Meteorologisches Geländepraktikum Nordschweden Technische Universität Berlin: Institut für Ökologie, Fachgebiet Klimatologie Prof. Dr. Dieter Scherer Tagesprotokoll vom 28. August 2009 Aufstieg von Nikkaluokta zur Tarfala-Forschungsstation Sebastian Bader, 302291 Andreas Kroll, 302295 1. Einleitung In der historischen Provinz Lapplands liegt die Gemeinde Kiruna, die das nördliche Ende Schwedens bildet (vgl. hierzu Abb.1). Die flächenmäßig größte Gemeinde Schwedens (ca. 20.000 km2) erstreckt sich im Westen über 160 km entlang der norwegischen und im Norden 140 km entlang der finnischen Kiruna, sie ist der Hauptort der Kommune Grenze. Annähernd die Hälfte der kommunalen Fläche wird im Nordwesten durch eine Hochgebirgslandschaft bestimmt. Der restliche Gebietsabschnitt wird von ausgedehnten Nadelwaldpopulationen dominiert. Die Einwohnerzahl beträgt 23.122 (Stand März 2009). In der gleichnamigen Stadt und die nördlichste Stadt Schwedens, leben über 18.000 Einwohner. Somit bleibt festzuhalten, dass das Gebiet als dünn besiedelt einzustufen ist. Die durchschnittliche Siedlungsdichte liegt bei ca. einem Einwohner pro km2. Wirtschaftliche Einnahmen erzielt die Region aus dem Bergbau, Weltraumforschung/Raketenstartplatz der und dem Fremdenverkehr. Abb1:Kiruna Kommune und Verortung in Schweden (WIKIPEDIA 2009, online ) Die touristische Wertschätzung dieses Gebiets lässt sich auf der Wanderroute (vgl. hierzu Abb.2) von Nikkaluokta zur Forschungsstation Tarfala beobachten. Ein Großteil des Aufstiegs führt über einen Teilabschnitt des „Kungsleden“, dem „Königspfad“. Das ist der Hauptwanderweg, der zum Kebnekaise – dem höchsten Berg Schwedens, 2.104m – führt. Am 28. August 2009 ist der Weg gut besucht gewesen. Unter Schweden ist es begehrt den „Königspfad“ – oder einige Teilabschnitte – zu wandern. Nicht nur Privatpersonen nehmen den Aufstieg auf sich, sondern auch Firmen senden ihre Mitarbeiter auf den Pfad, um Teambuilding-Maßnahmen zu praktizieren und auszubauen. Der Zielpunkt des Aufstiegs, die Gletscher-Forschungsstation Tarfala, wird von der Universität Stockholm betrieben. Sie steht auf 1130m Höhe über NN mit den Koordinaten 67°55’ Nord und 18°35’ Ost. Die drei Gletscher Kebn epakteglatiären, Isfallsglaciären und Storglacieren münden in den Talkessel zu Tarfala. Durch die Basisstation ist es möglich, sie zu beobachten und Veränderungen zu dokumentieren. Der bekannteste und auch 2 meistuntersuchte Gletscher ist der Storglaciären an dem genaue Massenbilanzmessungen durchgeführt werden. In der hochalpinen Umgebung liegen die Berge Kaskasapakte, Drakryggen und der Kebnekaise. Abb 2: Route des Aufstiegs von Nikkaluokta nach Tarfala (eigene Darstellung nach GOOGLE EARTH 2009, online) 3 2. Etappe 1: Nikkaluokta – Infopunkt 1 Hubschrauberlandeplatz- Bootsanlegestelle Ladtjojauresee Abb. 3 oben: Route des Aufstiegs von Nikkaluokta zum Infopunkt 1 (eigene Darstellung nach GOOGLE EARTH 2009, online) Abb. 3 unten: Impressionen der Etappe 1 (Foto: Bader/Kroll) Die erste Etappe führt vom Hubschrauberlandeplatz in Nikkaluokta über ca. fünf Kilometer zum ersten „Infopunkt“ der Gruppe. Dieser Treffpunkt ist der Bootsanlegeplatz am Ostufer vom See Ladtjojaure. Der Beginn rückt näher und die innerliche Ruhe weicht einer gewissen körperlichen Aufregung. Etwas Trinken und eine leichte Nahrungsaufnahme runden den Beginn ab. Das erste Teilstück beginnt mit dichten Fjällbirkenwald (Betula pubescens ssp. tortuosa) und zeigt sich relativ flach. Ein guter Einstieg würde man sagen und zum Warmlaufen optimal. Im 4 weiteren Verlauf werden kleine Bäche, Moore und Feuchtwiesen über Holzstege überwunden, die definitiv trockene Füße unterstützen (vgl. Abb. 3). Ab und an muss ein kleiner Hügel überwunden werden. Auf diesem hat man schon einen schönen Blick auf das vor uns liegende Trog- bzw. U-Tal, aber dazu später mehr. Während der Fahrt von Kiruna nach Nikkaluokta hat sich ein stetiger Landschaftswandel vollzogen. Geologisch betrachtet geht es vom Baltischen Schild zum Kaledonischen Gebirge. Der Schild besteht – im Gegensatz zum Kaledonischen Gebirge – aus flachen Landschaftselementen. Diese Elemente entstanden hauptsächlich durch das Erodieren der präkambrischen Gebirgsfaltung. Der Baltische Schild ist nur noch von dünnen und geschliffenen Gesteinsschichten bedeckt. In dieser Landschaftsstruktur befindet sich eine Vielzahl von Seen, wie etwa der Torneträsk, die durch Wasserläufe miteinander verbunden sind. Das Kaledonische Gebirge/Schild ist altersgeschichtlich jünger und liegt auf dem Baltischen Schild auf. Der Baltische Schild ist der westliche Teil der Kontinentalplatte „Fennoskandia“, die das Grundgebirge Finnland der und Länder Schweden Norwegen, darstellt. In Nordschweden ist dieses stark erodierte Gestein ca. zwei Milliarden Jahre alt und fällt somit in das Erdzeitalter das Präkambrium (vgl. hierzu Abb.4). Dieser Schild wird auch Urberg genannt. Er besteht hauptsächlich aus hartem Silikatgestein wie Gneis und Granit. Aus dieser Phase stammen auch die in Kiruna bedeutenden Eisenerzlagerstätten. Das Kaledonische Gebirge ist im Zuge der kaledonischen Gebirgsbildung aufgefaltet worden. An kollidierenden dieser waren die drei Lithospärenplatten Laurentia (heute Nordamerika, Grönland), Avalonia (heute England, Irland) sowie Baltika (Baltischer Schild) beteiligt (vgl. Abb. 4: Geologische Zeittafel (UNI-GRAZ 2009, online) hierzu Abb. 5) (KRISTALLIN 2009, online). 5 „Caledonia“ bildet noch richtige – nicht erheblich erodierte – Berge aus. Dieser Name leitet sich von der lateinischen Bezeichnung für Nordschottland ab. Zu den gebirgsbildenen Prozessen kam es vor 400 Millionen Jahren als kaledonische Gneise und Granite gegen das archaische Vorland im Osten geschoben worden sind. Diese Vorgänge waren im Kambrium, im Ordovizium und stellenweise im Silur. Erdgeschichtlich wird die Gebirgsbildung im unteren Paläozoikum eingeordnet (vgl. hierzu Abb.4). In diesem Zeitraum lag „Caledonia“ unter dem Meeresspiegel. Durch Sedimentierung lagerte sich Kalk und Sandstein ab. Diese sedimentierten Schichten sind im Zuge der Auf- und Überschiebungsprozesse von der horizontalen Lage mitunter in die Senkrechte verschoben worden (UNI-GRAZ UND KRISTALLIN 2009, online) Im weiteren Verlauf der Auffaltung kam es dann zur Bildung von metamorphen Gesteinen wie Glimmerschiefer, Phylliten und Amphibolite. Ein überwiegender Teil des kaledonischen Gebirges in Skandinavien besteht somit aus den „kambro-silurischen Metamorphiten“. Die sedimentierten Bestandteile aus dem Teil des ehemaligen Ozeans sind nach den Gebirgsbildungsprozessen nicht mehr unter dem Meeresspiegel gefallen, sodass die Meeressedimente in die Zwischenräume der Ausgangsgesteine eingetragen worden sind. Vor diesem Hintergrund ist es begreiflich, dass das Bodensubstrat im Bereich vom Kaledonischen Gebirge sehr fruchtbar ist (ebd.). Vor mehr als 10.000 Jahren lagen große Teile Nordeuropas kilometerdicken Abschmelzen unter Eisschicht. der einer Durch Eismassen und das die dadurch verringernde Drucklast kommt es zu Hebungsprozessen. Die Hebungsrate beträgt auch heute noch rund 1 cm pro Tag. Dieser Effekt Landhebung heißt in fennoskandische Annlehnung an die Kontinentalplatte „Fennoskandia“. Nach einer Erholungspause, in Form einer zünftigen Verpflegung von mehreren Rentierburgern und Kaffee, begaben wir uns auf die nächste Etappe, der zeitlich kürzesten an diesem Tag nach Tarfala. Abb. 5: Kaledonische Gebirgsbildung (NATIONAL ATLAS OF SWEDEN IN KRISTALLIN 2009, online) 6 3. Etappe 2: Infopunkt 1 – Infopunkt 2 Bootsanlegestelle Ladtjojauresee (Ost)- Bootsanlegestelle Ladtjojauresee (West) Abb. 6 oben: Route des Aufstiegs vom Infopunkt 1 zum Infopunkt 2 (eigene Darstellung nach GOOGLE EARTH 2009, online) Abb. 6 unten: Impressionen der Etappe 2 (Foto: Bader/Kroll) Die zweite Etappe führte ca. drei Kilometer um den See Ladtjojaure. Sie begann mit einem flachen und unbewaldeten Stück hauptsächlich mit Zwergsträuchern (z.B. Betula nana, Salix sp. usw.) und Gräsern begrünt, bevor es nach ca. 500m in den Fjällbirkenwald (Betula pubescens ssp. tortuosa) übergeht. Dieser begleitet uns bis auf eine Höhe von ca. 600-700m. Der Weg führt im weiteren Verlauf über Moore und kleine Bäche, die über die Holzstege zu überqueren sind. Außerdem bietet die von Moränen geprägte Landschaft ein ständiges Auf und Ab in Form von Hügeln mit einem hohen Anteil von Gesteinsschutt. Man bewegt sich immer weiter in das große Trogtal hinein. 7 Die glazialen Akkumulations- und Abtragungsformen in ehemals vergletscherten Gebieten sind bis heute landschaftsprägend. Glaziale Formen sind Zeugen der einstigen Ausdehnung der Eismassen und erlauben die Rekonstruktion der Vereisungsausdehnung. Der Ladtjojaure- See ist aufgrund seiner Entstehung als sogenannter Zungenbeckensee zu sehen. Am Talausgang von Trogtälern findet die glaziale Übertiefung durch den Gletscher im Lockersediment statt. Zungenbecken sind charakteristische Formen der Grundmoränenlandschaft in Mitteleuropa. In Pleistozän geschaffenen Zungenbecken ist es nur eine Frage der Zeit bis die Verlandung, aufgrund des Sedimenttransports, vollständig abgeschlossen ist (WEBGEO 2009, online). Der Laddjojaure – See wird in ca. 800 Jahren verlandet sein, da der Sedimenteintrag weiter fortschreitet. In einem Fließgewässer herrschen verschiedene Einflussgrößen bezüglich des Stofftransports. Die bestimmenden Faktoren sind Erosion, Transport und Sedimentation. Der schwedische Forscher Hjulström hat hinsichtlich der Wechselwirkungen der drei Faktoren untereinander das „Hjulstöm-Diagramm“ entwickelt, welches den Sedimenttransport mit der Sedimentgröße und der Fleißgeschwindigkeit in ein Verhältnis setzt (vgl. Abb. 7). Abb. 7: Hjulström-Diagramm: Zusammenhang zwischen Korngröße und Strömungsgeschwindigkeit (PRESS & SIEVER 2003 IN FU-BERLIN 2009, online) 8 Zu den zentralen Aussagen zählen, dass je höher eine Fleißgeschwindigkeit ist, desto größer kann das zu transportierende Korn sein. Je kleiner ein Korndurchmesser ist, desto geringer kann die Fließgeschwindigkeit ausfallen, um dennoch eine Flusssohlenerosion auszulösen. Wenn aber der Korndurchmesser unter 0,3mm ist, so nehmen die Kohäsionskräfte (elektrostatische Kräfte) zwischen den einzelnen (Ton-) Partikeln zu. Daraus folgt, dass eine höhere Fließgeschwindigkeit benötigt wird, um die einzelnen Partikel voneinander zu lösen und somit zu erodieren. Sind sie hingegen erodiert, bleiben sie lange in Bewegung. In Abb. 7 ist zu erkennen, dass das Erosionsvermögen im Flussbett in Abhängigkeit zur Korngröße und Strömungsgeschwindigkeit steht. Das Trogtal, indem wir uns mittlerweile befinden, wegen seiner charakteristischen Form auch U-Tal genannt, entsteht durch glaziale Erosion in fluvial angelegten Tälern. Es zeichnet sich durch steile, mitunter senkrechte Trogwände und einen flachen Talboden aus. Die Trogwände gehen ander Trogkante in die flache Trogschulter über, die mit dem Schliffbord, oft als Schliffkehle ausgebildet, die Schliffgrenze zum oberhalb liegenden, nicht glazial geformten Teil des Talhanges bildet. Seitentäler münden als Hängetal weit über dem Trogtalboden des Haupttales, da ihre glaziale Übertiefung nicht Schritt halten konnte. In Wasserfällen stürzt der Zufluss über die steile Trogtalwand hinab. Rückschreitend schneidet er eine Klamm ein. Das obere Ende des Trogtales ist als häufig halbrunder Trogschluss ausgebildet, über dem ein oder mehrere Kare oder eine Kartreppe liegen (WEBGEO 2009, online). Die Wände weisen fast keine Sedimentation auf, während sich am Talboden verschiedene Ablagerungen nachweisen lassen: 1. Hangschutt, welcher durch Verwitterung der Trogwände ins Tal geschwemmt wurde; 2. Sedimente aus den Nebentälern, welche durch Flüsse ins Haupttal geschwemmt wurden; 3. die ehemalige Grundmoräne und 4. fluviale Sedimente, aus fluvialer Aktivität im Haupttal (zu glazialen und postglazialen Zeiten). Weil der Grund des Haupttals wesentlich stärker erodiert wurde als der Grund der Nebentäler, liegen heute viele Nebentäler hoch über dem Grund des Haupttals. Ein solch hochgelegenes Nebental wird auch als Hängetal bezeichnet, da es oberhalb des Grundes des Haupttals zu „hängen“ scheint. Vielmals stürzen heute Wasserfälle aus solchen Hängetälern in die Tiefe (LESER 1997, 905f.). Die folgende Abbildung soll den erdgeschichtlichen Ablauf der Entstehung eines Trogtales darstellen. 9 Abb. 8: Entstehung Trogtal ( NICHTSCHÜLER 2009, online) Voreiszeitlich wird die präglaziale Topographie durch fließendes Wasser geprägt. Die Täler sind Kerbtäler mit typischem V-Querschnitt. Die Vereisung erfolgt dann entlang der zu Beginn der Eiszeit vorhandenen Flusstäler. Kleinere Gletscher der Nebentäler münden in den großen Gletscher des Haupttales. Gesteinsschutt wird in den Gletschern und auf ihren Oberflächen als Moräne mitgeführt. Nach dem Rückzug der Gletscher hat sich die Landschaft stark verändert. Glazialerosion hat U-förmige Talquerschnitte hinterlassen. Nebentäler sind in der glazialen Eintiefung hinter dem Haupttal zurück geblieben und münden als Hängetäler mit Wasserfällen (NICHTSCHÜLER 2009, online). 10 4. Etappe 3: Infopunkt 2 – Infopunkt 3 Bootsanlegestelle Ladtjojauresee (West)- Anfang Tal nach TARFALA Abb. 9 oben: Route des Aufstiegs vom Infopunkt 2 zum Infopunkt 3 (eigene Darstellung nach GOOGLE EARTH 2009, online) Abb. 9 unten: Impressionen der Etappe 3 (Foto: Bader/Kroll) Diese Etappe mit etwa 12 km Länge verdeutlicht noch einmal die Zusammenhänge zwischen Vegetation, Boden und Höhe über dem Meeresspiegel. Die unter Etappe 1 beschriebenen bodenbildenen Prozesse sind die Gesteine des Kaledonischen Gebirges. Aus botanischer Sicht von entscheidender Bedeutung. Der Verwitterungsgrad und der Kalkgehalt der hier überwiegend vorkommenden Silikatgesteine bilden das Bodensubstrat der Region. Das Klima hat großen Einfluss auf die Vegetation. Kiefern benötigen für die Fortpflanzung zwei warme Sommer hintereinander. Dieses ist in den Nordgebieten ab dem 68°N nicht mehr gegeben. Daher herrschen in dem Exkursionsgebiet Birkenwälder vor, welches auch auf dem Anstieg von Nikkaluokta nach Tarfala zu beobachten ist. Diese Wälder werden 11 jedoch in unregelmäßigen Jahresabständen von einem Schädling befallen. Der Fjällbirkenspanner (Biston betularia) frisst die Blätter und Triebe der Laubgehölze und verursacht so das Absterben der Flora. Die Schäden sind am Rande des „Kungsleden“ zu beobachten. Der Birkenspanner ist ein Nachtfalter von weißer Grundfärbung mit schwarzer Zeichnung. Somit ist er ein Meister der Tarnung, speziell in dem Geäst der Birke. Die Ernährung des Spanners ist als polyphag („Allesfresser“) zu bezeichnen. Seine Eier legt er an den Blättern von Laubgehölzen ab. Diese können aber nur bei Temperaturen bis -35°C überdauern, sodass nicht alle Nordregionen befallen werden können. Die Hanglagen sind zumeist wärmer als die Talbereiche, sodass am Hang der Schädlingsbefall vermehrt auftritt. In den Tallagen, auch begünstigt Minustemperaturen jenseits durch der klimatische -35°C Talinversionen, erreicht und werden b leiben somit im von Winter einer Schädlingsinversion des Fjällbirkenspanners verschont. Während dieser Etappe zeigte sich ein deutlicher Rückgang bzw. eine deutliche Ausdünnung der Vegetation. Der hier vorkommende Birkenwald ist ein Birkenwald subpolarer Prägung und seinen typischen Pflanzengesellschaften. Es lassen sich botanisch drei verschiedene Schichten nach ihrer Höhe einteilen: Baumschicht: Fjällbirke (Betula pubescens ssp. Tortuosa) Strauchschicht: Zwergbirke (Betula nana) Heidelbeere (Vaccinium myrtillus) Schwedischer Hartriegel ( Cornus suecica) Waldschachtelhalm (Equisetum sylvaticum) Pilze: Birkenröhrling (Leccinum scabrum, syn. Boletus scaber) Rotkappe (Leccinum veripelle) Abb. 10: Betula pubescens Abb. 11: Vaccinium myrtillus Abb. 12: Equisetum sylvaticum Abb. 13: Cornus suecica ssp. Tortuosa (Fjällbirke) (Heidelbeere) (Schwed. Hartriegel) (Waldschachtelhalm) 12 Mit zunehmender Höhe werden diese Bestände, innerhalb dieser Etappe, immer lichter und bleiben dann ab ca.700 m ü. NN ganz aus. Aus bodenkundlicher Sicht lassen sich im Exkursionsgebiet zwei Regionen unterscheiden. Zum einen der Boden der aus dem Baltischen Schild hervorgeht, zum anderen das Substrat auf Basis des Kaledonischen Gebirges, welches hauptsächlich den Aufstieg nach Tarfala prägt. Überwiegend flachgründige Böden aus Gneis und Grant befinden sich im Bereich vom Baltischen Schild. Das aus dem Schild hervorgehende pedogenetische kristalline Material ist verwitterungsresistent und zumeist basen- und nährstoffarm. Auf dieser Grundlage bilden sich als charakteristische Böden dieser Region wie saure, nährstoffarme Ranker oder flächgründige Syroseme aus. Dieses geschieht in Abhängigkeit des zu Verfügung stehenden Feinboden- und Humusanteil (UNI-GRAZ 2009, online). Die klimatischen Voraussetzungen begünstigen eine Umwandlung der Böden hin zu einem Podsol. Die maßgebenden Einflussfaktoren der Podsolierung sind verhältnismäßig niedrige Jahresmittelwerte der Temperatur, hohe Niederschlagsrate und hohe relative Luftfeuchte. Diese Bedingungen sind hier gegeben, sodass optimale Verwitterungs- und Verlagerungsmöglichkeiten hinsichtlich der Podsolierung vorhanden sind (ebd.). Im Bereich des Kaledonischen Gebirges herrscht eine Vielzahl von Randbedingungen vor. Durch die unterschiedlichen Ausgangsgesteine und Expositionen kann es sowohl zu basenreichen Braunerden, als auch zu Podsolen kommen. Die Podsole sind besonders in den subalpinen und alpinen Lagen vorherrschend (ebd.). Bei Standorten, die Grund- oder Stauwasserbeeinflusst sind, ist unter Redoxbedingungen eine Vergleyung zu beobachten. Gletscher entstehen dort, wo das Klima so kalt ist, dass der Schnee im Sommer, statt abzuschmelzen, durch Umkristallisation zu Eis wird. Das ist zum Teil in den Gebirgen sowie in den polaren Gebieten der Fall. Die polaren Eismassen werden häufig auch als Inlandeis bezeichnet (z.B. Grönland, Antarktis). Die Eismassen bewegen sich durch eine Kombination von Gleitvorgängen und plastischem Fliessen, wodurch Gesteinsmaterial erodiert, transportiert und abgelagert werden kann. Die Erosionswirkung beruht auf dem Abschürfen und Herauslösen des unterlagerten Gesteins sowie dem Zermahlen der aufgenommenen Komponenten zu Korngrössen zwischen Blöcken und feingemahlenem Gesteinsmehl. Es entstehen Abtragungs- bzw. Erosionsformen wie Kare, Felsgrate, U-förmige Trogtäler, Hängetäler und Fjorde. Gletschereis besitzt die Fähigkeit Sedimente aufzunehmen und mit sich zu führen, wobei riesige Mengen an sogenanntem Moränenmaterial transportiert werden. Durch das Abschmelzen des Eises wird dann Material abgelagert. Sogenannte Aufschüttungs- bzw. Akkumulationsformen wie Moränen oder Drumlins werden sichtbar. Aufgrund des glazialen Formenschatzes ist es möglich, ehemals vergletscherte Gebiete zu 13 rekonstruieren. Glaziale Erosions- und Akkumulationsformen sind somit auch Beweisstücke vergangener Eiszeiten (UNI BASEL 2009, online). Glaziale Erosion erfolgt durch die Vorgänge der Detraktion, Detersion und Exaration. Die schleifende Wirkung von Eis auf dem Untergrund wird als Detersion bezeichnet. Gletscher erodieren infolge Detersion (korradierende [schleifende] Beanspruchung des Untergrundes (Herausbrechen durch von die mitgeführten Gesteinspartien an Feststoffe der aller Korngrößen), Gletscherbasis) und/oder Detraktion Exaration (Ausschürfen, Aufschuppen und Auffalten präexistenten Locker- und Festgesteins) (UNI INNSBRUCK 2009, online). Diese Etappe bescherte uns, in unserer letzten Pause bevor es ins Hängetal nach Tarfala geht, ein paar sonnige Momente mit einem Panorama des Kebnekaise und seiner angrenzenden Gipfel. Ein paar Kohlenhydrate und fertig ist der perfekte Aufstieg. Doch die ersten Ermüdungserscheinungen innerhalb der untrainierten Gruppe der Normalsterblichen sind sichtbar. Das merkt man, wenn man sein Auge durch die Reihen schweifen lässt, aber man sich keine Blöße geben. 14 5. Etappe 4: Infopunkt 3 – Tarfala Anfang Tal nach TARFALA- Gletscherstation TARFALA Abb. 14 oben: Route des Aufstiegs vom Infopunkt 3 nach Tarfala (eigene Darstellung nach GOOGLE EARTH 2009, online) Abb. 14 unten: Impressionen der Etappe 4 (Foto: Bader/Kroll) Eigentlich schon völlig körperlich erschlagen, müssen auf der letzten Etappe des heutigen Tages (ca. 5 km) nochmals alle körperlichen Reserven mobilisiert werden. Dies geht über den olympischen Gedanken hinaus. Wer richtig fit ist, ist definitiv im Vorteil. Die Vegetation in Form von Gehölzen verringert sich auf wenige Rudimente, während immer höher in das Hängetal aufsteigen. Hängetäler entstehen, da in den Haupttälern die Gletscher mächtiger sind und schneller fließen, während in den Seitentälern die glazialen Erosionsprozesse langsamer ablaufen. Nach dem Abschmelzen der Eismassen, münden die Seitentäler hoch über dem Talboden der Haupttäler. Man spricht von „Hängetälern“. 15 Hier und da ein paar Arktische Grauweiden (Salix glauca, Abb. 15) und Gräser und die Vegetation kommt gänzlich zum Erliegen. Es bleiben nur noch Flechten und Moose, die sich besser an den Standort angepasst haben. Abb. 15: Salix glauca Abb. 16: Cassiope hipnoides Abb. 17: Salix reticulate Abb. 18: Phyllodoce coerulea (Arkt. Grauweide) (Moosheide) (Netz-Weide) (Blauheide) Die Verwitterung und der Klimawandel haben deutlich sichtbare Spuren in diesem Hängetal hinterlassen. Der Weg nach Tarfala ist im unteren Teil des Tales durch Blockschutt durch einen Felssturz versperrt bzw. verengt. Man muss sich voll konzentrieren, um nicht beim Klettern und überqueren der Felsblöcke in den Gebirgsbach schwimmen zu gehen. Da das Wetter sich immer mehr verschlechtert, wäre dies nicht die erste Wahl. An den Seitenhängen des Tales und im Talboden sind deutlich die Spuren physikalischer, chemischer und biologischer Verwitterung zu sehen. Verwitterung ist für die Bodenentstehung ein grundlegender Prozess. Allgemein versteht man darunter die an oder nahe der Erdoberfläche durch Wirkung exogener Kräfte, d.h. Sonnenstrahlung, Atmosphärilien, Frost und Organismen verursachte Zersetzung, Zerstörung und Umwandlung der Gesteine und Minerale. Häufig wird die Verwitterung auch als Gesteinsaufbereitung bezeichnet (UNI MÜNSTER 2009, online). Der Verwitterung unterliegen nicht nur die festen Ausgangsgesteine sondern auch die Lockergesteine. Die Verwitterungsprozesse schaffen die Voraussetzung für die Massenbewegungen, für alle Abtragungsvorgänge und damit für die Entstehung der Sedimentgesteine. Von besonderer Bedeutung für die Art der Verwitterung ist das Klima. Grundsätzlich sind drei Verwitterungsarten zu unterscheiden, die sich jeweils in weitere Einzelprozesse untergliedern lassen (vgl. Tab. 1) (ebd.). 16 Tab. 1: Verwitterungsarten ( UNI Münster 2009, online) Physikalische Verwitterung Chemische Verwitterung Biogene Verwitterung Temperaturverwitterung Lösungsverwitterung physikalische-biogene (Insolationsverwitterung) einschl. Verwitterung Kohlensäureverwitterung Frostsprengung (Spaltenfrost) Salzsprengung Druckentlastung Hydration chemische-biogene Verwitterung Hydrolyse (Silikatverwitterung) Oxidationsverwitterung Mit der zunehmenden Höhe schwinden die Kräfte deutlich. Der Weg wird immer steiler und man muss gut mit den Beinen arbeiten und an die Grenze des Möglichen gehen, um sein Team nicht zu enttäuschen. Der Weg führt im oberen Teil des Tales nur noch über Geröll, Gestein und einigen kleinen Gebirgsbächen. Das Wetter wird immer schlechter, Regen setzt ein und die Temperaturen sinken mit jedem Höhenmeter. Der Weg scheint kein Ende zu nehmen. Wieder ist eine Höhenlinie erreicht und man denkt, jetzt muss doch endlich mal die Station zu sehen sein, aber wieder nichts. Aber dann kommt sie in Sicht. Die Gischt des Regens behindert ein wenig die Sicht, aber die Freude auf die bevorstehende Sauna, die heiße Dusche und die Nahrungsaufnahme am Abend, lassen die Strapazen vergessen. Ein Satz neue Füße wäre das Nonplusultra. 17 6. Quellen Literatur Holmlund P., Jansson P.: Glaciological Research at Tarfala Research Station. Vetenskapsradet, the Swedish Research Council (Hrsg.). o.J., 48 S. Leser H. (Hrsg.): DIERKE-Wörterbuch Allgemeine Geographie. Verlag München u. Braunschweig. 1997,1037 S. Internet Bräunlich M. 2009: Skandinaviens Geologie. Im Internet unter: http://www.kristallin.de/berg.htm#Baltischer_Schild – Abruf am 4.12.2009 Freie Universität Berlin 2009: PG-Net: das Lernportal zur Einführung in die physische Geographie. Im Internet unter: http://www.geo.fu-berlin.de/fb/e-learning/pg- net/themenbereiche/geomorphologie/fluvialmorphologie/flusserosion/schubspannungsgesch windigkeit_kritisch1/hjulstroem/index.html - Abruf am 11.12.2009. Nichtschüler 2009: Internetportal für Schüler . Lehrmaterialien Bereich Erdkunde. Im Internet unter: http://www.google.de/imgres?imgurl=http://www.nichtschueler.de/cms/fileadmin/user_upload/ Lehrmaterialien/Erdkunde/I.3_talformen.jpg&imgrefurl=http://www.nichtschueler.de/cms/inde x.php%3Fid%3D171&h=268&w=1066&sz=40&tbnid=eDwq-IFqk1ZBM:&tbnh=38&tbnw=150&prev=/images%3Fq%3Dtalformen&usg=__TxsauamgN_DLdhw8j5X g4GHU4pY=&ei=gFQSS6iOYqI_Aaa57g1&sa=X&oi=image_result&resnum=4&ct=image&ved=0CA0Q9QEwAw – Abruf am 10.12.2009. Universität Basel 2009: Botanisches Institut. Abisko 2002. Im Internet unter: http://www.unigraz.at/~grubem/schweden/_3_Geologie.pdf - Abruf am 13.12.2009. Universität Basel 2009: Botanisches Institut. Abisko 2002. Im Internet unter: www.unigraz.at/~grubem/schweden/_15_Naturschutz.pdf - Abruf am 5.12.2009. 18 Universität Basel 2009: Geographisches Institut. Aufbau eines Wissenschaftlichen Arbeitsberichtes. WS 04/05. Im Internet unter: http://www.physiogeo.unibas.ch/lehre/materialien/arbeitsanleitungen/AnleitungWissBericht. pdf - Abruf am 19.12.2009. Universität Freiburg 2009: Internetportal WEBGEO. Institut für Physische Geographie. Im Internet unter: http://www.webgeo.de/geomorphologie/ - Abruf am 11.12.2009. Universität Innsbruck 2009: Institut für Geographie. Naturräume Lateinamerika. Im Internet unter: http://www.lateinamerika-studien.at/content/natur/natur/natur-616.html - Abruf am 19.12.2009. Universität Münster 2009: Projekt Hypersoil. Im Internet unter: http://hypersoil.unimuenster.de/0/04/02.htm - Abruf am 19.12.2009. Titelseite großes Foto: Tarfala Research Station with Isfallsglaciären, 2001, Per Holmlund kleines Foto: Bader/Kroll 2009 Tarfala Research Station in February 1997, Peter Jansson 19