KLINIKUM 2010 7 Ausgabe 9 / 30. April 2010 Gesundheit und mehr... N UNI-AUGENKLINIK Sehend machen Eine große Blutblase liegt vor der Makula, dem Punkt des schärfsten Sehens. Das Blut wird beim Eingriff abgesaugt. Der Junge kann mittlerweile wieder sehen. E in Baby auf dem Operationstisch: Sieben Monate alt, weiche Haut, rundlich und schon ein paar Haare, liegt es auf dem großen Operationstisch der Universitätsaugenklinik, auf dem auch Erwachsene Platz haben. Der kleine Junge ist bereits unter Narkose, noch suchen die OP-Schwestern nach der besten Lage für die Operation. Dann setzt sich Oberärztin Dr. Petra Meier, die gerade zur außerplanmäßigen Professorin für Augenheilkunde ernannt worden ist, auf ihren Spezialstuhl am Kopfende des Kindes. Von hier aus operiert sie und steuert dabei wie ein Organist an der Orgel die Pedale unter dem Hocker mit den Füßen. Auch sie zieht so ihre Register und stellt nicht nur ihren Stuhl damit ein, sondern zugleich das Mikroskop, die optimale Bild- Hochkonzentriert: Prof. Dr. Petra Meier, stellvertretende Direktorin der Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde am UKL, beim mehrstündigen Eingriff. Fotos: Volkmar Heinz wiedergabe des Operationsgeschehens und die sogenannte OP-Maschine. So bezeichnen die Ärzte das Gerät, das die jeweils gewünschten Funktionen wie Saugdruck oder Schnittgeschwindigkeit reguliert und anzeigt. zierlich sind, wirken sie vor dem kleinen Auge riesig. Vorher wurde es noch einmal mit einem Gel befeuchtet, damit es nicht austrocknet. Das Piepsen des Narkosegerätes und das leise Summen der OP-Maschine signalisieren, dass alles in Ordnung ist. Heute will die frischgebackene Professorin dem kleinen Jungen das Augenlicht wieder geben, denn der Knabe hat als Folge eines Schütteltraumas Blutblasen auf der Netzhaut. „Dadurch ist er praktisch blind, obwohl äußerlich alles intakt scheint“, sagt sie. Das linke Auge ist stärker betroffen als das rechte, deshalb ist es als erstes dran. Sicher durchtrennt die Ärztin dann Binde- und Lederhaut, um an den Glaskörper zu kommen, der überwiegend aus Wasser besteht und entfernt werden muss, wenn man zur Netzhaut vordringen will. Hier zeigt sich dann das ganze Dilemma des Kleinen: Eine riesige Blutblase liegt genau vor der Makula, dem Punkt des schärfsten Sehens. Vorsichtig wird das Blut abgesaugt, keinesfalls darf die Linse verletzt werden. Jetzt sieht die Ärztin auch eine Narbe auf der Netzhaut, die aus einer früheren Verletzung resultiert. Prof. Meier seufzt: „Das Das Auge wird geöffnet und mit speziellen Zangen zugänglich gehalten. Dann wird es an seinen Muskeln fixiert. Obwohl die Instrumente vergleichsweise verschärft die Situation. Wir können nur hoffen, dass wenigstens ein Teil des Sehvermögens des Kindes wieder hergestellt wird. Das Kind konnte ja nicht sehen lernen, weil die Blutzyste vor der Makula lag. Jetzt auch noch die Narbe im empfindlichen Bereich.“ OP-Schwester Kathrin Rosien, die der Augenchirurgin mit vielen geübten Handgriffen ohne große Worte assistiert, ist zornig. Sie versteht nicht, wie Eltern ihren Kindern so etwas antun können. „Da kriegt man Wut“, sagt sie und wendet sich ab. Nun muss die Wunde verschlossen werden. Mit jeweils einem Stich, für den sie ganz feines Garn verwendet, vernäht Prof. Meier die kleinen Schnitte. Bei Erwachsenen ist das in der Regel nicht nötig, da verschließt sich die Wunde auch so. Bevor der Säugling wieder aufwacht, wird sein Auge noch einmal befeuchtet und mit einer antibiotischen Salbe geschützt. Ein Spezialaugenverband für Kinder setzt den Schlusspunkt. Jetzt kann Anästhesieärztin Dr. Petra Schippel den Kleinen aus der Narkose holen. Die Operation ist überstanden. Alle Beteiligten haben ihr Möglichstes getan, damit der Kleine wieder sehen kann. Ob es gelungen ist, wird die Zukunft zeigen. Einfach wird es nicht, denn durch das Schütteltrauma hat der Junge noch andere schwerwiegende Verletzungen wie Hirnblutungen davon getragen. Nachtrag: Eine Woche später kommt eine Mail von Prof. Meier: „Gerade war das Baby zur Kontrolle hier, es fixiert und greift nach kleinen Gegenständen, ich bin total begeistert, es hat mich sogar angelacht! Es kann wieder sehen!“ Dr. Bärbel Adams N INNOVATION Frauenklinik: Hightech für den Kinderwunsch G roße Freude Mitte April an der Uni-Frauenklinik: Denn Sieger in der Kategorie Technologie von Future Sax – Phase II wurde das SMILE.medibiz-Team. Mit seinem Ovulationsmessring, der die natürliche Fruchtbarkeitskontrolle auf der Basis einer kontinuierlichen Messung der Körperinnentemperatur ermöglicht, wurde die kritische Jury überzeugt. Der Ovulationsring soll eine präzise Vorhersage der Fruchtbarkeitsphase der Frau ermöglichen. Das künftige Produkt kann sowohl zur Verhütung einer Schwangerschaft als auch zur Erhöhung der Empfängnischancen eingesetzt werden. Auf der Basis jahrelanger For- schung wurde von dem renommierten Experten für Reproduktionsmedizin, gynäkologische Endokrinologie und Sexualmedizin, Prof. Dr. Henry Alexander von der Universitätsfrauenklinik Leipzig in Zusammenarbeit mit dem erfahrenen Ingenieur Holger Runkewitz von der innotec Forschungs & Entwicklungs GmbH in Leipzig ein vaginales Sensorsystem entwickelt. Der Ovulationsring besteht aus einem flexiblen Ringpessar (Ferti-Messring) mit integrierten Sensoren. Der Ring wird in den Scheidenkanal eingeführt und übermittelt die Temperaturdaten durch Funktechnik an ein externes Handgerät übermittelt. Dieses Gerät wertet dann die Temperaturmuster mittels eines Algorithmus aus und zeigt der Frau in Echtzeit ihren Fruchtbarkeitsstatus an. Diese Infos können von Frauen mit Kinderwunsch zur Optimierung ihrer Empfängniswahrscheinlichkeit und von Frauen zur Verhütung genutzt werden. Darüber hinaus kann der FertiMessring auch von Reproduktionsmedizinern zu einer verbesserten Kinderwunschbehandlung eingesetzt werden. Noch gibt es das bahnbrechende Produkt nicht zu kaufen: Aktuell werden das Geschäftskonzept er- arbeitet und erste Gespräche und Verhandlungen mit verschiedenen potentiellen Geldgebern und Vertriebspartnern geführt. Der Future Sax-Preis in Höhe von 3000 Euro erleichtert die weitere Erarbeitung des Geschäftskonzeptes. Nicht nur die seit kurzem in den Fernsehsendern laufenden Serien zum Thema Kinderwunsch und Wunschkinder zeigen, dass die Themen der Empfängnissteuerung, Familienplanung sowie der künstlichen Befruchtung im Mittelpunkt des gesellschaftlichen Interesses stehen und an Aktualität zunehmen. Aufgrund von Fruchtbarkeitsstörungen in Folge von Stress, Zeitmangel und psycho- logischer Belastung sowie physiologischen Hemmnissen besteht ein stetig wachsender Bedarf an einer gezielten Empfängnissteuerung. In Deutschland leben rund 1,4 Millionen Paare mit unerfülltem Kinderwunsch, aber auch etwa zwei Millionen Paare, die die natürliche Familienplanung (NFP) zur Verhütung einsetzen. Das SMILE. medibiz-Team entwickelt einen neuartigen Ovulationsmessring (Ferti-Messring), der von beiden Gruppen verwendet werden kann. Zur Zeit existieren hierfür Lösungen und Methoden am Markt die entweder hormonelle Indikation erfordern oder bei der Zuverlässigkeit und Handhabung Defizite aufweisen. ba