Reform der politischen Strukturen und der Verwaltung Bericht des Gemeinderats zuhanden der Vernehmlassung Inhalt Seite I. Ausgangslage und Vorgehen 3 II. Gemeindevergleich 3 III. Legislativbereich 4 1. Einführung Gemeindeparlament? Rolle und Funktion Gemeindeparlament Vergleich mit anderen bernischen Gemeinden Kosten Mögliche Organisation bei Einführung eines Parlaments Die Stimmbeteiligung an Gemeindeversammlungen und an der Urne Gründe für und Gründe gegen die Einführung eines Gemeindeparlaments 4 4 4 5 6 a) b) c) d) e) f) 2. 7 8 a) b) c) d) Zuständigkeiten Versammlung / Urne Allgemeine Überlegungen Fakultatives Referendum gegen Versammlungsbeschlüsse GO-Änderungen Baurechtliche Grundordnung 10 10 11 12 12 a) b) c) d) Andere Zuständigkeiten? Stellenschaffungen Reglemente Ausgaben Rechnung und Nachkredite zum Budget 13 13 13 14 14 IV. Gemeinderat 15 1. Grösse des Gemeinderats Führungsstruktur 7 oder 5 Mitglieder Auswirkungen auf die Ressortorganisation Schnittstellen zur Verwaltung 15 17 18 21 3. a) b) c) d) 2 2. a) b) c) d) e) f) Wahlverfahren (Proporz oder Majorz) Regelungsspielräume Majorz (mit Minderheitenschutz) Proporz Vergleich der beiden Modelle Andere Gemeinden – Tendenzen Vor- und Nachteile eines Wechsels 22 22 22 22 23 24 24 a) b) c) d) Pensum der gemeinderätlichen Tätigkeit / Abgeltung Allgemeine Gedanken zum Milizsystem Pauschale Abgeltung Sitzungsgelder Abgeltungsmodelle 26 26 27 28 28 Gemeindepräsidium 29 3. V. 1. 2. Pensum a) Pensum Ist-Zustand b) Anforderungen der Zukunft c) Vor- und Nachteile eines Vollamts 29 29 30 „Fallschirm“ bei Nichtwiederwahl a) Warum ein Fallschirm? b) Lösungsansätze 31 31 31 VI. Amtszeitbeschränkung Präsidium 32 VII. Kommissionen 32 1. Bestand 32 2. Mitgliederzahl 33 3. Wahlverfahren 33 4. Zuständigkeiten 34 VIII. Verwaltungsorganisation 35 IX. Weiteres Vorgehen 35 3 I. Ausgangslage und Vorgehen Die Gemeinde Belp ist eine immer noch wachsende Gemeinde in der Agglomeration Bern mit 11‘594 Einwohnerinnen und Einwohnern (8‘352 Stimmberechtigte). Bezüglich der Gemeindegrösse liegt sie auf Platz 14 von 362 bernischen Gemeinden. Behörden und Verwaltung sind gut aufgestellt, das politische Leben ist aktiv und gleichzeitig sehr konstruktiv. Die Gemeinde schneidet bei Gemeindevergleichen jeweils gut ab. Trotzdem ist es dem Gemeinderat ein Anliegen, die politischen Strukturen und die Verwaltungsorganisation zu überprüfen, damit die Gemeinde Belp auch in Zukunft erfolgreich politisch geführt und „bewirtschaftet“ werden kann. Der Gemeinderat hat deshalb beschlossen, im Rahmen eines gut strukturierten Prozesses die Strukturen und Abläufe zu hinterfragen und wenn nötig anzupassen. Dabei wird in den folgenden Phasen vorgegangen: Phase 1: Erste Orientierung, Definition Projektinhalte, Projektorganisation, Projektplanung Phase 2: Grundsatzfragen, Bericht, breite Vernehmlassung, evtl. Grundsatzentscheide Phase 3: Umsetzung Reform politische Strukturen (v.a. Gemeindeordnung) Phase 4: Umsetzung Reform der Verwaltungsorganisation Die Phase 1 ist erfolgt und hat nach einer gemeinderätlichen Klausur und einer Vernehmlassung bei den Parteien zu einer Festlegung der Reformthemen geführt. Wenn nachstehend verschiedene Fragen zur Diskussion gestellt werden, bedeutet das nicht, dass der Gemeinderat bei jedem Thema Reformen vornehmen will. Es ist dem Gemeinderat daran gelegen, diese Themen aufs Tapet zu bringen, zu diskutieren, mit möglichen Modellen zu hinterlegen und mit Vor- und Nachteilen zu versehen. Der Gemeinderat nimmt in Phase 2 zuhanden der Vernehmlassung zu jedem Reformthema Stellung und spricht sich dazu aus, ob und wie eine Reform angegangen werden soll, oder ob davon abzusehen ist. Sollte sich im Rahmen der Vernehmlassung zu diesen Grundsatzfragen bei gewissen wichtigen Fragen nicht eine eindeutige Haltung der Parteien ergeben, kann sich der Gemeinderat vorstellen, diese Grundsatzfragen der Gemeindeversammlung zum Vorentscheid zu unterbreiten. II. Gemeindevergleich Von Interesse ist bei Reformen immer der Vergleich mit anderen Gemeinden. Gleichzeitig ist darauf hinzuweisen, dass der Vergleich mit anderen Gemeinden immer mit Vorsicht anzustellen ist, weil jede Gemeinde ihre Eigenheiten, ihre Bevölkerung, ihre Kultur, ihre geografische Lage und ganz allgemein ihre Besonderheiten hat. Auch wenn eine Gemeinde von der Einwohnerzahl her vergleichbar erscheint, kann die Ausgestaltung der politischen Strukturen und der Abläufe sehr verschieden sein. Was in einer Gemeinde bewährt ist, muss in der anderen Gemeinde nicht unbedingt erfolgreich sein. Letztlich müssen Modelle umgesetzt werden, die gezielt auf die betreffende Gemeinde zugeschnitten sind. 4 III. Legislativbereich 1. Einführung Gemeindeparlament? a) Rolle und Funktion Gemeindeparlament Heute ist die Gemeinde Belp direktdemokratisch organisiert. Der Gemeinderat (Exekutive) ist ausschliesslich gegenüber den Stimmberechtigten verantwortlich, sei dies an der Gemeindeversammlung, sei dies im Rahmen von Urnenabstimmungen und -wahlen. Im Auftrag der Stimmberechtigten prüft die Geschäftsprüfungskommission die Vorlagen und beaufsichtigt den Gemeinderat. Das übergeordnete Recht stellt es den Gemeinden frei, ob sie diese ausschliesslich direktdemokratische Struktur bevorzugen oder ob sie eine Struktur der „halbdirekten Demokratie“ einführen wollen. Unter halbdirekter Demokratie ist eine Mischform von repräsentativer Demokratie (volksgewähltes Legislativorgan) und direkter Demokratie (Referenden) zu verstehen. Alle bernischen Gemeinden, die ein Gemeindeparlament eingeführt haben, üben ihre direkte Demokratie an der Urne aus. Die Gemeindeversammlung wird regelmässig mit der Einführung eines Gemeindeparlaments abgeschafft, obschon dies aus rechtlicher Sicht nicht zwingend ist. Somit steht in der politischen Strukturdiskussion das Modell „Gemeindeversammlung“ dem Modell „Gemeindeparlament“ gegenüber. Soweit die Gemeinde ein Gemeindeparlament vorsieht, muss dieses mindestens 30 Mitglieder zählen (Art. 24 Abs. 3 Gemeindegesetz). Die Gemeindeordnung muss die Zuständigkeiten, die Mitgliederzahl und die Amtsdauer des Gemeindeparlaments bestimmen (Art. 24 Abs. 2 Gemeindegesetz). Gemeindeparlamente werden regelmässig im Verhältniswahlverfahren (Proporz) gewählt, obschon das übergeordnete Recht dazu keine Vorgaben macht. Im Parlamentsbetrieb spielen die Parteien eine wichtige Rolle. Die Geschäfte werden von der der gleichen Partei angehörenden Parlamentsmitgliedern vorberaten (Fraktionen). Das Parlament gibt sich eine eigene Geschäftsordnung, welche das Verfahren der Parlamentssitzungen, das Ratsbüro, die Vorgaben zu den Fraktionen, etc., regelt. Die Mitglieder des Parlaments können das politische Geschehen mit Vorstössen beeinflussen (Motionen, Postulate, Interpellationen). b) Vergleich mit anderen bernischen Gemeinden Die folgenden 22 (von 362) bernischen Gemeinden haben sich für ein Gemeindeparlament entschieden: Gemeinde Bern Biel Thun Köniz Ostermundigen Burgdorf Steffisburg Langenthal Einwohnerzahl 127‘515 52‘351 42‘735 39‘375 15‘871 15‘659 15‘515 15‘184 5 Lyss Muri bei Bern Spiez Münsingen Worb Zollikofen Münchenbuchsee Langnau Moutier Nidau Interlaken St-Imier Tramelan La Neuveville 14‘080 12‘675 12‘549 11‘566 11‘324 9‘977 9‘749 9‘092 7‘553 6‘782 5‘504 4‘866 4‘335 3‘666 Die folgenden Gemeinden mit mehr als 8'000 Einwohnerinnen und Einwohner haben kein Gemeindeparlament: Gemeinde Belp Ittigen Wohlen bei Bern c) Einwohnerzahl 11‘594 10‘997 8‘901 Kosten Die Einführung eines Gemeindeparlaments dürfte bei den folgenden Positionen zu Mehrkosten führen: Entschädigungen / Sitzungsgelder Spesen / Repräsentation Parlamentssekretariat Verwaltungsaufwand o Kommissionssekretariate o Anträge / Vortrag o Bearbeitung parlamentarischer Vorstösse Material (Drucksachen, Akten, etc.) Parlamentswahlen Dem würden durch den Wegfall der Gemeindeversammlung entsprechende Minderkosten gegenüberstehen. Die Mehrkosten eines Gemeindeparlaments lassen sich nicht exakt quantifizieren. Die Gemeinde Münsingen ist anlässlich der Abstimmung zur Einführung eines Gemeindeparlaments im Jahr 2001 von Netto-Mehrkosten von ca. Fr. 170'000 ausgegangen. Heute zeigt sich in Münsingen, dass der geschätzte Verwaltungs-Mehraufwand damals zu tief veranschlagt worden ist. Ohne genaue Kostenrechnung ist es allerdings sehr schwierig, den zusätzlichen Aufwand genau zu beziffern. In einem NZZ-Artikel vom 6. April 2000 wurden die Kosten zur Einführung eines Gemeindeparlaments zwischen Fr. 250'000 und Fr. 350'000 veranschlagt, ohne diese Kosten näher zu beziffern. Die Gemeinde Belp wies bei der Abstimmung zur Einführung eines Gemeindeparlaments (2001) die damit verbundenen Mehrkosten mit ca. Fr. 400'000 aus. 6 Die mit einem Gemeindeparlament verbundenen Mehrkosten könnten für die Gemeinde Belp etwa wie folgt plausibilisiert werden (Annahme: Pro Jahr 8 Parlamentssitzungen, 30 Parlamentsmitglieder): Position Entschädigungen Präsidium Parl. Kommission Sitzungsgelder Parlamentsmitglieder Gemeinderat Kommissionen zusätzlich Verwaltungskader Ratskredit Parlamentssekretariat Verwaltungsaufwand Kommissionssekretariate 40 Anträge / Vortrag (pro Geschäft 10 Stunden) 15 Vorstösse (pro Geschäft 10 Stunden) Material Parlamentswahlen Einheit Menge Kosten in Fr. 2’000 Pauschale Sitzungen 200 zu Fr. 70 50 zu Fr. 70 100 zu Fr. 70 30 zu Fr. 70 Stellenprozent 50 27’000 20’000 60’000 Stellenprozent Stellenprozent 20 25 24’000 30’000 Stellenprozent 10 12’000 Total Fr. 20’000 alle vier Jahre 25’000 5’000 Zunahme Urnenabstimmung Total Fr. 20’000 alle vier Jahre Verschiedenes / „Sicherheitsmarge“ Zwischentotal Abzüglich Kosten Gemeindeversammlung Total Mehrkosten (jährlich wiederkehrend) 5’000 30’000 240’000 - 50’000 Fr. 190’000 Die Kosten wären dann höher, wenn das Gemeindeparlament sehr aktiv wäre und die Verwaltung dadurch zusätzlich in grossem Ausmass in Anspruch genommen würde. Es ist indessen nicht möglich, hier zum Voraus Annahmen zu treffen. Zusätzlich müsste mit einmaligen Kosten zur Einführung des Gemeindeparlaments gerechnet werden (Einrichtung Arbeitsplatz Parlamentssekretariat, Personalrekrutierung, Anpassung Rechtsgrundlagen, etc.). Dies dürfte einmalige Kosten in der Grössenordnung von Fr. 50'000 bis Fr. 100'000 auslösen. d) Mögliche Organisation bei Einführung eines Parlaments Bei Einführung eines Gemeindeparlaments wird zwischen den Stimmberechtigten und dem Gemeinderat eine weitere – legislative – Ebene eingefügt. Nachfolgend soll in geraffter Form anhand einiger Beispiele bernischer Parlamentsgemeinden darge- 7 stellt werden, wie die Organisation ausgestaltet und die Zuständigkeiten auf die verschiedenen Ebenen aufgeteilt werden können. EG Lyss EG Münsingen EG Muri b. B. EG Worb Einwohnerzahl Mitgliederzahl 14‘080 47 11‘566 30 Voranschlag und Steueranlage Parlament, unter Vorbehalt des fakultativen Referendums Parlament, unter Vorbehalt des fakultativen Referendums 12‘675 40 Stimmberechtigte, wenn Anlage ändert, sonst Parlament unter Vorbehalt des fakultativen Referendums 11‘324 40 Stimmberechtigte, wenn Anlage ändert, sonst Parlament unter Vorbehalt des fakultativen Referendums Über 3 Mio. Über Fr. 5 Mio. Über Fr. 4 Mio. Über Fr. 2 Mio. Fr. 1 Mio. bis Fr. 3 Mio. Fr. 150‘000 bis Fr. 1 Mio. Bis Fr. 150‘000 Fr. 1 Mio. bis Fr. 5 Mio. Fr. 200‘000 bis Fr. 1 Mio. Bis Fr. 200‘000 Fr. 2 Mio. bis Fr. 4 Mio. Fr. 250'000 bis Fr. 2 Mio. Bis Fr. 250’000 Fr. 1 Mio. bis Fr. 2 Mio. Fr. 150‘000 bis 1 Mio. Bis Fr. 150‘000 Ausgaben -Stimmberechtigte -Parlament mit fakultativem Referendum -Parlament abschliessend -Gemeinderat e) Die Stimmbeteiligung an Gemeindeversammlungen und an der Urne Stimmbeteiligung an Gemeindeversammlungen in Prozent Jahr 2014 2013 2012 2011 2010 2009 2008 2007 2006 2005 2004 Frühling 2.60 1.25 1.37 2.58 Sommer 0.95 0.78 0.80 1.50 1.88 1.14 0.81 1.20 1.79 1.20 0.70 Herbst 1.30 7.60 1.50 1.97 1.70 1.90 7.55 2.14 - Winter 1.16 3.70 1.32 2.95 1.70 3.04 3.50 2.70 2.86 1.08 2.63 An den Gemeindeversammlungen der letzten Jahre nahmen damit durchschnittlich 2.14% der Stimmberechtigten teil. Stimmbeteiligung an Urnenabstimmungen in Prozent Jahr 2014 2012 2009 2003 1. Halbjahr 56.94 41.25 52.87 2. Halbjahr 50.50 41.00 An den Urnenabstimmungen (Geschäfte der Gemeinde) der letzten Jahre nahmen durchschnittlich 48.51% der Stimmberechtigten teil. Wahlbeteiligung bei Proporzwahlen in Prozent Jahr 2012 2008 GR 33.18 39.45 GPK 32.07 37.83 BauK 32.02 37.7 BildK 31.82 37.57 VJGK/SozialK 31.77 37.32 8 An den Gemeindewahlen (Proporz) der letzten Jahre nahmen durchschnittlich 35.08% der Stimmberechtigten teil. f) Gründe für und Gründe gegen die Einführung eines Gemeindeparlaments Es ist nicht eine Frage der abstrakten, technokratischen Beurteilung, welches Strukturmodell besser ist, sondern letztlich – wie bei allen politischen Reformen – eine Frage der persönlichen politischen, zumal auch emotionalen Bewertung. Es erscheint im Hinblick auf die politische Diskussion sinnvoll, eine Auslegeordnung der Gründe für oder gegen die Einführung eines Gemeindeparlaments vorzunehmen. Einen guten Überblick über die sich stellenden Fragen findet sich in der Publikation von Marc Burgherr „Versammlungsdemokratie in den Gemeinden“ in ZBL 2001, Seiten 617, namentlich die Ziffern 4 und 5 (Gegenüberstellung Gemeindeversammlung / Gemeindeparlament). Nachstehend eine Zusammenfassung der Argumente für ein Gemeindeparlament (und gleichzeitig gegen eine Gemeindeversammlung) und gegen ein Gemeindeparlament (und gleichzeitig für eine Gemeindeversammlung). Gründe für ein Gemeindeparlament (contra Gemeindeversammlung) Nachstehend wichtige Argumente, welche für ein Gemeindeparlament ins Feld geführt werden: Geringe Partizipation / geringe Legitimation: Mit zunehmender Einwohnerzahl sinkt die politische Beteiligung an Gemeindeversammlungen und damit die Legitimation der Entscheide. Anfälligkeit für Beeinflussung durch Partikularinteressen: Angesichts der zum Teil geringen Beteiligung an der Gemeindeversammlung besteht die Gefahr, dass bei gewissen Geschäften bestimmte Partikularinteressen spezifisch motivierte Stimmberechtigte mobilisieren können, was Entscheide bewirken kann, die nicht unbedingt dem – allerdings hypothetischen – Interesse der „schweigenden Mehrheit“ entsprechen. Fehlender Sachverstand der Stimmberechtigten, grosse Emotionalität: Den Stimmberechtigten wird zuweilen der für den „richtigen“ Entscheid nötige Sachverstand abgesprochen. Dieses Manko wird unter Umständen durch reine Emotionalität wettgemacht, was sich negativ auf die Qualität der Entscheide auswirken kann. Es besteht mitunter die Gefahr von reinen „Betroffenheitsentscheiden“. Mangelnde Kontinuität: Die Gemeindeversammlung ist jedes Mal anders zusammengesetzt. Während ein Gemeindeparlament mit den gleichen Mitgliedern für Kontinuität bürgt, ist diese beim Versammlungsmodell nicht gewährleistet. Dominierende Stellung des Gemeinderats: Der Gemeinderat ist ausschliesslich gegenüber der Gemeindeversammlung verantwortlich. Die Geschäftsprüfungskommission nimmt zwar gewisse Prüfungshandlungen vor. Eine einlässliche politische Aufsicht, wie sie von einem Parlament ausgeübt wird, findet nicht statt. Dem Gemeinderat kommt somit eine dominierende Stellung zu, die dazu führen kann, dass die Gemeindeversammlung vor ein fait-à-compli gestellt wird. 9 Stimmgeheimnis nicht gewahrt: Ausser bei geheimen Abstimmungen entscheidet die Gemeindeversammlung durch offenes Ausmehren. Im Gegensatz zur Urnenabstimmung ist in diesem Verfahren das Stimmgeheimnis nicht gewahrt. Je nach Konstellation kann dies einen Einfluss auf die Stimmabgabe der Teilnehmenden an der Gemeindeversammlung haben. Gründe gegen ein Gemeindeparlament (pro Gemeindeversammlung) Nachstehend wichtige Argumente, welche gegen ein Gemeindeparlament ins Feld geführt werden: Lebendige, direkte Demokratie geht verloren: Während an der Urne in der Regel nur mit Ja oder Nein gestimmt werden kann, können die Stimmberechtigten an der Gemeindeversammlung die Geschäfte gestalten, bis zum Beispiel ein Kompromiss möglich wird. Diese lebendige Form der direkten Demokratie geht mit einem Gemeindeparlament verloren. In diesem Modell beschränkt sich die Tätigkeit der Stimmberechtigten in der Regel auf Annahme oder Ablehnung einer Vorlage. Die Parteien haben das Sagen: Während an der Gemeindeversammlung auch parteiungebundene Personen massgeblich Einfluss nehmen können, organisieren sich Parlamente in der Regel in – parteipolitisch ausgerichteten - Fraktionen. Die Parlamentsmitglieder werden im Verhältniswahlverfahren (Proporz) gewählt, was bedingt, dass sich alle Kandidierenden einer Partei oder Wählergruppe anschliessen müssen. Die parteiungebundenen Personen können sich im Parlament nicht mehr einbringen. Durch diese Verstärkung parteipolitsicher Einflussnahme geht der „Versammlungspragmatismus“ verloren. Zuständigkeiten der Stimmberechtigten werden geschmälert: Die Einführung einer weiteren „legislativen“ Ebene führt zu einer Aufteilung der Zuständigkeiten. Beim „Versammlungsmodell“ obliegen den Stimmberechtigten sämtliche Geschäfte aus dem Legislativbereich. Die Zuständigkeiten der Stimmberechtigten werden zu einem grossen Teil an der Gemeindeversammlung, bei grosser Bedeutung an der Urne wahrgenommen. Mit der Einführung eines Gemeindeparlaments geht ein erheblicher Teil dieser Volkszuständigkeiten an das Gemeindeparlament über. Die Rechte der Stimmberechtigten werden somit geschmälert. Ineffizienter Ratsbetrieb: Um die Wiederwahl sicherzustellen, müssen sich die Parlamentsmitglieder profilieren. So führen zahlreiche parlamentarische Vorstösse zu erheblicher Mehrarbeit von Behörden und Verwaltung, auch wenn die Vorstösse zu interessanten politischen Diskussionen und Veränderungen führen können. Häufiger Mitgliederwechsel: Erfahrungen in anderen Gemeinden zeigen, dass die „Fluktuation“ (Wechsel während der Amtsdauer) in Gemeindeparlamenten sehr hoch ist. So kann es vorkommen, dass gegen Ende der Legislatur verschiedene Mitglieder „nachgerutscht“ sind, die – weil auf der Liste besser Platzierte verzichtet haben – anlässlich der Wahl lediglich einen hinteren Listenplatz belegt haben. Diese Mitglieder sind nur ungenügend legitimiert. Die ständigen Wechsel von Parlamentsmitgliedern sind der Kontinuität und der Qualität der Entscheide abträglich. 10 Mehrkosten: Ein Gemeindeparlament verursacht Mehrkosten. Hier kann argumentiert werden, diese Mehrkosten stünden in einem Missverhältnis zum Nutzen eines Parlaments, der Reformnutzen bei Einführung eines Gemeindeparlaments sei nicht ausgewiesen. Haltung Gemeinderat Der Gemeinderat vertritt die Auffassung, die Gemeinde Belp sei heute mit einer Gemeindeversammlung handlungsfähig und funktioniere gut. Sollte die Gemeinde dereinst noch deutlich grösser werden, wird die Frage der Einführung eines Gemeindeparlaments sicher wieder zu thematisieren sein. Im Moment lehnt der Gemeinderat die Einführung eines Gemeindeparlaments mit der folgenden Begründung ab: Die Vorteile der lebendigen, an der Gemeindeversammlung praktizierten Demokratie überwiegen die mit der Versammlung verbundenen Nachteile. Der Gefahr, dass Versammlungsentscheide mit tiefer Stimmbeteiligung oder mit einer einseitigen Zusammensetzung mangelhaft legitimiert sind, kann mit der Einführung eines fakultativen Referendums gegen gewisse Versammlungsbeschlüsse begegnet werden (siehe Ziffer 2 Bst. b). Die Einführung eines Parlaments ist mit erheblichen (wiederkehrenden) Kosten verbunden, die angesichts des fehlenden Leidensdrucks vermieden werden können. Zudem neigt ein Parlament zu Ineffizienz und verursacht je nach Aktivitäten in der Verwaltung einen erheblichen Aufwand. Einige Beispiele zeigen, dass Parlamentsentscheide neben der Haltung der Stimmberechtigten liegen können, was dann bei Volksabstimmungen zu unliebsamen Überraschungen führen kann. In Belp sind in den letzten Jahren keine Anträge an die Stimmberechtigten erfolgt, die nicht erfolgreich gewesen wären. 2. Zuständigkeiten Versammlung / Urne a) Allgemeine Überlegungen Die Stimmberechtigten können ihre Zuständigkeit an der Urne oder an der Gemeindeversammlung wahrnehmen. Die Gemeindeordnung bestimmt, in welchem Verfahren die Stimmberechtigten ihre Zuständigkeiten in der Gemeinde Belp wahrnehmen, das übergeordnete Recht enthält diesbezüglich keine Vorschriften. Kleine Gemeinden kennen in der Regel für kommunale Geschäfte nur die Gemeindeversammlung, während mittlere und grössere Gemeinden sowohl die Versammlung wie auch die Urne kennen. Nur in Parlamentsgemeinden gibt es keine Gemeindeversammlung, obschon aufgrund des kantonalen Rechts eine Versammlung – als Ergänzung zum Parlament – nicht ausgeschlossen wäre. Es gibt bei der Frage, ob die Zuständigkeit der Stimmberechtigten an der Gemeindeversammlung oder an der Urne wahrzunehmen sei, keine Wahrheit. Die Gründe pro Gemeindeversammlung (und contra Urne) und pro Urne (und contra Gemeindeversammlung) lassen sich wie folgt darstellen: Pro Gemeindeversammlung Die Gemeindeversammlung entscheidet rasch Mit einer Gemeindeversammlung sind tiefere Kosten verbunden Schwierige Inhalte lassen sich an der Gemeindeversammlung besser vermitteln Es können Fragen gestellt und beantwortet werden 11 Der Gemeinderat kann intervenieren und Stellung beziehen Es können Änderungsanträge gestellt werden, was eine im Gegensatz zur Urne (Ja/Nein) eine interessante und lebendige Form der direkten Demokratie darstellt Mittels Änderungsantrag eingebrachte Vorschläge können eine Vorlage retten, weil am Schluss eine Kompromisslösung zur Abstimmung gelangt Pro Urnenabstimmung Die Stimmbeteiligung ist deutlich höher als an Gemeindeversammlungen Die Legitimation von Urnenbeschlüssen ist höher zu gewichten als Versammlungsgeschäfte Der Einfluss partikulärer Interessen ist geringer als an Gemeindeversammlungen Der Einfluss der Behörden ist bei Urnenabstimmungen geringer b) Fakultatives Referendum gegen Versammlungsbeschlüsse Wenn man sich mit pro und contra auseinander setzt ist man geneigt, beiden Verfahren gute Noten zu erteilen. Da stellt sich die Frage, ob die beiden Verfahren nicht kombiniert werden sollen. Die Einwohnergemeinde Ittigen kennt diese Kombination, die sich wie folgt charakterisiert (Art. 31 GO EG Ittigen): Die Gemeindeversammlung beschliesst Ausgaben ab Fr. 400‘000 in unbeschränkter Höhe Ausgaben (und nur Ausgaben!) über Fr. 3 Mio. müssen im Anzeiger bekannt gemacht werden Innert 30 Tagen ab Publikation können drei Prozent der Stimmberechtigten verlangen, dass der Beschluss der Gemeindeversammlung (Ausgabe von über Fr. 3 Mio.) der Urnenabstimmung zu unterbreiten ist Diese Regelung hat die Vorteile der Versammlung mit den Vorteilen der Urne vereinigt. Der Nachteil besteht in der Verlängerung des Prozesses, muss doch bei einem Ausgabenbeschluss von über Fr. 3 Mio. mit einer Dauer bis zur Rechtskraft von mehreren Monaten gerechnet werden. Dies bedingt eine gute Planung der grossen Ausgaben, was sich sicher machen lässt. Es ist wichtig, dass sich die Politik bei einer solchen Zuständigkeitsregelung darüber ausspricht, ob auch die negativen Entscheide einem Referendum zugeführt werden können. Grundsätzlich spricht sicher nichts dagegen, alle Beschlüsse (auch die negativen) bei gegebenen Voraussetzungen mittels Unterschriftensammlung einem Referendum zuführen zu können. Haltung Gemeinderat Um dem Argument, die Gemeindeversammlung entscheide teilweise ungenügend legitimiert (tiefe Stimmbeteiligung, Mobilisierung von Interessengruppen), entgegenzutreten, sollen wichtige Versammlungsentscheide mittels Referendum einer Urnenabstimmung zugeführt werden können. Dieses Referendum könnte sich wie folgt darstellen: Referendumsfähig wären die Geschäfte zur Gemeindeordnung, zur baurechtlichen Grundordnung (soweit die Fläche der Planungen kleiner als 25‘000 m2), zu den Reglementen und zu den Ausgabenbeschlüssen zwischen Fr. 300‘000 und Fr. 3 Mio. An der Zuständigkeit der „obligatorischen“ Urnenabstimmung (Art. 33 GO) würde sich nichts ändern. 12 c) Es könnten sowohl gegen zustimmende wie ablehnende Entscheide ein Referendum ergriffen werden. Es wäre eine relative kurze Referendumsfrist zu wählen, damit so rasch als möglich Klarheit darüber herrscht, ob ein Entscheid rechtskräftig wird, oder ob eine Urnenabstimmung stattfindet. Gleichzeitig wäre die Zahl der erforderlichen Unterschriften nicht allzu hoch anzusetzen. Der Gemeinderat spricht sich für eine Frist von 30 Tagen und für 300 erforderliche Unterschriften aus (was 3.6 Prozent der Stimmberechtigten entspricht). Beispiel: Die Gemeindeversammlung beschliesst die Gestaltung und Aufwertung eines Platzes für Fr. 1 Mio. Ab Publikation dieses Entscheids im Anzeiger würde die 30-tägige Frist laufen. Können innert dieser Frist 300 Unterschriften gesammelt werden, muss eine Urnenabstimmung durchgeführt werden. Kommen die erforderlichen Unterschriften nicht zustande, kann der Gemeinderat nach 30 Tagen den Beschluss vollziehen. GO-Änderungen Art. 35 Bst. a der Gemeindeordnung bestimmt, dass die Gemeindeversammlung den Erlass und die Änderungen der Gemeindeordnung beschliesst. Diesbezüglich könnte erwogen werden, GO-Änderungen seien an der Urne zu beschliessen, weil so die Legitimation der „Gemeindeverfassung“ erhöht werden könne. Anders als bei Einzonungsgeschäften ist das Risiko bei GO-Änderungen relativ gering, dass bestimmte Interessengruppen mobilisieren und einseitig Einfluss nehmen können. Haltung Gemeinderat Der Gemeinderat vertritt die Auffassung, die Änderung der GO weiterhin an der Versammlung zu beschliessen. Dies umso mehr, als gegen solche Änderungen neu das fakultative Referendum ermöglicht werden soll. d) Baurechtliche Grundordnung Auch für die baurechtliche Grundordnung (Baureglement, Zonenplan) ist gemäss Art. 35 Bst. b die Gemeindeversammlung zuständig, soweit nicht der Gemeinderat zuständig ist. Allerdings haben die Stimmberechtigten der Einwohnergemeinde Belp die Zuständigkeit der Gemeindeversammlung am 17.10.2010 relativiert, indem sie entschieden haben, dass über die Gesamtrevision der Ortsplanung und über Ein- und Umzonungen von mehr als 25‘000 m2 an der Urne zu befinden ist (Art. 33 Abs. 1 Bst. c GO). Mit dieser Zuständigkeitsvorschrift soll verhindert werden, dass entsprechende Geschäfte an der Gemeindeversammlung durch eine Mobilisierung Betroffener allzu stark beeinflusst werden können. Haltung Gemeinderat Der Gemeinderat hat sich mit der Frage auseinander gesetzt, ob die Fläche zur Durchführung einer Urnenabstimmung (obligatorisch) auf 10‘000 m2 heruntergesetzt werden sollte. Er schlägt nach geführter Debatte vor, neu ab 10‘000 m2 die Urnenabstimmung vorzusehen. Da Planungsgeschäfte bekanntermassen teilweise sehr emotional beurteilt und immer komplexer werden, erscheint eine Reduktion der Fläche als Voraussetzung für eine Urnenabstimmung angezeigt. 13 3. Andere Zuständigkeiten a) Stellenschaffungen Die Stimmberechtigen schaffen neue, ständige Stellen mit mehr als 70 Stellenprozenten an der Gemeindeversammlung (Art. 35 Bst. j GO). Es stellt sich die Frage, ob diese Bestimmung sinnvoll ist. Diese Bestimmung wurde erst im Jahr 2010 in dieser Form erlassen, weshalb es problematisch erscheint, diese Zuständigkeitsnorm bereits wieder in Frage zu stellen. Alternativ könnte auch der Gesamtstellen-Etat beschlossen und dem Gemeinderat dabei eine gewisse Bandbreite zugestanden werden (z.B. plus/minus 100 Stellenprozente). Einzelne Gemeinden weisen in ihren Gemeindeordnungen die Zuständigkeit für Stellenschaffungen abschliessend dem Gemeinderat zu. Für diese Lösung spricht der Umstand, dass der Gemeinderat, der Verwaltung nahe steht und weiss, welche Belastungen diese zu bewältigen hat. Allerdings gilt es zu bedenken, dass jede Stellenschaffung zu grossen wiederkehrenden Aufwendungen führt, die je nach Funktion der Stelle ohne weiteres jährlich Fr. 100‘000 bis Fr. 200‘000 ausmachen können. Haltung Gemeinderat Der Gemeinderat gelangt nach einlässlicher Diskussion zum Schluss, dass es Sinn machen würde, wenn die Zuständigkeit zur Schaffung (und Aufhebung) von Stellen abschliessend dem Gemeinderat obliegen würde. Er begründet seine Haltung wie folgt: Nur der Gemeinderat als der Verwaltung direkt vorgesetzte Behörde kann beurteilen, wie viele Ressourcen nötig sind, um anfallenden Aufgaben zu erfüllen. Die Diskussion um die personellen Ressourcen sollte möglichst nüchtern und faktenbezogen erfolgen, ebenso die entsprechenden Entscheide. Die Gemeindeversammlung erscheint hier als zuständiges Organ eher ungeeignet. Es ist erfahrungsgemäss nicht so, dass der Gemeinderat mit Stellenbegehren unkritisch und zu grosszügig umgehen würde. Der Gemeinderat von Belp hat ein ausgeprägtes Kostenbewusstsein und stimmt einer Stellenerhöhung nur dann zu, wenn diese unerlässlich erscheint. Zudem befasst sich in der Regel vor dem Gemeinderatsentscheid auch noch eine Kommission mit der Frage nach den „richtigen“ personellen Ressourcen, der Einfluss der Politik ist gewährleistet. Zahlreiche Stellen sind beim Sozialdienst angesiedelt und werden vom Kanton gesteuert (Anzahl Fälle ergeben eine Stelle). Die Kosten werden dem Lastenausgleich „Sozialhilfe“ zugeführt. Hier macht es keinen Sinn, wenn im Rahmen eines politischen Prozesses über die Schaffung von entsprechenden Stellen diskutiert und entschieden wird. Zudem können die zuständigen Stimmberechtigten oft nicht mit der erwünschten Geschwindigkeit auf veränderte Verhältnisse reagieren. Die heutige Regelung, wonach der Gemeinderat Stellen bis zu 70% schaffen kann, verleitet zu einer Stückelung bei der Schaffung von Stellen, damit die Zuständigkeit der Gemeindeversammlung vermieden werden kann. b) Reglemente Reglemente liegen grundsätzlich in der Zuständigkeit der Gemeindeversammlung. Einzelne Gemeinden legen die Zuständigkeit zum Erlass von Reglementen (mit Ausnahme der Gemeindeordnung und der baurechtlichen Grundordnung) in die Zustän- 14 digkeit des Gemeinderats, unterstellen aber dessen Beschlüsse über die Reglemente dem fakultativen Referendum. Begründet werden solche Lösungen mit dem „Effizienzgewinn“, indem nach Ablauf der Referendumsfrist die geänderten Erlasse sofort in Kraft gesetzt werden können. Gleichzeitig wird darauf hingewiesen, dass bei einer tief festgelegten Unterschriftenzahl bei einem umstrittenen Geschäft die nötigen Unterschriften ohne grossen Aufwand beigebracht werden können, damit das Geschäft einem Beschluss der Gemeindeversammlung zugeführt werden kann. Es gilt im Sinne eines kritischen Vorbehalts darauf hinzuweisen, dass es sich bei Reglementen um ein „Kerngeschäft“ der Legislative handelt, weshalb der Erlass durch den Gemeinderat – unter Vorbehalt des fakultativen Referendums – doch eher ungewöhnlich erscheint. Haltung Gemeinderat Der Gemeinderat vertritt nach geführter Diskussion die Auffassung, die Reglemente in der Zuständigkeit der Stimmberechtigten zu belassen. Die Rechtsetzung ist die ureigene Zuständigkeit des Souveräns und dies soll für Reglemente auch so bleiben. Im Reglement kann der Gemeinderat bei Bedarf ermächtigt werden, die Ausführungsbestimmungen mittels Verordnung zu erlassen. c) Ausgaben Heute beschliessen die Stimmberechtigten Ausgaben an der Urne, wenn es um mehr als Fr. 3 Mio. geht. Ausgaben zwischen Fr. 300‘000 und Fr. 3 Mio. beschliessen die Stimmberechtigten an der Gemeindeversammlung, während der Gemeinderat für Ausgaben bis zu Fr. 300‘000 zuständig ist. Es gibt Gemeinden, in welchen der Gemeinderat höhere Ausgaben beschliessen kann (die Gemeinde Ittigen gewährt dem Gemeinderat eine Ausgabenzuständigkeit bis Fr. 400‘000), diese dürften aber sehr selten sein. Mit Fr. 300‘000 verfügt der Gemeinderat von Belp über eine erhebliche Ausgabenzuständigkeit. Haltung Gemeinderat Der Gemeinderat erachtet die heutige Ausgabenzuständigkeit als sinnvoll und will diese so beibehalten. d) Rechnung und Nachkredite zum Budget Das kantonale Recht lässt es zu, dass die Zuständigkeit zum Beschluss über die Rechnung dem Gemeinderat zugewiesen wird. Da im Rahmen der Rechnungsgenehmigung regelmässig auch über Nachkredite zum Budget zu befinden ist, muss die Zuständigkeit für Budgetnachkredite sinnvollerweise auch dem für die Rechnung zuständigen Organ zugewiesen werden. An sich wäre es möglich, das Budget durch den Gemeinderat beschliessen zu lassen, sofern die Steueranlage nicht verändert wird. Es dürfte aber wohl keine Gemeinde geben, welche diese Zuständigkeitsregelung vorsieht. Die meisten Gemeinden unterbreiten die Rechnung zur Genehmigung den Stimmberechtigten, weil diese das Budget und die Steueranlage beschlossen haben. Mit anderen Worten: Wenn die Stimmberechtigten das Budget beschliessen, soll im Rahmen der Rechnungslegung Rechenschaft über den Abschluss der Rechnung abgelegt werden. 15 Haltung Gemeinderat Die Behandlung der Rechnung ist regelmässig nicht sehr interessant und mit einem erheblichen administrativen Aufwand verbunden. Der Gemeinderat ist deshalb der Auffassung, die Zuständigkeit zum Beschluss über die Rechnung, einschliesslich des abschliessenden Beschlusses über Budgetnachkredite, sei dem Gemeinderat zuzuweisen. Die Öffentlichkeit wäre jeweils über den Abschluss der Rechnung und die beschlossenen Budgetnachkredite zu informieren. Nachkredite zu Verpflichtungskrediten sind bei gegebener Höhe nach wie vor von den Stimmberechtigten zu beschliessen, an dieser Zuständigkeit würde festgehalten. IV. Gemeinderat 1. Grösse des Gemeinderats (7 oder 5?) a) Führungsstruktur Der Gemeinderat entscheidet als Kollegialbehörde. Dies führt für die Mitglieder zu einer Doppelfunktion: Einerseits bringen sich die Mitglieder im Plenum ein und beeinflussen die Entscheidfindung, vertreten aber nach geführter Diskussion grundsätzlich die Haltung des Gesamtgemeinderats. Andererseits stehen die Gemeinderatsmitglieder einem Departement vor. Diesbezüglich gibt es in bernischen Gemeinden drei „Grundmodelle“, die sich grafisch (abstrakt, nicht auf die Gemeinde Belp bezogen) wie folgt darstellen lassen: Modell „Geschäftsführung“ Dieses Führungsmodell zeichnet sich dadurch aus, dass das zuständige Gemeinderatsmitglied die Geschäfte seines Departements politisch führt. Das Personal ist dem Gemeindepräsidium unterstellt, somit führt das Departement nicht in der Linie. Dieses Modell gelangt in der Gemeinde Belp zur Anwendung und funktioniert gut. 16 Modell „Geschäftsführung und Personalführung“ Dieses Führungsmodell ist konsequent aufgebaut, wird aber vor allem in Gemeinden zur Anwendung gebracht, die über professionelle Gemeinderatsmitglieder verfügen. Dieses Modell bedingt seitens der Politik Führungserfahrung. Zudem besteht die Gefahr, dass die Verwaltung wegen der unterschiedlichen personellen Führung eher segmentiert wird, als wenn die Verwaltung „aus einer Hand“ durch das Gemeindepräsidium geführt wird. Modell „Organisation ohne Departement“ Bei diesem Modell befassen sich die Gemeinderatsmitglieder ausschliesslich mit strategischen Fragen und führen weder das Personal noch konkrete Geschäfte. Dieses Modell gewährleistet, dass das Kollegium ohne ständigen Blick auf das eigene Departement frei diskutieren und entscheiden kann. Auch wenn dieses Modell auf den ersten Blick bestechend erscheint, hat es in der Praxis bisher keinen Eingang gefunden. Die Gründe, die gegen dieses Modell genannt werden: Das Präsidium wird zu mächtig, weil alle operativen Geschäfte durch dieses „Nadelöhr“ laufen Die Politik ist kaum mehr breit über die laufenden operativen Geschäfte informiert und kann nicht mehr auf die Verwaltung einwirken Wer den operativen Alltag nicht kennt, kann kaum Einfluss nehmen auf die Bildung von erfolgreichen Strategien 17 Haltung Gemeinderat Der Gemeinderat erachtet die heutige Lösung, wonach die oberste Kaderebene dem Gemeindepräsidium unterstellt ist, die Departementsvorstehenden aber das Geschäft inhaltlich führen, als sinnvoll und möchte daran nichts ändern. Das Modell „Geschäftsführung“ hat sich in Belp bewährt, die alternativen Führungsmodelle erscheinen ungeeignet. b) 7 oder 5 Mitglieder Abstrakt lässt sich zur Grösse des Gemeinderats das Folgende sagen: In der Tendenz sind die Gemeinderäte im Kanton Bern in den letzten Jahren eher verkleinert worden, allerdings betraf dies in der Mehrzahl der Fälle Verkleinerungen von 9 auf 7 Mitglieder. Gemeinden, die aus mehreren Dörfern bestehen, halten eher an grösseren Gemeinderäten fest, damit die Vertretung ihrer „Aussenstationen“ gewährleistet ist. Gemeinden mit einem Parlament neigen eher zu einer Verkleinerung der Gemeinderäte, weil die gesellschaftlich breite Abstützung durch das Parlament gewährleistet wird. Milizmässig organisierte Gemeinden tendieren eher zu einem grösseren Gemeinderat, weil so die Arbeitslast auf mehr Schultern verteilt werden kann. Je kleiner der Gemeinderat, desto eher geht die Politik in Richtung Professionalisierung. Haltung Gemeinderat Der Gemeinderat vertritt nach geführter Diskussion die Auffassung, für die Gemeinde Belp sei weiterhin ein siebenköpfiger Gemeinderat richtig. Er begründet seine Haltung wie folgt: Aus rein betriebswirtschaftlicher Sicht wären die Geschäfte auch von einem fünfköpfigen Gemeinderat zu meistern. Allerdings gilt es hier auch (und vor allem) auch die politische Dimension der Grösse des Gemeinderats zu würdigen. Neben der Führung der Geschäfte des Departements ist jedes Gemeinderatsmitglied auch „Bestandteil“ des Kollegiums und muss so weitreichende Entscheide mitverantworten. Die Tätigkeit des Gemeinderats muss deshalb politisch breit abgestützt werden. Hätte die Gemeinde Belp ein Parlament, wäre diese Abstützung durch dieses 18 c) Gremium gewährleistet. Da auf die Einführung eines Parlaments verzichtet werden soll, braucht es weiterhin einen siebenköpfigen Gemeinderat, damit die gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse in der Gemeinde möglichst gut in der Zusammensetzung des Gemeinderats gespiegelt werden. Im Gegensatz zu anderen Gemeinden sind die Parteien in Belp sehr aktiv, es gibt acht Ortsparteien. Bei einem grösseren Gemeinderat sind erfahrungsgemäss mehr Parteien in der Exekutive vertreten, was zur Stabilisierung des politischen Systems beiträgt. Heute sind fünf politische Parteien im Gemeinderat vertreten. Angesichts der immer grösser werdenden Belastung für die Gemeinderatsmitglieder, die ihre Funktion – mit Ausnahme des Präsidiums – im Milizamt versehen, erscheint es besser, die Arbeitslast auf sieben Schultern zu verteilen. Bis 2004 bestand der Gemeinderat noch aus neun Mitgliedern, es wäre verfehlt, jetzt auf fünf Mitglieder zu reduzieren. Die Zuweisung der Aufgaben zu den Departementen wird indessen einlässlich zu diskutieren sein. Je nachdem, wie die weiteren Fragen entschieden werden, sind hier Anpassungen erforderlich. Auswirkungen auf die Departementsorganisation Die Zuweisung der Aufgaben zu den Departementen stellt sich heute in der Gemeinde Belp wie folgt dar: Departement Namentlich aufgeführte Aufgabenbereiche Kommissionen Präsidiales und Sicherheit Planung und Koordination der Erfüllung sämtli- Präsidialkommission Wahlausschuss, Büro I Abstimmungsausschuss, cher Gemeindeaufgaben Überwachung von Eingang, Zuweisung und Erledigung sämtlicher Geschäfte sowie der Einhaltung von Fristen arbeitsmarktliche Massnahmen Repräsentation der Gemeinde und Information der Öffentlichkeit Regionalkonferenz Einbürgerungen administrative Führung des Personals Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden und Verbänden Durchführung von Wahlen und Abstimmungen Wirtschaftsförderung; Unternehmensbefragungen Bevölkerungsschutz (Feuerwehr, Zivilschutz, Militär) Gemeindepolizei ausserordentliche Lagen Lokale Agenda 21 Marktwesen Büro II Abstimmungsausschuss, Büro III Bevölkerungsschutzkommission Marktkommission Regionales Führungsorgan RFO Gürbetal Nord 19 Bau Baubewilligungs- und Baupolizeiaufgaben Planung, Bau und Unterhalt vom Strassennetz, Bildung Brücken inklusive Landerwerbe und Dienstbarkeiten Verkehrssicherheit, einschliesslich Signalisationswesen Wasserbau Gewässerschutz Abfallentsorgung Vermessungswesen Mitarbeit bei Umweltschutzanliegen Mitarbeit bei Ortsplanung und bei Anliegen des öffentlichen Verkehrs Reklame- und Plakatwesen Betrieb des Werkhofs Volksschule (Kindergarten, Primarstufe und Se umfassende Zuständigkeit in den Bereichen Bildungskommission kundarstufe 1) Schulraumplanung Mithilfe bei Projektierung der Schulräume Schulsport weitere / freiwillige Bildungsangebote Musikschule Tagesschule Aufgabenhilfe Erwachsenenbildung Finanzen und Finanzplanung: Erstellen des Finanzplans Liegenschaften Erstellen des Voranschlags und der Gemeinderechnung Beratung der Gemeindeorgane in finanziellen Belangen Steuerwesen Bau, Betrieb und Unterhalt sowie Bewirtschaftung der Liegenschaften des Finanzvermögens Bau und Unterhalt der Liegenschaften im Verwaltungsvermögen Vermietung Gewölbekeller und Räume Schulanlagen Kultur, Freizeit und Sport Baukommission Freizeit, Sport und Kultur Kulturanlässe, Kulturtage, Kulturförderung Vereine Gemeindebibliothek Planung und Koordination von Kultur-, Freizeitund Sportangeboten Ferien(S)pass Bundesfeier Ortsmuseum Finanzkommission Kultur-, Freizeit- und Sportkommission 20 Schlossgalerie (Kunstausstellungen) Prix Belp Planung und Umwelt Konzeptionelle Zuständigkeit in den Bereichen Landschaftsschutz und -planung Siedlungsplanung Regionalplanung Ökologie (Umwelt, Energie) Regionalkonferenz Öffentlicher und privater Verkehr Planungs- und Umweltkommission Soziales und Gesundheit Sozialkommission Reg. Sozialkommission Altersfragen Asylwesen Kinder- und Jugendfragen, Jugendfachstelle familienexterne Kinderbetreuung: Tageseltern, Kindertagesstätten usw. Schulsozialarbeit Erbschaftswesen Siegelungswesen Prävention im Sozialbereich Sozialhilfe AHV-Zweigstelle Gesundheitsförderung Prävention im Gesundheitsbereich Bei sieben Gemeinderatsmitgliedern bewährt sich die Zuweisung der Aufgaben zu den Departementen grundsätzlich gut. Der Gemeinderat wird zu entscheiden haben, ob das Präsidium mit mehr Ressourcen auszustatten ist. Sollte dies der Fall sein, muss der Gemeinderat Überlegungen anstellen, ob die Departemente neu zu verteilen sind, namentlich ob dem Gemeindepräsidium zusätzlich zum Präsidialen ein anderes Departement zuzuweisen wäre. Heute verhält es sich so, dass immer öfter Aufgaben als „Projekte“ (oft departementsübergreifend) und nicht im Rahmen von ständigen Strukturen erfüllt werden. Haltung Gemeinderat Zu einem späteren Zeitpunkt wird die Zuweisung der Aufgaben zu den Departementen zu diskutieren sein. Zum heutigen Zeitpunkt erscheint dies noch verfrüht. Bei einer Verkleinerung des Gemeinderats auf fünf Mitglieder würde sich Departementsorganisation anders darstellen. Je nach Entscheid des Gemeinderats müssen die Aufgaben den fünf Departementen neu zugewiesen werden, was sich in der nachstehenden Tabelle festhalten liesse. Dieser Aufwand muss allerdings nur dann betrieben werden, wenn die Verkleinerung des Gemeinderats wirklich ein politisch gewolltes Thema ist. Departement Namentlich aufgeführte Aufgabenbereiche Präsidiales und … Aufgaben Departement 2 Aufgaben Kommissionen Baukommission 21 Departement 3 Aufgaben Departement 4 Aufgaben Departement 5 Aufgaben Haltung Gemeinderat Da der Gemeinderat nicht verkleinert werden soll, bedarf es auch keiner völlig neuen Zuweisung der Aufgaben auf fünf Departemente. d) Schnittstellen zur Verwaltung Die Schnittstellen des Gemeinderats zur Verwaltung stellen sich heute wie folgt dar: Auffallend ist die Doppelunterstellung der Abteilungen „Präsidiales“ und „Bau“ unter zwei Ressorts. In der Praxis geben aber solche Doppelunterstellungen kaum je zu Problemen Anlass, weil die Personalführung beim Gemeindepräsidium liegt, das bei möglichen Konflikten koordinierend wirken kann. Bei einer Verkleinerung des Gemeinderats auf fünf Mitglieder würden diese Doppelunterstellungen wohl wegfallen. Alle fünf Gemeinderatsmitglieder wären je einer Verwaltungsabteilung (politisch) übergeordnet. Haltung Gemeinderat Es bedarf keiner Anpassungen der Schnittstelle zur Verwaltung. 22 2. Wahlverfahren (Proporz oder Majorz) a) Regelungsspielräume Die Gemeinden des Kantons Bern sind frei, in welchem Wahlverfahren sie den Gemeinderat wählen wollen. Eine Einschränkung ist im Minderheitenschutz zu sehen, der auf Antrag der Minderheiten (in aller Regel) im Majorzverfahren zur Anwendung gelangen kann. Der Minderheitenschutz ist zwingendes kantonales Recht und stellt eine Zwischenlösung zwischen Majorz- und Proporzverfahren dar; er soll die "Härten" des Majorzes brechen. Er gewährt den Minderheiten bei gegebenen Voraussetzungen einen Sitz. Der Anspruch, in einer majorzgewählten Behörde vertreten zu sein, beträgt rund 70% eines reinen Proporzanspruchs. Das Verfahren ist im Gemeindegesetz mit einer Formel genau beschrieben (Art. 43 GG). Die Anwendung kann in der Praxis erhebliche Schwierigkeiten mit sich bringen. Wer bei einer Wahl von sieben Mitgliedern im Proporzverfahren mit ca. 15% Wähleranteil in den Gemeinderat gewählt wird, schafft dies im Majorzverfahren mit einem entsprechenden Wähleranteil kaum. Die Inanspruchnahme des Minderheitenschutzes gewährleistet aber - wie oben ausgeführt - nicht einen proportionalen Anspruch, sondern nur ca. 70% davon, was bedeutet, dass mit einem Wähleranteil von 15% auch unter Inanspruchnahme des Minderheitenschutzes eine Kandidatur nicht erfolgreich wäre. Im vorliegenden Beispiel würde ein Wähleranteil von ca. 20% genügen, um im Majorzverfahren, kombiniert mit dem gesetzlichen Minderheitenschutz, gewählt zu werden. b) Majorz (Mehrheitswahlverfahren) Im Majorzverfahren ist gewählt, wer am meisten Stimmen erhält. Die Stimmen werden für einzelne Personen und nicht für Listen bzw. Parteien abgegeben. Sie stellen die Kandidierenden in den Vordergrund und sind deshalb Persönlichkeitswahlen. Da die Parteizugehörigkeit rechtlich unbeachtlich ist, gibt es auch kein Nachrücken. Bei einem Ausscheiden während der Amtsdauer bedarf es deshalb einer Ersatzwahl. Im Majorzverfahren können im gleichen Wahlgang auch mehrere Personen gewählt werden. Die Gemeinden müssen bestimmen, unter welchen Voraussetzungen eine kandidierende Person gewählt ist. In der Regel sehen die entsprechenden Reglemente der Gemeinden vor, dass gewählt ist, wer im ersten Wahlgang das absolute Mehr erreicht (mehr als die Hälfte der erforderlichen Stimmen für einen Sitz). Können so nicht alle Sitze besetzt werden, findet ein zweiter Wahlgang statt, in welchem dann in der Regel nur noch das relative Mehr für die Wahl erforderlich ist. Oder mit anderen Worten: Im zweiten Wahlgang ist gewählt, wer am meisten Stimmen erhält. Es ist aber auch möglich, von Anfang an nur auf das relative Mehr abzustellen. In diesem Verfahren ist in jedem Fall nur ein Wahlgang nötig, gewählt sind die Kandidierenden mit den meisten Stimmen. Die Stadt Burgdorf kennt dieses Verfahren. c) Proporz (Verhältniswahlverfahren) Im Zentrum der Wahl steht bei diesem Verfahren nicht die Person, sondern die Liste bzw. die Partei. Die politische Idee hinter diesem Verfahren besteht darin, die gesellschaftspolitischen Kräfteverhältnisse möglichst realitätsgetreu (proportional) in der zu wählenden Behörde abzubilden. Das Ausmittlungsverfahren läuft in zwei Schritten 23 ab: Zuerst wird ermittelt, wie viele Sitze den an der Wahl teilnehmenden Listen bzw. Parteien zustehen. Die meisten Gemeinden lassen Listenverbindungen zu, was bei der Verteilung von Restmandaten zu Sitzgewinnen führen kann. Sind die Sitze den Listen bzw. Parteien zugewiesen, werden in einem zweiten Schritt die Stimmen den Kandidierenden zugewiesen. Gewählt ist, wer auf der Liste am meisten Stimmen auf sich vereinigt. Bei Proporzwahlen stellt sich die Frage, ob das Präsidium, welches regelmässig im Majorzverfahren gewählt wird, bei der Ermittlung des ProporzwahlErgebnisses anzurechnen ist. Diesbezüglich stehen mehrere Modelle zur Verfügung. Wird die Parteizugehörigkeit des Präsidiums nicht angerechnet, kann dies zu einer Verzerrung des Proporzwahl-Ergebnisses führen. Bei diesem Verfahren ist eine Ersatzwahl unproblematisch. Viele Gemeinden sehen vor, dass die Parteizugehörigkeit des Präsidiums bei der (proportionalen) Verteilung der Sitze anzurechnen ist. Bei Ersatzwahlen ins Präsidium kann dies dann dazu führen, dass ein Gemeinderatsmitglied der gleichen Partei wie das neu gewählte Präsidium zurücktreten muss, damit deren Partei im Gemeinderat nicht übervertreten ist. Dies kann mitunter zu politischem Unverständnis führen. d) Vergleich der beiden Modelle Die beiden Modelle (Majorz und Proporz) lassen sich wie folgt gegenüberstellen: Kriterium Mehrheitswahl (Majorz) Verhältniswahl (Proporz) Grundidee „Persönlichkeitswahl“: Die besten Personen sollen, unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit, gewählt werden „Parteiwahl“: Die politischen Anschauungen der Wählenden sollen sich im gewählten Gremium wiederspiegeln Zulässigkeit Rechtlich möglich, wird durch gesetzlichen Minderheitenschutz relativiert Rechtliche Bedenken angemeldet im Zusammenhang z.B. mit ausseramtlichen Wahlzetteln und Nichtberücksichtigung leerer Stimmen Rechtlich möglich Nähere Ausgestaltung Gestaltungsspielraum bezüglich - Absolutes / relatives Mehr - Anzahl Wahlgänge Gestaltungsspielraum bezüglich - Zulassung von Listen- und Unterlistenverbindungen - Wahl Präsidium (separat oder nicht?) - Abänderung der Listen Verfahren für Zuteilung der Sitze - Zulassung ausseramtlicher Wahlzettel - Wahl Präsidium (separat oder nicht?) - Berücksichtigung leerer Wahlzettel - Nachrücken / Ersatzwahl Auswahl der Personen Direkt durch Stimmen für die betreffende Person Indirekt bzw. in 2 Schritten dadurch, dass zunächst einer Liste Sitze zugeteilt werden und die Personen der betreffenden Liste mit dem besten Resultat gewählt sind Verfahren bei Ausscheiden einer gewählten Person Ersatzwahl zwingend Üblich ist Nachrücken Ersatzwahl ist möglich und in Köniz neu vorgeschrieben Einfluss der Wählenden auf die Person Systembedingt gross Je nach Ausgestaltung grösser oder geringer Einfluss durch - Veränderung der Listen (Streichen, Kumulieren, Panaschieren) - Erfordernis einer Ersatzwahl bei Ausscheiden gewählter Personen 24 Listenverbindungen Nein Möglich und üblich Erforderliches Quorum Für Wahl im 1. Wahlgang ist absolutes Mehr üblich, aber nicht zwingend Stadt Burgdorf verlangt nur relatives Mehr Kein bestimmtes Quorum, Sitzanspruch je nach Anteil an Gesamtstimmen Zweiter Wahlgang Erforderlich, wenn für Wahl im 1. Wahlgang das absolute Mehr verlangt ist Nicht erforderlich Stimmengleichheit Problem kann sich stellen, üblich ist Losentscheid. Problem kann sich stellen, für Sitzverteilung bestehen verschiedene Möglichkeiten (Art. 43 Reglement über Abstimmungen und Wahlen), evtl. Losentscheid Dieser Vergleich entstammt einem Bericht meines Büropartners Dr. Ueli Friederich, den er für die Einwohnergemeinde Köniz verfasst hat. e) Andere Gemeinden - Tendenzen Wohl alle Gemeinden mit einem Gemeindeparlament im Kanton Bern wählen dieses im Proporzverfahren. Die Mitglieder des Bundesrats und der kantonalen Regierungen werden im Majorzverfahren gewählt, mit Ausnahme der Kantone Tessin und Zug, wo die Regierungsmitglieder im Proporzwahrverfahren gewählt werden. Bei den Gemeindeexekutiven hängt das Wahlverfahren (auch) von der Gemeindegrösse ab; kleinere Gemeinden wählen in aller Regel im Majorzverfahren, teilweise noch an der Gemeindeversammlung. Im Kanton Bern werden die Gemeinderäte der grossen Gemeinden praktisch durchwegs im Propozverfahren gewählt. Ausnahme ist die Stadt Burgdorf, welche für die Gemeinderatswahlen das Majorzverfahren kennt. Während lange Zeit der Trend hin zu Proporzverfahren ging, wird heute vermehrt die Frage nach einem Wechsel vom Proporz- zum Majorzverfahren diskutiert. Allerdings kann diesbezüglich noch kaum von einem Trend gesprochen werden (siehe dazu Andreas Ladner, Wahlen in Schweizer Gemeinden, IDHEAP 2011, Seite 9). Andreas Ladner führt am angegebenen Ort auch aus, in der konkreten Handhabung würden die beiden Wahlverfahren nicht zu grossen Unterschieden führen, auch wenn sich gewisse Unterschiede erkennen liessen. f) Vor- und Nachteile eines Wechsels Gesichtspunkt Mögliches Argument für Majorz Mögliches Argument für Proporz Mobilisierung der Stimmberechtigten Majorzwahlen führen eher weniger zu einem „politischen Hickhack“ Proporzwahlen fördern den politischen Wettbewerb und sind besser geeignet, die Wählerschaft zu mobilisieren Wählerwille Wählerwille kommt unmittelbar zum Ausdruck, die Wählenden bestimmen selbst, welche Personen in der Exekutive vertreten sein müssen Personen werden v.a. gewählt, weil sie ein politisches Programm vertreten, eine „Personenwahl“ ist immer auch eine „Parteiwahl“ Eher weniger Bindung an Selektion durch Parteien, vor allem dann, wenn keine Wahlvorschläge verlangt sind Selektion durch Parteien wird durch Möglichkeit der Streichung, des Kumulierens und des Panaschierens relativiert Majorz als „Persönlichkeitswahl“ begünstigt starke, unabhängige Persönlichkeiten Auch profilierte Persönlichkeiten sind auf „Stimmenpotenzial“ der Parteien angewiesen Qualität der Kandidierenden 25 Dominanz grosser Parteien kann beim Proporz die Wahl einer profilierten Person verhindern Legitimation der Gewählten Direkte Wahl von Personen legitimiert die Personen als solche besser Proporz widerspiegelt politische Überzeugungen und führt deshalb zu repräsentativer Exekutive Parteien Proporz fördert Parteienzersplitterung Personen aus Kleinstparteien haben nach Proporz keine Wahlchancen Ermöglicht auch kleineren Parteien eine Vertretung (Listenverbindung) „Parteienlandschaft“ wird in Exekutive abgebildet Politische Stabilität Bevorzugung grosser Parteien durch Majorzwahl führt zu politischer Stabilität Präferenzen für Personen ändern häufiger als für Parteien und politische Programme, Majorzwahl ist deshalb anfälliger für „Zufallsentscheide“ Majorzwahl führt insbesondere bei sehr knappen Mehrheitsverhältnissen zwischen „Blöcken“ zu Hin und Her Funktion der Exekutive Majorz begünstigt starke Exekutive mit Führungsfunktion Auch Exekutive muss Interessen „austarieren“ Exekutive ist Kollegialbehörde und vertritt nicht Gruppeninteressen Verhältnis zum Parlament Wahl von Personen durch die Mehrheit gibt der Exekutive Unabhängigkeit gegenüber dem Parlament Parteipolitische Zusammensetzung entspricht eher derjenigen des Parlaments Weniger „parteipolitische Reibungsflächen“ Aufwand Nachvollziehbarkeit, Transparenz Majorzwahl ist einfacher, kein kompliziertes Verteilverfahren Wahl ist nach einem Wahlgang „erledigt“ Besonders einfach ist Majorzwahl mit relativem Mehr und einem Wahlgang Majorzwahl mit nur relativem Mehr ist nicht unbedenklich Einfachheit der Majorzwahl macht diese eher nachvollziehbar „Reiner“ Majorz ist im Kanton Bern nicht möglich (Minderheitenschutz) Kein weiterer Wahlgang erforderlich Kombination mit gesetzlichem Minderheitenschutz macht Verfahren intransparent, wenn Vertretungsanspruch geltend gemacht wird Rechtssicherheit Einfaches Grund-Modell bringt Rechtssicherheit Spielregeln sind, im Gegensatz zum Majorzverfahren, immer bekannt Bei Majorzwahl steht nicht zum Vornherein fest, ob sich Wählergruppe auf Minderheitenschutz beruft Heutige Situation Verbreitung Proporzwahl ist bekannt und den Wählenden vertraut Für Kantonsregierungen hat sich bis heute Majorz durchgesetzt bzw. erhalten Politische Vorstösse in Richtung eines Wechsels scheiterten teilweise klar Grösste Gemeinden im Kanton Bern kennen durchwegs Proporzwahlen des Gemeinderats Situation in andern Gemeinwesen kann nicht 1:1 mit einer Gemeinde wie Köniz verglichen werden (gesetzlicher Minderheitenschutz!) 26 Die Darstellung der Vor- und Nachteile entstammt einem Bericht meines Büropartners Dr. Ueli Friederich, den er für die Einwohnergemeinde Köniz verfasst hat. Haltung Gemeinderat Der Gemeinderat diskutiert einen möglichen Wechsel zum Majorzverfahren kontrovers und entscheidet sich schliesslich mit Mehrheitsbeschluss, die Beibehaltung des Proporzverfahrens zu beantragen. Die Diskussion lässt sich wie folgt zusammenfassen: Es ist nicht davon auszugehen, dass die parteipolitische Zusammensetzung des Gemeinderats bei einer Änderung des Wahlverfahrens völlig ändern würde. Allerdings lassen die zur Verfügung stehenden Zahlen aus den Proporzwahlen kaum Schlüsse zu, wie es sich in einem Majorzverfahren mit der Zusammensetzung des Gemeinderats verhalten würde. Im Majorzverfahren können die Minderheiten den Minderheitenschutz (Art. 38 ff. Gemeindegesetz) in Anspruch nehmen. Das Proporzwahlverfahren gibt den kleineren Parteien einen weitergehenden Anspruch, als sie dies im Majorzverfahren unter Inanspruchnahme des Minderheitenschutzes haben (bei einer 7er-Behörde braucht es im Proporz für einen Sitz ca. 15% Wähleranteil, im Majorz mit Minderheitenschutz einen Wähleranteil von ca. 20%). Die Durchführung des Minderheitenschutzverfahrens ist eher kompliziert, die Wirkungen sind nicht immer einfach zu kommunizieren. Für den Wechsel zum Majorz spricht der Umstand, dass es den Parteien zusehends schwer fällt, im Proporzverfahren die Listen mit guten Kandidierenden zu füllen, die dann auch bereit sind, bei einer erfolgten Wahl das Amt anzutreten. Gegen das Proporzverfahren wird eingewendet, dies sei kompliziert und werde von den Stimmberechtigten nicht in der ganzen Dimension erfasst. Das Majorzverfahren sei demgegenüber einfacher und transparenter. Bei einem Wechsel zum Majorzverfahren würde keine Referenzgrösse zur Wahl der Kommissionen mehr bestehen. Heute wird bei der Wahl verschiedener Kommissionen auf das Wahlergebnis der Gemeinderatswahlen abgestellt. Das wäre bei einem Majorzverfahren nicht mehr möglich. Die Taktik der Parteien würde sich bei einem Wechsel zum Majorzverfahren ändern. Bisher mussten die Parteien entscheiden, ob und mit wem allenfalls Listenverbindungen oder gar gemeinsame Listen eingegangen werden. Im Majorzverfahren können zwar Kandidierende auf einer gemeinsamen Liste in Erscheinung treten, dies hat aber keinen (rechtlichen) Einfluss auf das Ergebnis. 3. Pensum der gemeinderätlichen Tätigkeit / Abgeltung a) Allgemeine Gedanken zum Milizsystem Die Diskussion, ob Gemeinderatsmitglieder im Milizamt (nebenamtlich) oder professionell (hauptamtlich) tätig sein sollen, wird in vielen grösseren Gemeinden in der ganzen Schweiz geführt. Ausser in grösseren Städten wird der Milizgedanke immer noch sehr hoch gehalten. Es wäre aber verfehlt, „milizmässige“ politische Arbeit mit vollständig „ehrenamtlich“ oder „laienhaft“ gleichzusetzen. Ausser in grösseren Städten herrscht praktisch überall die Meinung vor, der Gemeinderat als Kollegialbehörde müsse – abgesehen vom Präsidium – aus Personen bestehen, die im Alltag nicht nur der Politik nachgehen, sondern in der „Zivilgesellschaft“ auch noch eine andere (in der Regel entschädigte) Rolle wahrnehmen. Die Verankerung im beruflichen Alltag 27 soll die Tätigkeit in der Exekutive befruchten und die nötige „Bodenhaftung“ gewährleisten. Von den Gemeinderatsmitgliedern wird denn auch nicht primär Fachlichkeit erwartet, sondern die Fähigkeit, die von Fachleuten vorbereiteten Entscheide politisch zu bewerten und in der Diskussion die Lebenserfahrung und die vom zivilen Beruf mitgeprägte Werthaltung einzubringen. Dass die Entschädigung, die zum Teil ein erhebliches Ausmass annimmt, ohne weiteres Nebenerwerbscharakter annehmen kann, steht zum oben beschriebenen Milizverständnis nicht im Widerspruch. Im Übrigen darf der Aspekt der „Ehrenamtlichkeit“ nicht ganz von der Hand gewiesen werden. Dieser gesellschaftliche Anspruch an die politische Exekutive ist bei der Entschädigungsfrage ebenfalls zu berücksichtigen. So vermögen die Entschädigungen in aller Regel den effektiven Aufwand nicht abzudecken, was bedeutet, dass ein Teil der gemeinderätlichen Arbeit nach wie vor ehrenamtlich erbracht wird. b) Pauschale Abgeltung Heute werden die Gemeinderatsmitglieder wie folgt entschädigt: Fr. 18‘000 pro Jahr zuzüglich Sitzungsgeld (Fr. 200 bei Sitzungen über 6 Stunden, Fr. 100 bei Sitzungen über 3 Stunden und Fr. 50 für kürzere Sitzungen) Diese Entschädigungen werden bei einer Veränderung von 10 Indexpunkten der Teuerung angepasst (Basisindex 2005: 100 Punkte, Stand Oktober 2014: 103,3 Punkte) Stellt man die Entschädigung (ohne Sitzungsgelder) in die Gehaltsklasse 25/80 (Ansatz Gemeindepräsidium) ein, so ergibt sich ungefähr ein entschädigtes Pensum von 10%. Die effektiven Pensen der Gemeinderatsmitglieder dürften höher liegen, allerdings wird von Behördenmitgliedern immer auch ein Teil Ehrenamtlichkeit erwartet. Die Entschädigung der Gemeinderatsmitglieder in vergleichbaren Gemeinden stellt sich wie folgt dar: Der Vergleich erfolgt mit von der Grösse her mit 14 vergleichbaren Gemeinden (zwischen 9‘000 und 16‘000 Einwohnern). Praktisch alle Gemeinden bezahlen zusätzlich zur pauschalen Abgeltung Sitzungsgelder aus. Die Hälfte dieser Gemeinden richtet zusätzlich zur Abgeltung eine Spesenpauschale aus (wohl auch aus steuerlichen Gründen), diese Pauschale wird bei der Berechnung des Durchschnittswertes berücksichtigt. Durchschnittlich belaufen sich die Abgeltungen (mit Spesenpauschale, ohne Sitzungsgelder) in diesen Gemeinden auf. ca. Fr. 23.000 Die Abgeltung in der Gemeinde Belp (Fr. 18‘000) ist im Vergleich zu anderen - vergleichbaren – Gemeinden eher unterdurchschnittlich. Es stellt sich die Frage, ob im Sinne einer Motivation und zur Verbesserung der Rekrutierung von Behördenmitgliedern eine gewisse Erhöhung anzustreben sei. 28 Haltung Gemeinderat Der Gemeinderat vertritt die Auffassung, allen Gemeinderatsmitgliedern die gleiche Abgeltung zu gewähren. Dies unabhängig von der Belastung, die unterschiedlich sein kann. Erfahrungen in anderen Gemeinden haben gezeigt, dass unterschiedliche Abgeltungen zu Differenzen und Spannungen führen können, namentlich weil es sehr schwierig ist, die Unterschiede objektiv zu messen und der Unterschiedlichkeit mit sachlichen Argumenten Rechnung zu tragen. Eine massive Erhöhung der Abgeltung hält der Gemeinderat für falsch, namentlich wegen der stets angespannten Finanzlage der Gemeinde. Eine massvolle Erhöhung von ca. 10% auf pauschal Fr. 20‘000 pro Jahr und Mitglied erscheint dem Gemeinderat aber vertretbar. Es gilt zu berücksichtigen, dass die Aufgaben immer komplexer und die Belastung, die mit dem Amt verbunden ist, immer grösser wird. Bei einer entsprechenden Erhöhung würden sich die Mehraufwendungen jährlich auf. Fr. 12‘000.00 belaufen. c) Sitzungsgelder An sich wäre es wünschbar, die Departemente bezüglich der Arbeitsbelastung gleichmässig zu organisieren, was aber kaum möglich ist, weil sich immer Unterschiede (Kommissionssitzungen, etc.) ergeben. Die meisten Gemeinden sehen deshalb zusätzlich zur pauschalen Abgeltung noch Sitzungsgelder vor, damit der unterschiedlichen Belastung der einzelnen Ressorts entsprechend Rechnung getragen werden kann. Dies ist auch in Belp der Fall. Haltung Gemeinderat Um der unterschiedlichen Arbeitsbelastung besser Rechnung zu tragen, schlägt der Gemeinderat vor, die Sitzungsgelder – für den Gemeinderat und auch für die Kommissionen - wie folgt um je 50% zu erhöhen: Sitzungen bis zu 3 Stunden: von Fr. 50 auf Fr. 75 Sitzungen zwischen 3 bis 6 Stunden: von Fr. 100 auf Fr. 150 Sitzungen über 6 Stunden: von Fr. 200 auf Fr. 300 Bei einer entsprechenden Erhöhung würden sich die Mehraufwendungen jährlich auf ca. Fr. 60‘000.00 belaufen. d) Abgeltungsmodelle Verschiedene Gemeinden legen die Abgeltung fest, indem sie auf einen bestimmten prozentualen Anteil an einer bestimmten Gehaltsklasse (einschliesslich Gehaltsstufe) verweisen. Beispielsweise weist die Gemeinde Lyss dem Gemeindeparlament die Zuständigkeit zur Festlegung der Abgeltung zu. Haltung Gemeinderat Ein pauschaler Frankenbetrag hat den Vorteil der Transparenz und der Einfachheit, weshalb der Gemeinderat von einem anderen Abgeltungsmodell absehen will. 29 V. Gemeindepräsidium 1. Pensum a) Pensum Ist-Zustand Heute beläuft sich das entschädigte Pensum des Gemeindepräsidenten der EG Belp auf 50%. Eingestuft ist diese Funktion in der kantonalen Gehaltsklasse 25 in der höchsten Gehaltsstufe (80), was ein Jahresbruttogehalt von ca. Fr. 91‘000 ergibt. In vergleichbaren Gemeinden (z.B. Muri, Spiez, Worb, Münsingen, Zollikofen, Münchenbuchsee) verfügen die Gemeindepräsidien über ein entschädigtes Pensum von 100% und üben das Präsidium im Vollamt aus. Die Gemeinde Belp ist in dieser Hinsicht mit einem Halbamt ein Ausnahmefall. Das Halbamt zwingt zu Priorisierungen, gerade die Vertretung der Gemeinde gegen aussen kann nicht mit der Intensität erfolgen, wie dies bei einem Vollamtspräsidium möglich ist. Der amtierende Gemeindepräsident ist in der Regel am Nachmittag bei der Gemeindeverwaltung, steht aber telefonisch jederzeit zur Verfügung. In einigen Vergleichsgemeinden sitzt das Gemeindepräsidium im Grossen Rat des Kantons Bern, in der vorangehenden Legislaturperiode waren es noch mehr. Die Gemeinde muss in diesem Fall durch klare Vorgaben sicherstellen, dass das vollamtliche Gemeindepräsidium während der Arbeitszeit grundsätzlich verfügbar ist und seine volle Arbeitskraft in den Dienst der Gemeinde stellt. Auch wenn ein Mandat im Grossen Rat für die Gemeinde von Interesse ist, so muss doch gewährleistet sein, dass die Leistungen des Gemeindepräsidiums zu einem guten Teil unmittelbar der Gemeinde zu Gute kommen. b) Anforderungen der Zukunft In den letzten Jahren ist die „Politik“ anspruchsvoller geworden. Die Gesellschaft ist individueller, mobiler und auch selbstbewusster geworden, was für die Gemeinden eine erhebliche Herausforderung mit sich bringt. Politische Prozesse sind gegenüber früher viel komplexer und in zeitlicher Hinsicht auch länger geworden. Neben der Verwaltung ist jeweils auch die Politik gefordert, allen voran das Gemeindepräsidium. Zudem hat die kommunale „Aussenpolitik“ heute einen ganz anderen Stellenwert. Die horizontale und vertikale Vernetzung der Gemeinden hat in den letzten Jahren sehr stark zugenommen. Als offensichtliches (aber bei weitem nicht einziges) Beispiel kann die Regionalkonferenz genannt werden, in der das Gemeindepräsidium aufgrund des kantonalen Rechts zwingend Einsitz nehmen muss. Neben den horizontalen Verflechtungen nehmen grosse Gemeinden immer stärker Einfluss auf ihre vertikalen Verflechtungen, namentlich was das Verhältnis zum Kanton anbelangt. Weiter muss das Gemeindepräsidium einen guten Auftritt der Gemeinde in der Öffentlichkeit und in den Medien gewährleisten, weil das Präsidium schlechthin das Aushängeschild der Gemeinde ist. Oft läuft der erste Kontakt von Unternehmen oder auch von Exponenten aus der Bevölkerung über das Gemeindepräsidium, weshalb ein guter Auftritt von zentraler Bedeutung ist. 30 c) Vor- und Nachteile eines Vollamts Vorab wäre zu definieren, was unter einem Vollamt zu verstehen ist. Es ist naheliegend, damit einen „Beschäftigungsgrad“ von 100% zu verstehen, wie das die vergleichbaren Gemeinden tun. Es wäre auch denkbar, die Professionalisierung des Gemeindepräsidiums mit einem Beschäftigungsgrad von 80% vorzunehmen, wie dies die Gemeinde Köniz für das Präsidium wie auch für die Gemeinderatsmitglieder gemacht hat. Dieses Modell hat den Vorteil, dass die Erhöhung des Pensums etwas günstiger kommt und das Amt weiterhin eine zivilgesellschaftliche (Neben-) Beschäftigung zulässt. Allerdings hat sich gerade in Köniz gezeigt, dass die Regulierung der zulässigen Beschäftigung für die Gemeinderatsmitglieder mit sehr komplexen Fragen verbunden ist (http://www.koeniz.ch/documents/15331Nr4691390571773816.pdf). Bezüglich der Schaffung eines Vollamts lassen sich die folgenden Vor- und Nachteile aufführen: Vorteile eines Vollamtes Der Vorrang der Politik gegenüber der Verwaltung wird betont (der Chef ist immer präsent). Die wichtigen Projekte können vom vollamtlichen Gemeindepräsidium intensiver betreut werden. Die Gemeinde wird stärker in „externen“ Gremien repräsentiert. Das Gemeindepräsidium kann – quasi während der Arbeitszeit – im Grossen Rat Einsitz nehmen, was den Einfluss der Gemeinde gegenüber dem Kanton erhöht. Dir Rekrutierung eines Vollamts ist einfacher als die Rekrutierung eines Halbamts, weil beim Halbamt viele Berufsleute mehr oder weniger von einer Kandidatur ausgeschlossen werden. Nachteile eines Vollamtes Die „Milizkomponente“ des Gemeindepräsidiums geht verloren. Das Präsidium wird gegenüber den Milizgemeinderatsmitgliedern zu mächtig. Ein Vollamt ist doppelt so teuer wie ein Halbamt. Je nach Persönlichkeit des gewählten Gemeindepräsidiums nimmt dieses zu stark Einfluss auf den operativen Verwaltungsalltag. Haltung Gemeinderat Der Gemeinderat spricht sich für eine Erhöhung des Pensums des Gemeindepräsidiums auf 80% aus und begründet seine Haltung wie folgt: Es ist eine Tatsache, dass die Belastung für das Gemeindepräsidium in den letzten Jahren massiv zugenommen hat, vor allem auch die Pflege der Aussenbeziehungen. Bei einem 50%-Amt ist das Gemeindepräsidium darauf angewiesen, neben der Arbeit für die Gemeinden einem anderen Beruf nachzugehen, was die Verfügbarkeit für die Gemeinde (zu) stark einschränkt. Bei einem 100%-Amt stellt sich sofort die Frage, was im Rahmen dieser Beschäftigung an „Nebenämtern“ möglich ist (Mitgliedschaft im Grossen Rat, etc.). Deshalb schlägt der Gemeinderat die Schaffung einer 80%-Stelle vor. Im Rahmen dieser „Professionalisierung“ könnte als Vorgabe verlangt werden, dass Gemeindepräsidium müsse mindestens zu 50% auf der Verwaltung verfügbar sein und könne bis zu maximal 30% die Aussenbeziehungen pflegen. 31 Die restlichen 20% könnte das gewählte Gemeindepräsidium für weitere Mandate einsetzen, welche aus eigenem Antrieb und nicht im Auftrag der Gemeinde übernommen würden Dem Gemeindepräsidium bzw. seinem Departement könnten weitere Aufgaben zugewiesen werden, was andere, stark belastete Departemente entlasten würde. Bei einer Erhöhung des Pensums auf 80% würden sich die Mehraufwendungen (Gehalt, Gehaltsnebenkosten) jährlich auf ca. Fr. 70‘000.00 belaufen. 2. „Fallschirm“ bei Nichtwiederwahl a) Warum ein Fallschirm? Ein „Fallschirm“ bedeutet, dass bei einer Nichtwiederwahl das wirtschaftliche Risiko für das ausscheidende Gemeindepräsidium gemildert wird. Letztlich steht es der Gemeinde bzw. der Politik frei zu entscheiden, ob und in welchem Ausmass solche Risiken überhaupt gemildert werden sollen. Wie der Aufstellung der „Fallschirmlösungen“ vergleichbarer Gemeinden entnommen werden kann, gewähren alle Gemeinden mit einem vollamtlichen Gemeindepräsidium einen “Fallschirm“. Damit soll die Stelle attraktiv ausgestaltet werden, damit sich möglichst viele Personen finden, die sich einer Wahl stellen. Gerade in jüngster Zeit ist ein älterer Gemeindepräsident im Vollamt nicht wiedergewählt worden, die Zeitungen haben darüber berichtet. In diesem Fall trägt die Fallschirmlösung zur wirtschaftlichen Sicherheit bei, auch wenn damit nicht der ganze Ausfall kompensiert wird. b) Lösungsansätze Wie der Zusammenstellung im Anhang entnommen werden kann, sind die Lösungsansätze vielfältig. Voraussetzung für eine Entschädigung bei Rücktritt und vor allem bei Nichtwiederwahl ist regelmässig ein bestimmtes Alter und eine oder mehrere absolvierte Amtsdauern. Zur Anwendung gelangen einerseits einmalige Abgangsentschädigungen, beim Ausscheiden älterer Gemeindepräsidien gewähren die Gemeinden oft eine Rente (bis zum Erreichen des Pensionierungsalters). Die finanziellen Risiken für die Gemeinden sind auch bei Einführung einer Fallschirmlösung beschränkt, weil die Voraussetzungen für den Bezug von Leistungen relativ streng und entsprechende Vorfälle eher selten sind. Haltung Gemeinderat Um das Amt des Gemeindepräsidiums attraktiv auszugestalten, braucht es nach Auffassung des Gemeinderats eine Fallschirmregelung. Allerdings soll sich eine solche Regelung auf ein minimales „Abfedern“ beschränken. Allzu grosszügige Lösungen würden in der Bevölkerung kaum verstanden. Es wäre ein Modell vorstellbar, wonach die Gemeinde lediglich die Differenz zwischen der Arbeitslosenentschädigung und der vollen Besoldung ausrichten würde, dies zeitlich beschränkt auf die Dauer der von der Arbeitslosenversicherung geleisteten Beiträge. Hier könnte aber kaum zum Voraus abgeschätzt werden, ob, in welchem Ausmass und wie lange Arbeitslosengeld bezogen würde. Deshalb kann sich der Gemeinderat die folgende Lösung vorstellen: Rücktritt: Keine Entschädigung Nichtwiederwahl unter 50 Jahren: Keine Entschädigung 32 Einmalentschädigung (keine Rente) als %-Satz der letzten Jahresentschädigung Bei einer Amtsdauer von 0 – 3 Jahren: 50% Bei einer Amtsdauer von 4 – 7 Jahren: 75 % Bei einer Amtsdauer von 8 und mehr Jahren: 100% VI. Amtszeitbeschränkung Präsidium Es stellt sich die Frage, ob bei einer Erhöhung der Tätigkeit des Gemeindepräsidium auf 80% die Amtszeitbeschränkung noch Sinn macht. Haltung Gemeinderat Der Gemeinderat diskutiert diese Frage kontrovers. Einerseits erscheinen drei Amtsdauern nach wie vor als lang, andererseits wäre bei einem Hauptamt ein Ende von Gesetzes wegen nach drei Amtsdauern sehr streng, besonders dann, wenn das professionell tätige Gemeindepräsidium gut unterwegs ist, über eine grosse Erfahrung verfügt und in der Bevölkerung verankert ist. Der Gemeinderat schlägt nach geführter Diskussion mit Mehrheitsentscheid vor, bei einer Erhöhung des Pensums auf 80 von der Amtszeitbeschränkung für das Gemeindepräsidium abzusehen. Sollte das Pensum hingen auf 50% belassen werde, soll auch für das Gemeindepräsidium an der Amtszeitbeschränkung festgehalten werden. VII. Kommissionen 1. Bestand Die Gemeinde Belp sieht in ihren organisationsrechtlichen Grundlagen die folgenden ständigen Kommissionen vor: Kommission Geschäftsprüfungskommission Baukommission Bildungskommission Mitgliederzahl 9 9, Präsidium GR-Mitglied 11, Präsidium GR-Mitglied Präsidialkommission 9, Präsidium durch GP Planungs- und Umweltkommission 9, Präsidium durch GR-Mitglied Finanzkommission 9, Präsidium durch GR-Mitglied Kultur-, Freizeit- und Sportkommission 9, Präsidium durch GR-Mitglied Regionale Sozialkommission Jede Gemeinde 1 Sitz GR-Mitglied von Amtes wegen 9, Präsidium durch GR-Mitglied Sozialkommission Wahlverfahren 9 Urne Proproz 8 Urne Proporz 8 Urne Proporz 1 Vertragsgemeinden 1 Elternrat 8 durch GR, Proporzschlüssel 8 durch GR, Proporzschlüssel 8 durch GR, Proporzschlüssel 8, Präsidium durch GR-Mitglied GR wählt ein Mitglied 8 Urne Proporz Bezüglich des Bestandes erscheinen die Kommissionen grundsätzlich sinnvoll. Lässt man die regionale Sozialkommission, die eine Organisation der interkommunalen Zusammenarbeit darstellt, ausser Betracht, fällt auf jedes Departement eine Kom- 33 mission, die durch das Departement präsidiert wird. Diese Lösung ist klar und überzeugend. Allerdings ist nicht zu verkennen, dass bei der Bildung die Zuständigkeiten der Kommission im operativen Bereich stark reduziert worden sind, gleiches gilt auch für die Sozialkommission. Es wird zu entscheiden sein, ob der Bestand der Kommissionen erhalten oder verändert werden soll. Hier zeigt sich auch der Zusammenhang zwischen den Aufgaben des Departements und der Kommissionen: Sollten Kommissionen zusammengelegt werden, hätte dies wohl auch auf die Organisation der Departemente Auswirkungen. Sollte der Gemeinderat auf fünf Mitglieder reduziert werden, wäre auch der Bestand der Kommissionen zu überprüfen, mit dem Ziel, pro Departement eine Kommission vorzusehen. Haltung Gemeinderat Dem Gemeinderat ist bewusst, dass sich die Aufgaben gewisser Kommissionen stark verändert haben. Aus einer rein betriebswirtschaftlichen Optik heraus wäre es sicher vertretbar, die Anzahl der Kommissionen zu reduzieren. Es gilt aber zu bedenken, dass die Kommissionen ein wichtiges Bindeglied zwischen der Bevölkerung und der Verwaltung darstellen und den Gemeinderat von zahlreichen (eher operativen) Geschäften entlasten und wichtige Vorarbeit leisten. Nach einlässlicher Diskussion gelangt der Gemeinderat zum Schluss, den Bestand der Kommissionen so zu belassen, wie er sich heute darstellt. Die Präsidialkommission wird umbenannt zu Sicherheitskommission. 2. Mitgliederzahl Heute bestehen die Kommissionen der Gemeinde Belp in der Regel aus neun Mitgliedern. Grosse Kommissionen haben den Vorteil, dass eine breitere gesellschaftspolitische Abstützung gewährleistet werden kann. Da es bereits heute nicht ganz einfach ist, die erforderlichen Kommissionsmitglieder zu rekrutieren, ist allenfalls eine Reduktion der Mitgliederzahl auf sieben Mitglieder in Betracht zu ziehen. Haltung Gemeinderat Dem Gemeinderat ist es bewusst, dass bei neunköpfigen Kommissionen die kleinen Parteien besser vertreten sind. Er gelangt trotzdem zum Schluss, dass eine Verkleinerung auf sieben Mitglieder Sinn machen würde. Es wird für die Parteien immer anspruchsvoller, gute Kommissionsmitglieder zu rekrutieren. Bei der Bildungskommission soll die Vertretung des Elternrats aufgehoben werden, die Eltern sind ja pro Schulhaus sehr gut organisiert und können dort Einfluss nehmen. Die Frage nach der Vertretung der Vertragsgemeinden muss der Gemeinderat mit den betroffenen Gemeinden angehen. 3. Wahlverfahren Die Geschäftsprüfungskommission, die Baukommission, die Bildungskommission und die Sozialkommission werden heute an der Urne im Proportionalwahlverfahren gewählt. Da die Geschäftsprüfungskommission gegenüber dem Gemeinderat und der Verwaltung Aufsichtsfunktionen wahrnimmt, kommt nur eine Wahl durch die Stimmberechtigten in Frage, weshalb sich bezüglich deren Wahlverfahren keine Änderung aufdrängt. Bei den anderen drei an der Urne gewählten Kommissionen stellt sich die Frage, ob am aufwändigen Urnenwahlverfahren festgehalten werden soll. 34 Ein wichtiger Grund für die Urnenwahl stellt die damit verbundene hohe Legitimation dar. Allerdings wird es für die Parteien immer schwieriger, die entsprechenden Listen für die Proporzwahlen mit geeigneten Kandidierenden zu füllen. Es stellt sich deshalb die Frage, ob die Zuständigkeit zur Wahl auch für diese Kommissionen dem Gemeinderat zuzuweisen sei. Selbstverständlich wäre der Gemeinderat auch bei diesen Wahlen angehalten, die parteipolitische Zusammensetzung (neu wohl des Gemeinderates) bei der Wahl der Kommissionen zu berücksichtigen und die Wahl auf Antrag der Parteien vorzunehmen. Bei einer Reduktion der Mitgliederzahlen der Kommissionen könnte im Interesse der kleineren Parteien eine Lösung getroffen werden, nach welcher das Total der politisch zu wählenden Kommissionssitze für die Verteilung auf die Parteien massgeblich wäre. Verschiedene Gemeinden (mit Parlament) kennen solche Lösungen. In aller Regel einigen sich die Parteien auf die Verteilung der ihnen zustehenden Sitze, im Konfliktfall könnte der Gemeinderat ein Machtwort sprechen. Haltung Gemeinderat Abgesehen von der GPK, die weiterhin im Proporzverfahren zu wählen sein wird, sollte die Wahl der Kommissionen ausschliesslich durch den Gemeinderat erfolgen, der bei den politisch zusammengesetzten Kommissionen die Sitzverteilung aufgrund der Wahlergebnisse des Gemeinderats vornehmen würde. Um trotz einer Verkleinerung der Kommissionen den kleineren Parteien eine angemessene Zahl der Sitze zuzuweisen, wäre eine Lösung anzustreben, wonach das Total der politisch zu besetzenden Kommissionssitze zusammengezählt und dann im Total auf die Parteien verteilt würde (im Verhältnis zu den erzielten Parteistimmen). In einigen Gemeinden treffen sich dann die Parteienvertretungen und einigen sich auf eine „gerechte“ Verteilung, im Streitfall würde der Gemeinderat entscheiden. In aller Regel ist aber ein gemeinderätlicher Entscheid nicht erforderlich, da die Parteien sich finden. Ein Zahlenbeispiel aufgrund der Ergebnisse der letzten Gemeinderatswahlen 2012: Total Kommissionssitze neu (7 Kommissionen à 6 Sitze) 42 Verteilung auf die Parteien gemäss Proporz Gemeinderat. BDP 15.30 % 7 Sitze EDU 10.63 % 4 Sitze EVP 05.65 % 2 Sitze FDP 08.56 % 4 Sitze GFL 05.09 % 2 Sitze GLP 05.27 % 2 Sitze SP 21.99 % 9 Sitze SVP 27.51 % 12 Sitze 4. Zuständigkeiten Sobald die Grundsatzentscheide bezüglich dem Bestand, der Mitgliederzahl und des Wahlverfahrens der Parteien gefällt sein wird, müssen im Rahmen der Umsetzung die Zuständigkeiten der Kommissionen hinterfragt werden. Es wäre aber wohl zu früh, bereits in der Phase der Grundsatzfragen die Zuständigkeiten der Kommissionen im Detail zu hinterfragen. 35 Haltung Gemeinderat Grundsätzlich sind die Zuständigkeiten der Kommissionen richtig. Es wird im Rahmend der Umsetzung zu entscheiden sein, ob Anpassungen einzelner Zuständigkeiten erforderlich sind. VIII. Verwaltungsorganisation Die Verwaltungsorganisation richtet sich grundsätzlich nach der politischen Struktur der Gemeinde. Es wäre falsch, zuerst die Verwaltungsorganisation festzulegen, damit sich die politische Struktur danach zu richten hätte. Auch hier gilt der Grundsatz des politischen Primats. Sollten weitreichende Reformen der politischen Struktur beschlossen werden (Einführung Gemeindeparlament, Reduktion Mitgliederzahl Gemeinderat) könnte sich die Verwaltungsorganisation ebenfalls grundlegend verändern. Wird hingegen im Grossen und Ganzen an der heutigen politischen Struktur festgehalten, dürfte sich zumindest die Schnittstelle zwischen Politik und Verwaltung nicht allzu gross verändern. Da bereits heute die Abteilungsleitenden vom Gemeindepräsidium in der Linie geführt werden, würde dies auch bei einer Umwandlung des Gemeindepräsidiums in ein Vollamt wohl so bleiben. IX. Weiteres Vorgehen Das weitere Vorgehen stellt sich nach heutigem Kenntnisstand wie folgt dar: Phase 2 Gemeinderat, Beschluss Bericht Informationsveranstaltung Parteien Bericht auf Homepage Gemeinde Vernehmlassung / Parteiensprechstunden Auswertung Vernehmlassung Anpassungen Bericht, Verabschiedung durch Ratsbüro Gemeinderat, definitiver Beschluss Bericht Beschluss, ob der Gemeindeversammlung Grundsatzfragen zu unterbreiten sind Falls GV, GPK, Publikation Traktandum Gemeindeversammlung, Grundsatzfragen Anschliessend: Umsetzungsplanung im Detail 18.12.14 13.1.15 Ende Februar 15 bis Mitte März 15 bis Mitte April 15 7. Mai 15 bis Ende Juni 15 3. 9.15 Phase 3 Änderungen Rechtsgrundlagen (GO, RAW, VVO) Skizze Verwaltungsreorganisation GR –Entscheid Rechtsgrundlagen Beschluss Skizze Verwaltungsorganisation Info Parteien Vernehmlassung / Parteiensprechstunden Auswertung Anpassungen, Redaktion Botschaft GPK, Verabschiedung durch GR Antrag an Gemeindeversammlung Gemeindeversammlung Umsetzung Verwaltungsreorganisation Gemeindewahlen Neue Strukturen Politik und Verwaltung Bericht zh Vernehmlassung, 12.1.15 September – Oktober 15 Anfang November 15 Mitte November 15 bis Mitte Januar 16 Februar 16 März 16 April / Mai 16 bis Ende 16 November 16 1.1.2017