Zertifikatslehrgang Bio-Seminarbäuerin / Bio-Seminarbauer II Einfluss von Landwirtschaft und Ernährung auf unser Klima Einfluss von Landwirtschaft und Ernährung auf unser Klima 2 Herausgeber: BIO AUSTRIA | www.bio-austria.at Projektleitung: DI Elisabeth Klingbacher Autor: Mag. Christian Salmhofer, Klimabündnis Kärnten ergänzende Bearbeitung: DI Elisabeth Klingbacher, BIO AUSTRIA Layout: Claudia Christof, www.cchristof.at © 2008, BIO AUSTRIA Einfluss von Landwirtschaft und Ernährung auf unser Klima Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung .................................................................................................................... 4 2 Der Treibhauseffekt – Das globale Problem des 21. Jahrhunderts ............................ 4 2.1 2.2 Das Treibhausprinzip ........................................................................................................... 4 Der CO2-Anstieg ................................................................................................................... 5 2.2.1 Klimapolitik: Die globale Dimension der Umweltpolitik .................................................. 6 3 Klima und Ernährung .................................................................................................. 7 3.1 Landwirtschaftliche Produktion .......................................................................................... 8 3.1.1 Die wichtigsten Treibhausgase in der Landwirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 3.1.1.1 Kohlenstoffdioxid (CO2). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 3.1.1.2 Methan (CH4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 3.1.1.3 Lachgas (N2O). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Energieverbrauch unseres Ernährungssystems ................................................................11 3.2.1 Klimaproblem Fleisch .....................................................................................................12 3.2.1.1Futtermittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 3.2.1.1.1 Futtermittel Soja . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Energieverbrauch in der Landwirtschaft........................................................................... 15 3.3.1 Energieverbrauch der Treibhäuser .................................................................................17 Energieverbrauch durch Transport ................................................................................... 18 Energieverbrauch durch Verarbeitung und Konsum ......................................................... 20 Energieverbrauch durch industrielle und gewerbliche Weiterverarbeitung .................... 21 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 4 Grundsätze für einen zukunftsfähigen Ernährungsstil ............................................ 22 4.1 4.2 4.3 Umstieg auf eine überwiegend vegetarische Ernährung ................................................... 22 Bevorzugung regionaler und saisonaler Produkte ............................................................ 24 Lebensmittel aus biologischer Landwirtschaft ................................................................. 24 5 Zusammenfassung .................................................................................................... 26 6 Exkurs:„Klimaretter“ Biosprit? ................................................................................ 27 7 Literatur .................................................................................................................... 28 3 Einfluss von Landwirtschaft und Ernährung auf unser Klima 1 Einleitung Die globale Klimaerwärmung beruht auf der Eigenschaft der Erdatmosphäre, die Wärmeabstrahlung der Erdoberfl äche und bodennaher Luftschichten in das Weltall zu verringern. Ohne diesen „natürlichen“ Treibhauseffekt läge die bodennahe Weltmitteltemperatur nicht bei 15,5 Grad Celsius, sondern bei lebensfeindlichen – 18 Grad Celsius. An diesem, für uns überlebensnotwendigen Treibhauseffekt sind als wichtigstes natürliches Treibhausgas der Wasserdampf mit 61%, Kohlenstoffdioxid (CO2) mit 21%, bodennahes Ozon (O 3) mit 7% und andere Gase mit 11% beteiligt (Kobert, 2004). Sowohl die atmosphärische Konzentration der Treibhausgase als auch die globale Mitteltemperatur sind natürlichen Schwankungen unterworfen, die jedoch zunehmend durch den Einfluss menschlicher Aktivitäten, unter anderem auch durch die Landwirtschaft, überlagert werden. Diese führen zu einer Anreicherung der Treibhausgase und zu einer globalen Erwärmung. Dieser anthropogene Anteil am Treibhauseffekt wird durch die seit Beginn der Industrialisierung kontinuierlich erhöhten Konzentrationen einer Reihe von Gasen in der Erdatmosphäre verursacht. Dafür verantwortlich sind Emissionen, die in erster Linie aus der Verbrennung von fossilen Energieträgern stammen. Daneben spielen auch nichtenergetische Produktionsprozesse sowie das Konsumverhalten eine Rolle. ! Die wichtigsten beteiligten Gase sind Kohlenstoffdioxid (CO2), Methan (CH4), Distickstoffoxid/ Lachgas (N2O), perfluorierte und teilfluorierte Kohlenwasserstoffe (FKW und H-FKW). 2 Der Treibhauseffekt – Das globale Problem des 21. Jahrhunderts Klimagase wie CO2 kennen weder Staatsgrenzen noch Wirtschaftsräume, sie verteilen sich gleichmäßig über die gesamte Erde. Grund für den kontinuierlichen CO2-Anstieg ist der verschwenderische Umgang mit den fossilen Brennstoffen - Kohle, Erdöl, Erdgas - und die Abholzung der letzten großen Urwälder. Der Autoverkehr, die industrielle Landwirtschaft und die ineffiziente Energienutzung spielen in diesem Zusammenhang eine wesentliche Rolle - wir verbrauchen derzeit an einem Tag mehr fossile Brennstoffe, als die Erde in 1000 Jahren erzeugt hat. Es sind aber nur wenige Länder, die den Großteil dieses CO2-Anstiegs verursachen. In den letzten 200 Jahren ging die Zunahme der globalen CO2-Konzentrationen in der Atmosphäre zu 80% auf das Konto der Industriestaaten. ! Allein Deutschland verbraucht eineinhalb Mal soviel Energie wie ganz Afrika. Wenn wir so wie bisher weitermachen, wird man durch den verstärkten Treibhauseffekt bis zum Jahre 2050 mit einer durchschnittlichen Erwärmung der Erdatmosphäre von 2°C rechnen müssen. 2.1 Das Treibhausprinzip In der Troposphäre, dem untersten Stockwerk der Atmosphäre, spielt sich das gesamte Wettergeschehen ab. Im Schnitt ist die Troposphäre über uns 12 km hoch. Nur Vulkanausbrüche und Atombomben können die Sperrschicht zur Stratosphäre durchbrechen. Diese Sperrschicht 4 Einfluss von Landwirtschaft und Ernährung auf unser Klima entsteht durch Temperaturinversion. Das heißt: Bis an die Obergrenze der Troposphäre wird es kälter, in der Stratosphäre nimmt die Temperatur durch das Auffangen der UV-Sonnenstrahlung (Ozonschutzschild) wieder zu. Dadurch wird ein turbulenter Austausch mit der Troposphäre verhindert. Innerhalb dieses hauchdünnen Films befinden sich die Treibhausgase, die den natürlichen Treibhauseffekt erzeugen. Kurzwelliges (sichtbares) Licht durchdringt die Atmosphäre ungehindert und wird auf dem Erdboden unter Energieverlust in langwelliges Licht (nichtsichtbare Wärmestrahlung) umgewandelt. Die langwellige Wärmestrahlung wird von den Treibhausgasen absorbiert. Die Gase übernehmen die Funktion der Hülle eines Glashauses. „Spürbar“ wird der Treibhauseffekt bei bewölktem Nachthimmel. Dann wird nämlich die Wärmeabstrahlung in den Weltraum gedämpft, die Abkühlung auf der Erdoberfl äche ist viel geringer als in einer klaren Nacht. Ohne den natürlichen Treibhauseffekt gäbe es kein Leben auf unserem Planeten. Es wäre zu kalt. Die Durchschnittstemperatur auf der Erdoberfl äche würde nur -18ºC betragen. Aufgrund der Treibhausgase haben wir eine Durchschnittstemperatur von 15ºC, d.h. der natürliche Treibhauseffekt erwärmt die Erdoberfl äche um 33ºC. 2.2 Der CO2-Anstieg CO2 ist ein allgegenwärtiges Stoffwechselprodukt des Organismus „Erde“: Pfl anzen speichern CO2 durch Photosynthese in ihrer Biomasse, riesige Mengen von CO2 sind im Tiefenwasser unserer Meere zwischengelagert, Kalk – das Baumaterial der Korallenriffe - benötigt als Grundstoff CO2, ... ! Der Mensch beeinflusst den gesamten CO2-Haushalt der Erde gegenwärtig nur mit 4%. Aber schon dieser minimale Anteil am CO2-Stoffwechsel der Erde reichte aus, um seit 1775, mit Beginn der industriellen Revolution, den CO2-Gehalt um 35% zu erhöhen! Über die letzten 250 Jahre verursachten die Emissionen von 1000 Milliarden Tonnen CO2 aus der Verbrennung fossiler Energierohstoffe plus die Freisetzung von 500 Milliarden Tonnen CO2 als Folge von Abholzungen und anderen Landnutzungen diesen rasanten CO2-Anstieg. Seit Beginn der Industrialisierung sind Waldrodungen und Änderungen der Landnutzung für ein Drittel bis die Hälfte des Anstiegs der atmosphärischen CO2-Konzentration verantwortlich. Erst seit Mitte des 20. Jahrhunderts ist die Verbrennung fossiler Energieträger hauptverantwortlich für den anthropogenen Treibhauseffekt. Inzwischen liegt der Anteil fossiler Emissionen an den gesamten anthropogenen CO2-Emissionen bei über 75 Prozent. Zwischen 1775 und 2007 stieg die atmosphärische CO2-Konzentration von 280 ppm (parts per million = Teile je Million „Gasmoleküle“) auf 383 ppm (Seit wenigstens 650.000 Jahren lag der Anteil immer unterhalb von 280 ppm). Die globalen Emissionen sind zwischen 1970 und 2004 von 28,7 auf 49 Gigatonnen CO2-Äquivalente pro Jahr gestiegen (Fliessbach et al., 2008). Nach Angaben des Weltklimarates schweben in der für uns gewichtslos erscheinenden Atmosphäre gegenwärtig 200 Milliarden Tonnen mehr CO2 als die Erde im Gleichgewichtszustand vor der industriellen Revolution hatte. Wenn die Menschen am verschwenderischen Lebensstil festhalten, wird die Treibhausgas-Konzentration in weniger als fünfzig Jahren 600 ppm erreichen. Die Atmosphäre würde dann gegen Ende dieses Jahrhunderts mehr Treibhausgase enthalten als in 5 Einfluss von Landwirtschaft und Ernährung auf unser Klima den 30 Millionen Jahren zuvor. KlimatologInnen sagen für diesen Fall einen so rasanten, globalen Temperaturanstieg voraus, wie ihn die Menschheit noch nicht erlebt hat. Aber nicht nur die CO2-Konzentration steigt, auch andere Treibhausgase wie Methan (CH 4), Lachgas (N2O) und Ozon (O 3) nehmen ungebremst zu. 2.2.1 Klimapolitik: Die globale Dimension der Umweltpolitik Die CO2-Problematik wurzelt im verschwenderischen Lebensstil der Bevölkerung in den reichen Industriestaaten. Ein Amerikaner produziert durch seinen Lebensstil „Luxusemissionen“ in der Menge von 20 Tonnen CO2, das ist 25 mal mehr als die „Überlebensemissionen“ eines Inders. Unter der Prämisse, dass grundsätzlich jeder Mensch das gleiche Recht hat, die Atmosphäre zu benutzen, ist das große Ungleichgewicht zwischen dem reichen Norden und dem armen Süden bedenklich. ! Würden alle 6 Milliarden Menschen so viel CO2-Emissionen verursachen wie der österreichische Durchschnittsbürger (derzeit liegen wir ÖsterreicherInnen 36%! über dem Kyoto-Ziel) würden sich die weltweiten CO2-Emissionen auf 60 Milliarden Tonnen pro Jahr erhöhen. Das heißt: Da die Ozeane und die Pfl anzen jährlich nur etwa 13 Milliarden Tonnen CO2 aufnehmen können, bräuchte die Menschheit schon heute mindestens drei Planeten vom Typ Erde. Das Erkennen globaler Zusammenhänge ist Voraussetzung für effizienten Klimaschutz. Nur wenn wir uns mit den globalen Kreisläufen auseinandersetzen, kommen wir zu zukunftsfähigen Lösungen. Die Warnungen des Weltklimarates 2007 Der UN-Weltklimarat (IPCC), der 2007 den Friedensnobelpreis erhielt, wurde 1987 gegründet. Die Vereinten Nationen installierten dieses Netzwerk von WissenschaftlerInnen, in dem weltweit alle namhaften KlimaforscherInnen mitarbeiten, um objektive und umfangreiche Untersuchungen zum Klimawandel zu realisieren. Mit dem Ergebnis, dass CO2 zum politischsten Molekül aller Zeiten wurde. Kohlendioxid ist zwar nicht das einzige menschengemachte Treibhausgas, aber das wichtigste. ! 2007 präsentierte der Weltklimarat IPCC den aktuellen Welt-Klimareport. Der von Menschen gemachte Klimawandel wird nicht mehr bezweifelt: Er schreitet schneller voran als angenommen. Seit dem Jahre 2000 hat sich die Geschwindigkeit des CO2-Anstiegs in unserer Atmosphäre verdoppelt. Die Erdatmosphäre reagiert anscheinend schneller als der Mensch. Zum Schutz unseres Klimas haben wir also dringenden Handlungsbedarf. Die CO2-Menge in der Atmosphäre stieg auf heute mehr als 2900 Milliarden Tonnen – mit messbaren Effekten: Elf der vergangenen zwölf Jahre gehörten zu den wärmsten seit 1860. Die Gletscher schmelzen. Weil Permafrostboden taut, häufen sich Felsstürze. Wassermassen dehnen sich aus und lassen den Meeresspiegel steigen. Wintersportorten fehlt der Schnee. Und all das nur, weil die Temperatur um 0,7°C angestiegen ist. Soll der Anstieg die Zwei-Grad-Marke nicht überschreiten, dürfen nur noch weitere 180 Milliarden Tonnen Kohlendioxid in der Atmosphäre deponiert werden. Die Wissenschaft warnt davor, Maßnahmen zum Klimaschutz noch länger hinauszuzögern, denn die Forschungsergebnisse zeigen unmissverständlich, dass der Lebensstil der reichen Länder das 6 Einfluss von Landwirtschaft und Ernährung auf unser Klima Ökosystem Erde überfordert. Eine Umorientierung unserer Entwicklung ist gefragt: Hin zu einer sozial gerechten und ökologisch verträglichen Wirtschaftsweise, die auf die Lebensgrundlagen und Lebensqualität der nachfolgenden Generationen Rücksicht nimmt. Die Erreichung von KlimaschutzZielen setzt „zukunftsfähiges Wirtschaften“ voraus. 3 Klima und Ernährung ! Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass CO2-, N2O- und CH4-Messungen heute um 35%, 18% bzw. 155% über den Werten der vor-industriellen Phase liegen (WMO, 2006). Die größten Anteile der anthropogenen Treibhausgase liegen mit 50% im Bereich Energie und Verkehr, 20% stammen aus der chemischen Industrie, die Abholzung der Tropenwälder verursacht weitere 15%. Doch auch die intensive Landwirtschaft ist global mit etwa 15% an der Emission von Treibhausgasen beteiligt (Stolze, 2000). Durch den Einsatz moderner Produktionsweisen können Nahrungsmittel immer unabhängiger von Zeit und Ort produziert werden. Fehlende natürliche Grundlagen der Produktion werden dabei durch künstlich bereitgestellte Ressourcen ersetzt. Dies führt beispielsweise durch die Produktion von Düngemitteln oder die Bereitstellung von Kühlketten zu steigendem Energieverbrauch. Die Industrialisierung der Landwirtschaft, die Veränderungen im Ernährungsverhalten sowie die Diversifizierung der Produktionswege führen zu steigenden Klimabelastungen. In den entwickelten Ländern geht man davon aus, dass im Schnitt 20% des gesamten Energieverbrauchs der Ernährung und allen damit verbundenen Handlungen zuzuschreiben sind. In Österreich belastet ein Bürger durch seine Ernährung die Atmosphäre mit durchschnittlich 2600 kg CO2-Äquivalenten pro Jahr. Etwa vier Fünftel davon werden für die Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung der Nahrungsmittel verwendet, etwa ein Fünftel für die Zubereitung der Nahrung in den Haushalten. Aufgrund methodischer Probleme und der Komplexität unseres Ernährungssystems gibt es unterschiedliche Zahlenwerte. Schon kleine Abweichungen in den Ausgangsbedingungen ergeben große Abweichungen im Endergebnis einer Studie. Kommen die Tomaten aus einem Gewächshaus in Holland oder Südspanien? Stammen die Produkte aus konventioneller oder aus integrierter Landwirtschaft, die mit Düngemitteln und Pestiziden sparsamer umgeht? Welcher Hektarertrag wird angenommen? Hier hat jede Studie unterschiedliche Ausgangsbedingungen, die das Ergebnis maßgeblich beeinflussen können. Derartige Zahlenwerte können auch nicht mit den Ergebnissen der nationalen Klimabilanzen verglichen werden. Dies zeigt sich auch bei den Pro-Kopf-Emissionen, welche nur den Energieverbrauch, der im eigenen Land stattgefunden hat, berücksichtigen. Die CO2-Emissionen durch Produktion, Verarbeitung und Transport einer Tomate aus Spanien verbleiben in der spanischen Klimabilanz. Wird die Tomate in Österreich konsumiert, scheinen diese Emissionen bei uns in keiner CO2-Bilanz auf. In die österreichische Klimabilanz gehen nur der innerösterreichische Transport, die Kühlung und die Zubereitung ein. Diese Gründe machen eine direkte Vergleichbarkeit unmöglich und sorgen für ein beträchtliches Zahlenchaos. 7 Einfluss von Landwirtschaft und Ernährung auf unser Klima ! Doch trotz aller Abweichungen im Detail kann man davon ausgehen, dass etwa 60% der CO2Äquivalente im Ernährungsbereich aus der Landwirtschaft stammen (davon über 40% aus der Tierhaltung). 27% sind der Haushaltsphase, 8% dem Transport und 5% dem Sektor Verpackung zuzuordnen. 1.1 Landwirtschaftliche Produktion In der Landwirtschaft ist vor allem der Energie- und Düngemitteleinsatz für Emissionen klimarelevanter Gase verantwortlich. Zu den wichtigsten Treibhausgasen zählen Kohlenstoffdioxid (CO2), Lachgas (N2O) und Methan (CH4), die alle unterschiedliche Erwärmungspotentiale aufweisen. Von Bedeutung sind folgende Aktivitäten (Steinmüller, 1999): • die Nutztierhaltung (v.a. Wiederkäuer), Futtermittelerzeugung und die regional konzentrierte Lagerung und Ausbringung von Wirtschaftsdünger (CH4, N2O) • der Energieeinsatz in der Landwirtschaft und Vorleistungen, die für die Landbewirtschaftung erbracht werden, wie z.B. Düngemittel, Pfl anzenschutzmittel, Futtermittel, Maschinen, Treibstoffe, Transport (CO2) • die Ausbringung von synthetischen, schnelllöslichen mineralischen Stickstoffdüngern (N2O) • die (unsachgemäße) Bodenbearbeitung landwirtschaftlich genutzter Flächen, die langfristig die Senkenfunktion des Bodens für Methan und Kohlenstoffdioxid negativ beeinflusst (CH4, CO2) • die Brandrodung und Bewirtschaftungsbrände zur Gewinnung und Erhaltung landwirtschaftlicher Nutzfl ächen (CO2, CH4, N2O) • die Zunahme der Anbaufl ächen und die Mehrfachernten pro Jahr für Reis (CH4) • die energieintensive Weiterverarbeitung und der Ferntransport landwirtschaftlicher Produkte durch Industrie, Handel und Gewerbe (CO2, CH4) Laut IPCC-Bericht 2007 wird die Landwirtschaft als ein Sektor genannt, in dem mit angepassten Maßnahmen CO2 gebunden und die Emission von Treibhausgasen reduziert werden kann. ! Im Gegensatz zur industriellen Landwirtschaft bietet der biologische Landbau eine nachhaltige Möglichkeit, Treibhausgasemissionen langfristig zu senken. Zusätzlich liefert die biologische Landwirtschaft langfristige Strategien, um den Energieeinsatz deutlich zu reduzieren. 8 Einfluss von Landwirtschaft und Ernährung auf unser Klima 3.1.1 Die wichtigsten Treibhausgase in der Landwirtschaft 3.1.1.1. Kohlenstoffdioxid (CO2) In die Umwelt freigesetztes Kohlendioxid stammt vor allem aus der Verbrennung von fossilen Kohlenstoffträgern und hat einen Anteil von etwa 25% am Treibhauseffekt. Folgende Faktoren sind für geringere CO2-Emissionen in der biologischen Landwirtschaft verantwortlich: • kein Einsatz mineralischer Stickstoffdünger mit hohem Energieverbrauch • geringer Einsatz von Kraftfuttermitteln und damit verbunden, niedrigerer Energieverbrauch (bei Produktion, Transport, ...) • kein Einsatz von Pestiziden • ständige Bodenbedeckung • schonende Bodenbearbeitung Unterschiedlichen Schätzungen zufolge können die mit konventioneller Produktion verbundenen CO2-Emissionen durch biologische Bewirtschaftung von Ackerland um 40 Prozent, von Grünland um 70 Prozent gesenkt werden (Piorr, 1998; Pfiffner, 2001). Auch eine Untersuchung in Deutschland von konventionellen und biologischen Haupterwerbsbetrieben ergab eine um ungefähr 60 Prozent geringere fl ächenbezogene CO2-Emission für die biologische Bewirtschaftungsform (Tauscher, 2003). Auch bei einem Vergleich des Energieverbrauchs je Produkteinheit schneidet der Biolandbau im Gegensatz zur konventionellen Landwirtschaft deutlich besser ab. Ertragsabhängige Reduktionen der CO2-Emissionen zwischen 20 und 60% wurden berechnet (Krier, 2004). Neben der Emission großer Mengen von Kohlendioxid stellt die Landwirtschaft aber auch eine wichtige CO2-Senke dar, da die Kulturpfl anzen zu einer Fixierung des Kohlendioxids beitragen (Stolze et al., 2000). Das CO2-Bindungsvermögen der Pfl anze spielt daher bei der Bewertung der Klimarelevanz ebenfalls eine Rolle. Dieses ist unter anderem von Standortgegebenheiten, der Vegetationsdauer, der Ertragshöhe und der Energiedichte abhängig. Trotz teilweise niedrigerer Ertragsleistung weist der Biolandbau durch den hohen Zwischenfruchtanteil eine der konventionellen Landwirtschaft vergleichbare Rückbindungskapazität auf. Aufgrund eines höheren Gehaltes an organischer Bodensubstanz und höherer CO2-Bindung in der mikrobiellen Biomasse des Bodens kann von einer höheren CO2-Rückbindung im biologischen Landbau ausgegangen werden (Köpke, 2002). 3.1.1.2 Methan (CH4) Methan ist in der Atmosphäre nur in niedrigen Konzentrationen vorhanden, hat aber ein hohes Potential zum Treibhauseffekt beizutragen. KlimaforscherInnen stufen Methan in seiner klimaschädigenden Wirkung als 21 Mal so stark ein wie CO2. Um die verschieden starken Klimagase in ihrer Wirkung vergleichen zu können, haben sich KlimaforscherInnen auf eine Einheit verständigt: CO2-Äquivalente. In ihrer Emissionsbilanz geben die sich dem Kyoto-Protokoll verpfl ichtenden Staaten eine Tonne ausgestoßenes Methan damit als 21 Tonnen CO2-Äquivalente an (Mit Hilfe der CO2-Äquivalente kann der anthropogene (vom Menschen verursachte) Anteil am Treibhausgaseffekt für unterschiedliche Produkte in vergleichbarer Form 9 Einfluss von Landwirtschaft und Ernährung auf unser Klima dargestellt werden.) Die Höhe der Methanemissionen weltweit beträgt etwa 500 Millionen Tonnen pro Jahr. Davon werden etwa 70 Prozent durch menschliche Aktivitäten verursacht. Ihren Ursprung in der Landbewirtschaftung haben etwas mehr als 205 Millionen Tonnen. Es wird angenommen, dass aufgrund des geringeren Viehbesatzes und der Haltungsform (mit Einstreu) die betriebs- und fl ächenbezogene CH4-Emission im Biolandbau geringer als bei konventioneller Bewirtschaftung ist. Zusätzlich könnten sich die Methan-Emissionen durch die im biologischen Landbau angestrebte längere Nutzungsdauer der Wiederkäuer verringern. Weiters wird vermutet, dass durch den Verzicht auf mineralische Stickstoffdünger die Methan-Verwertung durch Bodenorganismen erhöht und damit der CH4-Ausstoß vermindert wird (Köpke, 2002). Allerdings muss beachtet werden, dass bei rohfaser- bzw. grundfutterreicher Fütterung, wie sie im Biolandbau praktiziert wird, die Methanbildung im Pansen der Wiederkäuer ansteigt. Wegen geringerer Tierleistungen werden im biologischen Landbau produktbezogen vergleichsweise höhere Methanemissionen vermutet (Gerlach, 2002). In diesem Zusammenhang meinen VerteidigerInnen der Agrarindustrie, dass die entscheidende Frage nicht lautet „Wie viel Methan wird auf der landwirtschaftlichen Nutzfl äche produziert?“, sondern „Wie viel Methan wird pro kg oder Liter eines erzeugten Produktes freigesetzt?“ In diesem Fall steigt der Biolandbau schlechter aus. Mit steigender Leistung sinkt die Methanbildung pro kg erzeugtem Produkt. So ergibt sich für Milch rechnerisch folgende Beispielbilanz: Bei einer täglichen Milchleistung von 10 Litern pro Bio-Kuh werden je kg Milch bis zu 40 g Methan gebildet. Nach Angaben der „Fördergemeinschaft Nachhaltige Landwirtschaft“ setzt eine Kuh in Spitzenbetrieben mit einer Tagesleistung von 30 Litern Milch weniger als 15 g Methan pro Liter Milch frei. So betrachtet führt eine Produktivitätssteigerung in der Milchviehhaltung zu einer Verbesserung der Methanbilanz. Geschwiegen wird dabei aber über vorgelagerte Bereiche wie z. B. die Klimabilanz des eingesetzten Futtermittels. (Die tägliche Methanemission je Rind ist abhängig von der Nutzungsart: Milchkühe produzieren mehr (200-400 g) Methan als Mastrinder (80-220 g). Zum Vergleich: Ein Elefant erzeugt etwa 2 400 g Methan pro Tag). Reis: Überlebensemissionen contra Luxusemissionen Reisfelder produzieren etwa 17% der gesamten Methanemissionen, das sind etwa 65 Millionen Tonnen CH4 pro Jahr. Reis, der hauptsächlich in gefluteten Feldern in Asien angebaut wird, ist eines der wichtigsten Grundnahrungsmittel der Erdbevölkerung. Und es ist nicht fair, dass dieses lebenswichtige Nahrungsmittel für Milliarden von Menschen immer wieder mit dem Treibhauseffekt assoziiert wird. Insgesamt ist der Beitrag von Reis zum anthropogenen Treibhauseffekt mit nicht einmal 3% sehr gering. Wenn über die Verringerung des Methanausstoßes im Reisanbau nachgedacht wird, sollte man immer bedenken, dass es sich bei Reis um ein lebenswichtiges Grundbedürfnis handelt und nicht um die Befriedigung von Luxusbedürfnissen, die nur von Produkten zu stillen sind, welche wesentlich mehr Emissionen verursachen. 3.1.1.3 Lachgas (N2O) Das Spurengas Lachgas ist ebenfalls ein wesentlicher Verursacher des Treibhauseffektes. Es hat ein etwa 270-fach höheres Treibhauspotential als CO 2 (1 Tonne ausgestoßenes Lachgas entspricht 10 Einfluss von Landwirtschaft und Ernährung auf unser Klima demnach 270 Tonnen CO2-Äquivalenten). Lachgas wird vor allem von verdichteten Böden bei hohen Nitratkonzentrationen emittiert (Bedingungen, wie sie im Biolandbau kaum vorkommen). Auch die Anwendung mineralischer Düngemittel, der Anbau von Leguminosen, das Recyclen von organischen Düngern tierischer und pfl anzlicher Herkunft und die Mobilisierung von bodenbürtigem Stickstoff durch Bodenbearbeitung spielen in diesem Zusammenhang eine bedeutende Rolle. Das Lachgas entsteht weltweit in großen Mengen bei der Nutzung von Kunstdünger. Der wird nur zur Hälfte von Pfl anzen aufgenommen, der Rest entweicht als Lachgas oder wird ausgeschwemmt. So steigen aus einem Hektar mineralisch gedüngter landwirtschaftlicher Nutzfl äche pro Jahr der Gegenwert von bis zu 1,3 Tonnen Kohlendioxid in die Luft - in etwa so viel wie aus einem Auto mit 130 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer bei 10.000 Kilometern Laufleistung im Jahr. Trotz des hohen Leguminosenanteils in der Fruchtfolge bewirken ein geringerer gesamtbetrieblicher N-Imput (vor allem durch Verzicht auf mineralische Stickstoff-Dünger), geringerer Viehbesatz und damit niedrigerer Wirtschaftsdüngeranfall, im Biolandbau niedrigere N2O-Emissionen/ha. Kritische Punkte, die zu N2O-Emissionen in der biologischen Landwirtschaft führen können, sind zum einen der höhere Anteil von Leguminosen in der Fruchtfolge, zum anderen mögliche Stickstoffverluste während der Kompostierung von organischem Dünger sowie Mineralisation von Stickstoff im Boden durch Bodenbearbeitung. Dieses Risiko kann durch produktionstechnische Maßnahmen aber minimiert werden (Köpke, 2002). Folgende Gründe sprechen für geringere N2O-Emissionen im Biolandbau: • kein Einsatz schnelllöslicher mineralischer Düngemittel • verantwortungsvoller Umgang mit der knappen Ressource Stickstoff • fl ächengebundene Tierhaltung • schonende Bodenbearbeitung • höherer Raufutteranteil und geringerer Proteingehalt in der Rinderfütterung bedingen in weiterer Folge niedrigere Stickstoff-Emissionen (Kotschi; Müller-Sämann, 2004). Zusammenfassend kann festgestellt werden: Unterschiedliche Untersuchungen kommen zu dem Schluss, dass CO2-, CH4- und N2OEmissionen im konventionellen Pfl anzenbau sowohl je Hektar landwirtschaftlicher Nutzfl äche als auch je Tonne Produkt im Allgemeinen höher sind als in der biologischen Landwirtschaft. ! 3.2 Energieverbrauch unseres Ernährungssystems Vor 100 Jahren aßen die Menschen noch zu 95% Lebensmittel, die im Blickfeld des Kirchturms erzeugt wurden. Inzwischen leben wir in einer Gesellschaft der modernen „Fernfütterung“. In unseren Supermärkten ist es immer Sommer: Äpfel aus Chile, Trauben aus Südafrika, Ananas aus Honduras und Orangensaft aus Brasilien erhält man das ganze Jahr hindurch. Konserviert in einer geschlossenen Kühlkette und per LKW, Flugzeug und Schiff schnell transportiert, erreichen uns alle Lebensmittel auch unabhängig von den Jahreszeiten. Die niedrigen Energiepreise in Verbindung mit der unsäglichen Ausbeutung der Arbeitskräfte in benachteiligten Staaten lassen es zu, dass ein Apfel aus der Region teurer ist als eine Banane – obwohl diese 12.000 km zurücklegt. 11 Einfluss von Landwirtschaft und Ernährung auf unser Klima Aufgrund der weltweiten Vernetzung unseres Ernährungssystems ist nicht nur die menschliche und tierische Gesundheit in Gefahr, auch das Ökosystem Erde gerät durch die industrielle Landbewirtschaftung zunehmend in Bedrängnis. Probleme wie Regenwaldzerstörung, Artensterben, Wüstenbildung, Versalzung, Erosion, Wasserverknappung und -verschmutzung und nicht zuletzt die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen werden uns in diesem Zusammenhang in Zukunft noch einiges Kopfzerbrechen bereiten. Zum besseren Verständnis der Auswirkungen unseres Ernährungssystems müssen wir uns intensiv mit den globalen Stoffkreisläufen auseinandersetzen. Eine Klimabilanz betrachtet das Lebensmittel nicht nur in Bezug auf die landwirtschaftliche Produktion, sondern „vom Acker bis auf den Teller“. Erst die Klimabilanz eines Lebensmittels zeigt dessen wirklichen Energie- bzw. Umweltverbrauch. Der Lebenslauf beinhaltet die Erzeugung, die Verarbeitung, den Vertrieb und die Zubereitung unseres Essens. Und in jeder „Lebensphase“ wird Energie verbraucht. Das beginnt beispielsweise mit den CH4-Ausdünstungen der Viehmastbetriebe und endet beim Stromverbrauch für das Aufwärmen eines Fertiggerichtes. 3.2.1 Klimaproblem Fleisch Fleisch ist zwar in unseren Mägen allgegenwärtig, aber in unseren Köpfen gibt es keine Vorstellung davon, wie viele Ressourcen der Fleischkonsum verschlingt. Gegenwärtig werden weltweit an die 18 Milliarden Tiere gemästet. Davon sind rund eine Milliarde Schweine, 1,3 Milliarden Rinder, 1,8 Milliarden Schafe und Ziegen sowie 13,5 Milliarden Hühner (Fischer Weltalmanach, 2000). Ein Viertel der Festlandoberfl äche der Erde wurde in Weidefl ächen umgewandelt. In Südamerika werden pro Rind etwa 1,8 ha Regenwald gerodet. Die Weltfleischproduktion lag 1999 bei 217 Millionen Tonnen, 1950 waren es noch 44 Millionen. Neben dem enormen Tierleid durch Massentierhaltung, das man hinter solchen Zahlen nur erahnen kann, bedeuten diese großen Tierbestände auch ein erhebliches Umweltproblem. Erst die Betrachtung des gesamten „Lebenslaufes“ zeigt uns die Klimabilanz von Fleisch. ! Mehr als die Hälfte der CO2-Äquivalente unserer Ernährung werden direkt von der Landwirtschaft verursacht. Davon hat die Produktion tierischer Nahrungsmittel mit ca. 85% den Hauptanteil zu verantworten. Bemerkenswert ist, dass allein bei der Erzeugung von Rindfleisch und Milchprodukten etwa 60% der klimawirksamen Emissionen der Landwirtschaft entstehen (Enquete-Kommission, 1995). Verbrauchte ein Durchschnitts-Österreicher im 19. Jahrhundert gerade einmal 20 kg Fleisch pro Jahr waren es 2000 bereits über 90 kg. Schweinefleisch führt dabei mit 60 kg pro Kopf deutlich vor Rindfleisch und Geflügel mit jeweils 20 kg. Zwei Drittel der landwirtschaftlichen Nutzfl äche dient gegenwärtig der Erzeugung von tierischen Produkten. Aufgrund der immensen Fleischnachfrage verbrauchen die Industriestaaten mit einem Viertel der Weltbevölkerung drei Viertel der gesamten agrarischen Produktion! Die hohe Eiweißzufuhr entspricht dem üblichen Ernährungsmuster aller industrialisierten Länder, in denen tierische Produkte (Fleisch, Wurst, Milch- und Milchprodukte) einen großen Stellenwert haben. So stammten in den aktuellen Untersuchungen auch etwa 2/3 der zugeführten Proteine 12 Einfluss von Landwirtschaft und Ernährung auf unser Klima aus tierischen Quellen. Die deutliche Dominanz des tierischen Anteils kann als nachteilig bewertet werden, da damit auch eine erhöhte Zufuhr an Fett bzw. gesättigten Fettsäuren und Cholesterin verbunden ist. Eine Erhöhung des Verzehrs pfl anzlicher zu Lasten von tierischen Produkten würde im allgemeinen eine Verbesserung der Nährstoffrelation bedeuten. Auch aus ökologischer Sicht ist der weltweite Anstieg des Fleischkonsums problematisch, muss damit doch ein stetiges Wachsen der Methanemissionen in Verbindung gebracht werden. Auch 85% der landwirtschaftlichen CO -Emissionen entstehen bei der Erzeugung von tierischen Nahrungsmittel. 2 ! Wenn man den gesamten Ernährungssektor – inkl. Verarbeitung, Transport und Zubereitung – betrachtet, zeigt sich: Die Fleischwirtschaft inklusive der Milchwirtschaft ist für den größten Teil der Klimabelastungen verantwortlich. Dagegen ist der Energieaufwand der Pfl anzenproduktion fast vernachlässigbar. Der energetische Vergleich zwischen einem Fleischlaibchen und einem Getreidelaibchen (je 250 g) verdeutlicht dieses Faktum: Die Emissionen des Fleischlaibchens liegen bei 796 Gramm CO2-Äquivalenten – jene des Getreidelaibchens hingegen bei nur 63 Gramm. Isst man also ein Fleischlaibchen, verursacht man eine fast 13-mal stärkere Klimabelastung als beim Verzehr eines Getreidelaibchens. Dabei ist bemerkenswert, dass die Emissionen beim Getreidelaibchen zu über 80% beim Verbraucher erzeugt werden, während sie beim Fleischlaibchen zu über 90% durch die Tierproduktion bedingt sind. ! Die vielen Zahlen und Berechnungsarten ergeben ein verwirrendes Bild, doch kann im Großen und Ganzen eine Faustregel angewandt werden: 1 kg Fleisch ist bis zu zehnmal klimabelastender als 1 kg Gemüse. Bei der Fleischproduktion im Rahmen der Intensivtierhaltung sind nicht nur die Energieverluste bei der „Veredelung“ problematisch, auch die Art der Tierhaltung setzt überproportional viele Klimagase frei. Denn neben den CO2-Emissionen aus der Umwandlung von Primärenergieträgern entstehen weitere spezifisch landwirtschaftliche Emissionen: CH4 aus der intensiven Rinderhaltung sowie N2OEmissionen bei der Düngung selbst. Addiert man diese Emissionen ergibt sich eine hohe zusätzliche Klimabelastung. Wird zum Beispiel ein Rind konventionell gehalten, werden für 1 kg Rindfl eisch ca. 4 kg CO2 an Primärenergie benötigt. Durch verschiedene Folgewirkungen wie die CH4-Emissionen liegen die CO2-Äquivalente aber bei 10 kg pro kg Rindfleisch. Für eine exakte Klimabilanz müssen daher die vorgelagerten Versorgungsstrukturen der konventionellen Landwirtschaft immer mitbewertet werden. Dann zeigt sich in der konventionellen Landwirtschaft ein deutlich höherer Ressourcenverbrauch als in der biologischen Landwirtschaft. Wenn man z.B. eine Kuh nur nach dem In- und Output bewertet, also danach, was als Nahrungsmittel aufgenommen und dann über die Verdauung abgegeben wird, kommt man rechnerisch zu folgendem Ergebnis: Eine „glückliche Kuh“ auf der grünen Wiese emittiert mehr CH4 als eine Kuh in der Massentierhaltung, der – unter anderem – Soja aus Brasilien gefüttert wird! Dieses Beispiel zeigt deutlich, dass es notwendig ist, mehrere Aspekte zu berücksichtigen, wie z.B. die Auswirkungen der Sojamonokulturen in Brasilien und anderswo, die als Futtermittel zum Einsatz kommen und ebenfalls Treibhausgase produzieren (siehe Exkurs: „Klimakiller“ Kuh) 13 Einfluss von Landwirtschaft und Ernährung auf unser Klima Abgesehen davon müssen auch im Rahmen des Klimaschutzes unsere Nutztiere als Lebewesen gesehen werden und nicht als Durchlaufmaschinen von Klimagasen. Die Fleischerzeugung der Intensivtierhaltung ist so energieintensiv, dass alle anderen Umweltbelastungen wie Transport, Verpackung, Verarbeitung etc. in den Hintergrund treten. Selbst ein Import mit dem Flugzeug führt nicht zu einer herausragend höheren Umweltbelastung. Bei Gemüse können dagegen alle Bereiche des Lebensweges die Umweltbelastung mitentscheiden. Hier kann der Transport mit dem Flugzeug ebenso wie die tiefgekühlte Lagerung die Energiebilanz dominieren. 3.2.1.1 Futtermittel Der internationale Handel mit Futtermitteln veranschaulicht die Fehlentwicklung unseres Ernährungssystems in seiner globalen Dimension. Kraftfutter ist die Basis der Intensivtierhaltung und wird nach den Rezepten des „freien Marktes“ zusammengestellt. Anstatt in den Ländern des Südens Nahrungsmittel für die Eigenversorgung anzubauen, werden Exportkulturen für den Futtermittelmarkt forciert. Aufgrund des hohen Fleischkonsums werden unsere Nutztiere, die früher für Menschen Unverwertbares wie z.B. Heu fraßen, mit zusätzlichem Kraftfutter gemästet. Dadurch sind unsere Nutztiere Nahrungskonkurrenten geworden: Weltweit gehen 36% der Getreideernte und 70% der Sojaernte in die Mägen von Tieren. Selbst ein Drittel der Milchprodukte dient bereits der Mast. Durch den zunehmenden Fleischkonsum steigt in den Entwicklungsländern der Verbrauch von Getreide als Futter stetig an. Im Schnitt stehen der Weltbevölkerung pro Kopf 308 kg Getreide zur Verfügung. Nach Angaben des World Watch Instituts werden auf der Welt etwa 1,2 Milliarden Tonnen der Getreideernte direkt verzehrt, die übrigen 660 Millionen Tonnen werden indirekt in Form von Fleisch und Produkten aus Aquakulturen konsumiert. Dabei wird in Staaten wie Indien mit 4% sehr wenig Getreide verfüttert. In den USA landen hingegen gar 68% des Getreides in den Futtertrögen der landwirtschaftlichen Nutztiere, in China sind es 27%. In Österreich wurden 1999 2,8 Millionen Tonnen Getreide als Viehfutter verwendet – dies entspricht etwa 63% der Gesamtmenge an Getreide. Insgesamt wird mit über 7.000 km² mehr als die Hälfte des österreichischen Ackerlandes mit Futtermitteln bebaut. Pro Kopf und Jahr gerechnet erntet man in Österreich 560 kg Getreide, davon werden 355 kg an das Vieh verfüttert. Würden alle derart verschwenderisch handeln, könnten mit der weltweiten Getreidemenge nicht mehr als 3,5 der insgesamt 6 Milliarden Menschen ernährt werden. Aufgrund der immensen Fleischnachfrage verbrauchen die Industriestaaten mit einem Viertel der Weltbevölkerung drei Viertel der gesamten agrarischen Produktion. Die Folge: Den 800 Millionen hungernden Menschen stehen 1,2 Milliarden Übergewichtige gegenüber. 14 Einfluss von Landwirtschaft und Ernährung auf unser Klima 3.2.1.1.1 Futtermittel Soja Soja ist das meistgehandelte Landwirtschaftsprodukt auf dem Weltmarkt. Jährlich steigt die Nachfrage um 10%. Es ist der wichtigste Futtermittelbestandteil von Kraftfutter. Bereits Anfang der 90iger Jahre des vorigen Jahrhunderts belegten die damaligen 12 EUMitgliedsländer ca. 276 000 km² Ackerfl äche im Ausland (hauptsächlich in „Entwicklungsländern“), welche für die Produktion von Nahrungs- und Futtermittelimporten – Soja, Kaffee, Tee, Kakao, Gemüse, Orangen etc. – benötigt wurde. Heute ist diese Zahl bedeutend höher, da alleine die Menge an Futtermittelimporten dramatisch angestiegen ist. Von den jährlich 50 Millionen Tonnen Futtermitteln, die in die EU-Staaten importiert werden, entfallen allein auf Soja 26 Millionen Tonnen. Österreich importiert jährlich etwa 650.000 Tonnen Soja, für dessen Transport bereits 70.000 Tonnen CO2 anfallen. 80% der weltweit angebauten Soja landet im Futtertrog der landwirtschaftlichen Nutztiere. Allein Brasilien produziert 60 Millionen Tonnen Soja, wovon 38 Millionen Tonnen exportiert werden. Das meiste geht Richtung Europa und China. In Brasilien selbst wird mit dem Soja eine industrielle Landwirtschaft aufgebaut an deren Ende der Export von z.B. Hühnerfleisch steht. Das Resümee der Studie „Zusammenhänge der Agrarproduktion in Deutschland, der EU und ausgewählten Entwicklungsländern“: „Die Produktion von Sojabohnen für den Export hat zwei gravierende Nachteile. Erstens bindet man die finanziellen Ressourcen, die zur Förderung von armutsorientierter Entwicklung nötig wären. Zweitens entzieht man großen Bevölkerungsgruppen das Menschenrecht auf Befriedigung der Grundbedürfnisse und verschärft damit die soziale Ungleichheit“. Es ist hauptsächlich der europäische Markt, der für die Entwicklungen der letzten Jahre verantwortlich ist – und deshalb sollte der europäische Markt auch an einer nachhaltigen Problemlösung mitwirken. Sojabohnen wären für die österreichische Landwirtschaft mehr oder weniger überflüssig, würde sie den Grundsätzen des Biolandbaus folgen. Biobäuerinnen und Biobauern dürfen nur gentechnikfreie und überwiegend hofeigene Futtermittel verwenden. Kraftfutter wird in weitaus geringerem Ausmaß verfüttert als in der konventionellen Landwirtschaft. An Stelle von Soja- und Rapsextraktionsschrot werden in der biologischen Fütterung vor allem Körnererbsen und Ackerbohnen als Eiweißträger eingesetzt. Der Verzicht auf Kraftfutter, das nach den Rezepten des „freien Marktes“ zusammengestellt wurde, und die Hinwendung zur biologischen Landwirtschaft schützen daher nicht nur den Regenwald und das Weltklima, sondern erhalten auch die bäuerlichen Strukturen – weltweit! 3.3 Energieverbrauch in der Landwirtschaft Die Landwirtschaft ge- und verbraucht Fläche, Wasser und Energie. Unterschiedliche Schätzungen sprechen von 2-5% der Gesamtenergie, welche die Landwirtschaft in Industrienationen verbraucht (Tauscher et al., 2003), während der gesamte Prozess der Lebensmittelproduktion 15 - 20% des aktuellen Energieverbrauchs der entwickelten Länder beträgt (Jungbluth, 2000). Es muss zwischen direktem und indirektem Energieeinsatz unterschieden werden: 15 Einfluss von Landwirtschaft und Ernährung auf unser Klima Unter Direktenergieverbrauch versteht man Prozesse, die direkt Energie in Form von Dieselkraftstoff, Gas, Strom, ... verbrauchen. Darunter fallen u. a. alle Boden-, Pflege- und Transportarbeiten. Unter indirekten Energieverbrauch fallen die Pfl anzenschutz- und Düngemittelerzeugung aber auch die Verarbeitung und Verpackung. Im konventionellen Landbau überwiegt der indirekte, im Biolandbau der direkte Energieeinsatz (z.B. für Kraftstoffe und Heizöl). ! Deutschen Schätzungen zufolge sind durch den Biolandbau fl ächenbezogene Einsparungen an fossilen Energieträgern von bis zu 60% möglich (Piorr, 1998). 16 Abb. 1: Energiebilanz in Kilogramm CO2 pro Hektar Quelle: Salmhofer u. Strasser, 2000 Der geringere Energieaufwand der biologischen Landwirtschaft ist vor allem durch den Verzicht auf chemisch-synthetische Pfl anzenschutzmittel, mineralische Stickstoffdünger, Futtermittelimporte mit extremen Transportwegen, durch einen geringen Kraftfutteranteil in der biologischen Fütterung und eine möglichst geschlossene Kreislaufwirtschaft bedingt. Betrachtet man den Energieverbrauch je Produkteinheit variieren die Ergebnisse in Abhängigkeit der untersuchten Kulturarten. So ist im Getreideanbau der Einsatz fossiler Energie je geernteter Mengeneinheit im Biolandbau deutlich geringer als in der konventionellen Landwirtschaft (Köpke, 2002), während er im Silomaisund Kartoffelanbau sowie im Gartenbau höher als bei konventioneller Landwirtschaft ist. Grund dafür ist der zum Teil höhere mechanische Pflegeaufwand dieser Kulturen (El-Hage Scialabba; Hattam, 2002). Eine Studie der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL) kam zu folgendem Ergebnis: ! Bezogen auf den Hektar landwirtschaftliche Nutzfl äche lag der Primärenergieeinsatz in der konventionell bewirtschafteten Variante dreimal höher, bezogen auf das Produkt fast doppelt so hoch wie in der biologischen. Einfluss von Landwirtschaft und Ernährung auf unser Klima (Je nach Kulturart lag der fl ächenbezogene Verbrauch an Primärenergie in der biologischen Variante zwischen 27% (Raps, Mais) und 72% (Leguminosen) unter dem des für die konventionelle Variante berechneten Wertes (Gerlach, 2002)). Hauptgrund dafür ist der Verzicht auf mineralischen Stickstoffdünger im Biolandbau. Auch in der Tierhaltung schneidet der Biolandbau bezüglich Energieeinsatz besser ab. ! In der Milchproduktion verbraucht der biologische Landbau nur 54%, in der Schweinehaltung nur 59% der Primärenergiemenge, die in der konventionellen Bewirtschaftung benötigt wird. Grund dafür ist vor allem der geringere Kraftfuttereinsatz (Gerlach, 2002). Trotz der positiven Untersuchungsergebnisse für den Biolandbau bleibt Handlungsbedarf gegeben. Der Einsatz fossiler Energieträger ist im biologischen Landbau verstärkt zu hinterfragen. 3.3.1 Energieverbrauch der Treibhäuser Lässt man den Energieverbrauch der Intensivtierhaltung und der Herstellung mineralischer N-Dünger und Pestizide außer Acht, verbrauchen innerhalb der Landwirtschaft die beheizten Glashäuser überproportional viel Energie. In Abhängigkeit vom Klima vor Ort, dem Energieträger und der Intensität des Anbaus wie etwa durch künstliche Beleuchtung etc. gibt es große Unterschiede im Energieverbrauch. Daher ist es kaum möglich, allgemein gültige Berechnungen aufzustellen. Ein gutes Beispiel ist die Tomatenproduktion. Denn ob holländische oder spanische Tomaten, beide sind Stammgäste in den Regalen der europäischen Supermärkte. Die in Österreich angebotenen Tomaten stammen bereits zu 80% aus dem Ausland, sie kommen je nach Jahreszeit aus Holland oder Südeuropa. Angesichts der steigenden Nachfrage nach Sommergemüse auch im Winterhalbjahr ist künftig eine Ausweitung der beheizten Gewächshausfl äche zu erwarten. Entgegen dem ökologisch und sozial sinnvollen Prinzip der regionalen Erzeugung stellt sich die Frage, ob der heimische Anbau im Gewächshaus im Verhältnis zum standortgerechten südeuropäischen Anbau nicht zu viel Energie verbraucht. Wäre es nicht günstiger, Obst und Gemüse aus dem Süden zu importieren? Beheizte Glashäuser versus Import In Österreichs derzeit größtem Glashaus im Seewinkel werden ausschließlich Rispenparadeiser mit Hilfe der Hors-Sol-Technik produziert. Dabei wird Gemüse unter genau definierter Nährstoffversorgung auf einem künstlichen Substrat angebaut. Erdboden im herkömmlichen Sinn ist nicht notwendig. Die Stauden werden Anfang Jänner gesetzt, zehn Wochen später kann geerntet werden. Je kälter es ist, umso mehr Energie ist notwendig, um die Glashäuser zu beheizen. Ein Kilo Paradeiser aus einem beheizten Treibhaus benötigt eine Energiezufuhr von 9,3 kg CO2Äquivalenten. Selbst Paradeiser, die beispielsweise per Flugzeug von den Kanarischen Inseln eingeflogen werden, haben pro Kilo mit 7,2 kg CO2 einen geringeren Energieverbrauch. Die Hors-SolProduktion in Gewächshäusern ohne Heizung verursacht 2,3 kg CO2-Äquivalente, Freiland-Tomaten aus Spanien beanspruchen – trotz des Energieaufwandes für den LKW-Transport – gerade noch 0,6 17 Einfluss von Landwirtschaft und Ernährung auf unser Klima kg CO2. Womit beide deutliche Vorteile gegenüber inländischen Tomaten aus beheizten Glashäusern aufweisen. Im Vergleich dazu benötigt ein Kilogramm Freiland-Tomaten aus der Region nur 0,086 kg CO2-Äquivalente. Werden sie auch noch biologisch produziert, entstehen nur mehr 0,034 kg. Art der Erzeugung CO2 in g/kg Ein Kilo Tomaten beheiztes Treibhaus 9.300 g CO2 Ein Kilo Bio-Tomaten beheiztes Treibhaus 9.200 g CO2 Ein Kilo Tomaten mit dem Flugzeug eingeflogen 7.200 g CO2 Ein Kilo Tomaten Hors-Sol-Gewächshaus ohne Heizung 2.300 g CO2 Ein Kilo Freiland-Tomaten aus Spanien mit LKW 600 g CO2 Ein Kilo Freiland-Tomaten aus der Region 85 g CO2 Ein Kilo Bio- Freiland-Tomaten aus der Region 34 g CO2 Tab. 1: Emission von CO2-Äquivalenten / kg Tomaten in Abhängigkeit von Produktionsort und -art Welche Variante der Tomatenproduktion ist im Hinblick auf ökologische und soziale Erzeugung nun am sinnvollsten? Die Nachfrage nach Paradeisern aus dem Burgenland ist steigend, denn immer mehr KonsumentInnen kaufen heimische Produkte. Optimal in jeder Hinsicht ist die regionale Erzeugung von Freilandtomaten oder die Kultivierung in ungeheizten Glas- od. Folienhäusern entsprechend der natürlichen Vegetation. Die Zukunft sollten daher Bio-Paradeiser sein, die unter sozial gerechten Bedingungen mit fairer Entlohnung angebaut werden. ! Die Gemüseproduktion im beheizten Glashaus ist mindestens zehnmal umweltschädlicher als ein entsprechendes Freilandprodukt! 3.4 Energieverbrauch durch Transport In den USA wird ein Lebensmittel durchschnittlich 2000 km transportiert, bevor es auf dem Esstisch serviert wird. Auch in Europa nimmt die Transportintensität von Lebensmitteln stark zu. Besonders Gemüse fährt immer mehr Autobahn. Österreich importiert 60% seines Gemüses. Besonders im Winter wird Gemüse aus allen Teilen der Welt eingekauft. ! Der Anteil der Transporte am Energieverbrauch der Lebensmittel ist mit 8% eher gering. Die Fahrten vom Produzenten zum Verarbeiter tragen zu etwa 4% zu den klimarelevanten Gesamtemissionen im Ernährungssystem bei. Die Transporte im Groß- und Einzelhandel haben einen Anteil von ca. 1% und die Einkaufsfahrten der privaten Haushalte von etwa 4%. Transportmittel Zug Schiff LKW Flugzeug Klimabelastung in CO2-Äquivalent pro Tonne und Kilometer 13,21g 24,47g 188,80g 1253,11g Tab.2: Klimabelastung verschiedener Transportmittel (VCÖ, 1999) 18 Einfluss von Landwirtschaft und Ernährung auf unser Klima Produkt aus km nach Frankfurt pro kg Ware kg CO2 Israel – Erdbeeren 3.100 3,2 kg CO2 Kenia – Bohnen 7.100 8,1 kg CO2 Südafrika – Weintrauben 10.000 10,7 kg CO2 Tab. 3: Der weite Flugweg von Lebensmitteln und deren Energieverbrauch in Kilogramm CO2 (Lünzer, 1995) Beim Transport gibt es große Einsparungspotenziale, wenn man sich wieder auf die Versorgung aus der Region – was einem Entfernungsradius von 100 km entspricht – besinnt. ! Nur auf den Transport bezogen, könnte man statt eines Kilos eingeflogener Neuseeland-Kiwis z.B. 6.800 Kilo Obst aus der Region für denselben Energieaufwand erhalten. Konsumpatriotismus alleine schützt das Klima nicht Ein Gedankenexperiment soll dies veranschaulichen. Österreichisches Fleisch, insbesondere Schweine- und Hühnerfleisch wird pro Jahr mit Hilfe von 650.000 Tonnen Sojaschrot gemästet. Den gentechnisch verunreinigten Sojaschrot importieren wir mit Schiffen aus Argentinien und Brasilien. Dann wird es über die Lagerhäuser über ganz Europa verteilt. Stellen wir uns nun vor, anstatt Soja würden wir gleich Fleisch importieren? Aus der banalen Perspektive des Transportes würde der Direktimport des Fleisches besser für das Weltklima sein. Das Etikett Klimaschutz dürfte in diesem Sinne bei uns nur der Biolandbau tragen, da er auf die importierten Übersee-Futtermittel weitestgehend verzichten muss. Apfelsaft statt Orangensaft? Erst recht irreführend ist es, wenn zum Thema Klimaschutz ein „Kilometer-Frühstück“ zusammengestellt wird. Auf Basis von Kilometerdaten wird dann zum Beispiel „Apfelsaft statt Orangensaft“ propagiert. Orangensaft hat 12.000 km auf dem Buckel, der Apfelsaft hingegen nur ein paar hundert Kilometer. Was auf den ersten Blick (öko)logisch erscheint, stellt sich bei genauerer Betrachtung als völlig übertrieben dar. Die meist in der Gegend um Sao Paulo in Brasilien angebauten Orangen werden nach der Ernte gepresst und der Saft unter Dampf auf 8% seiner Masse konzentriert. Tiefgekühlt wird das Orangenkonzentrat anschließend über 12.000 km mit zwei Schiffen pro Jahr nach Europa transportiert. Hierzulande wird das Orangenkonzentrat wieder mit Wasser verdünnt. Aus 80 Gramm Orangenkonzentrat wird auf wundervolle Weise wieder 1 Liter Orangensaft. Energetisch verursacht die Verteilung der 1 Liter Orangensaft-Tetrapacks mit dem LKW in Österreich sicher ähnlich viel Energie wie der gesamte restliche Transport von Brasilien. ! Orangenkonzentrat, das in Brasilien biologisch und unter Fair Trade Bedingungen hergestellt wird, hat pro Liter kaum eine schlechtere Energiebilanz als heimischer Apfelsaft. Auch beim Orangensaft hängt ein Großteil des Energieverbrauchs von der Anbauart ab: Ein Orangensaft aus konventionellem Anbau von den Plantagen Brasiliens verbraucht bis zur Ernte 19 Einfluss von Landwirtschaft und Ernährung auf unser Klima mindestens 5 mal so viel Energie wie der Transport. Bio-Orangensaft würde bis zur Ernte nur halb soviel Energie verbrauchen wie die auf den Plantagen mit Pestiziden und Düngemitteln angebauten Orangen. „Klimaschutz-Menü“ versus „Treibhaus-Menü“ Wie groß das Einsparungspotenzial ist, zeigt auch der Vergleich eines „Treibhaus-Menüs“ mit einem „Klimaschutz-Menü“. Während das „Klimaschutz-Menü“ weitgehend aus regional erzeugten und saisonalen Bio-Lebensmitteln besteht, setzt sich das „Treibhaus-Menü“ aus Lebensmitteln zusammen, die aus konventioneller Landwirtschaft stammen, oft importiert werden, aus geheizten Glashäusern stammen und nicht jahreszeitengerecht sind. Die Differenz ist beträchtlich: Das „Klimaschutz-Menü“ erzeugt im Vergleich zu einem „Treibhaus-Menü“ nicht einmal ein Drittel der Menge an CO2-Emissionen. Treibhaus-Menü Klimaschutz-Menü 1/4 kg Brot Weißbrot 90g Vollkornbrot 45g 200g Suppe fleischhaltig 220g fleischlos 6g 160 g Fleisch Konv. 460g Bio 290g 160 g Getreidelaibchen Konv. 32g Bio 12g 1/2 Liter Milch Konv. 125g Bio 55g 1 Apfel Südafrika 220g österr. Bio-Apfel 50g 200g Bohnen Ägypten 640g österr. Bio-Bohnen 50g 200 g Bananen Costa Rica 150g getrocknete Bananen – Bolivien 50g Summe 1937g 565g Tab. 4: Vergleich Treibhaus-Menü und Klimaschutz-Menü: CO2-Emissionen ausgewählter Lebensmittel. (Die CO2-Werte beziehen sich auf eine durchschnittliche Tagesportion). Quelle: Müller-Reißmann 1990; Sax 1997; Buwal 1996; Meienberg 1995; eigene Berechnungen. 3.5 Energieverbrauch durch Verarbeitung und Konsum Innerhalb des Ernährungssystems verursachen die Ernährungsgewohnheiten der KonsumentInnen über 20% der CO2-Emissionen. Hier liegt ein großes Einsparungspotenzial. Die Konsumphase – also kühlen, backen und kochen – ist mit hohem Energieverbrauch verbunden. Insbesondere Fertigprodukte und Tiefkühlware sind sehr energieintensiv (Der Konsum von Tiefkühlkost ist in Österreich während der letzten fünf Jahre um satte 25 % auf mehr als 25 Kilo pro Kopf und Jahr gestiegen). Grundsätzlich problematisch ist der Single-Haushalt. Denn die Zubereitung im Single-Haushalt verbraucht, ob Fertiggericht (Kühlung, Verpackung, Vermarktung, Transport) oder Selbstzubereitung, 20 Einfluss von Landwirtschaft und Ernährung auf unser Klima immer sehr viel Energie. Wenn das Essen für mehr als eine Person zubereitet wird, verändert sich die Energieeffizienz allerdings zugunsten der Selbstzubereitung. Ausgleichend wirkt, dass Singles oft außer Haus essen. ´ Die in vergangenen Ökobilanzen viel diskutierten Verpackungen spielen hingegen eine untergeordnete Rolle. Selbst der Verzicht auf alle Gemüseverpackungen würde die gesamten Umweltbelastungen nur um etwa 1% reduzieren. Dabei machen Fertigmahlzeiten gewichtsmäßig mit 44% den größten Anteil an den Lebensmittelverpackungen aus. Als Faustregel gilt: Produkte in Mehrwegverpackungen sind umweltverträglicher. Der Transportradius sollte allerdings 200 km nicht überschreiten. Über größere Entfernungen sind leichte Einwegverpackungen energetisch gesehen günstiger. Insgesamt sind etwa 27% des Hausmüllgewichts Verpackungen von Lebensmitteln, was etwa 100 kg pro Person und Jahr entspricht. Die Einsparungspotenziale sind also dennoch nicht zu unterschätzen. Aber nicht nur der Verpackungsmüll ist ein Problem, sondern auch das Wegwerfen der Nahrung selbst. In Europa werden doppelt so viele Nahrungsmittel hergestellt wie tatsächlich konsumiert, der Rest wird weggeworfen. 3.6 Energieverbrauch durch Weiterverarbeitung industrielle und gewerbliche Die Klimabelastung durch den Bereich der Verarbeitung fällt mit 6% vergleichsweise gering aus, wobei dieser Sektor gegenüber früheren Jahren Energieeinsparungen von etwa 30% aufweisen kann. Mittelfristig ist jedoch von steigenden Klimabelastungen durch diesen Sektor auszugehen, da die technischen Einsparmöglichkeiten meist ausgeschöpft sind und in Zukunft industrielle Verarbeitungsstufen intensiviert werden, sowohl in Bezug auf Qualität als auch Quantität. ! Grundsätzlich gilt: Je geringer die Verarbeitung, desto weniger Energie wird verbraucht. Dies ist nicht nur aus energetischen Gesichtspunkten wünschenswert, sondern auch aus gesundheitlichen Gründen. Ein einfaches Beispiel von Einsparungsmöglichkeit bietet sich beim Konsum von Mineralwasser. Für ein Liter heimisches Mineralwasser wird 0,6 kg CO2 verbraucht. Wenn aber trinkbares Leitungswasser vorhanden ist, spart man nicht nur Geld, auch der Energieverbrauch ist praktisch Null. Am Beispiel Bohnen hat man verschiedene Konservierungsmethoden miteinander verglichen. Die Rangliste sieht folgendermaßen aus: Das Dörren erwies sich als die sparsamste Konservierungsmethode. Sie verbraucht 2-3-mal weniger Energie als das Gefrieren oder Einbüchsen. Konkurrenzlos am besten ist natürlich der Genuss von frischen Bio-Bohnen aus der Region. Besonders wichtig ist, dass die Verarbeitung so nahe wie möglich beim Produzenten stattfindet. In diesem Zusammenhang sollte auch darauf hingewiesen werden, dass regional nicht mit national gleichgesetzt werden darf (Für EinwohnerInnen aus Villach ist importiertes italienisches Gemüse aus Udine ökologisch vorteilhafter als das österreichische Gemüse aus dem Marchfeld). Problematisch ist es auch, wenn die verschiedenen Bestandteile eines Produktes an verschiedenen Orten hergestellt werden. Drastisch vor Augen führt uns dies die Produktlinienanalyse eines ErdbeerJoghurts. Das Wuppertal-Institut hat den Weg der Bestandteile eines Joghurts untersucht: Milch 21 Einfluss von Landwirtschaft und Ernährung auf unser Klima und Zucker, Erdbeeren, Bakterienkulturen, Glas, Aluminiumdeckel, Leim, Pappe und Kunststofffolie kommen aus verschiedensten Regionen. Rechnet man noch die Wege in die verschiedenen Supermärkte hinzu, legt eine LKW-Ladung Erdbeer-Joghurt über 9000 Kilometer zurück! 4 Grundsätze für einen zukunftsfähigen Ernährungsstil Die folgenden Grundsätze einer nachhaltigen Ernährungsweise wurden so formuliert, dass trotz bestehender Zielkonfl ikte die Ansprüche auf gesundheitliche, ökologische, ökonomische und soziale Verträglichkeit erfüllt werden. Neben den unten behandelten Punkten wären noch folgende Bereiche, die an dieser Stelle nicht näher ausgeführt werden können, zu berücksichtigen: sozialverträgliche Produkte (Fair TradeGütesiegel), gering bzw. mäßig verarbeitete Lebensmittel, umweltverträglich verpackte Erzeugnisse und Genuss beim Essen (slow food statt fast food). 4.1 Umstieg auf eine überwiegend vegetarische Ernährung Die größten Möglichkeiten zur Minimierung von ökologischen Belastungen im gesamten Ernährungssystem liegen in einer deutlichen Reduzierung des Anteils tierischer Lebensmittel, insbesondere von Fleisch, da etwa 85% der Klimabelastung aus der Landwirtschaft auf das Konto tierischer Nahrungsmittel gehen. Die Reduktion tierischer Nahrungsmittel verringert nicht nur die Klimabelastung. Auch die Schadstoffeinträge in Gewässer, Wälder und Böden können so vermindert werden und der Landverbrauch für die Ernährung ginge drastisch zurück. Die frei werdenden Flächen könnten für die Produktion nachwachsender Rohstoffe (für Energie, Kleidung, Verpackungsmaterialien etc.) herangezogen und teilweise auch der Natur zurückgegeben werden. Die gesamte Landwirtschaft könnte extensiviert werden. Bei überwiegend vegetarischer Ernährungsweise sind die „Veredelungsverluste“ weitgehend eingeschränkt. Dabei stellt die extensive Rinder- und Schafhaltung keine Nahrungskonkurrenz für den Menschen dar. Eine Bevorzugung pfl anzlicher Lebensmittel trägt auch zur gerechteren Verteilung der weltweiten Nahrungsressourcen bei, so könnten z.B. die Futtermittelimporte aus Entwicklungsländern für die Intensivproduktion von Fleisch entfallen. Nach Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung sollte die täglich zugeführte Energiemenge zu 10% durch Eiweiß, zu 30% durch Fette und zu 60% durch Kohlenhydrate gedeckt werden. Die Energieaufnahme durch die Nahrung erfolgt derzeit zu 14% aus Eiweiß und zu jeweils 41 bis 45% aus Fett und Kohlenhydraten. Es wird also nicht nur zu viel, sondern auch in ernährungsphysiologisch ungünstiger Zusammensetzung gegessen. Hochgerechnet würde eine Halbierung des Fleischkonsums folgende Werte ergeben: Die Zusammensetzung der Nahrung läge mit 12% Eiweiß, 32% Fett und 55% Kohlenhydraten wesentlich näher an den Empfehlungen der Ernährungswissenschaft. 22 Einfluss von Landwirtschaft und Ernährung auf unser Klima Wie aus Abbildung 3 ersichtlich, kann der Primärenergieeinsatz bei einer ovo-lakto-vegetarischen Bio-Ernährung um über 50% im Vergleich zu einer in Österreich üblichen Mischkost-Ernährung aus konventionellem Landbau gesenkt werden. Ein ähnliches Resultat ergibt sich auch betreffend der CO2-Äquivalente: auch hier liegt das Einsparpotenzial einer ovo-lakto-vegetarischen Ernährung bei ca. 50%. Eine noch größere Einsparung könnte durch eine vegetarische Ernährung mit saisonal und regional erzeugten Bio-Produkten erreicht werden. 23 Abb. 3: Primärenergieeinsatz und CO2-Äquivalente in Abhängigkeit von der Ernährungsweise Eine deutsche Studie zeigte, ausgehend vom gesamten Nahrungsmittelverbrauch, der für deutsche Verhältnisse in 39% tierische und 61% pfl anzliche Kalorien aufgeteilt werden kann, dass unter Berücksichtigung aller Nahrungsmittelimporte und -exporte die Deutschen mit insgesamt 17,2 Millionen Hektar die gesamte landwirtschaftliche Nutzfl äche zur Eigenversorgung benötigen. Um die gegenwärtigen Ernährungsgewohnheiten mit biologisch erzeugten Produkten zu gewährleisten, werden in Deutschland aber 22,5 Millionen Hektar landwirtschaftlicher Nutzfl äche benötigt. Das heißt, Deutschland würde für eine ökologische Eigenversorgung um ca. 5,5 Millionen Hektar mehr Land benötigen. Da die Produktion von Fleisch am meisten Fläche verbraucht, könnte man durch eine Änderung der Ernährungsgewohnheiten diese Landfl äche einsparen. Die Studie konnte zeigen, dass bei einer Umstellung der Ernährung auf nur 24% tierische und 76% pfl anzliche Kalorien die 17,2 Millionen Hektar landwirtschaftlicher Nutzfl äche in Deutschland ausreichen würden, um die Ernährung auch bei vollständig biologischer Landwirtschaft sicherzustellen. Dieses Kalorienverhältnis entspräche den Ernährungsgewohnheiten der ItalienerInnen. Die italienische Küche ist also nicht nur gesünder, sondern auch ökologisch gesehen nachhaltiger als die deutsche. Um eine ökologisch und sozial verträgliche Ernährung zu gewährleisten, gilt für Fleisch und andere tierische Produkte: In geringem Maße, aus der Region und aus biologischer Landwirtschaft. Einfluss von Landwirtschaft und Ernährung auf unser Klima 4.2 Bevorzugung regionaler und saisonaler Produkte Die weltweit vernetzten Versorgungsstrukturen lassen unsere Lebensmittel sehr weit reisen. Bevorzugt man regional erzeugte Lebensmittel, verringert sich der Transport und lange Kühlketten werden vermieden. Isst man noch dazu saisongerechte Produkte, wird weniger Energie für die Treibhäuser benötigt. Nicht alles zu jeder Zeit an jedem Ort, sondern alles zu seiner Zeit und aus der Region sollte das Ziel sein. Denn das Schließen regionaler Kreisläufe und eine Orientierung am saisonalen Lebensmittelangebot können wesentlich zu einer Reduzierung der Treibhausgasemissionen beitragen. 4.3 Lebensmittel aus biologischer Landwirtschaft Biologische Landwirtschaft spart im Vergleich zur industriellen Variante pro Hektar bis zu 60% der CO2-Emissionen ein – durch Verzicht auf energieintensive Stickstoff-Düngemittel, Pestizide und durch den geringeren Einsatz importierter Futtermittel. Insbesondere die Herstellung schnelllöslicher mineralischer Düngemittel ist sehr energieintensiv. Synthetischer Stickstoff wird mit fossiler Energie produziert – für die Herstellung von einem Kilogramm Stickstoff benötigt man bis zu einem Liter Öl. Weltweit werden pro Jahr 90 Millionen Tonnen Erdöl und Erdgas zu Stickstoffdünger verarbeitet, was etwa einem Prozent des Gesamtverbrauchs an fossiler Energie entspricht (Niggli, 2007). Die Produktion von einem Kilo Stickstoffdünger setzt ca. 6 kg CO2 frei. Auf dem Feld aufgebracht entsteht dann zu allem Überdruss auch noch N2O – die freigesetzten Mengen pro Kilo Stickstoffdünger entsprechen der Treibhauswirksamkeit von 3,5 kg CO2. Das heißt: ! Pro Kilo Düngemittel wird unsere Atmosphäre bereits mit annähernd 10 kg CO2 belastet. Erhöht wird dieser Betrag noch durch die 19 kg CO2 , die pro Kilo Pestizid anfallen. Unterschiedlichen Schätzungen zufolge können im Biolandbau durch den Anbau von Leguminosen und durch organische Düngung zwischen 50 und 300 kg synthetischer Stickstoffdünger pro Hektar eingespart werden (Niggli, 2007). Böden entsorgen gratis CO2 Durch biologische Landwirtschaft wird die Bodenfruchtbarkeit und der Humusgehalt der Böden langfristig gesichert und erhöht. Dabei wird CO2 in die Biomasse des Bodens „zurückgebunden“. Langzeitversuche in der Schweiz haben gezeigt, dass im Vergleich zu konventionellen Landwirtschaftsmethoden der Biolandbau durch organische Düngung, vielseitige Fruchtfolgen, Anbau von Leguminosen und schonende Bodenbearbeitung jährlich mehr Humus aufbaut und damit auch mehr Kohlenstoff im Boden anreichert (pro Hektar und Jahr zwischen 150 und 180 kg) (Mäder et al., 2002). Grund dafür sind höhere Wurzelmassen der Hauptfrüchte, die höheren Flächenanteile der Zwischenfrüchte und Untersaaten sowie die höhere Unkrautmasse. Die höheren Humusgehalte haben auch eine positive Auswirkung auf die Stabilität der Böden gegenüber Erosion und Trockenperioden. Für die Tropen zeigen erste Versuche und Vergleiche, dass hier die Humusanreicherung noch viel höher ist. Auch werden in den Tropen durch multifunktionellen Biolandbau höhere Erträge erzielt 24 Einfluss von Landwirtschaft und Ernährung auf unser Klima als mit konventioneller Landwirtschaft. Agroforstsysteme verbessern die Nachhaltigkeit weiter. Wo biologischer Acker- oder Gemüsebau und mehrjährige Kulturen kombiniert werden, entsteht ein „negativer Klimaeffekt“: Es werden deutlich höhere Mengen an Treibhausgasen gebunden, als verursacht werden. (Niggli, 2007). Mit verbesserten Bewirtschaftungsmethoden könnten daher weltweit große Mengen Kohlenstoff von landwirtschaftlich genutzten Böden aufgenommen und gespeichert werden. Humusreiche Bio-Böden sind nicht nur wichtige CO 2-Senken, sie speichern auch mehr und länger Wasser, was insbesondere bei längeren Trockenheiten im Sommer höhere Erträge ermöglicht. Dies konnte in unterschiedlichen Anbauversuchen bestätigt werden. Bodenschutz durch Biolandbau Auch die Bodenerosion muss in der aktuellen Klimadiskussion berücksichtigt werden. Studien belegen, dass seit 1995 weltweit 30 Prozent der fruchtbaren Ackerböden durch intensive Landwirtschaft erodiert sind. Jedes Jahr verlieren wir weitere zehn Millionen Hektar Boden. Untersuchungen über die Veränderungen der Humusgehalte in Englands Böden kamen zu der erschreckenden Erkenntnis: Die jährlichen Humusverluste im konventionellen Ackerbau entsprechen 8% des CO2-Ausstoßes der gesamten Industrie Englands (Niggli, 2007). Der Biolandbau als Klimaschutzstrategie wird teilweise auch infrage gestellt. Kritikpunkte sind unter anderem die Ertragsschwächen bei pflegeintensiven Kulturen wie Kartoffeln, Obst oder Wein sowie die noch weit verbreitete Pflugarbeit. Pfluglose Anbauverfahren haben ein großes Potential, das Erosionsrisiko zu verringern und die Rückbindung von Kohlenstoff in die Böden zu erhöhen. Eine Langzeitstudie an der Universität Michigan (USA) zeigt, dass eine biologische Fruchtfolge die Treibhausgasemissionen gegenüber einer konventionellen Fruchtfolge pro Quadratmeter und Jahr um rund 64% reduzieren kann – ein pflugloser Anbau hingegen um 88% (Robertson et al., 2000). Zum richtigen Verständnis dieser Zahlen muss aber beachtet werden, dass diese Studie nur den Pfl anzenbau untersucht hat. Bei pfluglosen Systemen erfolgt Tierhaltung und Pfl anzenproduktion meist abgekoppelt voneinander, die Tierhaltung wird sehr intensiv betrieben, wodurch wieder sehr hohe Emissionen verursacht werden (Niggli, 2007). 25 Einfluss von Landwirtschaft und Ernährung auf unser Klima 5 Zusammenfassung Aufgabe der Landwirtschaft ist und bleibt es, den Bedarf der KonsumentInnen an Nahrungsmitteln ausreichend zu decken. Das sollte unter nachhaltiger Nutzung der Ressource Boden und bestmöglicher Schonung aller anderen Ökosysteme erfolgen. Die meisten Nahrungsmittel können unter biologischen Bedingungen in ausreichender Menge produziert werden, um die Weltbevölkerung ernährungsphysiologisch wünschenswert ernähren zu können. Die Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft könnten, besonders wenn zusätzlich auch der Fleischkonsum reduziert werden würde, deutlich verringert werden. Ein Wandel der Konsumgewohnheiten kann einen bedeutenden Beitrag zu einer zukunftsfähigen Entwicklung und eine dauerhafte Lösung zur Reduktion der Treibhausgasemissionen leisten. Sowohl in ökologischer als auch in sozialer Hinsicht wäre unser Ernährungsverhalten nach folgenden Kriterien umzugestalten: • Reduktion des Fleischkonsums um mindestens die Hälfte • fl ächendeckender Umstieg auf Biolandbau • vermehrter Verzehr gering bzw. mäßig verarbeiteter Lebensmittel (Lebensmittel so natürlich wie möglich, reichlicher Verzehr unerhitzter Frischkost) • Förderung gesundheitsbewusster Ernährung (Verminderung energieaufwändiger Produktgruppen wie Süßwaren und Alkohol, Verminderung des generell zu hohen Nahrungsmittelverbrauchs) • Bevorzugung regionaler bzw. saisonaler Lebensmittel • Kauf von sozialverträglichen Produkten (Fair Trade-Gütesiegel) • verstärkte Nachfrage nach umweltverträglich verpackten Erzeugnissen und • Genuss beim Essen Zusätzlich bedarf es einer Forcierung der technischen Einsparmöglichkeiten, insbesondere in den Haushalten und der Beachtung gesellschaftlicher Rahmenbedingungen. Auch die Veränderung in der Raumnutzung durch die Reduzierung der Distanzen zwischen Wohnen und Einkaufen oder durch Zustelldienste für Lebensmittel darf nicht vernachlässigt werden. Derartige Veränderungen können aber nur sehr langsam erfolgen und nur durch das Zusammenspiel aller gesellschaftlichen Kräfte erreicht werden. Sowohl ökologische als auch soziale Entwicklungen gehen sozusagen durch unseren Magen. In diesem Sinne: Guten Appetit auf eine bessere Welt! 26 Einfluss von Landwirtschaft und Ernährung auf unser Klima 6 Exkurs:„Klimaretter“ Biosprit? In der aktuellen Diskussion über den Klimawandel werden Biotreibstoffe aus Zuckerrohr, Mais, Raps oder Ölpalmen als erfolgversprechende Klimaschutzstrategie präsentiert und Beimengungsziele festgesetzt. Aber schon mit dem Begriff „Bio“ beginnt die Irreführung. Besser wäre die Bezeichnung „Agrosprit“. Der Flächenbedarf für Agrosprit wird sich weltweit ausdehnen. In Brasilien, wo schon jetzt mit 320.000 km2 die vierfache Fläche Österreichs für Kraftstoffpfl anzen beansprucht wird, plant man die Verfünffachung der Zuckerrohrfl ächen. Aber auch die Machtkonzentration in der Agrokraftstoffindustrie wird atemberaubend sein. Die Investitionen haben sich in den letzten drei Jahren bereits verachtfacht. In den nächsten Jahren wird man so viel Getreide für die Erzeugung von Bio-Treibstoff benötigen, dass es zu einer Verknappung von Tierfutter kommen könnte. Gegenwärtig beschäftigen wir uns zu sehr mit Ersatzlösungen wie Biosprit, anstatt mit der entscheidenden Frage: „Wie kann der Energieverbrauch ohne Wohlstandseinbußen in den Industriestaaten halbiert werden?“ Wenn Beimischungszwänge bei Treibstoff dazu führen, dass jedes Jahr mehrere Millionen Hektar tropischer Regenwald abgeholzt werden, eine intensive Landwirtschaft forciert wird (Monokulturen, intensiver Einsatz von Pestiziden, ...) oder die Armen Mexikos durch die Spriterzeugung von Mais sich ihr Grundnahrungsmittel nicht mehr leisten können, werden gut gemeinte Absichten in ihr Gegenteil verkehrt. Die Nachfrage nach Bioenergie wird weltweit zur Produktionssteigerung von Agrarprodukten führen. Der Preis für Biokraftstoffe wird aufgrund der Globalisierung der Märkte auf dem virtuellen Marktplatz „Börse“ zwischen Lebensmittelherstellern und Energiekonzernen ausgemacht werden. Mit dem Getreide, das für eine Tankfüllung Ethanol gebraucht wird, könnte man einen Menschen ein Jahr lang ernähren. Obwohl 2006 erst 1,6% des weltweiten Ölbedarfs von Biokraftstoffen gespeist wurden, hat der „Ölhunger“ die Preise agrarischer Produkte bereits nach oben gedrückt. Auch Österreich bedient sich am globalen Markt, hunderttausende Tonnen an Ölen für Biokraftstoffe werden importiert. Viel effizienter und klimaverträglicher wäre es, Biomasse stationär und dezentral zu nutzen. Holzheizungen, Biogasanlagen und Blockheizkraftwerke, die Strom und Wärme erzeugen, weisen einen wesentlich geringeren Energieverlust als die Biokraftstofferzeugung auf. Angebaut werden sollten nur Rohstoffpfl anzen, welche die Vielfalt des Agrarökoystems verbessern. Anstelle des großfl ächigen Anbaus einer einzigen Pfl anzenart, sollten prinzipiell nur Pfl anzen zum Zug kommen, die ohne Düngemittel und Pestizide kultiviert werden können. Die Palette reicht hier von Sonnenblumen bis hin zu den verschiedenen Holzarten. Biolandbau satt Biosprit Der Anbau von Energiepfl anzen bietet auch für die biologische Landwirtschaft viele Chancen. In diesem Zusammenhang ist es aber wichtig, die aktuellen Trends zu verfolgen und kritisch zu betrachten. Der Biolandbau sollte sich der regenerativen Energiewende nicht grundsätzlich verweigern, er muss aber alternative und innovative Konzepte erarbeiten. Der Anbau von Energiepfl anzen sollte konsequent als ein Element einer nachhaltigen, naturverträglichen Landwirtschaft entwickelt werden. Nachwachsende Rohstoffe müssen denselben ökologischen Kriterien wie Nahrungsmittel entsprechen. Biokraftstoffe sollten daher nicht nur ein Bio-Gütesiegel tragen, auch ein FairTrade Gütesiegel wäre unbedingt erforderlich. Denn neben der Ökobilanz müssen auch die Arbeitsbedingungen vor Ort stimmen. 27 Einfluss von Landwirtschaft und Ernährung auf unser Klima 7 Literatur Bund (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland), Misereor (Hrsg.) (1996): Zukunftsfähiges Deutschland – ein Beitrag zu einer global nachhaltigen Entwicklung. Birkhäuser Verlag, Berlin. Edwards, S. (2007): The impact of compost use on crop yields in Tigray, Ethiopia. Institute for Sustainable Development (ISD). Proceedings of the International Conference on Organic Agriculture and Food Security. FAO, Rom. Abrufbar unter ftp://ftp.fao.org/paia/organicag/ ofs/02-Edwards.pdf El-Hage Scialabba, N.; Hattam, C. (2002): Organic agriculture, environment and food security. FAO. Enquete-Kommission „Schutz der Erdatmosphäre“ des Deutschen Bundestages (Hrsg.) (1994): Landwirtschaft und Klima. Bonn. Haas, G., Köpke, U. (1996): Klimarelevanz des organischen Landbaus – Ziel erreicht? 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