Zöliakie: das klinische Chamäleon

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GLUTEN-FREE
JOURNAL FOR HEALTH CARE PROFESSIONALS | AUSGABE 03/2014
Zöliakie: das klinische Chamäleon
Editorial von Carlo Catassi
Das Chamäleon ist bekanntlich ein „sympathisches“ afrikanisches Reptil, das im Stande ist,
sein Aussehen zu verändern, da es die einzigartige Fähigkeit hat, seine Hautfarbe zu wechseln. In der Medizin wird das Adjektiv „chamäleonartig“ verwendet, um jene Pathologien
zu beschreiben, die in unterschiedlichsten Formen auftreten können, so wie beispielsweise
im Fall der Zöliakie.
Die typisch intestinale Form, die normalerweise beim Kleinkind auftritt, das chronischen Durchfall, Appetitlosigkeit, Wachstumsrückstand und Blähbauch aufweist, ist
seit jeher bekannt und am einfachsten zu
erkennen. Seitdem sich jedoch Laboranalysen
wie die Anti-Transglutaminase-Antikörper
stärker durchsetzen, die es erlauben, eine Zöliakie mittels simpler Blutprobe nachzuweisen, kommen auch viele weitere mögliche
Formen der Zöliakie ans Licht, die man vorher nicht vermutet hätte. Unter diesen sogenannten untypischen oder nicht klassischen
Erscheinungen sollten vor allem Wachstumsund Pubertätsverzögerung, Hepatitis, Anämie
durch Eisenmangel (vor allem in jenen Fällen,
die nicht auf oral verabreichte Eisenkuren ansprechen), chronische Müdigkeit, häufige
Bauchschmerzen und wiederkehrende aphthöse Stomatitis erwähnt werden. Außerdem
gibt es silente Formen der Zöliakie, bei denen die Betroffenen keine offensichtlichen
Beschwerden aufweisen und die somit durch
Zufall entdeckt werden, z. B. durch eine
Screening-Untersuchung der Familienangehörigen eines Kindes mit Zöliakie. Bedeutet
diese klinische Verschiedenartigkeit der Zöliakie vielleicht, dass es verschiedene Formen der
Zöliakie auch in Bezug auf die Intensität der
Erkrankung oder auf das Komplikationsrisiko gibt? Im Wesentlichen lautet die Antwort
„nein“, da alle Fälle von Zöliakie, ob typisch,
atypisch oder silent, dieselben Autoimmunalterationen im Blut (Antikörper) und dieselbe
Typologie der Darmschleimhautschädigung
bei der Biopsie aufweisen. Auch das Komplikationsrisiko bleibt unverändert, da allgemein bekannt ist, dass beispielsweise eine
silente Form der Zöliakie Komplikationen
wie Osteoporose, neurologische Erkrankungen oder die Immunität gegenüber der
diätetischen Behandlung hervorrufen kann,
wenn sie nicht behandelt wird. Daher sollte,
trotz der Chamäleonartigkeit der Zöliakie,
die diätetische Behandlung immer dieselbe
sein, d. h. eine strikte glutenfreie Ernährung.
Zu klären bleibt allerdings, welche die beste
Strategie ist, um sämtliche Formen der Zöliakie zu erkennen, einschließlich jener, die
klinisch am abstraktesten sind. Bisher wurde
angenommen, dass die beste Lösung das sogenannte Case-Finding sei, d. h. die Ermittlung
von Zöliakie innerhalb der Risikogruppen in
Bezug auf Symptome oder Begleiterscheinungen. Die aktuellen Daten zeigen jedoch, dass
auf diese Weise nicht mehr als 30 % der gesamten Zöliakiefälle ermittelt werden können,
während die restlichen 70 % der Diagnose entrinnen und somit weiterhin dem Komplikationsrisiko ausgesetzt sind. Aus diesem Grund
gewinnt unter den Experten die Hypothese
an Beachtung, ein allgemeines Screening der
Bevölkerung im Kindesalter in Erwägung zu
ziehen. Dieser Ansatz ist heute nicht nur umsetzbar, sondern könnte auch durch eine Art
„Vor-Screening-Filter“ vereinfacht werden, der
auf der Erforschung der Gene mit Veranlagung
zu Zöliakie beruht. Somit könnten die Blutproben auf jene Kinder beschränkt werden,
die eine entsprechende genetische Veranlagung
aufweisen. Diese innovative Diagnosestrategie
würde es endlich ermöglichen, das Chamäleon
der Zöliakie auch dann zu erkennen, wenn dieses sein Aussehen verändert.
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Die Weltkarte der Zöliakie
In diesem Artikel wird die abwechselnde Häufigkeit erörtert, mit der Zöliakie in „Zeit und Raum“ auftritt. Diese
Information ist nicht nur für statistische Zwecke relevant, sondern dient vor allem dazu, Hypothesen über jene
Faktoren zu formulieren, die zur Entwicklung dieser in der heutigen Gesellschaft derart verbreiteten Pathologie
beitragen.
PROFESSOR CARLO CATASSI
Professor für Pädiatrie an der
Polytechnischen Universität in den
Marken (Italien), Gastprofessor für
Pädiatrie und Co-Direktor für das
Forschungszentrum „Center For
Celiac Research“ der University
of Maryland, Baltimore, USA,
Koordinator des wissenschaftlichen
Komitees von Dr. Schär.
Es ist anzunehmen, dass
Schwankungen zwischen den
Ländern auf bekannte Umweltfaktoren wie Kinderernährung,
Darminfektionen und die
Typologie der Darmflora
zurückzuführen sind.
2
Infolge der Entwicklung von einfachen aber
zuverlässigen Diagnoseverfahren, die es ermöglichten, die Häufigkeit der Krankheit in
verschiedenen kulturellen und geografischen
Zonen zu untersuchen, hat die Forschung über
die Epidemiologie der Zöliakie einen enormen Auftrieb erfahren. Diese Untersuchungen, zu denen der Nachweis von Antikörpern
gegen Gliadin, gegen Transglutaminase und
gegen Endomysium sowie der HLA-Test für
die genetische Veranlagung zählen, können
nämlich durch die einfache Entnahme einiger Blutstropfen durchgeführt werden. Dabei
ist es möglich, die Proben auch andernorts zu
analysieren, wenn vor Ort die notwendige Laborausstattung nicht verfügbar ist, wie z. B. in
manchen Entwicklungsländern. Die weltweit
flächendeckend durchgeführte Forschung hat
eine interessante Landkarte über die Häufigkeit
der Zöliakie auf der Welt hervorgebracht, auf
die wir im Folgenden kurz eingehen werden.
In der Vergangenheit wurde Zöliakie als eine
seltene Krankheit angesehen, die fast ausschließlich auf die europäische Bevölkerung
und auf die Altersgruppe der Kinder begrenzt
war. Die ersten flächendeckenden Untersuchungen mittels der oben genannten Tests, die
seit den 1980er-Jahren durchgeführt wurden,
haben eine ganz andere Realität ans Licht gebracht: Zöliakie ist eine der absolut häufigsten Pathologien, zumindest in Bezug auf
jene, die lebenslang andauern, und betrifft
gleichermaßen Kinder und Erwachsene mit
einer gewissen Präferenz für das weibliche Geschlecht (Verhältnis Männer/Frauen = 1:1,52)! In Italien und allgemein in Europa, das als
Wiege der Forschung in diesem Bereich gilt,
liegt die durchschnittliche Prävalenz der Zöliakie bei ca. 1 % der Bevölkerung, allerdings
mit beträchtlichen Unterschieden von einem
Land zum anderen: So sind z. B. in Deutschland „nur“ 0,2 % von Zöliakie betroffen,
während sie in Finnland über 2 % der Bevölkerung betrifft. Da die genetischen Unterschiede zwischen diesen Völkern sehr gering
sind, ist anzunehmen, dass die oben genannten
Schwankungen vor allem auf noch wenig bekannte Umweltfaktoren zurückzuführen sind,
darunter Kinderernährung, Darminfektionen
Skizze einer neuen Epidemiologie der Zöliakie, geprägt von Zuwächsen in den klassischen Gebieten und einer Ausbreitung in neuen Regionen der Welt
und die Typologie der Darmflora (sog. Mikrobiom). Eine durchschnittliche Häufigkeit von
1 % wurde auch in anderen Ländern festgestellt, in denen die Bevölkerung hauptsächlich
europäischen Ursprungs ist, darunter die USA,
Australien und Argentinien.
Die epidemiologische Forschung hat eine weitere beunruhigende Tatsache hervorgebracht: In
der westlichen Welt nimmt die Zöliakie weiterhin zu. In den USA ist z. B. die Häufigkeit
im Laufe der letzten 40 Jahre von zwei pro Tausend Fällen auf zehn pro Tausend Fällen (1 %)
gestiegen. Diese alarmierende Tatsache weist
ebenfalls darauf hin, dass Umweltfaktoren eine
entscheidende Rolle spielen, z. B. die Verbreitung von immer „giftigerem“ Getreide und die
geringere Teiggärung beim Backen.
Parallel zu den epidemiologischen Forschungen
hat sich das Konzept des „Eisbergs der Zöliakie“ entwickelt. Die Anzahl der Zöliakiefälle,
die durch Symptome aufgedeckt wurden, liegt
nämlich trotz des stetigen Anstiegs noch weit
unter der vorher genannten Gesamtprävalenz.
Ein Anteil von ca. 70-80 % der Fälle entgeht
der Diagnose (Teil des Eisbergs, der unter Wasser liegt), vor allem durch nicht eindeutige oder
gar nicht vorhandene Symptome, mit dem Risiko späterer Komplikationen aufgrund der fehlenden diätetischen Behandlung der Krankheit.
In den Entwicklungsländern ist die epidemiologische Realität noch weitaus beunruhigender als in der westlichen Welt. In erster Linie
wurde das Ammenmärchen enttarnt, laut dem
die Zöliakie hauptsächlich Europäer betreffen
Eine ähnliche Häufigkeit (ca. 1 %) wie in Europa
wurde auch in den Bevölkerungen Nordafrikas, des Nahen Ostens
und Indiens festgestellt.
sollte: Eine ähnliche Häufigkeit der Krankheit
(ca. 1 %) wurde nämlich in den Bevölkerungen
Nordafrikas, des Nahen Ostens und Indiens
festgestellt. Es konnte sogar ein afrikanisches
Volk ermittelt werden, und zwar die aus der
westlichen Sahara stammenden Saharawis, bei
dem Zöliakie eine endemische Verbreitung von
6-7 % unter den Kindern aufweist. Die Gründe
für eine derartige Häufigkeit sind unbekannt,
aber es wird vermutet, dass diese Situation auf
eine plötzliche Änderung der Essgewohnheiten
der Saharawis zurückzuführen ist: Dieses Volk
ernährte sich in der Vergangenheit vor allem
von Kamelmilch und -fleisch. Nach der Kolonialisierung durch die Spanier, nahmen sie europäische Ernährungsgewohnheiten an, wobei
der Konsum von Getreideprodukten drastisch
zunahm. In den Entwicklungsländern können
durch eine nicht diagnostizierte Zöliakie äußerst schwerwiegende Formen einer proteinkalorischen Mangelernährung hervorgerufen
werden, die folglich das Risiko anderer Erkrankungen und der Kindersterblichkeit erhöhen.
Aufgrund des mangelnden Bewusstseins über
Zöliakie unter den Ärzten und der geringen
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Das Konzept des
„flächendeckenden“ Screenings
beginnt, sich durchzusetzen.
Verfügbarkeit von Diagnosetests machen die
diagnostizierten Fälle nur einen Bruchteil der
gesamten betroffenen Bevölkerung aus. In Indien wird z. B. geschätzt, dass es neben einigen tausend diagnostizierten Fällen im ganzen
Land, zwischen fünf und zehn Millionen Zöliakiebetroffene gibt (ein Eisberg der Zöliakie,
der also beinahe zur Gänze unter Wasser liegt).
Aufgrund der vorher erläuterten Situation
scheint die Frage nach der wirksamsten Strategie berechtigt, um jene Fälle „an die Oberfläche zu bringen“, die der Diagnose entgehen.
Als bisher häufigste Option wurde dazu geraten, die Krankheit durch die dafür vorgesehenen Diagnosetests bei allen Personen zu ermitteln, die zu den „Risikogruppen“ gehören,
DIAGNOSTIZIERTE
ZÖLIAKIE
NICHT DIAGNOSTIZIERTE
ZÖLIAKIE
darunter z. B. Verwandte von Zöliakiepatienten, Menschen mit Autoimmunerkrankungen
oder mit Symptomen, die eine Zöliakie suggerieren könnten, etwa ein geringes Wachstum,
anhaltende Darmstörungen, Anämie usw.
Diese Strategie, die als „Case-Finding“ bekannt ist, ist aus ethischer Sicht und aufgrund
der niedrigen Kosten gerechtfertigt, jedoch
weist sie eine geringe Wirksamkeit auf, da
hierdurch nicht mehr als 30 % der Fälle diagnostiziert werden können. Aus diesem Grund
beginnt sich das Konzept des „flächendeckenden“ Screenings durchzusetzen, das auf der
Durchführung eines Bluttests zur Ermittlung
der Zöliakieantikörper bei allen Kindern beruht, z. B. bei Eintritt in die Pflichtschule (also
im Alter von ca. sechs Jahren). Die Wirksam-
FORMEN
DER ZÖLIAKIE
keit dieser Strategie könnte dadurch gegeben
sein, dass die genetische Veranlagung bei der
Geburt überprüft wird (der HLA-Test kann,
wie andere Neugeborenenscreenings, mittels
eines Bluttropfens durchgeführt werden), um
die Zahl der Antikörper-Tests auf jene Kinder
zu begrenzen, deren genetischer Test ein positives Ergebnis aufwies.
Abschließend kann also bestätigt werden,
dass die Weltkarte der Zöliakie weitaus dichter „besiedelt“ ist, als in der Vergangenheit
angenommen. Dies bedarf großer Aufmerksamkeit seitens des Gesundheitswesens sowohl
in der westlichen Welt als auch in den Entwicklungsländern. Die epidemiologische Erforschung der Zöliakie trägt dazu bei, die möglichen Umweltfaktoren zu identifizieren, die
für die Häufigkeitsschwankungen verantwortlich sind. In der Praxis ist ein gesteigertes
Bewusstsein bezüglich dieser „chamäleonartigen“ Pathologie notwendig, ebenso wie
eventuelle Strategien eines Massenscreenings,
um den Eisberg der Zöliakie, also die zahlreichen nicht diagnostizierten Fälle, so weit wie
möglich an die Oberfläche zu bringen.
klassische
Zöliakie
symptomatische
Zöliakie
subklinische
Zöliakie
refraktäre Zöliakie
potenzielle Zöliakie
QUELLE
Catassi C, Gatti S, Fasano A
„The New Epidemiology of Celiac Disease“
Journal of Pediatric Gastroenterology &
Nutrition, July 2014 Volume 59
4
Analyse von Ernährungsmustern
bei Menschen mit und ohne Zöliakie
Wie ausgewogen ist die Ernährung von Zöliakiepatienten? In diesem Artikel stellt Nicoletta Pellegrini ihre Studie
vor, die sich genau mit diesem Thema auseinandersetzt.
Als einzige therapeutische Behandlungsmöglichkeit bei Zöliakie gilt eine glutenfreie Diät,
bei der alle glutenhaltigen Nahrungsmittel
ausgeschlossen und durch Produkte ersetzt
werden, die aus glutenfreien Getreiden hergestellt werden. Obwohl die Einhaltung der
glutenfreien Diät einerseits eine Remission
der Symptome und die Wiedererlangung eines
guten Gesundheitszustandes bedeutet, stellt
sich andererseits innerhalb der Wissenschaftsgemeinschaft die Frage, ob diese Diät auch aus
ernährungstechnischer Sicht angemessen ist.
Verschiedene Studien, die im Laufe der letzten zehn Jahre durchgeführt wurden, haben
nämlich – wenn auch mit widersprüchlichen
Ergebnissen – gezeigt, dass Zöliakiepatienten
nicht die empfohlenen Mengen einiger wichtiger Nährstoffe aufnehmen. Die meisten Studien deuten darauf hin, dass Personen, die an
Zöliakie leiden, weniger komplexe Kohlenhydrate, Ballaststoffe, Folate, Kalzium und Eisen
aufnehmen, dafür aber mehr Proteine und
INFO
Häufigkeitsfragebogen
(Food Frequency Questionnaire)
Der Fragebogen bezieht sich auf
den Lebensmittelverzehr während
des vergangenen Jahres und
erfasst 148 Lebensmittelitems.
Für jedes Item wird nach der
durchschnittlichen Verzehrmenge
(vorgegebene Portionen) und der
Verzehrhäufigkeit (1- bis 6-mal
pro Tag, Woche, Monat oder Jahr)
gefragt. Farbfotos vereinfachen
die Bestimmung von Portionsgrößen für Lebensmittelitems, die
nicht in üblichen Haushaltsmengen verzehrt werden.
Energie aus Gesamtfetten und gesättigten Fetten empfohlen. Deshalb liegt die Vermutung
nahe, dass eine glutenfreie Diät auf lange Sicht
nicht ausgewogen ist. Mit dem Ziel, einen
Beitrag zur Ermittlung der Qualität einer glutenfreien Ernährung unter den italienischen
Zöliakiebetroffenen zu leisten, führen wir derzeit in Zusammenarbeit mit dem „Zentrum
für Prävention und Diagnose von Zöliakie“
der Universität Mailand eine Studie mit einer
Gruppe von 300 Personen (150 Zöliakiepatienten und 150 Nicht-Zöliakiepatienten)
durch. Die freiwilligen Teilnehmer wurden
aufgrund einer Reihe von Inklusionskriterien
ausgewählt, wie z. B. das Alter (zwischen 18
und 70 Jahren), das Vorhandensein regelmäßiger Essgewohnheiten – und somit, im Falle
der Zöliakiepatienten, die Einhaltung der glutenfreien Diät seit mindestens zwei Jahren –,
die Abwesenheit von Stoffwechselerkrankungen oder chronischen Erkrankungen sowie die
Abwesenheit von besonderen physiologischen
Zuständen oder von speziellen Diäten. Um
die Ernährungsgewohnheiten zu ermitteln,
wurden zwei Erhebungsinstrumente gewählt: ein Tagebuch, in dem jeder Teilnehmer alle Nahrungsmittel und Getränke auflistet, die im Laufe einer Woche eingenommen
werden, und einen Häufigkeitsfragebogen
(Food Frequency Questionnaire), der den
Freiwilligen während der Erstvisite zur Aufnahme in die Probandengruppe vorgelegt
wurde. Ersteres ermöglicht eine detaillierte
Ermittlung der Ernährungsgewohnheiten, beschränkt sich jedoch nur auf jene Nahrungsmittel, die im Laufe einer Woche konsumiert
wurden, und beschreibt somit nicht ausführlich die allgemeinen Essgewohnheiten einer
NICOLETTA PELLEGRINI
Department of Food Science,
University of Parma
Es wird vermutet, dass
glutenfreie Diät auf lange Sicht
nicht ausgewogen ist.
Kohlenhydrate
Ballaststoffe
Eisen
Kalzium
FolateEnergie
Proteine
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Person. Das zweite Instrument gibt hingegen
einen allgemeineren Einblick, da es sich auf
die Ernährung des gesamten Vorjahres bezieht, allerdings auf weniger detaillierte Weise.
Durch den Einsatz beider Instrumente können Komplementärinformationen ermittelt
werden. Gleichzeitig wird auch der Häufigkeitsfragebogen ausgewertet, der ursprünglich
für den gesunden Teil der allgemeinen Bevölkerung entwickelt wurde, um dann unsere
Studie auch auf weitere italienische Zentren
auszuweiten und somit Informationen über
eine breitere Stichprobengruppe von Zöliakiepatienten zu erhalten. Die vorläufigen
Ergebnisse lassen vermuten, dass Zöliakiepatienten zu viel Energie durch Fette,
speziell gesättigte Fette, und Natrium aufnehmen, was wahrscheinlich auf einen erhöhten Konsum von Süßigkeiten zurückzuführen ist, während nur ein kleiner Anteil
eine angemessene Zufuhr von Kalzium, Eisen,
Folaten und Ballaststoffen aufweist. Der Abschluss der Studie, der zum Jahresende 2014
erfolgen soll, wird eine Vielzahl von Informationen über die Ernährung von Zöliakiepatienten ans Licht bringen, die dazu dienen
sollen, die Ernährungsgewohnheiten der Betroffenen zu verbessern.
Eine Präsentation zu dieser Studie finden
Sie auf der Webseite des Dr. Schär Institutes
(http://www.drschaer-institute.com/de/elearning/webinars-und-vortraege/zoeliakie/).
Über die finalen Studienergebnisse werden wir
Sie informieren.
QUELLEN
Grehn, S., Fridell, K., Lilliecreutz, M., Hallert, C.,
Dietary habits of Swedish adult coeliac patients
treated by a glutenfree diet for 10 years. Scand. J.
Nutr. 2001, 45, 178–182.
Wild, D., Robins, G. G., Burley, V. J., Howdle, P. D.,
Evidence of high sugar intake, and low fibre and
mineral intake, in the gluten-free diet. Aliment.
Pharmacol. Ther. 2010, 32, 573–581.
Kinsey, L., Burden, S.T., Bannerman, E., A dietary
survey to determine if patients with coeliac disease are meeting current healthy eating guidelines
and how their diet compares to that of the British
general population. Eur. J. Clin. Nutr. 2008, 62,
1333–1342.
Hallert, C., Grant, C., Grehn, S., Grännö, C.,
Hultén, S., Midhagen, G., Ström, M., Svensson, H.,
Valdimarsson, T. Evidence of poor vitamin status in
coeliac patients on a gluten-free diet for 10 years.
Aliment. Pharmacol. Ther. 2002, 16, 1333-1339.
Dall’Asta C., Scarlato A.P., Galaverna G., Brighenti
F., Pellegrini N. Dietary exposure to fumonisins and
evaluation of nutrient intake in a group of adult celiac patients on a gluten-free diet. Mol. Nutr. Food
Res. 2012, 56, 632–640.
Bardella M.T., Fredella C., Prampolini L., Molteni
N., Giunta A.M., Bianchi P.A. Body composition and
dietary intakes in adult celiac disease patients consuming a strict gluten-free diet. Am. J. Clin. Nutr.
2000, 72, 937-939.
INFO
6
Dr. Schär bemüht sich stetig, seine Produkte an die ernährungsphysiologischen Bedürfnisse von Zöliakiepatienten anzupassen. Zahlreiche unserer Produkte des täglichen
Bedarfs wie z.B. Brot sind reich an Ballaststoffen, die speziell in der glutenfreien
Ernährung eine besonders wichtige Rolle spielen. Auch der Salzgehalt unserer Produkte
ist wesentlich reduziert worden. Damit entsprechen wir Empfehlungen aus Ernährungswissenschaft und Anforderungen des Verbraucherschutzes zum Wohle der Gesundheit
unserer Konsumenten. Wir reduzieren laufend den Zuckeranteil unseres Süß-Sortiments
und verzichten dabei gänzlich auf chemische Süßstoffe.
Thompson T., Dennis M., Higgins L.A., Lee A.R.,
Sharrett M.K. Gluten-free diet survey: are Americans with coeliac disease consuming recommended
amounts of fibre, iron, calcium, and grain foods? J.
Hum. Nutr. Diet. 2005, 18, 163-169.
Shepherd SJ, Gibson PR. Nutritional inadequacies
of the gluten-free diet in both recently-diagnosed
and long-term patients with coeliac disease. J Hum
Nutr Diet. 2013;26(4):349-58.
Compliance bei glutenfreier Ernährung
Das Einhalten der glutenfreien Ernährung ist nicht immer einfach. Es gibt verschiedene Faktoren, die das Ernährungsverhalten von Zöliakiebetroffenen beeinflussen.
Einleitung
Die einzige Behandlungsmöglichkeit einer
Zöliakie ist eine lebenslange glutenfreie Ernährung. Die glutenfreie Diät hat sich von
der einstigen Bananen-Diät (siehe Infokasten), einer sogenannten Ausschlussdiät, zu
einer Ernährungsform gewandelt, die viele
von Natur aus glutenfreie Lebensmittel sowie
zahlreiche glutenfreie Fertigprodukte umfasst.
Trotzdem muss angemerkt werden, dass Essen weitaus mehr ist als das reine Stillen der
physiologischen Bedürfnisse nach Nährstoffen.
Es ist häufig in das Geflecht unseres Lebens
verstrickt, das aus kulturellen, sozialen und
emotionalen Bedürfnissen besteht. Aus den
Schlussfolgerungen einiger Studien zur Lebensqualität geht hervor, wie schwierig es vor
allem in gesellschaftlichen Situationen ist, eine
Diät einzuhalten, gerade bei einer Erkrankung,
deren einzige Behandlung in einer strikten, lebenslangen Ernährungsumstellung besteht.
Die Gründe für die Nichteinhaltung der Diät
sind ebenso vielfältig wie deren Folgen.
INFO
Jahrelang galt die sogenannte
„Bananen-Diät“ als einzige Behandlungsmöglichkeit bei Kindern
mit Zöliakie. In den 1880er-Jahren
wurde sie von Dr. Samuel Gee gefördert. Kinder erhielten eine Diät aus
Bananen, Reis und Sahne. Aufgrund
des Ausschlusses von Gluten ging es
ihnen nach kurzer Zeit besser.
Glutenfreie Ernährung und
Lebensqualität
Verschiedene Studien haben den Zusammenhang zwischen der Starrheit einer glutenfreien
Diät, der Einhaltung der Diät und dem Lebensqualitätswert beschrieben. 1, 2, 3, 4, 5, 6 Einige dieser
Studien beschreiben eine zunehmende Angst in
Zusammenhang mit gesellschaftlichen Anlässen. 7, 8 In der Studie von Gray berichten 74 %
der Studienpopulation (n= 788) von Angst und
Depression. Vor der Diagnose waren es hingegen
nur 50 %. 7 Angst und Besorgnis hängen oft damit zusammen, in Gesellschaft von Freunden zu
sein, sich anders zu fühlen, Angst vor der Kontamination der eigenen Speisen zu haben. 2, 6, 9 In
den Studien von Lee et al 3, 1 sind, ähnlich wie
in europäischen Studien, vor allem die Bereiche
„Essen außer Haus“, „Reisen“, „Soziale Interaktion“ und „Arbeit“ am negativsten besetzt. Allerdings gibt es in diesen Studien, im Gegensatz zu
den europäischen, keinen signifikanten Unterschied zwischen den Geschlechtern. 10
Von einer ähnlich negativen Auswirkung auf
den sozialen Bereich der Lebensqualität berichtet Cranney et al. 3 Cranney stellt fest, dass
81 % der Befragten Restaurants meiden,
38 % vermeiden es zu reisen und 91 % bringen ihr eigenes glutenfreies Essen auf Reisen
mit, um die glutenfreie Diät einhalten zu
können. 3 In einer anderen Studie 2 wird die
emotionale und soziale Last der Diät als Grund
dafür angegeben, gesellschaftliche Aktivitäten
zu meiden, wobei der allgegenwärtige negative
Einfluss der Diät auf das Leben des Einzelnen
unterstrichen wird.
Compliance-Probleme
Zahlreiche Studien haben über die Compliance
bei Zöliakie berichtet. 11, 12, 13, 14, 9, 4, 15, 7 Laut einer
Studie, die Briten mit südasiatischer und solche mit kaukasischer Herkunft vergleicht, halten die Südasiaten weniger strikt an der glutenfreien Diät fest. 16 Die südasiatischen Patienten
neigen weniger dazu, eine Ernährungsberatung
aufzusuchen, sich Zöliakie-Selbsthilfegruppen
anzuschließen und sich mit Informationen von
Ärzten und Ernährungsberatern zu befassen. 16
ANNE ROLAND LEE,
EDD, RD, LD
Director of Nutritional Services
Schar USA
Zuvor arbeitete sie als Ernährungstherapeutin im Celiac Disease Centre an
der Columbia University im Bereich
Patientenbetreuung und Forschung.
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In der jüngsten Studie aus den USA geben
nur 45,5 % der afroamerikanischen Patienten
an, sich trotz Zöliakie, die mittels Biopsie erwiesen wurde, strikt an die glutenfreie Diät zu
halten. 17
Weitere Studien zeigen außerdem, dass das
Alter eine Rolle bei der Einhaltung der Diät
spielt. 2 In Barratts Studie an Zöliakiepatienten
im Vereinigten Königreich geben nur 4 % der
Teilnehmer unter 35 Jahren an, die Diät strikt
zu befolgen, und 12 % der Unter-35-Jährigen
bestätigen eine teilweise Einhaltung der Diät 2
im Gegensatz zu den Über-36-Jährigen in derselben Studienpopulation. Die Gründe für die
Non-Compliance reichen von der Schwierigkeit der Einhaltung beim Essen außer Haus
über den gesellschaftlichen Umgang bis hin
zu persönlichen Beziehungen. Heirat oder Geschlecht gelten nicht als entscheidende Faktoren für die Compliance. 2
Das Alter spielt eine Rolle bei
der Einhaltung der Diät. Nur 4 %
der Unter-35-Jährigen geben an,
die Diät strikt zu befolgen.
8
In einer Studie mit 123 Jugendlichen mit
Zöliakie gaben 65 % an, die glutenfreie Diät
strikt zu befolgen, 23,6 % gestanden, sich trotz
ärztlicher Verschreibung einer glutenfreien
Diät weizenhaltig (also nicht glutenfrei) zu
ernähren, und 11,4 % gaben zu, gelegentlich
weizenhaltige Lebensmittel zu konsumieren. 11
Die Jugendlichen seien sich allerdings völlig
bewusst über die Missachtung der Diät und erklärten, die Diät zu unterbrechen, um Schwierigkeiten in gesellschaftlichen Situationen zu
vermeiden. 11 Jene, die sich nicht an die glutenfreie Diät hielten, berichteten über mehr Symptome als die anderen beiden Gruppen. Die
Antikörperspiegel waren in allen drei Gruppen
hoch, wobei das höchste Niveau 27,5 bei jenen festgestellt wurde, die keine glutenfreie
Diät befolgten, und 18,7 sowie 14,2 respektive
bei jenen, die eine strikte glutenfreie Diät bzw.
eine einigermaßen strikte glutenfreie Diät befolgten. Die erhöhten Antikörperspiegel standen im Zusammenhang mit den Veränderungen der Zotten, die mittels Darmbiopsien an
den Betroffenen festgestellt werden konnten. 11
Green stellte fest, dass Betroffene in verschiedenen gesellschaftlichen Situationen, z. B.
beim Essen in Restaurants, auf Partys und
bei sonstigen Anlässen außer Haus, „absichtlich schummelten“. Nur 68 % der Teilnehmer
gaben an, die Diät „ständig“ zu befolgen und
30 % erklärten, die Diät „meistens“ einzuhalten. 18 Zwar können diese Daten im Vergleich
zu den Ergebnissen bei Erhebungen anderer
Diäten als positiv gewertet werden, doch sind
die Folgen eines Verstoßes gegen die Diät für
den Zöliakiebetroffenen gravierend. Es besteht
ein erhöhtes Risiko von Infertilität, peripheren
Neuropathien, Knochenschwund, Lymphomen und Krebserkrankungen des Dünndarms
und der Speiseröhre. 19
Ähnliche Resultate ergab auch eine Umfrage unter Jugendlichen. 6 Die im Selbstbericht
angegebenen Compliance-Raten wurden anschließend mit den Antikörperspiegeln der
Jugendlichen und den Befunden der Darmbiopsien verglichen. Die Gruppe jener, die zugaben, die Diät nicht zu befolgen, wies verschiedene Stufen von Darmbeschädigungen und
Schleimhautanomalien auf. Interessanterweise
gab es auch unter jenen, die angegeben hatten,
sich strikt an die glutenfreie Diät zu halten, Anzeichen von Schleimhautanomalien. 6
Ciacci schloss daraus, dass auch jene, die angegeben hatten, sich strikt an die glutenfreie Diät
zu halten, diese doch nicht streng genug eingehalten hatten. Eine Folgestudie kam zu dem Ergebnis, dass das Maß der subjektiv wahrgenommenen Diät-Compliance in starkem Kontrast
zur tatsächlichen Compliance stand. 1 Bei der
Befragung eines Querschnitts von 50 Probanden mit Zöliakie über deren generelle Einhaltung der Diät gaben sowohl Männer als auch
Frauen ein sehr hohes Maß an Compliance an
(98 %). Auf genauere Nachfrage, unter welchen
Umständen sie speziell Gluten zu sich nähmen,
gaben jedoch beide Geschlechter zu, häufig
von der Diät abzuweichen. 81 % der Männer
gaben an, bei gesellschaftlichen Aktivitäten, in
Restaurants (82 %) und im Beisein von Freunden (58 %) bewusst Gluten zu sich zu nehmen.
Frauen gaben häufiger als Männer zu, von der
Diät abzuweichen. 88 % der Frauen gaben
an, bei gesellschaftlichen Anlässen und im
Restaurant von der Diät abzuweichen, 67 %
der Befragten hielten die Diät in Gesellschaft
von Freunden nicht ein. 1
Schlussfolgerung
Diese Studien zeigen die Notwendigkeit weiterer Forschungen im Bereich der Nichteinhaltung von glutenfreien Diäten auf. Da die
Nichteinhaltung der Diät häufig im gesellschaftlichen Faktor der Lebensqualität begründet liegt, sind Studien zur Erforschung von
Methoden, um das Gefühl der Isolation zu
verringern und das Gefühl von Zugehörigkeit,
Akzeptanz und Normalität der Ernährungseinschränkung zu stärken, notwendig.
Praxis-Tipps
Der Grundstein der Therapie von Patienten
mit glutenbedingten Beschwerden ist die Einhaltung einer glutenfreien Diät. Der Patient
benötigt unter anderem konkrete Lösungen
für das tägliche Leben. Hier finden Sie einige
Vorschläge, die auf den neuesten Forschungsergebnissen basieren.
Stellen Sie Informationsmaterial zur Verfügung, um den unmittelbaren Informationsbedarf des Patienten zu stillen. Eventuell sollte
das Informationsmaterial je nach Bedarf in
„Überlebenstechniken“ (welche Lebensmittel
sind glutenfrei und was muss vermieden werden, wo gibt es vor Ort glutenfreie Lebensmittel), Tipps für das tägliche Leben (Etiketten
lesen, Rezepte usw.) und langfristige Bewältigungsstrategien (Essen außer Haus und auf
Reisen) aufgeteilt werden.
Nehmen Sie sich bei Folgeberatungen genügend Zeit, um sich nach der Umstellung auf
die glutenfreie Diät und dem neuen Lebensstil
des Patienten zu erkundigen.
Fordern Sie die Familie des Patienten auf,
an den Folgeberatungen teilzunehmen. Dies
stellt eine gute Gelegenheit dar, um über die
Anpassung des Lebensstils zu sprechen.
Geben Sie Ihrem Patienten Namen und
Kontaktdaten der örtlichen Selbsthilfegruppe
weiter. Persönliche Betreuung erhöht die Einhaltungsquote der Diät, stärkt das Gefühl der
Unterstützung und verringert das Gefühl der
Isolation.
INFO
Das Dr. Schär Institute stellt
viele Infomaterialien rund um das
Thema Zöliakie und glutenfreie
Ernährung zur Weitergabe an
Patienten zur Verfügung.
www.drschaer-institute.com/
de/infomaterial/
Zöliakie – was ist das?
Zöliakie ist eine dauerhafte Unverträglichkeit gegenüber Gluten, einem Eiweiß das in Weizen,
Roggen, Gerste, Hafer und Dinkel enthalten ist. Der Genuss von glutenhaltigen Lebensmitteln
führt bei Zöliakiebetroffenen zu einer chronischen Entzündung und Rückbildung der Dünndarmzotten. Dadurch können Nährstoffe nicht oder nur mehr teilweise aufgenommen werden.
Die Folge sind Mangelerscheinungen wie z. B. Eisen-, Vitamin- und Spurenelementmangel.
SYMPTOME
10 TIPPS IM UMGANG MIT ZÖLIAKIE
Verschiedene Symptome können auf Zöliakie hindeuten. Typisch sind
Duchfall, Gewichts- und Kraftverlust, Bauchschmerzen, Blähungen und
Wachstumsstörungen. Andere Symptome können z. B. Eisenmangel,
Müdigkeit, Osteoporose Vitamin- und Mineralstoffmangel sein. Auch andere immunologische Erkrankungen können auf eine Zöliakie hinweisen
wie Diabetes Typ 1, Schilddrüsenerkrankungen und Nahrungsmittelintoleranzen (z. B. Laktoseintoleranz, Fruktosemalabsorption). Bei Auftreten dieser
Symptome und Verdacht auf Zöliakie sollte zur eindeutigen Diagnosestellung der Arzt hinzugezogen werden.
PRÄVALENZ
Zöliakie tritt weit häufiger auf als man vermutet und
kann in jedem Alter auftreten. Bis zu 1% der Bevölkerung ist betroffen. Von 7-10 potenziellen Zöliakiepatienten ist nur bei einem Zöliakie tatsächlich
diagnostiziert.
1.
Informieren Sie sich umfassend bei Ihrem Arzt,
Ihrer Krankenkasse oder einem Ernährungsberater
über glutenfreie Ernährung.
2.
Verzehren Sie nur Lebensmittel, die sicher
glutenfrei sind. Lesen Sie grundsätzlich das Etikett
und die Zutatenliste, denn in vielen Lebensmitteln
ist versteckt Gluten enthalten.
3.
Sehr viele Lebensmittel sind bereits von Natur
aus glutenfrei: Fleisch, Fisch, Eier, Kartoffeln, Reis,
Gemüse, Obst, Milch und viele Milchprodukte.
4.
Glutenfreie Produkte können Sie im dm drogerie markt, im Reformhaus sowie in einigen
Lebensmittelgeschäften finden.
5.
Es gibt viele Hersteller, z. B. Schär und DS, die
spezielle glutenfreie Produkte wie Brot, Pasta, Kekse,
Kuchen und tiefgekühlte Fertiggerichte herstellen.
Backen
6.
Achten Sie beim Einkauf auf das
Symbol der durchgestrichenen Ähre
und/oder die Aufschrift „glutenfrei“,
das Glutenfreiheit garantiert.
7.
Informieren Sie Ihr persönliches Umfeld über
Ihre Ernährungssituation.
8.
Achten Sie zu Hause bei der Zubereitung
glutenfreier Speisen darauf, die Arbeitsflächen
und Geräte gut zu reinigen, um eine Verunreinigung mit Gluten zu vermeiden.
9.
Ermutigen Sie Patienten, denen die neue
Ernährungsweise oder die Einhaltung der Diät
schwerfällt, sich an Selbsthilfegruppen oder an
die Familienberatung zu wenden.
Dr. Schär GmbH
Winkelau 9, I-39014 Burgstall (BZ)
[email protected], www.schaer.com, www.ds4you.com
Kostenlose Servicenummer:
0800 181 35 37 (D), 0800 291 728 (A), 0800 837 107 (CH)
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Werden Sie Mitglied bei Ihrer landeseigenen
Zöliakiegesellschaft, um Informationen zu bekommen und Kontakt mit anderen Betroffenen aufzunehmen.
10.
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FORUM | GLUTEN-FREE | JOURNAL FOR HEALTH CARE PROFESSIONALS | AUSGABE 03/2014
Was ist eine refraktäre Zöliakie
und wie wird sie diagnostiziert –
Einblick in die aktuelle Forschung
Die Zöliakie lässt sich in verschiedene Formen einteilen. Dieser Artikel beschäftigt sich mit der refraktären Zöliakie
und ihrer Diagnose.
Hintergrund
DR. MED. MICHAEL SCHUMANN
Medizinische Klinik für Gastroenterologie, Infektiologie und Rheumatologie,
Charité, Campus Benjamin Franklin,
Berlin
10
Eine Zöliakie lässt sich in aller Regel gut mit
einer glutenfreien Diät behandeln. Bei einem
sehr kleinen Anteil aller Zöliakie-Betroffenen
(ca. 0,5 % aller Betroffenen) entsteht allerdings
eine refraktäre Zöliakie, d. h., es entwickelt
sich eine erneute Zöliakie-ähnliche Erkrankung trotz der gewissenhaften Einhaltung einer glutenfreien Diät. Diese gilt es sicher zu
erkennen, da bei einigen Patienten mit refraktärer Zöliakie sich schwerwiegende Folgeerkrankungen (z. B. eine Lymphomerkrankung,
d. h. eine bösartige Erkrankung bestimmter
Entzündungszellen) entwickeln können. Um
solche Situationen zu erkennen, ist die aktuelle Diagnostik bereits aufwendig und umfasst
Untersuchungen der Zellen und des Erbmaterials (Desoxyribonukleinsäure, DNS) aus
dem bei einer Gastroskopie (d. h. Magen- und
Dünndarmspiegelung) gewonnenen Gewebe.
Ziel dieser Diagnostik ist es zu erkennen, ob
Patienten, die nach klinischer Einschätzung
eine refraktäre Zöliakie haben, zu denjenigen
gehören, die eine sogenannte T-Zell-Lymphomerkrankung entwickeln können (refraktäre
Zöliakie Typ II), oder ob es sich eher um die
weniger schwerwiegende refraktäre Zöliakie Typ I handelt. In dem Falle der Typ-IIrefraktären Zöliakie muss der Patient engmaschig kontrolliert und ggf. einer medikamentösen Therapie zugeführt werden. Hier
ist positiv zu vermerken, dass die in den letzten
Jahren vorwiegend in den Niederlanden ent-
wickelten Therapien für die schwerwiegende
Form der refraktären Zöliakie (dem Typ II)
eine deutliche Therapieverbesserung darstellen. Gerade deshalb ist es so wichtig, rechtzeitig die Einteilung in eine Typ-I- bzw. Typ-IIErkrankung vorzunehmen. Allerdings erlaubt
die aktuell etablierte Diagnostik in einem Teil
der Patienten keine zuverlässige Zuweisung zu
den Subtypen. Deshalb haben wir in Berlin einen Forschungsschwerpunkt zur Verbesserung
der Diagnostik bei diesen Erkrankungen eingerichtet, in dem wir zwei neue Teststrategien
entwickelt haben. Diese sollen im Weiteren an
Patienten mit diesen Erkrankungen unter der
Vorstellung getestet werden, zu einer zuverlässigen Diagnosestellung beitragen zu können.
Ferner soll diese Diagnostik auch mit dem
weiteren Verlauf der Erkrankung des jeweilig
getesteten Patienten abgeglichen werden. Wir
haben Grund zu der Annahme, mit den neuen diagnostischen Tests etwas zum künftigen
Verlauf der Erkrankung aussagen zu können
– eine wertvolle Aussage, die bislang kein diagnostisches Verfahren leisten kann.
Neue Tests zur genaueren
Differenzierung
Bislang wird mit dem in der Gastroskopie gewonnenen Dünndarmgewebe eine immunologische Gewebsfärbung bestimmter Zellen
mit nachfolgender Beurteilung der Zellen im
Mikroskop vorgenommen. Dies wird ergänzt
durch eine Untersuchung des Erbmaterials
(DNS) auf Veränderungen im T-Zellrezeptor
(Molekularpathologie). Der T-Zellrezeptor
ist ein Schlüsselmolekül, das auf der Oberfläche bestimmter Entzündungszellen sitzt (den
T-Zellen) und eine zentrale Funktion in der
Immunabwehr von Erregern hat. Diese Funktion kann es nur ausüben, wenn es mehrere
Millionen unterschiedliche Versionen dieses
Moleküls gibt und daher eine riesige Zahl von
Bakterien, Viren und Parasiten erkannt werden
können. Bei einem Patienten, der unter der
schweren Form der refraktären Zöliakie leidet,
vermehrt sich eine bestimmte T-Zelle unter der
großen Zell-Schar so stark, dass sie als „Klon“
mittels etablierter Tests erkannt werden kann.
Allerdings gibt es auch häufig „Graubefunde“, d. h. solche Testergebnisse, die dem Arzt
nicht sicher sagen können, ob der Patient die
schwere Form der refraktären Zöliakie hat oder
nicht. Hier sollen die neuen Verfahren greifen.
Im ersten Verfahren, der FACS-Analyse von
T-Zellen aus dem Darm, werden in einem
ersten Schritt die Entzündungszellen aus dem
Gewebe gelöst und mittels Antikörper sehr
spezifisch gefärbt. Dann wird die Antikörperbindung mehrerer Zehntausend der vereinzelten Zellen in einem sogenannten FACS-Gerät
(engl. Fluorescent Activated Cell Sorter) untersucht und so der Anteil der „kranken“, wir sagen auch „aberranten“, T-Zellen quantifiziert.
Dies lässt sich vor und nach Therapie machen.
Die Zahl aberranter T-Zellen eignet sich dann
– so die Hypothese – auch zur Beurteilung des
Patienten im Verlauf, z. B. zur Abschätzung des
Therapieerfolgs. Wir müssen noch evaluieren,
inwiefern die gleich zu Beginn der Erkrankung
gemessene Zahl aberranter T-Zellen auch etwas zur initialen Erkrankungsausprägung sagt.
Das zweite Verfahren, die tiefe Sequenzierung
der T-Zellrezeptoren, untersucht die Erbinformation (DNS) der Patienten – ähnlich
wie die bereits etablierte Molekularpathologie. Nur macht es dies erheblich genauer als
die Molekularpathologie, da es den wichtigen
Teil des T-Zellrezeptors sequenziert, d. h. die
genaue Abfolge der Basen in der DNS analysiert. Dies muss es aufgrund der riesigen Variantenzahl dieses Rezeptors allerdings millionenfach in der Probe wiederholen – eine wahre
Herkules-Tat, die allerdings durch moderne
DNS-Sequenzierungsgeräte beherrscht wird
und bei der wir daher von einer „tiefen“ Sequenzierung sprechen. In Analogie zum oben
geschilderten Phänomen können wir in dieser
Technik anhand der Zahl sich wiederholender
T-Zellrezptor-Sequenzen auf das Vorhandensein sogenannter T-Zellklone schließen – und
dies vermutlich bereits, wenn diese noch nicht
sehr ausgeprägt vorliegen.
Wie den oben ausgeführten Erläuterungen
vielleicht bereits entnommen werden kann,
ändert sich dabei für den Patienten hinsichtlich der Belastung durch solche Tests nichts.
Sowohl für die etablierten als auch für die neuen Techniken müssen Gewebsproben aus dem
Zwölffingerdarm, d. h. dem ersten Teil des
Dünndarms, gewonnen werden. Nur so könnte
sich eine bessere Einteilung in die Erkrankungstypen ergeben, die eine sichere Entscheidung, ob eine Therapie notwendig ist, erlaubt
und den Erfolg dieser Behandlung dann anhand genau der Zellen, die durch die Therapie
attackiert werden, kritisch überprüfen kann.
Somit kann über eine optimierte Diagnostik
und damit eine gezielter anzuwendende Therapie ein erheblicher Benefit für den Patienten
entstehen.
INFO
DEFINITION
REFRAKTÄRE ZÖLIAKIE
Eine refraktäre Zöliakie liegt vor,
wenn bei Nachweis einer neuen
oder persistierenden Zottenatrophie, trotz strikter glutenfreier
Diät über zwölf Monate, intestinale oder extraintestinale Symptome
persistieren oder wieder auftreten.
Quelle: S2k-Leitlinien: Zöliakie
Forum
JOURNAL FOR HEALTH
CARE PROFESSIONALS
GLUTEN-FREE | AUSGABE 03/2014
News
Das 3. International Expert Meeting
zum Thema Non Coeliac Gluten Sensitivity
Was ist
Zöliakie?
Vom 05.-07. Oktober 2014 kamen mit
Unterstützung von Dr. Schär 36 internationale Experten in Salerno, Italien, an einen
Tisch. Das bereits 3. Internationale Meeting
Auf unserer Internetseite finden Sie ein leicht
verständliches Video für Ihre Patienten, welches anschaulich erklärt was die Zöliakie ist.
http://www.drschaer-institute.com/de/
e-learning/webinars-und-vortraege/zoeliakie/
über Non Coeliac Gluten Sensitivity tagte
zum Thema: „Der Diagnoseweg von Ausschlussdiagnose zur positiven Diagnose“.
Die konstruktiven Ansätze bei den Zusammentreffen in London, 2011, und München,
2012, veranlassten die Wissenschaftler dazu,
sich auch in 2014 über neue Erfahrungen und
Forschungsergebnisse auszutauschen. Der Fokus des Treffens in Salerno richtete sich auf
die aktuelle Studienlage sowie Möglichkeiten,
diagnostische Kriterien einzubauen und zu
vereinfachen. Moderiert wurde das Treffen
von den Professoren Carlo Catassi und Alessio Fasano, sowie Dr. Luca Elli.
Neues E-Learning Modul
„Die glutenfreie Ernährung“
Auch mit unserem dritten Modul können Sie
wieder wertvolle Fortbildungspunkte sammeln.
Hier werden die konkrete Umsetzung einer
glutenfreien Diät erläutert sowie wertvolle
Tipps für die Praxis gegeben. Erfahren Sie mehr
auf der Dr. Schär Institute Website.
http://www.drschaer-institute.com/de/
e-learning/
Aktuelle Studien finden Sie unter www.drschaer-institute.com
STUDIEN
> Causes of death in people with coeliac disease in England compared with the general population: a competing risk analysis 24.10.2014
> Glycaemic index of some commercial gluten-free foods 17.10.2014
> Randomized Feeding Intervention in Infants at High Risk for Celiac Disease 02.07.2014
> Introduction of Gluten, HLA Status, and the Risk of Celiac Disease in Children 02.10.2014
> The New Epidemiology of Celiac Disease 27.07.2014
> Celiac Disease: Ten Things That Every Gastroenterologist Should Know 19.07.2014
> Risk of pediatric celiac disease according to HLA haplotype and country 03.07.2014
> Coeliac disease: The debate on coeliac disease screening – are we there yet? 01.07.2014
> Cognitive impairment in coeliac disease improves on a gluten-free diet and correlates with histological
and serological indices of disease severity 01.07.2014
HERAUSGEBER
Dr. Schär Professionals
Dr. Schär AG/SPA, Winkelau 9, I - 39014 Burgstall / Postal
Telefon +39 0473 293 300, Fax +39 0473 293 338, [email protected]
www.drschaer-institute.com
Texte: zweiblick, Dr. Schär Professionals
Übersetzung: COMUN!CA
Druck: Athesia
SDE1914_3
> Early nutrition: prevention of celiac disease? 01.07.2014
Herunterladen