Klimawandel – Mögliche Anforderungen an den Bevölkerungsschutz Grundlagen Praktikumsbericht Praktikum vom 02.01.07 – 28.02.07: Julia Mayer 1. Einleitung 2. Modelle und Szenarien – Sicherheiten und Unsicherheiten der wissenschaftlichen Ergebnisse 2.1. Klimamodelle 2.1.1. Globale Klimamodelle 2.1.2. Regionale Klimamodelle 2.2. IPCC-Emissionsszenarien 2.3. Grenzen der Klimamodellierung 3. Klimawandel- Veränderung von Klimaparametern 3.1. Veränderung der Temperatur 3.2. Veränderung des Niederschlag 3.3. Veränderung weiterer Klimaelemente 4. Auswirkungen des veränderten Klimas 4.1. Wetterbedingte Extremereignisse 4.1.1. Starkregenereignisse 4.1.2. Hochwasser 4.1.3. Hitzesommer und Dürren 4.1.4. Waldbrand 4.1.5. Stürme 4.2. Veränderung des Meeresspiegels 5. Folgen für klimasensitive Systeme im Hinblick auf den Bevölkerungsschutz in Deutschland 5.1. Wasserhaushalt, Wasserwirtschaft und Wasserversorgung 5.2. Energieversorgung 5.3. Gesundheit 5.4. Transport- und Verkehrswesen 5.5. Küstengebiete 5.6. Sonstige klimasensitive Bereiche 6. Regionale Erkenntnisse 7. Ausblick 8. Literaturliste 2 1 Einleitung Im Rahmen eines Berichts über mein Praktikum beim BBK im Zentrum Kritische Infrastrukturen soll ein erster Überblick über den Zusammenhang zwischen Klimawandel und Bevölkerungsschutz hergestellt werden. Insbesondere geht es um die Auswirkungen des Klimawandels auf den Bevölkerungsschutz und Folgen für kritische Infrastrukturen. Der vorliegende Bericht fasst die Ergebnisse zusammen. Das Ziel dieser Arbeit ist es, Grundlagen zum Thema Klimawandel bereitzustellen, um eine Basis für eine folgende Projektarbeit zu schaffen. Es wurden wissenschaftliche Studien ausgewertet, um klimasensitive Systeme zu identifizieren, die von einer Veränderung des Klimas betroffen sind. Aus dieser Betroffenheit können dann in einem weiteren Schritt Auswirkungen auf den Bevölkerungsschutz abgeleitet werden. Dieser Bericht kann aufgrund des zeitlichen Rahmens nur einen ersten groben Überblick über das Thema geben, versucht aber Möglichkeiten herauszustellen, wie in einem Folgeprojekt weiter verfahren werden könnte. Unter Bevölkerungsschutz werden in diesem Bericht sowohl die reaktive Seite als auch vorsorgende Aspekte verstanden. In der öffentlichen Debatte um Klimaveränderungen wird häufig ein Schwerpunkt auf die Diskussion über die gesellschaftliche Verantwortung gelegt. Die Fragestellung, welchen Anteil der Mensch an der globalen Erwärmung hat oder in welchem Ausmaß diese Veränderungen natürlichen Variabilitäten entsprechen, wird hier ausgeblendet. Auch Fragen nach den Möglichkeiten der Abschwächung der globalen Erwärmung durch die Reduzierung von Treibhausgasen werden nicht behandelt, da diese Fragestellung für den Bevölkerungsschutz nicht relevant ist. Ein Schwerpunkt soll auf Anpassungsstrategien und mögliche Reaktionen auf die Veränderung der Klimas gelegt werden. Nachdem in der Einleitung einige grundlegende Gedanken zum Thema Klimawandel behandelt und die Vorgehensweise der Literaturrecherche und –analyse deutlich gemacht worden sind, wird in Kapitel zwei kurz auf die Grundlagen der Klimamodellierung und Szenarienbildung eingegangen. Hierbei soll ein Schwerpunkt auf der Beschreibung von Möglichkeiten und Grenzen der Klimamodellierung gelegt werden. In einem weiteren Schritt wird die Veränderungen der Klimaparameter, insbesondere von Niederschlag und Temperatur für Deutschland beschrieben. Des Weiteren werden die Auswirkungen des veränderten Klimas in Form von Extremereignissen und des Anstiegs des Meeresspiegels dargestellt. Besonders wichtig für den Bevölkerungsschutz ist hier die Veränderung von Frequenz und Magnitude dieser extremen Wetterereignisse. Mit diesen vier Kapiteln wird die Grundlage zum Thema Klimawandel gelegt, so dass in einem nächsten Schritt mehrere klimasensitive Systeme identifiziert und deren Bezug zum Bevölkerungsschutz herausgestellt werden können. Es sei jetzt schon erwähnt, dass gerade die Interdependenzen zwischen den Systemen für essentiell gehalten werden und deren Analyse als Schwerpunkt für eine weitere Bearbeitung angesehen werden sollte. 3 Klimawandel ist zurzeit eines der medienwirksamsten und populärsten Themen in der Bevölkerung. Kaum eine Angelegenheit hat in den letzten Jahren sowohl die Wissenschaft als auch die Öffentlichkeit in einer solchen Weise polarisiert. Gerade deshalb scheint es wichtig zu sein, bei Arbeiten über Klimaänderungen so objektiv wie möglich zu bleiben. Im Folgenden wird wichtige Literatur zum Thema Klimawandel ausgewertet. Hierzu zählen sowohl mehrere in Auftrag gegebene Studien der Bundesregierung als auch viele wissenschaftliche Veröffentlichungen der verschiedensten Organisationen. Eine besondere Stellung nimmt der Bericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) von 2001 ein. Diese Studie umfasst vier Teile, an deren ersten Teil etwa schon über 600 Wissenschaftler beteiligt sind, während noch weitere 600 Experten die Angaben überprüfen. Der Gesamtbericht wird durch den zwischenstaatlichen Ausschuss für Klimaänderungen (IPCC) herausgegeben. Dieser Ausschuss wurde 1988 vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) und der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) gegründet und ist der Klimarahmenkonvention beigeordnet. Seine Hauptaufgabe besteht darin, die Ergebnisse der Wissenschaft aus verschiedenen Disziplinen zum Thema Klimaveränderungen zusammen zu tragen und den übergeordneten Bericht zu verfassen. Hierbei geht es nicht nur um die naturwissenschaftlichen Aspekte der Meteorologie oder Klimatologie, sondern ebenfalls um die Abschätzung der Folgen des Klimawandels für Natur und Gesellschaft sowie die Erarbeitung von Vermeidungs- und Anpassungsstrategien. Es ist wichtig gerade diese Organisation und den damit zusammenhängenden Bericht zu erwähnen, da sich nahezu alle nachfolgenden Studien auf die wissenschaftlichen Grundlagen dieses Berichtes berufen. Die Anerkennung des IPCC Berichtes liegt sicherlich auch an dem in seinem Ausmaß einmaligen Peer-Review Verfahren, durch das die Aussagen hundertfach begutachtet und überprüft werden. Die Ergebnisse des IPCC Berichtes von 2001 sind mittlerweile weitestgehend von den Wissenschaftlern akzeptiert. Die Medien sprechen zwar häufig von so genannten „Klimakritikern“, die den Klimawandel in Frage stellen. Diese Meinungen befinden sich jedoch eher in der öffentlichen als in der wissenschaftlichen Diskussion. Eine Veränderung des Klimas wird in den kommenden Jahren eintreten, die Frage ist nur, in welchem Ausmaß und mit welchen Folgen für die Gesellschaft.1 Für die bearbeitete Fragestellung sind vor allem die Ergebnisse der Arbeitsgruppe II - Working Group II Impacts, Adaptation, and Vulnerability2 – von Bedeutung. Der hier verwendete IPCC Bericht stammt aus dem Jahr 2001, die aufgeführten Ergebnisse werden durch neuere Studien ergänzt. Im Februar 2007 wurde eine erste Zusammenfassung der Arbeitsgruppe I des vierten IPCC-Berichtes veröffentlicht3. Die Ergebnisse sind ebenfalls Grundlage dieses Berichtes. In den kommenden Monaten werden nach und nach weitere Teilberichte des vierten IPCC-Berichtes veröffentlicht. Diese neuen Erkenntnisse müssen bei der künftigen Bearbeitung des Themas unbedingt miteinbezogen werden. 1 STOCK 2003b zitiert als IPCC 2001b 3 zitiert als IPCC 2007 2 4 Neben dem IPCC Bericht wurde selbstverständlich noch andere Literatur mit berücksichtigt. Da sich das IPCC grundsätzlich auf eine stark globale Betrachtungsweise beschränkt, wurden zusätzliche regionale und sektorale Klimafolgestudien ausgewertet. Zum einen gibt es die sektoralen Studien, die davon ausgehen, dass nicht alle Teile der Gesellschaft auf gleiche Weise vom Klimawandel betroffen sind. Weiterhin stellen die regionalen Vorgehensweisen einen Ansatz dar, der die räumliche Variabilität des Klimawandels berücksichtigt. Bei der Literatursuche habe ich mich auf verschiedene Strategien gestützt. Zum einen wurde der OPAC-Katalog der Universität Bonn inklusive der relevanten Institutsbibliotheken durchsucht. Gleichzeitig fand die Suche über Internet-Suchprogramme und weiterführende Links auf bestimmten Seiten statt. So hat etwa das Umweltbundesamt einen sehr guten Internetauftritt, über den viele weitere Informationen verfügbar sind. Des Weiteren wurde über das Schneeballverfahren nach Literatur gesucht, indem die Literaturverzeichnisse nach weiteren wichtigen Texten durchsucht wurden. Es ist kaum möglich, alle relevanten Studien zum Thema Klimawandel aufzulisten oder gar in diesen Bericht mit einzubringen. Die Recherche wurde daher auf einzelne Themenbereiche beschränkt und einfach zu einem bestimmten Zeitpunkt abgebrochen. Trotz dieser Einschränkungen ist durch diese breit angelegte Suche (Opac-Suche, Internet-Suche, Schneeballverfahren) gesichert, dass die für Deutschland wichtigsten Studien inklusive der neuesten Daten mit einbezogen wurden. Wenn in diesem Bericht von Klimaänderung gesprochen wird, bezieht sich dieser Begriff, in Anlehnung an IPCC, auf irgendeine Änderung des Klimas im Verlauf der Zeit. Es spielt keine Rolle ob diese Änderung auf Grund von natürlichen Schwankungen oder als Folge menschlicher Aktivitäten zu Stande kommt.4 Der Begriff Klimafolgen wird dafür genutzt, die direkten und indirekten Veränderungen der gesellschaftlichen und natürlichen Systeme infolge der Auswirkungen der globalen Klimaveränderungen zu bezeichnen. Diese gesellschaftlichen Konsequenzen des globalen Klimawandels beruhen nicht nur auf direkten Auswirkungen, sondern sind das Ergebnis von Interdependenzen natürlicher und anthropogener Prozesse5. Eine wichtige Unterscheidung ist die zwischen Wetter und Klima. Der momentane Zustand der Atmosphäre wird als Wetter bezeichnet. Als Klima werden die langjährigen, meist 30jährigen, Mittelwerte des Wetters an einem bestimmten Ort bezeichnet. Das Klima ist somit eine Statistik des Wetters. Wenn die Klimavariablen nur gering um einen langjährigen Mittelwert schwanken, wird von stabilem Klima gesprochen, während die Veränderung von Mittelwerten und Extremen als Klimaänderung gilt. Als Klimaelemente werden meteorologische Größen wie etwa Windgeschwindigkeit, Niederschlagsmenge und -typ, Sonnenscheindauer oder Bewölkung bezeichnet. Ganz wichtig ist der Zusammenhang zwischen einem einzelnen Wetterereignis und dem Klima. Es ist nicht möglich, 4 5 IPCC 2001b FLEISCHHAUER 2004 5 die Dynamik des Klimas aus einem einzelnen Wetterereignis abzuleiten. Ein einzelnes Extremereignis kann somit unter keinen Umständen als Klimaänderungssignal gewertet werden.6 Das Klimasystem besteht aus verschiedenen Untersystemen wie etwa der Atmosphäre und Hydrosphäre. Die langfristigen Veränderungen des Klimas werden durch die Wechselwirkung der Atmosphäre, der Ozeane und der Landflächen geprägt, weshalb diese Subsysteme mit besonderer Beachtung für die Klimaforschung gesehen werden. Die Subsysteme und Komponenten die das Klima bestimmen, folgen verschiedenen Zeitskalen. Darin liegt eine der Schwierigkeiten, das Klima zu modellieren. Eine wichtige Rolle in der gesamten Diskussion um eine Veränderung des Klimas spielt der Treibhauseffekt. In der Erdatmosphäre bewirken Treibhausgase (z.B. Wasserdampf, Kohlendioxid, Methan, Ozon) den Treibhauseffekt, der einen entscheidenden Einfluss auf das heutige Klima hat. Der Mensch verstärkt seit der industriellen Revolution den natürlichen Treibhauseffekt und trägt durch die Erhöhung der CO2 Konzentration, auf das Doppelte des vorindustriellen Niveaus, zur globalen Erwärmung bei. Durch die erhöhte Konzentration der Treibhausgase werden mehr langwellige Wärmestrahlen absorbiert, weshalb es zu einem Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur kommt. Ursachen für den Anstieg der Treibhausgaskonzentrationen sind weltweit vor allem die Nutzung fossiler Brennstoffe (CO2-Ausstoß) und die fortschreitende Entwaldung (keine Speicherung von CO2 mehr). Obgleich es in der Erforschung der historischen Klimageschichte in den letzten Jahrzehnten erhebliche Fortschritte gegeben hat, ist es bis heute nicht möglich, Veränderungen der CO2 Konzentration in weit zurückliegenden Zeiten mit Sicherheit zu rekonstruieren. Das Klima der letzten 100.000 Jahre war durch einen schnellen Temperaturwechsel gekennzeichnet. Paläoklimatische Untersuchungen zeigen, dass es vor dem Einsetzen der jetzigen Warmzeit sprunghafte Temperaturänderungen von mehreren Grad innerhalb weniger Jahre gegeben hat. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts hat sich die Erdoberfläche um fast ein Grad erwärmt. Der neueste IPCC Bericht von 2007 geht davon aus, dass die globale Durchschnittstemperatur in den nächsten Jahren um weitere 1,7°C – 6,4°C steigen könnte, wenn Emissionen von Kohlendioxid und anderen Treibhausgasen unvermindert ansteigen.7 Diese Temperaturerhöhung wird regional sehr unterschiedlich ausfallen. Durch die Erwärmung werden andere Klimaelemente beeinflusst. Niederschlag und Windgeschwindigkeiten werden sich weiterhin verändern, ebenso wie ein Anstieg des Meeresspiegels wahrscheinlich sein wird. Die Veränderung des Wetters wird in Deutschland Auswirkungen auf Frequenz und Intensität von Extremereignissen haben, die wiederum besondere Anforderungen an den Bevölkerungsschutz stellen. Im Rahmen des Praktikums soll der Schwerpunkt auf dem Aspekt „Anpassung“ liegen. Das bedeutet nicht, dass die Perspektive „Vermeidung“ als weniger wichtig angesehen wird. Im Zusammenhang zwischen Bevölkerungsschutz/KRITIS und Klimawandel geht es vorrangig darum Strategien abzuleiten um den sich an die Veränderungen anzupassen. 6 7 BMBF 2003 IPCC 2007 6 2 Klimamodelle und Szenarien - Möglichkeiten und Grenzen der Klimamodellierung 2.1 Klimamodelle Klimamodelle dienen als theoretisches Werkzeug zur Erforschung von Zusammenhängen im Klimasystem. Es gibt viele verschiedene Klimamodelle unterschiedlicher Auflösungen mit ungleicher Verlässlichkeit und Sicherheit. Es werden sowohl regionale von globalen Modellen unterschieden als auch Klima- Prognosen von Projektionen und Vorhersagen. Diese Differenzierungen sind wichtig, da einige der kontroversen Diskussionen erst durch ungenaue Begriffe und Unkenntnis von meteorologischen und mathematischen Fakten ermöglicht werden und durch ihre ständige Präsenz die Öffentlichkeit beeinflussen. In diesem Kapitel soll ein Überblick über heutige Klimamodelle und deren Anwendung gegeben werden. Ein Schwerpunkt der Betrachtung dieser Modelle liegt dabei auf der Verlässlichkeit dieser Anwendungen und der Überlegung wie diese Daten bestmöglich (so kleinräumig wie nötig, aber gleichzeitig so verlässlich wie möglich) für den zukünftigen Bevölkerungsschutz genutzt werden können. Ein Klimamodell ist die mathematische Beschreibung des gesamten Klimasystems und seiner Wechselwirkungen. Sie beruhen im Gegensatz zu Wettermodellen nicht auf einer feststehenden Dynamik. Viele Rückkopplungen sind unbekannt und können größtenteils auch nicht aus der Geschichte des Klimas reproduziert werden. Die Unsicherheiten resultieren unter anderem aus den Rückkopplungswirkungen der globalen Erwärmung und dem Einwirken des Menschen, die in der Klimageschichte bislang nicht in diesem Ausmaß vorgekommen sind. Aus diesem Grund müssen bestimmte Randbedingungen einfach festgelegt werden. Eine solche Festlegung von verschiedenen Zuständen und die darauf folgende Modellierung wird als Szenario bezeichnet. Ein Klimaszenario ist nicht mit einer Klimavorhersage zu verwechseln, sondern bezeichnet lediglich eine zusammenhängende plausible Beschreibung eines möglichen Zustandes in der Zukunft und stellt damit eine alternative Sichtweise zukünftiger Gegebenheiten dar8. Für eine Klimaprognose werden viele verschiedene Szenarien erstellt und mehrere Simulationen mit unterschiedlichen Anfangsbedingungen durchgeführt. Auf Grund der breiten Spannweite der verschiedenen Szenarien können Klimaprognosen immer nur einen gewissen Rahmen vorgeben. Umfassende Klimamodelle basieren auf physikalischen Gesetzen, die durch mathematische Gleichungen repräsentiert werden. Die Modelle nutzen ein dreidimensionales Gitter, welches über den Globus gespannt ist. Um das Klima überhaupt in seiner Komplexität simulieren zu können, müssen die Hauptkomponenten in Submodellen dargestellt werden, die die Systeme und die jeweiligen Prozesse repräsentieren9. (Vgl. Abb.1) 8 9 IPCC 2001a IPCC 2001a 7 Abbildung 1 Die Entwicklung der Klimamodelle über die letzten 25 Jahre zeigt, welche verschiedenen Subkomponenten im Laufe der Zeit mit einbezogen wurden. (IPCC 2001a) Im Allgemeinen werden globale Klimamodelle (GCMs – Globale Circulation Models) und regionale Klimamodelle unterschieden. Der Hauptunterschied liegt darin, dass globale Modelle die gesamte Troposphäre behandeln, während regionale Modelle zwar die gleiche Modellphysik abbilden, diese aber nur auf einen bestimmten Abschnitt der Erde anwenden. Klimasimulationen werden durchgeführt, indem zuerst viele Kontrollsimulationen vorgenommen werden, die gegenwärtiges oder vergangenes Klima widerspiegeln, um seine Genauigkeit zu evaluieren. Danach wird eine Klimaänderung simuliert, wie etwa ein Kohlendioxidanstieg in der Atmosphäre. Die verschiedenen Simulationsvorgänge werden zueinander in Beziehung gesetzt, um die Veränderung des Klimas zu bestimmen. Es werden mit Hilfe verschiedener Ausgangszustände so viele Simulationen wie möglich berechnet, um die Unsicherheiten zu minimieren und Spannbreiten ermitteln zu können. 2.1.1 Globale Klimamodelle Die IPCC- Rechnungen, auf denen die meisten globalen Projektionen beruhen, arbeiten mit so genannten gekoppelten Atmosphäre-Ozean- Modellen (AOGCMs – Atmosphere-Ocean general Circulation Models). Diese Modelle beschreiben dabei die wichtigsten klimarelevanten physikalischen Vorgänge in der Atmosphäre, den Ozeanen und auf der Erdoberfläche. Die Prozesse müssen dabei sehr vereinfacht abgebildet werden. Zurzeit sind aufgrund der begrenzten Rechenleistungen die Auflösungen noch sehr gering. Bei den Atmosphärenmodellen handelt es sich um eine Auflösung entsprechend dem horizontalen Gitterabstand von 200 km und bei dem Ozeanmodell um eine Auflösung von etwa 125-200 km horizontalem Gitterabstand. Viele 8 physikalische Prozesse, die für das Klima relevant sind, spielen sich auf kleinerem Maßstab ab, wie etwa die Wolkenbildung, und können nicht exakt dargestellt werden. Diese werden deshalb in den Modellen noch als Größen oder Parameter vorgegeben. Diese Größen stellen aber Systemgrößen dar und sollten sich während der Simulation anpassen können, um über veränderte Bedingungen die zukünftige Realität darstellen zu können. Diese Rückkopplungsprozesse stellen zurzeit die größte Herausforderung in der Klimamodellierung dar.10 Die deutschen IPCC- Berechnungen wurden mit globalen Modellen des Max- Planck- Instituts für Meteorologie in Hamburg durchgeführt. Das Modell besteht aus dem Atmosphären- und Landoberflächenmodell ECHAM 5 und dem Ozeanmodell MPI-OM. Diese Modelle bilden das Grundgerüst für die globalen Projektionen11. 2.1.2 Regionale Klimamodelle Für den Bevölkerungsschutz in Deutschland sind sicherlich die Ergebnisse regionaler Klimamodelle am interessantesten. Globale Modelle sind zurzeit und in absehbarer Zukunft nicht in der Lage, für eine Region verwendbare Modellergebnisse meteorologischer Parameter zu liefern. Für eine Abschätzung der Änderung des regionalen Klimas müssen demnach andere Möglichkeiten gefunden werden. Die Regionalisierung des Klimas muss zum einen die Übergänge der Klimazonen wiedergeben können, zum anderen müssen natürliche Zusammenhänge (z.B. Flusseinzugsgebiete) erfasst werden. Verschiedene regionale Klimamodelle sind generell nicht kompatibel. In den letzten Jahren wurden drei verschiedene Methoden zur Regionalisierung diskutiert12: a) Dynamische Verfahren Regionale Klimamodelle betrachten einen bestimmten Ausschnitt der Erdoberfläche und brauchen deshalb zur Simulation geeignete Randbedingungen an den Rändern des jeweiligen Gebietes. Hochauflösende Modelle werden in gröbere globale Modelle eingebettet. Die Randbedingungen werden somit von den globalen Modellen geliefert, wodurch das regionale Modell sozusagen durch das globale Modell angetrieben wird. Diese Methode ist sehr aufwendig und ihre Einsatzmöglichkeiten werden durch mangelnde Genauigkeit begrenzt. Ein Beispiel für ein dynamisches Modell in Deutschland ist das regionale Modell REMO, das am MPI Hamburg entwickelt wurde, um die Auswirkungen globaler Klimaänderungen auf Europa zu untersuchen. Hierzu wurde das regionale Modell in das globale Modell eingebettet, um Regionen im Detail zu untersuchen. Wie beschrieben, wurde dann innerhalb des Modellgebietes ein regionales Klima unter der Berücksichtigung der globalen Informationen an den Rändern und der lokalen Gegebenheiten innerhalb des Gebietes berechnet. Die Modellergebnisse ähneln im räumlichen Mittel denen des globalen Modells. Durch ein feinmaschigeres Gitter können aber regionale 10 http://www.dwd.de/de/FundE/Analyse/Modellierung/Modellierung.htm Weiterführende Informationen zu den globalen Modellen ECHAM5 und MPI-OM in MPI 2006, unter http://www.dlr.de/ipa/Forschung/Instrumente/ECHAM 11 9 Strukturen der Erdoberfläche besser abgebildet werden. REMO wird für Deutschland mit der Gitterweite 10km betrieben.13 Die dynamischen Modelle sind von einer starken Rechnerleistung abhängig. Auch wenn die heutige Entwicklung immer größere Kapazitäten anbieten kann, wird es in naher und mittlerer Zukunft wahrscheinlich nicht möglich sein, konsistente Daten auf der lokalen Ebene zu erzeugen. b) Statistische Verfahren Die globalen Modellergebnisse werden durch statistische Verfahren in regionale Bereiche mit feinerer Skalierung transformiert. Ein Problem stellt hierbei die Genauigkeit dar, da Fehler in den Ausgangsdaten nicht ausgeglichen werden können. Statistische Verfahren gehen davon aus, dass die globalen Modelle im großräumigen Maßstab sehr wohl in der Lage sind, die Strukturen der atmosphärischen Zirkulation treffend zu beschreiben. Es werden statistische Beziehungen zwischen den großräumigen Wetterlagen und den lokalen Auswirkungen identifiziert. Dabei werden die aus der Jetztzeit oder der Vergangenheit gewonnenen Beziehungen auf die Vorausrechnungen der globalen Modelle angewandt. Statistische Verfahren benötigen deutlich geringere Rechnerkapazitäten.14 Zu den statistischen Verfahren gehören auch Szenarienmodelle. Mit dieser Methode werden mittels statistischer Modelle Szenarien entwickelt. Es wird davon ausgegangen, dass die von den globalen Modellen angegebenen Änderungen für bestimmte meteorologische Größen als richtig anzusehen sind. Darauf aufbauend werden langjährige Beobachtungsreihen mit statistischen Methoden aufbereitet und geben als Szenario die Änderungen in dieser Region wieder. In der bisher ausführlichsten regionalen Studie zum Klimawandel, der Studie zur klimatischen Entwicklung in Brandenburg, wurde das Szenarienmodell angewandt.15 Als erstes muss eine Bezugsgröße für die Untersuchungen ausgewählt werden (zum Beispiel großräumige Temperaturerhöhungen). Der Bezugsgröße aus den Beobachtungsreihen wird die von dem globalen Klimamodell vorgegebene Änderung aufgeprägt, wodurch ein erster Trend zu erkennen ist. Durch einen speziellen Algorithmus werden die anderen beobachteten meteorologischen Größen konsistent den vorgegebenen Änderungen angepasst. Die Modelle erzeugen konsistente Zeitreihen und sind somit in der Klimafolgenforschung einsetzbar. Es lassen sich verschiedene klimatologische Charakteristika ableiten wie etwa Trends und Mittelwerte. Außer für die Bezugsgröße Temperatur können keine Extreme von Tageswerten erzeugt werden, da für alle anderen Größen keine ausreichenden Beobachtungsdaten vorliegen.16 12 SPEKAT ET AL. 2007 MPI 2006 14 SPEKAT et al. 2007 15 STOCK 2003B 16 Ausführlichere Informationen zur Methode des Szenarienmodells in GERSTENGARBE 2003 S. 4-8 und STOCK 2003b S. 40-41 13 10 WETTREG17 Eine gekoppelte statistische Methode zur Beschreibung des regionalen Klimawandels ist das Modell WETTREG des Max-Planck-Instituts für Meteorologie und der Firma Climate & Environment Consulting GmbH, Potsdam. Diese Methode verbindet die Vorteile der dynamischen Modellierung mit den Möglichkeiten eines statistischen Wettergenerators zur Erzeugung von Stationszeitreihen. Die räumliche Auflösung entspricht der Anzahl der zur Verfügung stehenden Klimastationen. WETTREG bestimmt das Klimasignal nicht direkt aus den Szenariorechnungen des globalen Modells, sondern über Kausalketten von sich ändernden Häufigkeiten der Wetterlagen in den täglichen Realisierungen des Klimamodells, die hohe oder tiefe Temperaturwerte und Niederschläge verursachen. Für die Anwendung der WETTREG Regionalisierungsmethode sind drei Datenkomponenten notwendig. Dies sind zum einen Reanalysedaten für die Beschreibung des Klimas in der Jetztzeit. Sie werden benötigt, um atmosphärische Messdaten aus unterschiedlichen Quellen für unterschiedliche Perioden zu homogenisieren. Durch die Reanalyse wird die Betrachtung eines auf homogenen Daten beruhenden dreidimensionalen Bildes des Klimas möglich. Des Weiteren werden Ergebnisse von Szenarienrechnungen mit einem globalen Klimamodell benötigt. Die Klimasimulationen, auf denen WETTREG aufbaut, wurden mit dem erwähnten globalen Modell ECHAM5/MPI_OM gerechnet. Berechnungen wurden für den Zeitraum von 2010 – 2100 durchgeführt und die SRES – Emissionsszenarien A1B, A2 und B1 (s.u.) zugrunde gelegt. Außerdem werden Messdaten von Klimastationen zur Herleitung von statistischen Beziehungen benötigt. Insgesamt wurden in den letzten Projektteilen 1977 Stationen (282 Klimastationen und 1695 Niederschlagsstationen) verwendet. Die Strategie von WETTREG beruht unter anderem auf folgenden Annahmen: • Globale Klimamodelle können das Klima großräumig beschreiben. • Es gibt semi-stabile Muster in den atmosphärischen Größen wie zum Beispiel Feuchte, die wiederkehrend eine bestimmte Klasse von lokalen Konsequenzen beeinflussen (zum Beispiel besonders hohe oder niedrige Niederschläge). • Durch den Antrieb von Emissionsszenarien verändern sich die atmosphärischen Muster, wie sie von den globalen Modellen errechnet wurden. • Die Beziehung der lokalen Erscheinungen zu den atmosphärischen Mustern wird auch in der Zukunft den heutigen Beziehungen sehr ähnlich sein. Weitere Schritte der Anwendung sind: 17 • Klassifikation der Messwerte • Herstellung von lokalen Zeitreihen • Herausfilterung der Amplitude der Muster zur Gewinnung von Aussagen zu Extremen • Auswahl von Bereichen aus den Simulationen Die Beschreibungen des WETTREG Modells folgen SPEKAT et al. 2007 11 WETTREG ist für diesen Bericht von Bedeutung, als dass mit dieser Methode im Januar 2007 die neuesten Klimaprojektionen für Deutschland veröffentlicht wurden. Deren Ergebnisse dienen als Grundlage für diese Analyse zur Identifikation und Analyse der klimasensitiven Systeme im Zusammenhang mit Bevölkerungsschutz in Deutschland.18 2.2 IPCC-Emissionsszenarien Zum Verständnis der Ergebnisse und des größeren Zusammenhangs muss kurz auf die verschiedenen Zukunftsszenarien eingegangen werden, die im Rahmen des IPCC-Prozesses entwickelt wurden. Gründe für die Spannweite der Ergebnisse der Prognosen zur Veränderung des Klimas basieren auf den unterschiedlichen Szenarien. Daher ist das Zitieren von konkreten Zahlen zur Veränderung nur sinnvoll, wenn gleichzeitig das entsprechende Szenario mit genannt wird.19 Die IPCC-Szenarien basieren für den Zeitraum von 2001 bis 2100 auf unterschiedlichen Annahmen über den demographischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und technologischen Wandel. Generell muss zwischen einem Klimaszenario und den nichtklimatischen Szenarien unterschieden werden, die den sozioökonomischen Kontext bilden, in dem sich die klimatischen Faktoren verändern. Die meisten Abschätzungen der Folgen des klimatischen Wandels basieren auf Ergebnissen von Modellen, die sowohl Klimaszenarien als auch nicht-klimatische Szenarien als Input haben. Insgesamt gibt es 40 so genannte SRES Szenarien20. Diese Szenarien sind in vier verschiedene Szenarienfamilien aufgeteilt, denen folgende sozioökonomische Annahmen zugrunde liegen (Abbildung 2 und Abbildung 3): Abbildung 2 18 19 Die verschiedenen IPCC-Szenarien (nach IPCC 2007) Mehr Informationen zu WETTREG in SPEKAT ET AL. 2007 Kapitel 2,3,4 http://www.mpimet.mpg.de/presse/faqs/wie-kann-man-klimaveraenderungen-vorhersagen.html 12 Abbildung 3 Qualitative Beschreibung der verschiedenen IPCC-Szenarien. (Entwicklung der verschiedenen Parameter. So wird beispielsweise die Bevölkerung im Szenario A1B zuerst stark zunehmen um später wieder leicht abzunehmen. (SPEKAT et al. 2007: Anhang A S. IV) Die A-Szenarien beschreiben ein ökonomisches Wachstum, während die B-Szenarien ökologisch und umweltorientiert ausgerichtet sind. Die Szenarienfamilie A1 beschreibt eine künftige Welt mit sehr raschem wirtschaftlichen Wachstum, einer erst zu- und später abnehmenden Weltbevölkerung und der raschen Einführung von neuartiger Technologie. Die verschiedenen Unterfamilien von A1 unterscheiden sich in ihrem jeweiligen technologischen Schwerpunkt. Die A2 Szenarien beschreiben eine heterogene Welt mit stetigem Bevölkerungswachstum und regionalem Wachstum. Der technologische Fortschritt ist eher langsam. Die B1 Szenariofamilie beschreibt ein gleiches Bevölkerungswachstum wie A1, aber eine raschere Veränderung der wirtschaftlichen Strukturen hin zur Einführung von emissionsarmer und ressourcenschonender Technologie. Der Schwerpunkt der Entwicklung liegt auf der globalen Lösung von Umweltproblemen. Die Welt der B2 Szenarien setzt im Gegensatz zur B1 Familie auf lokale Lösungen der Nachhaltigkeitsfragen. Die Weltbevölkerung wächst weiter, während technologischer Stand und Wirtschaftsentwicklung sich auf mittlerem, regional unterschiedlichem Niveau bewegen (Abbildung 3).21 In den Abbildungen 4 und 5 sind die Folgen des Eintreffens der verschiedenen Szenarien noch einmal verdeutlicht. 20 21 IPCC 2000 Weiterführende Informationen im IPCC Special Report on Emission Scenarios (IPCC 2000) 13 Abbildung 4 CO2 – Konzentration je nach IPCC-Szenario (IPCC 2000:9) 22 Abbildung 5 Zeitliche Entwicklung der global und jährlich gemittelten Temperaturänderungen gegenüber dem Mittelwert des Jahres 1961-1990. (M AX-PLANCK-INSTITUT FÜR METEOROLOGIE 2006:14) 22 Insbesondere bei den Abbildungen in diesem Artikel, aber auch im gesamten Bericht muss mit berücksichtigt werden, dass die Graphiken und Informationen aus unterschiedlichen Jahren stammen. Eine minimale Abweichung bei der Angabe von Temperaturen ist somit dem Versuch geschuldet die neuesten Erkenntnisse miteinzubeziehen. 14 2.3 Grenzen der Klimamodellierung Die Ergebnisse der globalen Klimamodelle wie ECHAM5 oder auch des regionalen WETTREG Modells können wie alle anderen Klimamodelle nicht als Vorhersagen interpretiert werden, sondern lediglich als Klimaprognosen oder Klimaszenarien. Im Unterschied zu Vorhersagen stellen Szenarien und Prognosen nur mögliche künftige Entwicklungen dar. Kein Klimamodell ist heute in der Lage, für einen bestimmten Zeitraum das Klima vorauszusagen. Gründe für diese Unsicherheiten und die großen Spannweiten der Ergebnisse liegen darin, dass für die Berechnung des Klimas Informationen über bestimmte Faktoren vorliegen müssen, die heute noch nicht bekannt sind. Diese klimabeeinflussenden Faktoren sind sowohl klimatischer als auch nicht-klimatischer Natur. Unabhängig von der Qualität der Klimamodelle sind zum Beispiel der technologische Wandel oder die politische Entwicklung. Die Prognosen haben die logische Form von Wenn-dann-Sätzen. Besonders zu beachten ist für jede Interpretation von Klimamodellen und damit auch für die Ableitung von Handlungsoptionen für den Bevölkerungsschutz, dass eine Auswertung der Entwicklung des Klimas für ein bestimmtes Jahr ebenso wenig möglich ist wie für einzelne Stationen. Die Auswertung kann höchstens gebietsweise und am sichersten für 30-Jahreszeiträume erfolgen.23 Die Abbildung 6 zeigt noch einmal deutlich, welche Unsicherheitsbereiche bei Aussagen über Klimafolgen auftreten. Die wichtigsten Unsicherheitsbereiche sind folgende:24 • Häufig ist eine eindeutige Unsicherheitszuweisung nicht möglich. So lassen sich einzelne Extremereignisse gegenwärtig nicht zweifelsfrei auf eine Änderung des mittleren Klimas zurückführen, da sie theoretisch als seltenes Ereignis auch bei gleich bleibenden Klimabedingungen auftreten könnten. • Alle Aussagen über gegenwärtige und künftige Klimafolgen basieren auf den Unsicherheiten der Aussagen über den Klimawandel selbst. Dazu gehören Unsicherheiten über Emissionsszenarien – also die sozioökonomische Entwicklung Reaktionen auf den Kohlenstoffkreislauf, auf die Reaktionen des globalen Klimas auf den veränderten Kohlenstoffkreislauf sowie Folgen für das regionale Klima, aus denen schließlich Klimafolgen abgeleitet werden. • Außerdem ist die geringe räumliche Ausdehnung vieler Klimafolgen ein Problem für die Klimamodellierung. Dadurch werden Vorhersagen für bestimmte Regionen äußerst unsicher. 23 24 SPEKAT et al. 2007 IPCC 2001b 15 Abbildung 6 Bandbreite der Unsicherheiten bei Aussagen über Klimafolge, die die „Unsicherheitsexplosion“ von den Emissionsszenarien über die Aussagen über Klimaänderungen bis zu solchen über Klimafolgen zeigen. (IPCC 2001b:130) Für das weitere Vorgehen zur Untersuchung des Zusammenhangs von Klimawandel und Bevölkerungsschutz ist es von Bedeutung herauszufinden, welche Möglichkeiten bestehen, gesicherte Daten auf regionaler oder sogar lokaler Ebene zu bekommen. Sicherlich gibt es eine fortlaufende Entwicklung hin zu größerer Rechnerleistung und somit vermehrter Arbeit mit dynamischen Modellen, die immer kleinräumiger arbeiten können. Trotzdem wird es in naher und mittlerer Zukunft wahrscheinlich nicht möglich sein, konsistente Daten auf der lokalen Ebene zu erzeugen. Es wird immer nur in Verbindung mit verschiedenen Szenarien möglich sein, langfristige Prognosen zu geben, anstatt Vorhersagen zu treffen, gerade weil einige Aspekte der Unsicherheiten unabhängig von der Qualität der Klimamodelle sind. Die für den Bevölkerungsschutz im Bezug zum Klimawandel wichtigste Frage ist die nach den Extremereignissen. Ob das zurzeit neueste Verfahren (WETTREG) ausreicht, um die Extremwerte abzubilden, ist aber bis heute noch nicht ausreichend beantwortet25. 25 SPEKAT et al. 2007 16 3 Klimawandel – Veränderung von Klimaparametern In Kapitel drei soll es um Aussagen zum Thema Klimawandel gehen. Es wird die Veränderung der verschiedenen Klimaparameter als Folge der globalen Erwärmung beschrieben. Hierbei wird dem neuesten Bericht des Umweltbundesamtes gefolgt26, da davon ausgegangen wird, dass die dort publizierten Daten die ausführlichsten sind, die zurzeit auf der regionalen Ebene für Deutschland vorliegen. In diesem Bericht liegt der Fokus eindeutig auf Deutschland, da diese regionale Ebene für den nationalen Bevölkerungsschutz in einem ersten Schritt interessant ist. Für eine genauere Analyse der gesamten Interdependenzen der klimasensitiven Systeme und deren Auswirkungen auf den Bevölkerungsschutz ist es sicherlich auch wichtig, die Möglichkeiten und Auswirkungen in Deutschland mit anderen Staaten zu vergleichen, um festzustellen, welche Abhängigkeiten und Beziehungen bestehen, die durch eine Änderung des Klimas beeinflusst werden könnten. Die Erläuterungen dieses Abschnittes beschränken sich auf die beschreibende Ebene. Es soll aufgezeigt werden, wie sich die Klimaelemente verändern, wobei die Ursachen für diese Entwicklung für die hier betrachtete Fragestellung zunächst irrelevant sind. Zu Beginn der jeweiligen Kapitel über die Veränderung der Klimaelemente soll kurz beschrieben werden, welche Auswirkungen es auf der globalen Ebene gibt, um darauf folgend das Augenmerk auf die Entwicklung in Deutschland zu legen. Soweit nicht anders angemerkt folgt dieser Bericht bei der Beschreibung der globalen Veränderung, den Ergebnissen des Vierten IPCC Berichts der Arbeitsgruppe I von Februar 2007. Bei der Dokumentation der Veränderung von Temperatur und Niederschlag in Deutschland stützt sich dieser Bericht auf die neueste Studie des Max-Planck-Institutes für Meteorologie, die vom Umweltbundesamt in Auftrag gegeben wurde27. Die Ergebnisse beruhen auf Simulationen des Regionalisierungsmodells WETTREG auf der Basis von globalen Klimasimulationen mit ECHAM5/MPI-OM bis 2100 für die Szenarien B1, A1B und A2. Im Folgenden wird ein Szenariovergleich dokumentiert, der die drei Szenarien A1B, A2 und B1 mit einbezieht. WETTREG erzeugte 10 Simulationen zu 7300 Tagen Länge pro Dekade, die jeweils gemittelt wurden. Zum einen wird die Veränderung der Temperatur und des Niederschlags bis 2100 in den einzelnen Jahreszeiten dargestellt (Jahresgang) und zum anderen die räumlichen Muster der Temperatur und des Niederschlags. Die Referenzgröße ist die Differenz zwischen 2071 – 2100 der jeweiligen Szenarien und den Jahren 1961-1990 des Kontrolllaufes. Des Weiteren wird auf den zeitlichen Ablauf der beiden Klimaelemente Temperatur und Niederschlag eingegangen und die zeitliche Entwicklung abgeleitet. 26 27 im Folgenden zitiert als SPEKAT et al. 2007 In diesem Bericht zitiert als SPEKAT et al. 2007 17 3.1 Temperatur Globale Temperaturentwicklung Laut dem vierten IPCC Bericht der Arbeitsgruppe I von Februar 2007 hängt die projizierte Erwärmung nur wenig von den Annahmen über zukünftige Emissionen ab. Auch bei einem sofortigen globalen Emissionsstopp würde sich die Erde im Mittel um 0,6 K erwärmen. In der letzten Dekade des 21. Jahrhundert hängt die Erwärmung stark von den verschiedenen Szenarien ab. Je nach Emissionsausstoß liegt der Mittelwert der globalen Erwärmung für das niedrigste Emissionsszenario zwischen 1,0 und 2,7°C und für das höchste Szenario bei 2,4-6,4°C. Abbildung 7 Anstieg der globalen Durchschnittstemperaturen bis 2100 in Abhängigkeit der unterschiedlichen Szenarien. (IPCC 2007:21) Temperaturentwicklung in Deutschland Gerade bei Angaben der Temperaturerhöhung handelt es sich meistens um Mittelwerte. Es muss jedoch bei einer Interpretation dieser Aussagen darauf geachtet werden, dass es sich um große Variabilitäten in sowohl regionaler als auch zeitlicher Ausprägung handelt. Temperatur Jahresgang Betrachtet man die Wintermonate im Verlauf des 21. Jhs, so ist der Temperaturanstieg relativ hoch (3,5 – 4 K). Die geringste Erwärmung innerhalb eines Jahres findet im Frühjahr statt. In den übrigen Jahreszeiten wird ein Temperatursignal von 2 – 2,5 °C errechnet. 18 Abbildung 8 Ringdiagramme der Tagesmitteltemperaturen als Differenz 2091 – 2100 minus 1981 – 1990. Äußerer Ring: Monatswerte, mittlerer Ring: Jahreszeitenwerte, zentral: Jahreswert. (SPEKAT et al. 2007:32) Temperatur räumliche Muster Die Darstellung der Temperaturen einer räumlichen Verteilung erfolgt im Gegensatz zum Jahresgang der Temperaturen mit dem Mittelwert von drei Dekaden. Die Tagesmitteltemperatur spielt hier eine besondere Rolle. In den Abbildung 9 b, c und d sind die Temperaturabweichungen von heutigen Temperaturen bis zum Jahr 2100 dargestellt. Nach Szenario A1B ist die Temperaturerhöhung am höchsten. Eine durchschnittliche Abweichung der Tagesmitteltemperatur im Vergleich zum Kontrollszenario beträgt 2,3 K. Während beim Szenario B1 das Gesamtniveau der Erwärmung mit 1,8 K am niedrigsten ist, handelt es sich beim Szenario A2 um ein mittleres Erwärmungsniveau von etwa 2,1 K. Die Unterschiede zwischen den Szenarien entsprechen den Tendenzen im IPCC Bericht. Durch die Kartendarstellung ist es möglich, einzelne Regionen in Deutschland zu identifizieren, die von einer Erwärmung besonders betroffen sind. Das Grundmuster nach allen Szenarien zeigt die stärkste Erwärmung im Norden Deutschlands (ohne Küstenregion) sowie im Voralpenraum. Eine vergleichsweise geringe Erwärmung tritt dabei an den Küsten der Nord- und Ostsee auf, in den zentralen Mittelgebirgen sowie im äußersten Osten Bayerns. Eine wichtige Erkenntnis dieser Darstellung ist folgende: Zwar befindet sich die stärkste Erhöhung der Temperaturen im Norden Deutschlands, die höchsten Temperaturen werden jedoch in Südwestdeutschland erwartet. Demnach ist es nicht sinnvoll, einfache Kausalschlüsse zuzulassen, sondern es sollte eine differenzierte Betrachtung der Auswirkungen auf verschiedene Regionen erfolgen. 19 Abbildung 9 Darstellung der Tagesmitteltemperaturen für das gesamte Jahr. A) ECHAM 5 Kontrolllauf für den Zeitraum von 1961-1990 b-d Differenz für verschiedene Szenarios des Zeitraums 2071-2100 und dem Kontrolllauf 1961-1990. (SPEKAT et al. 2007: 34) Temperatur im zeitlichen Vergleich An Hand der Abbildungen 10-13 soll der Prozess des Klimawandels durch die zeitliche Veränderung des Signals dargestellt werden. Zum einen geht es um das Flächenmittel und zum anderen um die Entwicklung von räumlichen Mustern. Die Veränderung des Flächenmittels ist in Abbildung 10 dargestellt, in der ein klarer, stetiger Temperaturtrend gezeigt wird. Paradoxerweise ist zu erkennen, dass das B1 Szenario mit dem ressourcenschonendsten Handeln der Menschen in den ersten Jahren mit einem stärkeren Temperatursignal verbunden ist als die anderen weniger nachhaltigen Zukunftsmöglichkeiten. 20 Abbildung 10 Zeitlicher Verlauf der Durchschnittstemperatur im Flächenmittel für Deutschland für den Kontrolllauf und die Szenarioabläufe (SPEKAT et al 2007: 41) In den Abbildungen 11-13 ist die flächenhafte Entwicklung des Erwärmungssignals für die drei verschiedenen Szenarien dargestellt. Abbildung 11 Erwärmung im Szenario A1B für das Jahresmittel der Tagesmitteltemperaturen (SPEKAT et al 2007:42) 21 Abbildung 12 Erwärmung im Szenario A2 für das Jahresmittel der Tagesmitteltemperaturen (SPEKAT et al 2007:43) Abbildung 13 Erwärmung im Szenario B1 für das Jahresmittel der Tagesmitteltemperaturen (SPEKAT et al 2007:42) 22 Es deutet sich an, dass es im Laufe des 21. Jahrhunderts mehr Tage mit extremen Temperaturen geben wird. Ebenso ist es wahrscheinlich, dass die Zahl der Eis- und Frosttage zurückgehen wird. Eine besondere Bedeutung für die Bevölkerung hat der Anstieg der Nachttemperaturen, da sich dieser besonders auf die Gesundheit auswirken wird.28 Generell gibt es eindeutige Unterschiede zwischen den Ergebnissen der Emissionsszenarien A1B und B1. Insbesondere trifft diese Unsicherheit die Region im Südwesten Deutschlands. Hier stellt sich bei dem Szenario A1B eine relativ starke Erwärmung ein, während die Region bei den anderen Szenarien im Vergleich zum Flächenmittel eher unberührt bleibt. Diese Tatsache wird hier noch mal explizit herausgestellt, da sie ein Beispiel für jegliche Unsicherheiten zum Thema Klimamodellierungen darstellt. An dieser Stelle kann es durch vorschnelle (Über-)Interpretationen oder unsauberes Arbeiten zu Fehlern in der Handlungsempfehlung kommen. Gerade Fehlinterpretationen im Bezug auf besonders vulnerable Regionen oder Zeiträume sind möglich, wenn beispielsweise nur einige Karten, aus einer Vielzahl von möglichen abgebildet werden. Möglich sind auch Fehlinterpretationen im Hinblick auf die verwendeten Zeiträume, wenn es etwa um die Vergleichbarkeit verschiedener Studien geht, in den jeweiligen Beschreibungen aber ganz andere Zeitspannen verwendet wurden. 3.2 Veränderung des Niederschlags Globale Niederschlagsentwicklung Die Niederschlagsverteilung ist global sehr heterogen. Der globale Wasserdampfgehalt der Atmosphäre wird ansteigen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass der Niederschlag in den höheren Breiten zunehmen, während es wahrscheinlich in den Tropen zu einer Verminderung des Niederschlags kommen wird. Die Mittelmeerregion wird ebenfalls wahrscheinlich von einer Abnahme des Niederschlags betroffen sein. Abbildung 14 zeigt einen Überblick über die die projizierten globalen Muster der Veränderung des Niederschlags. 28 Vergleich Kapitel 4.1.3 und 5.3 23 Abbildung 14 Relative prozentuale Veränderung des Niederschlags für die Periode 2090-2099, im bezug zu 1980-1999 für das Szenario A1B. die weißen Flächen stellen unsichere Daten dar (weniger als 66% Übereinstimmung der verschiedenen Modelle). Die gepunkteten Flächen stellen Regionen dar in denen die Übereinstimmung der verschiedenen Modelle mehr als 90% beträgt. (IPCC 2007:20) Niederschlagsentwicklung in Deutschland Ähnlich wie bei den Angaben zur Temperatur sind durchschnittliche Angaben zur Änderung des Niederschlages wenig sinnvoll. So wird sich die Niederschlagssumme für Deutschland wenig verändern, während eine Verschiebung von Maxima und Minima durchaus Auswirkungen auf die Bevölkerung haben kann. Eine saisonale Betrachtung ist somit unbedingt notwendig. Der Niederschlag ist in einem hohen Maße eine stochastische Größe, die in einem globalen Klimamodell mit deutlich geringerer Präzision als etwa die Temperatur darstellbar ist. Die Einordnung von Niederschlagsveränderungen ist deshalb besonders kompliziert, weil die Ergiebigkeit der Niederschläge stark von der Form der Erdoberfläche abhängig ist29. Außerdem müssen zeitliche Variabilitäten mitberücksichtigt werden, da Starkregenereignisse ganz andere Auswirkungen für den Bevölkerungsschutz mit sich bringen als ein über mehrere Tage andauernder Landregen. Niederschlag im Jahresgang Ähnlich wie für die Temperaturverteilung wird die Entwicklung des Deutschlandsmittels des Niederschlagstrends (2091 – 2100 minus 1981-1990) im Jahresgang in den Ringdiagrammen dargestellt. Die wichtigsten Ergebnisse sind die gegenläufigen Trendentwicklungen in Winter und Sommermonaten. (Abbildung 15) 29 UBA 2006b 24 Abbildung 15 Ringdiagramm für die WETTREG Simulationen der drei Szenarien des Niederschlag als Differenz von 2091-2100 minus 1981-1990. (SPEKAT et al 2007: 31) Niederschlag räumliche Muster Wie bereits erwähnt gibt es für Gesamtdeutschland kaum Änderungen im Gesamtjahresniederschlag, weshalb eine saisonale Betrachtung sinnvoll erscheint. Bei Betrachtung von großräumigen Strukturen kann eine Abnahme des Niederschlags im Osten sowie in Süddeutschland beobachtet werden. In der Region zwischen den Mittelgebirgen und den BeneluxStaaten wird der Niederschlag zunehmen. Im Sommer wird der Niederschlag je nach Szenario und Region unterschiedlich stark abnehmen (Vgl. Abbildung 16). In allen drei Szenarien befindet sich der stärkste lokale Rückgang im Nordosten Deutschland. Bei den Szenarien A1 und A1B liegen die Werte der Niederschlagsabnahme etwa bei 40% in Vorpommern. Es ist eine Tendenz dahingehend auszumachen, dass der sommerliche Niederschlag insbesondere in den heute bereits niederschlagsarmen Regionen zurückgeht. 25 Abbildung 16 Kartendarstellung des Niederschlags im Sommer. Abbildung a) entspricht dem Kontrolllauf für die Jahre 1961-1990 (b) – (d) prozentuale Veränderung in den Szenarien des Zeitraumes 2071-2100 und dem Kontrolllauf. Rot beschreibt die Abnahme des Niederschlags zum Ende des 21. Jahrhunderts. Blau zeigt eine Niederschlagszunahme zum Ende des 21. Jahrhunderts. (SPEKAT et al. 2007: 37) Wie in Abbildung 17 zu erkennen ist, gibt es je nach Szenario im Winter eine stärkere Zunahme des Niederschlags um 20-30%. Diese Werte können lokal deutlich übertroffen werden. In allen drei Szenarien ist die Zunahme des Winterniederschlags in Westdeutschland am höchsten. Insbesondere für den Hunsrück und die Eifel wird eine deutliche Zunahme prognostiziert die je nach Szenario zwischen 50- 80% Steigerung liegen. 26 Abbildung 17 Kartendarstellung des Niederschlags im Winter. (SPEKAT et al. 2007: 39) Niederschlag im zeitlichen Vergleich An dieser Stelle muss noch einmal darauf hingewiesen werden, dass das Klimaelement Niederschlag eine hohe Komplexität besitzt. Demnach können die Aussagen auch als weniger gesichert gelten und geringe Veränderungen über nur wenig unterschiedliche Werte auch keine hohe Belastbarkeit erfüllen. Die Veränderung des Niederschlags in zeitlicher Perspektive für den Sommer ist in den Abbildungen 18-20 dargestellt. Es fällt auf, dass sich die regionalen Unterschiede erst in der letzten 30jährigen Periode des Untersuchungszeitraumes abzeichnen. 27 Abbildung 18 Kartendarstellung des zeitlichen Verlaufs der Differenzen zwischen dem Szenario A1B und dem Kontrolllauf für die prozentuale Änderung der Niederschlagsmenge im Sommer. (SPEKAT et al 2007: 46) Abbildung 19 Kartendarstellung des zeitlichen Verlaufs der Differenzen zwischen dem Szenario A2 und dem Kontrolllauf für die prozentuale Änderung der Niederschlagsmenge im Sommer. (SPEKAT et al 2007: 47) 28 Abbildung 20 Kartendarstellung des zeitlichen Verlaufs der Differenzen zwischen dem Szenario B1 und dem Kontrolllauf für die prozentuale Änderung der Niederschlagsmenge im Sommer. (SPEKAT et al 2007: 47) Für den Winter (vgl. Abbildung 21-23) finden sich ähnliche Trends für Deutschland wie im Sommer jedoch unter umgekehrten Vorzeichen. Abbildung 21 Kartendarstellung des zeitlichen Verlaufs der Differenzen zwischen dem Szenario B1 und dem Kontrolllauf für die prozentuale Änderung der Niederschlagsmenge im Winter. (SPEKAT et al 2007: 49) 29 Abbildung 22 Kartendarstellung des zeitlichen Verlaufs der Differenzen zwischen dem Szenario B1 und dem Kontrolllauf für die prozentuale Änderung der Niederschlagsmenge im Winter. (SPEKAT et al 2007: 50) Abbildung 23 Kartendarstellung des zeitlichen Verlaufs der Differenzen zwischen dem Szenario B1 und dem Kontrolllauf für die prozentuale Änderung der Niederschlagsmenge im Winter. (SPEKAT et al 2007: 50) In weiteren Simulationen ist der Untersuchungsgegenstand die Niederschlagsmenge. Hierzu wurde im laufenden WETTREG Verfahren die Veränderung der Häufigkeit und Intensität von Starkregen am Beispiel von zwei Stationen in Deutschland (Berlin-Dahlem und München) untersucht. Da in Kapitel 4.1.1 noch näher auf die Entwicklung von Starkniederschlagsereignissen eingegangen wird, soll hier nur zusammenfassend erwähnt werden, dass auf Grund der vorliegenden Daten weder von einer Zu- noch einer Abnahme von Starkniederschlagsereignissen gerechnet werden kann.30 30 siehe Kapitel 4.1.1 30 3.3 Veränderung weiterer Klimaparameter In den vorliegenden Studien die hier ausgewertet werden, liegt das Hauptaugenmerk auf den Parametern Temperatur und Niederschlag. Dies ist sicherlich sinnvoll, da diese Klimaelemente das Klima stark beeinflussen. Soweit Daten zur Verfügung stehen, soll kurz auf andere wichtige Parameter eingegangen werden. Bewölkung Bewölkung ist sicherlich einer der größten Unsicherheitsfaktoren bei der Klimamodellierung. Es ist bis heute nicht restlos geklärt, welchen Einfluss die Wolken auf das Klima und welche Folgen eine erhöhte Co2 Konzentration in der Atmosphäre wiederum auf die Wolkenbildung haben. Eine abschließende quantitative Beschreibung des Klimasignals des Bedeckungsgrades auf Grund von WETTREG Simulationen ist zum heutigen Zeitpunkt nicht möglich. Die Simulationen zeigen jedoch einen schwachen Trend auf einen Bewölkungsrückgang zum Ende des 21. Jahrhunderts. Auf Grund von ungenauen Erkenntnissen über eventuell bedeutende Rückkopplungseffekte sollten diese Ergebnisse jedoch vorsichtig verwendet werden.31 Windgeschwindigkeit Im Verlauf der WETTREG- Simulationen wurde ebenfalls die Veränderung des Tagesmittels der Windgeschwindigkeit simuliert. Die Ergebnisse zeigen einen leichten Rückgang der mittleren Windgeschwindigkeiten. Das Tagesmittel dieser Geschwindigkeiten ist sicherlich keine optimale Größe, um Aussagen über Folgen des Klimawandels zu treffen.32 Wichtiger wäre es, Erkenntnisse über die Änderung von Spitzengeschwindigkeiten von Sturm- oder Orkanereignissen zu erhalten. Diese Ergebnisse liegen zurzeit jedoch nicht vor.33 31 SPEKAT et al. 2007 SPEKAT et al. 2007 33 Siehe auch Kapitel 4.1.5 32 31 4 Auswirkungen des veränderten Klimas Nachdem im vorangehenden Kapitel die globale Erwärmung und die Veränderung der klimarelevanten Parameter beschrieben wurden, sollen im Folgenden Auswirkungen dieser Klimaänderungen auf Extremereignisse und den Meeresspiegel analysiert werden 4.1 Wetterbedingte Extremereignisse Wetterbedingte Extremereignisse wie Hitzewellen, Hochwasser, Waldbrände, Stürme, Dürren und Starkregenereignisse haben eine besondere Bedeutung für Deutschland und eine hohe Relevanz für den Bevölkerungsschutz. Kommt es zu einer Veränderung in Frequenz und Magnitude dieser Ereignisse, kann die Bevölkerung direkt betroffen sein. An diesem Punkt der Kausalkette spielt es für die hier betrachteten Auswirkungen keinerlei Rolle mehr, aus welchen Gründen diese Ereignisse sich verändern, sondern nur noch, dass es eine Entwicklung in eine bestimmte Richtung gibt. Im Zusammenhang mit dem Klimawandel sind insbesondere extreme Wetterereignisse von Bedeutung. Diese Gefahren haben einen direkten Klimabezug, da sie durch die Veränderung des Klimas - dessen Ausdruck eine Änderung des Wetters ist - beeinflusst werden. Neben den direkten extremen Wetterereignissen wie Stürmen, Dürren und Starkregenereignissen zählen ebenfalls Waldbrandgefahren und Hochwasser zu den betrachteten Extremereignissen, die in einem direkten Bezug zum Klima stehen und auf Grund ihrer Auswirkungen eine Relevanz für den Bevölkerungsschutz haben. Eine Systematisierung von Naturgefahren als raumrelevante Klimafolgen findet sich in FLEISCHHAUER (2004). Hier werden verschiedene Kriterien aufgelistet, die für die Wahrnehmung und Bewältigung von Naturgefahren von großer Bedeutung sind. Die beschriebenen Kriterien sind Standortgebundenheit, jahreszeitliche Gebundenheit, Eintritts Charakteristik, Abgrenzbarkeit und Beeinflussbarkeit. Es wäre sicherlich interessant einmal zu untersuchen wie sich die Gefahren mit dem Klimawandel verändern und welche Folgen daraus für den Bevölkerungsschutz entstehen. So ist etwa die jahreszeitliche Gebundenheit für den technischen Katastrophenschutz im Hinblick auf die Verfügbarkeit von Personal und Gerät sowie die zeitliche Gebundenheit von Mitteln von größerer Bedeutung34. Als Beispiel sei hier die regelmäßige Wiederkehr von Sommerhochwassern genannt, auf die der Katastrophenschutz eingestellt ist. Verlagern sich die Hochwasser in das Frühjahr müssen andere Personalvorkehrungen getroffen werden. Ein weiteres Beispiel ist die Verfügbarkeit von technischem Material. Durch stärkere Hitzesommer und weniger Frosttage verändern sich die Anforderungen an den Katastrophenschutz dahingehend, dass weniger Winterfahrzeuge gebraucht werden, dafür die Anforderungen an Rettungskräfte, durch den Anstieg an Herz- und Kreislauferkrankungen im Sommer steigen. Folglich werden Anpassungsmaßnahmen im Bereich der Ausstattung benötigt, die unter anderem durch eine Verlagerung der Aufgabengebiete begründet sind. Eine Frage, die immer wieder gestellt und von den Medien kontrovers diskutiert wird, ist die nach dem Zusammenhang von Extremereignissen und der globalen Erwärmung. Nach Angaben der Münchener Rückversicherung sozioökonomischen Schäden haben in den die durch letzten 32 extreme Jahrzehnten Wetterereignisse stark verursachten zugenommen. Es ist selbstverständlich, dass ein globaler Wandel in großem Maße zu dieser Entwicklung durch Faktoren wie wachsende Bevölkerungsdichte, steigender Wertekonzentration und höherem Technologiestandard beigetragen hat.35 Diese Entwicklung allein kann die Zunahme wetterbedingter Folgekosten jedoch nicht erklären. Ein Teil muss vielmehr auch klimatischen Faktoren zugeschrieben werden. Durch eine steigende Wasserdampfkonzentration in der Atmosphäre werden die Niederschlagsmengen und die extremen Niederschlagsereignisse zunehmen. Auf Grund der gestiegenen Temperaturen kann die Atmosphäre mehr Feuchtigkeit aufnehmen, wodurch die Wahrscheinlichkeit von intensiven Niederschlägen erhöht wird. Gleichzeitig steigt aber auch das Risiko von Dürren, vor allem für die mittleren Breiten.36 Laut MPI zeigen die Messungen auf Basis von globalen Beobachtungsdaten der letzen 50 Jahre eine generelle Zunahme der Nachttemperaturen und der Dauer von Hitzewellen, eine Abnahme der Frosttage sowie eine Zunahme der nassen Tage, beziehungsweise der maximalen 5-TagesNiederschlagsmengen während eines Jahres. In den Projektionen für das 21. Jahrhundert setzen sich diese Trends fort. In den Szenarien A2 und A1B1 fallen die Ereignisse extremer aus als im Szenario B1.37 Der neueste IPCC Bericht der Arbeitsgruppe I gibt folgende Tabelle (Abbildung 24): heraus, die die Wahrscheinlichkeiten prognostizierter und beobachteter Veränderungen extremer Wetter- und Klimaereignisse zeigt. 34 FLEISCHHAUER 2004 MÜNCHENERRÜCK 2005 36 LAHMER 2004 37 MAX-PLANCK-INSTITUT FÜR METEOROLOGIE 2006 35 33 Abbildung 24 Momentane globale Trends, menschlicher Einfluss auf diese Trends Wahrscheinlichkeiten von Projektionen extremer Wetterereignisse. Wahrscheinlichkeiten: und Virtually certain > 99% probability of occurrence, Extremely likely > 95%, Very likely > 90%, Likely > 66%, More likely than not > 50%, Unlikely < 33%, Very unlikely < 10%, Extremely unlikely < 5%. (IPCC 2007: 7) Auf der globalen Ebene ist die Untersuchung der Veränderung von Extremereignissen schon weit fortgeschritten, auch wenn sie immer noch kontrovers diskutiert wird. Für Deutschland sind die Daten nicht so vielfältig vorhanden. Es liegt eine Studie zu der Berechnung der Wahrscheinlichkeiten für das Eintreten von Extremereignissen durch Klimaänderungen für den Schwerpunkt Deutschland vor38 Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass mit den beobachteten Klimaänderungen des Industriezeitalters auch Änderungen der Häufigkeit und Intensität von Extremereignissen verbunden sind. Es wird deutlich, dass große jahreszeitliche Unterschiede und regionale Strukturen auftreten. Eine generelle Aussage, dass das Klima in Deutschland extremer wird, ist somit nicht zutreffend. Vielmehr müssen die regionalen Details beachtet und differenziert bewertet werden39. Da sich die meisten Aussagen dieses Kapitels zur Veränderung von Extremereignissen in Deutschland auf die erwähnte Studie beziehen, soll in einigen Sätzen die dort verwendete Methode beschrieben werden. Es wurden stationsbezogene Messdaten der Lufttemperatur, des Niederschlages und des Windes in Deutschland für den Zeitraum 1901-2000 im Hinblick auf eine Änderung ihres Extremverhaltens analysiert. Um möglichst sichere Ergebnisse zu erhalten, wurden zwei verschiedene Methoden benutzt. Zum einen definiert die zeitlich gleitende Extremwertanalyse für einen Zeitraum feste Schwellenwerte. An die Zeitreihen 38 39 der Schwellenüber- und Unterschreitungen wurden im Folgenden zitiert mit Jonas et al 2005 JONAS et al. 2005 34 Häufigkeitsverteilungen angepasst, aus denen verschiedene Größen wie Wiederkehrzeit und Risiko abgeleitet wurden. Die zweite Methode ist die strukturorientierte Zeitreihenzerlegung, die basierend auf einer theoretisch zugrunde gelegten Verteilung nach zeitabhängigen Parametern der zugehörigen Wahrscheinlichkeitsdichte sucht. Hierdurch lassen sich Wahrscheinlichkeiten für das Unter- und Überschreiten von Schwellenwerten angeben.40 Es ist schwierig, den Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Extremereignissen und der globalen Erwärmung nachzuweisen, auch wenn viele physikalische Eigenschaften der Atmosphäre dafür sprechen. Einzelne Ereignisse - wie etwa der Hitzesommer 2003 oder die Elbeflut 2002 – machen noch keinen Klimawandel aus. Erst eine statistische Häufung der Extremereignisse im Zusammenhang mit der globalen Erwärmung könnten diese „Beweise“ erbringen. Da Extremereignisse per Definition sehr selten sind, bräuchte man dazu sehr lange Zeitreihen, die es bis heute nicht gibt. Vor diesem Hintergrund sind die Aussagen zu Extremereignissen im Zusammenhang mit Klimawandel mit Vorsicht zu interpretieren. 4.1.1 Starkregenereignisse Rein physikalische Überlegungen sprechen dafür, dass eine globale Temperaturzunahme zu höheren Niederschlägen führt. Wie bereits erwähnt haben höhere Lufttemperaturen eine Intensivierung des hydrologischen Wasserdampfkapazitäten und eine Kreislaufes, erhöhte einhergehend Verdunstung mit zur einer Folge. Erhöhung Der der absolute Wasserdampfgehalt der Luft steigt, während die relative Feuchtigkeit gleich bleibt. Die Niederschlagsintensität nimmt zu, da pro Ereignis mehr Wasser zur Verfügung steht. Die Abbildung 25 zeigt die prozentuale Veränderung von jährlichen Extremniederschlägen im Szenario A1B am Ende des 21. Jahrhunderts für den gesamten Globus. In weiten Teilen der Erde nimmt die maximale 5-Tages -Niederschlagsmenge und damit auch die Hochwassergefahr (vgl. Kapitel 4.1.2) zu. In Europa besteht dieser Trend vor allem für die Wintermonate. Starkregenniederschläge werden im globalen Mittel häufiger, während die Abstände zwischen den Niederschlagsereignissen wachsen. 40 Vertiefende Informationen zur Methodik dieses Ansatzes in Jonas et al 2005 Kapitel 4 und 6. 35 Abbildung 25 Prozentuale Änderung von jährlichen Extremniederschlägen im Szenario A1B. Jährlicher Extremniederschlag: maximale Niederschlagsmenge in einem 5-Tages-zeitraum innerhalb eines Jahres. Prozentuale Änderung 2071-2100 und 1961-1990. (M AX-PLANCK-INSTITUT FÜR METEOROLOGIE 2006:21) Für Deutschland wird laut JONAS et al. (2005) im Westen ein positiver Trend zur kürzeren Wiederkehrzeit von extrem hohen Niederschlagswerten in den Monatsdaten beobachtet. Im Osten Deutschlands sind hingegen längere Wiederkehrzeiten feststellbar. Da die Tagesdaten des Niederschlages sehr viel schwellenabhängiger sind als die Monatsdaten ist hierfür kein einheitlicher Trend feststellbar. Tendenziell nehmen die Tage mit extrem hohen Niederschlagssummen im Winter und im Herbst zu. Andere Publikationen sagen ebenfalls eine Zunahme von Starkniederschlägen voraus. Bei MALITZ et al. (2005) zeigt sich eine deutliche regionale und jahreszeitliche Differenzierung, wobei sich die stärksten Veränderungen für den Nordwesten Deutschlands und den Norden Baden-Württembergs ergeben. Außerdem konnte beobachtet werden, dass die Intensität der Niederschläge während eines Ereignisses zugenommen hat.41 Die schon in Kapitel drei herangezogene Studie des UBA von SPEKAT et al. (2007) kommt zu anderen Ergebnissen. Bei der Analyse der Zukunftsentwicklung von Starkregenereignissen wurde bei der Zahl der Tage mit Niederschlagsmengen über 25 mm keine wesentliche Veränderung simuliert. Auch bei den absoluten Tagesniederschlagsmaxima (> 25 mm) konnten keine sichtbaren Zu- oder Abnahmetendenzen im Verlauf des 21. Jahrhundert beobachtet werden. Die für diese Ergebnisse verwendete statistische Niederschlagssimulation hängt insbesondere bei den Extremen von einer Vielzahl physikalischer Prozesse ab, die in dem Regionalisierungsverfahren nicht umfassend simuliert werden können. Zusätzlich wurde mit diesen Verfahren die 5-TageNiederschlagssumme untersucht. Auch hier konnte kein einheitlicher Trend bei den verschiedenen Szenarien, beobachtetet werden. Es wäre sicherlich interessant, sich damit zu beschäftigen, 41 MALITZ et al. 2005 36 weshalb es in dieser Studie zu diesen Ergebnissen, die den globalen Trends entgegenstehen, kommt. Im Zusammenhang mit Starkniederschlägen können auch andere Gefahren auftreten, die Auswirkungen der Extremwerte sind. Eine starke Dependenz besteht zwischen dem Vorkommen von Starkregenereignissen und Überschwemmungen. Damit sind sowohl kurzzeitige lokale Überschwemmungen gemeint, die etwa durch die Überbeanspruchung der Kanalisation auftreten als auch Flusshochwasser. Durch extreme stündliche oder tägliche Maxima besteht insbesondere im Gebirge die Gefahr von Sturzfluten. Außerdem können Starkregenereignisse zu Murgängen, Berg- oder Erdrutschen führen. Diese Interdependenzen sollten bei der weiteren Vorgehensweise zum Thema Bevölkerungsschutz und Klimawandel verstärkt herausgestellt werden. 4.1.2 Hochwasser Generell schwankt die Wirkung von klimatischen Veränderungen auf Flüsse regional und innerhalb der Szenarien sehr stark. Im Allgemeinen folgen die Änderungen von Hochwassern den Niederschlagsentwicklungen innerhalb der Regionen. Im globalen Maßstab wird es zu einer Zunahme der Abflüsse in den hohen Breiten und Südostasien kommen und zu einer Abnahme im Mittelmeerraum, Südafrika und Australien. Projektionen über das Ausmaß schwanken gerade für die mittleren Breiten stark je nachdem, welches Szenario eingebracht und welche Methode verwendet wird. Für Deutschland sind die Angaben zur Veränderung von Hochwasserwahrscheinlichkeit und Intensität uneindeutig. Es wird in den meisten Veröffentlichungen von einem generell erhöhten Hochwasserrisiko ausgegangen. Durch eine Veränderung von Niederschlagscharakteristika kommt es zu Auswirkungen auf die Hochwasserwahrscheinlichkeit und Intensität. Folgt man den Entwicklungen der Niederschläge, ist für Deutschland mit einer Abnahme der Hochwasserwahrscheinlichkeit im Sommer und einer Zunahme der Wahrscheinlichkeit von Winterhochwassern zu rechnen. Allerdings haben auch andere Faktoren wie Schnee- oder Gletscherschmelze große Auswirkungen auf Hochwasserereignisse.42 Die prognostizierten milderen und feuchteren Winter in Deutschland haben ebenfalls einen Einfluss auf die Überschwemmungsgefahr in Deutschland. Der Niederschlag im Winter fällt häufiger und großflächiger in Form von Regen anstatt als Schnee. Damit entfällt die Verzögerung des Abflusses durch den Schnee, so dass der gesamte Niederschlag direkt in die Vorfluter abfließt. Im Winter ist der Boden meistens schon wassergesättigt oder feucht und dadurch natürlich versiegelt. Ebenfalls dadurch begünstigt, fließt das Wasser direkt ab und führt zu Abflussspitzen im Winter und im zeitigen Frühjahr.43 42 43 ZEBISCH et al. 2005 BERZ U. KRON 2005 37 Für den Rhein liegen einige Ergebnisse vor, die diesen Trend bestätigen. Es wird es eine Verlagerung des mittleren Jahresmaximums des Alpenregimes vom Sommer ins Frühjahr geben. Hier besteht dann die Gefahr einer Überlagerung des Alpenhochwassers mit Abflussspitzen aus den Mittelgebirgen44, 45 Ein anderer Aspekt innerhalb der Diskussion um den Zusammenhang von Klimawandel, Hochwasser und Starkregenereignissen ist die anscheinende Häufung von Sommerhochwassern (Elbe 2002, Oder 1997, 1999) auf Grund von zunehmender Häufigkeit von so genannten VbWetterlagen. Diese Wetterlage bringt oftmals heftige Niederschläge. Dass diese Wetterlagen tatsächlich häufiger geworden sind, lässt sich nicht nachweisen. Folgt man den Modellberechnungen kommt es in einem wärmeren Klima eher zu einer Abnahme der Häufigkeit dieser Wetterlagen, jedoch zu einer deutlichen Zunahme von Vb-Wetterlagen mit sehr starken Niederschlägen. Auch wenn diese Ergebnisse größtenteils nicht eindeutig und noch recht unsicher sind, besteht die Wahrscheinlichkeit von zunehmenden Überschwemmungen für Deutschland. Gerade das Wissen um eine Verschiebung von Abflussspitzen und Hochwasserereignissen in den Spätwinter/ ins Frühjahr kann für den Bevölkerungsschutz insbesondere die Katastrophennotfallhilfe von Bedeutung sein. Vermehrte und/oder intensivere Hochwasser haben weiterhin Auswirkungen auf verschiedene klimasensitive Systeme unter anderem auf das Transportwesen, Trinkwasserverfügbarkeit und -qualität aber auch die Gesundheit des Menschen und die Gesundheitsversorgung. 44 MOSER 2006 Weitere Studien gibt es auch für das Einzugsgebiet der Elbe W ECHSUNG et al. 2005 und für das Einzugsgebiet des oberen Mains in BARTH et al. 2004. 45 38 4.1.3 Hitzesommer und Dürren Mit steigernder Hochwassergefahr und der Zunahme von Niederschlagsmengen wächst weltweit gleichzeitig die maximale Dauer der Trockenperioden während eines Jahres. Besonders ausgeprägte Dürren wird es in niederen Breiten geben, aber auch Südeuropa wird stärker betroffen sein (vgl. Abbildung 26). Abbildung 26 Prozentuale Änderung von maximalen Trockenperioden im Szenario A1B. Maximale Trockenperiode: maximale Anzahl von aufeinander folgenden Tagen innerhalb eines Jahres mit Niederschlagsmenge unterhalb 1mm. Prozentuale Änderung 2071-2100 und 1961-1990. (Max-PlanckInstitut für Meteorologie 2006:21) Zusätzlich zu der Änderung des mittleren Niederschlags wird somit die Zunahme in den Extremen beider Vorzeichen simuliert. Die Starkregenniederschläge nehmen im globalen Mittel zu, während die Abstände zwischen den Ereignissen und damit die Trockenperioden ebenfalls wachsen.46 Für Deutschland werden zwei Trends relevant sein. Zum einen werden weite Teile Deutschlands von Hitzewellen betroffen sein, die sich vor allem auf die Gesundheit der Bevölkerung auswirken. Zum anderen wird es eine starke Verringerung des Wasserangebotes im Sommer geben, von der vor allem der Osten Deutschlands betroffen ist. Hitzewellen oder Hitzesommer bezeichnen eine längere Periode von sehr heißen Tagen. Die Untersuchung von SPEKAT et al (2007) zeigt, dass das Auftreten von sehr heißen Tagen nicht der einzige Stressfaktor sein wird, sondern ebenso das Auftreten dieser Tage in längeren Serien. Insbesondere Hitzeperioden, die 2 – 5 Tage andauern werden 2071-2100 2 bis 3 mal häufiger sein im Vergleich zum Beobachtungszeitraum 1961-1990. Wenn es Tage mit Höchsttemperaturen über 46 Max-Planck-Institut für Meteorologie 2006 39 30°C gibt, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie in längeren Serien auftreten47 (Vergleich Abbildung 27Abbildung 28) Abbildung 27 Häufigkeitsverteilung der Länge von Perioden, in denen der Schwellenwert der Tageshöchsttemperaturen von 30°C (35°C) überschritten wird. Zähleinheit ist die Anzahl pro Dekade. Kontrolllaufperiode 1961-1990 und das Szenario A1B 2071-2100. (SPEKAT et al. 2007: 57) Abbildung 28 Veränderung der Wahrscheinlichkeit dafür, dass mehr als 6/10/16 Hitzetage in Karlsruhe eintreten. (JONAS et al 2005: 123) Als Beispiel für einen Hitzesommer wie er im nächsten Jahrhundert öfter auftreten kann, wird häufig der Sommer 2003 genannt. In Deutschland ist er seit 1761 mit einem Temperaturwert von 19,6°C ohne Beispiel. Dieser Wert ist um 3,4°C höher als der Mittelwert der Vergleichsperiode 1961-1990. 47 SPEKAT ET AL. 2007 40 Die Wahrscheinlichkeit dieser Hitzesommer ist im Beobachtungszeitraum (1901-2003) stark angestiegen, insbesondere in den letzten Jahrzehnten. Es ist demnach in der Zukunft nicht nur mit häufigeren Extremereignissen in Form von Hitze zu rechnen, sondern auch mit extremeren Bedingungen während dieser Ereignisse48 Wie in Abbildung 26 gezeigt, werden neben den Hitzewellen ebenfalls die Trockenperioden an Intensität und Häufigkeit zunehmen. Betrachtet man noch einmal die Ergebnisse der Niederschlagsmodellierungen, wie sie in Kapitel 3 dargestellt sind, wird deutlich, dass sich auch Deutschland auf längere Trockenperioden einstellen muss. Der bisher beobachtete Trend zu heißen Sommern mit großer Trockenheit wird sich für Europa weiter fortsetzen. Gerade für die Länder Südeuropas bedeutet das höhere Gefahren von verheerenden Waldbränden und Probleme in der Wasserversorgung. In Deutschland ist besonders Brandenburg durch künftige Trockenheit und Dürren gefährdet. Schon in jüngster Zeit ist eine deutliche Abnahme der Jahresniederschläge beobachtet, worden mit einer zusätzlichen Verschiebung von Niederschlagstagen vom Sommer in den Winter. Bis 2050 werden Teile des Elbeeinzuggebietes mit weiteren Niederschlagsabnahmen rechnen müssen. Einzelne Regionen werden weniger als 400 mm Niederschlag erhalten. Besonders für die Grundwasserbildung wird diese Abnahme problematisch sein. Da im Sommer gleichzeitig die Temperaturen steigen und die Sonnenscheindauer zunehmen wird, besteht die Gefahr des Austrocknens der Böden und die Gefahr von Dürren.49 Die Auswirkungen von Hitzewellen aber auch Dürren auf die Bevölkerung werden in Deutschland in der Zukunft größer werden. Besondere Folgen ergeben sich für die Gesundheit des Menschen, weshalb dieses Thema in Kapitel 5.3 auch noch einmal aufgegriffen wird. Sowohl Trockenheit als auch große Hitze haben überdies Auswirkungen auf mehrere klimasensitive Systeme wie zum Beispiel das Transportsystem durch verringerte Schiffbarkeit der Flüsse oder die Energieversorgung durch höhere Wassertemperaturen und die Verfügbarkeit von Kühlwasser. 48 49 SPEKAT et al. 2007 Weitere Informationen zu Dürren und zur Wasserversorgung in Brandenburg GERSTENGARBE et al. 2003 41 4.1.4 Waldbrand Für den Bevölkerungsschutz relevant ist die Waldbrandgefahr. Modellrechnungen über das Waldbrandrisiko für die Bundesländer Baden-Württemberg und Brandenburg von 2000 – 2050 zeigen für Brandenburg ein stark erhöhtes Risiko, Insbesondere im Süden des Landes wird die Waldbrandgefahr erhöht sein. Die tatsächliche Waldbrandfläche wird sehr stark von den durch die Forstwirtschaft ergriffenen Präventionsmaßnahmen abhängen. (Vgl. Abbildung 29) Abbildung 29 Veränderung der Waldbrandgefahr in Deutschland (Waldbrandindex) bis 2080 auf der Baisis verschiedener Szenarien. (ZEBISCH et al. 2005: 93) 4.1.5 Stürme Wie in Abbildung 24 zu erkennen ist, besteht laut IPCC Bericht 2007 eine Wahrscheinlichkeit von mehr als 66%, dass die Intensität von tropischen Zyklonen zunehmen wird. Diese Ergebnisse verwundern nicht, wenn man sich an die Hurrikan-Häufigkeit 2004 und 2005 zurück erinnert. Die starken Zerstörungen in den USA haben erneut die Frage aufgeworfen, welcher Zusammenhang zwischen der globalen Erwärmung und verstärkter Hurrikane- Aktivität besteht. Durch den Anstieg der Meeresoberflächentemperaturen und einem höheren Wasserdampfgehalt der Atmosphäre kommt es zu einer verstärkten Intensität der Hurrikane, während die Häufigkeit gleich bleiben wird. Auf weitere Zusammenhänge kann an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden. Für den 42 Bevölkerungsschutz in Deutschland, insbesondere die reaktive Seite, ist dieser Aspekt jedoch in der Hinsicht relevant, dass aus Ereignissen wie „Katrina“ 2005 in New Orleans für vergleichbare Ereignisse, wenn auch keine Hurrikane, gelernt werden kann. An diesem Beispiel ist gut ersichtlich, dass die steigende Intensität eines Ereignisses große Anforderungen an Katastrophenschutz und Katastrophenhilfe stellt. In diesem Bereich sollte weiterhin erarbeitet werden, mit welchen neuen Anforderungen an den Bevölkerungsschutz diese Zusammenhänge einhergehen. Ebenfalls interessant ist die Diskussion um die Entwicklung der außertropischen Stürme. Immer wieder werden Ereignisse wie der Sturm „Lothar“ 1999 aber auch „Kyrill“ im Januar 2007 mit dem Klimawandel in Verbindung gebracht. Es gibt zurzeit keine gesicherte wissenschaftliche Erkenntnis über eine Zunahme von Stürmen außerhalb der Tropen. Ein wesentlicher Grund liegt dabei im Fehlen von langfristigen Beobachtungsdaten. Mit Hilfe des WETREG Verfahrens wird das Tagesmittel der Windgeschwindigkeit untersucht. Das simulierte Klimasignal ist jedoch zu schwach, um abschließende Einschätzungen über zukünftige Trends treffen zu können. Laut dieser Studie liegt ein schwacher Hinweis auf eine Abnahme des Windmittels im Laufe des 21. Jahrhunderts vor.50 Auch die zwei verschiedenen Methoden der Studie von JONAS et al (2005) kommen zu dem Ergebnis, dass es nicht möglich ist, allgemeingültige Aussagen zu treffen. Sie sehen jedoch im Gegensatz zum WETTREG Verfahren einen Anhaltspunkt für die Zunahme der Wahrscheinlichkeit von extrem hohen täglichen Windmaxima im Winter und eine tendenzielle Abnahme im Sommer. 51 4.2 Veränderungen des Meeresspiegels Es gibt verschiedene Faktoren, die den Meeresspiegel beeinflussen. Zum einen tragen Volumenänderungen durch die Änderung der Dichte des Wassers und Volumenänderungen der kontinentalen Eisschilde und Gletscher zur Änderung des Meeresspiegels bei. Gleichzeitig beeinflusst eine Änderung der Ozeanzirkulation ebenfalls die Stabilität des Meeresspiegels. Auf regionaler Ebene wird der Meeresspiegel zusätzlich durch geologische Prozesse wie tektonische Hebungen oder Senkungen beeinflusst. Historische Aufzeichnungen zeigen, dass der globale Meeresspiegel seit 1870 gestiegen ist. Projektionen des mittleren globalen Anstiegs des Meeresspiegels für den Zeitraum 2090-2100 liegen für das niedrigste Szenario bei 19-37cm und für das höchste Emissionsszenario bei 26-58cm. Für eine zukünftige Entwicklung ist von Bedeutung, dass der Meeresspiegel sehr träge auf Veränderungen reagiert. Damit geht einher, dass auch nach einem vollständigen Emissionsstopp der Meeresspiegel noch über viele Jahrhunderte ansteigen wird. Unsicherheitsfaktoren bei Angaben zum Meeresspiegelanstieg sind die grönländischen und antarktischen Eisschilde. Es ist nicht auszuschließen, dass die grönländischen Schilde bei einer dauerhaften Erwärmung um etwa 3°C komplett abschmelzen, wodurch sich der Meeresspiegel um weitere 7m heben würde.52 50 SPEKAT et al. 2007 JONAS et al. 2005 52 IPCC 2007 51 43 5 Folgen für klimasensitive Systeme im Hinblick auf den Bevölkerungsschutz Ein Ziel dieses Berichtes war es, die Grundlagen zum Thema Klimawandel zusammenzufassen. In einem weiteren Schritt muss nun überlegt werden, welche Auswirkungen der Klimawandel – beziehungsweise die Folgen des Klimawandels – auf die Bevölkerung haben. Dazu werden die wichtigsten klimasensitiven Systeme in Deutschland identifiziert und versucht, die Bedeutung der Änderungen des Klimas für die jeweiligen Systeme herauszustellen. Ansatzweise wird dann die Relevanz dieser Veränderungen für den Bevölkerungsschutz in Deutschland analysiert. Dieses Kapitel kann nur einen groben Überblick über viele verschiedene Themen bieten. Es ist sicherlich sinnvoll, jedes einzelne dieser Themenfelder genauer zu betrachten. 5.1 Wasserhaushalt, Wasserwirtschaft und Wasserversorgung Das Thema Wasser nimmt im Zusammenhang mit Klimawandel eine besondere Stellung ein. Zum einen wird Wasser als Element in seinem Vorkommen und seiner Qualität durch den Klimawandel stark beeinflusst und zum anderen beeinflusst es wie kein anderer Faktor alle klimasensitiven Systeme direkt oder indirekt. Über den klimasensitiven Parameter Wasser bestehen somit starke Interdependenzen zwischen den verschiedenen klimasensitiven Systemen. Wasser wird in diesem Zusammenhang auch für den Bevölkerungsschutz als zentraler Parameter herausgestellt. Eine Veränderung des Wasserhaushaltes hat Auswirkungen auf alle klimasensitiven Systeme. Diese Auswirkungen werden in den entsprechenden Abschnitten näher erläutert. In diesem Kapitel sollen zum einen die Verflechtungen verschiedener Bereiche über das Thema Wasser betont werden und zum anderen die Auswirkungen auf Betroffene im Bereich der Wasserwirtschaft und Wasserversorgung herausgestellt werden. Da nicht immer eine klare Abgrenzung zu anderen klimasensitiven Bereichen sowie zu den in vorhergehenden Kapiteln beschriebenen Veränderungen des Wasserhaushaltes zu ziehen ist, nimmt dieser Abschnitt über den Bereich Wasser eine gesonderte Stellung ein. Beispielhaft für die angesprochenen Verflechtungen des Themas Wasser mit anderen Themen seien hier kurz drei Beispiele angesprochen, die in den folgenden Unterkapiteln noch näher ausgeführt werden. Zum einen wird durch eine Veränderung des Wasserhaushaltes und einer damit einhergehenden Änderung der Flussregime das klimasensitive System Transportwesen beeinträchtigt, indem sich die Schifffahrt auf veränderte Hoch- und Niedrigwasserstände einstellen muss. In Extremsituationen (extremem Hoch- oder Niedrigwasser) muss die Schifffahrt ganz eingestellt werden, wodurch weitere Folgen für andere Sektoren entstehen. Andere Zusammenhänge bestehen beispielsweise mit dem Bereich Wasser und dem Gesundheitssystem beziehungsweise der Gesundheit der Bevölkerung. Hier verursacht eine verminderte Wasserqualität Gesundheitsschäden, die die Gesundheitsversorgung als kritische Infrastruktur aber auch die Gesundheit der Menschen direkt betreffen können. Als weiteres Beispiel ist im nächsten Kapitel aufgeführt, wie die Verfügbarkeit und Temperatur von Kühlwasser die Energieversorgung beeinflusst. Eine weitere Schwierigkeit der Analyse des Sektors Wasser und der Auswirkungen auf verschiedene Systeme ist der regional und sektoral sehr unterschiedliche Bedarf an Wasser. Er richtet sich nach 44 dem Grad der Besiedelung, der Industrialisierung und den regionalen klimatischen Bedingungen. In Abbildung 30 sind die verschiedenen Abhängigkeiten von Wasser der unterschiedlichen Sektoren dargestellt. Auffallend ist der hohe Anteil des Verbrauchs der Energiewirtschaft. Abbildung 30 Entnahme von Wasser aus der der Natur in Deutschland 2001 (ZEBISCH et al. 2005:49) Durch den Klimawandel bedingte Veränderungen des Wasserhaushaltes sind unter anderem Veränderungen in Angebot und Nachfrage nach Wasser aber auch Extremereignisse wie Hochwasser oder Dürren. Das Wasserangebot ist direkt abhängig von der Niederschlagsmenge wie es in Kapitel 3.2 beschrieben ist. Weitere Faktoren sind neben den verschiedenen physikalischen Faktoren auch soziale Faktoren. So können etwa sinnvolle Wasserkontrollfunktionen oder Wasserspeicherungssysteme das Angebot mitbestimmen.53 Für Deutschland sind die Angaben teilweise noch uneindeutig. Ein Trend wird dahingehen, dass die Veränderungen je nach Jahreszeit sehr unterschiedlich ausfallen und große regionale Unterschiede aufweisen werden. (Vergleich Kapitel 3.2). Besonders relevant werden die vermehrten und intensiveren Trockenperioden, vor allem im Osten Deutschlands, sein. Auch wenn zurzeit die bundesweiten Vorräte an Wasser in Gesamtdeutschland als ausreichend angesehen werden, kommt es jedoch in Regionen mit einer ungünstigen Wasserbilanz wie zum Beispiel in Brandenburg immer wieder zu Wasserknappheit.54 Inwieweit diese Wasserknappheit in einzelnen Regionen den Bevölkerungsschutz betreffen, ist noch unklar, es sollte jedoch vielleicht gerade für diese Region eine tiefer gehende Analyse durchgeführt werden. Ein geringeres Wasserangebot durch zurückgehende Niederschläge und eine höhere Verdunstung im Sommer kann zu einer Absenkung des Grundwasserspiegels, sinkenden Wasserständen in Flüssen und Seen und damit zu Problemen bei der Wasserverfügbarkeit, aber auch zu einer Verschlechterung der Wasserqualität führen. Welche Ausmaße ein solcher Verlust an Wasserqualität haben kann, ist nicht sicher. Generell ist die Gefährdung einer Verschmutzung des 53 54 IPCC 2001a ZEBISCH et al 2005 45 Trinkwassers mit gesundheitlichen Folgen für die Bevölkerung bei steigenden Wassertemperaturen und niedrigeren Wasserständen erhöht.55 Die im Sommer generell höhere Nachfrage nach Wasser wird sich auf Grund der prognostizierten Trends noch erhöhen, ist indessen zusätzlich noch von weiteren sozioökonomischen Faktoren abhängig. Es gibt mehrere Studien für die USA und Großbritannien über die Auswirkungen eine Temperaturerhöhung auf den privaten Wasserverbrauch. Die Ergebnisse deuten auf einen überproportionalen Anstieg der Nachfrage in den Sommermonaten hin. Auch im industriellen Sektor ist bei einer globalen Erwärmung mit einem Anstieg der Nachfrage zu rechnen. Eine Erhöhung der Wassertemperaturen in Flüssen und Seen reduziert die Wirkung von Kühlsystemen mit der Folge eines erhöhten Bedarfs an Kühlwasser. Eine hohe Relevanz für den Bevölkerungsschutz neben den Auswirkungen der Trockenperioden auf Wasserverfügbarkeit haben die die Auswirkungen der Extremereignisse. Die Entwicklung verschiedener Extremereignisse und die Bedeutung für den Bevölkerungsschutz wurden bereits in Kapitel 4.1 erläutert. Weitere Folgen aus diesen Ereignissen ergeben sich jedoch auch wiederum für den Bereich Wasser wie etwa die Trinkwasserversorgung oder Entwässerungssysteme. So kann es etwa bei vermehrten Starkregenereignissen zu Problemen bei der Siedlungsentwässerung kommen, da die Dimensionierung der Kanalisation auf Parametern basiert, die anhand von Zeitreihen aus zurückliegenden Zeiträumen abgeleitet wurde.56 Von diesen Veränderungen von Angebot und Nachfrage nach Wasser und den vermehrten Extremereignissen sind alle Bereiche der Wasserwirtschaft betroffen. So werden die Wasserversorger als kritische Infrastrukturen vor neue Probleme im Zusammenhang mit veränderter Wasserverfügbarkeit gestellt. Diese Probleme sind durch die Umsetzung sinnvoller Anpassungsstrategien durchaus lösbar. So ist sicherlich ein wichtiger Aspekt, die Unternehmen schon heute auf sich ändernde Bedingungen einzustellen, da in diesem Punkt noch erhebliche Defizite vorhanden sind. Durch eine planerischen Vorsorge könnten größere Katastrophen vermieden werden. Der Klimawandel wird erhebliche Herausforderungen an die Ausgestaltung der Wasserinfrastruktursysteme stellen. Einschränkungen bei der Wasserverfügbarkeit, zunehmende Starkniederschläge als Probleme für Entwässerungssysteme und eine Verschärfung der Hochwassergefahr sind die wichtigsten Veränderungen.57 55 GERSTENGARBE ET AL 2003 HILLENBRAND U. HISSEL 2006 57 HILLENBRAND U. HISSEL 2006 56 46 5.2 Energieversorgung Geht es um den Zusammenhang zwischen Klimawandel und Energie, so tauchen in den Medien immer wieder Themen auf wie Energiesparen, die Verbrennung fossiler Energieträger als Ursache der globalen Erwärmung oder Möglichkeiten zur Verminderung des CO2 Ausstoßes. Diese Themenkomplexe sind sicherlich als Beitrag zur Lösung allgemeiner Probleme den Klimawandel betreffend wichtig, stellen jedoch für den Bevölkerungsschutz keine Handlungsfelder dar. Der Klimawandel hat jedoch ebenfalls Auswirkungen auf die kritische Infrastruktur Energieversorgung. Hierbei geht es sowohl um unterschiedliche Entwicklungen im Bereich von Energieangebot aber auch um die Veränderung von Nachfragestrukturen. Die Elektrizitätswirtschaft wird demnach sowohl durch die Elektrizitätsübertragung und –verteilung, als auch durch die Nachfrage beeinflusst. Besonders thermische Kraftwerke sind durch höhere Flusstemperaturen in den Sommermonaten betroffen. Die Wärmeaufnahmekapazität der Gewässer wird vermindert, so dass auf Grund wasserrechtlicher Regelungen die Leistung in Zukunft erwartungsgemäß verringert werden muss.58 Des Weiteren wird nicht nur die Temperatur des Kühlwassers beeinflusst, sondern ebenfalls die Verfügbarkeit des Wassers. So werden in Zukunft die Flüsse Isar, Würm, Inn und Rhein als gletschergespeiste Flüsse langfristig wahrscheinlich besondere Probleme mit der Verfügbarkeit von Kühlwasser bekommen.59 Es zeigen sich deutliche Verflechtungen der Sektoren Energieversorgung und Wasserversorgung. Ein Grund für diesen Zusammenhang ist der hohe Anteil des Kühlwassers (~ 56%) an dem gesamten Wasseraufkommen Deutschlands, der für die öffentlichen Energieversorger genutzt wird (Vergl. Abbildung 30). Somit hat eine Veränderung von Wasserangebot und –qualität direkte Auswirkungen auf die Energieversorgung. Als Beispiel dient der Hitzesommer 2003, währenddessen es Einschränkungen bei Wärme-, Wasserkraft- und Atomkraftwerken auf Grund von Wasserknappheit gab.60 Neben der Wasserknappheit spielen insbesondere für Gasturbinenkraftwerke höhere Lufttemperaturen eine Rolle für Veränderungen in Wirkungsgradverschlechterung bei der der Energieversorgung Elektrizitätserzeugung. und zwar Neben den durch eine beschriebenen Auswirkungen durch extreme Hitze und Wassermangel ist die Elektrizitätsübertragung und – verteilung von den Änderungen hinsichtlich Frequenz und Magnitude wetterbedingter Extremereignisse betroffen. Verschiedene Ereignisse wie starke Stürme, Hochwasser, Gewitter, Eis und Schnee können Leitungsnetze beeinträchtigen und Störungen hervorrufen. Generell wird bei vermehrten Extremwetterereignissen auch von einer erhöhten Ausfallwahrscheinlichkeit 61 ausgegangen. Der Klimawandel wird neben den beschriebenen Veränderungen ebenfalls Auswirkungen auf die Nachfrage nach Energie haben. Als wichtigster Einflussfaktor gelten wiederum die erhöhten Temperaturen im Sommer. Es wird ein erhöhter Bedarf an Energie durch vermehrte Nutzung von Klimaanlagen und anderen Kühlanlagen erwartet. Des Weiteren stehen die Energieversorger nicht nur einem höheren Gesamtverbrauch im Sommer gegenüber, sondern wahrscheinlich - zum Beispiel durch die Verlegung von Kernarbeitszeiten - auch einer veränderten Nachfragestruktur 58 SCHUCHARDT U. SCHIRMER 2006 HILLENBRAND U. HISSEL 2006 60 ZEBISCH ET AL. 2005 59 47 durch die Bevölkerung62. Im Winter wird die Nachfrage nach Energie eher sinken, da mit milderen Wintern zu rechnen ist. Generell kann die durch diese Veränderungen erhöhte Ausfallwahrscheinlichkeit durch optimale Anpassungsstrategien wieder reduziert werden. Durch verschiedene Handlungsoptionen wie die Investition in Forschung zu Betroffenheit und Anpassung, das Erkennen von Betroffenheit, die Zusammenarbeit mit verschiedenen Energieversorgern und ein sinnvolles Lastenmanagement kann die Verwundbarkeit gegenüber den Folgen des Klimawandels reduziert werden.63 Da jede Energieart ihre eigene ganz spezifische Betroffenheit hat, wäre es sicherlich sinnvoll diese einzeln genauer zu untersuchen. Dahingehend könnten Handlungsempfehlungen ausgesprochen werden wie Unternehmen sich diesen Veränderungen anpassen können, zum Beispiel durch ein möglichst breites Spektrum an Energiearten. Am deutlichsten von allen Energiearten wird die Wasserkraft durch den Klimawandel beeinflusst. Auch hier wird wiederum der Zusammenhang mit dem Sektor Wasserversorgung deutlich, wenn es um die enorme Empfindlichkeit der Wasserkraft im Hinblick auf die zeitliche und räumliche Verteilung von Niederschlägen geht. Eine Verminderung der Abflüsse der größeren Flüsse hat einen direkten negativen Einfluss auf die Energieversorgung, während es zu einer Verschiebung der maximalen Abflussraten vom Winter ins Frühjahr kommt.64 Die wichtigste Frage die weiterhin untersucht werden sollte, ist die nach Auswirkungen auf Störungen oder Ausfall der Energieversorgung. Sollten nachfolgende Ergebnisse eine erhöhte Ausfallmöglichkeit bestätigen, wäre es sicherlich sinnvoll die daraus entstehenden Folgen – zum Beispiel für Krankenhäuser – zu untersuchen. Bei der Literaturrecherche wurde deutlich, dass es bisher sehr wenig Material zum Thema Klimawandel und Energieversorgung gibt. Dies wird durch verschiedene Anmerkungen in der vorhandenen Literatur bestätigt, die zum Beispiel von einer Wissenslücke im Bereich Energieversorgung sprechen65. Im Projektbericht der Studie KLARA (Baden-Württemberg) wird etwa von mangelnder Kooperationsbereitschaft der Kraftwerksbetreiber gesprochen66. Nicht nur der Klimawandel verändert das Angebot und die Nachfrage nach Energie. Im Zuge des globalen Wandels verändern sich Nachfragemuster ständig. Auch derartige Entwicklungen sollten in eine Analyse mit einbezogen werden, um Energieversorgung und Klimawandel zu erhalten. 61 62 ROTHSTEIN 2006 ROTHSTEIN 2006 63 ROTHSTEIN (o.J.) IPCC 2001b 65 ZEBISCH ET AL. 2005 66 STOCK 2005a 64 48 eine ganzheitliche Sichtweise zum Thema 5.3 Gesundheit Das Klima beeinflusst die menschliche Gesundheit direkt und indirekt. Direkte Auswirkungen sind unmittelbare Folge von Klima- oder Wetterzuständen, insbesondere von hitzebedingten Extremen auf den menschlichen Organismus. Indirekt wirkt sich das Wetter auf die menschliche Gesundheit durch die Veränderung des Verbreitungsgebietes und Infektionspotentials von Krankheitsüberträgern aus. Darüber hinaus haben Extremereignisse erhebliche Auswirkungen auf die Gesundheit.67 Sowohl die direkten als auch die indirekten Auswirkungen haben Bedeutung für den Bevölkerungsschutz in Deutschland. In welchem Ausmaß diese Themenbereiche für den Bevölkerungsschutz relevant sind, ist nicht sicher, die Folgen des Klimawandels beeinflussen jedoch unter anderem die Gesundheitsversorgung als kritische Infrastruktur und die Gesundheit des Menschen allgemein, die es zu schützen gilt. Des Weiteren ist es noch ungewiss wie sich die Übertragung von Vektorkrankheiten entwickelt. Die Unsicherheit im Hinblick auf die Probleme die durch den Klimawandel für die Gesundheit des Menschen entstehen, ist recht hoch, da viele verschiedene Faktoren in die Prognose mit einbezogen werden müssen. So können zum Beispiel heute noch keine Aussagen darüber getroffen werden, wie die Bevölkerung mit den Risiken umgehen wird und welche Anpassungsstrategien umgesetzt werden. Eine mögliche Abfolge von Unsicherheiten bei der Beurteilung von Gesundheitsrisiken bei der Klimaänderung ist in Abbildung 31 dargestellt, während Abbildung 32 die Wirkungspfade einer Klimaänderung auf die Gesundheit des Menschen zeigt. Abbildung 31 Die Abfolge von Unsicherheiten bei der Beurteilung der Gesundheitsrisiken bei einer Klimaänderung (JENDRITZKY 1998:3) 67 BENISTON 2002 49 Abbildung 32 Wirkungspfade einer Klimaänderung auf die Gesundheit des Menschen. (JENDRITZKY 1998: 4) Es gibt zwar recht viel Material zu den weltweiten Folgen einer globalen Erwärmung auf die menschliche Gesundheit, dass größtenteils durch die WHO herausgegeben wurde. Auf Deutschland bezogen ist die Gesundheit aber häufig lediglich ein Teilaspekt unter vielen, oder es wird ein sehr spezieller Teilaspekt untersucht. Auf Basis der verfügbaren Studien und neuen Erkenntnisse sollte ein Überblick zusammenfasst. geschaffen werden, der die verschiedenen Ergebnisse für Deutschland 68 Hitzewellen In Kapitel 4.1.3 wird beschrieben, wie sich die Wahrscheinlichkeiten für Hitzewellen in Deutschland verändern. Durch eine Zunahme der Tage mit extrem hohen Temperaturen und der steigenden Wahrscheinlichkeit, dass diese Tage in Serie auftreten, gehen nachteilige gesundheitliche Effekte auf die Bevölkerung aus. Ein wichtiges Thema, sowohl in den Medien als auch in der Bevölkerung, ist die steigende Mortalität im Zusammenhang mit thermischer Belastung. Der Zusammenhang zwischen Lufttemperatur und Zahl der Todesfälle ist durch zahlreiche Studien nachgewiesen. Gerade die Zahl der Herz-Kreislauf und Atemwegserkrankungen und die damit verbundene Mortalitätsrate zeigen eine hohe Korrelation 68 Ein kurzer Überblick über Literatur zum Thema Gesundheit und Klimawandel in Deutschland in ZEBISCH et al 2005 S. 126. Führende Autoren dazu sind: G. Jenditzky und Ch. Koppe 50 zur sommerlichen Hitzebelastung. Weitere Faktoren, die häufig zeitgleich mit der Hitze auftreten und den menschlichen Organismus belasten sind hohe Luftfeuchtigkeit und eine intensive Sonneneinstrahlung. Besonders betroffen sind ältere Menschen, Neugeborene und bereits erkrankte Personen. Bei einer Betrachtung der Mortalitätsrate, wie sie in Abbildung 33 dargestellt ist, muss beachtet werden, dass es sich zu einem gewissen Prozentsatz um vorweggenommene Todesfälle handelt. Der Tod tritt häufig bei schon erkrankten Personen ein, bei denen der Zeitpunkt des Todes um eine kurze Zeitspanne vorweggenommen wurde. Dementsprechend sinkt die tägliche Todesrate in der Folgezeit um einige Prozentpunkte.69 Abbildung 33 Mittlere Hitzewelle (+/- 30 Tage) aus 9 Extremereignissen in Baden-Württemberg (10,7 Mio. Einwohner) zwischen 1968 und 1997. Basislinie: standardisierte Normalbedingungen (Erwartungswert). (KOPPE et al 2003:160) Eine besondere Gefährdung kommt den städtischen Räumen, insbesondere Großstädten zu, da es sich hier um so genannte städtische Wärmeinseln handelt und die Auswirkungen der Hitze deutlicher zu spüren sind. Städte kühlen in den Nächten weniger stark ab als der suburbane oder ländliche Raum, wodurch eine zusätzliche Belastung hervorgerufen wird. Es gibt Hinweise, dass eine Hitzewelle gleicher Intensität im Frühjahr größere Auswirkungen hat als im Spätsommer, wenn die Menschen akklimatisiert sind.70 Neben einer erhöhten Mortalitätsrate wird die Hitzebelastung auch Krankheiten verursachen oder Gesundheitszustände verschlechtern. Hier wird vor allem wieder von Herz-Kreislauf und Atemwegserkrankungen ausgegangen. Zusätzlich zu dieser Belastung der erhöhten Krankheits- und Todesfälle wird es laut IPCC Bericht (2001b) mehr nichttödliche Unfälle geben. Insbesondere wird 69 70 JENDRITZKY 1998 KOPPE ET AL. 2003 51 mit mehr Verkehrs- und Arbeitsunfällen gerechnet. Es ist eine interessante Frage, inwieweit sich diese Veränderungen auf die Gesundheitsversorgung auswirken. Es sollte in einem weiteren Schritt überprüft werden, welche Probleme sich hier für den Bevölkerungsschutz insbesondere die kritische Infrastruktur Gesundheitsversorgung stellen. Neben den extremen Hitzewellen wird auch die die Erhöhung der Durchschnittstemperatur Auswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung haben. Abweichungen der Durchschnittstemperaturen nach oben oder nach untern von einer regional verschiedenen optimalen Temperatur haben immer eine Zunahme der Sterblichkeit zur Folge.71 In verschiedenen Studien72 wird davon gesprochen, dass Deutschland, auch im Vergleich zu anderen Ländern eher unvorbereitet ist. Als eine Anpassungsmaßnahme werden Hitzewarnsysteme genannt, wie es sie seit 2004 in Baden-Württemberg gibt.73 Im Rahmen dieser Arbeit war eine Beschäftigung mit dieser Art der Vorsorgestrategie leider nicht möglich. Weitergehende Überlegungen zur Anwendung solcher Warnsysteme in den Risikogebieten in Deutschland sollten angestellt werden. Gleichzeitig können andere Vorsorgemaßnahmen getroffen werden, wie eine angepasste Bauweise und die Installation von Kühlungssystemen in Gebäuden. Ein erster Schritt wäre es, die Risikogebiete explizit zu identifizieren und die dortigen Einrichtungen mit den Risiken zu konfrontieren. Wie in den vorhergehenden Kapiteln beschrieben wird es neben der Zunahme extrem heißer Tage außerdem zu einer Abnahme von Frosttagen kommen. Die Mortalität wird im Winter, einhergehend mit einem Temperaturanstieg, abnehmen. Welche Effekte auf das Jahr hochgerechnet überwiegen – eine Zunahme der Mortalität im Sommer oder eine Abnahme der Sterblichkeit im Winter -, ist bis jetzt nicht mit Sicherheit zu beantworten. Extremereignisse Auch wenn es bezüglich dieser Aussagen große Unsicherheiten gibt, sollte, wie in Kapitel 4 beschrieben, in Deutschland mit vermehrten wetterbedingten Extremereignissen gerechnet werden. Im Zuge dieser Katastrophen kommt es zu direkten Auswirkungen dieser Ereignisse auf die Gesundheit des Menschen durch Sterbefälle. Die indirekten Folgen gerade der komplexen Extreme wie Hochwasser, Stürme oder Dürren auf den Bereich Gesundheit sind schwierig zu bestimmen, da diese stark von dem jeweiligen Ereignis abhängig sind. Generell wird die Gesundheitsversorgung als kritische Infrastruktur bei der Zunahme von wetterbedingten Extremereignissen häufiger mit Problemen konfrontiert sein. Der IPCC Bericht fasst die gesundheitlichen Folgen von Extremereignissen folgendermaßen zusammen74 • Physische Verletzungen • Verschlechterung der Ernährungssicherheit 71 JENDRITZKY 1998 unter anderem ZEBISCH et al. 2005 73 Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg 2004 74 IPCC 2001b 72 52 • Höhere Gefahr der Infektion mit Krankheiten (Atemwegserkrankungen, Durchfallerkrankungen) • Auswirkungen auf die mentale Verfassung • Erhöhtes Risiko von Krankheiten als Folge der Unterbrechung oder Störung der Wasserversorgung • Freisetzung von gefährlichen Chemikalien in Gewässer Gerade im Hinblick auf diese Auswirkungen wird ein klarer Bezug zum Bevölkerungsschutz deutlich. Bei einer weitergehenden Beschäftigung könnte man vielleicht einen engeren Bezug der Themen wetterbedingter Extremereignisse und Gesundheit anstreben, indem man einzelne Ereignisse und die damit verbundenen Folgen für verschiedene für den Bevölkerungsschutz relevante Bereiche betrachtet. Infektionskrankheiten Das Klima spielt bei der Populationsdynamik und Verbreitung von Zwischenwirten (Vektoren) von Krankheitserregern und für das Auftreten von wasser- und Nahrungsmittelübertragenen Infektionen eine dominierende Rolle. Die wichtigsten Überträger sind Insekten wie Zecken und Nagetiere. Diese Organismen regulieren ihre Körpertemperatur nicht selbst und sind deshalb abhängig von den klimatischen Faktoren ihrer Umgebung. Durch einen Temperaturanstieg in der Verbindung mit viel Feuchtigkeit können sich die meisten Vektoren besser entwickeln. Ihr Überleben wird durch reduzierte Niederschläge gleichzeitig stark eingeschränkt. Je nach Art des Überträgers und Erregers sind die optimalen Temperaturen und Feuchtigkeitsverhältnisse Infektionskrankheiten für unterschiedlich.75 Deutschland ist somit Eine nicht verallgemeinernde sinnvoll. Zur Aussage über Veränderung der Verbreitungsstrukturen von Infektionskrankheiten durch eine Klimaänderung gibt es viele verschiedene Studien. Diese konnten in dem hier angelegten Rahmen jedoch nicht bearbeitet werden.76 Eine nähere Beschäftigung mit diesem Thema ist auf jeden Fall sinnvoll und auch für den Bevölkerungsschutz relevant, da ein gewisses, zurzeit noch nicht quantifizierbares Risiko von Epidemien bestehen könnte. Bei den vektorübertragbaren Krankheiten steht in Deutschland die Gefahr der durch Zecken übertragenen Krankheiten Meningoenzephilitis (FSME) und Lyme-Borreliose im Vordergrund. Für beide Erkrankungen konnte in den letzten Jahren ein deutlicher Anstieg der Erkrankungszahlen registriert werden. Aus diesen Daten ist zu folgern, dass die Infektionsgefahr für FSME in Deutschland in den vergangenen Jahren um das 10-Fache zugenommen hat und die Viren wesentlich weiter verbreitet sind als früher angenommen. Es gibt unterschiedliche Meinungen 75 GRUNEWALD et al. 2003 Stellvertretend soll hier der Forschungsbericht „Mögliche Auswirkungen von Klimaveränderungen auf die Ausbreitung von primär humanmedizinisch relevanten Krankheitserregern über tierische Vektoren sowie auf die wichtigen Humanparasiten in Deutschland“ GRUNEWALD et al 2003 hingewiesen werden. 76 53 darüber, ob dies neben der Veränderung des Freizeitverhaltens auch der Änderung des Klimas zuzuschreiben ist.77 Immer wieder wird im Zusammenhang mit dem Klimawandel von der Verbreitung von Malaria in Deutschland gesprochen. Prinzipiell besteht als Folge der globalen Erwärmung auch die Gefahr von Malariainfektionen in Deutschland. Neben dem Vorkommen der Anopheles Mücke – aktuell besonderes Vorkommen im Oberrheingebiet – ist ein Temperaturanstieg der entscheidende Faktor für die Ausbreitung des Krankheitserregers in der Anopheles Mücke. Die Gefahr einer Ausbreitung steigt an, wenn die Tages- und Nachttemperaturen etwa zwei Wochen lang die 18°C - Grenze nicht unterschreiten. In Deutschland wird nicht mit einer epidemieartigen Ausbreitung gerechnet.78 Das Institut für Medizinische Parasitologie der Universität Bonn empfiehlt weitergehende Forschung zum Thema Infektionskrankheiten und Klimawandel, um nicht plötzlich von Krankheitsausbrüchen oder Epidemien vektorassoziierter Erkrankungen überrascht zu werden. Dies gilt in gleichem Maße für den Bevölkerungsschutz, der sich aus eben diesen Gründen mit diesen Ergebnissen beschäftigen sollte.79 Weitere indirekte Folgen des Klimawandels für die Gesundheit des Menschen und die Gesundheitsversorgung sind durch Verflechtungen mit anderen Sektoren gekennzeichnet. So kann etwa in die Zukunft eine Wasserknappheit im Sommer die Verfügbarkeit von sauberem Trinkwasser einschränken und das Funktionieren der Abwasserreinigung beeinträchtigen. Das könnte zu einem Anstieg von Krankheiten führen, der je nach Ausmaß Auswirkungen auf die kritische Infrastruktur Gesundheitsversorgung haben kann. Eine weitere Folge, ebenfalls in Verbindung mit Wasser, stellt die vermehrte Blüte von Blaualgen in Flüssen, Seen und Meeren dar, die mit der Bildung von toxischen Stoffen und damit mit einer Verschmutzung des Brauchwassers führen kann.80 Es werden allgemeine Anpassungsmaßnahmen für den Gesundheitsbereich vorgeschlagen81: • Aufklärung der Bevölkerung und des medizinischen Fachpersonals über gesundheitliche Gefährdungen und mögliche Vorsorgemaßnahmen • Einführung von Frühwarnsystemen und Empfehlungen von Verhaltensregeln im Extremfall • Ausbau der Forschung zu diesem Thema und intensives Monitoring von klimabedingten Krankheiten • Ausbau medizinischer Vorsorge und Versorgung • Bereitstellung von technischen Schutzmaßnahmen (Isolierung, Klimaanlagen) 77 GRUNEWALD et al. 2003 ZEBISCH ET AL. 2005 79 GRUNEWALD ET AL. 2003 80 ZEBISCH ET AL. 2005 81 ZEBISCH ET AL. 2005 78 54 • Klimaorientierte Stadtplanung, angemessene Architektur Anpassung wird als langfristiger Prozess angesehen, der einer ständigen Entwicklung unterliegt, da die Wissenschaft laufend neue Erkenntnisse ermittelt und dadurch immer neu herausgefordert wird. Inwieweit der Bevölkerungsschutz im Notfall betroffen sein wird, ist unter anderem von der Umsetzung der Anpassungsmöglichkeiten in Form von Aufklärung, Warnung und Information über mögliche Vorsorgemaßnahmen abhängig. 5.4 Transport- und Verkehrswesen Der Transport von Menschen oder Gütern ist eine wichtige Grundlage für das Funktionieren eines Staates. Der Ausfall dieser Transportsysteme hat häufig weit reichende Konsequenzen. Klimaänderungen beeinflussen den Transportsektor auf die eine oder andere Weise, da Wetter und Witterung die Effizienz und vor allem die Sicherheit des Verkehrs bestimmen. Von den Folgen werden, nicht zuletzt durch Verflechtungen der verschiedenen Systeme, alle Verkehrssektoren betroffen sein.82 Auch beim klimasensitiven System des Transport- und Verkehrswesens können direkte und indirekte Folgen unterschieden werden. Zu den direkten Folgen gehört etwa die Einschränkung der Schifffahrt durch Schwankungen im Wasserstand, während mit indirekten Auswirkungen die sich wahrscheinlich häufenden Extremereignisse gemeint sind, durch die große Schäden an verkehrstechnischen Infrastrukturen verursacht werden. Neben den negativen Folgen für den Transportsektor muss gleichzeitig erwähnt werden, dass die winterlichen Einschränkungen reduziert werden oder sogar gänzlich ausbleiben. Bei höheren Wintertemperaturen und einer geringeren Anzahl an Frost- und Schneetagen wird eine Reduzierung der Ausfälle vorhergesagt. Im Straßenverkehr behindern besonders die Folgen von extremen Wetterereignissen den Verkehr. Die Folgen sind Blockierungen des Verkehrs durch Starkregenniederschläge und Stürme oder die Beeinträchtigung der physischen Konstitution der Fahrzeuglenker bei sehr hohen Temperaturen. Eine weitere Möglichkeit der Beeinträchtigung wäre beispielsweise ein Fahrverbot beziehungsweise eine Einschränkung der Fahrerlaubnis für LKWs bei zu hohen Ozonwerten. Außerdem kann es bei sehr hohen Temperaturen zu Beschädigung des Straßenbelages kommen. Der Schienenverkehr ist weniger wetterabhängig als andere Verkehrsbereiche. Die größten Schäden entstehen durch Extremereignisse wie Stürme, Starkniederschläge oder Hochwasser mit Unterspülungen der Gleise. Von milderen Wintern profitiert der Schienenverkehr. Das Wetter beeinflusst die Effizienz und Sicherheit des Flugverkehrs. Die Auswirkungen auf das Flugwetter sind noch nicht klar, da die Veränderungen von Luftströmungen noch nicht vorausgesagt werden können. Im Allgemeinen wird jedoch von einer erhöhten Unfallgefahr durch die Möglichkeit vermehrter Extremereignisse ausgegangen. 82 HARDY 2003 55 Den größten Einfluss wird die Veränderung des Klimas auf die Schifffahrt durch die Wasserstände der Flüsse haben. Bei Hochwasser muss die Schifffahrt häufig eingestellt werden, da hohe Strömungsgeschwindigkeiten die Sicherheit der Schiffe gefährden. Während Niedrigwasserständen können die Pegelstände ein kritisches Niveau erreichen, so dass die Schifffahrt eingestellt werden muss. Von den klimabedingten Pegelschwankungen werden vor allem die Flüsse Rhein, Elbe und Weser betroffen sein.83 Abbildung 34 Auswirkungen des Klimawandels auf die Schifffahrt am Rhein (verschiedene Rechnungen). (IPCC 2001b) Auch beim Thema Verkehr gibt es starke Verflechtungen zwischen den verschiedenen Verkehrssektoren und anderen Systemen. Es wäre sicherlich interessant, verschiedene Szenarien zu entwickeln, wie die Systeme betroffen sind. Ein Beispiel für ein solches Szenario könnte etwa eine durch verminderte Bewölkung bedingte hohe Ozonbelastung im Sommer sein, so dass ein Fahrverbot für LKWs ausgesprochen werden muss. Da jedoch mit einem Anstieg der Temperaturen gleichzeitig auch eine Reduzierung des Niederschlags verbunden ist, muss die Schifffahrt auf Grund von niedrigen Pegelständen ebenfalls reduziert werden. Dadurch wäre eine Verlagerung des Verkehrs von der Straße aufs Wasser nicht ohne weiteres möglich. Die Entwicklung von Szenarien und die Analyse der Folgen für die verschiedenen klimasensitiven Systeme helfen sicherlich dabei, sich auf verschiedene Entwicklungen einzustellen und Lösungsansätze zu finden. Anpassungsmaßnahmen die vorgeschlagen werden sind in diesem Bereich zum einen technischer Natur wie die Verwendung hitzeresistenter Materialien oder der Einbau von Klimaanlagen in Fahrzeuge. Neben solchen technischen Maßnahmen sollten auf der anderen Seite gleichzeitig auch Unternehmen des Verkehrssektors sensibilisiert werden. 83 ZEBISCH et al. 2005 56 5.5 Küstengebiete als klimasensitive Systeme Die Folgen des Klimawandels werden die zukünftige Entwicklung von Küstenregionen direkt beeinflussen. Küsten werden als klimasensitive Systeme identifiziert, die direkt und indirekt durch den Meeresspiegelanstieg und/ oder stärkere und vermehrte Wetterextreme betroffen sind. Wie zu erkennen ist, haben diese Werte eine große Spannweite. Zurzeit lassen sich die unmittelbaren Folgen des Klimawandels wie etwa Umfang und Geschwindigkeit des Meeresspiegelanstieges nicht genau voraussagen. Es ist wahrscheinlich, dass immer mehr Menschen in Küstengebieten vom Klimawandel betroffen sind. Dies ergibt sich nicht nur aus naturräumlicher Sichtweise, sondern auch daraus, dass sich menschliche Siedlungen häufig in Küstennähe befinden. In globaler Hinsicht wird sich der Trend durch zunehmenden Bevölkerungsdruck weiterhin verstärken. Die ausgewerteten Studien betrachten die globale Veränderung des Meeresspiegels. Trotzdem soll versucht werden, die für Deutschland und insbesondere den Bevölkerungsschutz relevanten Probleme hervorzuheben. In Abbildung 35 wird deutlich, dass bei einem Anstieg von 2 m größere Teile der deutschen und nordeuropäischen Küste gefährdet wären. Die Art der Darstellung bezieht sich auf die absolute Höhe über dem Meeresspiegel und schließt somit auch Bereiche mit ein, die derzeit noch von Deichen geschützt werden. Einige der dicht besiedelten Gebiete in Europa liegen unterhalb des normalen Hochwasserpegels.84 Für diese Regionen ist der Meeresspiegelanstieg folglich besonders bedrohlich. Gerade in diesen Regionen sollten schnellstmöglich Lösungsstrategien erarbeitet werden. Abbildung 35 Rotgefärbte Küstengebiete entlang der Nordsee, die niedriger als 2 m über dem gegenwärtigen Meeresspiegel liegen (keine Berücksichtigung von Küstenschutzmaßnahmen). (SCHUBERT et al. 2006:42) Die schwersten Folgen des Klimawandels werden in der Zukunft für die meisten Regionen wahrscheinlich durch Sturmfluten ausgelöst. Sturmfluten entstehen durch das Zusammenspiel von Sturmsystemen und Gezeiten. So kann bei Flut ein Sturm das Wasser so weit auf die Küste 84 SCHUBERT et al 2006 57 schieben, dass es zu großräumigen Überschwemmungen kommt. Im Zusammenhang mit dem Anstieg des Meeresspiegels werden die Küstengebiete verwundbarer gegenüber den Sturmfluten. Bereits ein Anstieg des Meeresspiegels von 2m übersteigt die Anforderungen des heutigen Küstenschutzes. Für Gebiete außerhalb Deutschlands spielt zusätzlich die Tatsache eine Rolle, dass sich wahrscheinlich die Intensität du Häufigkeit tropischer Zyklonen verstärken wird und es dadurch zu einer erhöhten Gefährdung kommt. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass es für die Auswirkungen eines Anstiegs des Meeresspiegels weniger relevant ist, wie hoch der mittlere Wasserstand ist, sondern eher welche Höchststände bei Sturmfluten erreicht werden. Es gibt Studien für Regionen wie etwa England oder New York, für die solche Berechnungen durchgeführt wurden.85 Dieses Thema scheint eine besondere Relevanz zum Bevölkerungsschutz in Deutschland zu haben. Ein direkter Bezug kann zu aktuellen Geschehnissen wie etwa dem Sturm Kyrill hergestellt werden, bei dem die Küstenregionen zwar noch nicht von Sturmfluten betroffen waren, die Auswirkungen durch einen erhöhten Meeresspiegel jedoch eine Katastrophe hätten auslösen können. Ein allgemeines Problem von Küstenzonen sind auftretende Erosionsprozesse. Erosion an Küsten stellt einen episodisch auftretenden Prozess dar. Die Wellen tragen Fest- und Lockerstoffe, wie Gestein, Sand oder Schlamm von der Küste ab und lagern sie an anderen Stellen wieder an. Ein Anstieg des Meeresspiegels kann durch vermehrte Wellenkraft und mehr Wasser den Erosionsprozess verstärken.86 Folgen können einstürzende Steilküsten durch Unterspülung oder das der Zusammenbruch von Küstenschutzstrukturen auftreten. Weiterhin wird durch einen Anstieg des Grundwassers auch das darüber liegende Grundwasser ansteigen. Dadurch kann es zu Bodenvernässungen und Auswirkungen auf die Süßwasserversorgung und die Landwirtschaft durch Versalzung kommen. Außerdem besteht auf lange Sicht eine Gefahr für Bausysteme wie Untergrundbahnen und Kanalsysteme. Ist durch eine zunehmenden Bausubstanzverlust die Sicherheit der Bevölkerung gefährdet, kann man hier ebenfalls Handlungsbedarf beziehungsweise Anpassungsverpflichtungen für den Bevölkerungsschutz sehen. Des Weiteren kann es zur Intrusion von Meerwasser in küstennahe Grundwasseraquifere kommen. Die Auswirkungen auf die Gesellschaft sind vielfältig. Es sollte sicherlich klar sein, dass der Meeresspiegelanstieg für Deutschland eine geringere Priorität hat als für andere Länder, trotzdem kann es im Laufe dieses Jahrhunderts zu zahlreichen Auswirkungen für die Bevölkerung kommen. Wichtig ist ebenfalls die Erkenntnis, dass auch gerade beim Thema Meeresspiegelanstieg vielfältige Interdependenzen mit anderen Bereichen und klimasensitiven Systemen vorliegen. Solche Verflechtungen bestehen zum Beispiel mit dem Bereich Gesundheit. An der Küste sind die Menschen durch direkte (Auswirkungen von Sturmfluten), mittelfristige (Zunahme übertragbarer 85 siehe dazu auch LOWE et al 2001 Viele Autoren, wie beispielsweise beziehen sich in ihren Prognosen über die durch Meeresspiegelanstieg bedingte Erosion von Küstenbereichen auf die Bruun’sche Regel. Diese besagt, dass Erosionsraten ungefähr 50– 100-mal höher als die relativen Anstiegsraten des Meeresspiegels sind, d. h. ein Meeresspiegelanstieg von 1 m würde den Verlust eines 50–100 m breiten Küstenstreifens nach sich ziehen (SCHUBERT et al. 2006). 86 58 Krankheiten durch Überschwemmungen) und langfristige Auswirkungen (Beeinflussung der Häufigkeit und Verteilung von Krankheitserregern, z.B. das Vorkommen von in Brackwasser brütenden Mücken) betroffen.87 Auch die monetäre Bewertung der Auswirkungen des Klimawandels auf Küstengebiete ist sicherlich nicht zu vernachlässigen. In diesem Zusammenhang kann jedoch leider nicht näher auf diesen Bereich eingegangen werden. Zur Einordnung der möglichen, durch einen Meeresspiegelanstieg verursachten Schäden sei an dieser Stelle die Abbildung 36 gezeigt. Abbildung 36 Klassifizierung (SCHUBERT et al. 2006:49) der durch einen Meeresspiegelanstieg verursachten Schäden. Wenn nicht anders gekennzeichnet folgen die in diesem Kapitel vorgestellten Ergebnisse zum Thema Klimawandel und Meeresspiegelanstieg einer Studie des WBGU (Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen). Der WBGU schlägt in dieser Studie Anpassungsmaßnahmen in Form von Handlungsmaßnahmen vor, um den Auswirkungen des Klimawandels auf Küstenregionen zu begegnen. Diese sind nicht auf nationale Strategien beschränkt, sondern umfassen Vorschläge für weltweit auftretende Probleme. Hier soll sich auf die für Deutschland relevanten Maßnahmen beschränkt werden, es darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass zum Beispiel durch etwaige Umsiedlungen Konflikte in übernationalen Dimensionen entstehen können. Für Deutschland ist somit die Frage relevant, wie der Zerstörung von Infrastruktur und Siedlungen an der Küste begegnet werden kann.88 Das Ausmaß der Folgen des Klimawandels ist abhängig von der Verwundbarkeit der betroffenen Gebiete. Die Verwundbarkeit wird dabei durch die Disposition und die Widerstandsfähigkeit der natürlichen und gesellschaftlichen Systeme an der Küste bestimmt. Anpassungsstrategien müssen kontextabhängig entwickelt werden. Grundsätzlich kommen laut WBGU drei verschiedene Anpassungsmaßnahmen als Antwort auf die beschriebenen Probleme in Betracht. Bei der Schutzgewährung geht es darum, die Küstenregionen durch harte Maßnahmen wie den Bau von Deichen und Dämmen oder aber weiche Maßnahmen wie die Erhaltung von Küstenökosystemen zu schützen.89. Letztere Möglichkeiten sind sicherlich in besonders gefährdeten Gebieten bei Großstädten wie Hamburg oder kleineren Inseln wie etwa Sylt nicht einfach zu realisieren. Als qualifizierter Rückzug wird die Aufgabe beziehungsweise der Rückzug aus küstennahen Gebieten bezeichnet. Hierzu gehört auch die Möglichkeit, die Bevölkerung 87 88 SCHUBERT ET AL 2006 SCHUBERT ET AL 2006 59 (insbesondere private Unternehmen) gezielt über die Gefahren in Küstengebieten zu informieren. Dies kann etwa durch eine gezielte Informationspolitik geschehen, die das Bewusstsein über klimabedingte Risiken erhöht. Eine weitere Strategie ist die Akkomodation bei der es um eine Veränderung der Nutzung in den gefährdeten Gebieten geht. Die Regionen können weiterhin genutzt werden, ohne dass diese vor den Überschwemmungen geschützt werden. Akkomodation beinhaltet sowohl bauliche Maßnahmen als auch die Einrichtung von Katastrophenmanagementsystemen (Aufbau von Notunterkünften, Erstellung von Einsatzplänen).90 Im Allgemeinen kann auf Basis einer Kosten-Nutzen Rechnung eine angemessene Anpassungsstrategie für eine spezifische Region ausgewählt werden, die sich auch aus den verschiedenen Strategien zusammensetzen können. Die direkte Umsetzung der Maßnahmen kann durch ein geeignetes Risikomanagement erfolgen. Wichtig dabei ist es, die Interdependenzen dieses klimasensitiven Systems mit einzubeziehen. Die hier aufgeführten Strategien sind alle sehr allgemein gehalten. Es wäre sicherlich interessant, für die gefährdeten Küstenregionen in Deutschland explizite Anpassungsstrategien zu entwickeln, da globale Maßnahmen nicht unmittelbar auf die regionale oder lokale Ebene übertragen werden können. Es sollten kleinräumige Studien durchgeführt werden, die die speziellen sozioökonomischen Gegebenheiten genauso mit einbeziehen wie naturräumliche Bedingungen. Einige Studien dieser Art liegen zurzeit vor. Eine dieser Studien analysiert die besondere Gefährdungslage der Nordseeinsel Sylt91. Die Studie gibt einen Überblick über die Klimafolgen für natürliche und sozioökonomische Systeme auf Basis der Modellierung verschiedener Szenarien bis zum Jahr 2050. Es wird mit einem Meeresspiegelanstieg von bis zu 25cm und Änderungen in Windverhältnissen und Tidenhub gerechnet. Anpassungsmaßnahmen sind explizit auf die Insel Sylt mit ihren geographischen Besonderheiten und ihrer hohen Wertekonzentration durch den Tourismus abgestimmt. Empfehlungen bezüglich spezieller Kombinationen von harten und weichen Maßnahmen sind somit nicht ohne weiteres auf andere Regionen übertragbar. Eine nähere Beschäftigung mit den Folgen der Klimaänderungen für die Insel Sylt wäre sicherlich auch für den Bevölkerungsschutz interessant. Eine weitere Studie analysiert Küstenschutzmaßnahmen für verschiedene Abschnitte der Nordsseeküste.92 Um Folgen von verschiedenen Klimaszenarien für diese Region zu analysieren wurden die daraus resultierenden Risiken von Extremereignissen berechnet und den Kosten und 93 regionalwirtschaftlichen Folgeeffekten möglicher Küstenschutzstrategien gegenübergestellt 89 SCHUBERT ET AL 2006 SCHUBERT et al 2006 91 Weiterführende Informationen dazu in DASCHKEIT und SCHOTTES 2002 92 KRIM – Klimawandel und präventives Risiko- und Küstenschutzmanagement an der deutschen Nordseeküste Weitere Informationen zu dem Projekt: ELSNER,W., OTTE,C. UND YU, I. (2005): Klimawandel und präventives Risiko- und Küstenschutzmanagement an der deutschen Nordseeküste (KRIM):Teilprojekt 5 – Endbericht. Klimawandel und regionale Wirtschaft. Vermögensschäden und Einkommensverluste durch extreme Klimaereignisse sowie Kosten-Nutzen-Analysen von Schutzmaßnahmen. Am Beispiel der nordwestdeutschen Küstenregion. Bremen: Universität Bremen 90 93 Schubert et al 2006 60 Ein weiteres Projekt, das sich mit den Auswirkungen des Klimawandels an der deutschen Küste beschäftigt, ist „Klimaänderung und Unterweserregion“ (KLIMU).94 Die Ergebnisse dieses Verbundprojektes zeigen, dass der Klimawandel für die Unterweserregion zu bewältigende Auswirkungen haben wird. Zwar kommt es zu weit reichenden Veränderungen von natürlichen und gesellschaftlichen Systemen. Diese können jedoch durch historisch gewachsene Strukturen in der Region abgefangen werden. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass durchaus ausreichend Zeit für entsprechende Handlungen vorhanden ist, sofern sofort mit der Umsetzung von 95 Anpassungsmaßnahmen begonnen wird. Die Studien zeigen unter anderem, dass die gesellschaftliche Anpassung an den Klimawandel bereits (langsam) begonnen hat und noch fortgeführt werden sollte. So wird etwa nicht nur die wissenschaftliche Diskussion um den Punkt Anpassung erweitert, sondern auch die Öffentlichkeit zusätzlich zur Vermeidungsstrategie mit Anpassungsmaßnahmen konfrontiert. Des Weiteren wird der Bau des bisher größten Rettungskreuzers der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffsbrüchiger auch mit der Klimaentwicklung in den kommenden Jahren begründet. Schleswig Holstein berücksichtigt bereits heute den Klimawandel in seinen Küstenschutzmaßnahmen. Auch wenn sich die Studien in einigen Aspekten unterscheiden, kommen doch alle zu dem Ergebnis, dass die Folgen des Klimawandels für deutsche Küstengebiete mit den richtigen Anpassungsmaßnahmen beherrscht werden können. Es wäre sicherlich sinnvoll, diese und folgende Studien im Hinblick auf Bevölkerungsschutz relevante Themen genauer auszuwerten. 5.6 Sonstige klimasensitive Bereiche Neben den hier aufgeführten klimasensitiven Systemen gibt es noch weitere Bereiche die vom Klimawandel betroffen sind. Auf Grund des zeitlichen Rahmens dieses Berichtes wurden nur die Systeme identifiziert und genauer dargestellt, die als besonders verwundbar gegenüber Klimaveränderungen eingestuft wurden und einen Bezug zum Bevölkerungsschutz haben. Andere Bereiche mit deutlichen Interdependenzen zu anderen Sektoren sind zum Beispiel menschliche Siedlungen, Landwirtschaft und der Finanzsektor. Menschliche Siedlungen sind durch Verflechtungen mit allen anderen Bereichen gekennzeichnet.96 Für Städte, insbesondere Großstädte gelten im Grunde die meisten Probleme, die in den vorhergehenden Kapiteln angesprochen wurden, in verstärktem Maße. Durch hohe Wertekonzentrationen, Industrieansiedlungen und spezifische Infrastruktur sind sie besonders anfällig gegenüber zerstörerischen Extremereignissen wie Überschwemmungen. Der Finanzsektor ist im Zusammenhang mit dem Klimawandel durch ein erhöhtes Risiko für Erstund Rückversicherer gekennzeichnet. Mögliche negative Auswirkungen für die Landwirtschaft in Deutschland betreffen Ertragseinbußen durch zu hohe Temperaturen und Einschränkungen in der Wasserversorgung. Bei ausreichendem 94 Mehr dazu in SCHICHARDT UND SCHIRMER 2006 SCHUCHARDT U. SCHIRMER 2006 96 Weiterführende Informationen in IPCC 2001b Kapitel 7 95 61 Wasserangebot ist gleichzeitig mit einer Erhöhung des Ertragspotentials zu rechnen. Da die Ernährungssicherheit für Deutschland nicht gefährdet ist, haben die Veränderungen in der Landwirtschaft keine zurzeit sichtbaren Auswirkungen auf den Bevölkerungsschutz. Bei einem Folgeprojekt sollte jedoch hier noch einmal genauer geschaut werden welche weiteren Bereiche betroffen sein könnten, und die Entwicklungen zu den aufgeführten Themen sollte zusätzlich verfolgt werden. 62 6 Regionale Erkenntnisse In den vorangehenden Kapiteln wurde immer wieder deutlich, dass sich Auswirkungen des Klimawandels regional stark voneinander unterscheiden. Es gibt verschiedene Faktoren, die die Vulnerabilität einer Region gegenüber dem Klimawandel bestimmen. Es ist klar, dass das Ausmaß der Auswirkungen zu einem großen Teil von der Ausgangssituation abhängig ist, in der sich eine Region97 befindet. In diesen Rahmenbedingungen unterscheiden sich die einzelnen Regionen deutlich voneinander. Weitere Faktoren sind, wie ausgeprägt der Klimawandel in einer Region ist und welche Bereiche wie stark beeinflusst werden. Weiterhin ist wichtig, wie hoch der Anpassungsgrad in den beeinflussten Bereichen ist. Diese regionale Betrachtungsweise spielt für eine ganzheitliche Analyse neben der in Kapitel 5 durchgeführten sektoralen Untersuchung eine erhebliche Rolle. Ein kurzer Überblick über die Bewertung der Resultate der Klimaveränderungen in Naturräumen ist in SPEKAT ET AL Kapitel 6 zu finden. In Deutschland gibt es einige regionale Studien, die sich mit den Klimafolgen für einzelne Regionen beschäftigen. Hier seien als Einstieg zur weiteren Bearbeitung mit einem regionalen Fokus einige Studien beispielhaft aufgeführt: Brandenburg: • Bahlenburg, H.C. (2003): Klimaänderungen und die Aufgaben der räumlichen Planung. Welchen Beitrag kann die räumliche Planung zu einem raumorientierten Risikomanagement in Technik und Umwelt, insbesondere im Hinblick auf eine Klimaänderung leisten? Erfahrungen aus Brandenburg. In: Karl, H. u. J. Pohl (Hrsg.): Raumorientiertes Risikomanagement in Technik und Umwelt. Katastrophenvorsorge durch Raumplanung. Akademie für Raumforschung und Landesplanung. Hannover. • Gerstengarbe, F. W., Badeck, F., Hattermann, F. Krysanova, V., Lahmer, W., Lasch, P., Stock, M., Suckow, F., Wechsung, f. u. P.C. Werner (2003): Studie zur klimatischen Entwicklung im Land Brandenburg bis 2055 und deren Auswirkungen auf den Wasserhaushalt, die Forst- und Landwirtschaft sowie die Ableitung erster Perspektive. PIK Report 83. Potsdam Baden-Württemberg: • Stock, M. (Hrsg.) (2005a): KLARA- Klimawandel – Auswirkungen, Risiken, Anpassung. PIK Report Sachsen • Enke, W., Küchler, W. u. W. Sommer (2000): Regionalisierung von Klimamodell-Ergebnissen mittels statistischen Verfahrens der Wetterlagen –Klassifikation und nachgeordneter multipler Regressionsanalyse für Sachsen. Dresden. Nordrhein-Westfalen • Wesselhoeft, R. Reusswig, F., Block, a., PIK (1999): Regionale Auswirkungen des anthropogen bedingten Treibhauseffektes. Die Anfälligkeit Nordrhein-Westfalens für einen möglichen Klimawandel. Erstellt im Auftrag des Ministeriums für Umwelt, Raumplanung und Landwirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalens. Potsdam.98 Bayern 97 Mit dem Begriff „Region“ wird im Folgenden einfach ein räumlicher Ausschnitt innerhalb Deutschlands bezeichnet, der sowohl naturräumlich als auch administrativ Grenzen haben kann. Die Maßstabsebene spielt bei diesen Grund-Überlegungen erstmal keine Rolle. 98 Diese Studie ist nicht mehr verfügbar. Es wäre aber sicherlich sehr sinnvoll, diese mit einzubeziehen. 63 • • Sylt • BayFORKLIM – Bayerischer Klimaforschungsverbund (1999): Klimaänderungen in Bayern und ihre Auswirkungen. Abschlussbericht des Bayerischen Klimaforschungsverbundes. München. Projekt KLIWA (www.kliwa.de) „Klimaveränderungen und Konsequenzen für die Wasserwirtschaft.“ (Baden-Württemberg und Bayern) Daschkeit, A. u. P. Schottes (2002): Klimafolgen für Mensch und Küste am Beispiel der Nordseeinsel Sylt. Umweltnatur- und Umweltsozialwissenschaften. New York. 64 7 Ausblick Der hier vorliegende Bericht soll einen ersten Überblick zu den Themen Klimawandel und Bevölkerungsschutz bieten. Die Erkenntnisse über den Klimawandel sind geprägt durch große Unsicherheiten. Ein wichtiger Aspekt ist, wie mit dieser Unsicherheit in Deutschland umgegangen wird. Bis heute ist es, wie an vielen Stellen dieser Arbeit gezeigt wurde, kaum möglich, konkrete Vorhersagen über extreme Ereignisse für bestimmte Zeiträume oder Regionen zu treffen. Zum einen ist es wichtig, dass man sich trotz dieser Unsicherheiten mit den Problemen der Klimafolgen auseinandersetzt, zum anderen hat die Erkenntnis, dass die Entwicklung jederzeit auch anders ausfallen kann, eine große Bedeutung für das weitere Vorgehen. Neben den Unsicherheiten ist der Zeitraum der Veränderungen von Bedeutung. Die Änderungen des Klimas und die daraus für den Bevölkerungsschutz in Deutschland relevanten Auswirkungen, gestalten sich als langsamer Prozess. An diesen Prozess kann man sich in Deutschland mit sinnvollen Strategien anpassen und so die negativen Folgen reduzieren. Wie bereits in der Einleitung erwähnt, umfasst der Begriff Bevölkerungsschutz sowohl reaktive als auch vorsorgende Aspekte. Ein Ergebnis dieser Arbeit ist es sicherlich, dass an diese beiden Seiten des Bevölkerungsschutzes durch den Klimawandel in der Zukunft Anforderungen gestellt werden. Eine Veränderung des Klimas hat direkte Auswirkungen auf den Katastrophenschutz, wie Beispiele in dieser Arbeit zeigen. Anpassungsmaßnahmen müssen demnach ebenfalls auf der reaktiven Seite entwickelt und umgesetzt werden. Gleichzeitig sind auch Anpassungsstrategien für den vorsorgenden Bereich von großer Bedeutung. An dieser Stelle sollen noch einmal die wichtigsten Ergebnisse der Auswertung der verschiedenen Studien in kurzen Thesen zusammengefasst werden. Zur Verdeutlichung der einzelnen Ergebnisse sei auf die jeweiligen Kapitel des Gesamtberichts verwiesen. Die globale Durchschnittstemperatur kann bis zum Ende dieses Jahrhunderts um 1,7°C – 6,4°C steigen. Die große Spannweite der Angaben ergibt sich aus unterschiedlichen Emissionsszenarien, die mögliche sozioökonomische, technologische und ökologische Annahmen über die Zukunft beinhalten. Im Zuge der globalen Erwärmung werden die Temperaturen bis 2100 nach allen Szenarien und in allen Regionen Deutschlands ansteigen. Die Entwicklung des Niederschlags ist durch die Verschiebung der Maximalwerte vom Sommer in den Winter gekennzeichnet. Die Niederschlagssumme wird in den Sommermonaten abnehmen und in den Wintermonaten ansteigen, jedoch generell eine große regionale und zeitliche Variabilität zeigen. Der Niederschlag wird besonders in den Regionen weiter zurückgehen, die heute schon als niederschlagsarm gelten. Eine besondere Betroffenheit muss hierbei für Ostdeutschland herausgestellt werden. Für Deutschland liegt eine Studie zur Berechnung der Wahrscheinlichkeiten für das Eintreten von Extremereignissen 65 durch Klimaänderungen vor.99 Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass mit den beobachteten Klimaänderungen des Industriezeitalters auch Änderungen der Häufigkeit und Intensität von Extremereignissen verbunden sind. Es treten jedoch große regionale und jahreszeitliche Variabilitäten auf, weshalb die Aussagen zu Extremen differenziert für das jeweilige Ereignis betrachtet werden sollten. Im Hinblick auf Aussagen zu Stürmen und Starkregenereignissen bestehen größere Unsicherheiten. Besonders bei Starkregenereignissen sollte jedoch von der Möglichkeit ausgegangen werden, dass es einen Trend zu intensiveren Ereignissen mit kürzeren Wiederkehrzeiten gibt. Angaben zur Änderung der Wahrscheinlichkeit von Hochwasserereignissen können nur differenziert für die einzelnen Flussgebiete getroffen werden. Ein allgemeiner Trend für Deutschland ist die Zunahme der Wahrscheinlichkeit von Winterhochwassern, einhergehend mit einem Rückgang der Wahrscheinlichkeit für Sommerhochwasser. Die Sommer in Deutschland werden heißer und trockener. Zum einen werden Hitzewellen in ihrer Häufigkeit aber auch in ihrer Dauer und Intensität zunehmen. Weltweit steigen ebenfalls die Dauer und das Ausmaß von Trockenperioden an. Auch Deutschland muss sich auf längere Trockenperioden einstellen. Es kommt zu einer Verringerung des Wasserangebotes, von der vor allem der Osten Deutschlands betroffen sein wird. Die Waldbrandgefahr wird in den von Dürre und Hitze besonders betroffenen Gebieten steigen. Der prognostizierte Anstieg des Meeresspiegels stellt eine Gefahr für die Küstenregionen in Deutschland dar. Je nach Szenario wird der mittlere globale Meeresspiegel in den nächsten Jahren zwischen 19 und 58 cm ansteigen. Diese Entwicklungen haben vielfältige Auswirkungen auf verschiedene klimasensitive Bereiche in Deutschland und stellen neue Anforderungen an den Bevölkerungsschutz sowohl an die reaktiven als auch an die vorsorgenden Bereiche. Verschiedene Themenfelder, hier als klimasensitive Systeme bezeichnet, wurden im Laufe der Arbeit identifiziert und im Hinblick auf Anpassungsnotwendigkeiten an die Klimaänderungen analysiert. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf den Anforderungen an den Bevölkerungsschutz und die vielfältigen Dependenzen der Systeme. Ein klimasensitives System ist Wasserhaushalt, Wasserwirtschaft und Wasserversorgung. Durch Veränderungen im Bereich von Angebot und Nachfrage nach Wasser treten in interdependenten Themenfeldern Folgen für die jeweiligen Systeme auf. Die Trockenperioden im Sommer werden vor allem in Ostdeutschland zu einer Einschränkung der Verfügbarkeit von Wasser führen. Es werden jedoch keine ernsthaften Probleme bei der Trinkwasserverfügbarkeit erwartet. Ein Bereich der für Deutschland untersucht werden sollte, ist die Veränderung der Nachfrage nach Wasser im privaten und industriellen Sektor bei einer Erhöhung der Temperaturen. Weiterhin wurde die kritische Infrastruktur Energieversorgung untersucht. Es werden Veränderungen in der Verfügbarkeit und Temperatur von Kühlwasser erwartet, ebenso wie eine Wirkungsgradverschlechterung durch höhere Lufttemperaturen. Ein Ergebnis ist, dass die erhöhte Ausfallwahrscheinlichkeit durch wetterbedingte Extremereignisse durch Erfolg versprechende Anpassungsmaßnahmen wieder reduziert werden kann. Zusätzlich zu einem reduzierten Angebot an 99 JONAS et al. 2005 66 Energie im Sommer kann eine erhöhte Nachfrage zu Problemen in der Versorgungssicherheit führen. Im Sektor Energie bestehen große Wissenslücken zum Thema Klimawandel. Das klimasensitive System Gesundheit wird durch direkte Auswirkungen, wie Auswirkungen von Hitze auf den menschlichen Organismus und das Gesundheitssystem, aber auch durch indirekte Auswirkungen wie die Veränderung des Verbreitungsgebietes und Infektionspotentials von Krankheitsüberträgern und Auswirkungen von Extremereignissen beeinflusst. Besonders die Zahl der Herz- und Kreislauf- sowie Atemwegserkrankungen werden zunehmen. Die damit verbundene Mortalitätsrate zeigt eine hohe Korrelation zur sommerlichen Hitzebelastung. Besonders betroffen sind ältere Menschen, Neugeborene und bereits erkrankte Personen. Es muss beachtet werden, dass es sich zu einem gewissen Prozentsatz um „vorweggenommene Todesfälle“ handelt. Der Tod tritt häufig bei schon erkrankten Personen ein, bei denen der Zeitpunkt des Todes um eine kurze Zeitspanne vorweggenommen wurde. Außerdem kann es zu einem Anstieg der Zahl von Arbeitsund Verkehrsunfällen auf Grund von Hitzebelastung kommen. Auch beim klimasensitiven System des Transport- und Verkehrswesens können direkte und indirekte Folgen unterschieden werden. Zu den direkten Folgen gehört etwa die Einschränkung der Schifffahrt durch Schwankungen im Wasserstand. Indirekte Auswirkungen sind die Schäden an verkehrstechnischen Infrastrukturen durch vermehrte Frequenz und Magnitude einiger wetterbedingter Extremereignisse. Besonders betroffen ist die Schifffahrt, die ihren Betrieb auf Hochund Niedrigwasserstände einstellen muss. Küstengebiete sind ebenfalls durch den Klimawandel betroffen, deren Auswirkungen klare Anforderungen an den Bevölkerungsschutz, insbesondere die reaktiven Bereiche, stellen. Durch den Anstieg des Meeresspiegels verursachen Sturmfluten größere Überschwemmungen und haben ein größeres Zerstörungspotential. Weitere Probleme sind unter Anderem auftretende Erosionsprozesse, Versalzung von Grundwasser und Konflikte durch Migrationsprozesse. Eine Aufgabe dieses Praktikums war es, Möglichkeiten für ein weiteres Vorgehen in nachfolgenden Projekten zu erarbeiten. Es gibt sehr viele verschiedene Studien der Klimafolgenforschung in Deutschland, die sich entweder auf bestimmte Regionen oder einzelne Sektoren beschränken oder einen allgemeinen und damit eher oberflächlichen Überblick schaffen. Eine Aufgabe für das Folgeprojekt wäre es, die verschiedenen Studien in Deutschland auszuwerten und die identifizierten klimasensitiven Systeme im Hinblick auf die Anforderungen an den Bevölkerungsschutz zu analysieren. Dabei sollte die Arbeit eher auf einer übergeordneten Ebene stattfinden, um die Klimafolgen der Systeme mit Auswirkungen auf den Bevölkerungsschutz in ihrer Gesamtheit zu betrachten. Ein bedeutendes Ziel dabei wäre es sicherlich, die vielfältigen Interdependenzen zwischen den einzelnen Systemen darzustellen. Um diese Interdependenzen zu erfassen, könnten verschiedene Szenarien gebildet und angewendet werden. In einem folgenden Schritt könnten dann, mit dem Wissen über diese wechselseitigen Abhängigkeiten, Handlungsempfehlungen zur Anpassung des Bevölkerungsschutzes an den Klimawandel in Deutschland herausgegeben werden. Ein langfristiges Ziel könnte die Entwicklung eines nationalen Plans zur Anpassung des 67 Bevölkerungsschutzes in Deutschland an den Klimawandel sein. Hierbei könnten Aussagen getroffen werden, inwiefern über Externe diese Strategien umgesetzt werden können. Wichtig ist es jedoch, zuerst ein Basiswissen zum Thema Klimawandel zu schaffen. Da es laufend neue wissenschaftliche Erkenntnisse über globale und regionale Änderungen des Klimas und über Klimafolgen gibt, muss versucht werden, diesem Prozess zu folgen. Gleichzeitig könnte ein internationaler Vergleich dazu beitragen die verschiedenen Interdependenzen herauszustellen. Dabei könnten dann die unterschiedlichen Maßnahmen der Staaten miteinander verglichen und wenn möglich, gemeinsame Strategien erarbeitet werden. Dabei darf jedoch nicht der Fehler gemacht werden, einfache Strategien von anderen Staaten zu übernehmen. So kann zum Beispiel nicht davon ausgegangen werden, dass die Bevölkerung in Deutschland – in diesem Fall besonders ältere und kranke Menschen – bei einem Temperaturanstieg im Sommer gleiche Reaktionen zeigen wie die Bevölkerung zum Beispiel in Südspanien schon heute. Ein wichtiger Punkt sind hierbei die Anpassungsstrategien der Bevölkerung und der Unternehmen selbst. Die Bevölkerung in den südlichen Ländern ist sehr gut an das Klima dort angepasst, durch eine adäquate Bauweise, andere Kernarbeitszeiten oder die lebenslange Anpassung des menschlichen Körpers an die Hitze. Aus diesen Gründen können nicht einfach Pläne aus anderen Ländern, die durch ihre geographische Lage schon heute höhere Temperaturen haben, übernommen werden. An Hand dieses Beispiels soll vor eindimensionalen Lösungen und der Herstellung von einfachen Kausalzusammenhängen gewarnt werden. Ein Ergebnis des Praktikums ist, dass es nicht möglich ist, aus der Veränderung von Klimaparametern direkte Veränderungen von Gefahren abzuleiten. Eine Darstellung der Änderungen der Gefährdungen auf Grund des Klimawandels ist somit nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich. Ein Vorschlag, diesen vielfältigen Herausforderungen zu begegnen, wäre die Idee einer Kooperation mit einer weiteren Bundesoberbehörde wie dem UBA, insbesondere dem Kompetenzzentrum Klimafolgen und Anpassung am Umweltbundesamt, die sich mit dem Thema Klimawandel beschäftigt. Mögliche weitere Kooperationspartner könnten beispielsweise der Deutsche Wetterdienst oder andere Forschungsinstitute sein. Im Rahmen einer Zusammenarbeit können Synergieeffekte erzielt werden, indem Ergebnisse einander zur Verfügung gestellt werden. Das BBK könnte sich dabei auf den Zusammenhang zwischen Bevölkerungsschutz/KRITIS und Klimawandel konzentrieren, um für diese Themenfelder Anpassungsmaßnahmen zu entwickeln. Durch diese Arbeit wurde deutlich, dass der Bevölkerungsschutz in Deutschland vor neuen Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel steht. Die Entwicklung von Anpassungsmöglichkeiten an den Klimawandel und Ideen zu deren Umsetzung sind im Verlauf des globalen Wandels nicht zu vernachlässigen. 68 8 Literaturliste100 ARNELL, N- W. (2006): Climate Change and Water Resources: A global Perspective. In: SCHELLNHUBER, H.J. (Hrsg.): Avoiding dangerous climate change. Cambridge. S. 168-175. BAHLENBURG, H.C. (2003): Klimaänderungen und die Aufgaben der räumlichen Planung. Welchen Beitrag kann die räumliche Planung zu einem raumorientierten Risikomanagement in Technik und Umwelt, insbesondere im Hinblick auf eine Klimaänderung leisten? Erfahrungen aus Brandenburg. In: KARL, H. U. J. POHL (Hrsg.): Raumorientiertes Risikomanagement in Technik und Umwelt. Katastrophenvorsorge durch Raumplanung. Akademie für Raumforschung und Landesplanung. Hannover. BENISTON, M. 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