ geladenen Elektronen entspricht, resultiert ein positiver Peakstrom (evtl.
umgekehrt, da technische Stromrichtung der Wanderung positiver Ladung entspricht).
Flash Photolyse
Die Flash-Photolyse (Laserblitzlichtphotolyse = LFP) beruht auf der Messung der optischen Dichte
(OD, Absorption) in Abhängigkeit von der Zeit und ist eine Methode um die Kinetik reaktiver
Zwischenprodukte, die durch einen Laserpuls erzeugt werden, zu untersuchen (Laser hier: 580 nm, zur
Anregung des BR-Grundzustandes und Induktion des Photozyklus). Bei der Messung der OD liegen einige
Messpunkte zeitlich vor dem Auftreffen des Laserstrahls auf die Probe, wonach die
Photolyseprodukte erzeugt werden. Nach dem Laserpuls ändert sich die OD sofort, da in der
Analysezelle eine veränderte Produktzusammensetzung vorliegt. Reaktive Zwischenprodukte setzen
sich in Abhängigkeit von ihrer Lebensdauer 𝛕𝛕 unterschiedlich schnell in weitere Produkte um. Diese
Prozesse lassen sich in der zeitlichen Veränderung der 𝐎𝐎𝐎𝐎 beobachten. Im Experiment wird eine
Kurve erhalten, welche die Zeit 𝑡𝑡 gegen die 𝑂𝑂𝑂𝑂(𝜆𝜆, 𝑡𝑡) bei einer bestimmten Wellenlänge darstellt
(diese Auftragung wird als Transientenspur bezeichnet). Außerdem können Transientenspektren
erhalten werden, wenn dieselbe Messung bei verschiedenen Wellenlängen durchgeführt wurde und
die Differenz der OD bei konstanten Zeitpunkten gegen die einzelnen Wellenlängen aufgetragen
werden.
Über die Transientenspur kann die Lebensdauer des entsprechenden Intermediats bestimmt
werden, indem die erhaltene Kurve über eine Kinetik erster Ordnung, d.h. über [𝑨𝑨]𝟎𝟎 = [𝑨𝑨]𝒕𝒕 𝒆𝒆−𝒌𝒌𝒌𝒌
durch ein Computerprogramm gefittet wird. Die Lebensdauer 𝜏𝜏 des Intermediats ist dann genau die
Zeitspanne, in der seine Konzentration auf 1/𝑒𝑒 seiner Ursprungskonzentration abgefallen ist. Aus den
vom Computerprogramm erhaltenen Parametern lässt sich damit die Lebensdauer berechnen.
Apparativer Aufbau
Beim LFP-Experiment strahlt der Laser
orthogonal zur optischen Bank ein, sodass so
wenig wie möglich Laserstrahlen den Detektor
erreichen. Der Brennpunkt des Lasers liegt vor
der Probe, sodass die Probe gleichmäßig
angeregt werden kann. Der Strahlengang des
Lasers kann durch einen Shutter unterbrochen
werden. Als Analyselicht wird eine
Xenonlampe verwendet, deren Brennpunkt
innerhalb der Probe liegt. Durch spezifische
Filter können die benötigten Wellenlängen
selektiv eingestrahlt werden, um bestimmte
Intermediate innerhalb der Probe zu
detektieren. Das Analyselicht einer bestimmten
Wellenlänge wird abhängig von der
Zusammensetzung der Probe unterschiedlich
stark absorbiert und gelangt dann direkt zur
Detektionseinheit.
Diese besteht aus einem Monochromator, welcher nur die gewünschte zu detektierende
Wellenlänge durchlässt, einer Photodiode, welche die Photonen detektiert, und einem
Photomultiplier, welcher das Signal verstärkt. Letzterer ist an einem Oszilloskop angeschlossen,
welches das Messsignal visualisiert. Da der Zerfall kurzlebiger Intermediate sehr schnell stattfinden
kann, bedarf es einer zeitlich hohen Auflösung des Detektors im µs-Bereich und relativ kurzen
Pulsdauern im ns-Bereich.
Bei der Flash-Photolyse wurde die BR-Probe auf eine OD von 0,5 verdünnt. Die Verdünnung der zu
vermessenden Probe ist kritisch, da die OD hoch genug sein muss, um einen Effekt zu sehen, aber
nicht zu hoch, da ansonsten das Analyselicht nicht durchstrahlt. Das Messlicht wird einmal auf
421 nm eingestellt, um den M-Zustand zu detektieren und ein weiteres mal auf 562 nm, um den
Grundzustand zu detektieren. Es ist darauf zu achten, dass das Messlicht bei der Detektion des
Grundzustandes nicht der Wellenlänge des Lasers (580 nm zur Anregung des BR-Grundzustandes)
entspricht, da ansonsten auch das an der Probe gestreute Laserlicht detektiert werden kann, was zu
Messfehlern führen würde.
Patch Clamp an Channelrhodopsin
Channelrhodopsine
Channelrhodopsine (ChR) sind eine Protein-Subfamilie der Opsin-Proteine und fungieren als Lichtgesteuerte Ionenkanäle. Sie dienen als sensorische Photorezeptoren in einzelligen Grünalgen und
kontrollieren dort die Phototaxis. In anderen Organismen ermöglichen sie u.a. die Regulation der
intrazellulären Azidität, des Calcium-Einstroms oder des Membranpotentials durch Licht. Es sind
derzeit drei ChR-Proteine bekannt, von denen alle Kationen-Kanäle sind, die Protonen, Natrium,
Kalium und Calcium Ionen transportieren.
•
•
•
ChR1 wurde als selektiver Licht-aktivierter Protonen-Kanal in der Grünalge Chlamydomonas
reinhardtii im Jahr 2002 entdeckt.
ChR2, aus demselben Organismus isoliert, hat im Vergleich zu ChR1 eine zweimal höhere
Lebensdauer des leitenden Zustands, was in höheren stationären Strömen, aber langsamerer
Kinetik resultiert. Es handelt sich bei ChR2 im Gegensatz zum ChR1 um einen unspezifischen
Kationen-Kanal.
Das dritte Channelrhodopsin VChR1 wurde in der multizellulären Alge Volvox entdeckt.
Strukturell sind alle Proteine der Rhodopsin-Familie Retinal-haltige 7-Transmembran Proteine. Das
Chromophor ist im inaktiven Zustand in Form von all-trans-Retinal über eine Schiff-Base an ein Lysin
des Apoproteins verknüpft. Das C-terminale Ende von ChR2 ist in den intrazellulären Raum extendiert
und kann an fluoreszierende Proteine fusioniert werden, ohne die Proteinfunktion zu stören,
wodurch die Morphologie ChR2-exprimierender Zellen visualisiert werden kann. In diesem
Experiment wird ebenso ein Fusionsprodukt exprimiert, um erfolgreiche Transfektionen
nachzuweisen und nur solche Transfektanden mit ausreichend hoher Fluoreszenzintensität mittels
Patch-Clamp zu analysieren.
ChR2 absorbiert blaues Licht am Absorptionsmaximum bei 𝜆𝜆 = 480𝑛𝑛𝑛𝑛, wodurch all-trans-Retinal
zum 13-cis-Retinal umgewandelt wird. Diese Konformationsänderung induziert eine weitere
Konformationsänderung im Protein, wodurch sich die Pore um bis zu 𝟔𝟔Å öffnet. Innerhalb von
millisekunden relaxiert das Retinal zurück in den all-trans-Zustand, wodurch die Pore wieder
geschlossen und der Ionenfluss beendet wird.
Patch Clamp
Die Patch-Clamp Technik ermöglicht kinetische Messungen an Einzelkanälen oder mehreren
Ionenkanälen innerhalb einer Zelle.
Zentrales Element dieser Methode ist eine hitzepolierte Glas-Mikropipette mit einem inneren
Spitzen-Durchmesser von ca. 𝟏𝟏 − 𝟐𝟐 𝝁𝝁𝝁𝝁. Die Pipette ist mit einer wässrigen Elektrolytlösung gefüllt,
die mit einer Ag/AgCl-Elektrode in Kontakt steht und so an eine Spannungsquelle und einen
Stromverstärker angeschlossen ist. So kann das Öffnen/Schließen einzelner Ionenkanäle im
Membranfleck nachgewiesen werden.
Da der außerhalb der Pipette befindliche Teil der Zellmembran aufgrund seiner viel größeren
Fläche einen elektrischen Kurzschluss darstellt, bleibt die Spannung über den Membranfleck
zeitlich konstant, unabhängig vom Öffnen/Schließen von Kanälen. Daher die Bezeichnung patchclamp (am Membranfleck erscheint die Spannung geklemmt). Ein elektrischer Kurzschluss ist eine
nahezu widerstandslose Verbindung zweier Schaltungspunkte mit normalerweise verschiedenem
Potential, wodurch die Spannung zwischen diesen Punkten auf null abfällt; Das Resultat: extremer
Stromfluss zwischen diesen Punkten.
Die Pipettenlösung kann in ihrer Zusammensetzung beliebig verändert werden, sodass die
Ionenkanäle unter verschiedenen Bedingungen untersucht werden können. Die Patch-Pipette wird
mittels Mikromanipulator und inversem Mikroskop direkt über eine Zelle justiert, sodass sich
darunter ein Stück Membran – der Patch oder Membranfleck – befindet. Anschließend wird ein
leichter Unterdruck angelegt, sodass dieser Patch angesaugt wird. Dabei entsteht ein enger Kontakt
zwischen Membrangrenzfläche und Glaswand, der zu einem extrem hohen elektrischen
Abdichtwiderstand 𝑅𝑅𝑎𝑎 ≈ 1010 − 1012 Ω zwischen Pipettenlösung und Badlösung führt. Dieser
Widerstand wird als „gigaohm seal“ oder einfach „gigaseal“ bezeichnet. „Seal“ bezeichnet dabei die
Versiegelung zwischen Membran und Glaspipette. Damit ist die cell-attached Konfiguration der
Patch-Clamp Technik erreicht.
Aufgrund des geringen Durchmessers der Glaselektrode kann davon ausgegangen werden, dass sich
lediglich ein einzelner Ionenkanal innerhalb des Patches befindet. Somit können
Einzelkanalmessungen durchgeführt werden.
Der elektrische Strom durch einen einzelnen Ionenkanal kann durch eine Treppenfunktion dargestellt
werden, die zwischen zwei Zuständen fluktuiert. Aus dem Stromsignal lässt sich die Größe des
Einzelkanalstroms 𝒊𝒊 (Höhe der Treppenstufe) und hieraus die Einzelkanalleitfähigkeit 𝚲𝚲 = 𝒊𝒊/𝑽𝑽 (V ist
angelegte Spannung) ermitteln. Außerdem kann die mittlere Lebensdauer 𝝉𝝉 des offenen
Kanalzustands bestimmt werden (Mittelwert der Breite über alle Treppenstufen). Da EinzelkanalLeitfähigkeiten zwischen 𝟓𝟓𝟓𝟓𝟓𝟓 𝒇𝒇𝒇𝒇 und 𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏 𝒑𝒑𝒑𝒑 liegen, haben sie bei 𝑽𝑽𝒎𝒎 = 𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏 in der Regel
Amplituden von wenigen 𝒑𝒑𝒑𝒑. Eine Stromamplitude von 1pA entspricht einem Durchtritt von
𝒊𝒊/𝒛𝒛𝒛𝒛 = 𝟓𝟓 ∙ 𝟏𝟏𝟏𝟏𝟔𝟔 einwertigen Ionen pro Sekunde. Es können kurzzeitige Kanalöffnungsereignisse von
Dauern herab bis zu 0,1 ms beobachtet werden, was einem Durchtritt von ca. 500 Ionen entspricht.
Damit solche geringen Ströme messbar sind, muss der Abdichtwiderstand sehr hoch sein, weshalb
der Gigaseal essentiell ist. Darüber hinaus sind wegen der geringen Ströme eine gute Abschirmung
der gesamten Messapparatur über einen Faraday-Käfig, sowie einem Schwingungsgedämpften
Messtisch notwendig.
Sollten mehrere Kanäle im Patch vorliegen, ist dies direkt an den Signalamplituden erkennbar
(Abbildung oben: 1 Kanal; unten: 5 Kanäle). In der Summe ergibt sich der makroskopische
Stromverlauf aus einer exponentiell steigenden und einer exponentiell fallenden Kurve (siehe z.B.
auch Aktionspotential).
Die Saugpipetten-Technik liefert neben den Amplituden der Einzelkanalströme Informationen über
das statistische Öffnungs-/Schließungsverhalten von Ionenkanälen. Aus statistischen Parametern
wie die mittlere Offenzeit des Kanals können kinetische Modelle für den Kanal abgeleitet werden. Oft
ist die Annahme von zwei Zuständen (offen und geschlossen) ausreichend. In anderen Fällen müssen
mehrere geschlossene Zustände angenommen werden: 𝐺𝐺1 ⇌ 𝐺𝐺2 ⇌ ⋯ 𝐺𝐺𝑛𝑛 ⇌ 𝑂𝑂
Bei vielen Kanälen ist die Übergangswahrscheinlichkeit zwischen den einzelnen Zuständen von der
Membranspannung abhängig. In anderen Fällen kann sich der Kanal erst infolge einer AktivatorBindung öffnen (z.B. Ca2+, Ach, GABA). Befinden sich 𝑁𝑁 Kanäle mit der Übergangswahrscheinlichkeit 𝑝𝑝
für den Übergang in den offenen Zustand innerhalb der Membran, gilt für den mittleren elektrischen
Strom 𝐼𝐼 durch diese Kanäle: 𝐼𝐼 = 𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁 (𝑖𝑖 ist der elektrische Strom durch den offenen Kanal).
Der Einzelkanalstrom 𝒊𝒊 zeigt meist ein Ohmsches Verhalten. Der makroskopische Strom 𝑰𝑰 kann eine
nicht-lineare Funktion der Membranspannung sein, wenn die Wahrscheinlichkeit des offenen
Zustandes Spannungs-abhängig ist. Interpretation: Dies ist der Grund, weshalb Membranen als
nicht-Ohmscher Widerstand zu betrachten sind.
Es handelt sich bei der in den 1970er Jahren entwickelten Patch Clamp Technik um eine Verfeinerung
der „traditionellen“ Voltage-Clamp Technik, die in den 1940er Jahren entwickelt wurde. Bei letzterer
werden zwei Elektroden in die Zelle gestochen (jeweils eine Referenzelektrode in der Badlösung),
wobei eine dazu dient eine Haltespannung vorzugeben, während die zweite Elektrode die
auftretenden Ströme über die Membran aufzeichnet. Über traditionelles Voltage-Clamp kann nur die
Summe aller Einzelströme durch die Zellmembran gemessen, aber niemals einzelne Anteile
aufgelöst werden.
Im Gegensatz hierzu nutzt die Patch-Clamp Technik nur eine Elektrode zur Messung des
Membranpotentials, sowie eine Referenzelektrode in der Badlösung zur Messung der Sollspannung,
mit der das Membranpotential abgeglichen wird. Sollten Membranpotential und Sollspannung
voneinander abweichen, wird ein Kompensationsstrom durch die Pipettenelektrode in die Zelle
injiziert, sodass die Spannungen wieder gleich sind. Dieser Kompensationsstrom wird letztlich
gemessen und ermöglicht Rückschlüsse über Leitfähigkeiten in der Membran, deren Ursache die
Ionenkanäle darstellen.
Patch-Clamp Verstärker sind meist differentielle Verstärker, welche die Referenz-Elektrode in der
Badlösung nutzen, um den Nullwert des Stroms zu setzen. Dadurch kann die Spannung konstant
gehalten und die Änderungen im Strom durch die Pipettenelektrode gemessen werden (VoltageClamp). Umgekehrt kann auch der Strom konstant gehalten werden und Änderungen in der
Spannung detektiert werden (Current-Clamp).
Die kapazitiven Eigenschaften der Membran müssen bei voltage oder current clamp (gilt auch für
TEVC) nicht berücksichtigt werden, da die Umladungsprozesse mit einer Dauer von ca. 1 ms
deutlich vor den ausgewerteten Stromwerten (300ms-3s nach Beginn einer Spannungsänderung)
abgeschlossen sind.
Anordnungen in der Patch-Clamp Technik
Neben der „Cell-Attached“ Konfiguration können (ausgehend von dieser) weitere Anordnungen
erreicht werden, welche Aufschlüsse über unterschiedliche Charakteristika der untersuchten Zelle
bzw. der exprimierten Ionenkanäle geben. Bei der „cell-attached“ Konfiguration sind die
Zellmembran, sowie das Innere der Zelle intakt. Durch einen erhöhten Unterdruck oder durch kurze
Pulse elektrischer Spannung an der Pipetten-Elektrode kann der Patch geöffnet werden und die
Pipettenlösung steht in direktem Kontakt mit dem Cytoplasma. So kann das Gesamtverhalten aller
Ionenkanäle der betreffenden Zelle untersucht werden. Der Gigaseal bleibt intakt, da Pipette und
Cytoplasma über die Zellmembran und die Glaselektrode von der Badlösung isoliert sind. Diese
Konfiguration wird als „whole-cell“ bezeichnet. Da in dieser Konfiguration die Pipettenlösung das
Innere der Zelle füllt, sollte sie der Zusammensetzung des Cytosols relativ ähnlich sein (Die
Zusammensetzung der Pipettenlösung bleibt dabei nahezu unverändert, da ihr Volumen im Vergleich zum Zellvolumen
wesentlich größer ist. Dadurch läßt sich während der Messungen das intrazelluläre Milieu kontrollieren). Im Praktikum
wird diese Anordnung für alle Versuchsteile verwendet.
Wenn nach Erreichen der „cell-attached“ Konfiguration die Pipette von der Zelle abgezogen wird, löst
sich der Patch von der Zellmembran und bleibt wegen des Unterdrucks an der Pipette hängen.
Dadurch ist die cytoplasmatische Seite der Membran nun der Badlösung zugewandt, während sich
die extrazelluläre Membranseite innerhalb der Pipette befindet. Es handelt sich dabei um die
„inside-out“ Konfiguration. Sie ermöglicht wie die „cell-attached“ Konfiguration die Messung
einzelner Ionenkanäle, wobei zusätzlich das Milieu der cytoplasmatischen Seite der Membran über
die Zusammensetzung der Badlösung manipuliert werden kann. Simuliert die Pipettenlösung das
Extrazelluläre Medium kann die Ionenkanal-Aktivität in Abhängigkeit von der Badlösung (Simulation
des Cytosols) untersucht werden.
Ausgehend von der „whole-cell“ Konfiguration kann ebenso
die Pipette von der Zelle abgezogen werden, wodurch sich
ein Teil der Membran von der Zelle löst, sich nach Innen
umstülpt und durch Assemblierung der Lipide einen neuen
Patch an der Pipettenspitze bildet. Dadurch befinden sich
die cytoplasmatische Seite der Membran zur
Pipettenlösung und die extrazelluläre Seite hin zur
Badlösung gerichtet. Es handelt sich um die „outside-out“
Konfiguration, in der das Milieu des extrazellulären Raums
über die Badlösung moduliert werden kann, während das
cytosolische Milieu über die Pipettenlösung erhalten bleibt.
Inside-out und outside-out Konfigurationen werden auch
als Excised Patch bezeichnet, da der Membranfleck
mitsamt Pipette durch Abziehen von der Zelle entfernt
wird.
Der Patch-Clamp Verstärker
Zum Einstellen des Membranpotentials auf einen beliebigen, konstanten Wert wird ein
Rückkopplungsmechanismus ausgenutzt, bei dem das membranpotential gemessen und mit dem
gewünschten Wert (Kommandospannung, Sollspannung) verglichen wird. Unterscheiden sich
Sollspannung und Membranpotential, so fließt ein Strom über die Zellmembran. Dadurch wird ein
Regler aktiviert, der einen entgegengesetzten Strom in die Zelle injiziert. Diesen Kompensationsstrom
kann man messen und dadurch die Leitfähigkeit der Zellmembran berechnen.
Wichtige Komponenten des Schaltbildes sind der sogenannte Operationsverstärker (OPA, ope- ration amplifier)
und ein Rückkopplungswiderstand R (f = feedback). Der OPA besitzt zwei Eingänge: Am Minus-Eingang (Punkt1 in
f
Abbildung 8) liegt die Spannung der Pipette (U ) an. Am anderen Eingang wird über ein Kabel die Sollspannung
U
soll
pip
von der Steuereinheit des Verstärkers eingespeist. Weichen Pipettenpotential und Kontrollspannung
voneinander ab, so liefert der OPA am Ausgang eine Spannung, die proportional zur Differenz der beiden
Eingangsspannungen, aber verstärkt ist. Daher herrscht zu diesem Zeitpunkt eine unterschiedliche Spannung
zwischen Punkt 1 und Punkt 2, so daß ein Strom durch den Rückkopplungswiderstand fließt. An R entsteht
f
dadurch eine Spannung, die proportional zum Strom ist. Dies ergibt sich aus dem Ohm´schen Gesetz (𝑈𝑈𝑓𝑓 = 𝑅𝑅𝑓𝑓 ×
𝐼𝐼).
Der Operationsverstärker besitzt einen sehr hohen Eingangswiderstand (ca. 10^12 Ω), so daß der Strom nicht in
den OPA fließen kann, sondern ausschließlich in die Pipette fließt. Der Strom ändert das Potential an Punkt 1, also
U , und fließt so lange bis kein Unterschied zwischen den beiden Eingängen besteht, d.h. bis sich das
pip
Pipettenpotential dem Kommandopo- tential angeglichen hat. Somit gleicht die Schaltung Differenzen zwischen
Pipettenpotential und Sollspannung aus, wobei an R eine Spannung erzeugt wird, die dem in die Zelle applizierten
f
Strom proportional ist. Bei dem Schaltkreis handelt es sich daher um einen Strom-Spannungs- Wandler.
Der Ausgleich zwischen Pipetten- und Kommandopotential erfolgt so schnell, daß beide Werte zu jedem Zeitpunkt
identisch sind. Die Ausgangsspannung wird zur Steuereinheit fortgeleitet und kann von dort ausgelesen und in
den Strom (abhängig von R ) umgerechnet werden. Eigentlich addiert sich zur Ausgangsspannung auch noch die
f
Sollspannung, doch diese wird durch einen Differenzverstärker wieder abgezogen.
Die bisherige Darstellung des Rückkopllungswiderstands R stellt allerdings eine Idealisierung dar. 𝑅𝑅𝑓𝑓 ist kein reiner
f
Ohm´scher Widerstand, sondern besitzt auch kapazitive Eigenschaften. Bei jedem Spannungssprung fließen
zunächst Ladungen auf die Oberfläche des Widerstandes, um ihn umzuladen. Diese Eigenschaft ist bedeutsam für
die Messung, weil bei jeder Änderung der Spannung Zeit für das Umladen des Kondensators verloren geht, so daß
schnell veränder- liche Signale, z.B. senkrecht ansteigende Signale von Einzelkanalströmen, verzögert werden. Der
Verstärker enthält Korrekturschaltkreise, die ein dem Kondensator umgekehrtes Fre- quenzverhalten aufweisen,
wodurch die Verluste ausgelöscht und die Antwortzeit auf wenige Mikrosekunden herabgesetzt wird.
Messung der spezifischen Membrankapazitäten
Zunächst müssen die spezifischen Kapazitäten der Patch-Pipette gemessen werden (patchen eines
Öl-Tropfens). Zwecks Vergleich wird auch die spezifische Kapazität der verwendeten Zellen ohne
Chr2-Expression bestimmt, um den Einfluss von Chr2 auf die Kapazität zu bestimmen. Außerdem
werden die Kapazitäten zwecks Vergleichs auf die Zellgröße geeicht.
Dazu wurden die Ladungen 𝑄𝑄 = ∆𝐼𝐼 ∙ ∆𝑡𝑡 gemessen, die bei bestimmten Haltepotentialen über die
Membran übertragen wurden. Die Messung erfolgt bei unterschiedlichen Haltepotentialen zwischen
-140 mV und +40 mV, welche über die Badelektrode in 20 mV-Schritten hochreguliert wurden.
Anschließend wird die Kapazität 𝐶𝐶 = 𝑄𝑄/𝑈𝑈 für die einzelnen Haltespannungen U berechnet. Die nicht
Chr2-exprimierenden Zellen zeigen sehr konstante Membrankapazitäten für alle Haltespannungen.
Im Mittelwert war die Membrankapazität der Chr2-exprimierenden Zellen größer. Durch Einbau
zusätzlicher Proteine in die Membran wird eine Erhöhung der Dielektrizitätskonstanten von 𝜀𝜀 = 2
(reine Lipidmembran) erwartet, weshalb die Kapazität 𝐶𝐶 = 𝜀𝜀0 𝜀𝜀 ∙ 𝐴𝐴/𝑑𝑑 gestiegen ist.
Verlauf des Stromsignals
(1) Der vor der ChR2-Aktivierung gemessene Strom ist der Leckstrom. Er entsteht durch den
Ladungsfluss über die Membran durch andere Kanäle, Transporter oder Lecks innerhalb der
Membran.
(2) Direkt nach der Aktivierung des Kanals werden alle Kanäle gleichzeitig aus dem inaktiven
Zustand in den aktiven Zustand überführt, wodurch der maximale Ladungstransport und
somit der Peakstrom erreicht wird.
(3) Da sich die Kanäle automatisch nach wenigen ms wieder inaktivieren, nimmt das Potential
zunächst schneller ab, wobei sich langsam ein stationärer Strom einstellt. Ursache des
stationären Stroms ist ein Verlust der Kohärenz von gleichzeitigem Öffnen und Schließen
aller Kanäle. So stellt sich ein Gleichgewichts-Ladungstransport über die Membran ein, der
durch alle aktiven ChR2 Moleküle zustande kommt, wobei sich aktive und nicht-aktive ChR2
Moleküle im Gleichgewicht befinden.
(4) Sobald die kontinuierliche Lichteinstrahlung unterbrochen wird, fällt der stationäre Strom
wieder zurück auf Leckstrom-Niveau, da sich die Kanäle wieder schließen und nicht erneut
die Öffnung angeregt wird.
𝑰𝑰 [𝒑𝒑𝒑𝒑]
𝟎𝟎
Leckstrom
Baseline
ChR2-Schließung mit
Zeitkonstante 𝝉𝝉𝟑𝟑
Stationärer Strom
ChR2-Öffnung mit
Zeitkonstante 𝝉𝝉𝟏𝟏
Peakstrom
ChR2-Relaxation mit
Zeitkonstante 𝝉𝝉𝟐𝟐
Belichtung Start
Belichtung Ende
Zwei-Elektroden Voltage-Clamp an Oozyten
𝒕𝒕 [𝒔𝒔]
Purino-Rezeptoren
Der P2X2-Rezeptor gehört zu den P2-Rezeptoren, einer Gruppe Liganden-aktivierter Ionenkanäle.
Allen gemein ist die Aktivierung durch ATP, weshalb sie auch als Purino- oder Nukleotid-Rezeptoren
(ATP ist ein Purin-Nukleotid) bezeichnet werden. Es existieren viele Purin- und Pyrimidin-Rezeptoren
in fast allen Zellarten. Sie sind an zahlreichen physiologischen, aber auch pathologischen Prozessen
beteiligt. Extrazelluläre Purine und Pyrimidine beeinflussen z.B. die Kontraktilität der glatten
Muskeln, die exogene und endogene Sekretion, die Immunantwort sowie die ThrombozytenAggregation.
Klassifizierung, Struktur und Funktion der P2-Rezeptoren
Fast jede Säugerzelle weist P2-Rezeptoren an ihrer Oberfläche auf. Diese können in zwei große
Rezeptor-Familien kategorisiert werden: die P1-Purinorezeptoren (P1R) und die P2Purinorezeptoren (P2R).
•
•
P1R zeigen Affinitäten für Adenosin und sind alle an G-Proteine gekoppelt. Man
unterscheidet weiter insgesamt vier Subtypen, auf die nicht näher eingegangen werden soll.
Bei den P2R lassen sich zwei Subtypen voneinander unterscheiden. Die P2X-Rezeptoren
(P2XR) sind Liganden-aktivierte Kationenkanäle, während die P2Y-Rezeptoren (P2YR)
G-Protein-gekoppelte Rezeptoren darstellen.
o P2Y ist ein G-Protein-gekoppelter Rezeptor mit 7-Transmembranhelices, drei
extrazellulären und drei intrazellulären Schleifen, wobei vier extrazellulär lokalisierte
Cystein-Reste über zwei Disulfidbrücken miteinander verbunden sind. Der NTerminus ist extrazellulär lokalisiert, während sich der C-Terminus im Zytosol
befindet.
o
P2X hat lediglich zwei Transmembrandomänen, die über eine große extrazelluläre
Schleife verbunden sind. Diese beinhaltet eine ATP-Bindestelle, Regulator-Domänen,
sowie Glykosylierungsstellen. N-, sowie C-Terminus sind intrazellulär lokalisiert,
wobei der C-Terminus in seiner Länge zwischen den P2X Subtypen stark variiert.
Die P2Y-Rezeptorfamilie
Die evolutionär sehr früh entstandene P2Y-Rezeptorfamilie gehört zur Rhodopsinfamilie G-Proteingekoppelter Rezeptoren (Klasse 1 GPCR), die alle eine 7 Transmembran-Topologie aufweisen. Es
wurden bisher 8 verschiedene Typen kloniert. Aufgrund von Homologiemerkmalen lassen sich zwei
Gruppen unterscheiden.
Die Proteine der ersten Gruppe (P2Y1, P2Y2, P2Y4, P2Y6, P2Y11) sind Gq-Protein gekoppelt und führen
zur Aktivierung der Phospholipase C (PLC). Die PLC hydrolysiert Phosphatidylinositol-4,5-phosphat
(PIP2) zu Diacylglycerol (DAG) und Inositol-1,4,5-trisphosphat (IP3). IP3 setzt Calcium aus
intrazellulären Speichern, wie dem ER frei. Zusammen mit Ca2+ kann DAG unter anderem die
Aktivierung der Proteinkinase C (PKC) bewirken. Es folgt eine Signalkaskade, welche in glatten
Muskelzellen eine Kontraktion, in Adipozyten und Hepatozyten die Gluconeogenese und den
Glykogenabbau, in Thrombozyten die Aggregation sowie in sezernierenden Zellen die Sekretion von
Botenstoffen induziert.
Die Proteine der zweiten Gruppe (P2Y12, P2Y13, P2Y14) haben verschiedene Funktionen und
unterscheiden sich von den GPCR der ersten Gruppe aufgrund ihrer unterschiedlichen AS-Sequenz.
Der Rezeptor P2Y12 ist in die Thrombozyten-Aggregation involviert. Der P2Y13 Rezeptor wird durch ADP aktiviert, wobei die
Funktion in der Literatur noch nicht beschrieben ist. Bei P2Y14 handelt es sich um einen Rezeptor für UDP-Zucker, die an GProteine gekoppelt sind. Es wird für diesen Rezeptor eine Rolle im Immunsystem angenommen.
Die P2X-Rezeptorfamilie
Hierbei handelt es sich um nichtselektive Liganden-gesteuerte Kationenkanäle, die für monovalente
und bivalente Kationen (wie Na+, K+ und Ca2+) permeabel (manche Rezeptoren sind auch für größere
Moleküle durchlässig) sind und über mikromolare Konzentrationen von extrazellulärem ATP
aktiviert werden. Sie spielen eine wichtige Rolle bei der schnellen Erregungsübertragung zwischen
Neuronen im zentralen und peripheren Nervensystem, kommen aber auch u.a. in Epithel- und
Endothelzellen und im Skelettmuskel vor. Insgesamt sind bisher auch hier 8 Subtypen in Säugerzellen
beschrieben.
Alle Subtypen zeigen eine 30-50% identische AS-Sequenz und weisen demnach auch eine ähnliche
Hauptstruktur auf. N- und C-Termini sind intrazellulär lokalisiert und dienen als Ziele für PKvermittelte Phosphorylierung. Während der N-Terminus bei allen Subtypen näherungsweise gleich
groß ist, schwankt die Länge des C-Terminus erheblich (zwischen 30 AS bei P2X6 und 240 AS für P2X7).
Die zwei Transmembran-Regionen sind am Aufbau der Ionenpore beteiligt. Die extrazelluläre Schleife
besitzt 10 Cysteinreste, die paarweise Disulfidbrücken bilden und somit die Tertiärstruktur der
Schleife prägen. Die extrazelluläre H5 Region am Porenvorhof ist für die Regulation des Rezeptors
durch verschieden Kationen (u.a. Zink und Protonen) verantwortlich. Außerdem existieren mehrere
Glykosilierungsstellen. Die ATP-Bindestellen der extrazellulären Schleife befinden sich in der Nähe
der Transmembran-Regionen.
Für die Quartiärstruktur wurde ein gestreckter Trimer postuliert, wobei sowohl Homomere, als auch
Heteromere P2X-Rezeptoren existieren können, die sich in ihren pharmakologischen Eigenschaften
unterscheiden. Universeller Agonist für die P2X-Rezeptoren ist ATP, jedoch zeigen auch ATPverwandte Verbindungen wie ADP, UTP, CTP und ATP-Derivate unterschiedliche Affinitäten für die
Rezeptoren.
Im Praktikumsversuch wird der Rezeptor-Subtyp P2X2 verwendet. Er ist für die synaptische
Übertragung zwischen Neuronen, sowie zwischen Neuronen und glatten Muskelzellen
verwantwortlich. Es sind insgesamt sechs Transkriptionsvarianten des P2X2-Gens bekannt, die für
sechs verschiedene Isoformen codieren.
Elektrophysiologie der P2X-Subtypen
Die einzelnen P2X-Rezeptortypen zeigen stark unterschiedliche elektrophysiologische Eigenschaften,
wobei vor allem die Desensibilisierung der einzelnen Ionenkanäle stark variiert. Unter
Desensibilisierung versteht man die Kinetik der Kanal-Inaktivierung einer gesamten Population von
Ionenkanälen nach Aktivierung des Transports (hier: durch ATP-Zugabe), sowie die notwendige
Erholungszeit, die bis zur Rückkehr der ursprünglichen Agonisten-Empfindlichkeit benötigt wird.
Die Schließung der Kanäle kann in elektrophysiologischen Messungen als exponentiell abfallender
Strom detektiert werden. Die Kanalöffnung entspricht der meist wesentlich schneller ansteigenden
exponentiellen Funktion, die im Peakstrom endet. Die Ursache der Desensibilisierung ist
weitestgehend unbekannt.
Die Desensibilisierung (Inaktivierungszeit, sowie Erholungszeit) ist abhängig von der AgonistenKonzentration, sowie der Affinität für den entsprechenden Agonisten. Je höher die Affinität und je
größer die Konzentration, desto schneller und ausgeprägter ist die Desensibilisierung.
Inaktivierungszeit und Erholungszeit variieren zwischen den P2X Rezeptoren erheblich und sind
Konzentrations-abhängig. Die Konzentrationsabhängigkeit der Inaktivierungszeit ist in der
Abbildung dargestellt: Je höher die ATP-Konzentration, desto schneller wird der Strom wieder null
(Inaktivierung der Kanäle).
Bei P2X1 und P2X3 entwickelt sich eine vollständige Desensibilisierung innerhalb einiger
Millisekunden und setzt direkt nach Aktivierung des Kanals ein. Bei P2X2 sowie P2X4 erfolgt die
Desensibilisierung innerhalb von Zehntel-Sekunden, wobei die Aktivität des Kanals über mehrere
Sekunden konstant ist. Die Abbildung zeigt Desensibilisierungskurven von sechs homomeren P2XRezeptoren. Es sind die zeitlichen Verläufe der Nettoströme nach Druckapplikation von 30 µM ATP
auf P2X-exprimierende HEK293 Zellen gezeigt. Diese wurden 48 Stunden vor dem Experiment mit 1
µg/ml P2X-Rezeptor-cDNA transfiziert. Oben: Die ATP-Applikation erfolgte für 2s, hier ist kaum ein
Unterschied zwischen P2X2, P2X4 und P2X7 zu erkennen. P2X1 desensibilisiert wesentlich schneller als
P2X3. Unten: Die ATP-Applikation erfolgte für 60s, es ist zu erkennen, dass P2X4 und P2X2 wesentlich
schneller Desensibilisieren, als P2X7, dessen Population nach 60s immer noch vollständig geöffnet ist.
Die Erholungszeit ist im Vergleich zur Inaktivierungszeit wesentlich länger. Die Desensibilisieurng des
P2X1 Rezeptors ist mit 30 Minuten langanhaltend. Nach einer halben Stunde in ATP-freier Lösung
kann erst wieder eine maximale Stromantwort erzielt werden. Nach fünf Minuten in ATP-freier
Lösung resultiert ein Strom, der etwa 25% der Primärantwort nach erster ATP-Gabe entspricht: Die
Abbildung zeigt die Erholungszeit von P2X1. Nach jeder Messung wurde die Zelle 5 Minuten in ATPfreier Lösung inkubiert.
Xenopus Oozyten
Die P2X2 Rezeptoren werden 1-3 Tage vor Experiment-Beginn in Form von in vitro-synthetisierter
mRNA in die Oozyten von Xenopus laevis (glatter Krallenfrosch) injiziert. Xenopus Oozyten eignen sich
hervorragend zur heterologen Genexpression, sowie für Knockdown-Studien.
Sie sind mit ungefähr 1 mm Durchmesser sehr groß, wodurch die Injektion fremder RNA und die
anschließende Analyse über elektrophysiologische oder molekularbiologische Techniken wesentlich
erleichtert ist. Außerdem stehen die Oozyten in großem Umfang zur Verfügung. Ein Weibchen
produziert 10.000 bis 15.000 pro Jahr, die während einer Operation aus dem großen Ovargewebe
isoliert werden können und nach enzymatischer Trennung der adhärierten Follikelzellen mittels
Kollagenase direkt für die Experimente zur Verfügung stehen (sollten die Follikelzellen nicht
vollständig abgetrennt worden sein, resultiert eine verzögerte Stromantwort im TEVC Experiment,
da die ATP-Bindestellen der P2-Rezeptoren durch die Zellen verdeckt werden und nicht direkt
erreichbar sind). Nach wenigen Monaten hat das Weibchen neue Eizellen produziert. Die Oozyten
sind ungefähr zwei Wochen nach Isolierung in ORI (Oozyten Ringer Lösung, eine spezielle NaClLösung) haltbar.
Bei den Xenopus laevis Weibchen ist die Oogenese ein kontinuierlicher, asynchroner Prozess, sodass
das Ovar Eizellen jeden Entwicklungsstadiums enthält. Die Oozyten durchlaufen insgesamt sechs
Stadien der Oogenese und wachsen dabei von einer Größe von 50 µm auf eine Größe von 1,3 mm an.
Oozyten später Stadien besitzen eine dunkel pigmentierte Hälfte, die animale Hemisphäre und
eine nur schwach pigmentierte Hälfte, die vegetale Hemisphäre (siehe Abbildung). Im Stadium VI
sind diese Hälften durch den nicht-pigmentierten äquatorialen Ring voneinander getrennt. Der
Zellkern, welcher das 100fache Volumen eines typischen somatischen Zellkerns hat und daher als
Keimbläschen bezeichnet wird, befindet sich in den unteren Entwicklungsstadium im Zentrum der
Zelle und wandert ab Stadium IV in die sich ausbildende animale Hemisphäre. Im Zentrum der Oozyte
entsteht die mitochondriale Wolke, die u.a. Mitochondrien und Ribosomen enthält.
Für den Praktikumsversuch eignen sich die Oozyten besonders, da sie wenige Kanäle und demnach
kaum endogene Leitfähigkeiten aufweisen. Darüber hinaus existieren keine endogenen ATPaktivierten Kanäle, welche die Messergebnisse am P2X2 Kanal verfälschen könnten. Zur heterologen
Genexpression eignen sich die Xenopus Oozyten aus zwei Gründen besonders gut.
(1) Sie besitzen alle notwendigen Strukturen und Proteine für posttranslationale Modifikationen.
(2) Es findet eine selektive Amplifikation ribosomaler RNA schon im Stadium I der Oogenese zur
Produktion eines umfangreichen maternalen Vorrats von Ribosomen statt.
Am vegetalen Pol der Oozyte wird in den frühen Entwicklungsstadien eine besondere Gruppe
maternaler mRNA-Moleküle angereichert, die für bestimmte Transkriptionsfaktoren und
Signalmoleküle codieren. Ab Stadium III wird an diesem Pol das Speicherprotein Vitellogenin
eingelagert, das mit seinen Spaltprodukten über die Hälfte der gesamten Proteinmenge ausmacht.
Die Synthese des Proteins erfolgt durch die Leber von Xenopus laevis und die Aufnahme durch
Mikropinozytose. Innerhalb der Oozyten erfolgen die Spaltung von Vitellogenin und die Einlagerung
der Spaltprodukte in Dotterschollen. Der Abbau dieser Proteine liefert die Energie für die
Embryonalentwicklung bis zum Kaulquappenstadium.
Eines der Spaltprodukte von Vitellogenin (Lipovitellin) ist mit Lipiden assoziiert, weshalb die zwei
Elektroden im TEVC Experiment immer von der animalen, dunklen Seite in die Zelle injiziert werden
sollten, um eine repräsentative Stromantwort zu erhalten. Außerdem bleibt nach Isolation der
Oozyten eine Vitellogenin-Hülle um die Zelle herum erhalten, die ebenso vor dem TEVC-Experiment
entfernt werden muss.
Zweielektroden Spannungsklemme
Die TEVC-Methode (Two-Electrode Voltage-Clamp) wurde schon in den 1940er Jahren entwickelt und
seither immer weiter verbessert. Im Vergleich zum Patch-Clamp werden hier die Elektroden direkt in
die Zelle eingestochen. Darüber hinaus werden im TEVC zwei Elektrodenpaare (hier:
Glasmikroelektroden), im Patch-Clamp nur ein Elektrodenpaar verwendet. In den frühen Phasen der
TEVC Methode wurden die Ursachen für das Auftreten von Aktionspotentialen in Riesen-Axonen von
Tintenfischen aufgeklärt. Für diese Arbeiten gab es 1963 den Medizin Nobelpreis. Heute ist es
möglich auch wesentlich kleinere Zellen mit dieser Methode zu untersuchen, da Mikroelektroden mit
ca. einem µm Durchmesser verwendet werden. Darüber hinaus lässt sich Voltage-Clamp auch mit
einer einzelnen Elektrode durchführen (Single-Electrode Voltage-Clamp, SEVC). Für große Zellen mit
niedrigem Eingangswiderstand ist SEVC jedoch nicht anwendbar.
Zur Messung des Membranpotentials zu Beginn des Expriments wird nur ein Elektrodenpaar
benötigt: Die Potentialelektrode innerhalb der Zelle und die Badelektrode außerhalb der Zelle. Die
intrazelluläre Elektrode misst mit hohem Eingangswiderstand des Verstärkers (kein Stromfluss) die an
der Zellmembran anliegende elektrische Spannung. Anhand der Spannungsmessung können erste
Vermutungen über vorhandene Leitfähigkeiten angestellt werden (hohes Membranpotential ist Indiz
für geringe Leitfähigkeit). Eindeutige Charakterisierung benötigt jedoch das TEVC-Experiment.
Im TEVC Experiment induziert die intrazelluläre Stromelektrode eine Spannung innerhalb der Zelle
(„Injektion von Ladung“), während die intrazelluläre Potentialelektrode die „Stromantwort“ misst.
Zur Messung durch die Potentialelektrode wird eine Referenz benötigt, welche die Badelektrode
liefert (Messung der Potentialdifferenz). Die Stromelektrode benötigt eine geerdete (warum
geerdet?), zweite Badelektrode, um das Membranpotential aktiv durch Anlegen einer Spannung zu
verändern und über die gesamte Messung konstant zu halten (daher: Spannungsklemme). Die
angelegten Spannungen variieren typischerweie zwischen -150 mV und +100 mV. Durch Auftragung
des gemessen Stroms gegen die angelegten Spannungen werden IV-Kennlinien erhalten, so wie auch
beim Patch-Clamp. Charakteristische Parameter der IV-Kennlinien sind Steigung, Form und
Umkehrpotential.
Statt der Spannungsklemme, lässt sich auch eine Stromklemme durchführen, wobei hier der Strom
konstant ist und das Membranpotential gemessen wird.
Current Clamp und Voltage Clamp basieren prinzipiell auf dem Ohm’schen Gesetz U=RI, wobei die
Widerstände meist spannungsabhängig sind, was zu nicht-linearen Kennlinien führt. Grund:
•
Spannungs-abhängige Kanäle basieren auf dem Ohmschen Gesetz und zeigen lineare IVKennlinien; Aufgrund Inaktivierungs-Mechanismen und unterschiedlichen Schwellenwerten gehorchen auch
eine Kombination verschiedener Spannungs-abhängiger Kanäle als Gesamtheit nicht mehr dem Ohmschen Gesetz.
•
Spannungs-unabhängige Kanäle, nämlich solche die Ligand-gesteuert sind wie die P2XRezeptoren, zeigen nicht-lineare IV-Kennlinien.
Das folgende Ersatzschaltbild zeigt die Voltage-Clamp Schaltung mit einer Stromelektrode (CE) und
einer Potentialelektrode (PE). Um eine Zellmembran auf ein bestimmtes Membranpotential VM,
nämlich das Kommandopotential VC, zu klemmen, muss ein Potential VCl vorgegeben werden, dass
groß genug ist, um den Spannungsabfall an dem Elektrodenwiderstand RCE zu kompensieren. Es lässt
sich quantitativ darstellen über 𝑉𝑉𝐶𝐶𝐶𝐶 = 𝑉𝑉𝑚𝑚 (𝑅𝑅𝑀𝑀 + 𝑅𝑅𝐶𝐶𝐶𝐶 )/𝑅𝑅𝑀𝑀 . Da sich der Membranwiderstand RM und
gelegentlich auch der Elektrodenwiderstand RCE während eines Experiments ändert, ist es
notwendig das Membranpotential VM stetig mithilfe der Potentialelektrode PE mit dem
Kommandopotential VC zu vergleichen und das Klemmpotential VCl entsprechend nachzuregeln. Um
diesen regulatorischen Prozess zu automatisieren, werden Operationsverstärker (op-amp)
eingesetzt.
Die Glasmikroelektoden werden aus Glaskapillaren hergestellt, die mit einem Mikroelektrodenpuller
fein ausgezogen werden. Nach Füllung mit 3 M KCl wird der der elektrische Kontakt zur Elektronik
über einen chlorierten Silberdraht (AgCl-Elektrode), der in die Elektrodenfülllösung eintaucht
hergestellt.
Vor Beginn der Messungen muss der Eigenwiderstand der Mikroglaselektroden bestimmt werden.
Dazu werden diese in die Lösung eingetaucht. Er sollte < 2𝑀𝑀Ω sein. Anschließend wird die
gemessene Potentialdifferenz zwischen Messelektrode und Badelektrode zu null abgeglichen
(Eichung der Messapparatur).
Für alle elektrophysiologischen Messungen
wurden zwei P2X2 exprimierende Oozyten, sowie
drei nicht-transfizierte Kontrollzellen verwendet,
die mit dem animalen Pol nach oben in die
Flüssigkeits-gefüllte Messkammer pipettiert
wurden (siehe Abbildung). Anschließend werden
die zwei Glasmikroelektroden langsam an die
Oozyte herangefahren, bis sie die Zellmembran
leicht eindrücken und anschließend eingestochen.
Durch den Einstich fällt das Membranpotential
plötzlich ab, wodurch der Membrandurchstoß
erkannt werden kann.
Zum Wechsel des Außenmediums wird der Medienwechsler über der Oozyte positioniert und die
entsprechende Lösung, sowie die Absaugvorrichtung aktiviert. Damit steht die Oozyte in einem
kontinuierlichen Fluss von Außenmedium, das computergesteuert in seiner Zusammensetzung
schnell verändert werden kann.
Messungen des Ruhepotentials
Zur Messung des Ruhepotentials wird nur eine Glasmikroelektrode, die Spannungselektrode, in die
Oozyte eingestochen. Die Messung soll die Abhängigkeit des Ruhepotentials vom Außenmedium
zeigen. Es werden die drei Medien ORI, ORI-90K, sowie ORI-ATP verwendet.
•
•
•
ORI ist eine 90 mM konzentrierte NaCl Lösung mit 1 mM KCl, 2 mM MgCl2 und 5 mM HEPES
bei pH=7,4.
Bei ORI-90K ist die Konzentration von KCl 90 mM und die von NaCl 1mM.
Bei der Lösung ORI-ATP sind in der ORI Lösung zusätzlich 100 µM ATP enthalten.
In ORI- und ORI-90K Lösung zeigen Kontrollzellen und P2X2-exprimierende Zellen vergleichbare
Ruhepotentiale, da die inaktiven P2X2-Rezeptoren keinen Einfluss auf das Ruhepotential haben. Für
die ORI-Lösung ist das Membranpotential negativer als für die ORI-90K Lösung, da im Außenmedium
angereicherte Kalium-Ionen über Kalium-Kanäle entlang ihres elektrochemischen Gradienten in die
Zelle diffundieren und somit eine Verringerung des Membranpotentials bewirken (Natrium-Ionen
können nicht hinein diffundieren). Wenn größtenteils Natrium-Ionen im Außenmedium vorliegen, so
ist keine Diffusion über die Membran möglich und der hohe elektrochemische Gradient bleibt
erhalten und wirkt sich auf das Membranpotential aus.
Die ORI-ATP Lösung bewirkt bei den Kontrollzellen keine nennenswerte Verschiebung des
Ruhepotentials im Vergleich zur ORI-Lösung (eine geringe Verschiebung in Richtung positiven Werten
ist aufgrund der zusätzlichen negativen Ladungen in ATP außerhalb der Zelle zu beobachten). Da
keine durch ATP aktivierbaren Ionen-Kanäle innerhalb der Membran vorliegen, wird das Potential
nicht beeinflusst. In P2X2-exprimierenden Zellen hingegen erfolgt eine durch ATP-vermittelte
Aktivierung der Kationen-Diffusion über P2X2, wodurch alle Kationen entlang ihres
elektrochemischen Gradienten über die Membran diffundieren können und das Membranpotential
somit hin zu positiven Werten verändern.
Messungen der Membrankapazität und Leitfähigkeit
Nun wird auch die Stromelektrode in die Zelle eingestochen und diese auf ein Haltepotential von 60 mV geklemmt. Es ist darauf zu achten, dass der Haltestrom bei -60 mV nicht -100 nA übersteigt,
da ansonsten die Oozyten elektrisch undicht sind.
Um die Kapazität zu erhalten, wird eine Sägezahnspannung angelegt. Es ist von Bedeutung, dass für
diese Messung kein ATP in der ORI Lösung vorhanden ist, da ATP die Öffnung von P2X2 Kanälen
bewirkt und damit zusätzliche Ionen in die Zelle einströmen. Dieser zusätzliche Einstrom von Ionen
überlagert den kapazitiven Strom.
Ohne die Kapazitiven Eigenschaften der Plasmamembran würde die Stromantwort einen identischen
Verlauf zeigen, wie die Spannungsvorgabe. Die kapazitiven Ströme sind durch einen sprunghaften
Anstieg infolge eines Vorzeichenwechsels der Steigung 𝑑𝑑𝑑𝑑/𝑑𝑑𝑑𝑑 charakterisiert. Der sprunghafte
Anstieg liegt daran, dass die Umladung des Kondensators mit einer sehr schnellen Zeitkonstante
geschieht.
𝑼𝑼
−𝟔𝟔𝟔𝟔 𝒎𝒎𝒎𝒎
𝒅𝒅𝒅𝒅
𝒎𝒎𝒎𝒎
= 𝟏𝟏
𝒅𝒅𝒅𝒅
𝒎𝒎𝒎𝒎
−𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏 𝒎𝒎𝒎𝒎
𝟒𝟒𝟒𝟒 𝒎𝒎𝒎𝒎
𝟖𝟖𝟖𝟖 𝒎𝒎𝒎𝒎
−𝟐𝟐𝟐𝟐 𝒎𝒎𝒎𝒎
𝑰𝑰
−𝟔𝟔𝟔𝟔 𝒎𝒎𝒎𝒎
𝑰𝑰𝟏𝟏 = 𝑰𝑰𝑪𝑪 𝑰𝑰𝟐𝟐 = 𝟐𝟐𝑰𝑰𝟏𝟏
𝟒𝟒𝟒𝟒 𝒎𝒎𝒎𝒎
𝒕𝒕
𝟒𝟒𝟒𝟒 𝒎𝒎𝒎𝒎
Spannungsprotokoll zur Messung der
Membrankapazität, sowie Leitfähigkeit.
𝚫𝚫𝑰𝑰
𝚫𝚫𝒕𝒕
𝟖𝟖𝟖𝟖 𝒎𝒎𝒎𝒎
𝑰𝑰𝟑𝟑 = 𝑰𝑰𝟐𝟐
𝑰𝑰𝟒𝟒 = 𝑰𝑰𝟏𝟏
𝟒𝟒𝟒𝟒 𝒎𝒎𝒎𝒎
𝒕𝒕
Stromantwort auf das Spannungsprotokoll. Der
mit Ic markierte Abschnitt dient zum Ablesen des
kapazitiven Stroms.
Der Kapazitive Strom und die Kapazität stehen über folgende Gleichung in direktem Zusammenhang.
𝐶𝐶 =
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑑𝑑𝑑𝑑
Da die Steigung der Geraden genau
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑑𝑑𝑑𝑑 = 𝐼𝐼𝐼𝐼𝐼𝐼
=1
𝑚𝑚𝑚𝑚
𝑚𝑚𝑚𝑚
⟹ 𝐼𝐼𝐶𝐶 =
𝑑𝑑𝑑𝑑 𝑑𝑑𝑑𝑑
=
𝑑𝑑𝑑𝑑 𝐶𝐶𝐶𝐶𝐶𝐶
entspricht, vereinfacht sich die Gleichung zu
𝐼𝐼𝐶𝐶 = 𝐶𝐶 ∙ 1𝑚𝑚𝑚𝑚/𝑚𝑚𝑠𝑠 ⟺ 𝐶𝐶 = 𝐼𝐼𝐶𝐶 ∙ 1𝑚𝑚𝑠𝑠/𝑚𝑚𝑚𝑚, weshalb die Kapazität direkt im Graphen in Form des
kapazitiven Stroms abgelesen werden konnte.
Nach obiger Gleichung sollten alle vier durch das Spannungsprotokoll im I-t Diagramm sichtbaren
kapazitiven Ströme identisch sein, da 𝑑𝑑𝑑𝑑/𝑑𝑑𝑑𝑑 im gesamten Spannungsprotokoll mit 1 mV/ms eine
feste Größe darstellt. Wegen des Vorzeichenwechsels sind die Ströme I2 und I3 jedoch um einen
Faktor 2 zu groß.
Zur Berechnung der Leitfähigkeit 𝐺𝐺 = 1/𝑅𝑅 muss beachtet werden, dass es sich um eine
Spannungsabhängige Leitfähigkeit handelt. Damit ist das Ohmsche Gesetz 𝑅𝑅 = ∆𝑈𝑈/∆𝐼𝐼 zur
Berechnung des Widerstandes nicht anwendbar (R ist spannungsabhängig: Voltage Dependent
Resistence, VDR). Der Widerstand eines VDR-Elementes in der Elektrotechnik verringert sich
exponentiell mit wachsender Spannung, wodurch der Zusammenhang zwischen R und U nicht mehr
linear ist, wie im Ohmschen Gesetz verankert. P2X2 hat unterschiedliche Leitfähigkeiten für die
einzelnen Haltepotentiale (2 Ursachen: Anzahl der offenen Kanäle variiert mit der Spannung;
Konzentrationsgradienten) und entspricht demnach einem VDR-Element.
Ausgangspunkt für die Berechnung der Leitfähigkeit ist die im betrachteten Intervall
(Spannungsanstieg von −20 𝑚𝑚𝑚𝑚 auf −100 𝑚𝑚𝑚𝑚; 𝑑𝑑𝑑𝑑 = −80𝑚𝑚𝑚𝑚) resultierende Stromdifferenz 𝑑𝑑𝑑𝑑 der
Stromantwort. Es wird dann das Ohmsche Gesetz angewendet. Der Kehrwert von 𝑅𝑅 = 𝑈𝑈/𝐼𝐼 ist dann
direkt die Leitfähigkeit 𝐺𝐺 = 𝐼𝐼/𝑈𝑈. Wäre 𝐺𝐺 = 0, so wäre auch die Steigung 𝑑𝑑𝑑𝑑/𝑑𝑑𝑑𝑑 = 0. Je größer diese
Steigung, desto mehr Ionen pro Zeit passieren die Membran, desto größer ist die Leitfähigkeit. Damit
kann die Leitfähigkeit auch grob im I-t Diagramm abgeschätzt werden.
Wenn man eine spezifische Membrankapazität von 1 µ𝐹𝐹/𝑐𝑐𝑐𝑐2 annimmt, lässt sich die Zelloberfläche
der Zellen bestimmen. Für die Zelloberfläche gilt dann
𝐴𝐴 =
𝐶𝐶𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚
𝐶𝐶𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚
𝐶𝐶𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚
= 3
=
2
𝐶𝐶𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠
10 𝑛𝑛𝑛𝑛/𝑐𝑐𝑚𝑚
10 𝑛𝑛𝑛𝑛/𝑚𝑚𝑚𝑚2
Bei Betrachtung der Kapazitäten sind Unterschiede zwischen P2X2 exprimierenden Zellen und
Kontrollzellen festzustellen. Diese Unterschiede sind theoretisch möglich, da die Kapazität von der
Membran-Fläche, sowie der Anzahl an eingebauten Proteinen (Veränderung des Dielektrikums)
abhängig ist. Da keine statistisch aussagekräftige Menge Oozyten gemessen wurden, kann die Größe
und somit Membran-Fläche stark variieren und daher diese Unterschiede erzeugen. Theoretisch ist
eine Erhöhung der relativen Permittivität und somit der Kapazität zu erwarten, da die MembranDomänen der Proteine leicht hydrophiler sind als die Lipide der Membran.
Bei den Leitfähigkeiten, sollten keine oder nur geringe Abweichungen zwischen Kontrollzellen und
P2X2 exprimierenden Zellen resultieren, da der Einbau von Ionen-Kanälen keinen Einfluss auf die
Leitfähigkeit hat, solange sie inaktiv sind.
Messungen der P2X2 Rezeptorströme
Strom-Spannungs-Kennlinien (IV-Kurven) der Oozyten werden in ORI sowie in ORI-ATP (30 µM)
gemessen. Dazu wird das Membranpotential auf -60 mV geklemmt, worauf Spannungssprünge für
jeweils 500 ms auf -120 mV bis +60 mV in Zehnerschritten folgen. Zwischen den Spannungssprüngen
wird das Membranpotential zurück auf -60 mV gesetzt, damit die Kanäle nach jedem
Spannungssprung wieder zurück in den Ursprungszustand relaxieren können. Die maximalen
Stromantworten werden gegen die Spannungen der einzelnen Spannungssprünge aufgetragen und
ergeben so die IV-Kurven.
Die Stromantworten der Kontrollzellen sind mit und ohne ATP alle identisch, sodass die
Stromantworten unabhängig von der ATP-Konzentration sein müssen. Die Kontrollzellen zeigen
desweiteren, so wie auch die P2X2-exprimierenden Zellen ohne ATP im Außenmedium, einen über
die Zeit konstanten Strom für jede angelegte Spannung.
Für die P2X2-exprimierenden Oozyten in ATP-haltigem Außenmedium ist die maximale
Stromantwort erst nach einer längeren Zeit erreicht. Während dieser Zeit erfolgt die Adaption der
Kanäle innerhalb des makroskopischen System an das neue Haltepotential (es öffnen sich mehr
Kanäle, je größer das Haltepotential) und es resultiert ein stark hyperbolischer Kurvenverlauf. Der
konstante Bereich der Stromantwort wird zur Messung der maximalen Stromantwort verwendet.
𝑼𝑼
Spannungsprotokoll
+𝟔𝟔𝟔𝟔 𝒎𝒎𝒎𝒎
𝟎𝟎 𝒎𝒎𝒎𝒎
−𝟔𝟔𝟔𝟔 𝒎𝒎𝒎𝒎
−𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏 𝒎𝒎𝒎𝒎
𝟏𝟏 𝒔𝒔
….
𝒕𝒕
Stromantwort für P2X2 exprimierende Zellen mit
ATP im Außenmedium
Stromantwort für P2X2 exprimierende Zellen
ohne ATP im Außenmedium
Die Stromantworten der Kontrollzelle zeigen für die ORI und die ORI-ATP Lösung einen nahezu
identischen linearen Verlauf zeigen. Die Differenz der Stromantworten (Differenzkennlinie) ergibt
eine Null-Linie. Dies zeigt, dass ATP keinen Einfluss auf die Stromantwort der Kontrollzellen hat.
Bei der P2X2 exprimierenden Oozyte ergibt die ORI-Lösung ohne ATP eine lineare IV-Kennlinie, die
keinen nennenswerten Unterschied zur IV-Kennlinie der Kontrollzellen zeigt. Damit hat der Einbau
des P2X2 Rezeptors keinen Einfluss auf die Stromantwort, solange er inaktiv ist. Die
Differenzkennlinie entspricht nahezu der stark hyperbolischen Kurve für die ORI-ATP Lösung, da die
resultierenden Ströme mit ATP-Zusatz wesentlich größer sind, als in reiner ORI Lösung. Dies ist
Beweis für eine ATP-abhängige Ionen-Translokation aufgrund der P2X2 Kanäle.
Die Umkehrpotential der IV-Kurven sind die Spannungen, bei denen kein Strom über die
Zellmembran fließt. Bei diesen Haltespannungen sind keine Nettoströme über die Membran
detektierbar, da das Ruhepotential der Zelle exakt der angelegten Haltespannung entspricht. Für die
Kontroll-Oozyten liegt das Umkehrpotential bei ca. -22 mV. Für die P2X2-exprimierenden Oozyten in
ORI-Lösung ergibt sich das gleiche Umkehrpotential wie auch für die Kontroll-Oozyten. Für die ATPhaltige Lösung ist das Umkehrpotential stark nach rechts verschoben und liegt bei -2 mV. Um
lediglich den Einfluss der P2X2 Kanäle auf die Stromantwort zu betrachten, muss das
Umkehrpotential der Differenzkennlinie verwendet werden, da hier der lineare Anstieg der
Stromantwort mit dem Haltepotential heraus gerechnet ist. Das Umkehrpotential liegt hier bei ca. +8
mV.
Die Differenzkennlinie, welche das direkte IV-Verhalten des P2X2 Rezeptors wiedergibt, ist stark
hyperbolisch und erreicht bei positiven Haltepotentialen ihre Sättigung, wobei die maximale
Stromantwort ungefähr +70 nA beträgt. Ursache für diese Sättigung ist die Tatsache, dass P2X2
lediglich Kationen in die Zelle transportieren kann, aber nicht hinaus (einwärts gleichrichtender
Kanal). Bei positiven Haltepotentialen ist der elektrische Gradient nach außen gerichtet, weshalb
kein einwärts-Transport möglich ist (konstante Stromantwort für stark positive Haltepotentiale). Für
negative Haltepotentiale steigt der Betrag der Stromantwort jedoch immer weiter und stärker an, da
der elektrische Gradient nach innen gerichtet ist und P2X2 dein einwärts-Transport ermöglicht.
ATP-Dosiswirkungskurven
Um ATP-Dosiswirkungskurven zu erhalten, wird das System auf eine Spannung von -60 mV geklemmt
und ein ATP-Konzentrationsprotokoll gefahren. Es ist darauf zu achten, dass nach jedem
Konzentrationssprung, zunächst erneut die 30 µM konzentrierte ATP-Lösung gemessen, und
anschließend mit ORI Lösung für eine längere Zeit gespült wird. So wird jeder gemessene Strom bei
einer bestimmten ATP Konzentration auf die darauffolgende Messung der 30 µM konzentrierten
ATP-Lösung normiert. So kann der Einfluss von Veränderungen innerhalb der P2X2 Aktivität (z.B.
durch leichte Desensibilisierung oder eventueller Veränderung der Anzahl
aktiver/erreichbarer/vorhandener Kanäle in der Membran) auf die Dosis-Wirkungskurve minimiert
werden. Für ideale Messbedingungen würden konstante Stromlinien für die 0 µM und die 30 µM
ATP-Applikation sprechen.
Für höhere ATP-Konzentrationen resultiert eine vermehrte Aktivierung der P2X2 Population innerhalb
der Membran, womit eine Verstärkung der Stromantwort verbunden ist. Die Stromantworten für
0 µM ATP und 30 µM ATP sind für alle Zeiten konstant, was darauf hinweist, dass keine
Desensibilisierung vorliegt.
[𝑨𝑨𝑨𝑨𝑨𝑨]
𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏 µ𝑴𝑴 𝟑𝟑𝟑𝟑𝟑𝟑 µ𝑴𝑴 𝟏𝟏 𝒎𝒎𝒎𝒎
𝟑𝟑 µ𝑴𝑴
𝟏𝟏𝟏𝟏 µ𝑴𝑴 𝟑𝟑𝟑𝟑 µ𝑴𝑴
𝟎𝟎 µ𝑴𝑴
Ruhepotential
𝟑𝟑𝟑𝟑 µ𝑴𝑴
𝒕𝒕
ATP-Konzentrationsprotokoll
Stromantwort für 𝑈𝑈 = −60𝑚𝑚𝑚𝑚
Es werden aus diesem Graphen jeweils die maximalen Stromantworten abgelesen, auf die jeweils
folgende Stromantwort von 30 µM ATP normiert und in einem c-I Diagramm aufgetragen, das der
Dosis-Wirkungskurve entspricht. Diese kann mit der Hill-Gleichung gefittet werden, aus der letztlich
der EC50 Wert und der Hill-Koeffizient n der Bindung bestimmt werden können. Der EC50 Wert
entspricht der ATP-Konzentration, für die eine Halbmaximale Transport-Aktivität resultiert. Bei dieser
ATP-Konzentration sind somit die Hälfte der Kanäle geöffnet.
𝐼𝐼 =
𝐼𝐼𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚
𝐸𝐸𝐸𝐸 𝑛𝑛
1 + � 50 �
[𝐴𝐴𝐴𝐴𝐴𝐴]
In der Literatur ist das Ergebnis aus Einzelkanalexperimenten beschrieben. Die Grafiken A und B
zeigen die Öffungswahrscheinlichkeiten der Kanäle in Abhängigkeit von der ATP-Konzentration. Die
Öffnungswahrscheinlichkeit P gegen die ATP-Konzentration geplottet ergibt eine sigmpoidale Kurve
(Grafik C). Der sigmoidale Verlauf ist aufgrund der lag-Phase zwischen 0 und 10 µM kaum zu sehen;
der Sättigungsverlauf der Kurve ab 100 µM ATP ist stark dominant. Qualitiativ dieselbe Kurve wird
erhalten, wenn die maximalen Stromantworten gegen die einzelnen ATP-Konzentrationen geplottet
werden (Beobachtung aller Kanäle der gesamten Zelloberfläche). Ein Fit über die Hill-Gleichung
ergibt 𝑛𝑛 = 2,3 und 𝐸𝐸𝐶𝐶50 = 11,2µ𝑀𝑀 bei einer maximalen Öffnungswahrscheinlichkeit von 𝑃𝑃 = 0,61.
Aus n=2,3 resultiert, dass mindestens 3 ATP-Bindestellen für einen funktionalen Kanal existieren
müssen. Da es sich bei P2X2 um einen Homomer handelt, muss der funktionale Kanal aus drei
Untereinheiten bestehen.
Stopped-Flow mit Na-K-ATPase
Spannungssensitive Fluoreszenzfarbstoffe
Fluoreszenzfarbstoffe, deren Fluoreszenz abhängig ist von der Spannung, werden häufig zur Messung
des Membranpotentials eingesetzt. In diesem Experiment werden die anionischen,
spannungssensitiven Chromophore Oxonol V und VI, sowie der Farbstoff RH421 verwendet.
Durch Innen positive Potentiale wird die Bindung des Farbstoffs an Lipidvesikel gefördert, was zu
einer Rotverschiebung des Absorptions- und Emissionsspektrums führt. Nach Kalibrierung des
Fluoreszenzsignals bei bekannten Membranpotentialen lässt sich die Fluoreszenz eines Farbstodds
zur Messung unbekannter Potentiale verwenden. Zur Potentialeichung verwendet man KaliumDiffusionspotentiale in gegenwart des Ionophors Valinomycin. Hierbei handelt es sich um SteadyState-Messungen. Bei niedrigen Farbstoff/Lipid-Verhältnissen tritt eine Fluoreszenzerhöhung auf, da die Bewegung des
Farbstoffs eingeschränkt ist und der Farbstoff in der Lipidphase vor Quenchenden Agenzien geschützt ist. Bei hohen
Farbstoffkonzentrationen wird wieder ein quenching beobachtet, das vermutlich auf Farbstoffaggregation zurückzuführen
ist.
Im Experiment soll auch die Kinetik der Wechselwirkung von Oxonol V mit Liposomen untersucht
werden, wobei keine Steady-State-Messungen, sondern zeitaufgelöste Messungen der Änderung des
Membranpotentials (z.B. hervorgerufen durch die Aktivität eines elektrogenen Transportproteins) erforderlich sind.
Dieser Wechselwirkung liegen zwei Prozesse mit unterschiedlichen Geschwindigkeitskonstanten
zugrunde. Zunächst erfolgt die schnelle Bindung des Farbstoffs an die Vesikelmembran, wonach die
langsamere Diffusion innerhalb der Membran bis zu einer Gleichverteilung erfolgt. Beide
Zeitkonstanten werden durch einen biexponentiellen Fit erhalten.
Den Farbstoff RH421 zeichnet eine sehr schnelle Reaktion auf die Änderung des lokalen elektrischen
Feldes aus, sodass auch schnelle Änderungen des elektrischen Feldes durch
Konformationsänderungen oder schnelle Transportprozesse aufgelöst werden können. Er kommt in
diesem Experiment bei der Analyse von Konformationsübergängen der Na+-K+-ATPase zum Einsatz.
Die Veränderung des Spektrums der Fluoreszenzfarbstoffe wird durch eine Störung des
elektronischen Systems des Farbstoffs aufgrund der Membranpotential-Änderung hervorgerufen.
Diese Störung kann mehrere Auswirkungen haben:
(1)
(2)
(3)
(4)
Potential-abhängiger Verteilungskoeffizient zwischen wässriger und lipidischer Phase
Wechsel der Farbstoff-Orientierung in der Lipidmembran
Veränderung des Aggregationsgrades des Farbstoffs in wässriger bzw. lipidischer Phase
Direkter elektrochromer Effekt des Potentials auf die Elektronenkonfiguration des Farbstoffs
Zudem beeinflussen die experimentellen Bedinungen die Fluoreszenz (Wasser/Lipid-Verhältnis, pH,
Ionenstärke, Temperatur).
Stopped-Flow
Es handelt sich um eine Strömungsmethode zur Messung kinetischer Parameter. Dazu werden zwei
Lösungen, die jeweils einen Reaktionspartner enthalten in zwei getrennte Spritzen gefüllt, die
gleichzeitig, pneumatisch in dieselbe Mischkammer entleert werden. Bis die Lösungen gemeinsam
von der Mischkammer aus die Beobachtungskammer erreichen, sind bereits je nach
Fließgeschwindigkeit und Wegstrecke 1-3 ms vergangen. In der Beobachtungskammer findet dann
die Zeitabhängige Analyse der Vorgänge innerhalb der Mischung statt. Daher können nur Prozesse
beobachtet werden, die wesentlich länger als 3 ms andauern. Ist die Beobachtungskammer gefüllt, so
löst die Stoppspritze dahinter einen Kontakt aus, welcher die Detektionseinheit aktiviert. Die
ablaufenden Prozesse können über die Absorption, Zirkulardichroismus oder Lichtstreuung verfolgt
werden, wobei in unserem Experiment die Fluoreszenz zeitlich verfolgt wird.
Dynamische Lichtstreuung
Es handelt sich um eine Methode, bei der die Größe von Partikeln innerhalb einer Lösung oder
Suspension bestimmt werden kann. Dabei wird die Probe mit einem Laser, dessen Fokus in einem
sehr kleinen Bereich der Probenkammer liegt, bestrahlt. Daher kann angenommen werden, dass sich
pro Zeitintervall lediglich ein einziges Partikel im Fokus des Lasers befindet, weshalb die
Konzentration der Probe nicht bekannt sein muss. Dieses Partikel bewegt sich mit einer bestimmten
Geschwindigkeit aufgrund der Brownschen Molekularbewegung. Dies bewirkt eine Veränderung der
Streuung des kohärenten Laserstrahls über die Zeit. Durch Detektion der Laserstreuung im 90°
Winkel zur Einstrahlachse (kilocounts per second [kcps]) lassen Rückschlüsse auf die Geschwindigkeit
der Partikelbewegung zu, mit Hilfe derer die Diffusionskoeffizienten berechnet werden können. Aus
diesen wiederum lässt sich die Größe der Partikel ableiten. Neben der Streuintensität wird bei der
Messung die Temperatur detektiert, welche als zweite Variable zur Berechnung der Partikelgröße
essentiell ist.
Experimentelle Ergebnisse
Anregungs- und Emissionsspektren von Oxonol VI
Bei der Aufnahme von Anregungsspektren wird die Probe im Wellenlängenbereich von 400 bis 700
nm bestrahlt und die Fluoreszenzintensität bei 660 nm als Funktion der Einstrahlwellenlänge
detektiert. Es wird hier analysiert bei welcher Einstrahlwellenlänge das System Strahlung absorbiert,
um dann letztlich bei 660 nm Fluoreszenzstrahlung zu emittieren. Hier ist der Peak bei 660 nm auf
die Streuung derselben Anregungswellenlänge zurückzuführen.
Für die Aufnahme von Emissionsspektren wird die Wellenlänge der Anregungsstrahlung bei 580 nm
über einen Monochromator konstant gehalten und die Intensitätsverteilung der Emission zwischen
450 und 700 nm detektiert. Im Emissionsspektrum entspricht der Peak bei 580 nm dem gestreuten
Anregungslicht.
Es werden jeweils 0,13 µM Oxonol VI in 1 ml (A) wässrigen Puffer, (B) Ethanol und (C) wässrigen
Puffer, der 50 µg Liposomen enthält, gegeben und am Fluorometer die genannten Spektren
aufgenommen.
In dem auf das lokale Maximum normierte Spektrum ist eine Rotverschiebung der Fluoreszenz,
sowohl im Emissionsspektrum, als auch im Anregungsspektrum gut zu erkennen.
Die Wellenlänge und Intensität von Fluoreszenzspektren ist abhängig von der Temperatur, Bindung,
Viskosität und Polarität des Lösungsmittels. Wellenlängenverschiebungen treten immer dann auf,
wenn die Energien der Grund- und angeregten Zustände durch äußere Faktoren (wie zum Beispiel
der Wechselwirkung mit der Lösungsmittelumgebung) verändert wird. Polare Lösungsmittel
wechselwirken über Dipole sowohl mit Grund- als auch angeregtem Zustand polarer
Fluoreszenzfarbstoffe, wodurch eine Absenkung des angeregten Zustandes und eine längerwellige
Fluoreszenz resultiert (Stokes-Shift). Da die meisten Farbstoffe einen polaren Anteil aufweisen
resultiert typischerweise mit zunehmender Apolarität der Lösungsmittelumgebung eine
Blauverschiebung des Absorptionsmaximums. Dies wird als Bathochromer Effekt beschrieben. In
Ausnahmefällen, bei vorwiegend apolaren Farbstoffen, wie bei Oxonol VI, resultiert jedoch auch eine
Verschiebung hin zu kleineren Wellenlängen (Rotverschiebung, Hypsochromer Effekt).
Neben der Wellenlängenverschiebung ist tendenziell eine Zunahme der Fluoreszenzintensität mit
der Apolarität des Lösungsmittels zu beobachten. Ursache hierfür ist eine Abnahme der QuenchingEffekte, die von polaren Lösungsmitteln vermittelt werden.
Einfluss von Valinomycin auf die Anregungs- und Emissionsspektren von Oxonol VI
Valinomycin ist ein Makrolidantibiotikum aus 12 zyklisch verbundenen Aminosäuren, das als
Ionophor fungiert, indem es einen Kanal in der Membran bildet und über die hydrophilen
Carboxylgruppen selektiv Kalium-Ionen komplexiert kann, die so durch die Membran gelangen.
Dadurch wird das Membranpotential abgebaut, wodurch die Zelle stirbt. Im Experiment wird durch
die Veränderung des Membranpotentials durch Valinomycin eine Veränderung der Oxonol-VIFluoreszenz induziert.
Der Puffer, in dem die Liposomen generiert wurden enthält 2 mM Kalium-Ionen (1mM 𝐾𝐾2 𝑆𝑆𝑂𝑂4 ),
weshalb zu Beginn des Experiments, sowohl außerhalb der Liposomen, als auch im Liposomen-Lumen
2 mM 𝐾𝐾 + vorliegen. Die Kalium-Konzentration des Puffers soll nun über die sequentielle Zugabe von
𝐾𝐾2 𝑆𝑆𝑂𝑂4 auf 5 mM, 10 mM und letztlich auf 20 mM erhöht werden, wonach jeweils ein
Emissionsspektrum aufgenommen wird. Durch die Zugabe von 𝐾𝐾2 𝑆𝑆𝑂𝑂4 wird sich die KaliumKonzentration innerhalb der Liposomen kaum verändern. Es wird also angenommen, dass für alle
Messungen gilt: 𝑐𝑐𝑖𝑖𝑖𝑖 ≈ 2𝑚𝑚𝑚𝑚. Das aus der Zugabe von Kaliumsulfat resultierende Membranpotential
korreliert mit dem Konzentrationsunterschied außerhalb und innerhalb der Liposomen und kann
durch die Nernstgleichung berechnet werden:
∆𝝓𝝓 =
𝑹𝑹𝑹𝑹
𝒄𝒄𝒐𝒐𝒐𝒐𝒐𝒐
𝒄𝒄𝒐𝒐𝒐𝒐𝒐𝒐
∙ 𝒍𝒍𝒍𝒍
= 𝟐𝟐𝟐𝟐, 𝟐𝟐𝟐𝟐𝟐𝟐𝟐𝟐 ∙ 𝒍𝒍𝒍𝒍
𝒁𝒁𝒁𝒁
𝒄𝒄𝒊𝒊𝒊𝒊
𝒄𝒄𝒊𝒊𝒊𝒊
Damit ergeben sich für die einzelnen Konzentrationen die in der folgenden Tabelle 1 aufgelisteten
Membranpotentiale, die den entsprechenden gemessenen Fluoreszenzintensitäten 𝐹𝐹 bei 642 nm
entsprechen. Die Wellenlänge 642 nm wurde aufgrund des erwarteten Verhältnisses zwischen den
Fluoreszenzintensitäten unterschiedlicher Kalium-Konzentrationen ausgewählt.
𝒄𝒄𝒐𝒐𝒐𝒐𝒐𝒐
2 mM
5 mM
10 mM
20 mM
∆𝝓𝝓
0 mV
23,13 mV
40,64 mV
58,13 mV
𝑭𝑭
𝐹𝐹0 = 77,85
𝐹𝐹1 = 81,2
𝐹𝐹2 = 84,03
𝐹𝐹3 = 86,43
∆𝑭𝑭 = 𝑭𝑭 − 𝑭𝑭𝟎𝟎
0
3,35
6,18
8,58
∆𝑭𝑭/𝑭𝑭𝟎𝟎
0
43,03 ∙ 10−3
79,38 ∙ 10−3
110,21 ∙ 10−3
Die folgende Abbildung 3 zeigt den Verlauf der Fluoreszenzintensität in Abhängigkeit von der KaliumKonzentration. Wie zu erwarten, ist ein mit steigender Kalium-Konzentration bzw. höherem
Membranpotential steigendes Fluoreszenzsignal, zumindest ab einer Wellenlänge von ca. 628 nm zu
beobachten. Vor dieser Wellenlänge verhalten sich die Fluoreszenzsignale genau umgekehrt.
Abbildung 3: Emissionsspektrum von Oxonol VI in Abhängigkeit von verschiedenen KaliumKonzentrationen, sowie unter Einfluss von Valinomycin. Das rechte Spektrum zeigt eine Vergrößerung
der gewählten Wellenlänge für den Vergleich der Fluoreszenzintensitäten.
Es ist mit zunehmendem Membranpotential eine geringe Rotverschiebung der Amplitude zu
beobachten. Ursächlich hierfür ist eine durch das Membranpotential geförderte Bindung von Oxonol
VI an die Membran und die damit verbundene Rotverschiebung des Fluoreszenzspektrums (Kontakt
mit polarem Teil der Membran bewirkt hypsochromen Effekt). Zur Darstellung der
Fluoreszenzänderung wird eine Wellenlänge gewählt, für die sich die Fluoreszenzintensitäten
zwischen den einzelnen membranpotentialen am stärksten unterscheiden. Dazu wurden die
Datenpunkte bei 642 nm ausgewählt. Als Referenz-Fluoreszenzintensität fungiert 𝐹𝐹0 , die für
∆ϕ = 0mV gemessen wurde.
In Folgender Abbildung wurde die Fluoreszenz über 𝐹𝐹𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛 =
∆𝐹𝐹
𝐹𝐹0
=
𝐹𝐹−𝐹𝐹0
𝐹𝐹0
normiert. Es ergibt sich ein
linearer Zusammengang zwischen normierter Fluoreszenz und dem Membranpotential.
Abbildung 4: Gegenüberstellung
des Membranpotentials zur
Änderung der Fluoreszenzintensität.
Visualisierung der in Tabelle 1
gezeigten Daten. Die Datenpunkte
wurden linear mittels Origin 7.5
gefittet.
Stopped Flow Messung der Wechsewlrikung von Oxonol V mit Liposomen
In diesem Teilexperiment wurde eine Oxonol V haltige Puffer-Lösung schnell mit einer Liposomenhaltigen Puffer-Lösung gemischt und das resultierende biphasische Fluoreszenzsignal aufgezeichnet.
Die Signalzunahme ist sehr schnell und entspricht der Anlagerung von Oxonol V an die LiposomenMembran, die von der Diffusionskonstanten beeinflusst wird. Die langsame Signalabnahme ist einer
Umlagerungsreaktion von Oxonol V in die innere Lipidmembran zuzuordnen. Die Einstellung des
Verteilungsgleichgewichts ist wesentlich langsamer als die Diffusion an die Membran. In der
folgenden Abbildung ist die Signalabnahme gezeigt, aus deren Fitting über zwei exponentielle
Funktionen 𝑦𝑦 = −𝐴𝐴1 ∙ exp(−𝑅𝑅1 𝑥𝑥) − 𝐴𝐴2 ∙ exp(−𝑅𝑅2 𝑥𝑥) + 𝐶𝐶 die kinetische Ratenkonstante für den
Prozess der Umlagerung bestimmt wurde.
Abbildung 5: Biphasisches
Fluoreszenzsignal der Oxonol V
Wechselwirkung mit Liposomen.
Der schnelle Prozess entspricht der
Anlagerung von Oxonol V an die
Membran, der langsamere Prozess
der Umlagerung in die innere
Lipidmembran.
Die folgende Tabelle zeigt die Fitting-Parameter, wobei die A-Werte Amplituden entsprechen und die
R-Werte den Ratenkonstanten zuzuordnen sind. Die Ratenkonstante R entspricht der
Geschwindigkeitskonstanten 𝑘𝑘 und ist angegeben in 𝑠𝑠 −1 , weshalb der größere Wert dem schnellen
Prozess, also der Diffusion entspricht.
Tabelle 2: Übersicht über die Fitting-Parameter für den Fit des Fluoreszenzsignals in Abbildung 5
Fitting Parameter
𝐴𝐴1
𝑅𝑅1
𝐴𝐴2
𝑅𝑅2
Wert
5003
32,981 𝑠𝑠 −1
648,18
4,847 𝑠𝑠 −1
Fehler
±74
±0,77
±59
±0,95
Nun soll die Geschwindigkeitskonstante 𝑘𝑘1 für die Oxonol V Bindung an die Membran bestimmt
werden (Maßgeblich hierfür ist 𝑅𝑅2 ). Der Bindungsprozess kann über folgende reversible Reaktion
beschrieben werden, wobei sich die Geschwindigkeitskonstante des Gesamtprozesses, die letztlich
durch das Fitting ermittelt wurde, ergibt zu
𝒌𝒌𝟏𝟏
𝑶𝑶 + 𝑽𝑽 ⇌ 𝑶𝑶𝑶𝑶
𝒌𝒌−𝟏𝟏
⟹ 𝒌𝒌 = 𝒌𝒌𝟏𝟏 ∙ 𝒄𝒄𝑽𝑽 − 𝒌𝒌−𝟏𝟏
Die Annahme, dass Oxonol V, in der Gleichung angegeben mit O, einmal an das Vesikel (in der
Gleichung mit V bezeichnet) gebunden, nicht mehr abdiffundieren kann, also, dass 𝑘𝑘−1 = 0 ist,
vereinfacht die Betrachtung erheblich, da so eine Reaktion zweiter Ordnung anstelle einer
reversiblen Reaktion vorliegt. Bevor jedoch 𝑘𝑘1 = 𝑘𝑘/𝑐𝑐𝑉𝑉 berechnet werden kann, muss die
Vesikelkonzentration 𝑐𝑐𝑉𝑉 ermittelt werden. Dazu wird lediglich die Anzahl an Lipidmolekülen pro
Vesikel n und die Konzentration der Lipide 𝑐𝑐𝐿𝐿 in der Lösung benötigt.
Zunächst erfolgt die Berechnung der Lipidmoleküle pro Vesikel. Hierfür wird der durch dynamische
Lichtstreuung ermittelte effektive Außenradius der Liposomen benötigt. Zunächst muss nach
folgender Gleichung das Molekulargewicht der Liposomen berechnet werden. In dieser Gleichung ist
𝑁𝑁𝐴𝐴 die Avogadro Konstante und 𝑉𝑉 ≈ 0,985𝑐𝑐𝑐𝑐3 /𝑔𝑔 das spezifische Volumen der Lipide innerhalb der
Vesikelmembran. 𝑟𝑟𝑎𝑎 ist der gemessene Außenradius des Vesikels und 𝑟𝑟𝑖𝑖 = 𝑟𝑟𝑎𝑎 − 4𝑛𝑛𝑛𝑛 der Innenradius,
wobei die Membrandicke 4 nm ist.
𝑵𝑵𝑨𝑨 𝟒𝟒
6,022 ∙ 1023 𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚 −1 4
𝟑𝟑
𝟑𝟑
𝑴𝑴𝑽𝑽 =
∙ 𝝅𝝅�𝒓𝒓𝒂𝒂 − 𝒓𝒓𝒊𝒊 � =
∙ 𝜋𝜋([122,5𝑛𝑛𝑛𝑛]3 − [118,5𝑛𝑛𝑛𝑛]3 )
𝑽𝑽 𝟑𝟑
0,985 ∙ 107 𝑛𝑛𝑛𝑛3 𝑔𝑔−1 3
= 2,561 ∙ 1017
𝑔𝑔
𝑛𝑛𝑛𝑛3 𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚
∙ 174259𝑛𝑛𝑛𝑛3 = 4,463 ∙ 1022 𝑔𝑔/𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚
Die Anzahl an Lipidmoleküle pro Vesikel entspricht nun dem Verhältnis der Molekulargewichte von
Vesikel und Lipid. Als Lipid wurde DOPC eingesetzt, dessen Molekulargewicht 786,14𝑔𝑔/𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚 beträgt.
𝒏𝒏 =
𝑴𝑴𝑽𝑽
4,463 ∙ 1022 𝑔𝑔/𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚
=
= 5,677 ∙ 1019
𝑴𝑴𝑳𝑳
786,14𝑔𝑔/𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚
Nun kann die Vesikelkonzentration berechnet werden: Da die Oxonol V haltige Lösung keine Lipide
enthält und die Liposomen Lösung 40 µg/ml konzentriert ist, ist 𝑐𝑐𝐿𝐿 = 20µ𝑔𝑔/𝑚𝑚𝑚𝑚.
20 ∙ 109 𝑔𝑔/𝑙𝑙
𝒄𝒄𝑳𝑳
𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚
786,14𝑔𝑔/𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚 2,54 ∙ 107 𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚/𝑙𝑙
=
=
= 4,4742 ∙ 10−13
= 44,7𝑝𝑝𝑝𝑝
𝒄𝒄𝑽𝑽 =
19
19
𝒏𝒏
5,677 ∙ 10
5,677 ∙ 10
𝑙𝑙
Damit ergibt sich letztlich
𝒌𝒌
4,847𝑠𝑠 −1
=
= 1,0833 ∙ 1013 𝑠𝑠 −1 𝑀𝑀−1
𝒌𝒌𝟏𝟏 =
4,4742 ∙ 10−13 𝑀𝑀
𝒄𝒄𝑽𝑽
Typische Diffusionskontrollierte Reaktionen in Lösung weisen Geschwindigkeitskonstanten in der
Größenordnung von 1010 𝑠𝑠 −1 𝑀𝑀−1 auf, da 𝑘𝑘𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑 ≈ 1010 𝑠𝑠 −1 𝑀𝑀−1 . Das Ergebnis ist daher durchaus
plausibel.
Zur Betrachtung des Fehlers von 𝑘𝑘1 wird die Gleichung für die Fehlerfortpflanzung angwendet. Die
zugrundeliegenden Fehler sind der Fehler bei der Bestimmung der Ratenkonstante durch den FittingVorgang und der Fehler bei der Berechnung des effektiven Vesikeldurchmessers durch dynamische
Lichtstreuung. Der Fehler der Vesikelkonzentration ist bekannt und ergibt sich zu ε(cV ) = 0,1 ∙ cV .
1 2
𝜕𝜕𝑘𝑘1 2 2
𝜕𝜕𝑘𝑘1 2 2
𝑘𝑘 2
� 𝜀𝜀 (𝑘𝑘) + �
� 𝜀𝜀 (𝑐𝑐𝑉𝑉 ) = �� � 𝜀𝜀 2 (𝑘𝑘) + �− 2 � 𝜀𝜀 2 (𝑐𝑐𝑉𝑉 )
𝜀𝜀(𝑘𝑘1 ) = ��
𝜕𝜕𝜕𝜕
𝜕𝜕𝑐𝑐𝑉𝑉
𝑐𝑐𝑉𝑉
𝑐𝑐𝑉𝑉
= ��
2
2
1
4,847 𝑠𝑠 −1
−1 )2 + �−
(0,95
�
𝑠𝑠
� (0,1 ∙ 4,4742 ∙ 10−13 𝑀𝑀)2
(4,4742 ∙ 10−13 𝑀𝑀)2
4,4742 ∙ 10−13 𝑀𝑀
= �4,50834 ∙ 1024
𝑠𝑠 −2
𝑠𝑠 −2
+ 1,17358 ∙ 1024 2 = 2,384 ∙ 1012 𝑠𝑠 −1 𝑀𝑀−1
2
𝑀𝑀
𝑀𝑀
⟹ 𝒌𝒌𝟏𝟏 = �𝟏𝟏, 𝟎𝟎𝟎𝟎𝟎𝟎𝟎𝟎 ∙ 𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏 ± 𝟐𝟐, 𝟑𝟑𝟑𝟑𝟑𝟑 ∙ 𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏 �𝒔𝒔−𝟏𝟏 𝑴𝑴−𝟏𝟏
In der Literatur ist die Geschwindigkeitskonstante mit (1,18 ± 0,05) ∙ 1011 𝑠𝑠 −1 𝑀𝑀−1 angegeben
(Clarke et al.). Der Prozess der Anlagerung von Oxonol V an die Liposomen hat also um einen Faktor
100 schneller stattgefunden, als bei den Versuchsbedingungen von Clarke et al der Fall gewesen ist.
Konformationsänderungskinetik der Na+K+ ATPase an der Stopped Flow Apparatur
Mithilfe des Fluoreszenzfarbstoffs RH421, der sehr schnell auf Änderungen des lokalen elektrischen
Feldes reagiert, können Konformationsveränderungen der Na+K+ ATPase zeitlich aufgelöst werden.
Lösung 1 enthält u.a. Natrium-Ionen und Na+K+ ATPase haltige Membranfragmente, sowie den
Farbstoff RH421. Die Lösung 2 enthält ATP, was die Konformationsveränderung induziert. Die
Messung findet in Abwesenheit der Kalium Ionen statt, sodass eine Rückreaktion aus dem E1P
Zustand nicht erfolgt. Die ATPase liegt in Abwesenheit von ATP in der E1 Konformation vor. Nach der
schnellen Mischung mit ATP in sättigender Konzentration erfolgt die schnelle Bindung von ATP und
Phosphorylierung der ATPase (langsamer Prozess, niedrige Geschwindigkeitskonstante). Die durch
Phosphorylierung induzierte Konformationsveränderung (E1P → E2P) und der dadurch vermittelte
Transport der 3 Natrium-Ionen bewirkt eine Änderung des Membranpotentials (schneller Prozess,
hohe Geschwindigkeitskonstante), worauf RH421 mit einer Fluoreszenzänderung reagiert, die
detektiert wird. Das Fitting des Signals erfolgt erneut biexponentiell. Die Fitting-Parameter sind in
folgender Tabelle gelistet.
Abbildung 6: Biphasisches
Fluoreszenzsignal von RH421
während der ATP-Hydrolyse
(langsamer Prozess) und der
Konformationsveränderung von E1P
nach E2P (schneller Prozess) der
Na+-K+-ATPase.
Tabelle 3: Übersicht über die Fitting-Parameter für den Fit des Fluoreszenzsignals in Abbildung 6
Fitting Parameter
𝐴𝐴1
𝑅𝑅1
𝐴𝐴2
𝑅𝑅2
Wert
998
85,795 𝑠𝑠 −1
190,82
24,74 𝑠𝑠 −1
Fehler
±76
±8,7
±15
±1
Für den schnellen Prozess wurde eine Ratenkonstante von 85,795 ± 8,7 𝑠𝑠 −1 und für den
langsameren Prozess eine Ratenkonstante von24,74 ± 1 𝑠𝑠 −1 ermittelt. In der Literatur sind für die
ATPase aus Hasennieren Werte für die Geschwindigkeitskonstanten von 164 ± 9 𝑠𝑠 −1 für den
schnellen Prozess und 32 ± 6 𝑠𝑠 −1 für den langsameren Prozess zu findden (Clarke et al.). Unter den
im Experiment gewählten versuchsbedingungen sind damit die Umlagerung von E1-P in E2-P um
einen Faktor 2 und die Phosphorylierung um etwa 25% verlangsamt. Ursächlich für diese Abweichung
können die unterschiedlichen Versuchsbedingungen (Temperatur, Puffer), aber auch die
Verwendung einer anderen ATPase (hier: aus Zitteraal Electrophorus electricus) sein.
Teil 4: Formeln
Absorptionsspektroskopie
𝜆𝜆 ∙ 𝜈𝜈 = 𝑐𝑐 = 2,998 ∙ 108 𝑚𝑚/𝑠𝑠
Energie eines Lichtquants:
𝐸𝐸 = ℎ ∙ 𝜈𝜈
Induktionsflussdichte
𝐵𝐵 = 𝜇𝜇 ∙ 𝜇𝜇0 ∙ 𝐻𝐻
𝐸𝐸𝑥𝑥 = 𝐸𝐸𝑥𝑥0 ∙ cos 2𝜋𝜋𝜋𝜋𝜋𝜋
Feldstäkevektor (t)
𝐷𝐷01 = |𝜇𝜇01 |2 = 1,63 ∙ 10−38 ∙ 𝜀𝜀𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚 ∙
Dipolstärke
Multiplizität
𝑀𝑀 = 2𝑆𝑆 + 1
Quantifizierung der Absorption:
𝐼𝐼 = 𝐼𝐼0 ∙ 𝑒𝑒 −𝛼𝛼𝛼𝛼 , 𝛼𝛼 = 2,303 ∙ 𝜀𝜀 ∙ 𝑐𝑐
Lambert-Beer
𝐼𝐼 = 𝐼𝐼0 ∙ 10−𝜀𝜀𝜀𝜀𝑑𝑑 , lg
Transmission
𝜀𝜀 −𝜀𝜀
∥
Brechungsindex
⊥
𝒏𝒏 = 𝒄𝒄𝟎𝟎 /𝒄𝒄
𝑑𝑑
𝜆𝜆
𝛼𝛼(𝜆𝜆) = 180° ∙ ∙ (𝑛𝑛𝐿𝐿 − 𝑛𝑛𝑅𝑅 )
Drehung lin. Pol. Lichts: (ORD)
[𝛼𝛼]𝜆𝜆 =
Spezifische Drehung:
[𝑀𝑀]𝜆𝜆 =
Molare Rotation:
Elliptizität (CD):
𝛼𝛼(𝜆𝜆)
𝑐𝑐∙𝑑𝑑
𝛼𝛼(𝜆𝜆)∙𝑀𝑀
10∙𝑐𝑐∙𝑑𝑑
𝜃𝜃(𝜆𝜆) = ln 10 ∙
[𝜃𝜃]𝜆𝜆 =
IR-Spektroskopie
Hookesches Gesetz:
= 𝜀𝜀𝜀𝜀𝑑𝑑 = 𝐴𝐴 = 𝐸𝐸
𝑑𝑑 = 𝜀𝜀 ∥ +𝜀𝜀 ⊥
Dichroitisches Verhältnis (LD):
Harmonischer Oszillator:
𝐼𝐼0
𝐼𝐼
𝑇𝑇% = 𝐼𝐼/𝐼𝐼0 ∙ 100, 𝑂𝑂𝑂𝑂 = 1 → 𝑇𝑇% = 10
LD, CD ORD
Wellenzahl:
∆𝜆𝜆
𝜆𝜆
𝑀𝑀∙𝜃𝜃(𝜆𝜆)
10∙𝑐𝑐∙𝑑𝑑
1
𝜆𝜆
180
2𝜋𝜋
= 3,3𝑀𝑀 ∙ ∆𝜀𝜀
𝑣𝑣� = → 𝐸𝐸 = ℎ𝑐𝑐𝑣𝑣� → 𝑣𝑣� =
𝐹𝐹 = −𝑘𝑘(𝑟𝑟 − 𝑟𝑟0 )
∙ (𝜀𝜀𝐿𝐿′ − 𝜀𝜀𝑅𝑅′ ) ∙ 𝑐𝑐 ∙ 𝑑𝑑 ≈ 33 ∙ (𝜀𝜀𝐿𝐿′ − 𝜀𝜀𝑅𝑅′ ) ∙ 𝑐𝑐 ∙ 𝑑𝑑
𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣
𝑐𝑐
1
2
𝐸𝐸 = 𝑘𝑘 ∙ (𝑟𝑟 − 𝑟𝑟0 )2
Potentielle Energie:
Vibrationsfrequenz:
𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣 =
1
2𝜋𝜋
∙�
𝑚𝑚 1 𝑚𝑚 2
1 +𝑚𝑚 2
Reduzierte Masse:
µ = 𝑚𝑚
Energieniveaus:
𝑘𝑘
µ
1
2
𝐸𝐸𝑣𝑣 = �𝑣𝑣 + � ℎ ∙ 𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣
1
2
Nullpunktenergie:
𝐸𝐸0 = ℎ𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣
Resonanzbedingung:
𝐸𝐸𝑣𝑣 = 𝐸𝐸𝑣𝑣+1 − 𝐸𝐸𝑣𝑣 = ℎ𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣
Fluoreszenz-Spektroskopie
Quantenausbeute:
kf
𝑘𝑘 𝑓𝑓 +𝑘𝑘 𝑖𝑖𝑖𝑖 +𝑘𝑘 𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖 +𝑘𝑘 𝑄𝑄
Φ=
𝑁𝑁(𝑡𝑡) = 𝑁𝑁0 ∙ 𝑒𝑒 −𝑘𝑘 𝑓𝑓 ∙𝑡𝑡 , 𝝉𝝉𝑭𝑭 = 𝟏𝟏/𝒌𝒌𝒇𝒇 , 𝝉𝝉 = 𝝉𝝉𝑭𝑭 ∙ 𝚽𝚽
Fluoreszenzlebensdauer:
Excimere
Stern-Volmer Gleichung für Excimerenbildungsrate:
𝜙𝜙 𝐸𝐸
𝜙𝜙 𝑀𝑀
Bestimmung der Bildungsrate:
Fluoreszenzlöschung
Dynamisch:
statisch:
τ0 =
1
,
𝑘𝑘 𝑓𝑓 +𝑘𝑘 𝑖𝑖𝑖𝑖 +𝑘𝑘 𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖
Φ0
Φ
=1+
Energieübertragungsrate bei FRET:
𝑘𝑘 𝑓𝑓𝑓𝑓
=
𝑘𝑘 𝑓𝑓𝑓𝑓
Φ0
Φ
= 1 + 𝑘𝑘𝑄𝑄 τ0 ,
[𝑀𝑀𝑀𝑀]∗
,
[𝑀𝑀 ∗ ]
𝐸𝐸𝑇𝑇 = 𝑘𝑘
Fluoreszenzpolarisation
𝑘𝑘 𝑇𝑇
𝑘𝑘 𝑇𝑇 +1/𝜏𝜏 𝐷𝐷
Polarisation und Anisotropie:
Absorptionswahrscheinlichkeit
𝜃𝜃 = ∡(𝜇𝜇𝐴𝐴 , 𝐸𝐸))
=
𝑘𝑘 𝑇𝑇
𝐷𝐷
𝐷𝐷
𝐷𝐷
𝑇𝑇 +𝑘𝑘 𝑓𝑓 +𝑘𝑘 𝑖𝑖𝑖𝑖 +𝑘𝑘 𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖
𝐼𝐼 −𝐼𝐼
⊥
𝐼𝐼𝐸𝐸
𝐼𝐼𝑀𝑀
− 𝟏𝟏 = 𝒌𝒌𝒂𝒂 𝒄𝒄𝑸𝑸
Φ 𝐷𝐷 −𝐴𝐴
Φ 𝐷𝐷
,
𝟏𝟏
𝝉𝝉𝑫𝑫
−1=
1
𝑘𝑘 𝑎𝑎 ∙𝑐𝑐∙𝜏𝜏 0
=
𝑹𝑹 −𝟔𝟔
𝑹𝑹𝟎𝟎
𝑘𝑘 𝐷𝐷
𝑓𝑓
𝐷𝐷
𝐷𝐷
𝑘𝑘 𝑇𝑇 +𝑘𝑘 𝐷𝐷
𝑓𝑓 +𝑘𝑘 𝑖𝑖𝑖𝑖 +𝑘𝑘 𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖
𝑘𝑘 𝐷𝐷
𝑓𝑓
𝐷𝐷
𝐷𝐷
𝑘𝑘 𝑓𝑓 +𝑘𝑘 𝐷𝐷
𝑖𝑖𝑖𝑖 +𝑘𝑘 𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖
= 1 − 𝐸𝐸𝑇𝑇
∙� �
𝐼𝐼 −𝐼𝐼
𝐴𝐴 = 𝐼𝐼 ∥+2𝐼𝐼⊥ =
∥
Φ Emax
ΦE
− 𝟏𝟏 = 𝑲𝑲𝒄𝒄𝑸𝑸 𝛕𝛕𝟎𝟎 (Stern-Volmer),
𝑰𝑰𝟎𝟎
𝑰𝑰
𝒌𝒌𝑻𝑻 =
𝑃𝑃 = 𝐼𝐼∥ +𝐼𝐼⊥
− 1 = 𝑘𝑘𝑎𝑎 ∙ 𝑐𝑐 ∙ 𝜏𝜏0 ,
𝑰𝑰𝟎𝟎
𝑰𝑰
[𝑀𝑀𝑀𝑀]
𝑅𝑅06
𝑅𝑅 6 +𝑅𝑅06
∥
∙ 𝑘𝑘𝑎𝑎 𝑐𝑐 ∙ 𝜏𝜏𝐸𝐸 ~
𝑘𝑘𝑎𝑎 = [𝑀𝑀][𝑄𝑄],
Abstandsabhängigkeit der FRET-Effizienz:
Abstandsbestimmung: 𝐸𝐸𝑇𝑇 =
ΦM
max
ΦM
⊥
𝐼𝐼∥ −𝐼𝐼⊥
𝐼𝐼𝐺𝐺𝐺𝐺𝐺𝐺
𝑃𝑃(𝜃𝜃, 𝜑𝜑)~(𝜇𝜇𝐴𝐴 ∙ 𝐸𝐸)2 ~ cos2 𝜃𝜃 (Photoselektion -> kleine Winkel
3
5
1
5
Durch Photoselektion maximale Werte für Anisotropie: 𝐼𝐼∥ = , 𝐼𝐼⊥ = , 𝐴𝐴 = 0,4 (Grenzanisotropie)
Berücksichtigung von 𝜸𝜸 = ∡(𝜇𝜇𝐴𝐴 , 𝜇𝜇𝐸𝐸 ) 𝑨𝑨 =
Fundamentalanisotropie
𝟑𝟑 𝐜𝐜𝐜𝐜𝐜𝐜𝟐𝟐 𝜸𝜸−𝟏𝟏
(=1 für 𝛾𝛾 = 0 im Widerspruch zur Grenzanisotropie)
𝟐𝟐
𝑨𝑨 = 𝟎𝟎, 𝟒𝟒 ∗
𝟑𝟑 𝐜𝐜𝐜𝐜𝐜𝐜𝟐𝟐 𝜸𝜸−𝟏𝟏
𝟐𝟐
(Limitierende Anisotropie −0,2 ≤ 𝐴𝐴0 ≤ 0,4)
Berücksichtigung der Rotationsdiffusion im angeregten Zustand:
Perrin-Gleichung (statisch)
Perrin-Gleichung (dynamisch)
FRAP
𝟏𝟏
𝑨𝑨
=
𝟏𝟏
�𝟏𝟏
𝑨𝑨𝟎𝟎
𝝉𝝉
+ 𝝉𝝉𝑭𝑭 � , 𝜏𝜏𝑐𝑐 =
𝒄𝒄
𝑨𝑨(𝒕𝒕) = 𝑨𝑨𝟎𝟎 𝒆𝒆−𝒕𝒕/𝝉𝝉𝒄𝒄
1
,
6𝐷𝐷𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟
𝐷𝐷𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟 =
𝑘𝑘𝑘𝑘
𝑉𝑉 ℎ 𝜂𝜂
𝑎𝑎 2
𝐷𝐷 = 4𝜏𝜏
1/2
Ausdehnung des fluoreszierenden Flecks auf Durchmesser von 2a:
ESR-Spektroskopie
𝑫𝑫 = 𝒂𝒂𝟐𝟐 /𝟐𝟐𝟐𝟐
Drehimpuls, magnetisches Moment
Gesamtdrehimpulsquantenzahl
Magnetische Momente:
Magneton (Bohrsches Magneton)
Landé-Faktor für ein Atom
Freie Elektronen:
Zeeman-Effekt
Projektion von |S| auf B0:
Spin
Magnetische Quantenzahl von S:
Einstellungsmöglichkeiten in B0:
Projektion von 𝜇𝜇𝑆𝑆 auf B0
±1,0012𝜇𝜇𝐵𝐵 )
𝐽𝐽 = 𝐿𝐿 + 𝑆𝑆, |𝐽𝐽| = ℏ�𝐽𝐽(𝐽𝐽 + 1) = 𝑃𝑃𝐽𝐽 (Gesamtdrehimpuls)
�𝜇𝜇𝐽𝐽 � = 𝛾𝛾 ∙ 𝑃𝑃𝐽𝐽 = 𝑔𝑔 ∙ 𝜇𝜇𝐵𝐵 ∙ 𝑃𝑃𝐽𝐽
𝜇𝜇 =
𝑞𝑞∙ℏ
,
2𝑚𝑚
𝑔𝑔 = 1 +
( 𝜇𝜇𝐵𝐵 =
𝑒𝑒∙ℏ
2𝑚𝑚 𝑒𝑒
= 0,92 ∙ 10−23 𝐽𝐽/𝑇𝑇 )
𝐽𝐽 (𝐽𝐽 +1)+𝑆𝑆(𝑆𝑆+1)−𝐿𝐿(𝐿𝐿+1)
2𝐽𝐽 (𝐽𝐽 +1)
�𝜇𝜇𝐽𝐽 � = |𝜇𝜇𝑆𝑆 | = −𝑔𝑔 ∙ 𝜇𝜇𝐵𝐵 ∙ 𝑃𝑃𝑆𝑆
𝑷𝑷𝒛𝒛 = 𝒎𝒎𝒔𝒔 ℏ
𝑆𝑆 = ±1/2
𝑚𝑚𝑠𝑠 = 𝑆𝑆, 𝑆𝑆 − 1, 𝑆𝑆 − 2, … , −𝑆𝑆
𝟐𝟐𝟐𝟐 + 𝟏𝟏
𝝁𝝁𝒛𝒛 = 𝜸𝜸 ∙ 𝑷𝑷𝒛𝒛 = 𝜸𝜸 ∙ 𝒎𝒎𝒔𝒔 ℏ (für S=0,5  𝜇𝜇𝑧𝑧 = −𝑔𝑔 ∙ 𝜇𝜇𝐵𝐵 ∙ 𝑚𝑚𝑠𝑠 =
Energieniveaus
Energie eines magn. Dipols in B0:
Für 𝑆𝑆 = 0,5 → 𝑚𝑚𝑠𝑠 = ±0,5
𝑬𝑬 = 𝝁𝝁𝒛𝒛 𝑩𝑩𝟎𝟎 = 𝜸𝜸𝒎𝒎𝒔𝒔 ℏ𝑩𝑩𝟎𝟎
1
2
1
2
𝐸𝐸+1/2 = + ℏ ∙ 𝑔𝑔 ∙ 𝜇𝜇𝐵𝐵 ∙ 𝐵𝐵0 und 𝐸𝐸−1/2 = − ℏ ∙ 𝑔𝑔 ∙ 𝜇𝜇𝐵𝐵 ∙ 𝐵𝐵0
 Energiedifferenz:
Resonanzbedingung:
Boltzmann-Verteilung
Larmor-Präzession
Drehmoment
Larmor-Frequenz:
∆𝑬𝑬 = 𝜸𝜸ℏ ∙ 𝑩𝑩𝟎𝟎
𝒉𝒉𝒉𝒉 = ∆𝑬𝑬 = 𝜸𝜸ℏ ∙ 𝑩𝑩𝟎𝟎
∆𝑬𝑬
∆𝐸𝐸
1
~
𝑘𝑘∙𝑇𝑇 200
𝒏𝒏+ = 𝒏𝒏− ∙ 𝒆𝒆−𝒌𝒌∙𝑻𝑻 ,
𝚪𝚪 = 𝝁𝝁 × 𝑩𝑩𝟎𝟎
𝑣𝑣𝐿𝐿 =
𝛾𝛾∙𝐵𝐵0 ℏ
ℎ
=
𝛾𝛾∙𝐵𝐵0
2𝜋𝜋
𝑛𝑛
→ 𝑛𝑛 − = 1,000007
+
↔ 𝝎𝝎𝟎𝟎 = 𝜸𝜸 ∙ 𝑩𝑩𝟎𝟎
Spin-Gitter-Relaxation
T1 (Boltzmann-Verteilung)
Spin-Spin-Relaxation
T2 (Kohärenz; ausschlaggebend für ESR), ∆𝑬𝑬 ∙ 𝝉𝝉 = 𝒉𝒉
Spin-Bahn-Kopplung:
Hyperfeinaufspaltung
g=2,00232 (ohne), 1 < 𝑔𝑔 < 4 (Übergangsmetallionen)
𝑩𝑩𝒆𝒆𝒆𝒆𝒆𝒆 = 𝑩𝑩𝟎𝟎 + 𝑩𝑩𝒍𝒍𝒍𝒍𝒍𝒍 (WW mit magn. Moment des Atomkerns)
Einstellungsmöglichkeiten des Kernspins in B0:
Magnetische Quantenzahl von I:
Resonanzen (Linien) bei:
2𝐼𝐼 + 1 (Aufspaltung der Linie)
𝑚𝑚𝐼𝐼 = 𝐼𝐼, 𝐼𝐼 − 1, 𝐼𝐼 − 2, … , −𝐼𝐼
0
𝐵𝐵𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟 = 𝐵𝐵𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟
− 𝑎𝑎𝑚𝑚𝐼𝐼 (Hyperfeinkopplungskonstante = 𝒂𝒂)
ESR-Linien einer paramagnetischen Substanz: 𝟐𝟐𝟐𝟐(𝟐𝟐𝟐𝟐 + 𝟏𝟏)
Anwendungen: Spektrale Anisotropie
Molekulares System ist achsialsym. entlang z:
𝑔𝑔∥ = 𝑔𝑔𝑧𝑧𝑧𝑧 ,
𝑎𝑎∥ = 𝑎𝑎𝑧𝑧𝑧𝑧 ,
𝑔𝑔⊥ = 𝑔𝑔𝑥𝑥𝑥𝑥 = 𝑔𝑔𝑦𝑦𝑦𝑦
𝑎𝑎⊥ = 𝑎𝑎𝑥𝑥𝑥𝑥 = 𝑎𝑎𝑦𝑦𝑦𝑦
Orientierungen zwischen den Hauptachsen:
𝑔𝑔𝜃𝜃 = �𝑔𝑔∥2 cos 2 𝜃𝜃 + 𝑔𝑔⊥2 sin2 𝜃𝜃
𝑎𝑎𝜃𝜃 = �𝑎𝑎∥2 cos 2 𝜃𝜃 + 𝑎𝑎⊥2 sin2 𝜃𝜃
Isotropes Spektrum
Es ergeben sich die isotropen Mittelwerte:
1
𝑎𝑎0 = (𝑎𝑎𝑧𝑧𝑧𝑧 + 𝑎𝑎𝑦𝑦𝑦𝑦 + 𝑎𝑎𝑥𝑥𝑥𝑥 )
3
1
𝑔𝑔0 = (𝑔𝑔𝑧𝑧𝑧𝑧 + 𝑔𝑔𝑦𝑦𝑦𝑦 + 𝑔𝑔𝑥𝑥𝑥𝑥 )
3
Für den Fall der Achsialsymmetrie gilt:
1
𝑎𝑎0 = (𝑎𝑎∥ + 2𝑎𝑎⊥ )
3
1
𝑔𝑔0 = (𝑔𝑔∥ + 2𝑔𝑔⊥ )
3
𝒂𝒂 −𝒂𝒂
𝒔𝒔 = 𝒂𝒂 ∥ −𝒂𝒂⊥ =
Ordnungsgrad (beobachtete/maximale Hyperfeinaufsp.):
𝒛𝒛𝒛𝒛
Winkel zwischen Membran-Normale und Moleküllängsachse)
Rotationskorrelationszeit für eine Kugel:
Rotkor-Zeit für Segmentbewegung eines Proteins:
𝜏𝜏𝑅𝑅 =
𝒙𝒙𝒙𝒙
𝟑𝟑⟨𝐜𝐜𝐜𝐜𝐜𝐜𝟐𝟐 𝜽𝜽⟩−𝟏𝟏
(𝜃𝜃 ist der
𝟐𝟐
4𝜋𝜋𝜋𝜋 𝑎𝑎 3
3𝑘𝑘𝑘𝑘
ℎ
𝜏𝜏𝑅𝑅 = 6,5 ∙ 10−10 ∙ ∆𝐵𝐵0 ∙ �ℎ 0 − 1
−1
𝐷𝐷𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑 = 6 ∙ 10−16 ∙
Diffusionskoeffizient (Austauschfrequenz, Sonden-Konzentration):
Vernachlässigung einer Phasentrennung!)
𝑊𝑊𝑒𝑒𝑒𝑒
𝑐𝑐
(unter
NMR-Spektroskopie
Kernspin:
Magnetisches Moment:
FID
𝐹𝐹(𝑡𝑡) =
Spektrum
𝑎𝑎 0
2
|𝐼𝐼| = ℏ�𝐼𝐼(𝐼𝐼 + 1) = 𝑃𝑃𝐼𝐼
𝜇𝜇𝐼𝐼 = 𝛾𝛾 ∙ 𝐼𝐼 = 𝑔𝑔𝑁𝑁 ∙ 𝜇𝜇𝑁𝑁 ∙ 𝐼𝐼
𝜇𝜇𝑁𝑁 =
𝑒𝑒∙ℏ
2𝑚𝑚 𝑝𝑝
= 5,05 ∙ 10−27 𝐽𝐽/𝑇𝑇
+ 𝑎𝑎1 cos 𝑥𝑥 + 𝑎𝑎2 cos 2𝑥𝑥 + 𝑎𝑎3 cos 3𝑥𝑥 + ⋯ + 𝑏𝑏1 sin 𝑥𝑥 + 𝑏𝑏2 sin 2𝑥𝑥 + 𝑏𝑏3 sin 3𝑥𝑥 + ⋯
Chemische Verschiebung
Induziertes B-Feld:
Resonanzfrequenz:
chem Versch.
Spin-Spin-Kopplung:
+∞
+∞
𝐹𝐹(𝜔𝜔) = ∫−∞ 𝑓𝑓(𝑡𝑡)𝑒𝑒 𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖 𝑑𝑑𝑑𝑑 = ∫−∞ 𝑓𝑓(𝑡𝑡) ∙ (cos 𝜔𝜔𝜔𝜔 + 𝑖𝑖 sin 𝜔𝜔𝜔𝜔)𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑩𝑩𝒍𝒍𝒍𝒍𝒍𝒍 = 𝑩𝑩𝟎𝟎 − 𝑩𝑩𝒊𝒊𝒊𝒊𝒊𝒊, 𝐵𝐵𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖 = 𝜎𝜎𝐵𝐵0
𝜔𝜔0 = 𝛾𝛾𝐵𝐵0 (1 − 𝜎𝜎)
𝛿𝛿 =
𝑣𝑣𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅 −𝑣𝑣𝑃𝑃𝑃𝑃𝑃𝑃𝑃𝑃𝑃𝑃
𝑣𝑣𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅
∙ 106 𝑝𝑝𝑝𝑝𝑝𝑝
0
𝐵𝐵𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟 = 𝐵𝐵𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟
− 𝐽𝐽𝑚𝑚𝐼𝐼
Multiplizität bei n benachbarten Kernen mit Spin I:
Gesamtmultiplizität des betrachteten Kerns: 𝒛𝒛 = ∏ 𝒛𝒛𝒊𝒊
𝒛𝒛 = 𝟐𝟐𝟐𝟐 ∙ 𝑰𝑰 + 𝟏𝟏
Relaxation:
Spin-Gitter:
Spin-Spin:
Pulstechnik
Abklingen des FIDs:
𝑴𝑴𝒛𝒛 = 𝑴𝑴𝟎𝟎 �𝟏𝟏 − 𝒆𝒆−𝒕𝒕/𝑻𝑻𝟏𝟏 �
𝑴𝑴𝒚𝒚 = 𝑴𝑴𝒚𝒚𝒚𝒚 �𝒆𝒆−𝒕𝒕/𝑻𝑻𝟐𝟐 �
𝜽𝜽 = 𝜸𝜸𝑩𝑩𝟏𝟏 𝒕𝒕𝒑𝒑 wobei 𝑡𝑡𝑝𝑝 ≪ 𝜏𝜏𝑟𝑟 und 1µ𝑠𝑠 < 𝑡𝑡𝑝𝑝 < 50µ𝑠𝑠
𝑑𝑑𝑀𝑀𝑦𝑦′
𝑑𝑑𝑑𝑑
=−
Inversion Recovery zur Messung von T1:
Peak-Halbwertsbreite:
∆𝑣𝑣1/2 ≥
𝑀𝑀𝑦𝑦′
𝑇𝑇2
1
2𝜋𝜋∙𝑇𝑇2
𝐴𝐴 = 𝐴𝐴max �1 − 2e
τ
T1
−
� , Nullstelle: τ = T1 ∙ ln 2
Licht-Streuung
Elastische Streuung:
𝑥𝑥
𝑐𝑐
oszillierendes E-Feld des eingestrahlten Lichts: 𝐸𝐸 = 𝐸𝐸0 ∙ cos �2𝜋𝜋 ∙ 𝑣𝑣 �𝑡𝑡 − ��
oszillierendes elektrisches Dipolmoment:
E-Feld der Dipolstrahlung:
Für polarisiertes Licht (𝐼𝐼~𝐸𝐸²):
Für unpolarisiertes Licht:
Streuung an verd. Gas (Clausius-Mosotti):
𝝁𝝁 = 𝜶𝜶𝜶𝜶
𝑰𝑰𝑺𝑺
𝑰𝑰𝟎𝟎
𝑰𝑰𝑺𝑺
𝑰𝑰𝟎𝟎
Für reale Lösungen…:
…mit Rayleigh-Verhältnis
Streuung an Makromolekülen:
= 𝛼𝛼 2 ∙ 𝑟𝑟 2 ∙𝜆𝜆 4 ∙ sin2 Φ
16𝜋𝜋 4
=
1
4𝜋𝜋 2
=
𝑛𝑛 02
4𝜋𝜋 2
𝑑𝑑𝑑𝑑 2
𝑑𝑑𝑑𝑑
Linke Vertikale Linie im Zimm-Diagramm:
Quasi-elastische Streuung:
Streuvektor:
Halbwertsbreite des Streulicht-Peaks
Stokes-Einstein-Relation für Kugel:
16𝜋𝜋 4
𝑀𝑀 2
1
2
𝟏𝟏 𝒅𝒅𝒅𝒅 𝑴𝑴𝒓𝒓
∙ ∙
𝟐𝟐𝟐𝟐 𝒅𝒅𝒅𝒅 𝑵𝑵𝑨𝑨
∙ � � ∙ 𝑁𝑁 𝑟𝑟2 ∙ 𝑟𝑟 2 ∙𝜆𝜆 4 ∙ (1 + cos2 θ)
𝐾𝐾∙𝑐𝑐
𝑅𝑅𝜃𝜃
𝐾𝐾𝐾𝐾
𝑅𝑅𝜃𝜃
=
=
1
𝑀𝑀𝑟𝑟
1
𝑀𝑀𝑟𝑟
𝒊𝒊
𝑑𝑑𝑑𝑑 2
𝑑𝑑𝑑𝑑
∙� � ∙
𝐴𝐴
𝑀𝑀𝑟𝑟2
𝑁𝑁𝐴𝐴2
𝟎𝟎
1
𝑃𝑃(𝜃𝜃)
∙�
𝐾𝐾𝐾𝐾
𝜃𝜃→0 𝑅𝑅𝜃𝜃
=
=
lim c→0
𝐾𝐾𝐾𝐾
|
𝑅𝑅𝜃𝜃 𝜃𝜃=0°
𝐾𝐾𝐾𝐾
|
𝑅𝑅𝜃𝜃 𝑐𝑐=0
|𝑞𝑞| =
Δ𝑣𝑣 =
𝐷𝐷 =
=
=
4𝜋𝜋
𝜆𝜆
16𝜋𝜋 4
𝑟𝑟 2 ∙𝜆𝜆 4
𝒓𝒓𝟐𝟐
𝑹𝑹𝜽𝜽 = 𝑰𝑰𝒔𝒔 ∙ 𝟏𝟏+𝐜𝐜𝐜𝐜𝐜𝐜𝟐𝟐 𝜽𝜽
𝐾𝐾𝐾𝐾
𝑅𝑅𝜃𝜃
∙
+ 2𝐵𝐵𝐵𝐵 + ⋯
𝑃𝑃(𝜃𝜃) = 1 −
Untere Horizontale Linie im Zimm-Diagramm:
1
2
= 𝛼𝛼 2 ∙ 𝑟𝑟 2 ∙𝜆𝜆 4 ∙ (1 + cos 2 θ)
𝒏𝒏
𝑛𝑛2 − 𝒏𝒏𝟐𝟐𝟎𝟎 = 4𝜋𝜋 ∙ 𝑁𝑁 ∙ 𝛼𝛼 → 𝜶𝜶 = 𝟐𝟐𝟐𝟐𝟎𝟎 ∙
𝑰𝑰𝑺𝑺
𝑰𝑰𝟎𝟎
Für ideale Lösungen…:
16𝜋𝜋 4
𝑥𝑥
𝑐𝑐
∙ cos �2𝜋𝜋 ∙ 𝑣𝑣 �𝑡𝑡 − ��
𝒏𝒏𝟐𝟐 − 𝟏𝟏 = 𝟒𝟒𝟒𝟒 ∙ 𝑵𝑵 ∙ 𝜶𝜶 → 𝜶𝜶 =
𝑰𝑰𝑺𝑺
𝑰𝑰𝟎𝟎
Streuung an gelösten Molekülen:
4𝜋𝜋 2 ∙sin Φ
𝑟𝑟 ∙𝜆𝜆 2
𝐸𝐸 = 𝛼𝛼 ∙ 𝐸𝐸0 ∙
𝑘𝑘𝑘𝑘
6𝜋𝜋𝜋𝜋 𝑟𝑟
1
𝑀𝑀𝑟𝑟
1
𝑀𝑀𝑟𝑟
𝐾𝐾 =
𝜃𝜃
∙ sin2 2
+ 2𝐵𝐵𝐵𝐵
�1 +
∙ (1 + cos2 θ)
und
+ 2𝐵𝐵𝐵𝐵�
16𝜋𝜋 2 ∙𝑅𝑅𝐺𝐺2
3𝜆𝜆 2
1
𝑀𝑀𝑟𝑟
sin
𝐷𝐷𝑞𝑞 2
2𝜋𝜋
1
𝑀𝑀𝑟𝑟
1
2
𝒅𝒅𝒅𝒅 𝑴𝑴𝒓𝒓
∙
𝒅𝒅𝒅𝒅 𝑵𝑵𝑨𝑨
16𝜋𝜋 2 ∙𝑅𝑅𝐺𝐺2
3𝜆𝜆 2
𝜃𝜃
2
(Diffusionskoeffizient)
(Teilchenradius)
𝜃𝜃
∙ sin2 2 �
2𝜋𝜋 2 ∙𝑛𝑛 02
𝑁𝑁𝐴𝐴 ∙𝜆𝜆 4
𝑑𝑑𝑑𝑑 2
𝑑𝑑𝑑𝑑
∙� �
Raman-Spektroskopie und inelastische Streuung
Zeitabhängigkeit des osz. Dipolmom.
𝜇𝜇(𝑡𝑡) = 𝛼𝛼𝐸𝐸0 cos 2𝜋𝜋𝑣𝑣𝑜𝑜 𝑡𝑡
Zeitabhängigkeit der Polarisierbarkeit
𝛼𝛼(𝑡𝑡) = 𝛼𝛼0 + 𝛼𝛼𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣 cos 2𝜋𝜋𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣 𝑡𝑡
3 Frequenz-Komponenten im Streulicht (Rayleigh, Anti-Stokes, Stokes):
1
2
1
2
𝜇𝜇(𝑡𝑡) = 𝛼𝛼0 𝐸𝐸0 ∙ cos[2𝜋𝜋𝑣𝑣𝑜𝑜 𝑡𝑡] + 𝛼𝛼𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣 𝐸𝐸0 ∙ cos[2𝜋𝜋(𝑣𝑣0 + 𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣 )𝑡𝑡] + 𝛼𝛼𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣 𝐸𝐸0 ∙ cos[2𝜋𝜋(𝑣𝑣0 − 𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣 )𝑡𝑡]
Röntgen- und Neutronen-Beugung
𝑅𝑅�⃗ = 𝑛𝑛1 𝑎𝑎⃗1 + 𝑛𝑛2 𝑎𝑎⃗2 + 𝑛𝑛3 𝑎𝑎⃗3
Ortsvektoren des Bravis-Gitters (Gitterpunkte im Ortsraum):
Ortsvektoren im reziproken Gitter (Gitterpunkte im Phasenraum): 𝐺𝐺⃗ = ℎ𝑏𝑏�⃗1 + 𝑘𝑘𝑏𝑏�⃗2 + 𝑙𝑙𝑏𝑏�⃗3
Zusammenhang Ortsraum <-> Phasenraum:
𝑒𝑒 𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖𝑖 = 1 → 𝐺𝐺𝐺𝐺 = 2𝜋𝜋𝜋𝜋 , 𝑁𝑁 ∈ ℤ
Zusammenhänge der Basisvektoren (primitive Gittervektoren des reziproken bzw. Bravis-Gitters):
𝑏𝑏�⃗1 = 2𝜋𝜋 ∙
Laue Gleichung:
𝑎𝑎⃗2 × 𝑎𝑎⃗3
,
𝑉𝑉
𝑏𝑏�⃗2 = 2𝜋𝜋 ∙
𝑉𝑉 = 𝑎𝑎⃗1 (𝑎𝑎⃗2 × 𝑎𝑎⃗3 ),
Wellenvektor:
𝑎𝑎⃗3 × 𝑎𝑎⃗1
,
𝑉𝑉
𝑏𝑏�⃗3 = 2𝜋𝜋 ∙
2𝜋𝜋
𝑏𝑏𝑖𝑖 𝑎𝑎𝑗𝑗 = 2𝜋𝜋𝛿𝛿𝑖𝑖𝑖𝑖 = �
0
𝑎𝑎⃗1 × 𝑎𝑎⃗2
𝑉𝑉
𝑖𝑖 = 𝑗𝑗
𝑖𝑖 ≠ 𝑗𝑗
�⃗ = 𝐺𝐺⃗
𝑎𝑎⃗𝑛𝑛 (𝑠𝑠⃗ − 𝑠𝑠⃗0 ) = ℎ𝜆𝜆 → 𝑘𝑘�⃗ − 𝑘𝑘�⃗0 = 𝐾𝐾
𝜆𝜆 = 2𝜋𝜋/𝑘𝑘�⃗
(Erklärung: Der Satz G reziproker Gittervektoren muss gleich der Differenz der einfallenden und reflektierten Wellenvektoren
sein, damit konstruktive Interferenz resultiert)
Braggsche Reflexionsbedinung:
Streuung an Elektronenhüllen (1D):
Laue Gleichungen (3D):
2𝑑𝑑 ∙ sin 𝜃𝜃 = 𝑛𝑛𝑛𝑛,
𝑛𝑛 = 1,2,3 …
𝒉𝒉𝒉𝒉 = 𝒂𝒂(𝐜𝐜𝐜𝐜𝐜𝐜 𝜶𝜶 − 𝐜𝐜𝐜𝐜𝐜𝐜 𝜶𝜶𝟎𝟎 ) , ℎ = 0,1,2 …
ℎ𝜆𝜆 = 𝑎𝑎(cos 𝛼𝛼 − cos 𝛼𝛼0 )
𝑘𝑘𝑘𝑘 = 𝑏𝑏(cos 𝛽𝛽 − cos 𝛽𝛽0 )
Laue + Bragg für kubisches Gitter:
Strukturfaktor 𝐹𝐹ℎ𝑘𝑘𝑘𝑘 , Streufaktoren 𝐴𝐴𝑗𝑗
Elektronendichteverteilung:
Phasenproblem:
𝑙𝑙𝑙𝑙 = 𝑐𝑐(cos 𝛾𝛾 − cos 𝛾𝛾0 )
ℎ2
𝑎𝑎 2
𝜆𝜆 �
+
𝑘𝑘 2
𝑏𝑏 2
+
1/2
𝑙𝑙 2
�
𝑐𝑐 2
= 2 sin 𝜃𝜃
2
2𝜋𝜋𝜋𝜋 ∙�ℎ𝑥𝑥 𝑗𝑗 +𝑘𝑘𝑦𝑦 𝑗𝑗 +𝑙𝑙𝑧𝑧 𝑗𝑗 �
𝐼𝐼ℎ𝑘𝑘𝑘𝑘 ~ �𝑛𝑛 ∙ ∑𝑁𝑁
� = |𝐹𝐹ℎ𝑘𝑘𝑘𝑘 |2
𝑗𝑗 =1 𝐴𝐴𝑗𝑗 𝑒𝑒
𝜚𝜚(𝑥𝑥, 𝑦𝑦, 𝑧𝑧) = ∫𝑉𝑉
𝐸𝐸𝐸𝐸
𝐹𝐹ℎ𝑘𝑘𝑘𝑘 ∙ 𝑒𝑒
𝐹𝐹ℎ𝑘𝑘𝑘𝑘 = |𝐹𝐹ℎ𝑘𝑘𝑘𝑘 | ∙ 𝑒𝑒 𝑖𝑖𝛼𝛼 ℎ 𝑘𝑘𝑘𝑘
−2𝜋𝜋𝜋𝜋 ∙�
ℎ 𝑥𝑥 𝑘𝑘𝑘𝑘 𝑙𝑙𝑙𝑙
+ + �
𝑎𝑎
𝑏𝑏
𝑐𝑐
𝑑𝑑𝑑𝑑
1
2
3
2
𝝀𝝀 = 𝒉𝒉/𝒑𝒑 , 𝐸𝐸 = 𝑚𝑚𝑣𝑣 2 = 𝑘𝑘𝑘𝑘 → 𝜆𝜆 = ℎ/√2𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚
De Broglie für thermische Neutronen:
Chemisches Potential
Reine Substanz:
𝝁𝝁 = 𝑮𝑮/𝒏𝒏
𝜕𝜕𝜕𝜕
�
𝜕𝜕𝑛𝑛 𝑖𝑖 𝑃𝑃,𝑇𝑇,𝑛𝑛
Mischung, Gibbs-Duhem Gelichung:
𝜇𝜇𝑖𝑖 = �
Chemisches Potential, ideal verd. Lösung:
𝑗𝑗
→ 𝑑𝑑𝑑𝑑 = ∑𝑖𝑖 𝜇𝜇𝑖𝑖 𝑑𝑑𝑛𝑛𝑖𝑖
𝝁𝝁 = 𝝁𝝁𝟎𝟎 + 𝑹𝑹𝑹𝑹 𝐥𝐥𝐥𝐥 𝒄𝒄
Aktivität:
𝒂𝒂 = 𝒇𝒇(𝒄𝒄) ∙ 𝒄𝒄
𝜀𝜀𝜀𝜀 0 𝑘𝑘 𝐵𝐵 𝑇𝑇
2𝑁𝑁𝐴𝐴 𝑒𝑒 2 𝐼𝐼
Ionenradius (Debye-Hückel):
𝛽𝛽 = �
=
0,304∙10 −9 𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚
�
𝑙𝑙
√𝐼𝐼
log 𝑓𝑓 = −𝐴𝐴|𝑧𝑧+ 𝑧𝑧− | ∙ √𝐼𝐼
Debye-Hückel-Grenzgesetz (niedrige c):
𝑑𝑑𝑑𝑑 = (𝜇𝜇′′ − 𝜇𝜇′ )𝑑𝑑𝑑𝑑
Verteilungsgleichgewicht (2 Phasen):
Konzentrationsverhältnis im Gleichgewicht:
Chemische Reaktion im Nicht-Gleichgewicht:
𝒄𝒄′′
𝒄𝒄′
= 𝒆𝒆
�𝝁𝝁′𝟎𝟎 −𝝁𝝁′′
𝟎𝟎 �
𝑹𝑹𝑹𝑹
0
−∆𝐺𝐺 = 𝑅𝑅𝑅𝑅 ln
Enthalpie, Entropie:
𝑣𝑣
𝑣𝑣
= 𝜸𝜸
𝑣𝑣𝑄𝑄
𝑐𝑐𝑃𝑃 𝑃𝑃 ∙𝑐𝑐𝑄𝑄
𝑣𝑣
𝑣𝑣
𝑐𝑐𝐴𝐴 𝐴𝐴 ∙𝑐𝑐𝐵𝐵𝐵𝐵
𝑣𝑣𝑄𝑄
𝑐𝑐𝑃𝑃 𝑃𝑃 ∙𝑐𝑐𝑄𝑄
𝑣𝑣
𝑣𝑣
𝑐𝑐𝐴𝐴 𝐴𝐴 ∙𝑐𝑐𝐵𝐵𝐵𝐵
∆𝐺𝐺 = ∆𝐻𝐻 − 𝑇𝑇∆𝑆𝑆,
Elektrochemie
−∆𝑮𝑮𝟎𝟎
𝑹𝑹𝑹𝑹
∆𝐺𝐺 = ∆𝐺𝐺 + 𝑅𝑅𝑅𝑅 ln
0
Chem. Reaktion im Gleichgewicht:
= 𝒆𝒆
∆𝐺𝐺 0
= 𝑅𝑅𝑅𝑅 ln 𝐾𝐾 → 𝐾𝐾 = 𝑒𝑒 − 𝑅𝑅𝑅𝑅
𝐾𝐾 = 𝑒𝑒
∆𝐻𝐻 0
𝑅𝑅𝑅𝑅
−
∙ 𝑒𝑒
∆𝑆𝑆 0
𝑅𝑅
−
Grundgleichungen der Elektrostatik (gelten für Punktladungen)
�⃗
𝒒𝒒𝟏𝟏 𝒒𝒒𝟐𝟐 𝒓𝒓
�⃗|
𝒓𝒓𝟐𝟐 |𝒓𝒓
𝟏𝟏 𝒒𝒒𝟏𝟏 𝒒𝒒𝟐𝟐
𝟒𝟒𝟒𝟒𝜺𝜺𝟎𝟎 𝒓𝒓
𝟏𝟏
�⃗𝑪𝑪 (𝒓𝒓
�⃗(𝒓𝒓
�⃗) = −𝒈𝒈𝒈𝒈𝒈𝒈𝒈𝒈�𝑼𝑼(𝒓𝒓
�⃗)� = 𝑬𝑬
�⃗)𝒒𝒒𝟐𝟐 =
𝑭𝑭
𝟒𝟒𝟒𝟒𝜺𝜺
�⃗
𝒓𝒓
�⃗(𝒓𝒓
�⃗) = − ∫𝒓𝒓�⃗ 𝑭𝑭
�⃗′ )𝒅𝒅𝒓𝒓
�⃗′ = 𝝋𝝋
��⃗(𝒓𝒓
�⃗)𝒒𝒒𝟐𝟐 =
𝑼𝑼(𝒓𝒓
𝟎𝟎
𝟎𝟎
�⃗
�⃗
𝒓𝒓
�⃗(𝒓𝒓
��⃗(𝒓𝒓
�⃗) = − ∫𝒓𝒓�⃗ 𝑬𝑬
�⃗′ )𝒅𝒅𝒓𝒓
�⃗′ =
𝝋𝝋
𝟎𝟎
𝟐𝟐
�⃗)
𝑼𝑼(𝒓𝒓
𝒒𝒒𝟐𝟐
Faraday-Gesetz (transportierte Ladung vs. an Elektroden umgesetzte Stoffmenge):
𝑸𝑸 = 𝑰𝑰𝑰𝑰 = 𝒏𝒏𝒏𝒏𝒏𝒏
Potentialdifferenz der Elektroden ist mit einem E-Feld in x-Richtung verbunden:
Kraft auf Kation bzw. Anion:
𝐸𝐸𝑥𝑥 = −
�⃗
𝒒𝒒𝟏𝟏 𝒓𝒓
𝟐𝟐 |𝒓𝒓
�⃗|
𝒓𝒓
𝟎𝟎
𝟏𝟏 𝒒𝒒𝟏𝟏
𝟒𝟒𝟒𝟒𝜺𝜺𝟎𝟎 𝒓𝒓
𝑭𝑭
𝟏𝟏
�𝑬𝑬⃗(𝒓𝒓
�⃗) = −𝒈𝒈𝒈𝒈𝒈𝒈𝒈𝒈�𝝋𝝋
��⃗(𝒓𝒓
�⃗)� = 𝑪𝑪 =
𝒒𝒒
𝟒𝟒𝟒𝟒𝜺𝜺
𝑑𝑑𝑑𝑑 𝜑𝜑1 − 𝜑𝜑2 𝑉𝑉
=
=
𝑙𝑙
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑙𝑙
�𝑲𝑲
�⃗, �𝑲𝑲
�⃗
�⃗+ = 𝒆𝒆𝑬𝑬
�⃗− = −𝒆𝒆𝑬𝑬
=
Konstante Geschwindigkeiten:
�⃗, 𝒗𝒗
�⃗
�⃗+ = 𝒖𝒖+ 𝑬𝑬
�⃗− = −𝒖𝒖− 𝑬𝑬
𝒗𝒗
Zwischen den Elektroden fließender Strom
Elektrischer Leitwert (reziprok: Widerstand):
𝐼𝐼 = 𝑐𝑐𝑐𝑐𝑐𝑐(𝑢𝑢+ + 𝑢𝑢− )
𝑉𝑉
𝑙𝑙
𝐼𝐼/𝑉𝑉 = 𝑐𝑐𝑐𝑐𝑐𝑐(𝑢𝑢+ + 𝑢𝑢− )/𝑙𝑙
𝜆𝜆 = 𝐼𝐼𝐼𝐼/𝑉𝑉𝑉𝑉 = 𝑐𝑐𝑐𝑐(𝑢𝑢+ + 𝑢𝑢− )
Elektrische Leitfähigkeit (reziprok: spezifischer Widerstand):
𝜆𝜆 = 𝑐𝑐𝑐𝑐(𝑛𝑛+ 𝑧𝑧+𝑢𝑢+ + 𝑛𝑛− 𝑧𝑧−𝑢𝑢−)
Dissoziationszahl und Ladungszahl berücksichtigt:
Λ = 𝐹𝐹(𝑢𝑢+ + 𝑢𝑢− ) = 𝜆𝜆/𝑐𝑐
Molare elektrische Leitfähigkeit:
Coulomb-Kraft und Energie:
Thermische Energie induziert Dissoziation:
�⃗𝐶𝐶 = 𝑞𝑞 + 𝑞𝑞 − 2 𝑟𝑟⃗0 , 𝑊𝑊𝐶𝐶 = − 𝑞𝑞 + 𝑞𝑞 −
𝐾𝐾
4𝜋𝜋𝜋𝜋 𝜀𝜀 𝑟𝑟
4𝜋𝜋𝜋𝜋 𝜀𝜀 𝑟𝑟
0
𝑾𝑾𝒕𝒕𝒕𝒕 = 𝒌𝒌𝑩𝑩 𝑻𝑻 = 𝟒𝟒, 𝟏𝟏 ∙ 𝟏𝟏𝟏𝟏−𝟐𝟐𝟐𝟐 𝑱𝑱
0
Konzentrationsabhängigkeit der Leitfähigkeit: Λ(c) = Λ 0 − 𝑎𝑎 √𝑐𝑐
Stokesches Gesetz
Beweglichkeit vs. hydratisierter Ionenradius:
�⃗𝑟𝑟 = −𝑓𝑓𝑣𝑣⃗ = −6𝜋𝜋𝜋𝜋𝜋𝜋𝑣𝑣⃗
𝐾𝐾
𝑢𝑢 =
𝑞𝑞
𝑓𝑓
𝑧𝑧
= ± 6𝜋𝜋𝜋𝜋+/−
∙𝑟𝑟
∙𝑒𝑒
+/−
𝑡𝑡+ = 𝐼𝐼+ /𝐼𝐼 = 𝑢𝑢+/(𝑢𝑢+ + 𝑢𝑢−)
Anteil am Gesamststrom für Kation:
Ionengleichgewichte an Membranen
𝜇𝜇�𝑖𝑖 = 𝜇𝜇𝑖𝑖 + 𝑧𝑧𝑖𝑖 𝐹𝐹𝐹𝐹 = 𝜇𝜇𝑖𝑖0 + 𝑅𝑅𝑅𝑅 ln 𝑎𝑎𝑖𝑖 + 𝑧𝑧𝑖𝑖 𝐹𝐹𝐹𝐹
Elektrochemisches Potential:
Membranpotential im GG (Nernst-Gleichung): 𝜇𝜇�′ = 𝜇𝜇�′′ → 𝑉𝑉𝑚𝑚 = 𝜑𝜑′ − 𝜑𝜑′′ =
Für Na+:
𝑉𝑉𝑚𝑚 = 59𝑚𝑚𝑚𝑚 ∙ log10
Donnan-Gleichung:
Elektroneutralität bei Protein-freier Lösung:
𝒄𝒄′+ 𝒄𝒄′− = 𝒄𝒄′′+ 𝒄𝒄′′−
𝑐𝑐 ′′
𝑐𝑐 ′
𝒄𝒄′+ = 𝒄𝒄′− = 𝒄𝒄′ → (𝒄𝒄′ )𝟐𝟐 = 𝒄𝒄′′+ 𝒄𝒄′′−
Elektroneutralität bei Protein-haltiger Lösung 𝒄𝒄′′− = 𝒛𝒛𝑷𝑷 𝒄𝒄𝑷𝑷 + 𝒄𝒄′′+
𝑧𝑧𝑃𝑃 𝑐𝑐 𝑃𝑃 2
�
2
Einsetzen in Donnen-Gleichung: 𝑐𝑐+′′ = �(𝑐𝑐 ′ )2 + �
Redoxprozesse, elektrochemische Zellen
Potentialdifferenz einer elektrochem Zelle:
−
𝑧𝑧𝑃𝑃 𝑐𝑐 𝑃𝑃
2
𝑧𝑧𝑃𝑃 𝑐𝑐 𝑃𝑃 2
�
2
, 𝑐𝑐−′′ = �(𝑐𝑐 ′ )2 + �
𝑟𝑟
𝑙𝑙
𝐸𝐸 = (𝜑𝜑𝑀𝑀
− 𝜑𝜑𝐿𝐿 ) − �𝜑𝜑𝑀𝑀
− 𝜑𝜑𝐿𝐿 � →
𝑅𝑅𝑅𝑅
ln 𝑎𝑎𝐴𝐴+𝑧𝑧 ,
𝑧𝑧𝑧𝑧
𝜑𝜑0 =
𝜇𝜇 𝐴𝐴0 +𝑧𝑧 +𝑧𝑧𝜇𝜇 𝑒𝑒0− −𝜇𝜇 𝐴𝐴
𝑧𝑧𝑧𝑧
+
𝐸𝐸 = ∆𝜑𝜑𝑟𝑟 − ∆𝜑𝜑𝑙𝑙
Konzentrationsabhängigkeit der Potentialdifferenz an einer Elektrode im GG:
∆𝜑𝜑 = 𝜑𝜑𝑀𝑀 − 𝜑𝜑𝐿𝐿 = 𝜑𝜑0 +
𝑅𝑅𝑅𝑅
𝑐𝑐 ′′
ln ′
𝑐𝑐
𝑧𝑧𝑧𝑧
𝑧𝑧𝑃𝑃 𝑐𝑐 𝑃𝑃
2
Für elektrochemische Zelle mit Referenzelektrode links unter Konstanthaltung der Konzentration gilt:
𝐸𝐸 = 𝐸𝐸0 +
+𝑧𝑧
𝑅𝑅𝑅𝑅
ln 𝑎𝑎𝑟𝑟𝐴𝐴
𝑧𝑧𝑧𝑧
, 𝐸𝐸0 = 𝜑𝜑𝑟𝑟0 − ∆𝜑𝜑𝑙𝑙
EMK elektrochemischer Zelle ohne Referenzelektrode berechnet sich mithilfe des elektrischen
Potentials der Normal-Wasserstoffelektrode (tabelliert):
𝐸𝐸 = (𝐸𝐸𝐻𝐻0 )𝑟𝑟 − (𝐸𝐸𝐻𝐻0 )𝑙𝑙 +
+𝑧𝑧
𝑅𝑅𝑅𝑅
𝑎𝑎 𝐴𝐴
ln 𝑟𝑟𝐴𝐴 +𝑧𝑧
𝑧𝑧𝑧𝑧
𝑎𝑎 𝑙𝑙
Redoxpotential und Nernst-Gleichung (Re=Referenzelek, Me=Messelek, Konzentrationsverhältnis im
GG!):
∆𝜑𝜑𝑀𝑀𝑀𝑀 = 𝜑𝜑𝑀𝑀 − 𝜑𝜑𝐿𝐿 = 𝜑𝜑0 +
𝐸𝐸 = 𝐸𝐸0 +
𝑅𝑅𝑅𝑅
𝑎𝑎
ln 𝑎𝑎 𝑜𝑜𝑜𝑜
𝑛𝑛𝑛𝑛
𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟
𝐸𝐸 = 𝐸𝐸0 +
𝑅𝑅𝑇𝑇
𝑎𝑎
𝑎𝑎
ln 𝑎𝑎 𝑜𝑜𝑜𝑜 2 𝑎𝑎𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟 1
𝑛𝑛𝑛𝑛
𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟 2 𝑜𝑜𝑜𝑜 1
𝑅𝑅𝑅𝑅
𝑛𝑛𝑛𝑛
𝑎𝑎
ln 𝑎𝑎 𝑜𝑜𝑜𝑜 , 𝜑𝜑0 =
𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟
, 𝐸𝐸0 = 𝜑𝜑0 − ∆𝜑𝜑𝑅𝑅𝑅𝑅
0 +𝑛𝑛𝜇𝜇 0− −𝜇𝜇 0
𝜇𝜇 𝑜𝑜𝑜𝑜
𝑒𝑒
𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟
𝑛𝑛𝑛𝑛
Reversible Führung der Reaktion über Stromfluss gegen 0:
, 𝐸𝐸0 = (𝐸𝐸0𝐻𝐻 )2 − (𝐸𝐸0𝐻𝐻 )1
Bei endlichem Strom resultiert chemisches Gleichgewicht:
𝐸𝐸 = 0, 𝐸𝐸0 = −
ln 𝐾𝐾 = −
∆𝐺𝐺0
𝑅𝑅𝑅𝑅
𝑅𝑅𝑅𝑅
𝑛𝑛𝑛𝑛
𝑎𝑎�
𝑎𝑎� 𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟 1
𝑎𝑎 𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟 2 𝑎𝑎� 𝑜𝑜𝑜𝑜 1
ln �𝑜𝑜𝑜𝑜 2
=−
𝑅𝑅𝑅𝑅
𝑛𝑛𝑛𝑛
ln 𝐾𝐾
→ ∆𝐺𝐺0 = 𝑛𝑛𝑛𝑛(𝐸𝐸0𝐻𝐻 )2 − (𝐸𝐸0𝐻𝐻 )1
Adsorption an Grenzflächen
Filmwaage:
𝑲𝑲 = 𝒍𝒍(𝜸𝜸𝟎𝟎 − 𝜸𝜸) , 𝝅𝝅 = 𝜸𝜸𝟎𝟎 − 𝜸𝜸 , 𝜸𝜸(𝒄𝒄) = 𝜸𝜸𝟎𝟎 − 𝝅𝝅(𝒄𝒄)
Gibbsche Adsorptionsisotherme
Spezifische Oberflächenkonzentration der Komponente i:
Gibbsche Adsorptionsgleichung:
Oberflächenüberschuss:
Langmuir-Isotherme
𝑑𝑑𝑑𝑑 = − ∑𝑛𝑛𝑖𝑖 Γi 𝑑𝑑𝜇𝜇𝑖𝑖 →
𝑐𝑐
Γ(c2 ) = �Γ2 − 𝑐𝑐2 Γ1 �
Konzentrationsabhängigkeit des Speitungsdruckes:
Langmuirsche Adsorptionsisotherme: Γ(c) = Γ∞
2D ideales Oberflächengas:
Kc
1+Kc
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑑𝑑𝑐𝑐2
=−
Γ𝑖𝑖 = 𝑛𝑛𝑠𝑠,𝑖𝑖 /𝐴𝐴𝑠𝑠
𝑅𝑅𝑅𝑅
�Γ2
𝑐𝑐2
𝑐𝑐
− 𝑐𝑐2 Γ1 �
1
1
𝜋𝜋 = 𝛾𝛾0 − 𝛾𝛾 = 𝑅𝑅𝑅𝑅 Γ∞ ln(1 + Kc)
⟺ Kc =
Γ
Γ ∞ −Γ
𝝅𝝅𝑨𝑨𝒔𝒔 = 𝒏𝒏𝒔𝒔 𝑹𝑹𝑹𝑹 , 𝜋𝜋 = 𝑘𝑘𝐵𝐵 𝑇𝑇/𝑎𝑎𝑠𝑠 (𝑎𝑎𝑠𝑠 = Größe Bindestelle)
Viskosität
Definition über Kraft K, Platten der Fläche A im Abstand d gegeneinander zu verschieben:
𝐾𝐾 = 𝜂𝜂𝜂𝜂 ∙
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑑𝑑𝑑𝑑
= 𝜂𝜂𝜂𝜂 ∙
𝑣𝑣0
𝑑𝑑
→ 𝜂𝜂 =
𝐾𝐾𝐾𝐾
𝐴𝐴𝑣𝑣0
𝜋𝜋
8
Hagen-Poiseuillesche Gleichung: transportiertes Volumen in Kapillare: ∆𝑉𝑉 = ∙
𝑅𝑅�⃗ = −𝑓𝑓𝑣𝑣⃗
Reibungskraft eines Teilchens in viskoser Lösung:
Reibungskoeffizient für Kugelförmige Teilchen, Gesetz von Stokes:
Geschwindigkeitsprofil:
𝑓𝑓
𝐾𝐾
𝑓𝑓
𝐾𝐾
𝑓𝑓
Mittleres Verschiebungsquadrat der Brownschen MB (d = dimension: 1,2,3):
Diffusion (eindimensionale Betrachtung)
Erstes Ficksches Gesetz
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑑𝑑𝑑𝑑 𝑡𝑡
𝐽𝐽𝑥𝑥 = −𝐷𝐷𝐷𝐷 � � ,
Diffusionskoeffizient (Einstein-Gleichung):
𝐷𝐷 =
 Erstes Ficksches Gesetz:
𝐽𝐽𝑥𝑥 =
Zeitabhängigkeit:
Änderung der Stoffmenge pro Zeit:
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑑𝑑𝑑𝑑
Δn
Δ𝑡𝑡
=
Φ𝑥𝑥 = −𝐷𝐷
������
𝛥𝛥𝑥𝑥 2
2∆𝑡𝑡
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑑𝑑𝑑𝑑
= 𝐷𝐷𝐷𝐷
𝑉𝑉𝑉𝑉𝑉𝑉
𝑑𝑑𝑑𝑑
→
�����2 = 2𝑑𝑑𝑘𝑘 𝐵𝐵 𝑇𝑇 𝛥𝛥𝛥𝛥
𝛥𝛥𝑥𝑥
𝑓𝑓
𝚽𝚽𝒙𝒙 = 𝑱𝑱𝒙𝒙 /𝑨𝑨
𝑐𝑐(𝑥𝑥) = 𝑐𝑐 𝐼𝐼𝐼𝐼 −
Lineares Konzentrationsgefälle:
∙ ∆𝑡𝑡
𝑓𝑓 = 6𝜋𝜋𝜋𝜋𝜋𝜋
𝑣𝑣(𝑡𝑡) = �1 − 𝑒𝑒 −𝑚𝑚 𝑡𝑡 � , 𝑣𝑣𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚 = , 𝜏𝜏 = 𝑚𝑚/𝑓𝑓
Diffusionsflussdichte = spezifischer Diffusionsfluss:
𝜌𝜌𝜌𝜌 ℎ𝑅𝑅 4
𝜂𝜂𝜂𝜂
=
𝑘𝑘 𝐵𝐵 𝑇𝑇
𝑓𝑓
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑑𝑑𝑑𝑑
=
⏟
𝐾𝐾𝐾𝐾𝐾𝐾𝐾𝐾𝐾𝐾
𝑥𝑥 = 𝑐𝑐 𝐼𝐼𝐼𝐼 −
𝑘𝑘 𝐵𝐵 𝑇𝑇
6𝜋𝜋𝜋𝜋𝜋𝜋
�𝑐𝑐 𝐼𝐼𝐼𝐼 −𝑐𝑐 𝐼𝐼 �
𝑑𝑑
∆𝑐𝑐
𝑑𝑑
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑑𝑑𝑑𝑑
=
1
𝑉𝑉
𝑥𝑥
∙ 𝐽𝐽𝑥𝑥
∆𝑐𝑐 1
1
𝑑𝑑∆𝑐𝑐
= −𝐷𝐷𝐷𝐷 � 𝐼𝐼𝐼𝐼 + 𝐼𝐼 � = −𝛽𝛽𝛽𝛽∆𝑐𝑐 → ∆𝑐𝑐 = ∆𝑐𝑐0 𝑒𝑒 −𝛽𝛽𝛽𝛽𝛽𝛽
𝑑𝑑 𝑉𝑉
𝑉𝑉
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝒅𝒅𝒅𝒅
𝒅𝒅𝒅𝒅 𝒙𝒙
Zweites Ficksches Gesetz:
𝒅𝒅𝟐𝟐 𝒄𝒄
�
𝒅𝒅𝒙𝒙𝟐𝟐 𝒕𝒕
� � = 𝑫𝑫 �
Diffusion von Ionen
Diffusionspotential, wegen Voraus-Diffusion des Ions mit dem größeren D oder wegen von außen
angelegter Spannung: 𝑽𝑽𝑫𝑫 = 𝝋𝝋′ − 𝝋𝝋′′
Flussdichte der Ionensorte i:
Φ𝑖𝑖 = (Φ𝑖𝑖 )𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑 + (Φ𝑖𝑖 )𝑒𝑒𝑒𝑒 = −𝐷𝐷𝑖𝑖
Elektr. Kraft des E-Feldes auf ein Ion:
𝑑𝑑𝑐𝑐 𝑖𝑖
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑒𝑒𝑒𝑒
𝐾𝐾𝑥𝑥,𝑖𝑖
= 𝑞𝑞𝑖𝑖 𝐸𝐸𝑥𝑥 = −𝑞𝑞𝑖𝑖
+ (Φ𝑖𝑖 )𝑒𝑒𝑒𝑒
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑑𝑑𝑑𝑑
, 𝑞𝑞𝑖𝑖 = 𝑧𝑧𝑖𝑖 𝑒𝑒
Beweglichkeit u und Geschwindigkeit v:
𝑣𝑣𝑥𝑥,𝑖𝑖 = −𝐷𝐷𝑖𝑖 ∙
𝑧𝑧 𝑖𝑖 𝐹𝐹
𝑅𝑅𝑅𝑅
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑑𝑑𝑑𝑑
∙
(Φ𝑖𝑖 )𝑒𝑒𝑒𝑒 = 𝑐𝑐𝑖𝑖 𝑣𝑣𝑥𝑥,𝑖𝑖 = −𝑐𝑐𝑖𝑖 𝐷𝐷𝑖𝑖 ∙
Elektrischer Beitrag zur Flussdichte:
= −𝑢𝑢𝑖𝑖 ∙
𝑧𝑧 𝑖𝑖 𝐹𝐹
𝑅𝑅𝑅𝑅
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑑𝑑𝑑𝑑
∙
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑑𝑑𝑐𝑐
Nernst-Planck-Gleichung für Elektrodiffusion: Φ𝑖𝑖 = (Φ𝑖𝑖 )𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑 + (Φ𝑖𝑖 )𝑒𝑒𝑒𝑒 = −𝐷𝐷𝑖𝑖 � 𝑑𝑑𝑑𝑑𝑖𝑖 + 𝑧𝑧𝑖𝑖 𝑐𝑐𝑖𝑖 ∙
Diffusionspotential für Elektrodiffusion durch Kapillare zwischen zwei Lösungsräumen:
𝐷𝐷 −𝐷𝐷
𝑅𝑅𝑅𝑅
𝐹𝐹
−
𝑉𝑉𝐷𝐷 = 𝜑𝜑′ − 𝜑𝜑′′ = 𝐷𝐷++𝐷𝐷− ∙
+
𝑐𝑐 ′′
∙ ln 𝑐𝑐 ′ , (Nernst-Planck-Potential)
𝑉𝑉𝐷𝐷
≈ ±
𝐷𝐷+ ≫𝐷𝐷−
𝐷𝐷+ ≪𝐷𝐷−
𝑅𝑅𝑅𝑅
𝐹𝐹
∙ ln
𝐹𝐹
𝑅𝑅𝑅𝑅
∙
𝑑𝑑𝑑𝑑
�
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑐𝑐′′
(Nernst-Potential)
𝑐𝑐 ′
(𝜑𝜑𝐸𝐸1
(𝜑𝜑𝑎𝑎 − 𝜑𝜑𝐸𝐸2 )
𝑉𝑉 = ��
− ��
𝜑𝜑𝑖𝑖 ) + (𝜑𝜑
�����
���
��
𝑖𝑖 − 𝜑𝜑
𝑎𝑎 ) + �������
Messung des Membranpotentials:
𝑉𝑉𝐷𝐷 1
Elektrisch geladene Grenzflächen
𝑉𝑉𝑀𝑀
−𝑉𝑉𝐷𝐷 2
Helmholtz-Modell (Poisson-Gleichung ohne Ladungsdichte)
𝑑𝑑 2 𝜑𝜑
𝑑𝑑𝑥𝑥 2
=−
𝜌𝜌
, 𝜌𝜌
𝜀𝜀 𝑟𝑟 𝜀𝜀 0
= 0 → 𝜑𝜑(𝑥𝑥) = 𝐶𝐶1 𝑥𝑥 + 𝐶𝐶2
|𝜑𝜑0 | ≪
Gouy-Chapman (Potentialverlauf):
Debye-Länge:
1
𝐹𝐹
𝑙𝑙𝐷𝐷 = ∙ �
1
𝐶𝐶𝑑𝑑
Stern-Modell:
=
1
2
1
𝐶𝐶𝑑𝑑𝐻𝐻𝐻𝐻𝐻𝐻𝐻𝐻
𝜀𝜀𝜀𝜀 0 𝑅𝑅𝑅𝑅
2𝑐𝑐
+
𝑅𝑅𝑅𝑅
𝐹𝐹
≈ 25𝑚𝑚𝑚𝑚
1
𝐽𝐽 = ∑𝑛𝑛𝑖𝑖=1 𝑧𝑧𝑖𝑖2 𝑐𝑐𝑖𝑖
Ionenstärke:
1
=
𝐺𝐺𝐺𝐺𝐺𝐺𝐺𝐺
𝐶𝐶𝑑𝑑
𝐴𝐴
𝜀𝜀 0 𝜀𝜀 𝐻𝐻𝐻𝐻𝐻𝐻𝐻𝐻 ∙
𝑑𝑑
→ 𝜑𝜑(𝑥𝑥) = 𝜑𝜑0 ∙ 𝑒𝑒
+
1
𝜀𝜀 0 𝜀𝜀 𝐺𝐺𝐺𝐺𝐺𝐺𝐺𝐺 ∙
𝑥𝑥
𝑙𝑙 𝐷𝐷
−
𝐴𝐴
𝑑𝑑
Ionenkonzentration in der Nähe der geladenen Wand (1=Anion, 2=Kation):
𝑐𝑐2
𝑐𝑐1
= 𝑒𝑒
𝐸𝐸 −𝐸𝐸
− 2 1
𝑘𝑘 𝐵𝐵 𝑇𝑇
,
𝐹𝐹𝐹𝐹 (𝑥𝑥)
𝑅𝑅𝑅𝑅
𝐸𝐸(𝑥𝑥) = 𝑞𝑞 ∙ 𝜑𝜑(𝑥𝑥) → 𝑐𝑐+ (𝑥𝑥) = 𝑐𝑐𝑒𝑒 −
Flächenladungsdichte und Grenzflächenpotential:
Flächenladungsdichte 𝜎𝜎 =
𝑄𝑄
𝐴𝐴
mit 𝐸𝐸 =
𝑄𝑄
𝜀𝜀𝜀𝜀 0 𝐴𝐴
𝜑𝜑0 =
E-Feld:
𝐸𝐸𝑥𝑥 = −
, 𝑐𝑐− (𝑥𝑥) = 𝑐𝑐𝑒𝑒
𝐹𝐹𝐹𝐹 (𝑥𝑥)
𝑅𝑅𝑅𝑅
𝑑𝑑𝑑𝑑
�
𝑑𝑑𝑑𝑑 𝑥𝑥=0
(Plattenkondensator): 𝜎𝜎 = 𝜀𝜀𝜀𝜀0 𝐸𝐸𝑥𝑥 = 𝜀𝜀𝜀𝜀0 �
𝜎𝜎𝑙𝑙𝐷𝐷 𝜎𝜎
𝑅𝑅𝑅𝑅
𝜎𝜎
= ∙�
= 𝐾𝐾 ∙
𝜀𝜀𝜀𝜀0 𝐹𝐹 2𝜀𝜀𝜀𝜀0 𝐽𝐽
�𝐽𝐽
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑑𝑑𝑑𝑑
=
𝜎𝜎
𝜀𝜀𝜀𝜀 0
∙ 𝑒𝑒
𝑥𝑥
𝑙𝑙 𝐷𝐷
−
Potentialberg innerhalb der Membran (Born-Energie):
𝑧𝑧 2 𝑒𝑒 2
0 𝑟𝑟
𝑊𝑊𝐵𝐵 (𝑟𝑟) = 8𝜋𝜋𝜀𝜀
∙�
1
𝜀𝜀 𝑀𝑀
−
1
�
𝜀𝜀 𝐻𝐻 2 𝑂𝑂
Elektrophorese
Geschwindigkeit ohne Gegenionen:
�⃗
𝐾𝐾
𝑓𝑓
𝑣𝑣⃗𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚 =
Geschwindigkeit mit Gegenionen:
𝑣𝑣⃗ =
𝜎𝜎𝐸𝐸 𝑙𝑙 𝐷𝐷
𝜂𝜂
Zeta-Potential (äquivalent zum Grenzflächenpotential):
=
𝐸𝐸�⃗
𝑞𝑞𝐸𝐸�⃗
𝑓𝑓
= 𝑢𝑢𝐸𝐸�⃗
𝜉𝜉 =
Biologische Membranen, Kapitel 9
𝜎𝜎𝐸𝐸 𝑙𝑙 𝐷𝐷
𝜀𝜀𝜀𝜀 0
Kapazität:
𝐶𝐶 = 𝜀𝜀𝜀𝜀0
𝐴𝐴
𝑑𝑑
, 𝐶𝐶𝑚𝑚 =
𝜀𝜀𝜀𝜀 0
𝑑𝑑
𝑈𝑈
𝐼𝐼
𝑤𝑤
𝟏𝟏
𝑹𝑹
, 𝑅𝑅𝑚𝑚 = 𝑅𝑅 ∙ 𝐴𝐴 , 𝒈𝒈 = , 𝒈𝒈𝒎𝒎 =
, , 𝑈𝑈(𝑡𝑡) = 𝐼𝐼𝐼𝐼 �1 − 𝑒𝑒
Ladungsverschiebung und Verschiebungsstrom:
𝑡𝑡
𝜏𝜏 𝑚𝑚
−
𝑰𝑰 = 𝑪𝑪𝑪𝑪𝑪𝑪/𝒅𝒅𝒅𝒅
Φ = 𝑃𝑃𝑑𝑑 (𝑐𝑐 ′ − 𝑐𝑐 ′′ ) = 𝑃𝑃𝑑𝑑 Δ𝑐𝑐
Flussdichte und Permeabilitätskoeffizient:
Messung von Pd über Zeitkonstante des Transports:
𝟏𝟏
𝑹𝑹𝒎𝒎
� , 𝜏𝜏𝑚𝑚 = 𝑅𝑅𝑅𝑅 = 𝑅𝑅𝑚𝑚 𝐶𝐶𝑚𝑚
𝑄𝑄 = 𝐶𝐶𝐶𝐶
Transport über Membranen
𝐸𝐸�⃗
Δ 𝐺𝐺 0
𝑐𝑐
Δ𝐺𝐺 0 = ΔH0 − 𝑇𝑇ΔS0 = −𝐴𝐴 − 𝐵𝐵𝐵𝐵, (𝐴𝐴, 𝐵𝐵 = 𝑘𝑘𝑘𝑘𝑘𝑘𝑘𝑘𝑘𝑘. > 0, 𝑣𝑣 ≥ 4)
𝑅𝑅 =
𝜀𝜀𝜀𝜀 0 𝜉𝜉
𝜂𝜂
𝛾𝛾 = 𝑐𝑐 𝑎𝑎 = 𝑒𝑒 − 𝑅𝑅𝑅𝑅
Verteilungskoeffizient (Konz in Lömi1 vs. Konz in Lömi2):
Widerstand, Leitfähigkeit:
→ 𝑣𝑣⃗ =
𝑐𝑐𝑖𝑖 = 𝑐𝑐𝑎𝑎 �1 − 𝑒𝑒 −𝑡𝑡/𝜏𝜏 �, 𝜏𝜏 =
Transport über Membran für lipidlösliche Substanzen (Overton-Regel):
𝑉𝑉
𝐴𝐴𝑃𝑃𝑑𝑑
𝑃𝑃𝑑𝑑 = γD/d
Unidirektionaler Fluss durch teilweise Isotopenmarkierung im Außenmedium: 𝛼𝛼 ′ =
Flusskopplung:
′
Φrad
𝑃𝑃𝑑𝑑 = ′
crad
′
𝑐𝑐𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟
𝑐𝑐 ′
, Φ′ =
Φ ′𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟
𝛼𝛼 ′
Φ𝐴𝐴 = 𝑃𝑃𝐴𝐴 Δ𝑐𝑐𝐴𝐴 + 𝑃𝑃𝐴𝐴𝐴𝐴 Δ𝑐𝑐𝐵𝐵 , Φ𝐵𝐵 = 𝑃𝑃𝐵𝐵 Δ𝑐𝑐𝐵𝐵 + 𝑃𝑃𝐵𝐵𝐵𝐵 Δ𝑐𝑐𝐴𝐴
Onsager-Relation zwischen den Kreuzkoeffizienten:
Carriertransport:
Φ𝐴𝐴 = �𝑃𝑃𝐴𝐴 −
𝑷𝑷𝑨𝑨𝑨𝑨 𝒄𝒄𝑩𝑩 = 𝑷𝑷𝑩𝑩𝑩𝑩 𝒄𝒄𝑨𝑨
𝑃𝑃𝐴𝐴𝐴𝐴 𝑃𝑃𝐵𝐵𝐵𝐵
𝑃𝑃𝐴𝐴𝐴𝐴
� Δ𝑐𝑐𝐴𝐴 +
Φ
𝑃𝑃𝐵𝐵
𝑃𝑃𝐵𝐵 𝐵𝐵
[𝐶𝐶𝐶𝐶]𝑚𝑚
,
𝑚𝑚 [𝑆𝑆]𝑤𝑤
𝐾𝐾 = [𝐶𝐶]
𝒘𝒘 = 𝑱𝑱𝒎𝒎𝒎𝒎𝒎𝒎 /𝑵𝑵 (Wechselzahl bei Sättigung)
Kanaltransport (Transport von n Ionen der Ladung q in der Zeit t; Strommessung): 𝐼𝐼 =
Aktiver Transport:
Elektrochemische Potentiale:
𝑞𝑞
𝑡𝑡
→
𝑛𝑛
𝑡𝑡
=
𝐼𝐼
𝑞𝑞
𝜇𝜇�′ = 𝜇𝜇0 + 𝑅𝑅𝑅𝑅 ln 𝑎𝑎′ + 𝑧𝑧𝑧𝑧𝜑𝜑 ′ , 𝜇𝜇�′′ = 𝜇𝜇0 + 𝑅𝑅𝑅𝑅 ln 𝑎𝑎′′ + 𝑧𝑧𝑧𝑧𝜑𝜑 ′′
𝑎𝑎 ′
∆𝜇𝜇� = 𝜇𝜇�′ − 𝜇𝜇�′′ = ∆𝑮𝑮𝑻𝑻𝑻𝑻𝑻𝑻𝑻𝑻𝑻𝑻𝑻𝑻𝑻𝑻𝑻𝑻𝑻𝑻 = 𝑅𝑅𝑅𝑅 ln 𝑎𝑎 ′′ + 𝑧𝑧𝑧𝑧(𝜑𝜑 ′ − 𝜑𝜑′′ )
Elektrochemischer Gradient:
Energiebilanz des primär aktiven Transports:
𝑣𝑣 ∙ ∆𝐺𝐺𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇 < −∆𝐺𝐺 = 30𝑘𝑘𝑘𝑘/𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚
𝑐𝑐 ′′
𝑐𝑐 ′
Energiebilanz für elektrisch neutrales Teilchen:
∆𝐺𝐺
< 𝑒𝑒 −𝑅𝑅𝑅𝑅
Energiebilanz des sekundär aktiven Transports: Φ𝑅𝑅 Δ𝜇𝜇𝑅𝑅 >– Φ𝑆𝑆 Δ𝜇𝜇𝑆𝑆
Für Na/Glc-Symport 1:1:
[G]
[𝑁𝑁𝑎𝑎 + ]
Φ𝐺𝐺𝐺𝐺 = ΦNa > 0, → Δ𝜇𝜇𝐺𝐺𝐺𝐺 + Δ𝜇𝜇𝑁𝑁𝑁𝑁 > 0 ,
[G]i
[𝐺𝐺]𝑎𝑎
𝑅𝑅𝑅𝑅 ln [𝐺𝐺]a > −𝑅𝑅𝑅𝑅 ln [𝑁𝑁𝑎𝑎 +]𝑎𝑎 − 𝐹𝐹(𝜑𝜑𝑎𝑎 − 𝜑𝜑𝑖𝑖 )
𝑖𝑖
𝑖𝑖
>
[𝑁𝑁𝑎𝑎 + ]𝑎𝑎
[𝑁𝑁𝑎𝑎 + ]𝑖𝑖
𝐹𝐹�𝜑𝜑 𝑎𝑎 −𝜑𝜑 𝑖𝑖 �
𝑅𝑅𝑅𝑅
𝑒𝑒 −
Für primär aktiven Transport über NaK Pumpe:
𝑎𝑎
𝑖𝑖
−∆𝐺𝐺𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇𝑇 = 3�Δ𝜇𝜇𝑁𝑁𝑁𝑁
− Δ𝜇𝜇𝑁𝑁𝑁𝑁
� + 2�Δ𝜇𝜇𝐾𝐾𝑖𝑖 − Δ𝜇𝜇𝐾𝐾𝑎𝑎 � = −42,2kJ/mol
Der Anteil von Natrium:
= 3RT ln
c aNa
c iNa
ci
+ 3F(𝜑𝜑𝑎𝑎 − 𝜑𝜑𝑖𝑖 ) = (19,6 + 17,4)
= 2RT ln c Ka + 2F(𝜑𝜑𝑖𝑖 − 𝜑𝜑𝑎𝑎 ) = (16,8 − 11,6)
Der Anteil von Kalium:
K
𝑘𝑘𝑘𝑘
𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚
𝑘𝑘𝑘𝑘
𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚
= 𝟑𝟑𝟑𝟑𝟑𝟑𝟑𝟑/𝒎𝒎𝒎𝒎𝒎𝒎
= 𝟓𝟓, 𝟐𝟐𝟐𝟐𝟐𝟐/𝒎𝒎𝒎𝒎𝒎𝒎
Chemiosmtische Hypothese:
𝑎𝑎 𝑖𝑖
∆𝜇𝜇�𝐻𝐻 = 𝑅𝑅𝑅𝑅 ln 𝑎𝑎 𝐻𝐻𝑎𝑎 + 𝐹𝐹(𝜑𝜑𝑖𝑖 − 𝜑𝜑𝑎𝑎 ) = −2,3𝑅𝑅𝑅𝑅∆𝑝𝑝𝑝𝑝 + 𝐹𝐹∆𝜑𝜑, ln 𝑎𝑎 = 2,3 log 𝑎𝑎 , 𝑝𝑝𝑝𝑝 = − log 𝑎𝑎
PMF:
𝐻𝐻
∆𝑝𝑝 =
� 𝐻𝐻
∆𝜇𝜇
𝐹𝐹
= −2,3
′
𝑅𝑅𝑅𝑅
𝐹𝐹
∆𝑝𝑝𝑝𝑝 + ∆𝜑𝜑 = −59𝑚𝑚𝑚𝑚∆𝑝𝑝𝑝𝑝 + ∆𝜑𝜑
Energiebilanz: |3∆𝜇𝜇�𝐻𝐻 | > �∆𝐺𝐺 0 � → |∆𝜇𝜇�𝐻𝐻 | > �
∆𝐺𝐺 0
3
′
� → |∆𝒑𝒑| = �
� 𝐻𝐻
∆𝜇𝜇
�
𝐹𝐹
>�
∆𝐺𝐺 0
3𝐹𝐹
′
� ≈ 𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏
Membranpotential
Im GG: Nernst-Gleichung:
𝑉𝑉𝑚𝑚 = 𝜑𝜑𝑖𝑖 − 𝜑𝜑𝑎𝑎 =
Im Nicht-GG:
Nernst-Planck:
𝑑𝑑𝑐𝑐
Φ𝑣𝑣 = −𝐷𝐷𝑣𝑣 � 𝑑𝑑𝑑𝑑𝑣𝑣 + 𝑧𝑧𝑣𝑣 𝑐𝑐𝑣𝑣
Reduziertes Membranpotential u:
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑑𝑑𝑑𝑑
=
𝐹𝐹 𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑅𝑅𝑅𝑅 𝑑𝑑𝑑𝑑
𝜑𝜑 𝑎𝑎 −𝜑𝜑 𝑖𝑖
𝑑𝑑
�
=−
𝑅𝑅𝑅𝑅
𝑐𝑐 𝑎𝑎
ln 𝐾𝐾𝑖𝑖
𝐹𝐹
𝑐𝑐𝐾𝐾
𝑉𝑉𝑚𝑚
𝑑𝑑
=−
= 59,2𝑚𝑚𝑚𝑚 log
𝑅𝑅𝑅𝑅
𝐹𝐹
𝑢𝑢
𝑑𝑑
∙ , 𝑢𝑢 =
𝐹𝐹𝑉𝑉𝑚𝑚
𝑅𝑅𝑅𝑅
𝑐𝑐𝐾𝐾𝑎𝑎
𝑐𝑐𝐾𝐾𝑖𝑖
= 𝐸𝐸𝐾𝐾
=
1
25𝑚𝑚𝑚𝑚
∙ 𝑉𝑉𝑚𝑚
Ionenflussdichte für Ion v:
Φ𝑣𝑣 = 𝑃𝑃𝑣𝑣 𝑧𝑧𝑣𝑣 𝑢𝑢 ∙
𝑐𝑐𝑣𝑣𝑖𝑖 𝑒𝑒 𝑧𝑧 𝑣𝑣 𝑢𝑢 −𝑐𝑐𝑣𝑣𝑎𝑎
𝑒𝑒 𝑧𝑧 𝑣𝑣 𝑢𝑢 −1
(vergleiche Flussdichte für ungeladene substanz: Φ𝑣𝑣 = 𝑃𝑃𝑣𝑣 ∆𝑐𝑐 – viel einfacher xD)
Stromdichte:
𝑗𝑗 =
𝐼𝐼
𝐴𝐴𝑚𝑚
= 𝐹𝐹 ∑𝑣𝑣 𝑧𝑧𝑣𝑣 Φ𝑣𝑣 , im stationären Zustand ist j=0
Goldmanngleichung, wenn Membran für mehrere Ionen permeabel:
Elektrisch erregbare Membranen
𝑽𝑽𝒎𝒎 =
𝑹𝑹𝑹𝑹 ∑ 𝑷𝑷𝑲𝑲 𝒄𝒄𝒂𝒂𝑲𝑲 + ∑ 𝑷𝑷𝑨𝑨 𝒄𝒄𝒊𝒊𝑨𝑨
𝐥𝐥𝐥𝐥
𝑭𝑭
∑ 𝑷𝑷𝑲𝑲 𝒄𝒄𝒊𝒊𝑲𝑲 + ∑ 𝑷𝑷𝑨𝑨 𝒄𝒄𝒂𝒂𝑨𝑨
Ruhemembranpotential
Goldmann:
𝑉𝑉𝑚𝑚 =
𝑅𝑅𝑅𝑅
𝑃𝑃 𝑐𝑐 𝑎𝑎 +𝑃𝑃 𝑐𝑐 𝑎𝑎
ln 𝐾𝐾 𝐾𝐾𝑖𝑖 𝑁𝑁𝑁𝑁 𝑁𝑁𝑁𝑁
𝑖𝑖
𝐹𝐹
𝑃𝑃𝐾𝐾 𝑐𝑐𝐾𝐾 +𝑃𝑃𝑁𝑁𝑁𝑁 𝑐𝑐𝑁𝑁𝑁𝑁
Aus dem Ersatzschaltbild (Knotenregel):
𝑉𝑉𝑚𝑚 =
∑𝑖𝑖 𝐸𝐸𝑖𝑖 ∙𝑔𝑔 𝑖𝑖
∑𝑖𝑖 𝑔𝑔 𝑖𝑖
𝑟𝑟𝑅𝑅
𝑉𝑉 = 𝑉𝑉0 𝑒𝑒 −𝑥𝑥/𝜆𝜆 , 𝜆𝜆 = � 2𝑅𝑅𝑚𝑚
Kabelgleichung, Spannungsabfall längs des Kabels:
Für Spannungsänderung benötigte Ionenanzahl:
𝛥𝛥𝛥𝛥 =
Übergang zwischen offenen und geschlossenen Zustand:
𝛥𝛥𝛥𝛥
𝑧𝑧𝑧𝑧
=
𝐶𝐶𝑚𝑚 𝛥𝛥𝑉𝑉𝑚𝑚
𝑧𝑧𝑧𝑧
𝑖𝑖
= 10−12 𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚 𝑐𝑐𝑚𝑚−2
𝑧𝑧𝑧𝑧∙𝑉𝑉𝑚𝑚
𝑧𝑧𝑧𝑧∙𝑉𝑉𝑚𝑚
∆𝐺𝐺 0
∆𝐺𝐺� 0
𝑁𝑁𝑜𝑜
� ∙ 𝑒𝑒 𝑅𝑅𝑅𝑅
= 𝐾𝐾 = 𝑒𝑒 − 𝑅𝑅𝑅𝑅 = 𝑒𝑒 − 𝑅𝑅𝑅𝑅 ∙ 𝑒𝑒 𝑅𝑅𝑅𝑅 = 𝐾𝐾
𝑁𝑁𝑔𝑔
MPI Paktikum
∆𝐺𝐺 0 = ∆𝐺𝐺�0 + ∆𝐺𝐺𝑒𝑒𝑒𝑒0 = ∆𝐺𝐺�0 − 𝑧𝑧𝑧𝑧 ∙ 𝑉𝑉𝑚𝑚
BLM
Messung der Kapazität und Leitfähigkeit:
Membrandicke:
Strom durch eine BLM:
Abklingkonstante des Stromsignals:
Patch clamp: Einzelkanalleitfähigkeit
𝐶𝐶 =
𝑄𝑄
𝑈𝑈
=
∆𝐼𝐼∙∆𝑡𝑡
,
𝑈𝑈
𝐴𝐴
𝑑𝑑
𝐼𝐼
𝑈𝑈
𝐶𝐶 = 𝜀𝜀𝜀𝜀0 ⟺ 𝑑𝑑 = 𝜀𝜀𝜀𝜀0
𝐼𝐼 = 𝐼𝐼𝑅𝑅 + 𝐼𝐼𝐶𝐶 =
𝑈𝑈
𝑅𝑅
+ 𝐶𝐶
𝜏𝜏2 = 𝑅𝑅𝐺𝐺𝐺𝐺𝐺𝐺 ∙ 𝐶𝐶𝐺𝐺𝐺𝐺𝐺𝐺 = 𝐺𝐺
𝚲𝚲 = 𝒊𝒊/𝑽𝑽
𝐶𝐶
𝐴𝐴
𝐺𝐺 = , 𝐶𝐶𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠 = , 𝐺𝐺𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠 =
𝐴𝐴
𝐶𝐶
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝐶𝐶𝑚𝑚 +𝐶𝐶𝑝𝑝
𝑚𝑚 +𝐺𝐺𝑝𝑝 +𝐼𝐼𝑝𝑝 ⁄𝑈𝑈
𝐺𝐺
𝐴𝐴
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