W 3T - friedrich wilke

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W ERKZEUGE
ERKZEUG E
WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFT
Prof. Dr. Friedrich Wilke
W3
.....................
Elastizitäten – Kennzahlen
Vorbemerkung...........................................................................................1
1 Absolute und relative Änderung............................................................1
2 Typen von Kennzahlen .........................................................................1
3 Verhältniszahlen ...................................................................................3
4 Funktionale Betrachtung .......................................................................3
5 Marginalanalyse (Grenzbetrachtung)....................................................4
6 Elastizitäten ..........................................................................................5
7 Preiselastizität.......................................................................................6
8 Kostenelastizität....................................................................................7
9 Steuerelastizität ....................................................................................7
Übungsaufgaben.......................................................................................9
Version 2007.05
www.friedrich-wilke.de
Cologne University of Applied Sciences -- Fachhochschule Köln -- Campus Gummersbach
Werkzeuge W 3: Elastizitäten – Kennziffern
1
Vorbemerkung
Zahlen beherrschen unser Leben in allen Bereichen, vor allem aber im Wirtschaftsleben.
Quantitative Informationen über Einkommen, Arbeitsplätze, Zinssätze, Inflationsraten, Gewinne, Aktienkurse, Kostenentwicklungen, Eigenkapitalrendite usw. sind unverzichtbar zur Beurteilung der wirtschaftlichen Lage von Unternehmen, privaten und öffentlichen Haushalten, von
Regionen und der gesamten Volkswirtschaft. Sie sind gleichermaßen unverzichtbar für Instrumente und Maßnahmen, um Veränderungen zu gestalten. Indikatoren sollen wichtige
Sachverhalte und Entwicklungsprozesse anzeigen, und mit Hilfe von Kennziffern werden Unternehmen, Vereine und Behörden gesteuert. Was aber sind Kennziffern?
Wer in der Literatur, in Lexika oder bei Wikipedia ein wenig blättert, wird viele unterschiedliche Definitionen und Meinungen finden. Dies ist kein erneuter und sicherlich vergeblicher Ansatz, endlich einmal für Klarheit in dem Begriffsdschungel zu sorgen. Aus einer ursprünglich
sehr einfachen und kurzen Erklärung des in den Wirtschaftswissenschaften sehr oft benutzen
Begriffs der „Elastizität“ entstanden einige Ergänzungen und Ausflüge in andere Bereiche.
Über die Auffrischung elementarer mathematischer Kenntnisse (Prozentrechnen) hinaus werden einige Verbindungen zu typischen ökonomischen Betrachtungsweisen und Denkkategorien skizziert. das (vorläufige) Ergebnis ist dieses weder vollständige noch in sich geschlossene Konglomerat diverser Aspekte. Es ist, so kann man auch sagen, eine Erläuterung der „Elastizität“ mit Anmerkungen in verschiedenartige Richtungen.
1 Absolute und relative Änderung
Die quantitative Beschreibung ökonomischer Größen (Preise, Einkommen, Steuern, Sozialprodukt usw.) und ihrer Entwicklungen geschieht üblicherweise durch die absoluten Werte,
ihre absoluten Änderungen und die relativen (prozentualen) Änderungsraten. Sie werden in
Tabellen und Diagrammen präsentiert.
Die absolute Veränderung (dV oder ∆V) der Variablen V ist die Differenz von zwei absoluten
Werten V0 und V1.
absolute Änderung:
dV = V1 – V0
Die relative (prozentuale) Veränderungsrate1 ist die absolute Veränderung (∆x oder dx) bezogen auf den Ausgangswert (x0 oder nur x). Sie wird üblicherweise in % ausgedrückt2.
Veränderungsrate (Wachstumsrate):
V − Vo ∆V dV
%V = 1
=
=
Vo
Vo
V
Das Symbol: „%V“ soll „prozentuale Veränderungsrate von V“ bedeuten.
Beispiele
absolute Werte:
absolute Veränderung:
relative Veränderung:
Die Kosten betrugen .......................K0
und ..................................................K1
Die Kosten sind gestiegen um ........dK
Die Kosten sind gestiegen um ........%K
= 10.000 €
= 15.800 €
= 5.800 €
=
58 %
2 Typen von Kennzahlen
Angesichts der oft unüberschaubaren Fülle verschiedenartigster Detailinformationen entsteht
der Wunsch, die relevanten Daten zu filtern und zu verdichten, um wesentliche Inhalte in konzentrierter Form darzustellen. Dies sollte eine Kennzahl (key performance indicator) leisten.
1 Die prozentuale Veränderung wird oft als „Wachstumsrate“ bezeichnet. Eine solche Wachstumsrate
kann auch negativ sein (Abnahme).
2 Eine Multiplikation dieser Formel mit 100, um Prozentsätze zu erhalten, ist überflüssig.
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Werkzeuge W 3: Elastizitäten – Kennziffern
2
Kennzahlen enthalten in konzentrierter Form quantitative Informationen. Sie berichten in
verdichteter Form über Sachverhalte und werden zur Analyse und Steuerung herangezogen.
Kennzahlen in einem sehr weit gefassten Sinne sind dann alle Zahlen, die Zustände und Entwicklungen anzeigen (Indikatoren), also auch aus Einzeldaten entstandene Summen, Durchschnittswerte, Verteilungsparameter und ihre Veränderungen.
Das Steueraufkommen ist die Summe aus Einkommensteuer, Umsatzsteuer, Mineralölsteuer, Tabaksteuer usw.
Der Umsatz besteht aus vielen verkauften Mengen diverser Güter zu ihren Preisen.
Die Inflationsrate ist ein Durchschnittswert aus vielen einzelnen Preisänderungen.
Kennzahlen sollen nicht nur Daten verdichten und Beurteilungsmaßstäbe bereitstellen, sondern sie dienen ach zur Beschreibung und Analyse von Zusammenhängen. Deshalb werden
mehrere Variable zueinander in Beziehung gesetzt, was im Allgemeinen eine Division bedeutet. Das Ergebnis ist ein Quotient, also ein Bruch mit einem Zähler und einem Nenner.
Kennzahlen im engeren Sinne sind Quotienten aus zwei Größen.
Wie bei den Einzelwerten können auch hier absolute Werte, absolute Veränderungen und
prozentuale Änderungsraten verwendet werden. Dadurch entstehen aus den drei „Ebenen“
der Berechnung in der Gesamtschau sechs unterschiedliche „Typen“1.
Abbildung 1: Typen von Kennzahlen
Werte und
Wertänderung
eine Größe V als Kennzahl
(auch Indexzahlen)
absolute Werte
V0, V1, V2 usw.
w=
Absolute
Änderungen
dV = V1 − V0
W′ =
relative Änderung
(Änderungsraten)
%V =
dV
V
Quotient aus zwei Größen U und W
als Kennzahl
e=
W
U
Verhältniszahl
(Kennzahlen im engeren Sinne)
dW
dU
Marginalanalyse (Grenz–…2)
1. Ableitung (Steigung)
%W
%U
Elastizität
Indexzahlen
Indexzahlen haben im statistischen Wirtschaftsleben eine große Verbreitung gefunden. Sie
nehmen im Katalog der Kennziffern eine gewisse Sonderstellung ein.
Ein Index ist
− eine Aggregation3 mehrerer Einzelgrößen zu einer einzigen Zahl
(Preisindex, Aktienindex, Index der Auftragseingänge usw.), und
− steht in Relation zu einem konstanten Basiswert (Indexzahl = 100).
Grundsätzlich lassen sich aber auch die Einzelwerte einer Größe durch einfache Umrechnung
in Indexzahlen transformieren. Das geschieht vor allem, um zeitliche Entwicklungsprozess auf
einen Blick leichter beurteilen zu können. Insofern können wir einen Index als eigenständige
Größe (Variable) behandeln. Selbst Indexzahlen im Zähler und Nenner von Brüchen sind nicht
ungewöhnlich4.
1 Die Deklaration der absoluten und relativen Veränderungen als Kennzahl ist sicherlich Geschmackssache.
2 Grenzkosten, Grenznutzen, Grenzproduktivität usw.
3 Aggregation = Zusammenfassung, Vereinigung. Das bedeutet hier beim Index meist die Berechnung
eines gewogenen arithmetischen Mittelwertes („Durchschnitt“).
4 Beispiel: terms-of-trade = Index der Exportgüterpreise : Index der Importgüterpreise.
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Werkzeuge W 3: Elastizitäten – Kennziffern
3
3 Verhältniszahlen
Auf der Ebene der absoluten Werte (W und U) entstehen durch Bildung von Quotienten die
Verhältniszahlen. Das sind die Kennzahlen im engeren Sinne. Hier unterscheidet man Gliederungszahlen, Messzahlen und Beziehungszahlen.
•
Gliederungszahl (Anteilswert): W ist eine Teilmenge von U
Lohnquote (Anteil der Löhne am Volkseinkommen)
Sparquote (Anteil der Ersparnis am verfügbaren Einkommen)
Anteil der Männer an der Gesamtbevölkerung
Eigenkapitalquote (Anteil am Gesamtkapital)
Anteil der Lohnkosten an den Gesamtkosten
•
Messzahl: W und U sind zwei gleichartige Teilmengen einer Gesamtmenge
Eigenkapital : Fremdkapital
Investitionsausgaben : Personalausgaben
•
Beziehungszahl: W und U sind zwei verschiedenartige Mengen
Arbeitsproduktivität = Produktionsergebnis : Arbeitsstunden
Stückkosten = Kosten : Produktionsmenge
Pro-Kopf-Einkommen
Wohndichte = Bevölkerung : Fläche
4 Funktionale Betrachtung
Die beiden Variablen W und U kann man als zwei beliebige ökonomische Größen interpretieren, die nicht unbedingt etwas miteinander zu tun haben. Nun gehen wir einen Schritt weiter,
denn die Wirtschaftswissenschaft will ökonomische Vorgänge erklären. Erklären bedeutet, die
Ursachen der Ereignisse zu finden und zu analysieren. Das geeignete Instrumentarium, um
Verflechtungen aufzudecken, ist die funktionale Betrachtung. Wir interpretieren nun also W
als eine Wirkungsgröße (abhängige Variable), die von einer Ursachengröße U (unabhängige
Variable) abhängig ist.
W ist abhängig von U
= W ist eine Funktion von U
W = f(U)
Ursache-Wirkungs-Verhältnisse werden durch Funktionen beschrieben.
Funktionen sind ganz allgemein ein geeignetes Instrument zur Erfassung und Darstellung von
Zusammenhängen (Ursache-Wirkungs-Beziehungen). Sie dienen in nahezu allen Wissenschaften zur Formulierung von Hypothesen, ihrer empirischen Überprüfung und zur Prognose.
Sie beantworten die Frage: „Wenn – Dann “.
Beispiel
Bei der Produktion von Regenschirmen fallen von der Herstellmenge unabhängige Kosten
in Höhe von 10.000 € an (fixe Kosten). Hinzu kommen pro Regenschirm Kosten in Höhe
von 20 € (variable Stückkosten).
Die Kostenfunktion K = f(x) lautet:
K = 20·x + 10.000
Wenn die Herstellmenge x1 = 200 Stück beträgt, dann sind die Kosten K1 = 14.000
Wenn die Herstellmenge x2 = 100 Stück beträgt, dann sind die Kosten K2 = 12.000
Verhaltensfunktionen
Von besonderem Interesse in der Wirtschaft sind Verhaltensfunktionen. Sie beschreiben Beziehungen, die vom menschlichen Handeln geprägt sind. (Daneben gibt es noch technische
Funktionen, auf die hier nicht weiter eingegangen wird).
Beispiele
C = f(Y,V)
Ist eine Verhaltensfunktion für das Konsumverhalten von Haushalten.
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Werkzeuge W 3: Elastizitäten – Kennziffern
4
Sie besagt (Hypothese): Die Höhe der Konsumausgaben (C) ist abhängig von der Höhe
des Einkommens (Y) und vom Vermögen (V).
I = f(i,G)
ist eine Verhaltensfunktion für das Investitionsverhalten von Unternehmen. Hypothese: Die
Investitionssumme (I) ist von den Zinsen (i) und den Gewinnen (G) abhängig.
Um zu empirisch gehaltvollen (überprüfbaren) Aussagen zu gelangen, wird man diese allgemeinen Funktionen weiter präzisieren, indem man zusätzliche Annahmen trifft über ihre Form
(lineare, exponentielle Form usw.), die zeitlichen Bezugsgrößen, ihre Parameter usw. – und
durch empirische Untersuchungen versucht, die Parameter zu schätzen.
Beispiele
1. Verhaltensfunktion für Anton: C = 500 + 0,7Y
Anton gibt unabhängig von seinem Monatseinkommen einen Betrag von 500 € und zusätzlich 70% seines Einkommens (Y) für Konsumzwecke (C) pro Monat aus. Bei einem
Einkommen von 3.000 € wird er beispielsweise 2.600 € ausgeben (Prognose).
2. Verhaltensfunktion für Unternehmen „Schuhladen“: W = 0,2E und I = 1.000 + 0,1G
Der Schuhladen wird 20% der Erlöse (E) für Werbezwecke (W) ausgeben und für Investitionen (I) 1.000 € plus 10% der Gewinne (G) verwenden.
Dynamische Funktionen
Die bisher behandelten Funktionen sind „statische Funktionen“. Dies bedeutet, dass sämtliche
Werte auf denselben Zeitraum oder Zeitpunkt bezogen sind. Bei unterschiedlichen Zeiten
spricht man von einer „dynamische Funktion“.
Beispiele
1. Statische Konsumfunktion:
Ct = 500 + 0,7Yt
Die Konsumausgaben in einer Periode hängt vom Einkommen dieser Periode ab.
2. Dynamische Konsumfunktion:
Ct = f(Yt–1, Yt, Yt+1)
Die Konsumausgaben in einer Periode hängen vom Einkommen der Vorperiode, dem
Einkommen dieser Periode und vom (erwarteten) Einkommen der nachfolgenden Periode ab.
3. Dynamische Investitionsfunktion:
It = f(Gt–1, Gt+t, it)
Die Investitionssumme (I) hängt ab vom Gewinn der Vorperiode, von den Gewinnerwartungen und vom aktuellen Zinssatz (i).
Die Parameter einer ökonomischen Verhaltensfunktion sind im Gegensatz zu Naturgesetzen
weiter zeitlich noch räumlich stabil, weil menschliches Verhalten in unterschiedliche Regionen
anders aussieht und sich zudem im Zeitablauf ändert.
5 Marginalanalyse (Grenzbetrachtung)
Der Zusammenhang zwischen den absoluten Veränderungen von Ursache und Wirkung heißt
in den Wirtschaftswissenschaften „Grenzbetrachtung“ oder „Marginalanalyse“.
Begriffsbeispiele
Grenzkosten, Grenzerlös, Grenzsteuersatz, Grenznutzen, Grenzptoduktivität,
marginale Sparquote, marginaler Kapitalkoeffizient
Der Quotient aus zwei absoluten Veränderungen führt zur Marginalanalyse (Grenzbetrachtung). Dabei handelt es sich mathematisch gesehen um die 1. Ableitung (Steigung) einer
Funktion..
Grenzbetrachtung:
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W′ =
dW
dU
oder
dW = W ′ ⋅ dU
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5
Sie beantwortet die „Wenn-Dann-Frage“ auf der Änderungsebene: Wenn sich die Ursachengröße um den absoluten Wert dU verändert, dann wird sich die Wirkungsgröße um das
W'-fache verändern.
Beispiel (Grenzkosten)
Die 1. Ableitung der Kostenfunktion K = 20·x + 10.000 ist:
Grenzkosten::
K' = dK : dx = 20
Ursache-Wirkung: Wenn dx = 4
oder:
dann
dK = K' · dx = 20·dx
dK = 80
Wird als Ursache die Produktionsmenge um vier Regenschirme erhöht (dx = 4), so werden
als Wirkung davon die Kosten um 80 (dK = 80) steigen.
6 Elastizitäten
Durch Division zweier prozentualer Veränderungsraten (Wachstumsraten) entstehen Elastizitäten – interpretiert als Verknüpfung von Ursache und Wirkung. Die Elastizität gehört zu den
wichtigsten analytischen Maßgrößen der Wirtschaftswissenschaften. Durch eine Elastizität
wird die Stärke der Reaktion (Empfindlichkeit, Reagibilität) auf eine Ursache gemessen. Die
allgemeine Definition lautet:
Elastizität =
prozentual e Veränderun g der Wirkungsgr öße
prozentual e Veränderun g der Ursachengr öße
e =
%W
dW dU
dW W
=
:
=
:
%U
W
U
dU
U
Elastizitäten beantwortet die „Wenn-Dann-Frage“ auf der Ebene der relativen Änderungen:
Wenn sich die Ursachengröße um einen bestimmten Prozentsatz ändert, dann wird sich die
Wirkungsgröße um das e-fache ändern, in % ausgedrückt.
Beispiele:
Wenn das Einkommen (Y) um %Y = 4 % wächst (Ursache), dann steigt die Steuerzahlung
(T) möglicherweise um %T = 5 % (Wirkung). Die „Steuerelastizität“ bezüglich des Einkommens ist e = 1,25 (nicht Prozent).
Bei Justus sei die „Elastizität der Ausgaben für Urlaubsreisen (A) bezüglich des Einkommens (Y)“ genau e = 2,4. Wenn das Einkommen von Justus um 2 % zunimmt, dann wird
er das 2,4-fache, also 4,8 % mehr für Urlaubsreisen ausgeben.
Beachte:
Diese Elastizität ist eine „Punktelastizität“, d.h. sie ist in der Regel in jedem Punkt (Ausgangslage) einer Funktion unterschiedlich, auch bei einer linearen Funktion. Hier ist zwar
die Steigung überall gleich, nicht aber die Elastizität.1
Da man in den Wirtschaftswissenschaften eine Fülle von Ursache-Wirkungs-Beziehungen
herstellen kann, gibt es eine ebensolche Fülle von verschiedenen Elastizitäten. Die wichtigsten Elastizitäten sind:
•
Preiselastizität
= Mengenänderung : Preisänderung
•
Kostenelastizität
= Kostenänderung : Mengenänderung
•
Steuerelastizität des Einkommens
= Steuerzahlung (Änderung) : Einkommensänderung
•
Zinselastizität der Investitionen
= Investitionsvolumen (Änderung) : Zinsänderung
1 Ausnahmsweise kann bei speziellen Funktionen an jeder Stelle die Elastizität überall gleich groß sein.
So ist beispielsweise bei jeder Ursprungsgerade in jedem Punkt der Betrag der Elastizität genau 1,
denn zwischen Ursache und Wirkung besteht dann hinsichtlich der prozentualen Veränderungen eine
direkte proportionale Beziehung. Auch eine gleichseitige Hyperbel (y·x = c) hat überall eine konstante
Elastizität.
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6
Das Vorzeichen der Elastizität gibt an, ob sich Ursachen- und Wirkungsgröße gleichgerichtet
(positives Vorzeichen) oder entgegengesetzt (negatives Vorzeichen) verändern. Unabhängig
vom Vorzeichen gibt der absolute Betrag der Elastizität an, wie stark die Reaktion ist. Dabei
hat sich folgende Sprachregelung (Konvention) herausgebildet:
Elastizität (nur Betrag – ohne Vorzeichen)
e = 0..... vollkommen unelastische (starre) Reaktion...... keine Wirkung
e < 1..... unelastische Reaktion ...................................... Wirkung kleiner als Ursache
e ≥ 1 ..... elastische Reaktion .......................................... Wirkung größer als Ursache
e = ∞ ..... vollkommen elastische Reaktion ...................... (theoretischer Grenzfall)
7 Preiselastizität
Eine der wichtigsten Elastizitäten ist die „Preiselastizität“. Sie wird in verschiedenen Varianten
verwendet: Stets beschreibt sie, wie sich die Menge verändert (Wirkung), wenn sich der Preis
verändert (Ursache).
Preiselastizität =
ep =
prozentuale Mengenänderung
prozentuale Preisänderung
%x
dx dp
dx x
=
:
=
:
%p
x
p
dp p
Mit „Menge“ kann die nachgefragte oder auch die angebotene Menge gemeint sein. Dementsprechend unterscheidet man eine „Preiselastizität des Angebots“ und eine „Preiselastizität
der Nachfrage“. Im Allgemeinen gilt die Konvention: Mit „Preiselastizität“ ist die „Preiselastizität der Nachfrage“ gemeint.
Die direkte Preiselastizität beschreibt, wie sich die Menge eines Gutes A ändert, wenn sich
der Preis dieses Gutes ändert. Demgegenüber gibt die indirekte Preiselastizität an, wie sich
die Menge eines Gutes A ändert, wenn sich der Preis eines anderen Gutes B ändert. Sie heißt
auch Kreuz-Preis-Elastizität oder Triffin´scher Koeffizient.
Beispiele zur Preiselastizität der Nachfrage
1. Die Nachfragemenge (x) sei abhängig vom Preis (p) des Gutes. – Nachfrage-Funktion:
x = f(p). Geplant sei eine Preiserhöhung um 3 %. Die Preiselastizität (in der Ausgangslage) betrage ep = –1,2.
Ursache-Wirkung: Wenn
dann
%p = +3 %
%x = +3 % · –1,2 = –3,6 %
Eine Preiselastizität von –1,2 bedeutet, dass eine Preiserhöhung um einen bestimmten
Prozentsatz (hier: 3 %) einen relativen Mengenrückgang um das 1,2-fache (hier: 3,6 %)
bewirkt (elastische Reaktion).
2. Die Preiserhöhung sei 5 %. Als Folge davon nimmt die Nachfragemenge um 3 % ab.
Die Preiselastizität ist dann –0,6 (unelastische Nachfrage).
Die Kreuz-Preis-Elastizität ist für komplementäre Güter negativ und für substitutive Güter positiv. Der absolute Betrag ist ein Maßstab für die Stärke der Güterbeziehung. Bei Substitutionsgütern kann die kpe als Kennziffer für die Wettbewerbsintensität gelten.
Beispiele
Wir nehmen einmal an, dass der Preis für Heizöl steigt (Ursache). Welche Wirkungen können eintreten?
1. Als Folge davon wird die Heizölnachfrage sinken (direkte Preiselastizität; ist negativ).
Dahinter kann ein Konsumverzicht (Einkommenseffekt) oder auch eine Konsumverlagerung (Substitutionseffekt) stehen.
2. Die Nachfrage nach Heizöl-Feuerungsanlage (komplementäres Gut zu Heizöl) wird tendenziell sinken. Die kpe ist ebenfalls negativ.
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Werkzeuge W 3: Elastizitäten – Kennziffern
7
3. Andererseits wird die Nachfrage nach Erdgas (substitutives Gut zu Heizöl) steigen; die
kpe ist positiv. Je leichter die Substitution fällt, desto höher ist der absolute Betrag der
kpe als Ausdruck für die geringe Substitutionslücke und die starke Wettbewerbsintensität zwischen Öl und Gas.
Die Nachfrage nach Torf als Alternative zu Heizöl wird vermutlich kaum steigen. Die kpe ist
klein (wahrscheinlich sogar gleich Null). Dies bedeutet, dass zwischen Öl und Torf keine
spürbare Konkurrenz existiert.
8 Kostenelastizität
Die Kostenelastizität) beschreibt, wie stark (empfindlich) die Kosten auf eine Mengenänderung reagieren.
Kostenelas tizität =
eK =
prozentual e Kostenände rung ( Wirkung)
prozentual e Mengenände rung (Ursache )
%K
dK dx
dK K
=
:
=
:
= K′ : k
%x
K
x
dx k
Beispiel zur Kostenelastizität
Kosten-Funktion: K= f(x). Die Produktionsmenge steigt um 2%. Die Kostenelastizität (in der
Ausgangslage) sei ke = 0,4.
Ursache-Wirkung:
Wenn
%x = 2 %
dann
%K = 2 % ·0,4 =0,8 %
Eine Kostenelastizität von ke = 0,4 besagt, dass bei einer Ausweitung der Produktionsmenge um einen bestimmten Prozentsatz (z.B. 2%) die Kosten um das 0,4fache (also
0,8%) anwachsen (unelastische Reaktion).
Beispiel zur Grenzanalyse und Elastizität
Die Herstellkosten (K) für Regenschirme sind von der Produktionsmenge (x) abhängig.
1) Kostenfunktion:
K = 10.000 + 20·x
Gegenwärtig (Ausgangslage) werden 2.000 Regenschirme hergestellt. Es sollen zusätzlich 5%, also 100 Regenschirme mehr produziert werden.
Ursache-Wirkung:
2) Grenzkosten (1. Ableitung)
Ursache-Wirkung:
(absolute Werte)
3) Elastizität (in Ausgangslage):
Ursache-Wirkung:
(relative Werte)
Wenn
dann
x0 = 2.000
K0 = 50.000
Wenn x1 = 2.100
dann K1 = 52.000
dK : dx = K' = 20
Wenn
dann
dx = 100
dK = 100 · 20 = 2.000
ke = 0,8
Wenn
dann
%x = 5 %
%K = 5 % · 0,8 = 4 %
Die Ausgangsmenge verursacht Kosten in Höhe von 50.000 €. Die absolute Produktionssteigerung um 100 Stück verursacht 20-fache Zusatzkosten von absolut 2.000 €. Die relative Produktionssteigerung um 5 % erhöht die Kosten um das 0,8-fache, also um 4 %.
9 Steuerelastizität
Wer Einkommen erzielt, muss Steuern zahlen, und wenn das Einkommen steigt, sind höhere
Abgaben fällig – zumindest für „normale“ Bürger. In den vielen Diskussionen über Steuern,
Steuerlast und Steuerpolitik kommt es dabei immer wieder zu Missverständnissen, vor allem,
weil vielen Beteiligten kleine Unterschied zwischen durchschnittlichem Steuersatz und Grenzsteuersatz verborgen bleibt.
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Werkzeuge W 3: Elastizitäten – Kennziffern
8
In der nachfolgenden Tabelle sind die Angaben der ersten beiden Zeilen der Steuertabelle für
Deutschland (Grundtabelle 2004) entnommen. Hieraus lassen sich dann die weiteren Größen
errechnen.
Tabelle 2: Steuersätze und Steuerelastizität in Deutschland
zu versteuerndes Jahreseinkommen:
Y
40.000 €
41.000 €
Steuerschuld:
T = f(Y)
9.547 €
9.937 €
Durchschnittssteuersatz:
t =T:Y
23,9%
24,3%
Grenzsteuersatz:
T' = dT : dY
Steuerelastizität:
te = %T : %y = T´:t
39,0%
1,63
Die Berechnungsformel für den Einkommensbereich von 12.740 bis 52.151 € lautet:
T = 265,78z2 + 2.405z + 1.016, wobei z = (Y – 12.739):10.000
Der Durchschnittssteuersatz besagt:
Bei einem Einkommen von 40.000 € (41.000 €) beträgt die Steuerlast 23,9 % (24,3 %).
Der Grenzsteuersatz besagt:
Von jedem Zusatzeinkommen (ausgehend von 40.000 €) in Höhe von 1,00 € müssen 39 %
davon (also 0,39 €) als zusätzliche Steuern abgeführt werden.
Die Steuerelastizität besagt:
Ein Einkommensanstieg um 1 % (bezogen auf die Ausgangslage) verursacht einen Anstieg der Steuerschuld um 1,6 %.
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Werkzeuge W 3: Elastizitäten – Kennziffern
9
Übungsaufgaben
Übungsaufgabe 1
Wodurch unterscheiden sich die beiden nachfolgenden Gleichungen?
a) S = Y – C
b)
S = 0,12Y
Übungsaufgabe 2
Welche Sachverhalte beschreiben die nachfolgenden Gleichungen? Um welchen Gleichungstyp handelt es sich jeweils?
a) C = f(Y)
b)
Ct = f(Yt–1,Yt,Yt+1)
c)
S =Y–C
d) S = f(Y,i)
e)
S = 400 €
f)
It = f(Gt–1,it,Et+1)
Übungsaufgabe 3
Die beiden Nachfragefunktionen lauten:
(1)
x = 40 Zigaretten/Tag
(2) x = 100 − 2p
a) Interpretieren Sie die beiden Nachfragefunktionen.
b) Zeichnen Sie beide Nachfragefunktionen in ein Diagramm.
Übungsaufgabe 4
Die makroökonomische Konsumfunktion sei:
C = 600 + 0,8Y
a) Zeichnen Sie den Verlauf der Konsumfunktion und der daraus ableitbaren Sparfunktion in
ein Diagramm für Y = 0 bis Y = 6.000.
b) Bestimmen Sie die durchschnittliche und marginale Konsumquote für
Y = 2.000, 3.000, 4.000 und 6.000.
Übungsaufgabe 5
In der Ausgangslage werden x0 = 40.000 kg produziert mit Herstellkosten von K0 = 240.000 €
und zum Preis von p0 = 11,00 € verkauft. Die Produktionsmenge soll gesteigert werden um
10.000 kg. Die Stückkosten werden dann auf k1 = 5,60 € fallen. Damit die neue Menge abgesetzt werden kann, muss der Preis um 10 % reduziert werden.
a) Wie hoch sind Grenzkosten, Grenzerlöse und Grenzgewinne?
b) Wie hoch ist die Preiselastizität?
c) Wie hoch ist die Kostenelastizität?
Übungsaufgabe 6
Die Kostenfunktion lautet: K = 0,05x + 8.000. Wie hoch sind in den beiden Ausgangslagen:
x1 = 10.000 und x2 = 20.000
a) Stückkosten, b) Grenzkosten und c) Kostenelastizität?
Übungsaufgabe 7
Die Marketingabteilung meldet der Geschäftsleitung, dass
Fall A: bei einer Preisanhebung um 2 % die Absatzmenge um 1 % sinken wird,
Fall B: bei einer Preissenkung um 15 % die Absatzmenge um 20 % steigen wird.
a) Wie verändern sich in beiden Fällen die Erlöse (=Umsätze)?
b) Wie hoch ist jeweils die Preiselastizität?
Übungsaufgabe 8
Die Nachfragefunktion lautet: x = – 10p + 80. Wie hoch sind in den drei Ausgangslagen:
p1 = 5 und p2 = 4 und p3 = 2
a) Mengen, b) Erlöse, c) Grenzerlöse und d) Preiselastizität?
Hinweis: Die Erlösfunktion ist E = p·x = (–0,1x + 8)x
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Werkzeuge W 3: Elastizitäten – Kennziffern
10
Übungsaufgabe 9
Der Steuertabelle für Deutschland sind folgende Angaben zu entnehmen (Grundtabelle, gerundet):
zu versteuerndes Jahreseinkommen
Steuerschuld
Y ......30.000 .......32.000....... 70.000....... 72.000
T..........5.959 .........6.634....... 22.655....... 23.555
a) Ermitteln Sie die (vier) Durchschnittssteuersätze (t) und die (zwei) Grenzsteuersätze (T').
b) Wie hoch ist jeweils die Steuerelastizität?
Übungsaufgabe 10
Aufgrund der schlechten Auftragslage soll durch Kurzarbeit eine Kosteneinsparung von 8 %
erreicht werden. Dafür muss die Produktionsmenge um 5 % sinken.
a) Wie werden sich die Stückkosten verändern?
b) Wie groß ist die Kostenelastizität)?
Übungsaufgabe 11
Die Kostenfunktion lautet: K = 2.000 + 50x Wie hoch sind für x1 = 10 und x2 = 100
a) die Stückkosten und
b) die Kostenelastizität?
Übungsaufgabe 12
Ein Unternehmen plant eine Preiserhöhung um 10%. Es liegen folgende Informationen vor:
– Die Marketingabteilung beziffert die Preiselastizität der Nachfrage auf –2.
– Die Kalkulation meldet eine Kostenelastizität von 1,5.
a) Berechnen Sie die
Stückkosten.
Änderungsraten der Absatzmenge, Erlöse, Gesamtkosten und der
b) Sie werden gefragt, wie sich die Gewinnsituation verändert. Wie lautet Ihre Antwort?
Übungsaufgabe 13
Ein Konkurrenzunternehmen hat die Preise für sehr ähnliche Produkte um 10 % gesenkt. Deshalb werden die eigenen Preise um 5 % reduziert. Dennoch verschlechtert sich die Auftragslage. Die Verkaufsmenge (= Produktionsmenge) muss um 8 % gedrosselt werden. Als Folge
davon sinken die Gesamtkosten um 4 %.
a) Berechnen Sie die (direkte) Preiselastizität der Nachfrage und die Kreuz-Preis-Elastizität
(indirekte Preiselastizität)?
b) Berechnen Sie die Kostenelastizität.
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