Praxisanteile im Studium Sozialer Arbeit Bachelorarbeit im

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Praxisanteile im Studium Sozialer Arbeit
Bachelorarbeit im Studiengang Soziale Arbeit zum Thema:
Praxisanteile im Studium Sozialer Arbeit
- Möglichkeiten und Grenzen im Kompetenzerwerb
Pia Marion Monse
VVSWF Vechtaer Verlag für Studium, Wissenschaft und Forschung
Pia Marion Monse
Bachelorarbeit im Studiengang Soziale Arbeit zum Thema:
Praxisanteile im Studium Sozialer Arbeit
- Möglichkeiten und Grenzen im Kompetenzerwerb
Vechta
2016
Die Deutsche Bibliothek– CIP- Einheitsaufnahme
Pia Marion Monse:
Bachelorarbeit im Studiengang Soziale Arbeit zum Thema: Praxisanteile im Studium
Sozialer Arbeit - Möglichkeiten und Grenzen im Kompetenzerwerb.
Vechtaer Verlag für Studium, Wissenschaft und Forschung, 2016
ISBN: 978-3-937870-20-2
Alle Rechte vorbehalten.
 2016 by VVSWF - Vechtaer Verlag für Studium, Wissenschaft und Forschung
Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in
anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der schriftlichen Einwilligung
des Verlages.
Published in Germany, 2016
Gestaltung: Dana Sarbin
Umschlaggestaltung: Dana Sarbin
Titelbild: Dana Sarbin
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis ____________________________________________ I
Abkürzungsverzeichnis __________________________________________ II
1. Einleitung ___________________________________________________ 1
2. Kompetenzorientierung im Studium Sozialer Arbeit ___________________ 3
2.1. Historische Entwicklung: Von der Input- zur Outcome-Orientierung __________ 3
2.2. Der Kompetenzbegriff _____________________________________________ 6
2.3. Die Relevanz des Kompetenzerwerbs im Studium Sozialer Arbeit __________ 10
2.4. Kritik an der Kompetenzorientierung _________________________________ 15
2.5. Zusammenfassung ______________________________________________ 16
3. Praxisanteile im Studium Sozialer Arbeit __________________________ 17
3.1. Differenzierung: direkte und indirekte Praxisanteile _____________________ 17
3.2. Funktionen von Praxisanteilen _____________________________________ 19
3.3. Die Relevanz von Praxisanteilen im Studium Sozialer Arbeit ______________ 21
3.4. Zusammenfassung ______________________________________________ 23
4. Aktueller Diskurs zur Einbindung von Praxisanteilen im Studium Sozialer
Arbeit _______________________________________________________ 23
4.1. Die Relevanz dieses Diskurses für die Fachwelt _______________________ 24
4.2. Kritik aus professioneller Perspektive Sozialer Arbeit ____________________ 25
4.3. Kritik aus der Perspektive von Studierenden __________________________ 26
4.4. Kritik aus disziplinärer Perspektive Sozialer Arbeit ______________________ 28
4.5. Zusammenfassung ______________________________________________ 30
5. Fazit ______________________________________________________ 31
6. Literaturverzeichnis __________________________________________ 34
7. Glossar ____________________________________________________ 40
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Begriffsabgrenzung Kompetenzen, Qualifikationen, Fertigkeiten ______ 10
Abbildung 2: Übersicht zu relevanten Qualitätsrahmen für das Studium Sozialer Arbeit
___________________________________________________________________ 12
I
Abkürzungsverzeichnis
AIEJI
International Association of Social Educators
DQR
Deutscher Qualifikationsrahmen
ECTS
European Credit Transfer System
EQR
Europäischer Qualifikationsrahmen
HIS
Hochschul-Informations-Systems
HQR
Qualifikationsrahmen für Deutsche Hochschulen
QR SArb
Qualifikationsrahmen Sozialer Arbeit
II
1. Einleitung
Die Thematik dieser Bachelorarbeit entstand aus zwei verschiedenen Anlässen: Zum
einen aus dem Interesse der Verfasserin für die Disziplin Sozialer Arbeit und deren
Beziehung zur Profession, zum anderen aus den Erfahrungen, die aus dem eigenen
Studium gewonnen wurden und den Meinungsäußerungen der Kommiliton/innen, die
während dieser Zeit vernommen wurden. Diese Stimmen wurden als durchweg negativ
wahrgenommen, denn es hieß, das Studium sei zu theoretisch und für die Praxis nahezu irrelevant. Aus diesen Erfahrungen entwickelte sich das Erkenntnisinteresse für
das Thema: Praxisanteile im Studium Sozialer Arbeit – Möglichkeiten und Grenzen im
Kompetenzerwerb. Ziel dieser Arbeit ist es deshalb, die Rolle der Praxisanteile im Studium Sozialer Arbeit herauszuarbeiten und anhand der momentanen Kompetenzorientierung akademischer Ausbildung die Möglichkeiten und Grenzen von praktischen Einheiten innerhalb des Studiums abzuleiten.
Schon nach erster Durchsicht relevanter Literatur zur Bearbeitung der Fragestellung dieser Arbeit zeigt sich die Aktualität der Thematik um die Bedeutung von Praxisanteilen im Studium Sozialer Arbeit. Denn fachliche Diskurse lassen sich sowohl zur
Entwicklung dieses Studienganges bezüglich der Akkreditierung 1 als Bachelor- und
Masterstudium als auch zu der Gewichtung von Praxisanteilen innerhalb der Studienzeit konstatieren. Zunächst wird im folgenden Kapitel auf ersteren Diskurs eingegangen, um einen paradigmatischen Zugang zu Zielsetzungen des Studiums und dessen
Umsetzungen zu bekommen. Dies geschieht durch die Aufarbeitung der geschichtlichen Entwicklung der Ausbildung von Sozialarbeiter/innen im Hinblick auf den Bologna-Prozess und des sich daraus entwickelten Paradigmenwechsel für den akademischen Ausbildungssektor (siehe Kapitel 2.1.) sowie durch die Begriffs- und Relevanzklärung der seitdem bestehenden Kompetenzorientierung im Studium Sozialer Arbeit
(siehe Kapitel 2.2. und 2.3.). Zum Abschluss der Bearbeitung des ersten Diskurses zur
Entwicklung der Ausbildung von Sozialarbeiter/innen wird auf kritische Stimmen bezüglich der aktuellen Outcome-Orientierung eingegangen, die den Entwicklungen der vergangenen fünfzehn Jahre seit dem Bologna-Abkommen von 1999 entgegengebracht
wurden. Zum Ende des Kapitels werden die wichtigsten Erkenntnisse noch einmal zusammenfassend dargestellt.
Im darauffolgenden Kapitel wird der zweitgenannte Diskurs zu der Gewichtung
von Praxisanteilen im Studium Sozialer Arbeit in den Fokus gerückt. Zunächst soll hier
1
Der Begriff Akkreditierung wird im Zuge des geschichtlichen Abrisses der Ausbildung im Kapitel 2.1. erläutert.
1
Klarheit über den Begriff Praxisanteil geschaffen werden, denn hierbei geht es nicht
nur um die Praktika – wie vielleicht voreilig vermutet werden könnte –, sondern um
vielfältige Lehr-Lern-Methoden innerhalb des Studiums. Diese werden im Kapitel 3.1.
vorgestellt und in direkte und indirekte Praxisanteile differenziert. Im Anschluss daran
wird der Frage nachgegangen, welche Funktionen durch die Einbettung von Praxisanteilen erfüllt werden sollen. Um diese Frage beantworten zu können, wird im Kapitel
3.2. verglichen, welche Kompetenzen durch Praxisanteile gewonnen beziehungsweise
gefördert werden sollen und ob dies durch die vorhandene Literatur und durch bereits
bestehende (Wirksamkeits-)Studien bestätigt werden kann. Diese beiden Kapitel beinhalten einen eher allgemein gehaltenen Bearbeitungsteil des dritten Kapitels. Im Kapitel 3.3. liegt der Fokus wieder auf dem Studium Sozialer Arbeit, denn hier geht es um
die Relevanz der bereits bearbeiteten Praxisanteile für diesen Studiengang. Zu klären
gilt, welche Rolle2 sie innerhalb der Ausbildung einnehmen und in welcher Form3 sie
dies tun. Zum Abschluss des dritten Kapitels werden die hier erlangten wichtigsten
Erkenntnisse im Hinblick auf die zu beantworteten Fragestellungen dieser Arbeit zusammengefasst wiedergegeben.
Das vierte Kapitel schließt thematisch an das vorherige Kapitel an und vertieft
den bereits erwähnten Diskurs zur Einbindung von Praxisanteilen im Studium Sozialer
Arbeit. Zu Anfang wird die Aktualität dieses Diskurses festgestellt (siehe Kapitel 4.1.).
Darauffolgend wird den beteiligten Parteien – der Profession, den Studierenden und
der Disziplin Sozialer Arbeit – jeweils ein Kapitel gewidmet, um deren Meinungen aus
aktueller Literatur zu filtern und diese kritisch zu beleuchten (siehe Kapitel 4.2. bis
4.4.). Außerdem sollen durch diese kritische Auseinandersetzung die Grenzen der
Praxisanteile für den Kompetenzerwerb der Studierenden angedeutet werden. Schon
hier wird darauf hingewiesen, dass diese Unterteilung durch die Verfasserin aus Strukturierungs- und Analysezwecken vorgenommen wurde und in der Fachwelt so klar getrennt nicht existiert. Anschließend werden in Kapitel 4.5. wieder die wichtigsten Ergebnisse zusammengefasst dargestellt.
Mit dem Fazit (siehe Kapitel 5) schließt diese Arbeit die Bearbeitung des Themas und der Fragestellungen ab. Hier wird eine allumfassende Zusammenfassung der
gewonnenen Erkenntnisse vorgenommen, die Fragestellungen so gut wie möglich zu
beantworten versucht und ein Ausblick auf die zu erwartende/eine wünschenswerte
Entwicklung der akademischen Ausbildung von Sozialarbeiter/innen gegeben.
2
Hier geht es um den quantitativen Anteil von Praxisanteilen an den Inhalten des Studiums
Sozialer Arbeit.
3
Hier geht es um die in Kapitel 3.2. differenzierten direkten und indirekten Praxisanteile und wie
diese im Studium Sozialer Arbeit eingebaut werden.
2
2. Kompetenzorientierung im Studium Sozialer Arbeit
Um die Relevanz der Praxisanteile im Studium Sozialer Arbeit für den Kompetenzerwerb von Studierenden analysieren zu können, müssen zunächst grundlegend die Bereiche des Kompetenzerwerbs in den Fokus gestellt werden. Denn durch einen Blick
auf die historische Entwicklung der Ausbildung von Sozialarbeiter/innen lässt sich bereits erkennen, dass ein Paradigmenwechsel von der Input- zur Outcome-Orientierung
stattgefunden hat, also der Fokus auf die Frage „Welche Kompetenzen sollen Studierende durch das Studium erlangen?“ gelenkt wurde (vgl. Harmsen 2012: 129).
2.1. Historische Entwicklung: Von der Input- zur Outcome-Orientierung
Die historische Entwicklung der Ausbildung von Sozialarbeiter/innen ist schwer einzugrenzen aufgrund ihrer engen Verwobenheit mit der gesellschaftlichen Entwicklung,
der damit einhergehenden Pluralisierung von Lebenswelten 4 und Komplexität von
Problemlagen sowie mit einer Vielzahl von Bezugswissenschaften, die in die Ausbildung integriert sind5 (vgl. Grohall 1997: 19). Des Weiteren wird die Eingrenzungsproblematik deutlich, wenn auf die vielfältigen Formen der Ausbildung hingewiesen wird, da
sowohl regional, national als auch international Unterschiede in der Geschichte der
Ausbildung deutlich werden, die sich in Anlehnung an Kruse (2010) auf die zu erwerbenden Berufsbezeichnungen 6 , die Abschlüsse (auf akademischer und schulischer
Ebene) und die Ausbildungseinrichtungen7 beziehen (vgl. 45ff) und ganze Bücher füllen8. Im Kontext dieser Arbeit soll die historische Entwicklung nur grob bearbeitet werden, um einen Überblick über die Entstehung der heutigen Ausbildungssituation zu
schaffen. Hier kann aufgrund des Umfangs dieser Arbeit kein Vollständigkeitsanspruch
erhoben werden, außerdem wäre dies nicht zielführend zur Bearbeitung der Fragestellung dieser Arbeit. Denn zur Erläuterung der heutigen Kompetenzorientierung in der
akademischen Ausbildung sind vor allem der im Jahr 1999 beginnende BolognaProzess und die damit einhergehenden Veränderungen von Bedeutung (vgl. Tauch
2007: 38).
4
Zur Erläuterung der Bezeichnung der 'Pluralisierung von Lebenswelten' siehe Glossar.
Bei der Durchsicht von Modulbereichen des Studiums Sozialer Arbeit wird dies bestätigt, da
stets Module zur Psychologie, zur Ökonomie, zum Recht, zur Ethik und zu anderen Disziplinen
vertreten sind.
6
Sozialarbeiter/in, Sozialpädagoge/in, Wohlfahrtspfleger/in, Jugendleiter/in und andere.
7
Fachschulen, Fachhochschulen, Universitäten und andere.
8
Siehe hierzu beispielsweise Amthor 2003 & 2012, Engelke 1996.
5
3
Am 19. Juni 1999 unterschrieben die Kultusminister von 29 Ländern aus Europa
die Bologna-Erklärung9, um die Ausbildungssituation an Hochschulen dieser Länder
gemeinsam zu verändern (vgl. Kultusministerkonferenz 2015a: o.S.). Ein wesentlicher
Aspekt dieser Veränderung stellte die Umgestaltung der Studiengänge zu einheitlichen
Bachelor-, Master- und Promotionsstudien, zur europaweiten Vereinheitlichung der
akademischen Ausbildungen, dar (vgl. Schmitt 2007: 24). Dies soll laut Kultusministerkonferenz (2015a) zur „uneingeschränkte[n] Mobilität der Studierenden, Absolventen
und Absolventinnen, Hochschullehrer und Hochschullehrerinnen [im Europäischen
Hochschulraum]“ (o.S.) führen. Hier stellte sich für die Verfasserin dieser Arbeit die
Frage, wie die Vergleichbarkeit und die Qualität der jeweiligen Abschlüsse der Bachelor- und Masterstudiengänge gewährleistet werden soll, um eine ungehinderte Mobilität erreichen zu können. Hierzu schreibt Klüsche (2001): „wie in anderen Ländern
schon lange üblich [wurde] auch in der Bundesrepublik das System der Akkreditierung
eingeführt“ (156). Im Anschluss an diese Aussage beschreibt er dieses System und
dessen Arbeitsweise, um zu verdeutlichen, wie dadurch die oben genannten Aspekte
der Vergleichbarkeit und Qualität gesichert werden können:
„Hochschulen müssen bei der Einführung neuer Studiengänge ein Akkreditierungsverfahren beantragen, das von Akkreditierungsgesellschaften mittels Fachkommissionen, die mit Vertretern von Universitäten, Fachhochschulen und der Berufspraxis besetzt sind, durchgeführt wird. […] Werden
die Mindeststandards […] erreicht, kann der Studiengang genehmigt werden, bei fehlenden Voraussetzungen wird die Zustimmung verweigert“
(ebd.).
So sollen auf lange Sicht für alle akademischen Ausbildungen dieses dreistufigen Studiensystems 10 spezifische Kriterienkataloge für die Qualitätsprüfung entstehen (vgl.
ders.: 157).
Laut Busse und Ehlert (2012) orientiert sich der Bologna-Prozess an Kompetenzen, so genannten „„Outcomes“, die durch ein Studium erreicht werden sollen“ (88,
Hervorheb. im Original). Um dieser Orientierung gerecht zu werden, müsse die Erstellung von hochschulischen Lehrplänen (Curricula) die Ziele und Outcomes in den Blick
nehmen und sich nicht mehr ausschließlich an den Inputs, also den zu vermittelnden
Lehrinhalten, orientieren (vgl. ebd.). Neben der Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen entschieden sich die Kultusminister außerdem für die Modularisierung
9
Der Name entstand aufgrund des Ortes, an dem die Erklärung unterschrieben wurde: Bologna
in Italien.
10
Also der Bachelor-, Master- und Promotionsstudiengänge.
4
der Lehrinhalte und ein Kredit-Punktsystem11 (vgl. Ebel-Gabriel 2006: 7). Das erstgenannte Element der Modularisierung diene ebenfalls der – seit Bologna geforderten –
Outcome-Orientierung, denn Module sind „einzelne und in ihrer Reihenfolge relativ
unabhängig studierbare Bausteine“ (Kruse 2009: 45), die die zu erreichenden Kompetenzen im jeweiligen Modul beschreiben und Lerninhalte, Lehr-Lernmethoden und outcome-orientierte Prüfungen miteinander verknüpfen (vgl. ebd.). Nach Wagner (2001)
lässt sich ergänzen, dass nach Abschluss eines Moduls eine Sinneinheit abgeschlossen wurde (vgl. 160). Dies bedeutet, dass den Studierenden die Sinnhaftigkeit einer
Thematik durch verschiedene Herangehensweisen mit theoretischen sowie praktischen
Bezügen deutlich wird und so im Gedächtnis verankert bleibt (vgl. 161f.). Laut Kreuzer
(2007) sind Module so zu formulieren, dass die zu vermittelnden „Kenntnisse (knowledge), Fertigkeiten (skills) und – soweit möglich – auch Einstellungen (attitudes)“ (67f.)
expliziert werden (vgl. ebd.). Das Kreditpunktsystem – European Credit Transfer System, kurz ECTS – steht in Verbindung mit den erwarteten Lernergebnissen („learning
outcomes (Kruse 2009: 45)) innerhalb der Module, indem es den durchschnittlichen
(vermuteten) Arbeitsaufwand der Studierenden – auch genannt „student workload“
(Kruse 2009: 45) – für das Erreichen dieser Ergebnisse benennt (vgl. Kreuzer 2007:
69). Die Frage, ob die Prüfungsergebnisse überhaupt die Kompetenzen wiederspiegeln, die die Studierenden durch das jeweilige Modul erwerben sollen, wird in der
Fachwelt kritisch hinterfragt (vgl. Widulle 2011: 17). Dieser Diskurs lässt sich mit der
Frage nach gültigen Kompetenzmessverfahren zusammenfassen und findet aktuell
keinen Konsens in ihrer Beantwortung. Dies scheint nicht sonderlich verwunderlich, da
sich die verschiedenen Disziplinen (und auch die Vertreter innerhalb dieser Disziplinen)
allein schon auf keinen allgemeingültigen Kompetenzbegriff einigen konnten12, wie soll
dann Einigkeit über die Art und Weise ihrer Messbarkeit vorherrschen? Im Hinblick auf
den beschränkten Umfang dieser Arbeit lässt sich auf diesen Diskurs jedoch nur hinweisen und nicht näher eingehen.
Die Ausführungen dieses Kapitels konnten darstellen, dass ein Paradigmenwechsel in akademischen Ausbildungen stattfindet und welche Faktoren bei dem
Wechsel von dieser Input- zur Outcome-Orientierung eine Rolle spielen. Dieser Wechsel macht sich auch im Studium der Sozialen Arbeit bemerkbar und bewirkt Veränderungen. Diese These wird Inhalt des Kapitels 2.3. sein und auf ihre Richtigkeit überprüft
werden. Zunächst scheint es jedoch unabdingbar, für die Bearbeitung der Fragestel-
11
Da diese Themen hier nur kurz angerissen werden können, verweist die Verfasserin zur Vertiefung auf den Bologna-Reader (2006), herausgegeben von der Hochschulrektorenkonferenz.
12
Dies wird im darauffolgenden Kapitel 2.2. thematisiert.
5
lung den Begriff der Kompetenz in den Fokus zu stellen, um eine Basis für weitere
Analyseschritte zu generieren.
2.2. Der Kompetenzbegriff
Im Zuge des bereits im vorherigen Kapitel 2.1. beschriebenen Bologna-Prozesses und
der daraus resultierenden Outcome-Orientierung akademischer Ausbildung ist dem
Begriff Kompetenz eine bedeutende Rolle zuteilgeworden. Aktuelle Literatur zu Ausbildungskonzepten bedient sich durchweg dieses Begriffes, um den sich vollziehenden
Paradigmenwechsel von der Input- zur Outcome-Orientierung darzustellen. Doch was
genau meint Kompetenz und welche Aspekte lassen sich darunter fassen? Dies soll zu
Beginn dieses Kapitels aufgeklärt werden. Des Weiteren scheint eine (hier nur kurz
angerissene) Abgrenzung zu verwandten Begriffen wie Fertigkeit und Qualifikation
notwendig, da diesbezüglich scheinbar Unsicherheiten in der jeweils korrekten Verwendung bestehen.
Bei der Durchsicht relevanter Literatur wird zunächst deutlich, dass ein Konsens
zur eindeutigen Definition des Kompetenzbegriffes – sowohl innerhalb der sozialarbeiterischen Disziplin als auch in Kooperation mit ihren Bezugsdisziplinen – (noch) nicht
vorgenommen werden konnte. Im Hinblick auf die Bearbeitung der Fragestellung wird
der Kompetenzbegriff deshalb aus verschiedenen Perspektiven13 dargestellt und anschließend eine Arbeitsdefinition diskursiv formuliert. Nach Knauf und SchulzeKrüdener (2014) wird Kompetenz aus etymologischer Sicht aus dem Lateinischen
abgeleitet: „Der Terminus »competentia« entspricht im ursprünglichen Sinne einem
angemessenen, gerechten Verhältnis und das Verb »competere« kann mit »zusammentreffen«, »zukommen« sowie »gemeinsam erstreben« übersetzt werden“ (26). Im
Hinblick auf die alltägliche, nicht-wissenschaftliche Verwendung des Begriffes Kompetenz scheint hier kein unmittelbarer Zusammenhang zur herkunftsspezifischen Bedeutung zu bestehen. Dieser ergibt sich erst aus der historischen Betrachtung, denn seit
dem 18. Jahrhundert wurde Kompetenz im juristischen Kontext im Sinne von Zuständigkeit und Befugnis verstanden (vgl. Erpenbeck & von Rosenstiel 2007b: XVIII). Knoblauch (2010) führt diesen Zusammenhang weiter aus, indem er anmerkt, dass „zu Beginn des 19. Jahrhunderts […] schon von „competenten Personen“ [gesprochen wurde], wenn jemand kraft seiner Einsichten und Kenntnisse über eine Sache urteilen
kann“ (239, Hervorheb. im Original).
13
Aus etymologischer, soziologischer, psychologischer, pädagogischer sowie sozialarbeiterischer Perspektive.
6
Aus soziologischer Sicht resümiert Kurtz (2010) drei verschiedene Bedeutungen des Kompetenzbegriffes, die sich erstens auf die Zuständigkeit im Staat und in
Organisationen, zweitens auf die kommunikative Fähigkeit und drittens auf den Umgang mit Wissen und Nichtwissen (vgl. 8). Max Weber gilt als wichtigster Vertreter der
erstgenannten Bedeutung von Kompetenz. Für ihn meint Kompetenz die Zuständigkeit
von Personen für eine bestimmte Position, die sie im juristischen Bereich einnehmen
und deren Ansprüchen diese Personen gerecht werden können, da sie die dafür benötigten Fähigkeiten besitzen und Rechte14 erteilt bekommen haben (vgl. Knauf & Schulze-Krüdener 2014: 30). Somit geht es Weber nicht um die personenbezogene Kompetenz, sondern um die durch eine Organisation vorgegebene Zuständigkeit für eine in ihr
zu besetzende Position. Niklas Luhmann modifiziert diese Annahme Webers durch die
Unterteilung von fachlichen und hierarchischen – also den personenabhängigen und
den durch die Organisation vorgegebenen – Kompetenzen (vgl. dies.: 30f). Im Sinne
der zweiten Bedeutung von Kompetenz prägte Jürgen Habermas den Begriff der kommunikativen Kompetenz, die durch das Erlernen und die Übernahme von generellen
Regeln für die soziale Interaktion mit Anderen erworben werde und somit eine Schlüsselkompetenz darstelle, um in der Gesellschaft leben zu können (vgl. Kurtz 2010: 11).
Die dritte der hier aufgeführten Bedeutungen von Kompetenz aus soziologischer Sicht
bezieht sich auf die Bewältigung von und der Umgang mit Unsicherheiten, die durch
Nichtwissen und die Möglichkeit der falschen Wahl entstehen (vgl. ders.: 15). Laut
Kurtz (2010) spiele dies besonders auch in Bereichen, in denen ein Technologiedefizit
vorliegt, eine Rolle (vgl. 15f). Beispiele hierfür sind Berufe, die aus Interaktionen zwischen Professionellen und Adressat/innen bestehen, wie die Soziale Arbeit und LehrLern-Situationen. In der Psychologie ist der Kompetenzbegriff weit verbreitet und schon
früh diskutiert worden, „was insbesondere damit zusammenhängt, dass der Kompetenzbegriff […] sehr stark personengebunden verwendet wird“ (ders.: 7f).
Stellvertretend für die psychologische Sicht auf den Kompetenzbegriff wird
hier auf Weinerts Definition Bezug genommen, welche aufgrund des laut Knauf und
Schulze-Krüdener (2014) hohen Bekanntheitsgrades seiner Definition in Deutschland
und dessen – bis in die Gegenwart reichende – Mitwirkung an der deutschen Bildungsreform am erwähnenswertesten scheint (vgl. 34f). Laut Weinert (2002) meint Kompetenz „die bei Individuen verfügbaren oder von ihnen erlernbaren kognitiven Fähigkeiten
und Fertigkeiten […], bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können“
14
Beispielsweise im Sinne von Befehlsgewalt
7
(27f). Kompetenzen sollen sich in fachliche 15, überfachliche16 und Handlungskompetenzen17 unterteilen lassen (vgl. 28). Hier wird die oben bereits genannte Personengebundenheit des Kompetenzbegriffs deutlich. Des Weiteren lässt sich aus der Aussage
Weinerts die Annahme herausfiltern, dass Kompetenz sowohl teilweise veranlagt („bei
Individuen verfügbaren“), als auch teilweise erlernbar („von ihnen erlernbaren“) ist.
Die pädagogische Perspektive auf den Kompetenzbegriff wird in dieser Arbeit
anhand der Expertise von Klieme u.a. (2009) dargestellt. Diese Expertise wurde von
dem Bundesministerium für Bildung und Forschung herausgegeben und von elf Autoren, die der pädagogischen Disziplin zugehörig sind, verfasst und scheint deshalb gut
geeignet, um Kompetenz aus dieser Perspektive darstellen zu können. Kompetenzen
umfassen demnach „erworbene, also nicht von Natur aus gegebene Fähigkeiten, die
an und in bestimmten Dimensionen der gesellschaftlichen Wirklichkeit erfahren wurden
und zu ihrer Gestaltung geeignet sind“ (65). Weiterhin seien sie lebenslang verbesserbar und auf andere Kontexte anwendbar, als dem, im dem die Kompetenz erworben
wurde (vgl. ebd.). Hier wird der Unterschied zum psychologischen Kompetenzverständnis deutlich, da eine Veranlagung für Kompetenzen aus pädagogischer Sicht
ausdrücklich zurückgewiesen wird.
Für die Betrachtung des Kompetenzbegriffes aus sozialarbeiterischer Sicht
gibt es unzählige Vorlagen in der Literatur, durch die der Diskurs und die Unsicherheit
zur Bedeutung und zum Inhalt des Kompetenzbegriffes deutlich werden. Laut Brake
(2002) besitzt jemand sozialarbeiterische Kompetenz, wenn „die Kenntnisse, Fertigkeiten und Einstellungen […], die man benötigt, um einen bestimmten Aufgabenbereich
seines Tätigkeitsfeldes zu bewältigen“ (85) erlangt wurden (vgl. ebd.). Bartosch zitiert
nach Bartosch (2011) definiert Kompetenzen als „Befähigungen […], zu einem späteren konkreten, jetzt aber unbekannten Zeitpunkt, unter dann konkreten, jetzt aber nur
allgemein beschreibbaren Bedingungen, eine dann konkrete, jetzt weitgehend unbekannte Aufgabenstellung, durch planvolles, zielgerichtetes Denken und Handeln erfolgreich zu meistern“ (81f.). Er stellt hier im Vergleich zu Brake ebenfalls das zukünftige
professionelle Handeln 18 in den Fokus. Brake betont dabei jedoch eher die unterschiedlichen Elemente (Kenntnisse, Fertigkeiten und Einstellungen) der Kompetenz,
Bartosch dagegen eher die Rahmenbedingungen der Ausbildung von Kompetenzen im
Vergleich zu den Rahmenbedingungen während ihrer Verwendung. Bartosch bringt
15
Beispielsweise fremdsprachliche oder mathematische Kompetenz.
Beispielsweise Reflexions- oder Problemlösungskompetenz.
17
Gemeint ist, in einer erfolgreichen und verantwortungsvollen Weise handeln zu können.
18
Hier im weitgefassten Sinne eines nicht nur alltäglichen, sondern planvollen (meist beruflichen) Handelns.
16
8
somit die Problematik des Kompetenzerwerbs im Studium Sozialer Arbeit auf den
Punkt, da durch das vorliegende Technologiedefizit 19 in der Sozialen Arbeit und die
damit einhergehende Ungewissheit späterer Berufstätigkeit keine konkreten Handlungsmuster vorgegeben werden können. Aus seiner Aussage lässt sich ableiten, dass
das genannte planvolle und zielgerichtete Denken und Handeln die Handlungskompetenz Sozialer Arbeit darstellt. Im Bereich des sozialarbeiterischen Kompetenzdiskurses
lässt sich die Tendenz der Unterteilung von Kompetenz in verschiedene Kompetenzelemente feststellen. Brake (2002) nennt sie formale, soziale und emotionale Kompetenz (vgl. 91ff.). Die formale Kompetenz umfasst die kognitive Ebene mit dem Erwerb
von Fachwissen, Normvorstellungen und Rahmenbedingungen der Adressat/innen
(vgl. ders.: 91). Die soziale Kompetenz meint die Fähigkeit, mit Adressat/innen in Interaktion zu treten und Beziehungen einzugehen (vgl. ders.: 93) und die emotionale Kompetenz beinhaltet das kritische Hinterfragen „wissenschaftlicher Konzepte und deren
Überprüfung auf die soziale Arbeit hin, andererseits ermöglicht […] [sie] auch die
Überprüfung eigener emotionaler und motivationaler Gegebenheiten“ (94f.). Effinger
(2011) bezieht sich auf die Kategorien „„Wissen“ als fachliche Kompetenz zum Verstehen und Erklären, „Haltung“ als soziale und ethische Kompetenz […] sowie „Können“
als methodische Kompetenz“ (133). Riegler, Hojnik und Posch (2009) betonen besonders den Aspekt der wechselseitigen Beeinflussung und Bedingung dieser Kompetenzelemente untereinander, durch die sich die sozialarbeiterische Kompetenz ausbildet.
So wird deutlich, dass die angeführten Kategorien von Kompetenz von Brake und
Effinger nicht lose nebeneinander stehen, sondern miteinander verknüpft sind und aufeinander wirken (vgl. 11).
Um eine gemeinsame Basis zum Verständnis des Kompetenzbegriffes in Abgrenzung zu ähnlichen Begriffen zu generieren, wird nachfolgend eine Abbildung von
Erpenbeck und von Rosenstiel (2007a), die die drei Begriffe Kompetenz, Qualifikation
und Fertigkeit leicht verständlich und übersichtlich voneinander abgrenzt, nachskizziert:
19
Zur Erklärung des Technologiedefizits siehe Glossar.
9
Regeln
Werte
Wissen i.e.s.
Fertigkeiten
Qualifikationen
Kompetenzen
Normen
Abbildung 1: Begriffsabgrenzung Kompetenzen, Qualifikationen, Fertigkeiten (vgl. XII)
Anhand dieser Skizze lässt sich somit eine Abstufung in der Reichweite der einzelnen
Begriffe feststellen. Fertigkeiten stellen die kleinste Einheit dar, Qualifikationen umfassen diese Fertigkeiten und bilden die mittlere Einheit, Kompetenzen wiederum beinhalten sowohl Fertigkeiten als auch Qualifikationen und gehören somit der größten Einheit
an. „Danach sind Fertigkeiten, Wissen, Qualifikationen eben keine Kompetenzen –
wiewohl es keine Kompetenzen ohne Fertigkeiten, Wissen und Qualifikationen gibt“
(ebd.).
2.3. Die Relevanz des Kompetenzerwerbs im Studium Sozialer Arbeit
Im vorherigen Kapitel 2.2. wurde bereits über ein Kompetenzverständnis der Sozialen
Arbeit diskutiert und im Kapitel 2.1. die Entwicklung hin zur Kompetenzorientierung in
akademischen Ausbildungskontexten. Nun soll die Frage in den Fokus gerückt werden,
inwieweit der Kompetenzbegriff innerhalb des Studiums Sozialer Arbeit bedeutsam ist.
Dazu werden nachfolgend zum einen die relevanten Qualifikationsrahmen für die Ausgestaltung des Studiums vorgestellt, zum anderen damit einhergehende – für die Soziale Arbeit eine wichtige Rolle einnehmende – Kompetenzmodelle miteinander verglichen. Diese Vorgehensweise nimmt genau die beiden „Diskursstränge“ (Becker-Lenz
u.a. 2012: 13) in den Blick, die sich aus der Kompetenzdiskussion für das Studium Sozialer Arbeit ergeben (vgl. ebd.).
Laut Rathjen (2006) beschreiben „Qualifikationsrahmen […] üblicherweise
Lernergebnisse, häufig sogar Kompetenzbündel, durch die ein Qualifikati10
onsniveau gekennzeichnet ist bzw. sein soll. Damit unterscheiden sie sich
von der traditionellen Beschreibung von Qualifikationen und sind Teil eines
Paradigmenwechsels im Bildungsbereich insgesamt: Während in der Vergangenheit Qualifikationen in erster Linie über Lerninhalte, Zugangsvoraussetzungen und Lerndauern beschrieben wurden, stehen zunehmend
die zu erreichenden Lernergebnisse und Kompetenzen, die Absolventen
haben sollen, im Mittelpunkt. Der Lernweg kann unterschiedlich sein, muss
sich aber in jedem Fall an diesen Zielen messen lassen“ (233).
Für die curriculare Ausgestaltung des Studiums Sozialer Arbeit haben vier Qualifikationsrahmen eine wesentliche Bedeutung: Der Qualifikationsrahmen für Deutsche
Hochschulabschlüsse (kurz: HQR), der Europäische Qualifikationsrahmen (kurz: EQR),
der Deutsche Qualifikationsrahmen (kurz: DQR) und der Qualifikationsrahmen Soziale
Arbeit (kurz: QR SArb). Der DQR stellt den nationalen Qualitätsrahmen für Deutschland dar. Er wurde 2011 „vom Arbeitskreis DQR verabschiedet“ (Bund-LänderKoordinierungsstelle für den Deutschen Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen
2013: 10) und beschreibt die ‚learning outcomes‘ im Hinblick auf die fachlichen und
personalen Kompetenzen, die eine Person durch seine Bildungsabschlüsse erreicht
haben sollte (vgl. dies.: 26). Bildungsabschlüsse meinen hier nicht nur die des akademischen Bildungsweges, sondern auch durch berufliche Ausbildung erreichte Kompetenzen. Aufgrund dieser Zusammenfassung der Kompetenzen aller Bildungsmöglichkeiten „werden [im DQR] Aussagen über die Gleichwertigkeit, nicht über die Gleichartigkeit von Qualifikationen getroffen“ (ebd.). Durch den Europäischen Qualifikationsrahmen, der 2008 in Kraft trat, werden die einzelnen nationalen Qualifikationsrahmen
international miteinander vergleichbar gemacht, somit gilt er als deren „Referenzrahmen“ (Kultusministerkonferenz 2015b: o.S.). Dieser besteht aus acht Stufen, die jeweils die Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen beschreiben, die eine Person zum
Abschluss des eingeschlagenen Bildungsweges erreicht haben sollte (vgl. BundLänder-Koordinierungsstelle für den Deutschen Qualifikationsrahmen für lebenslanges
Lernen: 13). Laut Hochschulrektorenkonferenz (o.J.) bietet der HQR die Basis für die
curriculare Ausgestaltung von Studiengängen in Deutschland und gilt außerdem als
Norm für deren (Re-)Akkreditierung (vgl. 1). Er umfasst also im Gegensatz zum EQR
und DQR nur die Beschreibungen der Lernergebnisse von akademischen Ausbildungen. Diese sind im DQR auf den letzten drei Niveaus (sechs, sieben und acht) angesiedelt (ebd.). Der QR SArb stellt somit den Orientierungsrahmen für die Ausgestaltung
des Studiums Sozialer Arbeit im Sinne eines „grundständige[…][n] generalisti11
sche[…][n] Studium[s]“ (Bartosch, Maile und Speth 2008: 5) dar. Somit ist hier die Frage nach der Generalisierung und Spezialisierung der sozialarbeiterischen Ausbildung
schon zu Anfang beantwortet.20 Er wurde im Jahr 2006 als erster fachspezifischer Qualifikationsrahmen für deutsche Studiengänge veröffentlicht (vgl. Kruse 2010: 54). Um
die einzelnen Qualifikationsrahmen und deren Verbindung und Zusammenhänge zu
verdeutlichen und eine Übersicht zu geben, entwickelte die Verfasserin ein grobes
Europäischer Qualifikationsrahmen
Schaubild:
Deutscher
Qualifikationsrahmen
Nationale Qualifikationsrahmen anderer
europäischer Länder
Qualifikationsrahmen für
Deutsche Hochschulabschlüsse
Qualifikationsrahmen
Sozialer Arbeit
Abbildung 2: Übersicht zu relevanten Qualitätsrahmen für das Studium Sozialer Arbeit
In dieser Abbildung soll die Relevanz des Europäischen Qualifikationsrahmens für alle
anderen benannten Qualifikationsrahmen deutlich werden. Des Weiteren wird die
Reichweite der einzelnen Qualifikationsrahmen durch deren Größe dargestellt: Der
deutsche und die nationalen sind gleich groß und stehen auf derselben Ebene, denn
sie gelten für ihr jeweiliges Land. Der Qualifikationsrahmen für Deutsche Hochschulen
ist dem Deutschen Qualifikationsrahmen untergeordnet, da er sich – im Gegensatz
zum DQR – nur auf die akademischen Ausbildungen bezieht. Der Qualitätsrahmen
Sozialer Arbeit stellt in dieser Abbildung die kleinste Einheit dar. Er ist dem HQR untergeordnet aufgrund seiner fachspezifischen Ausrichtung, der letztlich nur für den Studiengang Sozialer Arbeit Orientierung bietet.
20
Dieser Diskurs wird laut Kruse (2007) „seit über 90 Jahren diskutiert“ (167) und findet aktuell
durch den Bologna-Prozess – zumindest bezüglich des Bachelorstudiums – die Beantwortung
eines „eher generalistische[…][n] Bachelorstudiums“ (177).
12
Der Qualifikationsrahmen Sozialer Arbeit führt für die Verfasserin dieser Arbeit
zu der Frage, welcher Kompetenzerwerb eine/n kompetente/n Sozialarbeiter/in ausmacht. Im Zuge dieses Diskurses stehen die Handlungskompetenz und der Begriff der
Employability21 im Fokus. Ein allgemeingültiges Modell sozialarbeiterischer Handlungskompetenz liegt aktuell nicht vor, jedoch gibt es einige bekannte Modelle, von denen
hier nun zwei vorgestellt werden: Das Handlungskompetenzmodell von Maja Heiner
sowie das Rahmenkonzept professioneller Kompetenzen von Sozialpädagogen/innen
der International Association of Social Educators (kurz: AIEJI). Maja Heiners Modell
wurde für diese Arbeit ausgewählt, weil es in der Literatur oft zitiert wird und „einen
sehr tauglichen Beitrag für die Bestimmung und Zuordnung zentraler Handlungskompetenzen in der Sozialen Arbeit liefert“ (Becker, Kricheldorff und Schwab 2012: 8). Heiner (2012) unterteilt die Handlungskompetenz in zwei Bereiche: Die „drei bereichsbezogenen Kompetenzmuster[…]: Selbstkompetenz, Fallkompetenz und Systemkompetenz“ (203, Hervorheb. im Original) und die „drei prozessbezogene[n] Kompetenzmuster […]: Analyse- und Planungskompetenz, Interaktions- und Kommunikationskompetenz, Reflexions- und Evaluationskompetenz“ (dies.: 203f., Hervorheb. im Original). Die
bereichsbezogenen Kompetenzen lassen sich nach Meinung der Verfasserin auf Mikro-, Meso- und Makroebene ansiedeln. Die Selbstkompetenzen beinhalten Kompetenzen im Hinblick auf die Haltung und Motivation der Sozialarbeiter/in gegenüber seiner/ihrer Adressat/innen (Mikroebene), die Fallkompetenzen sind auf die Kompetenzen
in der Arbeit mit den Adressat/innen und deren Umfeld bezogen (Mesoebene) und die
Systemkompetenzen beziehen die Kompetenzen hinsichtlich der Einrichtung des/der
Sozialarbeiter/in und die institutionellen Kooperationspartner mit ein (Makroebene) (vgl.
dies.: 204f.). Die drei prozessbezogenen Kompetenzmuster lassen sich zeitlich versetzt innerhalb des Arbeitsprozesses von Sozialarbeiter/innen und deren Adressat/innen wiederfinden, wenn sie als vor- und nachbereitendes Handeln sowie als die
eigentlichen Intervention verstanden werden. 22 „Die drei bereichsbezogenen Kompetenzen sind auf [die] drei prozessbezogene[n] Kompetenzmuster […] bezogen“ (dies.:
205) und ergeben in ihrer Kombination verschiedene Schwerpunktsetzungen für die
Arbeit von Sozialarbeiter/innen (vgl. ebd.). Als Beispiel ließe sich ableiten, dass für die
Selbstkompetenz (also beispielsweise die Identitätsentwicklung des/der Sozialarbeiter/in) die Reflexionskompetenz besondere Bedeutung erhält, denn durch die Reflexion
des eigenen Denken und Handeln, kann sich die Identität weiterbilden.
21
Zur Erklärung des Begriffes Employability siehe Glossar.
Dies ist eine grobe Unterteilung der Verfasserin dieser Arbeit, um die Systematik dieses Modells deutlich zu machen und gilt nicht als Gesetzmäßigkeit der zeitlichen Abfolge des sozialarbeiterischen Handelns.
22
13
Als Vergleichsmodell wird hier der konzeptionelle Rahmen der AIEJI hinzugezogen, um ein Modell mit europaweiter Reichweite in den Vergleich zu berücksichtigen.
Der Herausgeber dieses Rahmenkonzeptes erklärt, dass diese Publikation keine Endgültigkeit besitzt im Hinblick auf den Diskurs zum sozialarbeiterischen Berufsverständnis: „Das Papier „Die professionellen Kompetenzen von Sozialpädagogen/innen“ ist
somit als Rahmen für die gemeinsame und andauernde Diskussion über und die Entwicklung unseres Berufsverständnisse(!) zu verstehen“ (Verein von Erziehern gefährdeter Jugend in Deutschland e.V. Deutscher Zweig der AIEJI o.J.: 6, Hervorheb. im
Original). Die Handlungskompetenz wird hier in zwei Dimensionen, den Basiskompetenzen und den zentralen Kompetenzen, unterteilt. Die Basiskompetenzen stellen verschiedenartige Handlungskompetenzen dar und bestehen aus der Kompetenz des
Eingreifens, der Evaluation und der Reflexion. Diese seien notwendig, damit Sozialarbeiter/innen verschiedene Handlungsformen zur Verfügung stehen, um in den vielfältigen Situationen angemessen (re-)agieren zu können (vgl. ders.: 16). Die zentralen
Kompetenzen (als zweite Dimension) werden eher als Liste erforderlicher Kompetenzen verstanden und meinen keine direkte Handlungsform (wie in der ersten Dimension), sondern persönliche Voraussetzungen. Hierzu zählen die Beziehungskompetenzen, die sozialen und kommunikativen Kompetenzen, die organisatorischen und systemischen Kompetenzen, Lernkompetenzen und die in der professionellen Praxis erworbenen Kompetenzen. Letztere werden wiederum unterteilt in theoretisches Wissen
und methodische Kompetenzen, Berufsausübungskompetenzen, kulturelle und kreative Kompetenzen (vgl. ders.: 17ff.).
Im direkten Vergleich dieser beiden theoretischen Modelle sozialarbeiterischer
Handlungskompetenz lässt sich feststellen, dass es einige Gemeinsamkeiten im Verständnis des Begriffes Handlungskompetenz gibt. Eine Gemeinsamkeit stellt die explizite Verbindung von theoretischen und methodischen Kompetenzen mit der Haltung
und Motivation der Sozialarbeiter/innen dar. Die Bedeutung der Haltung von Sozialarbeiter/innen wird in Heiners Ausführungen (2012) zum bereichsbezogenen Kompetenzmuster der Selbstkompetenz deutlich (vgl. 204). In den Ausführungen der AEIJI
lässt sich die Bedeutung der Haltung und Motivation von Sozialarbeiter/innen nicht
explizit in den Kompetenzelementen wiederfinden, jedoch wird diese Bedeutung in der
Definition des Begriffes Kompetenz deutlich: „Es ist die Handlungsfähigkeit der Sozialpädagogen/innen, […] die nicht nur Wissen, Fertigkeiten, intellektuelle, praktische und
soziale Kompetenzen, sondern auch Einstellung und Motivation miteinander verbindet“
(Verein von Erziehern gefährdeter Jugend in Deutschland e.V. Deutscher Zweig der
AIEJI o.J.: 16, Hervorheb. PM). Auch die Analyse- und Planungs-, sowie die Evalua14
tions- und Reflexionskompetenz spielen in beiden Modellen eine wichtige Rolle.23 Die
Art und Weise der Einteilung und Darstellung (in Kompetenzmuster bei Heiner und in
Kompetenzdimensionen bei der AEIJI) und die unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen zeigen jedoch die Unterschiede der Modelle auf. Knauf und Schulze-Krüdener
(2014) stellen in ihrer Analyse verschiedener Kompetenzmodelle24 ähnliches fest: „In
den letzten Jahren sind verschiedene Kompetenzmodelle […] zur Diskussion gestellt
worden, die die Handlungsfähigkeit von Fachkräften der Sozialen Arbeit abbilden beziehungsweise ermöglichen sollen [….] [,die sich] im Großen und Ganzen durch eine
weitgehende Einheitlichkeit in der Verwendung der Begrifflichkeiten auszeichnen: Die
jeweiligen Gerüste sind aber einmalig“ (48).
2.4. Kritik an der Kompetenzorientierung
Die Entwicklung hin zu einer aktuell vorliegenden Kompetenzorientierung sowie die
angestrebten Veränderungen durch den Bologna-Prozess waren vor allem von politischer Seite gewollt und durchgesetzt (vgl. Schmitt 2007: 26). Dies führte dazu, dass
die Beteiligten eher zögerlich reagierten, teilweise auch gegen die Reformversuche
protestiert wurde (vgl. Engelke 2010: 60). Die Reform beinhaltet – wie im vorherigen
Kapitel 2.3. bereits erwähnt – auch die Fokussierung auf den Erwerb von Employability, also der Berufsfähigkeit. Hierbei wird vielfach auf die Gefahr hingewiesen, dass eine
zu funktionale Sicht auf akademische Ausbildungen entwickelt wird und die Studierenden möglichst schnell und oberflächlich auf die Praxis vorbereitet werden, sodass die
Ausbildung an Wert verliert: „eine Verflachung im Sinne von „quadratisch, praktisch,
gut“ und […] insgesamt […] eine Deprofessionalisierung [der Sozialen Arbeit]“ (Kruse
2009: 43). Hier sieht Schmitt (2007) die Ausbildungseinrichtungen Sozialer Arbeit zur
Verantwortung gezogen, um eine Abwertung des Berufsstandes von Sozialarbeiter/innen und die damit einhergehenden Gehaltssenkungen zu verhindern (28). Bartosch (2011) sieht die Orientierung an Kompetenzen und Employability positiv, denn seiner Meinung nach komme dies „einem wissenschaftlichen Lernprozess […] eigentlich
entgegen. Es entlastet die Lehrprogramme von der Idee, verbindliche Wissensbestände weiterzugeben, und erlaubt es, den Focus auf die Befähigung zum Umgang mit
Unbekanntem zu richten“ (81). Als schwierig wird im Kontext der Vereinheitlichung des
europäischen Hochschulraums und der zu fördernden Mobilität Studierender und Lehrender – wie bereits im Kapitel 2.1. dargestellt – das uneinheitliche Kompetenzver23
Siehe Basiskompetenzen der AEIJI sowie die prozessbezogenen Kompetenzmuster von
Heiner.
24
Beispielsweise von Hiltrud von Spiegel, Müller sowie Maus, Nodes und Röh (vgl. Knauf und
Schulze-Krüdener 2014: 46ff.).
15
ständnis und dessen Erwerbmöglichkeiten innerhalb des Studiums gesehen (vgl. Becker-Lenz u.a. 2012: 15). Hier stellt sich die Frage, wie dann die Kompetenzen, die im
Studium vermittelt werden sollen, überhaupt auf ihren Erwerb hin überprüft werden
sollen. Dazu schreiben Bartosch u.a. (2008), dass das „Vorhandensein einer Kompetenz […] nur indirekt durch die erfolgreiche Handlung – im Sinne der Performanz der
Kompetenz – abgeleitet werden [kann].“ (217). Daraus folgt die Notwendigkeit, Indikatoren für Kompetenzen zu bestimmen, anhand derer die Kompetenzen wiederum
messbar gemacht werden können.
2.5. Zusammenfassung
Das zweite Kapitel hatte den Kompetenzbegriff im Fokus und stellte dessen steigende
Relevanz durch die Veränderungen im Rahmen des Bologna-Prozesses dar (siehe
Kapitel 2.1.). Die aktuelle Kompetenzorientierung bezieht sich auf die gesamten europäischen Hochschulsysteme, die sich im Zuge einiger Reformelemente (Modularisierung, gestufte Studiengänge, ECTS…) vereinheitlichen sollen. Als fraglich stellte sich
heraus, was sich hinter dem Begriff Kompetenz verbirgt und wie er fachlich diskutiert
wird. Hier konnte festgestellt werden, dass kein Konsens über dessen Bedeutung und
Verwendung besteht: Weder interdisziplinär (im Vergleich mit soziologischen, psychologischen und anderen Perspektiven) noch innerhalb der Sozialen Arbeit liegt eine allgemeingültige Definition vor (siehe Kapitel 2.2.). Die Relevanz des Kompetenzbegriffes
für das Studium Sozialer Arbeit wurde mithilfe bedeutender Qualifikationsrahmen vom
EQR bis QR SArb und dem Vergleich zweier Kompetenzmodelle bearbeitet. Hier konnten sich Gemeinsamkeiten und Unterschiede feststellen lassen, die verschiedene
Schwerpunktsetzungen zu maßgeblichen sozialarbeiterischen Kompetenzen deutlich
machten (siehe Kapitel 2.3.). Im Kapitel 2.4. wurde ein kurzer Einblick in die Kritik an
der Kompetenzorientierung akademischer Ausbildungen gegeben. Ein wichtiger Aspekt
der Analyse dieser kritischen Stimmen ist die Ungewissheit über die Wirksamkeit des
Studiums im Hinblick auf die zu erwerbenden Kompetenzen. Hier fehlen Forschungen
zu geeigneten Kompetenzmessmethoden innerhalb des Studiums Sozialer Arbeit und
deren Ergebnisse. Hier besteht weiterhin eindeutiger Handlungsbedarf.
16
3. Praxisanteile im Studium Sozialer Arbeit
Um die Fragestellung dieser Arbeit bearbeiten zu können, muss zunächst eine Grundlage bezüglich der Praxisanteile im Studium Sozialer Arbeit geschaffen werden. Denn
zu klären ist, welche Anteile in den Curricula zum Praxisbezug zählen können und wie
dieser Praxisbezug ausgestaltet wird und welche Funktionen sie einnehmen. Somit
nähert sich diese Arbeit der Frage nach den Möglichkeiten von Praxisanteilen im Kompetenzerwerb von Studierenden Sozialer Arbeit.
3.1. Differenzierung: direkte und indirekte Praxisanteile
Wenn nach Praxisanteilen im Studium Sozialer Arbeit gefragt wird, kommt es – aus
eigenen Erfahrungen der Verfasserin dieser Arbeit – schnell dazu, dass ausschließlich
Praktika als Formen von Praxis angesehen werden. Eine These der Verfasserin ist
seitdem, dass praktische Anteile im Studium vielfältiger sind als viele Kommiliton/innen
annehmen, beispielsweise wenn Methoden eingeübt und Rollenspiele durchgeführt
werden. Aus diesem Grund wird in diesem Kapitel zunächst die Frage aufgeworfen,
welche Formen von Praxisanteilen im Studium Sozialer Arbeit vorzufinden sind. Hierzu
wird eine Differenzierung in direkte und indirekte Praxisanteile vorgenommen.
Nach Harmsen (2014) zählen alle Formen „selbst erlebte[…][r] konkrete[…][r]
Praxis“ (68) zu den direkten Praxisanteilen im Studium. Beispiele hierfür sind „Praktika, Exkursionen, nebenberufliche Tätigkeiten“ (ebd.) und „Praxisprojekte, die in […]
unterschiedlichen Handlungsfeldern Sozialer Arbeit angesiedelt sind und zusammen
mit Praxispartnern in weitgehender Selbstorganisation der Studierenden durchgeführt
werden“ (Becker u.a. 2012: 11). Praktika können nach Schmitt (2007) auf drei verschiedenen Arten absolviert werden, die jeweils andere Aufgaben sowie andere Vorund Nachteile mit sich bringen25 (vgl. 38f.). Er unterteilt sie in Block- oder Vollpraktika,
studienbegleitende Praktika oder Teilzeitpraktika und zuletzt Langzeitpraktika (vgl.
39f.). Des Weiteren gibt es an manchen Ausbildungseinrichtungen Sozialer Arbeit die
Möglichkeit eines „Praxissemester[s] […] [, in dem] Studierende das erworbene Wissen
unter professioneller Anleitung gezielt in der Praxis anwenden, reflektieren und entsprechend erweitern [können]“ (dies.: 12).
25
Diese Aufgaben sowie Vor- und Nachteile werden hier nicht näher erläutert, da sie für den
Umfang dieser Arbeit zu vertiefend wären. Im Kapitel 3.2. wird jedoch auf ihre Funktionen eingegangen.
17
Doch auch indirekten Praxisanteilen kommt im Studium Sozialer Arbeit eine
wichtige Rolle zu. Nach Schmitt (2007) dürfe das Verständnis von Praxisbezug nicht
nur aus direkten Praxisanteilen bestehen, sondern „sollte in seiner indirekten Form als
Querschnittsauftrag für die gesamte Ausbildung und die dort verankerten verschiedenen Lehr- und Vermittlungsformen gelten“ (42). Er benennt hierzu unterschiedliche
Möglichkeiten, um einen Bezug zur Praxis innerhalb der Curricula und der Ausgestaltung von Lehr-Lern-Situationen herzustellen (vgl. ebd.). Dies könne durch Einbindung
von „praxisorientierte[n] Lehrangebote[n]“ (ebd.) geschehen, in denen Fälle aus der
Praxis besprochen werden, bestimmte Handlungsfelder Sozialer Arbeit in den Blick
genommen werden und ähnliches. Harmsen (2014) befragte zu diesem Thema Bachelorstudierende am Anfang des sechsten Semesters (vgl. 49). Aus den leitfadengestützten Interviews ließ sich für Harmsen ableiten, dass „Lehrveranstaltungen […] dann
für Studierende einen akzeptablen Praxisbezug [erhalten], wenn sie konkret mit Fällen
arbeiten, da dort die Vorstellung davon, wie sich die Wirklichkeit Sozialer Arbeit gestaltet, leichter fällt“ (74). Weiterhin könne Praxisbezug durch den Einsatz von Lehrkräften
aus der Praxis hergestellt werden (vgl. Schmitt 2007: 42). Hier konnte Harmsen (2014)
durch seine – oben bereits beschriebene – Studie als Ergebnis festhalten, dass diese
Form eines indirekten Praxisanteils von Studierenden sehr geschätzt wird: „Der Unterschied zu anderen Lehrveranstaltungen besteht in der wahrgenommenen Authentizität
von Fällen und Professionellen. Sie sind anschaulicher und belegen (!) die im Studium
immer wieder geforderte Verknüpfung von Theorie und Praxis“ (79, Hervorheb. im Original). Brake (2002) beschäftigt sich mit der Kompetenzentwicklung von Studierenden
im Studium Sozialer Arbeit durch Selbsterfahrungsgruppen (vgl. 105f.): „Angezielt werden hier der Transfer bzw. die Anwendung von Verhaltensweisen und Kenntnissen für
die Berufsarbeit, die durch Selbsterfahrung und Reflexion gelernt werden sollen“ (ders.:
105). Diese Gruppen stellen eine weitere Form der indirekten Praxisanteile dar. Weitere Formen indirekter Praxisanteile können im Studium Platz finden durch Angebote wie
Fallwerkstätten und Ausbildungssupervisionen (vgl. Becker-Lenz und Müller 2009:
404f.). Fallwerkstätten bieten die Möglichkeit eigene Fälle aus erlebter Praxis einzubringen, in der Gruppe zu analysieren und Lösungen zu erarbeiten (vgl. ebd.). Ausbildungssupervisionen können auch ohne von den Studierenden ‚mitgebrachte‘ Fälle mithilfe von Beispielfällen durchgeführt werden, falls den Studierenden diese Möglichkeit
nicht in anderen Kontexten der Ausbildung möglich ist (vgl. 405). Im folgenden Kapitel
wird nun auf die Funktionen dieser direkten und indirekten Praxisanteile eingegangen.
18
3.2. Funktionen von Praxisanteilen
Um sich der Beantwortung der Frage zu nähern, welche Möglichkeiten und Grenzen
Praxisanteile im Studium Sozialer Arbeit für den Kompetenzerwerb der Studierenden
gegeben beziehungsweise gesetzt sind, muss grundlegend herausgearbeitet werden,
welche Funktionen durch praktische Einheiten erfüllt werden können. Für diese Arbeit
sind vor allem die Funktionen für die Studierenden – als Adressat/innen des gewünschten Kompetenzerwerbs – von Bedeutung, jedoch soll hier auch kurz auf den Nutzen
von Praxisanteilen in Bezug auf die Disziplin und Profession eingegangen werden.
Zunächst werden die Funktionen von indirekten Praxisanteilen herausgearbeitet. Harmsen (2014) findet in der Bearbeitung von Fällen innerhalb von Seminaren
den „Anleitungs- und Übungscharakter“ (75) wieder und spricht dieser Form des indirekten Praxisanteils die Funktion zu, dass die „Fallseminare […] zu gefahrlosen Erprobungsräumen eigener Handlungskompetenz [werden]“ (ebd.). Weiterhin führe die Anwendung von Methoden ‚auf Probe‘ in Seminaren dazu, dass diese leichter verständlich gemacht werden können (vgl. dies.: 77). Die bereits im vorherigen Kapitel angesprochenen Fallwerkstätten können laut Becker-Lenz und Müller (2009) die Bildung
einer professionellen Haltung fördern. Dies sei durch die Analyse konkreter Verhaltensweisen innerhalb der von den Studierenden eigens mitgebrachten Fälle möglich,
indem problematische Verhaltensweisen aufgedeckt und Lösungsansätze gemeinsam
entwickelt werden (vgl. 404). So soll auch „die Kompetenz des Fallverstehens als ein
Element des professionellen Habitus befördert [werden]“ (ebd.). „Im Unterschied zur
Fallwerkstatt geht es […] [in den Ausbildungssupervisionen] nicht um die „Lösung des
Falles“, sondern um die Thematisierung von Schwierigkeiten, die verlangten ethischen
Grundpositionen einzunehmen oder mit dem Problem von Hilfe und Kontrolle umzugehen“ (dies.: 405).
Im Folgenden werden die grundlegenden Funktionen von direkten Praxisanteilen, die sich aus vorliegender Literatur herausarbeiten ließ, dargestellt. Zunächst wird
Praxis als der „eigentliche Ort […], an dem der berufspraktische Habitus sich durch das
Durchlaufen von Krisen und das Infrage-Stellen von Routinen bildet“ (Becker-Lenz und
Müller 2009: 406) bezeichnet. Außerdem „[dienen] die Praxisphasen […] der Selbstvergewisserung, kompetent in der Sozialen Arbeit handeln zu können“ (Harmsen 2014:
67). Weiter heißt es, dass gerade „studienbegleitende Praktika unter fachlich qualifizierter Anleitung […] ein wesentliches Qualitätsmerkmal von Fachhochschulen [sind],
um die konkrete Umsetzung des Theorie-Praxis-Bezuges anhand konkreter Lernziele
zu ermöglichen“ (Zierer 2009: 73). Weitere Funktionen von Praktika und Praxissemestern wurden 2006 von der Jugendministerkonferenz formuliert. Diese sollen:
19

Einsicht in die unterschiedlichen Handlungsfelder Sozialer Arbeit geben

den Aufbau von Handlungskompetenz fördern

die Analyse von professionellem Handeln ermöglichen

die Entwicklung professioneller Handlungsfähigkeit im Kontext und mit den
Rahmenbedingungen des jeweiligen Handlungsfeldes erweitern

den Studierenden spezifische Verwaltungsaufgaben der Sozialen Arbeit aufzeigen, erproben sowie evaluieren lassen (vgl. o.S.).
Exkursionen, die innerhalb der Vorlesungszeit im Kontext von Lehrveranstaltungen
unternommen werden können, bieten die Möglichkeit, schon während des Studiums
Kontakte mit sozialen Einrichtungen herzustellen (vgl. Harmsen 2014: 71). Außerdem
können sie dazu dienen, Studierende „modellhaft Soziale Arbeit erleben zu [lassen]“
(ebd.), meist im Sinne von nicht-teilnehmenden Beobachtern (vgl. ebd.). Berufliche
Tätigkeiten neben dem Studium oder freiwillige Praktika stellen für Studierende laut
den Ergebnissen der Studie von Harmsen (2014) eine Möglichkeit dar, sich weiterzuentwickeln. Diese Weiterentwicklung beziehe sich auf die Identitätsbildung und Professionalität und sei „aufgrund des größeren Freiheitsgrades […] stärker identitätsbildend“
(71). Hier muss jedoch angemerkt werden, dass diese Einschätzung von manchen
Studierenden während der Interviews vorgenommen wurde, es kam jedoch anscheinend26 keine Nachfrage dazu woran die Studierenden dies festmachen würden. Hier
könnte sich zeigen, dass die in der Hochschule erworbenen Kompetenzen in der Praxis erlebbar werden und dadurch für die Studierenden ‚erlebbar‘ gemacht wurden, im
Sinne der Performanz27. Laut Schmitt (2007) zeigen solche Formen der Praxisbezüge,
in denen keine Bezüge zur Hochschule hergestellt werden, geringere Erfolge als solche mit praxisbegleitenden Seminaren (vgl. 42). Auch Schneider (2001) stellt für Praktika, Ehrenämter und nebenberufliche Tätigkeiten während des Studiums Sozialer Arbeit ohne Bezug zur Hochschule nicht die Funktion der Identitätsentwicklung in den
Fokus, sondern die Möglichkeit „einen Einblick in verschiedene Tätigkeitsfelder […] [zu
bekommen und] den Aufbau der im sozialen Feld besonders bedeutsamen Praxiskontakte“ (110). Die Menge der herausgearbeiteten Funktionen indirekter und direkter Praxisanteile zeigt auf, welche Bedeutung den Praxisanteilen zugeschrieben wird. Ob diese Fülle an Funktionen durch die Einbettung von praktischen Einheiten in das Studium
Sozialer Arbeit erfüllt werden kann und ob die drei beteiligten Personenkreise – Studierende sowie Professionelle aus der Praxis und der Disziplin – hinsichtlich dieser gro-
26
27
Den Ergebnissen ist dies zumindest nicht entnehmbar.
Die Begriffserklärung findet sich im Glossar.
20
ßen Hoffnung auf die Wirkung von Praxisbezügen derselben Meinung sind, wird Thema des vierten Kapitels sein.
Wie oben bereits erwähnt, haben Praxisanteile aber nicht nur für die Studierenden, sondern auch für die Disziplin und Profession eine wichtige Funktion, die hier
kurz charakterisiert werden soll, um deren Bedeutung auch in diesem Kontext zu markieren. Laut Zierer (2009) „[unterstützen] Praktika […] den Austausch zwischen Ausbildung und Praxis und tragen somit zu einem wechselseitigen Verständnis über die jeweils anderen Aufgabensetzungen bei. Sie liefern direkt oder indirekt wesentliche Impulse für die Fachhochschule, die ein Interesse an zeitgemäßer Ausbildung und den
permanenten Veränderungen der Praxis hat“ (73). Diese Funktion wird von Schmitt
(2007) als „Rückkopplungsschleife[…]“ (38) bezeichnet und soll „die Distanz zwischen
beiden Bereichen kontinuierlich […] verringern“ (ebd.). Solche eine Wirkung kann auch
auf indirekte Praxisanteile, wie den Exkursionen oder der Einbeziehung von Referent/innen aus der Praxis, übertragen werden, denn auch hier findet ein Austausch
zwischen Ausbildung und Praxis statt, der zur Überprüfung der Aktualität der Aufgabenbereiche und Lehrinhalte genutzt werden könnte.
3.3. Die Relevanz von Praxisanteilen im Studium Sozialer Arbeit
Busse und Ehlert (2012) analysierten die Relevanz der verschiedenen Studienelemente im Studium Sozialer Arbeit durch den Vergleich der Module und deren Creditpoints
(vgl. 91). Es handelt sich also um eine eher oberflächliche quantitative Untersuchung,
da „nur die Modulbezeichnungen […] in die Analyse einbezogen [wurde] (ebd., Hervorheb. PM). Sie gilt jedoch als repräsentativ, da insgesamt 61 von 80 bestehenden Modulbezeichnungen der angebotenen Bachelor-Studiengänge Sozialer Arbeit zur Verfügung standen (vgl. ebd.). Die Module wurden in sechs Kategorien eingeordnet (Theorie, wissenschaftliches Arbeiten, Berufs- und Felderschließung, Reflexion, Handeln und
Methoden sowie Professionalität) (vgl. dies.: 91f.). Für diese Arbeit sind nur die Ergebnisse einiger Kategorien bedeutsam, die im Zusammenhang mit – direkten und indirekten – Praxisanteilen stehen. Diese Kategorien sind zum einen die Berufs- und Felderschließung, die „Praxismodule, Handlungsfelder Sozialer Arbeit etc. [umfasst]“ (dies.:
91) zum zweiten die Reflexion, die für „Fallarbeit, Praxisbegleitung, Supervision etc.
[steht]“ (ebd.) und zum dritten das Handeln und die Methoden, „in denen explizit Methoden und Konzepte Sozialer Arbeit vorkommen“ (ebd.). Vor allem in Bezug auf die
dritte relevante Kategorie muss hier angemerkt werden, dass diese wenig Aussagekraft hinsichtlich der Praxisanteile im Studium Sozialer Arbeit beinhaltet, da eine theoretische Auseinandersetzung mit Methoden Sozialer Arbeit ebenfalls in diese Kategorie
21
fällt. Des Weiteren können in allen anderen Modulen Möglichkeiten gegeben sein,
praktische Elemente – im Sinne der in Kapitel 3.1. genannten – einfließen zu lassen.
Die Ergebnisse dieser Analyse sind somit mit Vorsicht zu behandeln. Die Ergebnisse
sind aufgeteilt in drei Ebenen: Den Fachhochschulen mit sechs Semestern, den Fachhochschulen mit sieben Semestern und den Universitäten mit sechs Semestern (vgl.
ebd.). Die Ergebnisse28 sollen hier kurz dargestellt werden: Die Berufs- und Felderschließung nehmen 11% (14%, 11%) der gesamten Creditpoint-Vergabe ein. Die Reflexion 6% (6%, 5%) und das Handeln und die Methoden 17% (17%, 14%) (vgl. dies.:
92f.). Dieses Ergebnis überrascht zunächst im Hinblick darauf, dass die Fachhochschulen für ihre hohe Praxisorientierung werben, die sich hier jedoch kaum von den
Universitäten unterscheidet. Insgesamt werden 34% (37%, 30%) der zu verteilenden
Creditpoints für praktische Anteile im Studium Sozialer Arbeit genutzt.29 Im Vergleich
dazu soll hier noch auf die Ergebnisse der Kategorie Theorie hingewiesen werden:
55% (51%, 54%) der Creditpoints wird „für überwiegend theoretisch orientierte Modul[…][e]“ (dies.: 91) vergeben (vgl. dies.: 92f.). Die Bedeutung der Theorie für die
Ausbildung von Sozialarbeiter/innen wird deutlich, auch wenn dies wieder mit den genannten Einschränkungen verbunden ist.
Knauf und Schulze-Krüdener (2014) befragten im Rahmen des quantitativen
Teils der Trierer Kompetenzstudie 125 Bachelorabsolvent/innen sozialpädagogischer
Studiengänge in der Region Trier (vgl. 69f.). Da die Fragebögen an Einrichtungen verteilt wurden, die ein Handlungsfeld Sozialer Arbeit darstellen (vgl. dies.: 70), wurden
Personen befragt, deren Studienzeit unterschiedlich lange her ist. Die in diesem Kapitel
fokussierte Relevanz von Praxisanteilen im Studium Sozialer Arbeit, kann aus einem
kleinen Teil dieser Forschung herausgefiltert werden, denn „die teilnehmenden Personen […] [wurden] daraufhin befragt, wie viele Wochen sie in Pflichtpraktika bzw. in
freiwilligen Praktika absolviert haben“ (dies.: 74). Die Personen mit mindestens einem
Bachelorabschluss Soziale Arbeit oder Sozialpädagogik absolvierten durchschnittlich
34,73 Wochen Pflichtpraktika und 14,83 Wochen freiwillige Praktika (vgl. ebd.). Die
Bedeutung von Praxisanteilen innerhalb des Studiums Sozialer Arbeit wird hieran deutlich. Dies muss jedoch dadurch eingeschränkt bewertet werden, da die Vorgaben zu
Pflichtpraktika im Studium Sozialer Arbeit an den jeweiligen Hochschulen und in den
Bundesländern sehr unterschiedlich ausfallen können und die Mehrheit der Hochschulen eher weniger Pflichtpraktika verlangen. Als Bestätigung dieser These wird hier die
28
Der erste Wert steht für die Fachhochschulen mit sechs Semestern, der zweite für die Fachhochschulen mit sieben Semestern und der dritte für die Universitäten. Der zweite und dritte
Wert steht in Klammern, um die Übersichtlichkeit zu sichern.
29
Die Einschränkungen dieser Ergebnisse wurden bereits vorher genannt, sollen hier jedoch
noch einmal verdeutlicht werden.
22
geforderte Wochenzahl an Pflichtpraktika der Universität Hannover mit den Vorgaben
der Fachhochschule Bielefeld verglichen: Innerhalb des Studiums Sozialer Arbeit ist an
der Universität Hannover (o.J.) die Ableistung eines Praktikums im Umfang von acht
Wochen gefordert (vgl. o.S.), an der Fachhochschule Bielefeld (o.J.) sind dagegen
zwei Praktika mit insgesamt 18 Wochen Dauer festgelegt (vgl. 1).
3.4. Zusammenfassung
Nachdem zuerst herausgearbeitet wurde, welche Praxisanteile im Studium Sozialer
Arbeit Anwendung finden (können) und eine Differenzierung in direkte und indirekte
Formen von Praxis vorgenommen wurde 30 , fokussierte sich die Bearbeitung dieser
Thematik auf die Funktionen, die diese Praxisanteile einnehmen können 31 . Hierfür
wurde wiederum eine Differenzierung vorgenommen: Zunächst standen die Studierenden im Fokus, da die Verfasserin dieser Arbeit die Möglichkeiten von Praxisanteilen im
Kompetenzerwerb von Studierenden Sozialer Arbeit analysieren möchte. Aus dieser
Analyse ließ sich ableiten, dass den Praxisanteilen eine große Bedeutung beigemessen wird, da die Fülle an Funktionen kaum zu überblicken ist. Die aktuelle Relevanz
von Praxisbezügen wurde in Kapitel 3.3. in den Fokus der Analyse gerückt und mithilfe
von zwei Studien herausgearbeitet. In diesem und dem vorherigen Kapitel entwickelten
sich für die Verfasserin dieser Arbeit Fragen im Hinblick auf die Positionen der beteiligten Personenkreise zur aktuellen Einbindung von Praxisanteilen im Studium. Welche
Meinung vertreten diese und wie zufrieden sind sie mit der momentanen Situation?
Diese Fragen sollen im Laufe des folgenden Kapitels beantwortet werden.
4. Aktueller Diskurs zur Einbindung von Praxisanteilen im Studium
Sozialer Arbeit
Die Einbindung von Praxisanteilen im Studium Sozialer Arbeit verfolgt – wie in Kapitel
3.2. bereits analysiert – bestimmte Ziele, die sich vor allem auf die persönliche Entwicklung der Studierenden bezieht sowie zur stetigen Verknüpfung der Theorie mit der
Praxis beitragen soll. Die Haltung vieler Studierender hinsichtlich mangelnder Praxisbezüge wird in dem genannten Kapitel bereits, beispielsweise durch den Einbezug der
Studie von Harmsen (2014), deutlich. Das vierte Kapitel nimmt diese Haltung, sowie
30
31
Siehe Kapitel 3.1.
Siehe Kapitel 3.2.
23
die Haltungen der Profession und Disziplin Sozialer Arbeit im Hinblick auf den Diskurs
zur Einbindung von Praxisanteilen im Studium, in den Blick und analysiert diese im
direkten Vergleich. Zunächst wird in Kapitel 4.1. jedoch die Aktualität dieses Diskurses
überprüft, um den Sinn und die Bedeutung der nachfolgenden Analyse erkennbar zu
machen.
4.1. Die Relevanz dieses Diskurses für die Fachwelt
Der Diskurs um die Einbindung von Praxisanteilen im Studium Sozialer Arbeit scheint
bei der Durchsicht einschlägiger Literatur in der Geschichte sozialarbeiterischer Ausbildung allgegenwärtig32. Auch in aktueller Literatur wird diese Thematik diskutiert und
oftmals als „Theorie-Praxis-Frage“ beziehungsweise „Theorie-Praxis-Problem“ (Pantuček und Posch 2009: 15) bezeichnet. Pantuček und Posch (2009) wissen, dass sie
mit ihrem Beitrag keine Antworten auf diese Problematik geben können:
„Das Thema lässt sich nicht wirklich systematisch und somit abschließend
abhandeln, da zu umfangreich die Theoriediskussion, zu facettenreich die
Praxis der Sozialarbeit ist – und nicht zuletzt bleiben die Entwicklungen der
Sozialen Arbeit für die Zukunft offen […] [,denn] ihre Entwicklungen [erfolgten nicht abgekoppelt] von allgemeinen gesellschaftlichen Entwicklungen
und […] innerhalb der Profession [gab es] immer sehr unterschiedliche Positionen“ (ebd.).
Das heißt jedoch nicht, dass eine Beschäftigung mit diesem Thema – also auch diese
Arbeit – sinnlos wäre, denn ein Ziel ist es, dass die drei beteiligten Personengruppen
miteinander interagieren und sich diskursiv mit der Thematik auseinandersetzen (vgl.
ebd.). Die Relevanz dieser Interaktion zwischen den ‚Parteien‘ spiegelt sich beispielsweise auch in der Wahl der Thematik für die diesjährige Studiengangskonferenz Sozialer Arbeit an der Universität Vechta wider: „Theorie und Praxis im Studium: Widerspruch oder Einheit?“. Harmsen (2014) bestätigt die Aktualität der oben erwähnten
Haltung vieler Studierende, da „in Diskussionen mit Studierenden [die] […] Forderung
nach „mehr Praxis“ [oft zu hören ist]“ (68, Hervorheb. im Original). Er erkennt des Weiteren die Problematik, dass das Studium Sozialer Arbeit für manche Studierende nur
eine „Bestätigung und Erweiterung der Handlungskompetenzen, die sie schon besitz[…][en]“ (ders.: 57) darstellt. Aus dem Interview mit einer Studierenden wurde für
ihn ersichtlich, dass die „persönliche Weiterentwicklung oder gar [der] Erwerb wissenschaftlichen Wissens […] für sie nicht relevant [sind]“ (ders.: 57). Dies sind Tendenzen,
32
Beispiele zum Nachlesen finden sich im Anschluss an das Literaturverzeichnis.
24
die die momentane Relevanz der Einbindung von Praxisanteilen im Studium Sozialer
Arbeit verdeutlichen. Im Folgenden werden nun die Haltungen der drei Personengruppen verglichen.
4.2. Kritik aus professioneller Perspektive Sozialer Arbeit
Ein Blick auf die Haltung der Professionellen aus der Praxis Sozialer Arbeit hinsichtlich
der Einbindung von Praxisanteilen im Studium Sozialer Arbeit lässt sich im qualitativen
Forschungsteil der Trierer Kompetenzstudie von Knauf und Schulze-Krüdener (2014)
werfen. Diese führten 52 leitfadengestützte Interviews „mit Leitungskräften der Sozialen Arbeit aus unterschiedlichen Handlungsfeldern und Arbeitsbereichen Sozialer Arbeit [durch]“ (109). Die Ergebnisse können teilweise für diese Arbeit genutzt werden,
da sie auch auf die Orte, an denen Kompetenz erworben werden kann und Vorschlägen, wie das Studium Sozialer Arbeit ausgerichtet sein muss (vgl. dies.: 128ff.), beziehen. In den Interviews wird auf die Frage, welche Orte im Studium den Kompetenzerwerb fördern, zunächst häufig die Hochschule genannt, doch während der Vertiefung
dieser Aussagen „wird im Nachgang nahezu ausschließlich auf Praxisbezug und Praxiserfahrung33 abgehoben“ (dies.: 143). Erst in der Praxis werde – laut Aussagen vieler
Interviewter – das theoretische Grundgerüst mit „»Kompetenzen gefüllt«“ (dies.: 130,
Hervorheb. im Original). Somit wird deutlich, dass der Großteil der Befragten die wichtigsten Orte des Kompetenzerwerbs während des Studiums innerhalb der sozialarbeiterischen Praxis verorten und nicht in der Hochschule (vgl. dies.: 131). Laut Widulle
(2011) wird „wissenschaftliches Wissen […] häufig als überflüssig taxiert. Soziale und
personale Kompetenzen wie Geduld, Fähigkeit zum Zuhören, Selbstbewusstsein oder
Akzeptanz werden als bedeutsamer für das eigene berufliche Handeln bewertet“ (20).
Kritisch sehen viele befragte Praktiker/innen wohl deshalb, den – aus ihrer Sicht – zu
„geringe[n] Stellenwert der Praktika in der Hochschulausbildung, der sich in einer geringen Dauer, einer unzureichenden Betreuung, der unzureichenden Rückkopplung
im(!) Einbindung in Lehre und Studium ausdrückt“ (dies.: 134). Hier wird deutlich, dass
die „befragten Leitungskräfte […] den Praktika einen breiten und hohen Nutzen im Bereich der (exemplarischen) praktischen Bewährung in einem Handlungsfeld Sozialer
Arbeit und auch der Berufsfindung zu[weisen]“ (ebd.). Harmsen (2012) kritisiert an der
Haltung der Professionellen die für ihn vorhandene Forderung an die Hochschulen,
„kompetenzorientiert „fertige“ Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter in die Praxis zu
entlassen“ (139). Er unterstellt ihnen somit eine zu stark anwendungsorientierte Sicht
33
Die Autoren informieren, dass in den Interviews die Nennung von Praxis hauptsächlich im
Sinne von Praktika gemeint ist, also den direkten Praxisanteilen im Studium.
25
auf die im Studium zu erreichenden Ziele der Studierenden, die im Widerspruch zu den
Ansprüchen eines generalistischen Bachelorstudiums34 stehen. Diese starken Spezialisierungswünsche werden auch in einem Workshop unter der Leitung von KunzeWalther (2004) ersichtlich, da laut Folgerungen der Teilnehmer/innen die „Ausbildung
[…] möglichst viele Praxisfelder abdecken [muss]“ (36), die wichtigsten Handlungsfelder beachtet werden sollen, „Langzeitpraktika von drei Monaten […] [sowie] Praktika in
verschiedenen Bereichen“ (ebd.) absolviert werden sollen (vgl. ebd.). Der Workshop
konnte mit dem Fazit beendet werden, dass diese Wünsche aus der Praxis mit den
Anforderungen an das Studium Sozialer Arbeit nicht in Einklang gebracht werden können (vgl. ebd.).
Aufgrund dieses empfundenen Mangels praktischer Anteile im Studium äußern
Praktiker/innen Kritik an der Studienstruktur, da das Studium die Entwicklung einer
adäquaten Handlungskompetenz von Studierenden in zu geringem Maße fördere beziehungsweise sogar als kaum förderlich angesehen wird (vgl. Schulze-Krüdener und
Homfeldt 2002: 107). Harmsen (2014) konnte mithilfe seiner Studie herausfinden, dass
„Praxisvertreterinnen und Praxisvertreter […] sich angesichts dieser für viele noch nicht
hinreichend erkennbaren Kompetenzorientierung [im Studium Sozialer Arbeit] verunsichert [zeigen], inwieweit die Gleichwertigkeit von Diplom- und Bachelorabschlüssen
faktisch gegeben ist. Sie fragen kritisch an, ob Hochschulen noch in der Lage sind, den
Studierenden ausreichende Handlungskompetenzen vermitteln zu können“ (1). Hier
scheint die Aussage eines Interviewten zukunftsweisend, weil dieser den Ausbau der
Kooperations- und Kommunikationsstrukturen zwischen der Praxis und den Hochschulen als wichtigen Bestandteil einer Verbesserung der Situation ansieht (Knauf und
Schulze-Krüdener 2014: 136). Denn auch für die teilweise vorhandene Verunsicherung
bezüglich der Gleichwertigkeit der Diplom- und Bachelorabschlüsse könnten stärkere
Vernetzungen zwischen den Parteien zu Aufklärung sowie Ideen- und Meinungsaustauschen führen.
4.3. Kritik aus der Perspektive von Studierenden
In der Studie von Busse und Ehlert (2012) führten die Autoren Interviews mit Studierenden Sozialer Arbeit am Ende ihres dritten Semesters – also kurz bevor sie das
Pflichtpraktikum absolvierten (vgl. 97). „Im Fokus der Befragung stand die Einschätzung des bisherigen Studiums, im Hinblick auf das im nächsten Semester bevorstehende Praktikum“ (ebd.). Zusammenfassend kann zunächst festgehalten werden, dass
34
Dieser Anspruch eines grundständigen, generalistischen Studiums wurde im Zuge des Kapitels 2.3. durch die Darstellung des QR SArb deutlich.
26
die Interviewten den Nutzen des Studiums für die bevorstehende Praxisphase sehr
unterschiedlich bewerteten. Ein Interviewter bewertete das bisherige Studium als „sehr
praxisbezogen“ (dies.: 100), fühlte sich trotz dessen jedoch nicht ausreichend auf das
Praktikum vorbereitet, da die Übungssituationen und Fallbeispiele – im Sinne der indirekten Praxisanteile im Studium – nicht dasselbe seien, denn „jetzt stehen die Menschen direkt vor einem“ (ebd.). Für ihn sind indirekte Praxisanteile zur Überbrückung
des Theorie-Praxis-Problems35 also nicht geeignet. Im Interview wird auch explizit nach
bereits erworbenen Fachkompetenzen durch die ersten drei Semester gefragt (vgl.
dies.: 102). Für eine Interviewte ist dabei die Theorie nicht in der Lage, Kompetenzen
zu vermitteln beziehungsweise den Kompetenzerwerb der Studierenden zu fördern,
noch eingrenzender formuliert ist für sie „das Studium […] [keine] Grundlage für die
Fachkompetenzen so wirklich sein wird“ (ebd.). Harmsen (2014) erhält durch die Interviews mit Studierenden im sechsten Semester ähnliche Ergebnisse. Er kommt zu dem
Schluss, dass die Studierenden die „anschauliche „Praxis““ (90, Hervorheb. im Original) als zentrales Element im Studienverlauf wahrnehmen. Er beschreibt dieses Element als „sinnlich erfahrbare Praxis“ (ebd.), die die Studierende in den Mittelpunkt stellen, weil „in ihnen die vermeintlich „wirkliche“ Soziale Arbeit stattfindet“ (ders.: 91, Hervorheb. im Original). Den Gegenpart stellt die Theorie dar und hat durch ihre Funktion
als Gegenüber oftmals eine schwierige Stellung. Jedoch steht für Harmsen (2014) fest,
dass die Vorstellung von Studierenden hinsichtlich der Gleichung mehr Praxis = mehr
Können in den wenigsten Fällen aufgeht (vgl. 91). Es scheint also einleuchtend, dass
„Lehrveranstaltungen, an denen Praktikerinnen und Praktiker der Sozialen Arbeit teilnehmen bzw. die von Lehrbeauftragten durchgeführt werden [besonders hohe Wertschätzung genießen]“ (ders.: 78). Ein Erklärungsansatz für die beschriebene Vorstellung der Studierenden beinhaltet die Vermutung, Studierende würden sich – wenn sie
im Sinne dieser Gleichung studieren – nicht als Lernende einer Wissenschaft sehen,
also eine Profession erlernen, sondern eher als Auszubildende eines „technischhandwerklichen Beruf[es]“ (91). Ein Ergebnis ist besonders bedenklich stimmend, da
ein Interviewter die Funktion einer akademischen Ausbildung so interpretiert hat, dass
Theorie und Disziplin alleinig der Forschung dienen und die Praxis „praktisches Handwerkszeug benötige“ (ders.: 65) und somit den theoretischen Bezug und die wissenschaftliche Ausbildung nicht brauche. Ergänzend zu den vorherigen Erkenntnissen
resümiert Schmitt (2007) aus einer Absolvent/innenbefragung des HochschulInformations-Systems (kurz HIS), dass vor allem stärkere Praxisbezüge während der
dreijährigen Studienzeit von den Absolvent/innen gewünscht wurden (vgl. 46).
35
Verweis auf Kapitel 4.1.
27
Jedoch ist dieses Bild über die Haltung der Studierenden Sozialer Arbeit hinsichtlich der Einbindung von Praxisanteilen nicht so einheitlich wie es nach der Lektüre
des ersten Absatzes dieses Kapitels wirken könnte. Denn wie zu Anfang des Kapitels
bereits erwähnt, lassen sich aus den Interviews mit den unterschiedlichen Studierenden auch ganz unterschiedliche Meinungen herausarbeiten. Dies kommt beispielsweise dann vor, wenn die direkten Praxisanteile während des Studiums eher negativ konnotiert sind, weil sie zu Verunsicherung oder Überforderung führten (vgl. Harmsen
2014: 90). Eine Situation, die diese Aussage bestätigt, erlebte eine Interviewte in ihrem
vorherigen Berufsalltag: Ihr fehlten Begründungen für ihr berufliches Handeln, dadurch
fühlte sie sich verunsichert. Die Theorie im Studium Sozialer Arbeit gab ihr ein neues
„Selbstverständnis [und] mehr Sicherheit, Handlungssicherheit“ (ders.: 89). Hier erkennen Studierende die Vorteile und den Stellenwert theoretischer Aspekte des Studiums.
Ein weiteres Beispiel soll hier von einem Interviewten angeführt werden, der im Interview eine kritische Reflexion vornimmt im Hinblick auf Referent/innen aus der Praxis,
„die dann zwar erzählt haben, was sie praktisch machen, aber nicht auf welcher Basis
(…) das fand ich sehr interessant zu sehen, […] dass es auch Sozialarbeiter gibt, die
ein bisschen im luftleeren Raum agieren ohne das wissenschaftlich zu erklären […]
und ich denke, dass das einfach nur über (…) wissenschaftliche Erklärungs- und Deutungsmuster geht“ (ders.: 88). An dieser Aussage lässt sich ableiten, dass Studierende
Praxisbezüge nicht immer als einzige und beste Möglichkeit sehen, sich erfolgreich
weiterzuentwickeln und Theorie die Funktion einnehmen kann, die Reflexionskompetenz der Studierenden zu fördern. So kann als neue Funktion von Praxisanteilen die
Überprüfung dieser Reflexionskompetenz und der Fähigkeit des kritischen Hinterfragens angesehen werden, die eine unreflektierte Anpassung an bereits existierende
Strukturen in der Praxis verhindern vermag.
4.4. Kritik aus disziplinärer Perspektive Sozialer Arbeit
In Kapitel 4.2. wurde die Haltung von manchen Praktiker/innen durch Harmsen kritisiert36. Nun kommt er zu Wort, wenn es um die Meinung der Professionellen aus disziplinärer Perspektive hinsichtlich der Einbindung von Praxisanteilen im Studium Sozialer Arbeit geht. Im Sinne eines generalistischen Studiums sieht Harmsen (2012) die
Aufgabe der Hochschule durch das „Studium eine professionelle Basis [….] [zu legen],
auf der weitere professionelle Identitätskonstruktionen im Laufe der Berufsbiographie
aufbauen“ (140). Seiner Meinung nach sind direkte Praxisanteile allein nicht dazu in
der Lage, damit Studierende die Ziele des Studiums Sozialer Arbeit erreichen (vgl.
36
Stichwort ‚fertige Sozialarbeiter/innen‘
28
ebd.). Die Forderungen und Wünsche von Praktiker/innen, die aus den Eindrücken des
Workshops deutlich gemacht wurden, werden von Vertretern der Disziplin Sozialer
Arbeit ebenfalls kritisch gesehen. Eine Stimme – bestehend eigentlich aus drei Stimmen – soll hier zu Wort kommen: Geißler-Piltz, Mühlum und Pauls (2005) fassen den
Diskurs um Sozialarbeiter/innen als „Generalisten versus Spezialisten“ (40, Hervorheb.
im Original) durch den Begriff der Berufsrolle eines „spezialisierten Generalisten“ (ebd.)
zusammen und argumentieren für dieses Bild von Sozialarbeiter/innen, indem sie die
‚Entweder-Oder-Frage‘ in die Extreme treiben: „Der Spezialist weiß immer mehr von
weniger, bis er alles von nichts weiß; beim Generalisten ist es umgekehrt: Er weiß immer weniger von mehr, bis er nichts mehr von allem weiß“ (ebd.). Diese gewollt überspitzte Betrachtung des Diskurses stellt deutlich dar, dass weder die Praxis allein
(Spezialisierung) noch die Theorie allein (Generalisierung) für den angestrebten Kompetenzerwerb der Studierenden Sozialer Arbeit verantwortlich sein können, sondern
dies nur durch ständige gegenseitige in Bezugnahme geschehen kann. Zierer (2009)
zeigt in ihren Ausführungen zwar Verständnis für die Studierenden, muss deren häufig
erwähnter Forderung nach stärkeren Praxisbezügen jedoch ebenfalls widersprechen:
„Oft entsprechen zwar theoriegeleitete Inhalte nicht den Bedürfnissen jener engagierten, nach Aktivitäten drängenden Studierenden, die gerne so früh wie möglich ihr eigenes Wissen und ihre Fähigkeiten erproben möchten. „Statisches“ theoretisches Wissen
liefert jedoch einen wesentlichen Teil der erforderlichen Rahmenbedingungen für professionelles Handeln, den professionellen Blick und Habitus, auch wenn es nicht unmittelbar in die Praxis umsetzbar ist“ (71, Hervorheb. im Original). Sie kritisiert im gleichen
Moment jedoch die Bedingungen des Theorie-Praxis-Transfers, den die Studierenden
zu leisten haben: „Nicht selten bedeutet das, sie bei ihrem Start in die Praxis zu überfordern und darüber zu verunsichern, wie viel Theorie die Praxis tatsächlich benötigt,
um handlungsfähig zu sein und die professionelle Handlung jeweils entsprechend begründen zu können“ (dies.: 71). Sie sieht somit auch weiteren Handlungsbedarf bezüglich der Übergänge in die Praxisphasen und die am Ende des Studiums zu durchlebende Einmündungsphase in den Beruf. Auch Staub-Bernasconi (2012) spricht den
Studierenden Sozialer Arbeit „sehr viel Raum bzw. Zeit für Reflexion, Neugier, AhaErlebnisse, theoretische wie praxisbezogene Entdeckungen und deren Kritik, kurz, die
allmähliche Bildung einer gefestigten professionellen Identität“ (168) zu und beschreibt
dieses Phänomen als „Entdeckungsreise“ (ebd.), die von den Professionellen aus der
Disziplin und Profession Sozialer Arbeit unterstützt und begünstigt werden kann (vgl.
ebd.). Doch auch sie betont den Stellenwert der Theorie und den Wert der akademischen Ausbildung, wenn sie von „ein paar „Kernkompetenzen“, die in jedem Fall erworben werden müssen“ (ebd., Hervorheb. im Original) spricht. Als Beispiel nennt sie
29
„die erkenntnistheoretische Kompetenz der Wissensorganisation als Problem der Relationierung von Wissen“ (ebd., Hervorheb. im Original). Ausdrücklich erklärt sie, dass es
bei dieser Kompetenz nicht um die reine Wissensanwendung geht, „sondern um die
durch ein Subjekt aktiv zu leistende Relationierung und Transformation von unterschiedlichen Wissensformen mit dem Ziel, kognitiv-disziplinäre und praktischprofessionelle Probleme zu lösen“ (dies.: 168f.). Diese Ausführungen zeigen die Komplexität einer solchen Kompetenz auf, für die es der theoretischen Elemente des Studiums Sozialer Arbeit bedarf.
Negative Kritik wird auch aufgrund verschiedener Studien zu den Kompetenzen
von Sozialarbeiter/innen ausgeübt. Schulze-Krüdener und Homfeldt (2002) fassen die
wichtigsten Punkte zusammen. Die interviewten Sozialarbeiter/innen verwenden vor
allem Alltagswissen, ihnen fehle ein professionelles Selbstverständnis – oder es sei
kaum ausgebildet – und die notwendige Fachlichkeit für eine angemessene Ausübung
ihrer Tätigkeit (vgl. 104ff.). Aus diesen Ergebnissen und Kritiken kann abgeleitet werden, dass hier nicht die Forderung nach mehr Praxisanteilen im Studium besteht, sondern der Stellenwert der Theorie und deren Möglichkeit, Studierende fachlich angemessen akademisch auszubilden, deutlicher gemacht werden müsse.
4.5. Zusammenfassung
Die Bearbeitung des vierten Kapitels hat zum einen die Aktualität des Diskurses um die
Einbindung von Praxisanteilen im Studium Sozialer Arbeit verdeutlicht (siehe Kapitel
4.1.), zum anderen konnten die jeweiligen Haltungen der drei Diskursmitglieder herausgearbeitet und in Bezug zueinander gestellt werden (siehe Kapitel 4.2. bis 4.4.). Die
Aufgabe, die sich die Verfasserin dieser Arbeit hierbei gestellt hat, war die Gegenüberstellung dieser Diskursmitglieder, um hier Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den
Forderungen zu entdecken. An manchen Stellen konnten kleine Zwischenfazite gezogen werden, wie die Einsicht, dass die Wünsche der Praktiker/innen nicht immer in
Einklang zu bringen sind mit den Anforderungen an ein generalistisch ausgelegtes
Studium (siehe Kapitel 4.2.). Oder der Erkenntnis, dass sowohl die Praxis, als auch die
Theorie für die akademische Ausbildung von Sozialarbeiter/innen unverzichtbar sind
und Studierende somit zu einer ‚guten Mischung aus beidem‘, nämlich den spezialisierten Generalisten ausbilden sollte (siehe Kapitel 4.4.). Im folgenden Fazit sollen nun
noch einmal die Erkenntnisse aus den einzelnen Kapiteln zusammengefasst und durch
Überlegungen der Verfasserin dieser Arbeit ergänzt werden. Außerdem soll die Fragestellung dieser Arbeit beantwortet werden.
30
5. Fazit
Ziel dieser Arbeit war es, die Rolle der Praxisanteile im Studium Sozialer Arbeit herauszuarbeiten und anhand der momentanen Kompetenzorientierung akademischer
Ausbildung die Möglichkeiten und Grenzen von praktischen Einheiten innerhalb des
Studiums abzuleiten. Die erste Aufgabenstellung konnte anhand der Bearbeitung des
dritten Kapitels mit dem Fokus auf den Praxisanteilen im Studium Sozialer Arbeit abgeschlossen werden. Nachdem zunächst herausgearbeitet wurde, welche Studienelemente zu den – in direkte und indirekte unterteilte – Praxisanteilen gezählt werden,
konnte anhand zweier Studien die Relevanz dieser praktischen Einheiten analysiert
werden. Die Funktionen von Praxisanteilen wurden im Kapitel 3.2. analysiert, um so
deren Möglichkeiten im Kompetenzerwerb von Studierenden Sozialer Arbeit festzustellen.
Bevor auf den Diskurs zur Einbindung von Praxisanteilen im Studium Sozialer
Arbeit im Hinblick auf deren Möglichkeiten im Kompetenzerwerb der Studierenden aus
der Sicht von Praktiker/innen, Studierenden und Vertretern der Disziplin eingegangen
werden konnte (Kapitel 4), musste eine Grundlage bezüglich des Kompetenzverständnisses geschaffen werden. Dies wurde Aufgabe im zweiten Kapitel, indem die Entwicklung von der Input- hin zu einer Outcome-Orientierung, also der aktuellen Kompetenzorientierung, aus einschlägiger Literatur herausgearbeitet wurde (siehe Kapitel 2.1.).
Schon durch die Bearbeitung der Relevanz einer Kompetenzorientierung konnte resümiert werden, dass Forschungen zu dieser Thematik fehlen. Denn Kompetenzen stellen Dispositionen dar, die erst durch das Handeln der Person sichtbar werden (= Performanz). Hier müssen geeignete Kompetenzmessmethoden gefunden und erprobt
werden, da sonst im Grunde genommen dauerhaft unklar bleibt, ob die – beispielsweise im QR SArb zusammengefassten – zu erreichenden Kompetenzen mit Abschluss
des Studiums auch wirklich erworben wurden. Dieses Forschungsdesiderat sieht auch
Widulle (2011): Er bemängelt fehlende „Forschungsprojekte zu den realen Kompetenzen von Fachkräften und zweitens Wirkungsforschung[en] zum Studium in Sozialer
Arbeit“ (17). Es lassen sich zwar bereits ‚Besserungen‘ feststellen, wie die Einbindung
verschiedener Studien in dieser Arbeit belegt, jedoch ist die Relevanz dieser Thematik
schon seit Beginn der Geschichte Sozialer Arbeit belegt und in Relation dazu sind die
vorhandenen Studien als ‚rar‘ anzusehen (vgl. ebd.). Diese Auffassung teilen auch
Knauf und Schulze-Krüdener (2014), die zum einen „die Dauerreflexion der Wirkungen
von Studium und Lehre (»Output«) und zum anderen die Evaluation der Wirkungen
über die Hochschulen hinaus (»Outcomes«), beispielsweise durch Absolventenbefra31
gungen“ (137) durch die seit den Bologna-Prozess vorherrschende Kompetenzorientierung für erforderlich halten.
Im vierten Kapitel kamen die drei Diskursmitglieder zu Wort. Hier konnte festgestellt werden, wie Harmsen (2012) auch schon in seinen Aufzeichnungen erkannte,
dass der Praxisbezug im Studium oftmals vorschnell mit dem Begriff Professionalisierung gleichgesetzt wird (vgl. 129). Ein ‚Mehr an Praxis‘ stelle (nach Meinung vieler Studierender und Praktiker/innen) ein ‚Mehr an Können‘ dar. Diese Ansicht konnte in vielerlei Hinsicht widerlegt werden (siehe Kapitel 4.4.). Auch Harmsen (2012) kritisiert
diese Ansicht als „sowohl professionstheoretisch wie auch hochschuldidaktisch nicht
haltbar“ (129). Für ihn „wird bei derartigen Diskursen vielmehr [deutlich], dass in Hochschule und Praxis der Komplex „Professionalisierung Sozialer Arbeit“ eher alltagssprachlich-pragmatisch verstanden wird“ (129f, Hervorheb. im Original). Hieraus liest
sich die Forderung ab, dass im Studium Sozialer Arbeit deutlicher gemacht werden
muss, was es heißt ‚professionell‘ zu handeln und warum dieser Aspekt eine akademische Ausbildung von Sozialarbeiter/innen notwendig werden lässt. Durch die Bearbeitung der Inhalte des vierten Kapitels konnten bereits die Grenzen von Praxisanteilen im
Kompetenzerwerb der Studierenden Sozialer Arbeit abgeleitet und so hoffentlich verdeutlicht werden, dass das Studium Sozialer Arbeit weder ohne theoretische Hintergründe, noch ohne die Bezüge zur Praxis auskommt.
Jedoch wurde auch die ‚Kluft‘ zwischen Vertretern der Profession und Disziplin
durch das vierte Kapitel dieser Arbeit deutlich. Hier stellte sich für die Verfasserin dieser Arbeit die Frage, wie eine Annäherung vorgenommen werden könnte. Eine kleine
Antwort lässt sich aus den eigenen Erfahrungen der Verfasserin dieser Arbeit ableiten:
Wie in Kapitel 4.1. bereits erwähnt, fand die Studiengangskonferenz der Sozialen Arbeit an der Universität Vechta dieses Jahr unter dem Motto „Theorie und Praxis im
Studium: Widerspruch oder Einheit?“ statt. Bereits innerhalb der kurzen Zeitspanne
einer solchen Veranstaltung ließen sich Kommunikationsfehler offenlegen und Erwartungen der Lehrenden und Studierenden austauschen. Außerdem konnten Studierende höherer Semester die Ungeduld und Unsicherheit jüngerer Semester in kleinen Erzählcafés teilweise verringern. Außerdem förderte die Veranstaltung – laut Aussagen
der Studierenden in dem Erzählcafé, an dem auch die Verfasserin dieser Arbeit teilnahm – das Bewusstsein von Kompetenzen, die durch das angefangene Studium bereits gefördert wurden. Als Beispiele wurden hierfür die Reflexionskompetenz, die Fähigkeit des kritischen Hinterfragens und die Fähigkeit der Einnahme verschiedener
Perspektiven zur vielseitigen Betrachtung einer Situation und zur Problemlösung. Abschließend für diese Arbeit kommt noch einmal Schmitt (2007) zu Wort, der für den
32
Diskurs um die Einbindung von Praxisanteilen im Studium Sozialer Arbeit anmahnt,
dass „im Rahmen der Praxisorientierung außerdem das klare Bekenntnis zur weiteren
gemeinsamen Ausbildungsverantwortung von Hochschule und Berufspraxis [von Bedeutung ist]“ (50). So können beide Instanzen ihre Verantwortung nutzen und an der
Weiterentwicklung des Studiengangs Soziale Arbeit kooperativ zusammenarbeiten.
33
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Verlag für Sozialwissenschaften. S. 11-14.
Schmitt, Christof (2007): Praxisorientierung – Staatliche Anerkennung – Berufspraktikum. Auslaufmodelle oder Elemente der Qualitätssicherung in Ausbildungszusammenhängen der Sozialarbeit im Zeichen von Bologna? Berlin: Lehmanns Media.
Schneider, Werner (2001): Studium der Sozialarbeit/Sozialpädagogik: Chance
für professionelle Helfer oder Weg in die Arbeitslosigkeit? In: Berger, Rainer (Hrsg.):
Studienführer Soziale Arbeit. Sozialarbeit – Sozialpädagogik – Sozialwesen. Münster:
Votum Verlag GmbH. S. 106-113.
Schulze-Krüdener, Jörgen; Homfeldt, Hans Günther (2002): Mehr Wissen –
mehr Können? Zur Professionalität der Fachkräfte der Sozialen Arbeit zwischen Ausbildung, Wissenschaft und Praxis. In: Schulze-Krüdener, Jörgen; Homfeldt, Hans Günther; Merten, Roland (Hrsg.): Mehr Wissen – mehr Können? Soziale Arbeit als Disziplin
und Profession. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren GmbH. S. 88-124.
Tauch, Christian (2007): Der Europäische Qualifikationsrahmen. In: Buttner,
Peter (Hrsg.): Das Studium des Sozialen. Aktuelle Entwicklungen in Hochschule und
sozialen Berufen. Berlin: Eigenverlag des Deutschen Vereins für öffentliche und private
Fürsorge e.V.. S. 38-48.
Universität Hannover (Hrsg.) (o.J.): Ordnung für das im Rahmen des Moduls
M 11 abzuleistende Praktikum. URL: http://f5.hs-hannover.de/fileadmin/media/doc
/f5/studium/Praktikumsordnung-M11.pdf [Stand: 30.05.2015].
Verein von Erziehern gefährdeter Jugend in Deutschland e.V. Deutscher
Zweig der AIEJI (Hrsg.) (o.J.): Die professionellen Kompetenzen von Sozialpädagogen/innen. Ein konzeptioneller Rahmen. URL: http://www.vegid.de/downloads
/AIEJI%20conceptual%20framework_DE.pdf [Stand: 27.05.2015].
38
Wagner, Wolf (2001): Modularisierung und Creditpointsystem. In: Berger, Rainer (Hrsg.): Studienführer Soziale Arbeit. Sozialarbeit – Sozialpädagogik – Sozialwesen. Münster: Votum Verlag. S. 160-166.
Weinert, Franz E. (2002): Vergleichende Leistungsmessung in Schulen – eine
umstrittene Selbstverständlichkeit. In: Weinert, Franz E. (Hrsg.): Leistungsmessung in
Schulen. 2., unveränderte Auflage. Basel, Weinheim: Beltz Verlag. S. 17-31.
Widulle, Wolfgang (2011): „Ich hab´ mehr das Gespräch gesucht“. Kommunizieren lernen im Studium Sozialer Arbeit. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Zierer, Brigitta (2009): Theorie- und erfahrungsgeleitetes Handeln oder: Kann
die Praxis der Sozialen Arbeit erlernt werden? In: Riegler, Anna; Hojnik, Sylvia; Posch,
Klaus (Hrsg.): Soziale Arbeit zwischen Profession und Wissenschaft. Vermittlungsmöglichkeiten in der Fachhochschulausbildung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. S. 65-86.
Einzelne Literaturverweise zum Diskurs der Einbindung von Praxisanteilen in der Ausbildung von Sozialarbeiter/innen im geschichtlichen Kontext:
Ulke, Karl-Dieter (Hrsg.) (1988): Ist Sozialarbeit lehrbar? Zum wechselseitigen
Nutzen von Wissenschaft und Praxis. Freiburg im Breisgau: Lambertus-Verlag.
Wendt, Wolf Rainer (Hrsg.) (1985): Studium und Praxis der Sozialarbeit. Beiträge zur Ausbildung und zu den Arbeitsfeldern. Stuttgart: Ferdinand Enke Verlag.
Sowie die Beiträge von Elke Kruse, die bereits im Literaturverzeichnis enthalten sind.
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7. Glossar
Die Bezeichnungen mit ihren jeweiligen Erklärungen werden folgend aufgelistet. Die
Auflistung erfolgt nicht alphabetisch, sondern in der Reihenfolge ihrer Nennung im
Text. Aufgrund der geringen Anzahl sollten diese auch so leicht gefunden werden können.
Bezeichnung
Erklärung
Pluralisierung von Lebenswelten
„Die Menschen bilden zunehmend differenziertere Einstellungen und Werte hinsichtlich ihrer sozialen, psychischen, materiellen oder ökologischen Ansprüche
heraus. Diese Tendenz führt dazu, dass
[…] die individuellen Modelle, Weltbilder,
Orientierungen, Einstellungen oder Problemdefinitionen – kurz: die Wirklichkeitskonstruktionen – der jeweiligen Klienten
[…] erst erschlossen werden [müssen]“
(Kleve 2010: 25).
Technologiedefizit
„Aufgrund der Komplexität und der begrenzten Vorhersehbarkeit von Lern- und
Veränderungsprozessen ist es nicht möglich, pädagogische oder therapeutische
Prozesse in ihrer Gesamtheit zu steuern,
zu kontrollieren und ihre Wirkungen klar
vorauszusagen“ (Herrmann 2006: 67). Es
lässt
sich
also
keine
Wenn-Dann-
Voraussage machen. Dieses Phänomen
wird in der Sozialen Arbeit als strukturelles Technologiedefizit bezeichnet (vgl.
ebd.).
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Employability
Employability bezeichnet zunächst die
generelle Beschäftigungsfähigkeit, meint
in Bildungsdiskursen, vor allem seit Beginn des Bologna-Prozesses, aber die
spezielle
Berufsfähigkeit
der
Absol-
vent/innen für die nachfolgende berufliche
Tätigkeit (vgl. Auspurg 2007: 211).
Performanz
„Das Vorhandensein einer Kompetenz
kann […] nur indirekt durch die erfolgreiche Handlung – im Sinne der Performanz
der Kompetenz – abgeleitet werden. Es
ist daher nötig, Deskriptoren zu benennen, die anzeigen, dass eine erfolgreiche
Handlung (vermutlich) vollzogen werden
wird“ (Auspurg 2007: 217)
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Autorinangaben:
Bachelor of Arts Soziale Arbeiterin Pia Marion Monse ist Studentin an der Universität Vechta.
Kontakt: [email protected].
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