Nutraceuticals: Bewährtes und Neues Fortbildungskongress im Rahmen der fünften Jahrestagung der European Nutraceutical Association (ENA) vom 7. März 2009 in Wiesbaden, Deutschland. (Verfügbare Abstracts in deutscher Sprache) Inhaltsverzeichnis 1 Vitamin D: Aktuelle Daten und Empfehlungen für die Praxis ____________________________________________________________________________ 3 Folsäure: Aktuelle Daten und Empfehlungen für die Praxis ____________________________________________________________________________ 5 Obst- und Gemüsesaftkonzentrate: Review und Empfehlungen für die Praxis ____________________________________________________________________________ Vitamin D – Aktuelle Daten und Empfehlungen für die Praxis Prof. Dr. Jörg Spitz Vitamin-D galt jahrzehntelang als Skelett spezifisch Mit dem Nachweis von Vitamin-D Rezeptoren in nahezu allen Zellen des Körpers wurde deutlich, dass dieses Hormon eine erheblich weiter reichende Bedeutung für unsere Gesundheit hat. Die intensiven Forschungsarbeiten der letzten beiden Jahre ergaben folgende Eigenschaften im Zusammenhang mit bösartigen Tumoren: Vitamin D bewirkt eine Unterdrückung des Tumorwachstums, Abschwächung der Signale zur Metastasierung, gesteigerte Veranlassung des Zelltodes, Differenzierung der Zellen (in Richtung Gutartigkeit) und Reduzierung der Gefäßneubildung. Durch einen normalen Vitamin D-Spiegel wird zum Beispiel das Risiko, einen der häufigsten bösartigen Tumore des Menschen (des Dickdarm oder der weibliche Brust) zu entwickeln, auf etwa 1/3 reduziert und das Risiko einer späteren Metastasierung halbiert (1). Auch wenn die Zahlen für andere Tumorarten (z.B. Blase, Lunge, Magen, Niere, Bauchspeicheldrüse, Speiseröhre und mehrere Blutkrebse) nicht ganz so günstig sind beziehungsweise zum Teil umfangreichere Untersuchungen noch fehlen, so lässt sich dennoch fast immer ein positiver Einfluss des Sonnenhormons nachweisen (2). Aber die positive Wirkung von Vitamin-D ist nicht auf die bösartigen Tumore beschränkt. Im Bereich der Herz-Kreislauferkrankungen, die bekanntlich die führende Todesursache auch in Deutschland sind, wurden folgende Eigenschaften nachgewiesen: Es senkt den Blutdruck, verbessert die Funktion von Herz- und Skelettmuskulatur, verringert das Risiko für Typ 1 und Typ 2 Diabetes sowie für die Atherosklerose (3). Als Beispiel für die zahlreichen beteiligten Gefäßerkrankungen sei der positive Effekt bei den peripheren Verschlusserkrankungen angeführt. Ferner hat Vitamin D eine ausgeprägte Schutzfunktion für die Nervenzellen des Gehirns. Der positive Einfluss wird für folgende Krankheitsbilder beschrieben: Multiple Sklerose, Schizophrenie und Depression. Für die Multiple Sklerose liegen bereits erfolgreiche Therapieberichte mit Vitamin D vor. Für andere Erkrankungen wie ___________________________________________________________________________________ Abstracts I Nutraceuticals: Bewährtes und Neues I Wiesbaden 2009 (© ENA 2009) 1 Morbus Parkinson und die Alzheimer Demenz wird der Einfluss noch diskutiert (4). Ganz wichtig ist die vielschichtige und entscheidende Wirkung von Vitamin D im Immunsystem zum Teil bereits im Mutterleib: Es hemmt überschießende und damit für den Körper schädliche Immunreaktionen und verhindert oder mäßigt dadurch Autoimmunerkrankungen wie Colitis ulcerosa, Morbus Crohn, Diabetes Typ 1, Rheumatoide Arthritis etc.(5). Des Weiteren regt Vitamin D die Produktion von körpereigenen Antibiotika an (Defensine und antimikrobielle Proteinen), mit denen eingedrungene Bakterien und Viren bekämpft werden: Dies betrifft sowohl „schwere“ Infektionskrankheiten wie die Tuberkulose als auch „banale“ virale Infekte der oberen Luftwege mit erheblichen Konsequenzen für den Alltag (6). Auch im Bereich des Skelettsystems, das lange Zeit als exklusiv für die Wirkung von Vitamin D. angesehen wurde, hat sich einiges getan: Das Sonnenhormon stärkt nicht nur die Knochen und das ebenfalls bereits im Mutterleib, sondern kräftigt die Muskulatur und reduziert das Sturzrisiko, und damit das Risiko für Frakturen, insbesondere bei älteren Personen (7). Eigentlich ist unsere Haut in der Lage, mit Hilfe des Sonnenlichts genügend Vitamin D für den Körper herzustellen. Folgende Faktoren schränken jedoch diese Fähigkeit ein: Alter, Sonnenstand (Breitengrad), Hautfarbe und insbesondere unser Lebensstil. Und genau hier beginnt unser Problem. Weltweit ist es in den Industrieländern durch die Urbanisierung und die damit einhergehende Veränderung des Lebensstils zu einem Mangel an Vitamin D. in der Bevölkerung gekommen. Näherungsweise lässt sich sagen, dass etwa 70-90% aller Menschen, die in unseren nördlichen Breiten leben, zumindest in den Wintermonaten einen mehr oder minder ausgeprägten Vitamin D Mangel aufweisen. Aber selbst im sonnigen Florida und in Indien ist der Vitamin D Mangel aktenkundig. Bei älteren Menschen erhöht sich dieser Anteil auf 90%-100%, insbesondere wenn sie in Heimen leben. Auch stillende Mütter sind besonders gefährdet, da sie nicht nur sich selbst sondern über die Milch auch ihr Kind mit Vitamin-D versorgen müssen (8, 9). Zur regelrechten Versorgung der Körperzellen sind Vitamin D Spiegel im Blut von 32 – 100 ng/ml angezeigt. Dies ist deutlich mehr als wir bis vor kurzem angenommen haben. Unterhalb von 32 ng/ml beginnt bereits der Mangelbereich, der mittel- bis langfristig zu den geschilderten chronischen Krankheiten führt. Um diese Spiegel zu erreichen, benötigen wir täglich etwa 4000 IE, die wir entweder in der Haut mit Hilfe von UV Strahlen produzieren oder regelmäßig als Supplement ergänzen müssen. In der üblichen Nahrung ist so gut wie kein Vitamin D enthalten (10). Falls stillende Mütter nicht täglich bis zu 6000 IE Vitamin D zuführen, benötigen die gestillten Säuglinge zusätzlich 800 IE täglich. Kinder und Jugendliche, die sich nicht genügend im Freien aufhalten, benötigen 1000 – 2000 IE täglich, je nach Körpergewicht (11). Wer sich über die Eigenproduktion nicht klar ist und individuell Vitamin D ergänzen möchte, sollte seinen Vitamin D Spiegel im Blut als Berechnungsbasis bestimmen lassen. Gemessen an den positiven Effekten sind die Risiken einer gesteigerten Vitamin D Zufuhr für den Körper minimal bzw. bei korrekter Vorgehensweise überhaupt fraglich. Der bisherige obere Grenzwert für die tägliche Aufnahme (2000 IE/Tag) ist daher als überholt anzusehen und bedarf einer möglichst baldigen Korrektur (12). Aber auch in finanzieller Hinsicht finden sich deutliche Konsequenzen für den Vitamin D Mangel: So verursachte eine Gruppe von Patienten mit einem erniedrigten Vitamin-D-Spiegel (< 20 ng/ml) in einer Untersuchung in den Jahren 2005-2007 etwa 40 % höhere Kosten als die Patienten mit einem normalen Vitamin-D Spiegel! Die Kosten betrafen sowohl die ambulante als auch die stationäre Versorgung. Berücksichtigt man nun alle zitierten Aspekte, kommt Vitamin D eine erheblich höhere Bedeutung für die Gesundheit zu als bisher angenommen. Spricht der individuelle Lebensstil für eine unzureichende Eigenproduktion von Vitamin D und bestätigt sich der Verdacht durch eine Blutuntersuchung, sollte eine konsequente Supplementation erfolgen. Dies gilt nicht nur für besondere Risikogruppen wie alle chronisch Kranken, Schwangere und Senioren, insbesondere in Heimen, sondern angesichts der weiten Verbreitung des Vitamin D Mangels praktisch für die gesamte .Bevölkerung (13). ___________________________________________________________________________________ Abstracts I Nutraceuticals: Bewährtes und Neues I Wiesbaden 2009 (© ENA 2009) 2 Literatur 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. Abbas S, Linseisen J, Slanger T, Kropp S, Mutschelknauss EJ, Flesch-Janys D, Chang-Claude J. Serum 25-hydroxyvitamin D and risk of post-menopausal breast cancer--results of a large case-control study. Carcinogenesis 2008;29(1):93–9. Giovannucci E, Liu Y, Rimm EB, Hollis BW, Fuchs CS, Stampfer MJ, Willett WC. Prospective Study of Predictors of Vitamin D Status and Cancer Incidence and Mortality in Men. Journal of the National Cancer Institute 2006;98(7):451–9. Michos ED, Melamed ML. Vitamin D and cardiovascular disease risk. 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Schlangenbad, Deutschland (ISBN 978-3000266560) Folsäure – Aktuelle Daten und Empfehlungen für die Praxis Prof. Dr. Klaus Pietrzik Seit Veröffentlichung der Ergebnisse des Norwegian Vitamin Intervention Trial (NORVIT) im Jahre 2006 wird die Diskussion zur Sinnhaftigkeit einer Folsäuresupplementierung zur Prävention von HerzKreislauferkrankungen kontrovers geführt. In dieser Studie konnte nach 3jähriger Gabe von Plazebo bzw. B-Vitaminen in unterschiedlicher Kombination am Studienende kein wesentlicher Unterschied beim primären Endpunkt (Kombination aus neuerlichem Infarkt, Insult oder plötzlichem Herztod) zwischen den Gruppen gefunden werden (1). Ähnliches wurde bereits in der Vitamin Intervention for Stroke Prevention Studie (VISP) (2) und später auch in der Heart Outcomes Prevention Evaluation Studie (HOPE 2) (3) beobachtet. Auch im Western Norwegian B-Vitamin Intervention Trial (WENBIT) (4) und in der Women´s Antioxidant and Folic Acid Cardiovascular Study (WAFACS) (5), zeigte sich kein Vorteil nach Gabe von Folsäure. Die Gemeinsamkeit der Studien bestand darin, dass es sich um die Behandlung bereits KHK-erkrankter Patienten handelte, die bereits eine optimale Therapie mit den etablierten Standardmedi- kamenten (Acetylsalicilsäure, β-Blocker, Statine, ACEHemmer, Antikoagulanzeien) erhielten. In der Sekundärprävention ist es aus ethischen Gründen unmöglich, diese Standardmedikamentation nicht einzusetzen. Zusätzlich wurden Folsäure und auch andere BVitamine verabreicht, um den Homocysteinstoffwechsel zu beeinflussen. Der Effekt der Vitamingabe kann daher in randomisierter Form bei Patienten nur zusätzlich zu der bereits effektiven und etablierten Therapie untersucht werden. Sollten sich die Wirkmechanismen dabei überschneiden, senkt das die Effektivität der einzelnen Komponenten und macht evtl. den Wirksamkeitsnachweis schwer bzw. unmöglich. Die bekannte Wirkung der Homocysteinsenkung durch B-Vitamine steht jedoch mit den etablierten Medikamenten im direkten Wettbewerb. Besonders die protektiven Effekte der Statine decken sich beinahe vollständig mit den Pathomechanismen der Homocysteinerhöhung und vermindern daher bei gleichzeitiger Einnahme den Effekt der Homocysteinsenkung durch B-Vitamine. Es wird deshalb bei intensiver sekundärer Standardtherapie zunehmend schwierig sein, den zusätzlichen Effekt einer weiteren Maßnah- ___________________________________________________________________________________ Abstracts I Nutraceuticals: Bewährtes und Neues I Wiesbaden 2009 (© ENA 2009) 3 me, in diesem Falle von Folsäure und anderen BVitaminen, beweisen zu können, auch wenn die Therapie an sich effektiv wäre. Sekundärpräventive Studien sind also nur bedingt geeignet, positive Effekte einer zusätzlichen Folsäurebehandlung zu erkennen. Umso erstaunlicher war, dass in den vorgenannten Studien wiederholt eine signifikante Risikoreduktion beobachtet wurde, wenn man den Effekt auf zerebrale Ischämien näher untersuchte. Dies konnte z.B. in der VISP-Studie gezeigt werden (2). Dabei wurden 3680 Versuchsteilnehmer nach vorausgegangener Ischämie mit Folsäure und weiteren BVitaminen über zwei Jahre behandelt, und das Risiko für eine erneute Ischämie konnte in der Behandlungsgruppe um 21% gesenkt werden. Auch in der HOPE-2-Studie mit insgesamt 5222 Patienten mit bestehender Gefäßerkrankung oder Diabetes wurde nach fünfjähriger Behandlung mit Folsäure und weiteren B-Vitaminen das Schlaganfall-Risiko um 24% gesenkt (3). Eine aktuelle Metaanalyse, die die Ergebnisse von acht randomisierten Studien mit insgesamt 16841 Teilnehmern berücksichtigt, kommt zu dem Ergebnis, dass das Risiko für eine zerebrale Ischämie um 18% gesenkt werden kann. Damit kommt der Folsäure und anderen B-Vitaminen eine besondere Bedeutung bei der Prävention neurodegenerativer Erkrankungen zu. Vor dem Hintergrund der sich verändernden Alterspyramide muss neurodegenerativen Erkrankungen zukünftig mehr vorgebeugt werden als dies bisher der Fall ist. Dies trifft insbesondere für die vaskuläre Demenz als auch für die Demenz vom Alzheimer-Typ (M. Alzheimer) zu. Inzwischen belegt eine Vielzahl von Studien, dass bei den verschiedenen Demenzerkrankungen niedrige Folat- und auch Vitamin B12-Spiegel bzw. hohe Homocysteinkonzentrationen mit dem Schweregrad der Erkrankung korrelieren. Dass es sich dabei nicht nur um eine Assoziation sondern offensichtlich um Kausalität handelt, konnte durch eine Interventionsstudie an 818 gesunden älteren Probanden gezeigt werden (Folate After Coronary Intervention Trial (FACIT)). Nach einer dreijährigen Behandlungsdauer mit 0,8 mg Folsäure war die kognitive Leistungsfähigkeit (sensomotorische Geschwindigkeit, komplexe Gedächtnisleistung, Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit) im Vergleich zur Plazebogruppe signifikant verbessert. Dabei wurde der beste Therapieeffekt bei deutlich erhöhten Homocysteinwerten erzielt (6). Auch in der Rotterdam Scan Study (7) wurde gezeigt, dass hohe Folatspiegel kognitive Fähigkeiten verbessern und die psychomotorische Geschwindigkeit erhöhen können. Darüber hinaus nahmen mit zunehmender Folatkonzentration das Volumen subcorticaler Läsionen der weißen Hirnsubstanz sowie das Auftreten schwerwiegender Läsionen ab. Die Autoren führen die Beeinträchtigung der kognitiven Leistungsfähigkeit auf Gefäßpathologische Effekte zurück. Inzwischen liegen erste Erkenntnisse vor, die über die Verbindung einer B-Vitamin-Mangel-bedingten Gefäßpathologie kausale Erklärungsansätze für das Auftreten von Morbus Alzheimer liefern. Literatur 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. Bonaa KH et al.: Homocysteine Lowering and Cardiovascular Events after Acute Myocardial Infarction, N Engl J Med 354(15) : 1578-1588 (2006) Toole JF et al. JAMA 291 : 565-575 (2004) Spence JD et al. Stroke 36 : 2404-2409 (2005) Ebbing M et al. JAMA 300(7): 795-804 (2008) Albert CM et al. JAMA 299(17): 2027-2036 (2008) Durga J et al. Lancet 369 : 208-216 (2007) De Lau LML et al. Am J Clin Nutr 86 : 728-734 (2007) ___________________________________________________________________________________ Abstracts I Nutraceuticals: Bewährtes und Neues I Wiesbaden 2009 (© ENA 2009) 4 Obst- und Gemüsesaftkonzentrate: Review und Empfehlungen für die Praxis Dr. Manfred Lamprecht Einer Medline-Recherche zufolge sind 51 wissenschaftlich relevante Humanstudien mit Supplementen aus Obst- und Gemüsesaftkonzentraten gelistet. Zur Recherche wurden die nachfolgenden 4 Suchbegriffe eingegeben: „fruit and vegetable concentrate“, „fruit and vegetable juice concentrate“, „fruit and vegetable powder concentrate“ und „juice powder concentrate“. Im Fokus standen gemischte Obst- und Gemüsekonzentrate, die als Nahrungsergänzungsmittel eingesetzt wurden. Interventionsstudien mit einzelnen Obst- oder Gemüsesorten wurden ausgeschlossen. Unter den insgesamt 51 Publikationen sind lediglich 15 Interventionsstudien beim Menschen, die die Wirkung von Obstund Gemüsekonzentraten als Nahrungsergänzung untersuchten, 13 davon wurden seit 2000 publiziert. Allein 10 dieser 13 Studien wurden mit einem verkapselten und pulverisierten Obst- und Gemüsesaftkonzentrat durchgeführt (Juice PLUS+®). Zwei Studien berichten von Untersuchungen mit flüssigen Obst- und Gemüsesaftkonzentraten bei gesunden Personen im Vergleich mit HIV-seropositiven Personen (Eckes Granini GmbH und Cellagon Aurum®). In einer Studie wurde die Wirkung eines flüssigen Fruchtsaftkonzentrats (SVZ International) – in Kombination mit Gemüseburgern (Keizer Waalwijk BV) – bei Rauchern untersucht. Im zusammenfassenden Überblick kann zu den publizierten Studien (1-13) festgestellt werden, dass durchaus interessante Daten zur Supplementierung mit Obstund Gemüsesaftkonzentraten vorliegen. Groß angelegte Endpunktstudien fehlen zwar, sodass man in der Beurteilung auf die Interpretation von erhobenen Biomarkern angewiesen ist. Darüber hinaus fehlen auch Untersuchungen, die den Konsum frischer Früchte (bzw. Säfte) oder Gemüse und einer Supplementierung mit entsprechenden Konzentraten vergleichen. Die vorhandenen Arbeiten sind jedoch vielversprechend und zeigen insgesamt Effekte: antioxidativen Schutz, kardiovaskuläre Protektion und positive immunmodulierende Wirkungen, die man auch von einer obst- und gemüsereichen Ernährung erwartet. Empfehlungen für die Praxis: Sämtliche Empfehlungen zum Konsum von Obst und Gemüse beziehen sich auf gesunde Menschen. Die „5-am-Tag“- Kampagne geht davon aus, dass es sich bei den angeratenen 5 Portionen Obst und Gemüse um einen „Mindestkonsum“ zur gesundheitlichen Vorsorge handelt. Allerdings wird der empfohlene Verzehr nicht erreicht (14-16). Es ist davon auszugehen, dass Zielgruppen, die aufgrund ihres Lebensstils oder hoher beruflicher Belastung mehr Mikronährstoffe aus pflanzlicher Nahrung aufnehmen sollten, unterversorgt sind. Angaben über den Bedarf an Obst und Gemüse, beispielsweise für HerzKreislauf-Patienten, Krebspatienten oder Typ-2Diabetiker, sind bei den Ernährungsgesellschaften nicht zu finden. Aber auch für gesunde Personen, die vermehrt oxidativem Stress ausgesetzt sind (z.B. Raucher, Sportler, Senioren, bestimmte Berufsgruppen wie Piloten, Manager, Politiker, Schicht- und Bauarbeiter etc.), gibt es keine etablierten Angaben, da wissenschaftliche Daten kaum vorhanden sind. Zieht man all diese Faktoren in Betracht, so ist die Suche nach praktikablen Alternativen nachvollziehbar, vor allem unter dem Gesichtspunkt, dass bisherige Maßnahmen zur Steigerung des Obst- und Gemüseverzehrs zu wenig gefruchtet haben. Fazit Supplemente auf Basis von Obst- und Gemüsesaftkonzentraten können eine ausgewogene Ernährung mit reichlich frischem Obst und Gemüse zwar nicht ersetzen, aber ergänzen. Voraussetzung für eine Supplementierung mit einem Obst- und Gemüsesaftkonzentrat ist jedoch, dass das Präparat die entsprechenden Qualitätskriterien erfüllt, d.h. vor allem eine gute Bioverfügbarkeit der wertvollen Inhaltsstoffe (sekundäre Pflanzenstoffe, Antioxidantien etc.) liefert und nicht in irgendeiner Form kontaminiert ist. Hochwertige wissenschaftliche Studien sind zum Beleg der Effektivität solcher Produkte zu fordern. Eine Supplementierung mit Nahrungsergänzungsmitteln aus Obst- und Gemüsesaftkonzentraten soll daher vor allem jenen Zielgruppen empfohlen werden, welche eine erhöhte psychophysische Stressbelastung aufweisen und/oder die täglich zugeführte Menge an Obst und Gemüse nicht erreichen. ___________________________________________________________________________________ Abstracts I Nutraceuticals: Bewährtes und Neues I Wiesbaden 2009 (© ENA 2009) 5 Literatur 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. Lamprecht M, Oettl K, Schwaberger G, et al. Protein modification responds to exercise intensity and antioxidant supplementation. Med Sci Sports Exerc 2009; 41: 155-163. Lamprecht M, Oettl K, Schwaberger G, et al. Several indicators of oxidative stress, immunity, and illness improved in trained men consuming an encapsulated juice powder concentrate for 28 weeks. J Nutr 2007; 137: 2737–2741. Bloomer RJ, Goldfarb AH, McKenzie MJ. 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