Blut und Blutgerinnung 22. 5. 2013 1 Univ.-Prof. Dr. Viktoria Weber Zentrum für Biomedizinische Technologie Department für Klinische Medizin und Biotechnologie Donau-Universität Krems Dr. Karl Dorrekstraße 30 A-3500 Krems Tel. 02732 893 2632 [email protected] 2 Vorlesungsunterlagen Slides Originalarbeiten und Review-Artikel Bücher Internet 3 Bücher • Physiologische Chemie Löffler, Petrides, Springer Verlag • Physiologie des Menschen Schmidt, Thews (Hrsg), Springer Verlag • Biochemie Stryer, Spektrum Verlag • Biochemie des Menschen Florian Horn, Thieme Verlag • Immunology - A Short Course Benjamini, Coico, Sunshine; Wiley-Liss 4 Prüfungsmodus • mündlich • Termine nach Vereinbarung • Erarbeitung und Präsentation von Reviews 5 Termine Mi, 22. 05. 2013 Mi, 29. 05. 2013 Mi, 05. 06. 2013 Mi, 12. 06. 2013 Do, 13. 06. 2013 14:00 - 16:30 16:45 - 19:00 14:00 - 16:30 14:00 - 16:30 13:00 - 15:30 6 INHALT (I) Bestandteile und Funktionen des Blutes (II) Blutgerinnung und Fibrinolyse (III) Regulation der Blutgerinnung (IV) Wechselwirkung von Gerinnung und Entzündung (V) Antikoagulation und Methoden der Blutreinigung 7 Darwin’s “thinking path”, at Down House, Village of Downe, Kent, England. 8 I Bestandteile und Funktionen des Blutes 9 70 bis 80 ml Blut/kg Körpergewicht 5 - 6 Liter Blut 10 Begriffe Plasma: flüssige (nicht-zelluläre) Blutbestandteile Serum: Plasma ohne Gerinnungsfaktoren 11 Flüssigkeitsräume des Körpers 12 Funktionen des Blutes • Transport - Atemgase - Nährstoffe - Metabolite - Wirkstoffe - Wärme • Milieu • Schutz - Homöostase -Blutverlust -Immunabwehr 13 Zusammensetzung rote Blutkörperchen ca. 44% Zellen weiße Blutkörperchen Plättchen Erythrozyten Leukozyten Thrombozyten ca. 56% Plasma Plasma weiße Blutzellen (buffy coat) rote Blutzellen 14 Auftrennung der Blutzellen: Gradientenzentrifugation FicollPaque buffy coat: entält PBMCs (peripheral blood mononuclear cells) = mononukleäre Zellen des peripheren Blutes (Lymphozyten, Monozyten) Zellen, die einen runden Zellkern besitzen Ficoll: Copolymer aus Saccharose und Epichlorhydrin, 1,077 g/ml 15 Blut Plasma ca. 300 Bestandteile Zellen I. Proteine (8%) Albumin Immunoglobuline Fibrinogen (60%) (35%) ( 5%) II. Wasser III Anorganische Salze IV. Mediatoren Erythrozyten 4-5 x 1012/I Thrombozyten 200-300 x 109/l Leukozyten 6 - 8 x 109/l Hormone, Fette, Enzyme 16 400g Blut 200g Plasma Proteins 16g Plasmaproteine Coagulationfactors Immunoglobulins Plasma Red cells hematocrit water Albumin 17 Plasma Dichte: 1,027 g/ml pH-Wert: 7,37 - 7,43 Synthese der Plasmaproteine erfolgt vor allem in der Leber 18 Plasma • klare, strohgelbe Flüssigkeit • 90% Wasser • Proteine 60-80 g/l Albumin, Enzyme, Gerinnungsfaktoren, Immunglobuline,... • • • • Lipide Glucose Elektrolyte Organische Säuren 4,5-8,5 g/l 4,5-5,5 mmol/l 4-6 mmol/l Lactat, Pyruvat, Citrat 19 Plasmaproteine • intravasal: ca. 3 l Plasma • Proteingehalt: 180 - 240 g (6 - 8 g / 100 ml) • extravasal: ca. 150 g Plasmaprotein • Plasmaprotein intra- und extravasal: ca. 400g, d.h. ca. 4% der Gesamtproteinmenge von 10000g 20 Anteile der Plasmaproteine 21 Funktionen der Plasmaproteine • • • • • Aufrechterhaltung eines konstanten Plasmavolumens Transport von niedermolekularen Substanzen Beitrag zur Blutgerinnung und zur Fibrinolyse Abwehr Beteiligung an der Pufferung des Blutes 22 Auftrennung der Plasmaproteine Elektrophorese Gelchromatographie 23 Gelchromatographie 24 Gelchromatographie 25 Elektrophorese 1. Serum wird auf geeigneten Trägeraufgetragen 2. Träger ist mit einer Pufferlösung (pH 8.6) imprägniert 3. Bei diesem pH sind alle Plasmaproteine negativ geladen 26 Anode Negativ geladene Proteine bewegen sich zur Anode Je stärker die negative Ladung, desto rascher wandert das Protein. Kathode 27 Serumglobuline: wandern in der Reihenfolge • Alpha-Globuline • Beta-Globuline • Gamma-Globuline 28 Albumin (albus = weiß) • • • • relative Molekülmasse: ca. 66.4 kDa elliptisch wichtigstes Transportprotein im Blut transportiert z. B. freie Fettsäuren, Bilirubin, Vitamine, Kationen, Pharmaka, toxische Produkte • wasserunlösliche Substanzen binden an Albumin und können in dieser Form transportiert werden • hohes Wasserbindungsvermögen (Aufrechterhaltung des kolloidosmotischen Druckes) 29 Bindungsstellen von Albumin 30 Globuline 36 kDa – 1,3 MDa Einteilung in vier Gruppen nach elektrophoretischer Wanderung α-Globuline – α1-Globuline – α2-Globuline β-Globuline γ-Globuline saures α1-Glykoprotein α1-Antitrypsin α1-Chymotrypsin Transcortin Thyroxin-bindendes Protein α1-Fetoprotein α1-Lipoprotein (HDL) Haptoglobin Caeruloplasmin α2-Makroglobulin Antikörper: IgG,IgM,IgA,IgD,IgE Lysozym Transferrin Fibrinogen (Gerinnungsfaktor I) Komplementproteine C-reaktives Protein 31 Abwehr • Spezifische Abwehr: γ-Globuline (Antikörper) • Unspezifische Abwehr: Lysozym, C-reaktives Protein, Komplementproteine 32 Bereich Einheit IgG 7 - 16 g/l IgA 0.7 - 4.0 g/l IgA Speichel 0.08 - 0.2 g/l IgM Männer 0.4 - 2.3 g/l Frauen 0.4 - 2.8 g/l IgD 0.003 - 0.14 g/l IgE bis 220 U/ml 33 Immunglobuline 34 Erworbene Immunität • Menschen, die eine schwere Infektionskrankheit überstanden haben, werden nicht ein zweites Mal befallen (vgl. Pockenepidemie) • Immunität: lat. immunis: Personen, die keine Steuern und Abgaben bezahlen mussten • vgl. auch angeborene Immunität 35 Struktur eines Antikörpers 36 IgG • Dominierende Immunglobulinklasse im Blut. • Erstinfektion: zuerst IgM Antikörper gegen den Erreger • erst später auch IgG. Dafür bleiben IgG dann meist lange nachweisbar, während die IgM Antikörper verschwinden. So kann man oft frische von alten Infektionen unterscheiden. IgG sind die einzigen Antikörper, die über den Mutterkuchen von der Mutter auf das Kind übergehen. Dies passiert vor allem nach der 20. Schwangerschaftswoche und schützt das Kind in den ersten Lebenswochen. 37 IgG-Subklassen Man kann die Gruppe der IgG-Antikörper noch in vier weitere Gruppen unterteilen, die IgG-Subklassen 1 bis 4. Die größte Subklasse ist IgG1, sie macht etwa zwei Drittel der gesamten IgG-Antikörper aus. 38 IgA Besondere Bedeutung hat IgA in den Körpersekreten (Speichel, Tränenflüssigkeit, Magensaft, andere Verdauungssäfte, Nasenschleim, Lungensekret, Muttermilch). Dort sind IgA die wichtigsten Antikörper. Der hohe Anteil von IgA in der Muttermilch ist ein wichtiger Schutzfaktor gegen Brech- bzw. Durchfallserkrankungen des Säuglings. 39 IgD Nur geringe Mengen in der Blutflüssigkeit. Hauptsächlich auf der Oberfläche von Lymphozyten. 40 IgE • geringe Mengen im Blut, daher spät entdeckt • zusammen mit den Mastzellen verantwortlich für viele allergische Erkrankungen (Heuschnupfen, Asthma, Neurodermitis) • weitere Funktion: Abwehr von Parasiten Quelle: Wikipedia 41 Funktionen der Plasmaproteine • Aufrechterhaltung eines konstanten Plasmavolumens Transport von niedermolekularen Substanzen • Beitrag zur Blutgerinnung und zur Fibrinolyse • Abwehr • Beteiligung an der Pufferung des Blutes 42 Säure-Basen-Haushalt • Die durch den Stoffwechsel freigesetzte Menge H3O+-Ionen ist beachtlich: Im Ruhezustand 15 mol pro Tag, bei körperlicher Anstrengung deutlich mehr. • Die Quelle der freigesetzten H3O+-Ionen ist in erster Linie das Kohlendioxid, das in wässriger Lösung zu Kohlensäure reagiert. Die Stoffmenge von 15 mol freigesetztem Kohlendioxid entspricht einer Masse von 450 Gramm umgesetztem Traubenzucker (Glucose). • Eine weitere H3O+-Quelle sind auch organische Säuren und Schwefelsäure, die als nicht-flüchtige Säuren zusammengefasst werden. Schwefelsäure entsteht beim Abbau von Aminosäuren mit Thiolgruppen (Methionin, Cystein). Im Blut ermöglichen zwei Vorgänge, dass der pH im gesunden Organismus konstant bleibt: • • 1. die Abpufferung der H3O+-Ionen, die beim Stoffwechsel entstehen 2. die Elimination von H3O+-Ionen zur Regeneration der Puffersysteme 43 Puffersysteme des Blutes: 44 Die Puffersysteme müssen rasch regeneriert werden können. Dies erfolgt über die Abgabe von CO2 in der Lunge durch die Atmung und durch protonenverbrauchende Reaktionen in der Niere: Atmung: Entlastung des Körpers von flüchtigen Säuren (CO2) Niere: Aktive Ausscheidung von Ammoniumhydrogencarbonat, dessen Bildung aus Glutamin 2 Protonen verbraucht. 45 Störungen des Säure-Basen Haushalts • Unter pathologischen Bedingungen kann es sein, dass die Regelsysteme des Körpers nicht mehr in der Lage sind, den pHWert des Blutes konstant zu halten. Es kommt zu einer Anhäufung von Säuren oder Basen im Blut. • Der pH-Normalbereich des arteriellen Blutes beträgt 7,4 ± 0,03. • Fällt der pH-Wert unter 7,37, spricht man von einer Acidose, während ein Anstieg über 7,43 als Alkalose bezeichnet wird. 46 Acidose & Alkalose • Acidosen und Alkalosen können jeweils durch Lungenfunktionsstörungen (respiratorisch) oder durch Stoffwechselstörungen (metabolisch) verursacht werden. 47 • Im Fall einer Hyperventilation wird in kurzer Zeit sehr viel CO2 über die Lunge abgeatmet. Die CO2-Konzentration im Blut nimmt ab, und durch Anstieg des pH-Wertes kommt es zur respiratorischen Alkalose. • Verliert ein Patient andererseits eine große Menge nichtflüchtiger Säuren, erhöht sich primär die HCO3–Konzentration und es kommt zur metabolischen Alkalose. 48 400g Blut 200g Plasma Proteins 16g Plasmaproteine Coagulationfactors Immunoglobulins Plasma Red cells hematocrit water Albumin 49 Elektrolyte des Blutes Ion Konzentration Na+ 136 bis 146 mmol/l K+ 3,8 bis 5,2 mmol/l Ca2+ 2,3 bis 2,7 mmol/l Mg2+ 0,8 bis 1,2 mmol/l Cl− 96 bis 106 mmol/l HCO3− 24 bis 28 mmol/l PO43- 1,0 bis 1,4 mmol/l 50 Hämatokrit Volumsanteil der Blutzellen am Blut ≈ Erythrozytenanteil des Blutes Männer Frauen ca. 40 - 54 % ca. 37 - 47 % 51 Zelluläre Blutbestandteile 52 Blutbildung = Hämatopoese Leukozyten Thrombozyten Erythrozyten • alle Blutzellen entwickeln sich im Knochenmark aus pluripotenten Knochenmarksstammzellen • durch die Wirkung von Zytokinen entscheidet sich, welchen Weg eine pluripotente Stammzelle einschlägt 53 Blutausstrich Neutrophiler Granulozyt Lymphozyt Plättchen Erythrozyt Eosinophiler Granulozyt 54 Blutausstrich - ungefärbt: Parasitennachweis - gefärbt: Gestalt und Aussehen der Leukozyten 55 56 • Erythrozyten • Thrombozyten • Leukozyten Monozyten – Makrophagen Lymphozyten Granulozyten neutrophile (PMN, polymorphonuclear leukocytes) basophile eosinophile PBMC = PBMNC Peripheral blood mononuclear cells Lymphozyten, Monozyten 57 Granulozyten basophil neutrophil eosinophil Granula enthalten Enzyme u. antimikrobiell wirkende Proteine (Defensine) http://de.wikipedia.org/wiki/Neutrophiler_Granulozyt 58 Neutrophile Granulozyten • Können nach Aktivierung ins Gewebe auswandern drei Mechanismen: • Phagozytose und Lyse von Pathogenen • Freisetzung von Proteasen und Sauerstoffradikalen (Zerstörung von Pathogenen, aber auch Gewebsschädigung – „friendly fire“ ) • NETs: neutrophil extracellular traps • • http://www.youtube.com/watch?v=CmbWE3jLUgM&feature=related http://www.youtube.com/watch?v=JnlULOjUhSQ&feature=related 59 NETs • Netzwerke extrazellulärer Fasern, die von Neutrophilen gebildet werden • diese Fasern binden und vernichten Pathogene • Fasern bestehen aus DNA und Proteinen (zB Histone) • Bildung von NETs wird über Plättchen gesteuert: erkennen mit dem TLR-4 (Toll-like Rezeptor 4) Infektionen und aktivieren Neutrophile 60 NETs 61 Neutrophil extracellular traps NETs 63 Lymphozyten umfassen B-Zellen, T-Zellen, natürliche Killerzellen 64 Monozyten Vorläufer der Makrophagen in den Geweben Aufgaben: Zerstörung körperfremder Substanzen (Phagozytose), Antigenpräsentation Speicher: Milz Typischer Oberflächenmarker : CD14 65 Blutbild: Zählung der zellulären Blutbestandteile 66 Zellen des menschlichen Blutes Bezeichnung Anzahl je µl Blut Erythrozyten 4,5 bis 5,5 Mio. Leukozyten 4.000–11.000 Granulozyten Neutrophile 2.500–7.500 Eosinophile 40–400 Basophile 10–100 Lymphozyten 1.500–3.500 Monozyten 200–800 Thrombozyten 300.000 67 Kleines Blutbild Abkürzung Leukos Parameter Leukozyten Hb Hämoglobinkonzentration Hk Hämatokrit Ery Erythrozyten MCH mittleres corpuskuläres Hämoglobin MCV mittleres corpuskuläres Volumen MCHC Thrombos MPV mittlere corpuskuläre HbKonzentration Thrombozyten mittleres Thrombozyten-Volumen Frauen Männer 4.000-10.000 /µl 12-16 g/dl 14-18 g/dl 37-47% 40-54% 4,3-5,2 Mio/µl 4,8-5,9 Mio/µl 28-34 pg 78-94 fl 30-36 g/dl 150.000-400.000 /µl 7-12 fl 68 Großes Blutbild relativ in [%] der Leukozytenzahl absolut in [1/µl] Neutrophile Granulozyten, stabkernig 3-5 150-400 Neutrophile Granulozyten, segmentkernig 50-70 3000-5800 Eosinophile Granulozyten 1-4 50-250 Basophile Granulozyten 0-1 15-50 Monozyten 3-7 285-500 25-45 1500-3000 Lymphozyten 69 Erythrozyten scheibenförmig verformbar 2µm dick (Mitte 1 µm) 7.5 µm Durchmesser kein Zellkern, daher keine Zellen im eigentlichen Sinn Gesamtoberfläche ca. 4000 m² 70 71 72 Erythropoese • • • • im Knochenmark Stimulation durch Erythropoietin 7 d Bildungsdauer 100-120 d Zirkulation im Blut • Störungen der Erythropoese: Anämie 73 normal: 5-10 Retikulozyten pro 1000 Erythrozyten weniger: mehr: Schädigung des Knochenmarks Hinweis auf Doping 74 Abbau der Erythrozyten • pro Tag ca. 1 % Abbau und Neubildung • Hämolyse in Milz und Leber • Hämoglobin abgebaut zu Globin und Häm • Häm -> Bilirubin unkonjugiertes Bilirubin (+Albumin) wird in Leber durch kovalente Bindung von 2 Glucuronsäureresten wasserlöslich gemacht 75 Neubildung der Erythrozyten 1.6 x 108 pro min stimuliert durch Absinken des O2-Partialdruckes im Gewebe 76 Regulation der Erythropoese Erythropoietin (EPO) ἐρυθρός erythros „rot“ und ποιεῖῖν „machen“ • Hormon, stimuliert die Erythropoese • Glykoprotein, ca. 40% Glykananteil • Synthese: 85-90% Nieren, 10-15% Leber 77 Gehalt an Sialinsäuren (N-Acetyl78 Neuraminsäuren) beeinflusst Halbwertszeit Erythropoetin als Therapeutikum • Renale Anämie • Chemotherapie (chronische Niereninsuffizienz: EPOBildung gestört) (Schädigung der Blutzellen) 79 EPO-Präparate rekombinant hergestelltes Erythropoetin • Amgen 1989 Epogen, Epoetin a • Expression in CHO- bzw BHK-Zellen unterschiedliches Glykosylierungsmuster 80 Weiterentwicklungen • Amgen 2001 Aranesp (Darbepoietin) •gentechnisch verändertes Erythropoetin •höher glykosyliert •längere Serumhalbwertszeit • Hoffmann-La Roche CERA Continuous Erythropoiesis Receptor Activator •EPO-Molekül verknüpft mit Polyethylenglykol •weitere Erhöhung der HWZ 81 EPO und Doping • Steigerung der Leistungsfähigkeit • den Zellen steht mehr Sauerstoff zur Verfügung • Schätzungen: ca. 500.000 Fälle pro Jahr • jährlich produzierte Menge übersteigt den therapeutischen Bedarf um das 5-6fache 82 EPO und Doping Nachweis an Hand des Glykosylierungsmusters unterschiedlicher Acetylierungsgrad der terminalen NAcetylneuraminsäuren unterschiedlicher isoelektrischer Punkt 83 EPO und Doping • rekombinantes EPO wird innerhalb weniger Tage abgebaut, Wirkung dauert aber länger • Nachweisverfahren mittels Verlaufskontrolle verschiedener Blutparameter (Hämatokrit, Retikulozytenzahl: mehr unreife rote Blutzellen ) 84 Funktion der Erythrozyten 85 aerob lässt sich aus Glukose 18mal mehr Energie gewinnen als anaerob aerob: Glucose – Pyruvat – CO2 + H2O (Atmung) 36 ATP anaerob: Pyruvat – Lactat oder Ethanol (Gärung) 2 ATP Vertebraten: • Kreislauf • Sauerstoff-transportierende Moleküle Hämoglobin Myoglobin 86 Hämoglobin αἶµα = Blut und lat. globus = Kugel • 90% des Trockengewichtes der Erythrozyten • ca. 800 g im Durchschnittserwachsenen • 4 Untereinheiten, 4 Hämgruppen mit je 1 Fe2+ • jede Hämgruppe bindet 1 O2 87 Hämoglobin 88 Max Perutz 1914-2002 1962 Nobelpreis Chemie mit John Kendrew Laboratory of Molecular Strukturanalyse von Hämoglobin Biology, Cambridge 89 90 Häm prosthetische Gruppe Protoporphyrin IX Fe2+ koordinativ an 4 Stickstoff-Atome (Häm-Ebene) zusätzlich Bindung an einen Histidinrest und an O2 („proximales Histidin“ normal auf Häm-Ebene) Mr Hämoglobin 64500 91 Oxigenation – Oxidation • Hb + 4 O2 • Fe2+ Hb(O2)4 Fe3+ Oxigenation Oxidation Hämiglobin, Methämoglobin 92 Sauerstoff-Bindung 1 mol Hb 64500 g Hb 1 g Hb 4 mol O2 4 x 22.4 Liter O2 1.39 mL O2 1.34 mL O2 (gemessen) Hüfner-Zahl 93 Rolle des Proteinanteils im Hämoglobin? 94 Methämoglobin • • • • • • Fe2+ wird durch O2 zu Fe3+ oxidiert Ferrohäm (II) zu Ferrihäm (III) Ferrihämoglobin = Methämoglobin bindet O2, kann ihn aber nicht mehr abgeben Vergiftungen durch Nitrite, Anilin, Nitrobenzen Glutathion im Erythrozyten schützt vor Oxidation 95 CO-Bindung • CO bindet Ferrohämoglobin • hemmt Sauerstofftransport • isoliertes Häm bindet CO 25.000mal stärker als O2 • Häm in Hämoglobin bindet CO 200 mal stärker als O2 96 distales Histidin verhindert lineare Anlagerung von CO CO entsteht auch endogen besetzt ca. 1% der Bindungsstellen bei Rauchern: bis zu 10% ! 97 Sauerstoff-Sättigung: Oxygeniertes Blut: 96 - 97% Desoxygeniertes Blut: 75% 98 Bohr-Effekt saures Milieu und höhere CO2-Konzentration begünstigen die Sauerstoff-Abgabe von Hämoglobin Gewebe mit intensivem Stoffwechsel (kontrahierender Muskel) 99 Rolle von Hämoglobin beim CO2-Transport CO2 20mal besser wasserlöslich als O2 dies reicht für Abtransport von CO2 jedoch nicht aus CO2 + H2O H2CO3 HCO3-+ H+ Hydratisierung durch Carboanhydratase Hämoglobin nimmt bei der Sauerstoffabgabe die beim CO2-Transport entstehenden Protonen im Gewebe auf und gibt sie in der Lunge wieder ab 100 • durch die Wirkung der Carboanhydratase steigt [HCO3-] in den Erythrozyten • es entsteht ein Konzentrationsgefälle ins Plasma • HCO3- strömt aus, Cl- dafür ein (Chloridverschiebung), dadurch erfolgt Ladungsausgleich 101 Hämabbau in Milz und Leber Hauptprodukt des Häm-Abbaus: Bilirubin unkonjugiertes Bilirubin wasserunlöslich, aber gut fettlöslich Transportmolekül Albumin konjugiertes Bilirubin UDP-Glucuronyltransferase wasserlöslich, Ausscheidung über Galle und Darm Eisen gespeichert (Ferritin) 102 Anämie griech. anaimos, „blutlos“ Verminderte Sauerstoff-Transportkapazität – Verminderung von Hämoglobin – Verminderung des Hämatokrits – Verminderung der Erythrozyten Gründe: Störung der Erythrozytenbildung oder verstärkter Abbau 103 Symptome allgemein: •Leistungsabfall, schnelle Ermüdbarkeit •Blässe •Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, •beschleunigte Atmung, erhöhte Herzfrequenz 104 Diagnose wichtigstes Hilfsmittel: Blutbild 105 Bezeichnung Erythrozyten Anzahl je µl Blut Frauen Männer 4,3 bis 5,2 Mio. 4,8 bis 5,9 Mio. MCH 28–34 pg mean corpuscular hemoglobin MCHC 30–36 g/dl mean corpuscular hemoglobin concentration MCV 78–94 fl mean corpuscular volume Retikulozyten Hämatokrit Ferritin 1 % der Erythrozyten 37–47 % 40–54 % 22–112 µg/l 34–310 µg/l Transferrin 212–360 mg/dl Vitamin B12 >300 ng/l Folsäure >2,5 ng/ml 106 Einteilung • Anämien durch Bildungsstörungen hyporegenerative Anämien • Anämien durch erhöhten Abbau regenerative Anämien 107 Hyporegenerative Anämien (I) (gestörte Bildung) • normochrom, normozytär – Zellen morphologisch normal renale Anämie (Erythropoietinsynthese vermindert) aplastische Anämie (selten, Verlust der Stammzellen) 108 Hyporegenerative Anämien (II) • hyperchrom, makrozytär – Megaloblastäre Anämien Vitamin B12- oder Folsäuremangel; erforderlich für die DNA-Synthese, bei Mangel vergrößerte Zellen auf Grund fehlender Zellteilung 109 Zahl Price-Jones Kurve Größe (µm) 110 Hyporegenerative Anämien (III) • hypochrom, mikrozytär Eisenmangel oder schlechte Eisennutzung Chronischer Blutverlust bei weitem häufigste Form der Anämie (80%) 111 Regenerative Anämien (I) (erhöhter Abbau) • durch akute oder chronische Blutungen – Blutungsanämien • durch hohe Zerstörung der Erythrozyten – Hämolytische Anämien 112 Regenerative Anämien (II) Blutungsanämien 3 Phasen i) ii) iii) hämodynamische Kompensation Mobilisation von Erythrozyten aus der Milz plasmatische Kompensation Einstrom von Gewebsflüssigkeit Verdünnung des Blutes zelluläre Kompensation Ausschüttung von Erythropoietin Bildung neuer Erythrozyten 113 Regenerative Anämien (III) Hämolytische Anämien Ursache innerhalb oder außerhalb des Erythrozyten Innerhalb: Defekt der Zellmembran, Defekte in der Hämoglobinsynthese (Hämoglobinopathien) Außerhalb: mechanische Zerstörung der Zellen (Herzklappen); Plasmodien (Malaria), Schlangen- und Spinnengifte 114 Hämoglobinopathien Sichelzellanämie 115 Sichelzellanämie • Hämoglobin mit Punktmutation in ß-Kette (Glu-Val) ist in desoxygenierter Form schlecht löslich und bildet Präzipitat • Dadurch Verformung der Erythrozyten • lebensbedrohliche Durchblutungsstörungen 116 Sichelzellanämie • Bei homozygoten Trägern ist das gesamte Hämoglobin von der Mutation betroffen • Bei diesen Trägern verformen sich Erythrozyten bereits bei Sauerstoffabgabe in den Kapillaren • Erythrozyten sind weniger elastisch, verhaken sich untereinander • Verschluss von Kapillaren 117 Sichelzellanämie • Bei heterozygoten Trägern werden beide Formen von Hämoglobin hergestellt • Unter Normalbedingungen zeigen die Erythrozyten keine Veränderungen • Bei starkem Sauerstoffmangel (z.B. Höhe) treten die Symptome auf 118 Sichelzellanämie und Malaria • Heterozygote Träger sind gegen Malaria geschützt. • Gesunde Überträger (Aa) haben Selektionsvorteil gegenüber Personen ohne Sichelzellenallel (AA) Warum? • Mehrere Theorien • Sickle hemoglobin confers tolerance to Plasmodium infection. • Ferreira A, Marguti I, Bechmann I, Jeney V, Chora A, Palha NR, Rebelo S, Henri A, Beuzard Y, Soares MP. • Source • Instituto Gulbenkian de Ciência, Oeiras, Portugal. 119 • Abstract • Sickle human hemoglobin (Hb) confers a survival advantage to Sichelzellanämie und Malaria • Sickle hemoglobin confers tolerance to Plasmodium infection. Ferreira et al., Cell 2011 Sickle human hemoglobin (Hb) confers a survival advantage to individuals living in endemic areas of malaria, the disease caused by Plasmodium infection. As demonstrated hereby, mice expressing sickle Hb do not succumb to experimental cerebral malaria (ECM). This protective effect is exerted irrespectively of parasite load, revealing that sickle Hb confers host tolerance to Plasmodium infection. 120 Sichelzellanämie und Malaria Sickle Hb induces the expression of heme oxygenase-1 (HO-1) in hematopoietic cells, via a mechanism involving the transcription factor NF-E2related factor 2 (Nrf2). Carbon monoxide (CO), a byproduct of heme catabolism by HO-1, prevents further accumulation of circulating free heme after Plasmodium infection, suppressing the pathogenesis of ECM. Our findings provide insight into molecular mechanisms via which sickle Hb confers host tolerance to severe forms of malaria. 121 Sichelzellanämie und Malaria d.h. • • • • • Bei Vermehrung des Erregers in den Erythrozyten werden neue Errger freigesetzt, aber auch Abbauprodukte der Erythrozyten Häm aus Hämoglobin wirkt entzündungsfördernd und löst Fieberschübe aus Das mutierte Sichelzellhämoglobin bewirkt die Produktion von Hämoxidase Diese baut Häm ab, wobei auch CO entsteht CO verhindert die Freisetzung von Häm aus Hämoglobin und verhindert somit Fieberschübe. 122 Thalassämie Mittelmeeranämie • Biosynthese der Hämoglobinketten verlangsamt α- und β-Thalassämie • Erniedrigte Hb-Konzentration im Blut • lebenslange Transfusionspflicht • Knochenwachstum (Schädel-, Wangenknochen) • Ikterus • Hämosiderose (Eisenüberladung auf Grund von Bluttransfusionen) 123 Leukozyten 7 µm (Lymphozyten) – 20 µm (Monozyten) Zellkern Lebensdauer: wenige Tage bis Monate amöboid beweglich können aus Blut in Gewebe einwandern 124 Zellen des menschlichen Blutes Bezeichnung Anzahl je µl Blut Erythrozyten 4,5 bis 5,5 Mio. Leukozyten 4.000–11.000 Granulozyten Neutrophile 2.500–7.500 Eosinophile 40–400 Basophile 10–100 Lymphozyten 1.500–3.500 Monozyten 200–800 Thrombozyten 300.000 125 Begriffe Leukozytose >10000/µl Leukopenie <4000/µl Leukozytose: bei entzündlichen Erkrankungen, Leukämie 126 Aufgabe Infektionsbekämpfung 127 • Granulozyten – Neutrophile (Phagozytose von Bakterien, Viren, Pilzen) – Eosinophile ( Parasitenabwehr) – Basophile (beteiligt an allergischen Reaktionen) • Lymphozyten – T- und B-Lymphozyten (Plasmazellen produzieren Antikörper) – NK-Zellen (natural killer cells) • Monozyten – wandern ins Gewebe und werden zu Makrophagen (große Fresser) Fresszellen für Bakterien und alte Körperzellen 128 NETs • • • contain decondensed chromatin and antimicrobial proteins but extracellular histones released endothelial dysfunction (Xu et al., 2009) Normally short-lived neutrophils have a prolonged half-life in septic patients and accumulate in organs leading to damage first paper: Brinkmann et al., 2004 Science more papers: look for Brinkmann and Zychlinsky http://www.jove.com/index/details.stp?id=1724 129 Einteilung der Lymphozyten B-Lymphozyten Vorläufer der Plasmazellen im Blut Plasmazellen Spezialisierung auf Antikörperproduktion B-Gedächtniszellen langlebige B-Zellen mit einem Gedächtnis für spezielle Antigene T-Helferzellen aktivieren Plasmazellen und Killerzellen erkennen Antigene auf den Antigen präsentierenden Zellen T-Regulatorzellen bremsen die Immunantwort, hemmen die Funktion der B-Zellen und anderen TZellen T-Gedächtniszellen langlebige T-Zellen mit einem Gedächtnis für spezielle Antigene T-Killerzellen (zytotoxische T-Zellen) erkennen und zerstören von Viren befallene Körperzellen und Tumorzellen indem sie auf bestimmte Antigene der befallenen Zellen reagieren natürliche Killerzellen (NK) greifen unspezifisch Zellen an, die von Viren oder Tumoren befallen sind 130 Monozyten • Zirkulation im Blut 1-3 d wandern bei Infektionen ins Gewebe ein differenzieren sich zu Makrophagen aktivierte Monozyten besitzen Rezeptoren: CD14, CD86, CD16;TLR-2, TLR-4 • Vermittlung von Entzündungsreaktionen 131 Monozyten über Rezeptoren: Erkennung von bakteriellen Zellwandkomponenten, Lipoprotein, Lipopolysaccharid „Pathogen-associated molecular patterns“ (PAMPS) -> Signalweiterleitung -> Sekretion von Zytokinen, Phagozytose 132 Leukämie griech. Λευχηαιµια, „weißes Blut“ „Blutkrebs“, „Leukose“ Stark vermehrte Bildung von Leukozyten(vorstufen) breiten sich im Knochenmark aus treten auch stark vermehrt im peripheren Blut auf Infiltration von Leber, Milz, Lymphknoten Mangel an Erythrozyten, Thrombozyten & funktionsfähigen Leukozyten 133 1845 Rudolf Virchow 134 Leukämie akute und chronische Form myeloische Leukämien: AML, CML ausgehend von Vorläuferzellen der Granulozyten, Erythrozyten, Thrombozyten lymphatische Leukämien: ALL, CLL ausgehend von Vorläuferzellen der Lymphozyten typische Altersverteilung (ALL bei Kindern am häufigsten) 135 Thrombozyten (Blutplättchen) Abschnürung von Megakaryozyten im Knochenmark (Thrombopoietin) 1.5-3 µm (kleinste Blut“zellen“) linsenförmig, im aktivierten Zustand Pseudopodien Lebensdauer 8 – 12 d 136 Thrombozyten wichtige Rolle in der Blutgerinnung während der Gerinnung: Aktivierung durch ADP, Kollagen, Prothrombin -> Ausstülpung von Pseudopodien (Oberflächenvergrößerung) -> Plättchenaggregation, Thrombusbildung 137 Funktionen von Plättchen jenseits der Gerinnung The figure shows the subcellular organization of a resting platelet viewed by thin-section electron microscopy. The marginal microtubule band encircles the cytoplasm of the platelet, maintaining its discoid shape. The α-granules constitute the majority of the storage granules, interspersed with dense granules, mitochondria, peroxisomes and lysosomes. The open caninicular system is formed by invaginations of the plasma membrane and is a complex network of interwinding membrane tubes that permeate the platelet's cytoplasm. 139 • Platelet Toll-like receptor (TLR) expression enables activated platelets to bind and capture bacteria. Subsequently, the platelets may directly kill the bacteria by producing thrombocidins or by aggregating around the bacteria and 'trapping' them for elimination by professional phagocytes. b | It is now clear that platelets can also heterotypically interact with a wide variety of cells, including leukocytes. Activated platelets promote neutrophil tethering and activation through the expression of selectins, CD154 (also known as CD40L) and inflammatory cytokines and chemokines. c | Similarly, activated platelets can also promote the activation of monocytes and dendritic cells (DCs), particularly through CD40–CD154 interactions. This leads to increased antigen presentation to T cells and enhances adaptive immune responses. TCR, T cell receptor. 140 Plättchen und Gerinnung Plättchen im Blut Adhäsion & Aktivierung Aggregation 141 The platelet's primary physiological role is thought to be in haemostasis. In the first step of this process, a vascular injury exposes collagen and basement membrane proteins that allow the platelets to adhere to the substratum. The adherent platelets then aggregate and release platelet activation mediators, such as ADP and thromboxane A2. Following activation, the platelets produce thrombin, which catalyses the initiation of the coagulation cascade that eventually generates a mesh-like fibrin deposition. This structure contracts to form a tightly packed haemostatic plug that arrests blood leakage. ECM, extracellular matrix. 142 Activated platelets express and secrete CD154 (also known as CD40L), which can activate the endothelium and modulate a variety of cellular processes. This culminates in a pro-inflammatory response that increases thrombus formation but reduces the stability of the thrombus, leading to rupture and the production of emboli. One mechanism by which platelet-derived CD154 can promote atherogenesis is by inhibiting the migration of regulatory T (TReg) cells to the site of the thrombus. This prevents the establishment of an anti-inflammatory milieu that would normally stabilize 143 the thrombus. TGFβ, transforming growth factor-β. Zelluläre und plasmatische Gerinnung 144