LIEBE SCHÜLERIN, LIEBER SCHÜLER! Wir freuen uns, dass Sie den Unternehmerführerschein absolvieren wollen. In diesem Kapitel werden Sie Interessantes und Wissenswertes über das Bruttoinlandsprodukt, Wirtschaftswachstum, Konjunktur und Konjunkturpolitik erfahren. Nach diesem Kapitel wissen Sie • was man unter dem Bruttoinlandsprodukt versteht. • welche Bedeutung das BIP als Gradmesser für die wirtschaftliche Leistung eines Landes hat. • dass die Wirtschaft nicht gleichmäßig wächst. • welchen Beitrag die einzelnen Wirtschaftssektoren zum BIP leisten. • wofür das BIP verwendet wird. • was das Volkseinkommen ist und wie es sich verteilt, • was man unter Konjunktur versteht. • welche Möglichkeiten der Staat hat, den Konjunkturverlauf zu beeinflussen. Nach diesem Kapitel können Sie • erklären, was man unter Wertschöpfung versteht. • den Unterschied zwischen nominalen und realen Größen erklären. • erklären, was man unter Wirtschaftswachstum versteht und welche Bedeutung es für ein Land hat. • die typischen Phasen eines Konjunkturzyklus und ihre Merkmale nennen. • erklären, welche Bedeutung Investitionen und Produktivitätssteigerungen für das Wirtschaftswachstum haben. Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 1 INHALTSVERZEICHNIS 1. VOLKSWIRTSCHAFTLICHE GESAMTRECHNUNG 1.2 Bruttoinlandsprodukt (BIP) 1.2.1 Wertschöpfung 1.2.2 Was ist nicht im BIP? 1.2.3 BIP pro Kopf 1.2.4 BIP als Wohlstandsmaß 1.2.5 Bruttonationaleinkommen (BNE) 1.3 Nominelles und reales Bruttoinlandsprodukt 1.4 Entstehung, Verwendung und Verteilung des BIP 1.5 Wirtschaftswachstum 1.5.1 Investitionen 1.5.2 Produktivität 1.5.3 Innovationen 1.6 Konjunktur – das Auf und Ab der Wirtschaft 1.6.1 Wie kommt es zu Konjunkturschwankungen? 1.6.2 Saisonale Schwankungen 1.6.3 Konjunkturindikatoren 1.7 Konjunkturpolitik 1.7.1 Antizyklische Wirtschaftspolitik 1.7.2 Geld- und Fiskalpolitik 1.7.3 Angebotsorientierte Wirtschaftspolitik 1.8 Arbeitsblätter 1.9 Lernkontrolle 4 4 4 5 6 6 7 7 8 9 9 10 10 11 11 12 12 13 13 14 15 16 21 2. GELD UND GELDWERT – WELCHEN WERT HAT DER EURO? 2.1 Funktionen des Geldes 2.2 Arten von Geld 2.3 Der Kreislauf des Bargeldes 2.4 Geldmenge 2.5 Der Wert des Geldes 2.7 Europäische Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU) 2.8 Geldpolitik des Eurosystems 2.9 Zusammenfassung: Glossar 2.10 Arbeitsblätter 2.11 Lernkontrolle 22 22 22 23 23 23 28 28 30 31 36 3. BUDGET UND STAATSHAUSHALT WIE WIRTSCHAFTET EIN STAAT? 3.1 Einleitung 3.2 Die Einnahmen des Staates 3.2.1 Steuern 3.2.2 Direkte und indirekte Steuern 3.2.3 Einkommenssteuer 3.2.4 Körperschafts- und Kapitalertragssteuer 3.2.5 Mehrwertsteuer (Umsatzsteuer) 3.2.6 Sonstige Einnahmen des Staates 3.3 Finanzausgleich 3.4 Abgabenquote 3.5 Die Aufgaben des Staates 3.5.1 Allokationsfunktion 38 38 38 38 38 39 40 41 41 41 41 42 42 42 Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 2 3.5.2 Verteilungsfunktion 3.5.3 Stabilisierungsfunktion 3.5.4 Staatsausgaben nach ökonomischen Gesichtspunkten 3.5.5 Einkommensumverteilung 3.5.6 Funktionale Gliederung der Staatsausgaben 3.6 Das Budget 3.6.1 Budgetdefizit 3.6.2 Staatsverschuldung 3.6.3 Budget und EU-Konvergenzkriterien 3.7. Arbeitsblätter 3.8 Lernkontrolle 42 42 43 43 44 44 44 45 46 47 52 4. WIRTSCHAFTSWELT - WELTWIRTSCHAFT 4.1. Außenhandel 4.2. Zahlungs- und Leistungsbilanz 4.3. Österreichischer Außenhandel 4.4. Außenhandel der Europäischen Union 4.5. Welthandel 4.7. Handelshemmnisse 4.8. Globalisierung 4.9 Arbeitsblätter 4.10 Lernkontrolle 53 53 53 54 56 56 57 58 59 64 5 IM ZENTRUM EUROPAS – NEUE HERAUSFORDERUNGEN FÜR ÖSTERREICH 5.1 EU-Vertiefung 5.1.1 Die Ausgangssituation 5.1.2 Die Geschichte der EU beginnt in den 50er-Jahren mit der Unterzeichnung der Gründungsverträge (EGKS, EuGH) und der Verträge von Rom (EWG, Euratom) 5.1.5 Die 80er-Jahre: Die Einheitliche Europäische Akte wird verabschiedet -> Binnenmarkt 5.1.6 Die 90er-Jahre: Maastrichter Vertrag, EWR, Beginn der 5.1.7 Beginn des 21. Jh.: Vertrag von Nizza, Charta der 5.2 EU-Erweiterung 5.3 Zusammenfassung 5.4 Arbeitsblätter 5.5 Lernkontrolle 66 66 66 66 66 66 66 Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B 68 68 69 71 73 75 79 Seite 3 1. Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung Wie gut geht es unserer Wirtschaft? 1.2 Bruttoinlandsprodukt (BIP) Das BIP ist die maßgebliche Kennzahl zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit und des Wohlstandes einer Volkswirtschaft. Auf das BIP beziehen sich auch viele Kriterien für die Teilnahme an der Euro-Währung, wie zB die maximal zulässige Neuverschuldung, die ein Land pro Jahr eingehen darf (3 % des BIP), oder die maximale Verschuldung, die ein Land haben darf (60 % des BIP). Viele Kennzahlen, wie die Produktivität einer Wirtschaft, ihre Investitionstätigkeit oder die Exportintensität, nehmen ebenfalls Bezug auf das BIP. Unter dem Bruttoinlandsprodukt (BIP) versteht man den Wert aller Endprodukte und Dienstleistungen, die in einem Land in einer bestimmten Periode hergestellt werden. Das BIP erhalten wir also, wenn wir alle Produkte, die in einem Land hergestellt wurden, addieren. Aber wie addiert man so unterschiedliche Produkte wie Bohrinseln und CDs, Haarschnitte und Taxifahrten, Automobile und Medikamente, Theatervorstellungen und Flugreisen? Ganz einfach: Alle diese Produkte haben eines gemeinsam, und das ist der Marktpreis. Um all diese unterschiedlichen Produkte zusammenzuzählen, wird jedes Einzelne mit seinem Marktpreis bewertet. Und die Marktpreise aller Produkte kann man addieren, die Summe ist das BIP. Na ja, ganz so einfach ist es in Wirklichkeit nicht. Denn es stimmt nicht, dass alle Produkte und Dienstleistungen einen Marktpreis haben. Was ist zum Beispiel mit den unentgeltlichen Leistungen, die der Staat zur Verfügung stellt, zB die Leistung von Polizisten oder Lehrern? Da es für diese Leistungen keinen Marktpreis gibt, werden sie mit ihren Kosten (also dem Gehalt des Lehrers oder Polizisten) bewertet. In das BIP werden nur Güter eingerechnet, die in der laufenden Periode hergestellt wurden. Bereits existierende Güter werden nicht berücksichtigt. Der Bau eines Hauses zählt zum BIP, der Handel mit bestehenden Häusern nicht. Eine eventuelle Gebühr für den Immobilienmakler gehört aber ins BIP, weil seine Leistung in der laufenden Periode erbracht wird. 1.2.1 Wertschöpfung Da die meisten Produktionsprozesse mehrstufig verlaufen, dürfen in das BIP nur Endprodukte eingehen (Endprodukte sind solche Produkte, die nicht mehr weiter verarbeitet werden). Ansonsten kommt es zu Mehrfachzählungen. Um das zu verstehen, schauen wir uns ein einfaches Beispiel an: Ein Hersteller von Computern kauft bei einem Lieferanten Computerchips. Aus diesem (und anderen Teilen) baut er einen Computer zusammen und verkauft ihn. Der Computerhersteller hat den Chip also nicht selbst produziert. Seine Leistung besteht darin, dass er aus den zugekauften Teilen ein neues Produkt herstellt. Er fügt den zugekauften Teilen einen zusätzlichen Wert hinzu. Produkte, die von anderen Unternehmen zugekauft und weiterverarbeitet werden, nennt man Vorleistungen. Dazu zählen Rohstoffe, Vorprodukte, Handelswaren und Reparaturleistungen. Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 4 In das BIP soll jetzt neben dem Preis des Endproduktes Computer nicht auch noch der Preis der Vorleistung Chip eingehen, weil der ja schon im Wert des Computers steckt. Würden wir den Chip auch noch dazuzählen, würde er doppelt ins BIP eingehen. Wenn wir uns also dafür interessieren, welche Werte in einer Volkswirtschaft geschaffen werden, müssen solche Doppel- und Mehrfachzählungen natürlich vermieden werden, weil ansonsten der Wert der geschaffenen Produkte weit überschätzt wird. In der Praxis vermeidet man Doppelzählungen, indem man mit der so genannten Wertschöpfung arbeitet. Wertschöpfung ist der Mehrwert, den ein Unternehmen im Produktionsprozess schafft. Die Wertschöpfung errechnet sich als Verkaufserlös minus Vorleistungen. Auf jeder Produktionsstufe wird nur die jeweilige Wertschöpfung zum BIP gerechnet. Schauen wir uns das am Beispiel eines vierstufigen Produktionsprozesses an: Verkauft ein Bauer Weizen um 100 €, beträgt seine Wertschöpfung 100 €. Kauft ein Müller den Weizen und macht daraus Mehl, das er um 150 € an einen Bäcker verkauft, so beträgt seine Wertschöpfung 50 € (150 –100 an Vorleistungen). Der Bäcker verarbeitet den Weizen zu Brot und verkauft dieses für 200 € an einen Supermarkt. Seine Wertschöpfung beträgt ebenfalls 50 €. Und der Supermarkt verkauft das Brot an den Endverbraucher für 230 € und erwirtschaftet so eine Wertschöpfung von 30 €. Wenn man die Wertschöpfung aller vier Produktionsstufen (Bauer, Müller, Bäcker, Supermarkt) zusammenzählt, ergibt das 100 + 50 + 50 + 30 = 230 € und das entspricht genau dem Wert des Brotes, das an den Endverbraucher verkauft wurde. Die Vorleistungen Weizen, Mehl und Brot gehen nicht ins BIP ein, sie stecken im Wert des Endproduktes. (In diesem Beispiel gehen wir davon aus, dass der Bauer keine Vorleistungen einsetzt, was natürlich unrealistisch ist. Es gibt praktisch keine Güter, aber auch Dienstleistungen, die ohne Vorleistungen erstellt werden.) Grafisch lässt sich das so zeigen: Die Summe aller Wertschöpfungen einer Volkswirtschaft ergibt das BIP. 1.2.2 Was ist nicht im BIP? Allerdings misst das BIP nicht alle in einem Land erbrachten Leistungen. Große Teile werden nicht erfasst, obwohl sie einen durchaus erheblichen Teil der Wertschöpfung eines Landes ausmachen. Dazu zählen • alle Tätigkeiten im Haushalt: Das selbst gekochte Essen: die nötigen Zutaten werden konsumiert werden; die Wertschöpfung der Hausfrau oder des Hausmannes werden nicht berücksichtigt; • die ganze Do-it-yourself-Bewegung: Bau des eigenen Hauses: nur der Einkauf der benötigten Materialien; • die ganze Schattenwirtschaft: Alle Leistungen, die am Staat vorbei steuerfrei Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 5 erbracht werden, wie zB unversteuerter Nachhilfeunterricht, die illegale Beschäftigung von Arbeitskräften, nicht gemeldete Untermieter oder schwarz arbeitende Haushaltshilfen, zählen auch nicht zum BIP, obwohl ihr Umfang auf mehr als 10 % des BIP geschätzt wird. 1.2.3 BIP pro Kopf Was ist, wenn das reale BIP steigt, gleichzeitig aber auch die Bevölkerung wächst? Was bleibt für den Einzelnen übrig? Das ist zB ein Problem in vielen Entwicklungsländern, wo das reale BIP zwar wächst, die Bevölkerung aber noch schneller zunimmt. Und wenn man den materiellen Wohlstand zweier Länder miteinander vergleichen will, ist das absolute BIP auch wenig geeignet. Natürlich hat zB Deutschland ein zehnmal höheres BIP als Österreich, aber man kann nicht sagen, dass die Deutschen zehnmal reicher sind – Deutschland hat ja auch zehnmal so viele Einwohner. Für wirklich aussagekräftige Vergleiche bezieht man das BIP daher auf die Bevölkerungszahl, das Ganze nennt man dann BIP pro Kopf. Die folgende Tabelle zeigt das BIP/Kopf für einige Länder für das Jahr 2002: In der obigen Tabelle ist das österreichische BIP/Kopf mit 100 angenommen. Die 172,2 von Luxemburg bedeuten, dass das luxemburgische BIP/Kopf um 72,2 % höher ist als das österreichische. Beim BIP/Kopf darf man aber nicht vergessen, dass es sich um eine Durchschnittsrechnung handelt. Über die tatsächliche Verteilung des Wohlstandes sagt das nichts aus, zB ob es in einem Land wenige sehr Reiche und viele Arme gibt, wie zB in Brasilien, oder ob das Einkommen gleichmäßiger verteilt ist, wie in Österr. 1.2.4 BIP als Wohlstandsmaß BIP ist immer noch wichtigster Maßstab für den Wohlstand eines Landes: Hohes BIP, hoher Wohlstand, niedriges BIP, niedriger Wohlstand = Formel Kritik: Das BIP zählt nur die Wirtschaftsaktivitäten zusammen und bewertet sie. Ob die jeweilige Aktivität wohlstandssteigernd ist, wie zB eine innovative Erfindung zur Müllvermeidung, oder ob die Aktivität durch sinnlose Verschwendung von Rohstoffen zukünftigen Generationen das Leben schwermacht, wird im BIP nicht berücksichtigt. Aktivitäten, die die Bewohner eines Landes krank machen, die Luft verpesten und die Gewässer verseuchen, können durchaus zu einer Erhöhung des BIP führen. Es ist aber fraglich, ob das als Wohlstand empfunden wird. Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 6 Auch die Beseitigung von Umweltschäden, die Entsorgung von Sondermüll, die Rehabilitation von Unfallopfern, steigende Rüstungsausgaben wegen kriegerischer Auseinandersetzungen, steigender Alkohol- und Tabakkonsum oder mehr Verkehrstote erhöhen das BIP und senken den Wohlstand. Allerdings dürfen wir bei aller berechtigten Kritik am BIP als Wohlstandsmaß nicht übersehen, dass ein oft sehr enger Zusammenhang besteht zwischen dem BIP und verschiedenen Kennzahlen, die typischerweise als Wohlstandsindikatoren gelten. 1.2.5 Bruttonationaleinkommen (BNE) Bruttonationaleinkommen, Bruttosozialprodukt und Bruttonationalprodukt. Das sind drei Namen für ein und dieselbe Sache, wobei Bruttosozialprodukt und Bruttonationalprodukt veraltet sind. Im Prinzip sind sie das Gleiche wie das BIP aber es gibt aber einen kleinen Unterschied: Das BIP erfasst alle Leistungen, die im Inland erwirtschaftet werden. Darum heißt es ja auch so. Und dabei ist es egal, ob die Leistung von Inländern oder von Ausländern erbracht wird (Inlandskonzept). Das Bruttonationaleinkommen erfasst dagegen die Leistung von Inländern, egal, ob diese im Inland oder im Ausland erbracht wird (Inländerkonzept). Um vom BIP zum BNE zu kommen, rechnet man einfach die Einkommen der Ausländer im Inland weg und die Einkommen der Inländer im Ausland dazu. 1.3 Nominelles und reales Bruttoinlandsprodukt Das BIP besteht also aus zwei Komponenten, einer Mengenkomponente („alle Produkte und Dienstleistungen“) und einer Preiskomponente („bewertet zu Marktpreisen“). Das BIP steigt, wenn entweder mehr produziert wird oder wenn die Preise (gemeint sind die Durchschnittspreise aller Güter) für die Produkte und Dienstleistungen steigen, oder wenn beides zutrifft. Man unterscheidet daher zwischen nominellem und realem Bruttoinlandsprodukt. Beim realen BIP wird die Preiskomponente also konstant gehalten, es wird die reine Produktionssteigerung gemessen. Daher ist das reale BIP das korrekte Maß für die wirtschaftliche Leistung eines Landes. Die folgende Abbildung zeigt das Wachstum des realen und des nominellen BIP von 1989 – 2001. Das nominelle BIP ist immer stärker gestiegen als das reale. Das liegt daran, dass in diesen Jahren das Preisniveau ständig gestiegen ist – allerdings unterschiedlich stark. Ab 1996/97 nähern sich die beiden BIP wegen der ab diesen Jahren deutlich niedrigeren Preissteigerungsraten einander an. Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 7 Die Grafik zeigt auch, dass man mit Zahlen über nominelles und reales Wachstum vorsichtig sein muss: Vergleichen wir einmal die Werte der Jahre 1993 und 1999. Die nominellen Werte betrugen 1993 und 1999 jeweils 3,4 %. 1993 war dieses Wachstum jedoch fast ausschließlich auf Preissteigerungen zurückzuführen. Das reale Wachstum betrug nur 0,4 %. 1999 hingegen war das Wachstum vor allem auf einen Anstieg der Produktionsleistung zurückzuführen, das reale BIP stieg um 2,7 %. 1.4 Entstehung, Verwendung und Verteilung des BIP In der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung gibt es drei Rechnungen zum BIP, die interessante Informationen zur wirtschaftlichen Struktur liefern: Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 8 1.5 Wirtschaftswachstum Unter Wirtschaftswachstum versteht man eine Erhöhung des realen BIP. Von einer wachsenden Wirtschaft wird also dann gesprochen, wenn in einem Jahr mehr Güter hergestellt werden als im Jahr zuvor. Die folgende Abbildung zeigt das Wachstum des realen BIP von 1988 – 2001. Man erkennt, dass die Wirtschaft in diesem Zeitraum immer gewachsen ist. Tatsächlich ist das reale BIP in den Jahren seit dem Zweiten Weltkrieg immer gestiegen, mit Ausnahme von 1975 und 1981. Warum ist das so? Welche Faktoren führen dazu, dass die Wirtschaft eines Landes wächst? 1.5.1 Investitionen Unter Investitionen versteht man den Kauf von Produktionsmitteln wie Maschinen, Gebäuden, Fahrzeugen u.Ä. 1. Ersatzinvestitionen: um im Produktionsprozess verbrauchten Anlagen (Maschinen, Gebäude, Fahrzeuge u.Ä.) zu ersetzen. Es werden aber keine zusätzlichen Kapazitäten geschaffen. Wenn ein Speditionsunternehmen einen alten LKW durch einen neuen ersetzt, dann spricht man von einer Ersatzinvestition. 2. Erweiterungsinvestitionen: dadurch werden die bestehenden Kapazitäten erhöht. Wenn die Spedition zusätzlich zu ihrem alten LKW einen neuen anschafft und damit Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 9 in der Lage ist, mehr als bisher zu transportieren, dann spricht man von einer Erweiterungsinvestition. 3. Rationalisierungsinvestitionen: noch funktionstüchtige Anlagen durch neue, aber bessere ersetzen,. Das Speditionsunternehmen kann sich beispielsweise entschließen, seinen alten LKW auszumustern und durch einen moderneren zu ersetzen, mit dem es die Transporte kostengünstiger durchführen kann. Von diesen Investitionen hängt das zukünftige Wirtschaftswachstum eines Landes entscheidend ab. Nur mit wachsenden und modernen Produktionsmitteln kann eine Wirtschaft wachsen. 1.5.2 Produktivität Produktivität ist ein Maß für die Leistungsfähigkeit der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital. Sie gibt das Verhältnis von Produktionsmenge und eingesetzten Produktionsfaktoren an. Beispiel: Ein Unternehmen produziert Autos. Wenn in einem Jahr von 100 Arbeitern 100 Autos produziert werden, dann kommt auf einen Arbeiter ein Auto. Werden von denselben Arbeitern 120 Autos produziert, dann kommen auf einen Arbeiter 1,2 Autos, die (Arbeits-) Produktivität ist gestiegen, und zwar gleich um 20 %. Gründe für die steigende Produktivität sind Forschung und Entwicklung und der daraus resultierende technische Fortschritt, der Einsatz von immer besseren Anlagen und Maschinen, die bessere Ausbildung der Arbeitskräfte und eine immer stärkere Spezialisierung. 1.5.3 Innovationen Darunter versteht man das Ergebnis von Forschung und Entwicklung und ihre Umsetzung in neue Produkte oder Prozesse. Basisinnovationen: Neuerungen, die ganze Wirtschaftszweige neu entstehen und alte verschwinden lassen. Beispiele: Auto, das Telefon, Radio und Fernsehen, Computer, Handy oder das Internet = Produktinnovation Prozessinnovation: zB Roboter in Autoindustrie schweißen schneller u. billiger Æ Nachfrage, Produktion und Wirtschaftswachstum angekurbelt und Arbeitsplätze geschaffen. Länder, die neue Produkte und DL hervorzubringen, werden dabei gewinnen Eine wachsende Wirtschaft hat für ein Land eine große Bedeutung. Wächst das BIP jährlich um 2 %, so verdoppelt es sich innerhalb von 35 Jahren. Dann kann jede Generation mit einem doppelt so hohen materiellen Wohlstand rechnen wie die vorige. Wenn das BIP durchschnittlich nur um 1% wächst, dauert es 70 Jahre, bis es sich verdoppelt. Über die Zeit haben schon kleine Unterschiede in den Wachstumsraten eine große Auswirkung. In einer Wirtschaft, die nicht wächst, können Einkommenssteigerungen für eine bestimmte Gruppe nur dann erzielt werden, wenn anderen etwas weggenommen wird. Wenn der „Kuchen“ größer wird, kann auch jeder ein größeres Stück bekommen. Aber nicht nur zur Hebung, sondern auch zur Erhaltung des Lebensstandards ist eine wachsende Wirtschaft wichtig. Bei einer wachsenden Bevölkerung würde das BIP pro Kopf sinken, wenn die Wirtschaft nicht wächst. Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 10 1.6 Konjunktur – das Auf und Ab der Wirtschaft Wir haben gesehen, dass das BIP ständig wächst. Allerdings vollzieht sich dieses Wachstum nicht regelmäßig. Das BIP wächst einmal etwas stärker, ein anderes Mal etwas weniger stark. Das heißt: die wirtschaftlichen Aktivitäten eines Landes unterliegen mehr oder weniger deutlich unterscheidbaren Schwankungen. In bestimmten Zeiträumen wird zB mehr investiert, produziert und konsumiert als in anderen. Dieses Auf und Ab in den wirtschaftlichen Abläufen, das sich in verschiedenen volkswirtschaftlichen Größen niederschlägt, bezeichnet man als Konjunktur(verlauf). Gemessen wird dieses Auf und Ab am Wachstum des BIP. 1989 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1990 1999 2000 2001 Die folgende Grafik zeigt einen Konjunkturverlauf mit den vier typischen Phasen: Zu beachten ist, dass in dieser Grafik die Wachstumsraten des BIP dargestellt sind und nicht die absoluten Werte des BIP. In der Krise kommt es nicht zwangsläufig zu einem Rückgang des BIP, das BIP wächst nur langsamer, und zwar so langsam, dass das Wachstum keine positiven Effekte, zB auf die Beschäftigung, hat. Ein Rückgang der absoluten Werte, also ein „Minuswachstum“, kommt, wie wir weiter hinten schon gesehen haben, eher selten vor. Die Zeitspanne von einem Tiefstand zum nächsten bezeichnet man als Konjunkturzyklus, wobei Ausgangs- und Endpunkt je nach Stärke des Auf- und Abschwungs auf verschiedenen Niveaus liegen können. Ist die Wirtschaft nach einem Konjunkturzyklus auf einem niedrigeren Niveau als am Beginn, dann ist die Wirtschaft geschrumpft; ist sie auf einem höheren Niveau, dann ist sie gewachsen. Konjunkturzyklen sind unterschiedlich lang und dauern allgemein etwa zwischen zwei und sieben Jahren. 1.6.1 Wie kommt es zu Konjunkturschwankungen? Konjunkturschwankungen haben in den seltensten Fällen eine einzige Ursache. Fast immer ist es ein Bündel von Ursachen, die bewirken, dass eine Wirtschaft in eine Rezession gerät oder sich daraus befreien kann. Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 11 Eines haben alle Konjunktursituationen gemeinsam: Die gesamtwirtschaftliche Nachfrage stimmt nicht mit dem Angebot überein. Schauen wir uns einmal ein kleines (und sehr vereinfachtes) Szenario an. Ausgangspunkt ist ein kräftiger Anstieg der Rohölpreise. Das verteuert viele Produkte, die Menschen haben weniger Geld, um andere Güter zu kaufen. Die sinkende Inlandsnachfrage bewirkt, dass die Unternehmer weniger Gewinn erzielen. Dadurch können sie auch weniger investieren. Von der Ölpreiserhöhung sind auch andere Länder betroffen, was Auswirkungen auf die Exportnachfrage hat. Arbeitskräfte müssen entlassen werden, dadurch sinken die Einkommen, und die Nachfrage geht weiter zurück. Die Wirtschaft ist auf dem Weg in eine Rezession. D.H: Eine Ursache verstärkt sich und zieht die Wirtschaft in einer negativen Spirale nach unten. Auslöser war in diesem Fall: eine Verteuerung der Ölpreise. Aber neben solchen Preisschocks können auch andere Dinge auf die Konjunktur Einfluss nehmen. In den seltenstenFällen wird es nur eine Ursache geben. • Modetrends und Geschmacksänderungen bei den Konsumenten können dazu führen, dass bestimmte Produkte weniger stark nachgefragt oder verstärkt im Ausland gekauft werden. • Änderungen der staatlichen Budgetpolitik können bewirken, dass der Staat mehr oder weniger nachfragt. • Die wirtschaftliche Situation in wichtigen Absatzländern könnte Auswirkungen auf die Exportnachfrage haben. • Änderungen bei den Zinsen können die Investitionstätigkeit der Unternehmen ankurbeln, bei niedrigen Zinsen werden die Kredite für Investitionen billiger. • Änderungen bei den Kosten, zB in Form von zu hohen Lohnkosten, können die internationale Konkurrenzfähigkeit und damit die Exportmöglichkeiten beeinflussen. • Technische Innovationen, wie zB die Mikroelektronik oder Telekommunikation, können ganz neue Wirtschaftszweige entstehen lassen. • Weltpolitische Ereignisse wie Kriege können die Konsumenten veranlassen, weniger Geld auszugeben und mehr zu sparen. Das Szenario hätte auch so aussehen können: ÆWirtschaft entwickelt sich in einer positiven Spirale nach oben. Die deutsche Wirtschaft befindet sich in einem Hoch. Dadurch steigt auch die deutsche Nachfrage nach österreichischen Gütern und in der Exportindustrie steigen die Zahl der Arbeitsplätze und die Einkommen. Durch die höheren Einkommen steigt die Nachfrage in Bereichen, die nicht vom Export abhängen. Das beflügelt auch die Unternehmen und es wird vermehrt investiert. Immer mehr Arbeitsplätze entstehen, die Wirtschaft wächst und befindet sich auf dem Weg in einen Konjunkturaufschwung. 1.6.2 Saisonale Schwankungen = Schwankungen, die innerhalb eines Jahres auftreten↔ anders: Konjunkturschwankungen. Wirtschaftliche Aktivitäten unterliegen in starkem Maß einem Jahresrhythmus. Viele Arbeiten fallen nur zu bestimmten Jahreszeiten an (zB in der Landwirtschaft, im Bauwesen), viele Produkte werden verstärkt zu bestimmten Jahreszeiten (zB Skier, Snowboards, Ferienreisen) nachgefragt. Diese jährlich wiederkehrenden Einflüsse führen zu Saisonschwankungen und zu einer naturgemäß kurzfristigen Zu- oder Abnahme von Produktion und Beschäftigung. 1.6.3 Konjunkturindikatoren Mit so genannten Konjunkturindikatoren (Indikator = Anzeiger) versucht man festzustellen, in welcher Phase des Konjunkturzyklus sich die Wirtschaft befindet. Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 12 1.7 Konjunkturpolitik Wirtschaftspolitik im Allgemeinen verfolgt verschiedenste Ziele. Die wichtigsten sind im so genannten magischen Dreieck zusammengefasst – Wirtschaftswachstum, Vollbeschäftigung und Geldwertstabilität. (Darüber hinaus gibt es noch andere bedeutende Ziele wie ausgeglichene Zahlungsbilanz, ausgeglichenes Budget, gerechte Einkommensverteilung, gesunde Umwelt etc. Man spricht dann von einem magischen Viereck, Fünfeck etc.). Magisch heißt dieses Dreieck, weil alle Ziele in Beziehung zueinander stehen. Verändert sich eine Größe, hat das immer Auswirkungen auf andere, daher ist es auch sehr schwierig, alle Ziele gleichzeitig zu erreichen. Ein Teilbereich der Wirtschaftspolitik ist die Konjunkturpolitik. Unter Konjunkturpolitik versteht man alle Maßnahmen, die darauf abzielen, den Konjunkturablauf zu beeinflussen. Konjunkturschwankungen haben eine Reihe von unerwünschten Nebenwirkungen. Ein Konjunkturabschwung, erst recht eine Depression, ist immer mit einem Rückgang der Beschäftigung bzw. mit Arbeitslosigkeit verbunden. Ein Konjunkturaufschwung bringt andererseits verstärkte Preissteigerungen mit sich. 1.7.1 Antizyklische Wirtschaftspolitik Ziel der Konjunkturpolitik = Dämpfung der KonjunkturschwankungenÆ möglichst störungsfreie Entwicklung der wirtschaftspolitischen Ziele. Konjunkturpolitische Maßnahmen sollen vor allem extreme Ausschläge nach oben oder unten verhindern. Durch antizyklische Konjunkturpolitik versucht man, extrem Konjunkturausschläge zu verhindern. In Zeiten schwacher Konjunktur soll der Staat die Nachfrage stimulieren und die Wirtschaft dadurch ankurbeln. Unter Umständen ist in dieser Phase (insbesondere zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit) auch ein Defizit in Kauf zu nehmen (= deficit-spending). In einer Phase der Hochkonjunktur soll der Staat dagegen die Nachfrage dämpfen und durch die in einer solchen Phase stark fließenden Steuereinnahmen die zuvor gemachten Schulden wieder zurückzahlen. Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 13 1.7.2 Geld- und Fiskalpolitik Der Konjunkturpolitik stehen zwei Hauptinstrumente zur Verfügung: Unter Fiskalpolitik verstehen wir die Einflussnahme des Staates auf den Konjunkturverlauf durch Veränderung seiner Einnahmen und Ausgaben. Beispielsweise könnte der Staat versuchen, durch Steuersenkungen eine schwache Konjunktur anzukurbeln. Wenn zB die Lohnsteuer sinkt, haben die Konsumenten mehr Geld in der Tasche, und das könnte die private Nachfrage beleben. Eine sinkende Einkommenssteuer lässt den Unternehmern mehr Geld, und das kann diese veranlassen, zu investieren und dadurch die Wirtschaft anzukurbeln. Das Ganze funktioniert aber nur, wenn Konsumenten und Unternehmer ihr Geld auch wirklich ausgeben. Wenn sie angesichts einer schlechten Konjunktur ihr Geld lieber auf die hohe Kante legen, dann klappt es nicht mit der Konjunkturbelebung. Eine andere Möglichkeit im Rahmen der Fiskalpolitik wären zB große Aufträge an Unternehmen (zB Bauunternehmen). Diese vergeben ihrerseits Aufträge an Zulieferfirmen aus anderen Branchen. Und die wiederum vergeben Aufträge an ihre Zulieferer. So entsteht eine Art Multiplikatoreffekt, der helfen kann, die Konjunktur zu beleben. INSTRUMENTE DER KONJUNKTURPOLITIK Mit den gleichen Mitteln, aber mit umgekehrten Vorzeichen kann eine überschießende Konjunktur auch eingebremst werden. Geldpolitik nennen wir alle Maßnahmen, die versuchen,Konjunkturbewegungen durch geld- oder kreditpolitische Maßnahmen zu beeinflussen. Der Staat kann beispielsweise im Rahmen der Geldpolitik den Wirtschaftsablauf beeinflussen, indem er Zinssätze oder die Geldmenge verändert (wie er das konkret macht, ist in Kapitel 4 nachzulesen). Durch niedrigere Zinsen werden Kredite billiger und es ist für Unternehmen lohnender, zu investieren. Durch eine Erhöhung der Geldmenge steigt die Möglichkeit der Banken, billigere Kredite zu vergeben, was eine positive Wirkung auf Investitionen und private Konsumnachfrage haben kann. Vor der Teilnahme Österreichs an der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion war die Oesterreichische Nationalbank für die Geldpolitik zuständig. Mit dem Beitritt hat sie diese Kompetenzen an die Europäische Zentralbank abgetreten. Seither gibt es keine nationale österreichische Geldpolitik mehr. Das ist nicht ganz unproblematisch. Denn es ist dadurch nicht mehr möglich, geldpolitisch auf die individuellen Probleme der einzelnen Euro-Länder zu reagieren. Durch Bauaufträge kann der Staat versuchen, die Wirtschaft anzukurbeln. Die folgende Grafik fasst die Möglichkeiten staatlicher Wirtschaftspolitik zusammen. Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 14 Problematisch an der antizyklischen Wirtschaftspolitik ist vor allem, dass es Politikern zwar leicht fällt, in schlechten Zeiten Geld auszugeben und Schulden zu machen, aber gar nicht leicht, in guten Zeiten (ausgerechnet in guten Zeiten, wo die Staatseinnahmen reichlich fließen) zu sparen. Das führt dann leicht zu einer sehr hohen Staatsverschuldung. Außerdem ist es für die Konjunkturpolitik oft gar nicht leicht, den richtigen Zeitpunkt für ihre Maßnahmen zu finden. Große wirtschaftspolitische Maßnahmen können nicht von heute auf morgen realisiert werden. Wenn mit einer gewissen Verzögerung dann der Effekt eintritt, kann die Wirkung schon wieder unerwünscht sein. Statt einer lahmenden Konjunktur auf die Sprünge zu helfen, heizt man vielleicht nur unnötig die Inflation an. 1.7.3 Angebotsorientierte Wirtschaftspolitik Aus diesen und anderen Gründen haben so genannte angebotsorientierte Wirtschaftspolitiker keine rechte Freude mit Eingriffen des Staates in den Wirtschaftsablauf. Sie setzen nicht wie die antizyklische Wirtschaftspolitik bei der Nachfrage an, sondern beim Angebot. Für sie ist die Güterproduktion der entscheidende Faktor der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Bei der Produktion von Gütern entstehen Einkommen, und höhere Einkommen führen zu einer größeren Nachfrage. Und die Produktion kann man am besten damit ankurbeln, dass man gute Bedingungen für die Unternehmen schafft. Angebotstheoretiker fordern eine langfristige Verbesserung der Investitions- und Produktionsbedingungen. Typische Forderungen sind eine Verminderung von Steuern und Abgaben, Senkung der Lohnnebenkosten, flexible Arbeitszeiten, flexible Entlohnungssysteme, ausgeglichener Staatshaushalt, Förderung von Unternehmensgründungen, Abbau von Bürokratie, ein leistungsfreundliches Steuersystem und Stärkung des Wettbewerbs. Unter solchen Bedingungen sind die Unternehmen bereit, zu investieren, und das ist die wichtigste Voraussetzung für Wirtschaftswachstum, meinen die Vertreter dieser Theorie. Bei diesen Maßnahmen geht es weniger um kurzfristige Eingriffe in den Konjunkturablauf als vielmehr um eine stetige Verbesserung der Angebotsbedingungen, um das Wachstum anzukurbeln. Hier setzt auch die Kritik an der angebotsorientierten Wirtschaftspolitik an: Durch den Verzicht auf Eingriffe des Staates wird auch (zumindest kurzfristig) nichts gegen die Arbeitslosigkeit getan, das Konjunkturproblem wird auf dem Rücken der Arbeitnehmer ausgetragen. Die konsequente Verfolgung einer angebotsorientierten Wirtschaftspolitik bevorzuge einseitig die Unternehmen und führe zu einem Abbau sozialer Errungenschaften. BEGRIFF ANTIZYKLISCHE KONJUNKTURPOLITIK Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 15 1.8 Arbeitsblätter Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 16 Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 17 Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 18 Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 19 Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 20 1.9 Lernkontrolle Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 21 2. GELD UND GELDWERT – WELCHEN WERT HAT DER EURO? 2.1 Funktionen des Geldes Unter Geld versteht man eine Sache, welche die Funktionen eines Tauschmittels (Zahlungsmittels), einer Recheneinheit und eines Wertaufbewahrungsmittels erfüllt. Mit Hilfe des Geldes können wir Waren oder Dienstleistungen verschiedenster Art miteinander vergleichen, sogar ein Auto mit einer Semmel. Jeder wird natürlich sagen, dass das Auto mehr wert ist als eine Semmel. Um wie viel es aber mehr wert ist, das können wir erst mit Hilfe des Geldes ausdrücken. Geld dient also als Wertmaß. Was aber ist das Geld und wie entsteht es? Sachlich betrachtet ist Geld lediglich ein Mittel, um eine Leistung gegen eine andere einzutauschen. Wir können auch von einem allgemeinen Tausch- oder Zahlungsmittel sprechen. Ohne Geld müssten wir umständlich im Tauschhandel Güter und Dienstleistungen gegen andere Güter oder Dienstleistungen eintauschen. Das wäre ziemlich zeitraubend. Deshalb haben die Menschen das Geld erfunden, mit dem sie anstelle des Tauschhandels Kaufhandel betreiben können. 2.2 Arten von Geld Ein weiterer Vorteil des Handels „Ware gegen Geld“ ist: Niemand muss dabei erworbenes Geld sofort wieder gegen andere Waren eintauschen. Es kann aufbewahrt, also gespart werden. Geld ist daher auch ein Wertaufbewahrungsmittel. Deshalb waren die ersten Geldstücke überhaupt aus edlen, wertvollen Metallen, die schon immer sehr begehrt waren, wie beispielsweise Dukaten aus Gold. Heute werden in den meisten Staaten die Münzen aus anderen, weniger wertvollen, dafür umso widerstandsfähigeren Metall-Legierungen gemacht. Den (Nenn-)Wert dieser Münzen bestimmt nicht das Material, aus dem sie hergestellt sind. Mit Geld haben wir täglich zu tun. Zunächst denken wir an Münzen und Banknoten, wenn wir das Wort „Geld“ hören. Wir reden von „Geld verdienen“, wenn es um Einkommen geht. Wir sprechen von „Geld ausgeben“, wenn wir einkaufen. Jedoch kann man auch ohne Bargeld etwas kaufen. Denken wir nur an Bankomat- und Kreditkarten. Zählen auch diese zum Geld? Nach der Erscheinungsform gibt es verschiedene Arten von Geld, nämlich Bargeld, das sind Münzen und Banknoten (Papiergeld), sowie Buch- oder Giralgeld, das sind Guthaben bei Kreditinstituten, über die jederzeit verfügt werden kann. GELDARTEN Münzen und Banknoten Münzen und Banknoten sind gesetzliche Zahlungsmittel, d.h., jeder Gläubiger einer Geldforderung muss sie als Erfüllung seiner Forderung annehmen. Das gilt bei Banknoten in unbegrenztem Umfang. Der Wert des Geldes leitet sich von den Waren und Dienstleistungen ab, die man damit erwerben kann. Damit dieser Wert möglichst erhalten bleibt, hat der Staat ein Interesse daran, den Umlauf des Geldes zu kontrollieren. Daher dürfen Banknoten ausschließlich von den Zentralbanken (in Österreich von der Oesterreichischen Nationalbank) ausgegeben werden. Buch- oder Giralgeld So wichtig Münzen und Geldscheine für unsere täglichen Einkäufe auch sind – sie allein bilden nur einen Teil des Geldumlaufs. Von Konto zu Konto lassen sich größere Zahlungen bequemer und sicherer vornehmen als mit Bargeld. Der weitaus größere Teil der Zahlungen wird durch „unsichtbares“ Geld abgewickelt. Es wird in einer Art Kreislauf von Bankkonto zu Bankkonto weitergegeben, weshalb es auch als Giralgeld (aus dem italienischen: giro = der Kreis) bezeichnet wird. Häufig spricht man auch von Buchgeld, weil es nur in den Büchern der Banken aufscheint. Bankguthaben werden deswegen dem Geld zugerechnet, weil sie alle Geldfunktionen der Banknoten erfüllen. Anders als die Banknoten und Münzen ist das Giralgeld kein gesetzliches Zahlungsmittel. Doch wird es im Wirtschaftsleben allgemein akzeptiert. Dies beruht insbesondere darauf, dass die Inhaber von Girokonten ihr Guthaben jederzeit wieder in Bargeld umwandeln können. Damit das Giralgeld seine Funktion als Zahlungsmittel erfüllen kann, müssen die Banken für seinen Umlauf zwischen den Konten Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 22 sorgen. Dafür können unter anderem Überweisungen, Kredit- und Bankomatkarten verwendet werden. 2.3 Der Kreislauf des Bargeldes Wie aber kommt das Geld in unsere Geldtaschen? Um diese Frage zu beantworten, befassen wir uns mit dem Kreislauf des Bargeldes. Schauen wir uns diesen Kreislauf anhand eines Beispiels an: Das Bargeld wird im Auftrag der Zentralbank gedruckt und an diese geliefert. Bei ihr versorgen sich die Kreditinstitute mit Banknoten. Von diesen holen sich die Familien das Bargeld, das zuvor als Lohn oder Gehalt auf ihr Bankkonto überwiesen wurde. Sie geben das Bargeld im Laufe des Monats für Lebensmittel, Kleidung und viele andere Dinge des täglichen Bedarfs aus. Einen Teil des Geldes bekommen Sie vielleicht als Taschengeld. So sammelt es sich in den Kassen der Händler, Handwerker, Verkehrsbetriebe, der Gastwirte etc. Hier bleibt es aber nicht lange, denn das meiste Bargeld wird von ihnen wieder zu den Sparkassen und Banken zurückgebracht. Und hier bleibt auch das Geld, das die Familien nicht ausgeben, sondern für größere Anschaffungen sparen. Die Banknoten verschwinden auf diese Weise wieder aus dem Verkehr. Auch die Kreditinstitute behalten das Bargeld, das ihnen die Kunden bringen, nur zu einem kleinen Teil. Was sie nämlich nicht für Auszahlungen brauchen, bringen sie zur Zentralbank, also in Österreich zur Oesterreichischen Nationalbank. Der Kreis hat sich geschlossen. 2.4 Geldmenge Doch wie viel Geld gibt es überhaupt und wer kontrolliert dies? Der Bestand an Geld in Händen von Wirtschaftsunternehmen, staatlichen Stellen und von Privatleuten wird Geldmenge genannt. Dazu zählt man zum einen das Bargeld in unserer Tasche, aber auch das Giralgeld auf unseren Bankkonten. Je nachdem, wie weit man die Buchgeldkomponente erfasst, erhält man unterschiedliche Begriffe für die Geldmenge, nämlich M1, M2 und M3, wobei das Kürzel M vom englischen „money“ stammt. Die Höhe der Geldmenge ist für den Wert des Geldes wichtig. Daher wird sie von den Zentralbanken genau kontrolliert. Ist nämlich zu viel Geld im Umlauf, so wird der Wert des Geldes sinken. 2.5 Der Wert des Geldes Geldmenge M1 Fasst man Bargeld und täglich fällige Einlagen bei Banken (Sichteinlagen) zusammen, so spricht man von der Geldmenge M1. Geldmenge M2 Sichteinlagen sind aber nicht die einzigen Einlagen bei Banken, die man unseren Geldbeständen zurechnen kann. Zu ihnen gesellen sich noch Guthaben auf Termin- und Sparkonten. Termingelder sind größere Einlagen, die den Kreditinstituten gegen einen festen Zins für eine bestimmte Zeit überlassen werden. Spareinlagen sind Einlagen von Nichtbanken, wie beispielsweise von Privatpersonen (Sparer) bei Kreditinstituten. Diese Einlagen werden in Sparbücher eingetragen und haben eine vereinbarte Kündigungsfrist. Solche Einlagen mit kurzen Laufzeiten können relativ kurzfristig in Bargeld umgewandelt werden. Daher werden diese zur Geldmenge dazugerechnet. Geldmenge M3 Die EZB rechnet darüber hinaus noch weitere Instrumente der kurzfristigen Geldanlage zur Geldmenge M3 (zB kurz laufende Geldmarktwertpapiere und Bankschuldverschreibungen). So betrug im Jahr 2002 die Geldmenge M1 in der Eurozone durchschnittlich 2.252 Mrd. €, die Geldmenge M2 4.745 Mrd. € und die Geldmenge M3 5.557 Mrd. €. Während das erste Geld von Bedeutung Metallgeld oder – allgemeiner – Warengeld war, dessen Wert sich aus seinem Material ableitete, hat unser modernes Geld keinen oder fast keinen Stoffwert mehr. So kostet es nur einen Centbetrag, um einen 500-€-Schein herzustellen. Und doch werden die Banknoten der Zentralbank allgemein akzeptiert. Woraus leitet sich dann der Wert des Geldes ab, wenn nicht vom Materialwert? Unsere Banknoten sind gesetzliches Zahlungsmittel und müssen deshalb angenommen werden. Viel wichtiger Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 23 aber ist, dass man darauf vertrauen kann, mit den Banknoten stets Waren und Dienstleistungen kaufen zu können. Dieses Vertrauen in unser Geld und seine Wertbeständigkeit bildet die Grundlage des Geldwesens. Früher hat man versucht, das Vertrauen der Menschen ins Geld und seinen Wert dadurch zu erhalten, dass man die von den Zentralbanken ausgegebenen Banknoten zu jeder Zeit wieder in Gold einlöste. Die heutigen Zentralbankgesetze enthalten keinerlei Einlösungs- oder Deckungsvorschriften mehr. Dahinter steht die Erfahrung, dass es für die Werterhaltung des Geldes nicht wichtig ist, das ausgegebene Geld durch Gold abzudecken. Was man nämlich mit seinem Geld kaufen kann, richtet sich nicht nach der Menge der Goldvorräte bei der Zentralbank, sondern ausschließlich nach der Menge der in einer Volkswirtschaft verfügbaren Güter und der dieser gegenüberstehenden Geldmenge. Der Wert des Geldes leitet sich von den Waren und Dienstleistungen ab, die man damit erwerben kann. Geld ist so gesehen eine Anweisung auf Güter. Der Geldwert sinkt, wenn man für sein Geld weniger Güter als zuvor kaufen kann, weil inzwischen die Preise gestiegen sind. Beim Geldwert unterscheidet man zwischen nominalem und realem Geldwert: Der nominale Geldwert bezieht sich auf den Nennwert, das ist der Betrag, der auf einer Münze oder Banknote steht. Der reale Geldwert dagegen beschreibt die Menge an Gütern, die man dafür kaufen kann. Nehmen wir beispielsweise einen 100-€-Schein. Der nominale Geldwert dieser Banknote beträgt 100 €. Dafür kann man zB einhundert Kaugummipackungen kaufen. Steigt nun der Preis von Kaugummis, sodass man nur mehr neunzig Packungen mit diesem 100-€-Schein kaufen kann, so ist der reale Geldwert gesunken. Der nominale Geldwert hat sich jedoch nicht verändert, der 100-€-Schein bleibt weiterhin 100 € wert. Die Menge an Waren und Dienstleistungen, die man für eine bestimmte Geldeinheit kaufen kann, wird als Kaufkraft bezeichnet. Der Binnenwert gibt den Tauschwert des Geldes innerhalb einer Volkswirtschaft, wie beispielsweise Österreich, an. Der Außenwert einer Währung bezeichnet dagegen den Tauschwert des Geldes, der von den Wechselkursen zu anderen Währungen abhängig ist. Wenn beispielsweise der Wechselkurs des Euro zum US-Dollar steigt, dann kann ich trotzdem in Österreich nicht mehr kaufen als zuvor, d.h., der innere Wert des Euro ist gleich geblieben (bei gleich bleibenden Preisen in Österreich). In den USA ist der Euro jetzt aber mehr wert, d.h., der Außenwert des Euro ist gestiegen. Als Maßstab für die Preisentwicklung und damit für den Geldwert wird in Österreich der Verbraucherpreisindex (VPI) verwendet. Die Grundlage dafür ist der so genannte Warenkorb. Im österreichischen Warenkorb (VPI 2000) befinden sich derzeit 812 Waren und Dienstleistungen, deren Preise in 20 Städten monatlich erhoben werden. Diese Waren sollen ein durchschnittliches Verbrauchsverhalten repräsentieren. Die Zusammensetzung des Warenkorbes wird von Zeit zu Zeit (mindestens alle fünf Jahre) aktualisiert. ´ Natürlich eignet sich dieser Warenkorb nicht für jeden und für jede Fragestellung. Eine Hausfrau wird sich beispielsweise für die Preise ganz anderer Produkte interessieren als etwa ein Bauherr, ein Einzelhändler oder ein Produzent. Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 24 Aus diesem Warenkorb wird der Verbraucherpreisindex (VPI) errechnet. Dieser ist das statistische Instrument, mit dem die Entwicklung des Preisniveaus gemessen wird. Dabei wird folgendermaßen vorgegangen: Der Preis für einen Warenkorb (darin befinden sich momentan 812 Waren) wird in einem Jahr (Basisjahr) gleich 100 gesetzt. Dies war das letzte Mal im Jahr 2000 so. In der folgenden Zeit wird die Veränderung der Preise dieses Warenkorbes beobachtet und daraus ein neuer Indexwert errechnet. Wenn sich nun die Preise für einen Warenkorb um beispielsweise 2,5 % erhöhen, so beträgt der neue Indexwert 102,5. Somit ist das Preisniveau gegenüber dem Basisjahr gestiegen, d.h., die Waren sind teurer geworden. Um wie viel sich die Preise verändert haben, können Sie aus der Inflationsrate ablesen. Vergleicht man den VPI eines Jahres mit dem des Vorjahres, so erhält man die Inflationsrate. Diese gibt an, um wie viel Prozent sich die Preise innerhalb eines Jahres verändert haben. Sehen wir uns die Berechnung der Inflationsraten anhand folgenden Beispiels an: Im Jahr 2000 hatte der VPI den Wert von 100. 2001 stieg er auf 102,7. Die Differenz zwischen den beiden Indexwerten betrug somit 2,7, d.h., die Preise sind im Jahr 2001 um 2,7 % gegenüber dem Jahr 2000 gestiegen. Im Jahr 2002 betrug der VPI 104,5, d.h., er ist um einen Wert von 1,8 gegenüber dem Vorjahr (2001) gestiegen. Bei der Berechnung der Inflationsrate erhält man nun einen Wert von 1,752 % (gerundet 1,8 %), d.h., die Preise sind im Vergleich zum Jahr 2001 um ca. 1,8 % gestiegen. 2000 100 2001 102,7 2,7 % 2002 104,5 1,8 % Jahr In Österreich gab es in den letzten Jahren folgende Inflationsraten: (2003 und 2004 Schätzungen) Geldwertänderungen Wie bereits besprochen, hängt der Wert des Geldes von der Geldmenge und dem verfügbaren Güterangebot, das Sie mit diesem Geld kaufen können, ab. Erfahrungsgemäß steigen die Preise vor allem immer dann, wenn die Geldmenge rascher zunimmt als das Güterangebot. Das Geld verliert an Wert. Umgekehrt sinken die Preise, wenn die Geldmenge langsamer zunimmt als das Güterangebot. Geldvolumen = Güter und Dienstleistungen = Stabilität des Geldwertes Geldvolumen > Güter und Dienstleistungen = Inflation Geldvolumen < Güter und Dienstleistungen = Deflation Bei den Geldwertänderungen unterscheidet man zwischen Inflation und Deflation. Einen Sonderfall stellt die Stagflation dar. Unter Inflation versteht man eine länger anhaltende Steigerung des allgemeinen Preisniveaus. Unter Deflation wird hingegen ein Rückgang des allgemeinen Preisniveaus über einen längeren Zeitraum bezeichnet. Ein Grund für eine Deflation könnte ein allgemeiner Rückgang der Nachfrage sein, der von einem Absinken des Preisniveaus und damit einem Anstieg des Geldwertes begleitet ist. Eine Stagflation bezeichnet eine Inflation bei stagnierender Wirtschaftsentwicklung, meist mit wachsender Arbeitslosigkeit. Inflationsursachen Die Ursachen von Preissteigerungen können unterschiedlich sein. Je nachdem, ob die Inflation durch die Nachfrage oder das Angebot hervorgerufen wird, spricht man von Nachfrage- oder Angebotsinflation. In der Praxis gibt es meistens eine Vermischung der verschiedenen Inflationsarten. Nachfrageinflation Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 25 Die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen ist größer als das im Inland produzierte Angebot. Ein derartiger Nachfrageüberhang wird normalerweise die Güterpreise nach oben treiben. Dies kann entstehen, wenn die privaten Haushalte weniger sparen und mehr für Konsumgüter ausgeben. Es kann aber auch sein, dass sich die Investitionstätigkeit verstärkt, d.h., dass die Unternehmer mehr in neue Anlagen (Gebäude, Maschinen) investieren. Dadurch steigt die Nachfrage nach Gütern und Arbeitskräften. Zu einem gesamtwirtschaftlichen Nachfrageüberhang kann auch die Nachfrage des Staates und die Nachfrage des Auslands nach heimischen Gütern (Exporte) beitragen. Angebotsinflation (Kostendruckinflation) Die Unternehmen versuchen, Kostensteigerungen über die Preise weiterzugeben. Angesichts des Einflusses der Lohnkosten auf die gesamte Stagflation. Inflationsursachen Kosten der Gütererzeugung haben diese eine große Bedeutung für die Preisgestaltung. Weitere Formen der Angebotsinflation sind die importierte Inflation, die Gewinndruckinflation und die Preis-Lohn-Preis-Spirale. Importierte Inflation Von erheblicher Bedeutung für die gesamten Produktionskosten ist außerdem die Frage, was unsere Wirtschaft für importierte Güter bezahlen muss (zB Öl). So schlagen sich Verteuerungen an den internationalen Rohstoffmärkten auch auf die Preise im Inland durch. Gewinndruckinflation Zur Angebotsinflation zählt ferner die so genannte Gewinndruckinflation, bei der die Unternehmen die Preise bei unveränderten Kosten anheben, um ihre Gewinne zu erhöhen. Voraussetzung für diese Inflationsart ist eine unabhängig von den Marktbedingungen erfolgende Preisfestsetzung durch marktbeherrschende Unternehmen (oft Monopole) und den Staat (administrierte Preisbildung). Preis-Lohn-Preis-Spirale Steigt die Gesamtnachfrage nach Gütern im Konjunkturaufschwung, so werden auch die Preise für diese Güter steigen. Darauf antworten die Gewerkschaften mit Lohnforderungen. Infolge der Erhöhung der Löhne kann die Gesamtnachfrage weiter steigen und die Nachfrageinflation anheizen, was postwendend zu neuen Lohnforderungen und dadurch zur Kostendruckinflation führt. Eine weitere treibende Kraft des Inflationsprozesses kann schließlich auch die allgemeine Erwartung weiterer Preissteigerungen sein. Wer steigende Preise erwartet, wird Konsumgüterkäufe vorziehen, also mehr ausgeben und weniger sparen. Eine Geldentwertung kann – wie wir gesehen haben – viele verschiedene Ursachen haben. Das erklärt auch, warum ihr nur schwer beizukommen ist. Inflationsfolgen Bei einem anhaltenden Preisanstieg werden die Einkommen und Ersparnisse der Menschen entwertet. Dadurch können große soziale Ungleichgewichte und Spannungen entstehen. Gleichzeitig verzerrt die Inflation die Preisbildung am Markt und schafft wirtschaftliche Unsicherheit. Die Folgen davon sind eine allgemeine Abschwächung des Wirtschaftswachstums und eine Zunahme der Arbeitslosigkeit. Zusatzinformation zu den Folgen einer Geldentwertung Selbst von geringen jährlichen Preissteigerungsraten wird der Geldwert langfristig nachhaltig ausgehöhlt. Das spüren besonders die Sparer. Zwar bleiben diese nicht völlig ohne Entschädigung, da mit der Inflation auch die Zinsen steigen. Doch kann man höhere Zinsen in der Regel immer nur bei der Neuanlage eines Geldbetrages erzielen. Liegt das Geld einmal zu einem festen Zins langfristig fest, so ist der Sparer bei steigenden Preisen der „Dumme“. Benachteiligt von einer Inflation sind außerdem jene Menschen, die nicht mehr aktiv im Produktionsprozess stehen: die Alten. Ihre Renten und Pensionen steigen zwar auch mit der allgemeinen Einkommensentwicklung. Jedoch geschieht dies mit einer zeitlichen Verzögerung, sodass sie nur den Preisen hinterherlaufen können. Die Steuerzahler sind ebenfalls benachteiligt, weil sie in der Regel auch auf lediglich inflationsbedingte Einkommenszuwächse Steuern zahlen müssen. Begünstigt von der Geldentwertung werden meistens die Besitzer von Sachvermögen und die Schuldner, die ihre Schulden mit entwertetem Geld zurückzahlen können. Dabei sind die größten Schuldner sowohl die Unternehmen als auch der Staat. Was sie jedoch als Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 26 Schuldner gewinnen, das verlieren sie auf der anderen Seite u.a. durch die höheren Preise und Kosten wieder vielfach. Die Inflation verdeckt oder mildert die sozialen Gegensätze nicht. Im Gegenteil: Sie verschärft sie sogar. Jeder verwendet nun alle seine Energien darauf, sich vor der Inflation zu schützen. Das wirtschaftliche Wachstum lässt sich so nicht steigern. Die Marktwirtschaft funktioniert nur dann zufrieden stellend, wenn Gewinne in erster Linie damit zu machen sind, dass man Investitionen vornimmt, die die Produktionskapazitäten und die Produktivität erhöhen. Im Inflationsprozess geht dieser Zusammenhang verloren. Die höchsten Gewinne erzielt der, der solche Güter auf Vorrat erwirbt, die am schnellsten im Preis steigen. Das typische Beispiel hierfür ist die Flucht in Sachwerte, wie beispielsweise Immobilien. Die Unternehmen können nicht mehr richtig unterscheiden, inwieweit eine erhöhte Nachfrage nach ihren Produkten dauerhaft oder lediglich vorübergehend inflationär aufgebläht ist. Die Unsicherheit nimmt zu. Die Wechselkurse und die Inflationsraten schwanken stärker. Die Folge davon sind falsche Investitionsentscheidungen. Die Stagnation des realen Wachstums ist vorprogrammiert. Bei steigenden Inflationsraten sind in der Vergangenheit Wachstum und Beschäftigung in den meisten Ländern zurückgegangen. Eine weitere Folge hoher Inflationsraten wird ein Abwertungsdruck der jeweiligen Währung sein, d.h., der Außenwert einer Währung wird sinken. Um den Wert des Geldes zu erhalten, ist es deshalb unerlässlich, nicht zu viel Geld in Umlauf zu bringen. Denn nur Geld, das – verglichen mit dem vorhandenen Güterangebot – knapp ist, behält seinen Wert. Die Geldversorgung hinreichend knapp zu halten, ist eine Aufgabe der Zentralbanken. 2.6 Geldverkehr mit dem Ausland Die meisten Länder haben eine eigene nationale Währung. Die Europäische Währungsunion mit einer gemeinsamen Währung für zwölf Länder stellt eher eine Ausnahme dar. Bei allen Zahlungen über die Landesgrenzen hinweg müssen deshalb oft einheimische Zahlungsmittel in ausländische umgetauscht werden. Solche Tauschgeschäfte erfolgen zum jeweils gültigen Wechselkurs. Darunter versteht man das Austauschverhältnis zweier Währungen. Der Wechselkurs bezeichnet dabei den Preis in Fremdwährung für einen Euro, d.h., ein Wechselkurs von 1,55 für Schweizer Franken bedeutet, dass man für einen Euro 1,55 Schweizer Franken bekommt. Ausländisches Bargeld wird zum Valutenkurs umgerechnet, Devisen (zB Überweisungen ins Ausland, Zahlungen mit Kreditkarten im Ausland) zum Devisenkurs. Wechselkurs Fremde Währungen werden auf dem Devisenmarkt gehandelt. Hier werden die Wechselkurse der einzelnen Währungen auf Grund von Angebot und Nachfrage festgelegt. Werden beispielsweise sehr viele Schweizer Franken nachgefragt, so wird der Wechselkurs für Schweizer Franken steigen, d.h., der Außenwert des Schweizer Franken wird höher. Voraussetzung für den freien Devisenhandel ist die unbeschränkte Umtauschbarkeit (Konvertibilität) einer Währung in fremde Währungen. Sie gilt heute für alle wichtigen Währungen. Je nach Wechselkurssystem unterscheidet man feste und flexible Wechselkurse. Wechselkurse bilden sich durch Angebot und Nachfrage, die von Tag zu Tag unterschiedlich sein können. Ein fester Kurs lässt sich deshalb nur aufrechterhalten, wenn die Zentralbanken dafür sorgen, dass sich Angebot und Nachfrage zu diesem Kurs ausgleichen. Der Fachbegriff dafür heißt „intervenieren“. Zwischen wichtigen Währungen (US-Dollar, Euro, Yen, Schweizer Franken, Pfund Sterling) sind die Austauschrelationen allerdings nicht mehr fest, sondern beweglich. Dabei bildet sich der Kurs am Devisenmarkt im Wechselspiel von Angebot und Nachfrage. Die Zentralbanken brauchen also nicht mehr zu intervenieren. Häufig tun sie es aber doch, um sprunghafte Kursveränderungen zu glätten. Umrechnung von Fremdwährungen (Euro gegen Nicht-WWU-Währungen) Wie werden nun beispielsweise Euro gegen Schweizer Franken umgerechnet? Wie wir bereits vorne erwähnt haben, wird Bargeld zum Valutenkurs umgerechnet. Devisen werden zum Devisenkurs umgerechnet. Je nachdem, ob man die Fremdwährungen an die Bank verkauft oder von der Bank kauft, werden unterschiedliche Kurse verrechnet. In den Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 27 wichtigsten Tageszeitungen und in den Aushängen der Kreditinstitute kann man diese Wechselkurse ablesen. So findet man beispielsweise für Schweizer Franken folgende Wechselkurse: Die Differenz zwischen Ankaufs- und Verkaufskurs bildet neben Wechselgebühren den Ertrag für die Kreditinstitute. Sehen wir uns das anhand eines Beispiels an: Wechseln Sie bei einer Bank 1.000,– Schweizer Franken (CHF) in Euro um, so beträgt der Wechselkurs dafür (höherer Valutenkurs) 1,58, d.h., Sie bekommen dafür 632,91 €. Am gleichen Tag verkauft die Bank 1.000,– CHF. Der Wechselkurs dafür (niedrigerer Valutenkurs) beträgt 1,54, d.h., der Käufer muss 649,35 € bezahlen. Die Differenz zwischen Ankaufs- und Verkaufskurs bildet den Ertrag für die Bank, d.h., die Bank hat 16,44 € verdient (ohne Wechselgebühren). Gleich verhält es sich mit Devisen. 2.7 Europäische Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU) In Österreich und in elf weiteren europäischen Ländern wurde der Euro als Währung und Zahlungsmittel eingeführt. Mit der Einführung des Euro wurden unterschiedliche Zielsetzungen verfolgt: • Keine Wechselkursschwankungen innerhalb der EWWU und damit keine Kurssicherungsund Anpassungskosten mehr. Das führt zu mehr Planungssicherheit, zu einer Kostenreduktion, zu mehr Wettbewerb und zu mehr Wachstum und Beschäftigung in Europa. • Wegfall von Kosten beim Geldwechseln. • Bessere Vergleichbarkeit der Preise. • Mehr Markttransparenz. • Verringerung der Bedeutung des US-Dollar als Weltwährung. Beim Umstieg auf den Euro handelte es sich um eine Währungsumstellung, bei welcher der Wert des Geldes erhalten blieb. Währungsreform. Sparguthaben, Schulden, Einkommen, Preise – alles wurde mit dem gleichen Faktor (13,7603) von Schilling in Euro umgerechnet. Die Vorteile des größeren Währungsraumes werden sich aber nur dann einstellen, wenn die gemeinsame Währung ihren Wert behält. Nur dann bleiben die Zinsen niedrig und der Außenwert stabil. Um dies sicherzustellen, wurden so genannte Konvergenzkriterien für die Preisstabilität, die Finanzlage der öffentlichen Haushalte, die Stabilität der Wechselkurse und die Höhe der langfristigen Zinsen in den Teilnahmestaaten festgelegt. Die Einhaltung dieser Kriterien soll einen stabilen Euro garantieren. 2.8 Geldpolitik des Eurosystems Wer achtet darauf, dass nicht zu viel Geld im Umlauf ist, damit der Euro seinen Wert behält? Bis Ende 1998 hatte in Österreich vor allem die Nationalbank dafür zu sorgen, dass der Wert des Geldes erhalten blieb. Mit der Einführung des Euro wurde die Aufgabe der Währungssicherung auf das Eurosystem übertragen, das aus der Europäischen Zentralbank (EZB) und den Zentralbanken der Mitgliedstaaten, die den Euro als gemeinsame Währung eingeführt haben, besteht. Durch ihre Geldpolitik versucht das Eurosystem die vorgegebenen Ziele zu erreichen. Dazu setzt sie die so genannten geldpolitischen Instrumente ein. Das Eurosystem hat dabei eine einheitliche europäische Geldpolitik festzulegen. Diese kann sich nicht an der Lage einzelner Ländern orientieren, sondern muss sich an den Erfordernissen des gesamten Euro-Raumes ausrichten. Die Oesterreichische Nationalbank ist wie die übrigen nationalen Zentralbanken Bestandteil des Eurosystems. Die Nationalbank führt im Rahmen von Leitlinien und Weisungen der EZB die Geldpolitik in Österreich durch, d.h., sie gibt die Banknoten und Münzen in Österreich aus und versorgt die Kreditinstitute mit Zentralbankgeld. Darüber hinaus ist sie in die Bankenaufsicht eingeschaltet, wickelt den bargeldlosen Zahlungsverkehr ab und verwaltet die österreichischen Währungsreserven. Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 28 Ziele des Eurosystems Das vorrangige Ziel des Eurosystems ist, die Preisstabilität zu gewährleisten. Weiters hat das Eurosystem das reibungslose Funktionieren des Zahlungsverkehrs zu fördern und die Währungsreserven der Mitgliedsländer zu verwalten. Ansatzpunkt für die Geldpolitik ist der Bedarf der Banken an Zentralbankgeld. Über die Bedingungen, zu denen die Notenbank Zentralbankgeld an die Banken abgibt, steuert sie die Geldmenge und beeinflusst damit letztlich auch die Preisentwicklung. Zur Steuerung der Geldmenge setzt die Zentralbank so genannte geldpolitische Instrumente ein. Einerseits steuert die Zentralbank die Geldmenge, indem Sie Wertpapiere von den Kreditinstituten kauft und dafür Zentralbankgeld an diese abgibt. Der Fachmann sagt dazu Offenmarktgeschäfte. Dadurch erhöht sich die Geldmenge, und die Kreditinstitute haben mehr Geld zur Kreditvergabe zur Verfügung. Des Weiteren müssen die Kreditinstitute einen Teil ihrer Kundeneinlagen bei der Notenbank hinterlegen. Diese können dann nicht als Kredite an Kunden weitergegeben werden und beschränken somit die Geldmenge. Man bezeichnet diese Einlage auch als Mindestreserve. Je nachdem, wie hoch die Mindestreserve festgelegt wird bzw. wie viele Wertpapiere die Zentralbank ankauft, so verändert sich die Geldmenge. Andererseits setzt die Notenbank auch so genannte Leitzinssätze fest. Zu diesen Zinsen können sich die Kreditinstitute bei der Zentralbank Geld ausborgen (man sagt dazu, das Kreditinstitut refinanziert sich) oder auch überschüssiges Geld anlegen. Durch Erhöhung oder Verminderung seiner Zinssätze verteuert oder verbilligt das Eurosystem die Geldbeschaffung der Kreditinstitute. Dadurch beeinflusst es das Kreditgeschäft der Banken und die Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen. Wie sich eine Veränderung der Leitzinssätze auswirkt, können Sie anhand folgenden Beispiels sehen: Die Zentralbank erhöht die Zinsen um 0,5 %. Somit wird für die Banken die Geldbeschaffung teurer. Sie müssen nun mehr Geld bezahlen, um Zentralbankgeld zu erhalten. Diese Verteuerung geben die Banken an ihre Kunden weiter, indem sie höhere Zinsen für Bankkredite verlangen. Das wiederum verteuert die Güterherstellung und die Dienstleistungen. Manche Geschäfte, die sich bisher noch lohnten, werden nun uninteressant, weil die Geldbeschaffungskosten höher sind als der zu erwartende Gewinn. Deshalb geht auch die Nachfrage der Wirtschaft nach Krediten zurück. Ebenso verschiebt mancher Bauherr bei hohen Zinsen den geplanten Hausbau und mancher Autofahrer den Kauf eines neuen Pkw auf später. Wer Geld zur Verfügung hat, wird es zu guten Zinsen langfristig anlegen. Die Geldmenge wächst langsamer. Gleichzeitig lässt die Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen in der Wirtschaft nach, was wiederum eine Verlangsamung des Preisanstiegs zur Folge hat. Hohe Zinsen führen also nicht zu einer Verstärkung, sondern im Gegenteil zu einer Abschwächung des Preisauftriebs. Senkt das Eurosystem dagegen seine Zinsen, so sinken auch allgemein die Zinsen der Kreditinstitute. Dadurch werden Bankkredite billiger, und manches Geschäft, das sich bisher wegen der hohen Zinslast nicht lohnte, wird nun wieder rentabel. Die Geldmenge und die Nachfrage wachsen nun schneller. Jedoch kann die Geldpolitik alleine keine Geldwertstabilität garantieren. Um Preisstabilität und eine gute Wirtschaftsentwicklung zu erreichen, müssen alle am Wirtschaftsleben Beteiligten versuchen, ihre Einkommensansprüche an die Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft anzupassen und Preissteigerungen aus eigener Kraft zu bremsen. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Tarifvertragspartner (Arbeitgeberund Arbeitnehmerverbände), welche die Arbeitsbedingungen aushandeln und die erheblich die Herstellungskosten der Wirtschaft und damit auch die Preise bestimmen. Wenn zB die Arbeitskosten in einem schnelleren Tempo steigen als die Erzeugung von Gütern und Dienstleistungen, so klettern auch die Preise für die angebotenen Güter und Dienstleistungen (Kosteninflation) in die Höhe. Wichtig für den Erfolg der Geldpolitik ist nicht zuletzt ein funktionsfähiger Wettbewerb in der Wirtschaft, der dazu beiträgt, dass Kostensenkungen in den Preisen weitergegeben und Preissteigerungen vermieden werden. Auch die Finanzpolitik des Staates ist für die Preisentwicklung von erheblicher Bedeutung. Sie muss mit der Geldpolitik an einem Strang ziehen. Denn die staatlichen Ausgaben haben einen hohen Anteil am Bruttoinlandsprodukt und sind von der Geldpolitik kaum zu beeinflussen. Einen wertbeständigen und damit stabilen Euro werden wir nur dann dauerhaft Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 29 erhalten, wenn Regierungen, Zentralbank und Tarifvertragspartner gemeinsam dafür sorgen! Euro-Länder, die ihre Wirtschafts- und Finanzpolitik vorwiegend nach internen Anforderungen ausrichten und sich nicht an den gemeinsamen Stabilitätspakt halten, schwächen das Vertrauen in eine gemeinsame und sichere Währung. 2.9 Zusammenfassung: Glossar Außenwert einer Währung: Tauschwert des Geldes, der von den Wechselkursen zu anderen Währungen abhängig ist. Binnenwert einer Währung: Tauschwert des Geldes innerhalb einer Volkswirtschaft. Buch- oder Giralgeld: Geld, das sich auf einem Konto befindet oder von einem Konto auf ein anderes Konto bewegt wird. Europäische Wirtschafts- und Währungsunion: Währungspolitische Vereinigung der Europäischen Union mittels Einheitswährung als Vollendung des Binnenmarktes. Deflation: Rückgang des allgemeinen Preisniveaus über einen längeren Zeitraum. Geld: Unter Geld versteht man eine Sache, welche die Funktionen eines Tauschmittels (Zahlungsmittels), einer Recheneinheit und eines Wertaufbewahrungsmittels erfüllt. Geldarten: Nach der Erscheinungsform gibt es verschiedene Arten von Geld, nämlich Bargeld, das sind Münzen und Banknoten (Papiergeld), sowie das Buch- oder Giralgeld, das sind Guthaben bei Kreditinstituten, über die jederzeit verfügt werden kann. Geldmenge: Der Bestand an Geld in Händen von Wirtschaftsunternehmen, staatlichen Stellen und von Privatleuten wird Geldmenge genannt. Dazu zählt man zum einen das Bargeld in unserer Tasche, aber auch das Giralgeld auf unseren Bankkonten. Je nachdem, wie weit man die Buchgeldkomponente fasst, erhält man unterschiedliche Geldbegriffe (M1, M2, M3). Geldpolitik: Maßnahmen der Zentralbank, die darauf gerichtet sind, die vorgegebenen Ziele zu erreichen. Dazu setzt sie die so genannten geldpolitischen Instrumente ein. Geldpolitische Instrumente: Methoden zur Steuerung der Zinskonditionen und Knappheitsverhältnisse am Geldmarkt. Im Eurosystem sind dies Offenmarktgeschäfte, die Leitzinssätze und die Mindestreservenpolitik. Geldwert: Der Wert des Geldes leitet sich von den Waren und Dienstleistungen ab, die man damit erwerben kann. Geld ist so gesehen eine Anweisung auf Güter. Der Geldwert sinkt, wenn man für sein Geld weniger Güter als zuvor kaufen kann, weil inzwischen die Preise gestiegen sind. Gesetzliche Zahlungsmittel: Geld, das jeder Gläubiger einer Geldforderung zur Erfüllung seiner Forderung annehmen muss. Inflation: Über mehrere Perioden anhaltender Anstieg des Preisniveaus. Inflationsrate: Prozentsatz der durchschnittlichen jährlichen Preissteigerung, errechnet aus der Veränderung des VPI. Kaufkraft: Die Menge an Waren und Dienstleistungen, die man für eine bestimmte Geldeinheit kaufen kann, wird als Kaufkraft bezeichnet. Konvergenzkriterien: Fünf Kriterien, deren Einhaltung Voraussetzung für die Teilnahme eines EUMitgliedstaates an der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion ist. Die Konvergenzkriterien beziehen sich auf die Preisstabilität (Inflation), die Budgetpolitik (jährliches Nettodefizit), die Gesamtverschuldung eines Staates, die Wechselkursstabilität und das langfristige Zinsniveau. Konvertibilität: Möglichkeit, die eigene Währung frei und ungehindert in fremde Währung zum allgemein gültigen Wechselkurs umzutauschen. Mindestreserve: Die Banken müssen einen bestimmten Prozentsatz ihrer Kundeneinlagen als Guthaben bei der Zentralbank hinterlegen. Offenmarktgeschäfte: Geldpolitische Operation, die auf Initiative der Zentralbank erfolgt und bei der die Zentralbank Wertpapiere hereinnimmt oder abgibt. Damit wird die Geldmenge beeinflusst. Stagnation: Inflation bei stagnierender Wirtschaftsentwicklung, meist mit wachsender Arbeitslosigkeit. Verbraucherpreisindex (VPI): Maßstab für die Inflationsentwicklung, dem ein Warenkorb zugrunde gelegt wird und dessen Wert monatlich berechnet und publiziert wird. Warenkorb: Bündel an Waren und Dienstleistungen, das ein durchschnittliches Verbrauchsverhalten repräsentieren soll (zur Ermittlung des Preisniveaus). Wechselkurs: Austauschverhältnis zweier Währungen. Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 30 2.10 Arbeitsblätter Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 31 Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 32 Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 33 Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 34 Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 35 2.11 Lernkontrolle Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 36 Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 37 3. BUDGET UND STAATSHAUSHALT WIE WIRTSCHAFTET EIN STAAT? 3.1 Einleitung Wir begegnen dem Staat jeden Tag. Besonders schmerzhaft spüren wir ihn, wenn er uns etwas wegnimmt. Für die meisten Einkäufe zahlen wir Mehrwertsteuer, fürs Autofahren Mineralölsteuer, für Zinsen aufs Sparbuch Kapitalertragssteuer und für unseren Hund Hundesteuer. Ganz zu schweigen von den ganzen Abgaben, die wir für unseren Lohn zahlen müssen, wie Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer. Der Staat kann ganz schön die Hand aufhalten, vielleicht wird er deshalb auch öffentliche Hand genannt. Aber wir begegnen dem Staat auch, wenn er uns etwas gibt. Familien kriegen Kindergeld, Pensionisten ihre Rente, und Arbeitslose Arbeitslosenunterstützung. Wir fahren auf Straßen, die der Staat gebaut hat, gehen in Schulen oder werden in Krankenhäusern behandelt, für die ebenfalls der Staat gesorgt hat. Zum Staat gehören alle Institutionen, die die Aufgabe haben, Leistungen für die Allgemeinheit zu erbringen, und die sich hauptsächlich durch Zwangsabgaben finanzieren. Dazu gehören vor allem die Gebietskörperschaften Bund, Länder und Gemeinden sowie die Sozialversicherungseinrichtungen. Der Staat ist in unserer Wirtschaft größter Arbeitgeber, größter Produzent und größter Nachfrager. Die Staatsquote gibt an, welcher Anteil des Bruttoinlandsproduktes (das ist alles, was in einem Land innerhalb eines Jahres produziert wird) auf Staatsausgaben entfällt. In Österreich beträgt die Staatsquote mehr als 50 %. Das bedeutet, dass mehr als die Hälfte des BIP (das BIP betrug 2002 rund 215 Mrd. €) durch die Kassen des Staates fließt. Die Wirtschaft wird durch ein derart großes Volumen ganz wesentlich beeinflusst. Grundsätzlich ist es aber der Markt, der die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen am effizientesten sicherstellen kann. Staatliche Tätigkeit sollte in einer Marktwirtschaft daher immer subsidiär sein, d.h., der Staat sollte nur solche Aufgaben übernehmen, die vom Markt nicht in zufrieden stellendem Ausmaß erbracht werden. 3.2 Die Einnahmen des Staates Die Aufgaben des Staates müssen finanziert werden. Dazu stehen dem Staat verschiedene Einnahmequellen zur Verfügung: 3.2.1 Steuern Steuern sind staatliche Zwangsabgaben, denen keine direkte Leistung gegenübersteht. Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 38 Steuern haben zwei wichtige Funktionen: • Zum einen verschaffen sie dem Staat die Einkommen, die er braucht, um seine Aufgaben erfüllen zu können (Fiskalfunktion); • zum anderen sind sie eine Möglichkeit, ohne Verbote und Gebote Haushalte und Unternehmen zu einem bestimmten Verhalten zu bewegen (Lenkungsfunktion). Wird der Preis von Einwegflaschen durch eine Besteuerung erhöht, kann das die Konsumenten dazu bewegen, auf Mehrwegflaschen umzusteigen. 3.2.2 Direkte und indirekte Steuern Direkte Steuern sind Abgaben auf unser Einkommen und unser Vermögen. Die wichtigsten direkten Steuern sind Lohn- und Einkommenssteuern. Bei den direkten Steuern wird die persönliche Lage des Einzelnen berücksichtigt. Wenn jemand wenig verdient, zahlt er auch weniger Steuern. Direkt heißen diese Steuern, weil sie vom Einkommensbezieher direkt an das Finanzamt gezahlt werden müssen. Steuerträger (das ist derjenige, der letztendlich für die Steuern aufkommen muss) und Steuerzahler (das ist derjenige, der die Steuern an das Finanzamt zahlt) sind bei direkten Steuern identisch. Indirekte Steuern sind Steuern auf unseren täglichen Konsum, sie richten sich also auf die Ausgaben für Güter und Dienstleistungen. Die wichtigste indirekte Steuer ist die Mehrwertsteuer (Umsatzsteuer). Bei den indirekten Steuern wird die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Einzelnen nicht berücksichtigt, die Steuersätze sind für alle gleich, egal, ob der Steuerpflichtige viel oder wenig verdient. Indirekt heißen diese Steuern, weil die Beziehung zwischen Steuerträger (das ist hier der Konsument) und Finanzamt nur indirekt über den Verkäufer der Ware besteht. Der Verkäufer kassiert sie und führt sie ans Finanzamt ab. Bei den indirekten Steuern sind also Steuerträger und Steuerzahler nicht identisch. Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 39 3.2.3 Einkommenssteuer Zur Einkommenssteuer zählen die Lohnsteuer und die so genannte veranlagte Einkommenssteuer. Sie sind die wichtigsten direkten Steuern. Lohnsteuer zahlen die unselbstständig Beschäftigten (Arbeiter, Angestellte, Beamte). Die Lohnsteuer wird vom Arbeitgeber einbehalten und an das Finanzamt abgeführt. Die veranlagte Einkommenssteuer wird von Selbstständigen entrichtet. Veranlagt heißt, dass der Steuerpflichtige jährlich eine Steuererklärung abgibt und dann vom Finanzamt mitgeteilt bekommt, wie viel Steuern er zu zahlen hat. Die Einkommenssteuer wird nicht vom Bruttoeinkommen berechnet, sondern vom so genannten steuerpflichtigen Einkommen. Durch die Steuerfreibeträge können die persönlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden. Der Steuersatz, der nun auf das steuerpflichtige Einkommen angewandt wird, steigt mit dem Einkommen an. Die Höhe des Anstieges wird mit dem Grenzsteuersatz bestimmt. Unter dem Grenzsteuersatz versteht man den Steuersatz, mit dem der letzte verdiente Euro besteuert wird. Den Anstieg der Steuerbelastung mit steigendem Einkommen nennt man Steuerprogression. Wichtig ist, dass die Steuersätze nur auf diejenigen Einkommensteile angewendet werden, die in die jeweilige Steuerstufe fallen. Wenn man durch eine Lohnerhöhung in eine höhere Stufe fällt, wird nicht das ganze Einkommen mit diesem höheren Steuersatz besteuert, sondern nur der Teil, der in die höhere Stufe fällt. Beispiel: Ein steuerpflichtiges Jahreseinkommen von 25.000,– € wird folgendermaßen besteuert: • die ersten 3.640,– € sind steuerfrei; • die nächsten 3.630,– € mit 21 %, das sind 762,3 €; • die nächsten 14.530,– € mit 31 %, das sind 4.504,3 €; • und die letzten 3.200,– € mit 41 %, das sind 1.312,– €. Der Grenzsteuersatz (d.h. der Steuersatz, mit dem der letzte Euro besteuert wird) ist in diesem Beispiel 41 %. Die Gesamtsteuer beträgt 6.578,6 €. Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 40 Durch die progressive Besteuerung werden die persönlichen Verhältnisse des Steuerzahlers berücksichtigt. Wer wenig verdient, zahlt einen geringeren Anteil seines Einkommens an das Finanzamt als jemand, der mehr verdient. Eine progressive Besteuerung hat aber auch ihre Tücken. Durch den Anstieg der Preise (Inflation) werden die Einkommen der Menschen immer weniger wert, also werden in den jährlichen Verhandlungen der Sozialpartner Einkommenserhöhungen beschlossen. Diese Einkommenserhöhungen führen aber, soweit sie nur in der Höhe der Inflationsrate erfolgen, zu keiner Kaufkrafterhöhung, sondern gleichen nur verlorene Kaufkraft aus. Aber durch die Einkommenserhöhung fallen immer mehr Steuerzahler in eine höhere Progressionsstufe, sodass ihnen am Ende weniger übrig bleibt als vorher. Das Ganze nennt man kalte Progression. Die meisten Steuerreformen der letzten Jahre hatten vor allem das Ziel, die Wirkungen dieser kalten Progression durch Anpassung der Steuersätze auszugleichen 3.2.4 Körperschafts- und Kapitalertragssteuer Die Körperschaftssteuer ist die besondere Form der Einkommenssteuer für juristische Personen wie Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Damit soll der Gewinn dieser Gesellschaften erfasst werden, der nicht an die Eigentümer (Aktionäre, Gesellschafter) ausgeschüttet wird. Der Körperschaftssteuersatz beträgt derzeit einheitlich 34 %. Eine andere Form von Einkommen sind die Zinsen auf Sparguthaben und die Dividenden auf Aktien. Diese unterliegen der Kapitalertragssteuer (25 %). 3.2.5 Mehrwertsteuer (Umsatzsteuer) Die wichtigste indirekte Steuer ist die Mehrwertsteuer. Sie wird auf den Umsatz und den Verbrauch von Gütern und Dienstleistungen erhoben. Der normale Mehrwertsteuersatz beträgt derzeit in Österreich 20 %. Die Mehrwertsteuer wird von den Unternehmen kassiert und an das Finanzamt abgeführt. Neben der Mehrwertsteuer gibt es auch noch andere indirekte Steuern wie Mineralölsteuer, Tabaksteuer, Biersteuer, Sektsteuer ... 3.2.6 Sonstige Einnahmen des Staates Gebühren Gebühren sind Abgaben, die für eine spezielle Gegenleistung des Staates gezahlt werden müssen. (z.B. Ausstellung eines Reisepasses, Müllabfuhr) Beiträge Beiträge sind wie Gebühren Abgaben, denen eine direkte Gegenleistung gegenübersteht. Der Beitrag muss aber nicht dem Umfang der staatlichen Leistung entsprechen. Die wichtigsten Beiträge sind diejenigen, die an die Sozialversicherungsträger gezahlt werden. Einnahmen aus Wirtschaftstätigkeit Der Staat hat auch Einnahmen als Unternehmer, da er selbst Betriebe betreibt bzw. an Unternehmen beteiligt ist. Die Gewinne aus diesen Unternehmen und Beteiligungen kann der Staat zur Finanzierung seiner Aufgaben verwenden. Kredite Wenn die bisher aufgezählten Einnahmearten nicht ausreichen, um seine Ausgaben zu decken, hat der Staat natürlich auch die Möglichkeit, sich über Kredite zu finanzieren. 3.3 Finanzausgleich Alle drei Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Gemeinden) dürfen Steuern einheben. Den weitaus größten Teil hebt der Bund ein, die Steuereinnahmen der Länder und Gemeinden sind von untergeordneter Bedeutung. Allerdings darf der Bund nur einen Teil der Einnahmen für sich behalten, den Rest muss er an die untergeordneten Gebietskörperschaften weitergeben. Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 41 Dieses Verfahren, das die Verteilung der Einnahmen zwischen den Gebietskörperschaften regelt, nennt man Finanzausgleich. 3.4 Abgabenquote Die Abgabenquote ist das Verhältnis der gesamten Abgaben zum BIP und ist ein Maß für das gesamtwirtschaftliche Abgabenniveau. Österreich hatte im Jahr 2002 eine Abgabenquote von 44,6 %. Das bedeutet, dass im Durchschnitt jedem Österreicher von 100 verdienten Euro 44,6 Euro vom Staat weggenommen werden. Damit liegt Österreich im europäischen Spitzenfeld. (EU-Durchschnitt 40,8%) Die Abgabenquote ist niedriger als die Staatsquote, die mehr als 50 % beträgt. Das liegt daran, dass der Staat neben den Abgaben noch andere Einnahmequellen hat, z.B. Einnahmen aus Wirtschaftstätigkeit oder die Möglichkeit, Schulden zu machen. 3.5 Die Aufgaben des Staates 3.5.1 Allokationsfunktion Es gibt Güter, die vom Markt nicht oder nicht in einem gesellschaftlich erwünschten Ausmaß bereitgestellt werden. Solche Güter sind z.B. innere und äußere Sicherheit, Rechtsprechung, Bildung, Gesundheit, Energieversorgung, Straßen u.ä. Aufgabe des Staates im Rahmen der Allokationsfunktion ist es daher, in das Marktgeschehen einzugreifen und die entsprechenden Güter selbst bereitzustellen oder durch gezielte Lenkungsmaßnahmen den Markt zur Produktion dieser Güter zu bewegen. 3.5.2 Verteilungsfunktion Der Markt kann zu einer Einkommensverteilung führen, die nicht den gesellschaftlichen Vorstellungen entspricht. Die sich aus dem Marktgeschehen ergebende Einkommensverteilung kann als ungerecht empfunden werden. Im Rahmen der Verteilungsfunktion ist es Aufgabe des Staates, eine „gerechtere“ Einkommensverteilung herzustellen. 3.5.3 Stabilisierungsfunktion Bei der Stabilisierungsfunktion stehen die Auswirkungen der staatlichen Finanzen auf das wirtschaftliche Wachstum, die Beschäftigung und den Geldwert im Vordergrund. Aufgabe des Staates im Rahmen der Verteilungsfunktion ist es, durch Steuerung seiner Einnahmen und Ausgaben die Schwankungen des Wirtschaftsablaufes zu dämpfen. Die Ausgaben des Staates für diese Leistungen kann man im Wesentlichen in drei große Gruppen aufteilen: • Zahlungen für die Gehälter der handelnden Personen (z.B das Gehalt eines Lehrers, Polizisten, aber auch die Zahlungen für die Pensionen von Beamten); • Kosten für die eigentlichen Sachleistungen (z.B. Ausstattung der Schule); • Zahlungen an die verschiedenen Gruppen, die Leistungen des Staates erhalten (z.B. Kindergeld an Familien oder Subventionen an Unternehmen). Diese Zahlungen nennt man Transferzahlungen. Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 42 3.5.4 Staatsausgaben nach ökonomischen Gesichtspunkten Insgesamt hat der Bund im Jahr 2002 fast 62 Mrd. € ausgegeben. Man sieht, dass Transferzahlungen fast die Hälfte dieser Summe ausmachen. Dies ist Ausdruck einer umfangreichen Umverteilungspolitik des Staates. 3.5.5 Einkommensumverteilung Die Einkommensverteilung ergibt sich zunächst auf dem Markt. Die Produktionsfaktoren werden für ihre Leistung im Produktionsprozess entlohnt, Arbeitnehmer erhalten Löhne und Gehälter, Unternehmen Gewinne und Vermögensbesitzer Zinsen, in Summe ergibt sich das schon aus der VGR bekannte Volkseinkommen. Diese Einkommensverteilung, die sich aus dem Leistungsbeitrag des Einzelnen im Produktionsprozess ergibt und die vom Staat nicht oder nur wenig beeinflusst wird, nennt man primäre Einkommensverteilung. Diese Verteilung führt jedoch oft zu gesellschaftlich unerwünschten Ergebnissen. Zum einen können dabei Einkommen entstehen, die nicht ausreichen, die notwendigsten Bedürfnisse der Bezieher zu befriedigen. Zum anderen gibt es Personen, die kein Einkommen beziehen, weil sie noch nicht (z.B. Kinder, Studenten), gerade nicht (z.B. Arbeitslose, Kranke) oder nicht mehr (z.B. Pensionisten) im Produktionsprozess stehen. Unter Einkommensumverteilung versteht man die Korrektur dieser primären Einkommensverteilung nach sozialen Gesichtspunkten. Der Staat benützt seine Mittel, um eine „gerechtere Verteilung“ herbeizuführen. Das Ergebnis ist die so genannte sekundäre Einkommensverteilung. Man unterscheidet eine vertikale und eine horizontale Umverteilung: Die vertikale Umverteilung geht von Reich zu Arm. Besserverdiener werden höher besteuert, die Mittel werden zu denjenigen umgeleitet, die weniger verdienen. Horizontale Umverteilung kann verschiedene Wege gehen: • in Form der Arbeitslosenunterstützung von denjenigen, die Arbeit haben, zu denjenigen, die keine Arbeit haben; • in Form von Pensionen von denen, die sich noch im Produktionsprozess befinden, zu denen, die schon im Ruhestand sind; • in Form von Kindergeld von kinderlosen Familien zu kinderreichen Familien; • in Form von Krankengeld von Gesunden zu Kranken. Die wichtigsten Mittel zur Umverteilung sind eine progressive Besteuerung, d.h. eine höhere Besteuerung höherer Einkommen (siehe die progressive Besteuerung bei der Einkommenssteuer) und Transferzahlungen. Transferzahlungen sind Leistungen des Staates an private Haushalte oder Unternehmen ohne spezielle Gegenleistung, um die sich im Marktprozess ergebende Einkommensverteilung zu korrigieren und eine gesellschaftlich gewollte Verteilung zu erreichen. Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 43 Typische Transferzahlungen sind Pensionen, Kindergeld, Arbeitslosenunterstützung, aber auch Subventionen an Unternehmen ... 3.5.6 Funktionale Gliederung der Staatsausgaben Die bedeutendste Position sind die Ausgaben für soziale Wohlfahrt. Sie machen beinahe ein Drittel der Gesamtausgaben aus. In dieser Position sind die Ausgaben für Familienleistungen (z.B. Kindergeld), Arbeitslosenunterstützungen und die Zuschüsse zur gesetzlichen Pensionsversicherung die größten Einzelposten. 3.6 Das Budget Unter einem Budget (Voranschlag) versteht man den Finanzplan für eine bestimmte Periode. Es ist eine Gegenüberstellung von voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben in einem bestimmten Zeitraum. Ein Rechnungsabschluss (zB der Bundesrechnungsabschluss) enthält dagegen die tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben. Er betrachtet Einnahmen und Ausgaben im Nachhinein. Man sagt, dass ein Budget „in Zahlen gegossene Politik ist“. Damit ist gemeint, dass sich die politischen Vorstellungen der jeweils Regierenden als Posten im Budget niederschlagen. Wofür Geld investiert wird, welche Projekte verwirklicht oder fallen gelassen werden, ob Unternehmer gefördert, die Arbeitslosen unterstützt, die Militärausgaben erhöht oder die Bildungschancen verbessert werden, alles findet seinen Niederschlag im Budget. 3.6.1 Budgetdefizit In den seltensten Fällen werden bei einem Budget die Einnahmen genauso groß sein wie die Ausgaben. Sollte das trotzdem einmal der Fall sein, spricht man von einem ausgeglichenen Budget. Wenn die Einnahmen größer sind als die Ausgaben, dann weist das Budget einen Überschuss auf. Sind die Ausgaben größer als die Einnahmen, dann spricht man von einem (Budget-)Defizit. Das Bruttodefizit gibt an, in welcher Höhe neue Schulden aufgenommen werden müssen. Da aber gleichzeitig ein Teil der alten Schulden getilgt wird, steigt die gesamte Staatsschuld nicht um die Höhe des Bruttodefizits, sondern nur um die Höhe des Bruttodefizits abzüglich dieser Tilgungen. Das Ergebnis ist das Nettodefizit. Das Nettodefizit ist die Neuverschuldung des Staates, d.h., es gibt an, um welchen Betrag die Staatsschulden im betreffenden Jahr zunehmen. Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 44 Wenn also in der Zeitung steht, dass das Budgetdefizit gesunken ist, heißt das nicht, dass die Staatschulden gesunken sind, sondern nur, dass die Schulden langsamer gewachsen sind. Ein so genanntes Nulldefizit führt dazu, dass die Schulden weder zu- noch abnehmen. Um die Schulden zu verringern, muss der Staat einen Budgetüberschuss erreichen und diesen zur Schuldenrückzahlung verwenden. Das Budget des Bundes besteht aus dem allgemeinen Haushalt und dem Ausgleichshaushalt Der allgemeine Haushalt ist das, was man üblicherweise unter dem Budget versteht. Hier sind die Einnahmen und Ausgaben einander gegenübergestellt. Der Ausgleichshaushalt enthält die Einnahmen durch Schuldenaufnahme (z.B. einen Kredit, den der Staat in Anspruch nimmt) und die Ausgaben des Staates für Schuldentilgungen (z.B. für die Tilgung von Krediten). Der Gesamthaushalt ist also immer ausgeglichen, weil einem Defizit im Allgemeinen Haushalt immer ein gleich großer Überschuss im Ausgleichshaushalt gegenübersteht. Wenn von einem (Budget-)Defizit die Rede ist, meint man im Allgemeinen das Defizit des allgemeinen Haushalts, also das Nettodefizit. 3.6.2 Staatsverschuldung Die Staatsverschuldung ist die Summe der Nettodefizite der vergangenen Jahre. Durch die laufenden Defizite ist die Staatsschuld von1992 bis 2002 um rund 58 % gestiegen und betrug im Jahr 2002 rund 124 Mrd. €. Diese Schulden bringt der Staat durch Kredite auf. Den größten Teil davon machen Staatsanleihen und Darlehen bei Banken und Versicherungen aus. Der größte Teil der Schulden sind Euro-Schulden. Die Fremdwährungsschulden sind Schulden in Yen und Schweizer Franken. Fremdwährungsschulden haben den Nachteil, dass Wechselkursänderungen zu einem starken Anstieg der Zahlungs-verpflichtungen führen können. Den Aufwand des Staates, der sich aus Tilgungen und Zinsen zusammensetzt, nennt man Schuldendienst. Der Aufwand des Bundes für die Finanzschulden ist in den letzten Jahren gestiegen, woraus sich folgende Probleme ergeben: • Verringerung des budgetären Handlungsspielraumes Der steigende Schuldendienst führt dazu, dass der Staat einen immer größeren Teil der Einnahmen für den Schuldendienst aufwenden muss. Dieses Geld fehlt dann natürlich für wichtige Aufgaben wie Bildung oder Investitionen in die Infrastruktur. • Verdrängung privater Investitionen Nicht nur die Investitionen des Staates werden durch den steigenden Schuldendienst gefährdet, auch die Investitionen der privaten Unternehmen. Durch die starke Nachfrage nach Krediten treibt der Staat das Zinsniveau in die Höhe, Geld kostet also mehr, und es wird für die Unternehmen teurer, zu investieren. • Belastung künftiger Generationen Künftige Generationen werden mit dem Abtragen der Schulden von heute belastet. Das gilt aber nicht für längerfristige Investitionen, wie z.B. Straßen, von denen zukünftige Generationen ja auch profitieren, sondern für Konsumausgaben, wie z.B. Zuschüsse zu Pensionen. Es spricht also einiges für eine Sanierung des Staatsbudgets mit dem Ziel einer langfristigen Finanzierbarkeit des Staatshaushalts. Eine Sanierung über die Einnahmen (d.h. nichts anderes als höhere Steuern) scheint angesichts der schon jetzt so hohen Abgabenquote nicht der richtige Weg zu sein. Bleibt der Weg über die Ausgaben. Weniger Ausgaben bedeutet natürlich auch, dass der Staat weniger Leistungen erbringen kann. Man wird über die Rolle des Staates in einer sozialen Marktwirtschaft nachzudenken haben wie eine Überforderung des Staates durch immer mehr und neue Aufgaben vermieden werden kann. Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 45 3.6.3 Budget und EU-Konvergenzkriterien Mit dem Beitritt zur Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion hat sich Österreich verpflichtet, bestimmte Spielregeln bei der Erstellung seines Budgets einzuhalten. Sie sind Teil der so genannten Konvergenzkriterien, die jedes Mitgliedsland erfüllen muss. Hauptziel dieser Kriterien ist es, den Wert des Euro zu erhalten, um ein ausgeglichenes Budget des Gesamtstaates zu erreichen. Eine zu hohe Verschuldung der Euro-Teilnehmerstaaten könnte dieses Ziel gefährden. Maßgeblich für die Berechnung ist das Budget des Bundes, der Länder, Gemeinden und Sozialversicherungsträger zusammengerechnet. Nach diesen so genannten Maastricht-Kriterien darf das Nettodefizit (also die Neuverschuldung) jährlich nicht mehr als 3 % des BIP ausmachen und die Staatsverschuldung eines Landes soll 60 % des BIP nicht übersteigen. Diese Maastricht-Kiterien wurden durch den so genannten EU-Stabilitäts-und Wachstumspakt, in dem die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, einen ausgeglichenen Haushalt oder sogar einen Überschuss anzustreben, konkretisiert. Auch in schwierigen Zeiten soll die Neuverschuldung nicht mehr als 3 % des BIP betragen. Jeder Staat muss mehrjährige Stabilitätsprogramme vorlegen, die von der EU überwacht werden. Nötigenfalls werden Empfehlungen ausgesprochen und Korrekturmaßnahmen empfohlen. Gelingt es einem Land trotzdem nicht, die Kriterien einzuhalten, können Sanktionen verhängt werden. Diese bestehen zunächst aus einer zinslosen Geldeinlage, die bei erfolgreicher Budgetkonsolidierung zurückgezahlt wird. Wenn das betroffene Land nach zwei Jahren noch immer das Limit verfehlt, wird die Einlage in eine Geldbuße umgewandelt. Österreich erfüllt beim Budgetdefizit die Kriterien (-0,2%), hat aber bei der Staatsverschuldung (67,3%) noch einigen Nachholbedarf. Die EU-Konvergenzkriterien, vor allem das Defizitkriterium, sind derzeit heftig umstritten. Zum einen ist die Defizitgrenze von 3 % völlig willkürlich gewählt, zum anderen unterscheidet es nicht zwischen „guten“ und „schlechten“ Schulden. Beim strukturellen Defizit lebt der Staat einfach über seine Verhältnisse, selbst bei normaler Konjunktur reichen die Einnahmen nicht aus, um die Ausgaben zu finanzieren. Der Haushalt ist chronisch defizitär. Das ist das schlechte Defizit. Ein konjunkturelles Defizit entsteht dagegen nur, wenn die wirtschaftliche Lage schlecht ist. Dann fehlen dem Staat plötzlich erwartete Einnahmen (z.B. aus der Mehrwertsteuer, weil weniger gekauft wird), auf der anderen Seite hat er unerwartete Ausgaben (z.B. durch höhere Arbeitslosenunterstützungen, weil mehr Menschen arbeitslos sind). Wenn der Staat in einer solchen Situation mit Steuererhöhungen und Ausgabensenkungen reagiert, würde er die Konjunktur noch weiter verschlechtern, er würde prozyklisch reagieren. Gefordert wäre in dieser Situation aber eher ein antizyklisches Verhalten des Staates. Wie jüngste Beispiele zeigen, ist das aber vielen Ländern nicht möglich, weil sie sonst das Budgetkriterium überschreiten. Damit werden Konjunkturkrisen sinnlos verschärft, insbesondere, wenn weit und breit keine Inflationsgefahr zu sehen ist. Es wäre wohl sinnvoller, den Begriff Defizit im Sinne der EU-Kriterien als strukturelles Defizit zu interpretieren und nur auf dieses mit strengen Sanktionen zu reagieren. Ein konjunkturelles Defizit sollte ausgenommen bleiben. Das würde den konjunkturpolitischen Spielraum der einzelnen Staaten erhalten. Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 46 3.7. Arbeitsblätter Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 47 Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 48 Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 49 Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 50 Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 51 3.8 Lernkontrolle Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 52 4. Wirtschaftswelt – Weltwirtschaft 4.1. Außenhandel Unter Außenhandel versteht man einen GRENZÜBERSCHREITENDEN Warenund Dienstleistungsverkehr einer Volkswirtschaft. • Import: Güter und/oder Leistungen werden vom Ausland eingeführt. • Export: Güter und/oder Leistungen werden ins Ausland ausgeführt. Der Handel mit anderen Staaten ist für jedes Land sehr wichtig – er ist Voraussetzung dafür, dass wir Produkte, die bei uns nicht gedeihen oder vorhanden sind, nutzen können (z.B. Bananen). Durch den Außenhandel sind die einzelnen Wirtschaften miteinander verbunden. Das heißt jedoch auch, dass sich Veränderungen in einer Wirtschaft auch auf andere Länder auswirken. Steigen z.B. die Produktkosten in Deutschland, so steigen auch die Preise der von Österreich importierten Produkte aus Deutschland. Devisen: ausländische Zahlungsmittel → durch Export kommen Devisen vom Ausland ins Inland; Importe kosten uns Devisen, die ins Ausland fließen. Neben dem Außenhandel ist jedoch auch der Handel innerhalb eines Landes von großer Bedeutung → dieser wird als Binnenhandel bezeichnet. Warum brauchen wir den Außenhandel? • Viele Güter können nicht in jedem Land gewonnen oder hergestellt werden. • Bei einigen Produkten würden zu hohe Arbeitskosten (Löhne und Gehälter) anfallen → in Billiglohnländern können diese Produkte günstiger produziert werden. • Viele Staaten haben sich auf bestimmte Produkte spezialisiert. Die internationale Arbeitsteilung führt dazu, dass manche Staaten bestimmte Produkte billiger erzeugen können als andere. • Oftmals werden zu viele Güter erzeugt als im Inland benötigt werden → Massenproduktion. Außenwirtschaftliches Gleichgewicht: Export und Import stellen Gegengewichte dar – Österreich muss viele Produkte importieren und so fließt Geld ins Ausland. Dieses Geld fehlt im Inland und so muss man den Export österreichischer Produkte ankurbeln um Geld vom Ausland zu bekommen. Das Ziel der internationalen Wirtschaftspolitik ist es, den Wohlstand der einzelnen Volkswirtschaften zu erhöhen. Durch die unterschiedlichen Produktionskosten kommt es zu Kostenersparnissen beim Import bzw. Export bestimmter Güter. 4.2. Zahlungs- und Leistungsbilanz Zahlungsbilanz Die Zahlungsbilanz zeigt uns, ob in einem Jahr mehr Zahlungen in das Ausland gehen oder vom Ausland nach Österreich kommen. So erkennt man, ob Österreich gegenüber dem Ausland als Gläubiger (positive Bilanz) oder als Schuldner (negative Bilanz) auftritt. Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 53 • Aktive (positive) Bilanz: Mehr Zahlungen vom Ausland nach Österreich als Zahlungen von uns ins Ausland. • Ausgeglichene Bilanz: Zahlungen vom Ausland nach Österreich sind gleich hoch wie Zahlungen von uns ins Ausland. • Passive (negative) Bilanz: Zahlungen vom Ausland nach Österreich sind niedriger als Zahlungen von uns ins Ausland. Eine Bilanz besteht immer aus 2 Seiten: Aktiva (Einnahmen, Exporte) und Passiva (Ausgaben, Importe). Tritt ein Unterschied zwischen Aktiva und Passiva auf, so wird dieser als Saldo bezeichnet. Die Zahlungsbilanz eines Staates setzt sich aus verschiedenen Teilbilanzen wie der Leistungsbilanz, der Kapitelbilanz u.a. zusammen. Leistungsbilanz Gegenüberstellung von Exporten und Importen von Waren und Dienstleistungen. Das Kernstück der Leistungsbilanz ist in den meisten Ländern die Handelsbilanz. Die Leistungsbilanz kann positiv oder negativ sein. Ein langfristiges Leistungsbilanzdefizit wird die Wirtschaft schwächen. Handelsbilanz: Gegenüberstellung von Exporten und Importen von Sachgütern und Waren. Es kann einen Handelsbilanzüberschuss (mehr Exporte als Importe) oder ein Handelsbilanzdefizit (mehr Importe als Exporte) auftreten. Dienstleistungsbilanz: Gegenüberstellung von Exporten und Importen an Dienstleistungen. Einkommens- und Transferbilanz: Hier werden Kapitalerträge und Arbeitsentgelte oder Zahlungen von Mitgliedsbeiträgen an internationale Organisationen berücksichtigt. 4.3. Österreichischer Außenhandel Der österreichische Außenhandel konzentriert sich vor allem auf die Nachbarstaaten, wobei die EU eine wichtige Rolle spielt. In den letzten Jahren sind vor allem die Handelsbeziehungen mit den Staaten Osteuropas gestiegen. Österreich ist wirtschaftlich hoch entwickelt, jedoch rohstoffarm. D.h. wir importieren vor allem Rohstoffe bzw. Halbfertigwaren, die im Inland noch veredelt werden und exportieren möglichst hochwertige Produkte. Österreich exportiert v.a. Industriewaren (2/3 der Exporte). Halbfertigwaren (Textilien, Stahl) stellen 20% der Exporte dar. Das wichtigste Export- als auch Importgut sind Maschinen und Fahrzeuge. In den meisten hoch entwickelten Wirtschaften werden im Grunde genommen die gleichen Waren, aber in unterschiedlicher Art und Ausführung, ausgetauscht → so auch in Österreich. Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 54 Österreichs Außenhandel konzentriert sich seit jeher auf Europa (80 % des Handels), davon 60% mit der EU. Deutschland und Italien stehen seit Jahrzehnten an der Spitze unter den österreichischen Handelspartnern. Demgegenüber steht eine schwache Präsenz Österreichs in Übersee wie in den USA. Ein Grund dafür ist, dass Österreich keine koloniale Vergangenheit hat und ein Binnenland ist. Weiters fehlen große internationale Handelshäuser, multinationale Unternehmen und es gibt nur wenige weltweit bekannte Marken in Österreich. In Österreich gab es seit Jahren erstmals 2002 wieder einen Leistungsbilanzüberschuss, was die erstmals seit 1947 positive Handelsbilanz bewirkt. Österreichs Leistungsbilanz hat sich sowohl gegenüber dem EU-Raum als auch gegenüber dem Rest der Welt verbessert. Jeder einzelne Österreicher beeinflusst durch sein Konsumverhalten die Leistungsbilanz – nimmt man Leistungen aus dem Inland oder dem Ausland in Anspruch…? Die österreichische Wirtschaft hat sich im Laufe der Zeit immer mehr zu einer Dienstleistungsgesellschaft verwandelt. Auch die EU-Erweiterung wird dem österreichischen Außenhandel keine großen Impulse verleihen, da der Handel mit diesen Ländern jetzt schon sehr weit fortgeschritten ist. Für die Zukunft steckt das Potential der österreichischen Exportwirtschaft in folgenden Bereichen: • Hoher technischer Standard • Flexibilität • Offensive Absatzpolitik • Hochqualitative Produkte Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 55 • Intensive Forschungs- und Entwicklungsarbeit 4.4. Außenhandel der Europäischen Union Die EU ist einer der größten Wirtschaftsräume der Welt und rund ein Fünftel des Welthandels erfolgt durch sie. Der Handel der EU kann unterschieden werden: • Intra-EU-Handel: Binnenhandel innerhalb der Mitgliedsstaaten o 4 Grundfreiheiten des EU-Binnenmarktes: Freier Warenverkehr: Zölle und Warenbeschränkungen sind verboten. Freier Personenverkehr: Jeder EU-Bürger kann sich frei innerhalb der EU bewegen und aufhalten. Freier Dienstleistungsverkehr: Bürger oder Unternehmen können in anderen Mitgliedsstaaten Dienstleistungen erbringen. Freier Kapitalund Zahlungsverkehr: Keine Beschränkungen des Kapital- und Zahlungsverkehrs. Außenhandel der Europäischen Union. • Extra-EU-Handel: Haupthandelspartner der EU ist vor allem die USA. 4.5. Welthandel Der Großteil des Welthandels spielt sich zwischen den entwickelten Volkswirtschaften ab. Rund die Hälfte der Weltexporte entfällt auf die 7 größten Wirtschaftsmächte (G-7). Das Welthandelsvolumen betrug 2001 6.000 Mrd. US $. Die größten Welthandelsmächte sind die EU, die USA, Japan, Kanada und China. Innerhalb der EU sind v.a. Deutschland, Frankreich und Großbritannien die stärksten Wirtschaftsmächte. Österreich hält am Welthandel etwa 1 % und zählt zu den Mittelmächten des Welthandels. Die Bedeutung des Außenhandels wird immer größer. Die Ursachen für die starke Zunahme des Welthandels in den letzten Jahrzehnten sind: • Anstieg des BIP bzw. des Volkseinkommens • Spezialisierung einzelner Volkswirtschaften • Geringere Transportkosten, bessere Logistik • Liberalisierung, GATT, WTO Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 56 Der Außenhandel hat jedoch nicht in allen Ländern der Welt gleich zugenommen. Vor allem die Entwicklungsländer im Mittleren Osten, in Nordafrika und Südasien haben ein sehr geringes Außenhandelsvolumen. 4.6. Internationale Handelsorganisationen und –vereinbarungen • Welthandelsorganisation WTO (world trade organization): Sie überwacht die Einhaltung von Handelsabkommen. Ziel ist ein möglichst freier internationaler Handel. Durch den Abbau von Handelshindernissen (Liberalisierung) unter den Mitgliedsstaaten wird eine Steigerung der Beschäftigung, des Einkommens und des Lebensstandards angestrebt. • Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD: Heute sind 29 Staaten Mitglied der OECD, darunter auch Österreich. Ziele der OECD sind die wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, die Vollbeschäftigung und Währungsstabilität sowie die Hilfe für Entwicklungsländer. • Freihandelszonen: Manche Staaten schützen ihre eigene Wirtschaft durch Importbeschränkungen vor dem globalen Wettbewerb. Immer mehr Staaten bevorzugen in jüngster Vergangenheit jedoch regionale Abkommen, wie Freihandelszonen. Eine Freihandelszone ist ein Zusammenschluss von mehreren Ländern, zwischen denen es keine Zölle oder andere Handelsbeschränkungen gibt. Gegenüber Drittstaaten gibt es jedoch Zölle. Auch werden Produkte, die von Drittländern importiert werden und innerhalb der Mitgliedsstaaten weitertransportiert werden, verzollt. Beispiele für Freihandelszonen: EFTA, EWR, NAFTA • G7/G8 Seit 1975 treffen sich jährlich die Staats- und Regierungschefs der 7 wichtigsten Industriestaaten (G 7) Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada und die USA. Seit 1993 ist auch Russlands Präsident bei diesen Treffen anwesend → G 8. Hierbei werden weltweite Wirtschafts- und Währungsfragen sowie Themen wie Energiepolitik, Arbeitslosigkeit, Umweltschutz … besprochen. 4.7. Handelshemmnisse Obwohl die internationalen Handelsorganisationen und –vereinbarungen eine Öffnung (Liberalisierung) des Welthandels anstreben, gibt es nach wie vor zahlreiche Handelshemmnisse, die den Welthandel einschränken. Es kann natürliche (geographische), private oder staatliche Hindernisse für einen grenzüberschreitenden Handel geben. Handelshemmnisse sind staatliche Maßnahmen zur Beschränkung des Außenhandels. Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 57 • • Zölle: Staatliche Zwangsabgaben (Steuern), die bei der Einfuhr, der Ausfuhr oder der Durchfuhr von Waren erhoben werden. o Spezifische Zölle: Zölle auf Menge, Gewicht, Länge, Größe, Alter, … o Wertzölle: bestimmter Prozentsatz des Wertes der Ware Nichttarifäre Handelshemmnisse: Alle staatlichen Maßnahmen, die ausländische Exporteure gegenüber inländischen Konkurrenten diskriminieren → diese Hemmnisse bestehen aber nicht in Zöllen! Es können z.B. mengenmäßige Beschränkungen (Kontingente, Quoten, Export- und Importverbote) bestehen oder sonstige Vorschriften und Standards. o Importkontingente: Nur eine bestimmte Menge einer Ware darf zollfrei importiert werden. Wird mehr importiert, so muss dies verzollt werden. o Quoten: Bezeichnen die Höchstmenge, die von einem Produkt eingeführt werden darf. o Export- oder Importverbote: Bestimmte Waren dürfen nicht ein- oder ausgeführt werden. Gerade diese Handelshemmnisse spielen im Welthandel eine große Rolle. Durch sie sollen v.a. die eigenen Unternehmen gegenüber der ausländischen Konkurrenz geschützt werden. Langfristig gesehen führen solche Handelshemmnisse jedoch zu Nachteilen für diese Volkswirtschaften. 4.8. Globalisierung Globalisierung bezeichnet die stetige Zunahme internationaler Transaktionen auf den Märkten für materielle Güter, Dienstleistungen und Produktionsfaktoren. Hauptursachen der Globalisierung: • Technische Veränderungen • Liberalisierungspolitik der WTO • Einführung der Marktwirtschaft in den mittel- und osteuropäischen Ländern und in China – Öffnung der Länder • Regionale Wirtschaftszusammenschlüsse wie die EU Chancen und Risiken der Globalisierung: Erhöhung des Wohlstandes Zunahme von Ungleichheit Stärkeres Wirtschaftswachstum Schnellere Krisenfortpflanzung Breiteres Güterangebot Abhängigkeit von Konzernen Erhöhung der Exporte Kulturelle Veränderungen Strukturverbesserungen Verlust von Arbeitsplätzen Zusätzliche Arbeitsplätz Umweltprobleme Preisgünstigere Importe Neue Investitionsmöglichkeiten Globalisierung führt gesamtwirtschaftlich gesehen zu: ‐ Vermehrten außenwirtschaftlichen Beziehungen und damit ‐ zu verstärktem Wirtschaftswachstum und ‐ einem breiteren Güterangebot Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 58 Gründe dafür sind die preisgünstigen Importe, die vermehrten Exporte sowie zusätzliche Investitionsmöglichkeiten. Insgesamt ergibt sich ein Wohlstandsgewinn. Die eigenen Unternehmen eines Landes stehen nun im internationalen Wettbewerb – dies erfordert eine Strukturpolitik, welche die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen stärkt. Strukturpolitik umfasst die Forderung der Forschung, Schaffung neuer Ausund Weiterbildungsmöglichkeiten, …. . Auch soll eine Abwanderung von Unternehmen und Mitarbeitern ins Ausland verhindert werden. So wird auch der Staat dem internationalen Wettbewerb ausgeliefert. Er muss die Infrastruktur, das Steuersystem und die Bürokratie so gestalten, dass das Land für Unternehmen möglichst attraktiv ist. 4.9 Arbeitsblätter Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 59 Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 60 Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 61 Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 62 Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 63 4.10 Lernkontrolle Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 64 Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 65 5 IM ZENTRUM EUROPAS – NEUE HERAUSFORDERUNGEN FÜR ÖSTERREICH 5.1 EU-Vertiefung 5.1.1 Die Ausgangssituation Nach dem Zweiten Weltkrieg kam vor dem Hintergrund der Ost-West-Spaltung war es das oberste Ziel der Europäer, in einem geeinten Europa in Frieden und Sicherheit zu leben. Am 09. 05. 1950 ruft der französische Außenminister Robert Schumann zur Zusammenarbeit und zur Überwindung der „Gräben“ des Zweiten Weltkriegs auf. Diese Erklärung wird als die Geburtsurkunde der Europäischen Union angesehen. 5.1.2 Die Geschichte der EU beginnt in den 50er-Jahren mit der Unterzeichnung der Gründungsverträge (EGKS, EuGH) und der Verträge von Rom (EWG, Euratom) Dieser erste Schritt für die Gründung der Europäischen Gemeinschaft steht für die beiden bis heute wichtigsten Geistesströmungen, die dem europäischen Integrationsprozess Gestalt verliehen haben: das auf Dialog und Ergänzung zwischen lokalen, regionalen, nationalen und europäischen Instanzen basierende föderalistische Konzept und der funktionalistische Ansatz auf der Grundlage der schrittweisen Übertragung von Souveränitätsrechten von der nationalen Ebene auf die Gemeinschaftsebene. Die Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) werden 1951 unterzeichnet, die Römischen Verträge zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und der Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom) folgen 1957. Die Gemeinschaft, die zunächst auf einen gemeinsamen Markt für Kohle und Stahl der sechs Gründerstaaten (Belgien, BRD, Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande) beschränkt war, hat von Anfang an zur Erhaltung des Friedens beigetragen. Ihr ist es gelungen, Sieger und Besiegte des letzten europäischen Krieges in einem institutionellen Rahmen auf der Grundlage des Gleichheitsprinzips zu vereinigen. Die ersten Schritte für die europäische Zusammenarbeit fanden auf dem Gebiet der Wirtschaft statt. 5.1.3 Die 60er-Jahre: Bildung gemeinsamer Organe für die Europäische Gemeinschaft + eine Zollunion entsteht Durch den „Fusionsvertrag“ werden die getrennt bestehenden Organe der Gemeinschaften (EWG, EAG, EGKS) zu einem gemeinsamen Rat und zu einer gemeinsamen Kommission zusammengeschlossen, der Begriff Europäische Gemeinschaft entsteht. Unberührt blieb zunächst die rechtliche Selbstständigkeit der Gemeinschaften. Die Zollunion wird verwirklicht, d.h., die Zölle für gewerbliche Erzeugnisse wurden bis Ende der 60er- Jahre vollständig abgeschafft. Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 66 Die Europäische Union ist durch eine institutionelle Grundstruktur gekennzeichnet, die sie von den traditionellen internationalen Organisationen unterscheidet. Die Mitgliedstaaten übertragen einen Teil ihrer Hoheitsrechte auf unabhängige EU-Organe, die die Interessen der Einzelstaaten ebenso wie das Gesamtinteresse der Gemeinschaft vertreten. Diese Organe sind durch komplexe komplementäre Beziehungen miteinander verbunden, aus denen sich der Entscheidungsprozess ergibt. Der Rat der Europäischen Union ist das zentrale Entscheidungsorgan der Europäischen Union. Er setzt sich aus den für das jeweilige Thema der Tagesordnung zuständigen Ministern der 27 Mitgliedstaaten zusammen. Die Vertreter der Mitgliedstaaten beschließen alle wesentlichen Rechtsakte, d.h. Verordnungen, Richtlinien und Beschlüsse. In einigen besonders sensiblen Bereichen wie der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik sowie der Steuer-, Asyl- und Einwanderungspolitik müssen die Beschlüsse des Rates einstimmig gefasst werden. Mit anderen Worten: Jeder Mitgliedstaat kann in diesen Bereichen ein Veto einlegen. In den meisten Fragen beschließt der Rat jedoch mit qualifizierter Mehrheit.Zur Berechnung der qualifizierten Mehrheit (mindestens 62% der Gesamtbevölkerung der EU) werden die Stimmen der Mitgliedstaaten unterschiedlich gewichtet. Die Präsidentschaft im Rat wird für die Dauer von sechs Monaten abwechselnd von jeweils einem Mitgliedstaat wahrgenommen. Das Europäische Parlament ist die demokratisch gewählte Vertretung der Völker der in den Europäischen Gemeinschaften zusammengeschlossenen Staaten. Es ist darüber hinaus am Rechtsetzungsprozess beteiligt. Dem gegenwärtigen Parlament gehören 785 Abgeordnete aus allen 27 EU-Mitgliedstaaten an, die alle fünf Jahre gewählt werden.. Von der nächsten Legislaturperiode (2009–2014) an soll die Zahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments im Prinzip 736 nicht übersteigen. Die Sitzordnung im Plenum richtet sich nicht nach der Nationalität der Mitglieder des Europäischen Parlaments (MEP), sondern nach ihrer Zugehörigkeit zu sieben Fraktionen. Die Europäische Kommission ist die Hüterin der Verträge. Die Kommission ist von den nationalen Regierungen unabhängig. Sie vertritt und wahrt die Interessen der gesamten EU. Die Kommission erarbeitet Vorschläge für neue europäische Rechtsvorschriften, die sie dem Parlament und dem Rat vorlegt. Sie ist auch die Exekutive der EU, d.h. sie ist für die Umsetzung der Beschlüsse des Parlaments und des Rates verantwortlich. Dies bedeutet, dass sie das Tagesgeschäft der Europäischen Union führt: Umsetzung der politischen Maßnahmen, Durchführung der Programme und Verwaltung der Mittel. Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 67 5.1.4 Die 70er-Jahre: Eigene Finanzmittel der EG, Ausdehnung der Arbeitsgebiete der EG, EWS löst die Währungsschlange ab, erste Direktwahl des EU-Parlaments, der Europäische Rechnungshof wird gegründet Angesichts der Erfolge der sechs Gründerstaaten treten Großbritannien, Dänemark und Irland der Gemeinschaft bei. Mit der Erweiterung auf neun Mitgliedstaaten wurde gleichzeitig das Wirken der Gemeinschaft durch neue Politiken (Sozial-, Regional- und Umweltpolitik) verstärkt. Die europäische Gemeinschaft hat ein System zur Schaffung Europäischer Gesetze etabliert, die Funktion des Europäischen Parlaments ist dem Europäischen Rat untergeordnet. 5.1.5 Die 80er-Jahre: Die Einheitliche Europäische Akte wird verabschiedet -> Binnenmarkt Die Europäische Gemeinschaft wächst weiter, Griechenland, Spanien und Portugal treten bei („Europa der Zwölf“). Verabschiedung der Einheitlichen Europäischen Akte (EEA). Dadurch wurden die Voraussetzungen zur Vollendung des Binnenmarkts geschaffen. Der Binnenmarkt mit seinen vier Grundfreiheiten prägt auch heute das gemeinsame Wirtschaften in Europa. Die vier Grundfreiheiten (siehe Kapitel 4, „Wirtschaftswelt Weltwirtschaft”) bauen auf dem Diskriminierungsverbot auf, d.h., jeder Bürger soll innerhalb der EU bzw. EWR (die Bezeichnungen entstehen eigentlich erst in den 90er-Jahren) gleich behandelt werden, keine Diskriminierung auf Grund der Staatsbürgerschaft ist erlaubt. 15 Fall der Berliner Mauer 5.1.6 Die 90er-Jahre: Maastrichter Vertrag, EWR, Beginn der Wirtschafts- und Währungsunion, Vertrag von Amsterdam (Stabilitätspakt), Dubliner Vertrag Zentrales Anliegen der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) ist die Schaffung einer stabilen Währung (Euro) bei gesunder Finanzlage der Mitgliedstaaten (dafür wird ein Stabilitätspakt vereinbart – siehe Kapitel 2, „Geld”) und die Schaffung einer unabhängigen Europäischen Zentralbank. Die Gründe für die wirtschaftliche Zusammenarbeit und die Übertragung von Aufgaben auf EU-Ebene durch die Nationalstaaten sind vielfältig und haben auch einen hohen politischen Beweggrund: • Der Binnenhandel erleichtert vor allem für die kleinen Volkswirtschaften den Handel. • Durch den Wettbewerbs- und daraus sich ergebenden Spezialisierungseffekt Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 68 über die Landesgrenzen hinweg ergeben sich Vorteile für Produzenten wie für Verbraucher. • Ein großer, integrierter Wirtschaftsraum kann eine Stabilisierung des Wirtschaftsmodells bedeuten, insbesondere der Arbeitnehmerrechte. • Eine gemeinsame Währung dient als wichtiger Vorreiter für eine politische Union (hoher emotionaler Effekt). Der „Vertrag über die Europäische Union“ („Maastricht-Vertrag“), weist der EU neue Kompetenzen u.a. in den Bereichen Kultur, Bildung, Gesundheitswesen, Verbraucherschutz, Entwicklungshilfe, Außenund Sicherheitspolitik zu. In den 90er-Jahren treten Schweden, Finnland und Österreich („Europa der 15“) der Europäischen Union bei, und es werden die Verhandlungen mit Estland, Polen, Slowenien, der Tschechischen Republik, Ungarn und Zypern für eine Erweiterung eröffnet. Der Vertrag von Amsterdam (1997) stärkt die Kompetenzen des Europäischen Parlaments im europäischen Rechtsetzungsprozess. Dieser Vertrag bindet auch das Schengener Übereinkommen (mit dem Ziel, die Personenkontrollen an den Binnengrenzen aufzuheben) in den Besitzstand der Europäischen Union ein. 5.1.7 Beginn des 21. Jh.: Vertrag von Nizza, Charta der Grundrechte, Euro-Einführung, EU-Konvent Eine Währung in Europa und eine starke Zentralbank sind nun Realität. Spätestens mit der Euro-Einführung in zwölf der EU-Mitgliedstaaten ist uns bewusst geworden, wie sehr auch der Alltag von europäischer Politik betroffen ist. Die Emotionen waren groß zwischen „Euphorie“ und „Teuro“. Die nächsten Schritte für eine gemeinsame Wirtschaftspolitik sind in Diskussion, sie reichen von einer Harmonisierung der Besteuerung bis hin zur Sozialgesetzgebung. Über fünf Jahrzehnte hat sich ausgehend von der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (1952) und den Römischen Verträgen (1957) über die Einheitliche Europäische Akte (1986) und die Vertragsrevisionen und Ergänzungen von Maastricht (1993), Amsterdam (1999) und Nizza (2000) ein dichtes Geflecht von Normen und Institutionen herausgebildet, das die Mitgliedstaaten der Europäischen Union intensiv miteinander verbindet. Inzwischen gehen rund 80 % der österreichischen Gesetzgebung auf Europäische Regelwerke zurück, die zuvor auf europäischer Ebene getroffen worden sind. Mit dem Zerfall der Sowjetunion und des Kommunismus im östlichen Europa gelingt der Europäischen Union am Beginn des dritten Jahrtausends auch die Integration der mittel- und osteuropäischen Staaten und die Ausdehnung der Zone der Stabilität und des Friedens auf fast ganz Europa. 2004 treten zehn Staaten und 2007 weitere zwei Staaten der EU bei. Die große Zahl an Mitgliedern wird die Funktionsfähigkeit (zB bei Entscheidungen) der EU auf eine harte Probe stellen. Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 69 Der Europäische Rat verabschiedet daher den „Vertrag von Nizza“, der die Entscheidungsverfahren der EU ändert, um den Weg für die EU-Erweiterung frei zu machen. Der Europäische Rat im belgischen Laeken geht noch einen Schritt weiter und beschließt die Einsetzung eines Konvents, der Vorschläge zur politischen und strukturellen Weiterentwicklung – einen Verfassungsentwurf – für die Union ausarbeitet. Die Europäische Union ist heute mehr als ein globaler Wirtschaftsblock mit 450 Mio. Einwohnern. Die EU mit Kompetenzen zur Harmonisierung der Justiz und der inneren Verwaltung, insbesondere zur Verbrechensbekämpfung und einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, hat mit dem EU-Konvent einen Reformprozess in Gang gesetzt, der in Richtung bundesstaatlicher Organisation der EU zeigt. Dank des Verfassungsentwurfes wird die erweiterte EU demokratischer, transparenter und verständlicher werden. Kernaussagen des EU-Verfassungsentwurfs Die in vier Teile gegliederte Verfassung gibt der EU Rechtspersönlichkeit. Die Präambel beschreibt die Werte, auf die sich die künftige Union „der Bürger und Staaten Europas“ gründet. Dazu gehören die „kulturellen, religiösen und humanistischen Überlieferungen“. Jeder Staatsangehörige eines Mitgliedstaates ist Bürger der Union. Er besitzt die doppelte Staatsbürgerschaft, die nationale und die Unionsbürgerschaft. Zur Verfassung gehört auch die Charta der Grundrechte der EU, wie sie im Dezember 2000 in Nizza verkündet wurde. Als Ziele wurden zudem „ein hohes Maß an Umweltschutz“, die Vollbeschäftigung und die „wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft“ festgeschrieben. Zuständigkeiten Es gibt ausschließliche Zuständigkeiten der Union etwa bei Handels- und Währungsfragen und geteilte Zuständigkeiten zwischen Union und Mitgliedstaaten etwa in der Umwelt- und Energiepolitik. Alles, was nicht ausdrücklich in der Verfassung genannt wird, bleibt im Rahmen der Subsidiarität in der Zuständigkeit der Mitgliedsländer. Die Institutionen der Union Das Europäische Parlament, der Europäische Rat, der Ministerrat, die Europäische Kommission und der Gerichtshof sind die Organe der EU. Es wird eine „Doppelspitze“ geben. Neben dem für fünf Jahre gewählten Kommissionspräsidenten soll es einen Präsidenten des Europäischen Rats der Staats- und Regierungschefs geben. Dessen Amtszeit dauert zweieinhalb Jahre und kann einmal verlängert werden. Der Kommissionspräsident wird auf Vorschlag des Rats vom Europäischen Parlament gewählt. Auf das Jahr 2009 verschoben wurde die Verkleinerung der Kommission von heute 20 auf dann 15 Mitglieder. Außenminister Es gibt künftig einen EU-Außenminister. Er wird mit Zustimmung des Kommissionspräsidenten vom Rat ernannt und ist Mitglied und Vizepräsident der Kommission. Unter den allgemeinen Zielen steht: „Die Europäische Union verfolgt eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, die auf der Erreichung einer immer stärkeren Konvergenz des Vorgehens der Mitgliedstaaten beruht.“ Mehrheitsentscheidungen Noch nachverhandeln muss der Konvent, in welchen Politikbereichen künftig Mehrheitsentscheidungen zur Regel werden (d.h. kein Vetorecht besteht). Parlament und Bürgerbegehren Das Europaparlament bekommt mehr Mitwirkungsrechte. Es entscheidet bei den meisten EU-Gesetzen mit. Künftig soll es auch das Instrument des Bürgerbegehrens Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 70 geben. Wenn mindestens eine Million Unterschriften aus mehreren EU-Ländern zusammenkommen, muss sich die EU Kommission mit dem Thema befassen. Austrittsklausel Nach den Vorschlägen des Konventspräsidiums soll es eine Austrittsklausel geben: Wer die Gemeinschaft wieder verlassen will, kann das tun. Ein halbes Jahrhundert europäische Zusammenarbeit in Frieden hat die Geschichte des Kontinents und die Mentalität vieler Europäer geprägt sowie das Machtgefüge verändert. Die Regierungen der Mitgliedstaaten, unabhängig davon, welchem politischen Lager sie angehören, haben den Ausgleich zwischen nationaler Souveränität und gemeinsamen Interessen zu finden. Um mit einem der Gründerväter, Robert Schumann, zu sprechen: „teilen ihre Geschicke“. Die Überwindung des Ost-West-Gegensatzes und die politische wie wirtschaftliche Einigung des Kontinents eröffnet eine neue gemeinsame Zukunft. Die EU ist heute mehr als ein Wirtschaftsblock, die Mitgliedstaaten bekennen sich zu gemeinsamen Werten, deren Wurzeln in der Antike, im Christentum und insbesondere in der Aufklärung liegen. In den letzten Jahren ist die Entwicklung der Europäischen Union von drei Themen gekennzeichnet: • Der Krieg in den Nachfolgestaaten Jugoslawiens relativiert die Selbstverständlichkeit der Friedenszone in Europa und bringt die Schrecken des Krieges quasi direkt vor die Haustür. Damit gewinnt das traditionelle Argument für die Friedensgemeinschaft EU wieder an Wert. • In Zukunft bleibt der EU keine andere Wahl, als auf dem Weg einer gleichermaßen funktionsfähigen wie demokratischen Organisation, die entscheidungs- und handlungsfähig ist, ohne die Identität ihrer Mitgliedstaaten aufzugeben, weiter voranzuschreiten. Wenn die EU es versäumt, ihre Strukturen zu stärken und ihre Entscheidungsmechanismen auf die neue Anzahl an Mitgliedern auszurichten, läuft sie Gefahr, sich selbst zu lähmen. Die Diskussion über weitere Vertiefungsschritte bis hin zu einer eigenen Verfassung wird derzeit geführt. • Die Vertiefung ist begleitet von „Skepsis“ bei vielen Bürgern und belastet von Bürgerferne und Desinformation. 5.2 EU-Erweiterung Die Europäische Union ist seit der Gründung in den 50erJahren jedes Jahrzehnt um neue Mitgliedstaaten erweitert worden. Von sechs auf 15 Mitgliedstaaten, nun bereits 27, dann vielleicht … Die Erweiterung der EU um die Reformstaaten und zwei kleine Mittelmeerinseln wird die Europäische Union geografisch weit in den Osten ausdehnen. Die Europäische Union stellt allerdings bereits seit 1990 den politischen Bezugspunkt für die Reform der politischen und wirtschaftlichen Systeme in Mittel- und Osteuropa dar. Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 71 Die EU hat den Beitritt an folgende „Kopenhagener“ Voraussetzungen“ gebunden: • Politische Kriterien: Stabilität der Institutionen; Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte sowie Achtung und Schutz von Minderheiten müssen garantiert werden; Fähigkeit zur Übernahme der Pflichten der Mitgliedschaft (Acquis Communautaire). • Wirtschaftliche Kriterien: Funktionsfähige Marktwirtschaften und Fähigkeit, dem Wettbewerbsdruck in der EU standzuhalten. Mit diesen Voraussetzungen und dem Heranführungsprozess erfüllt die EU eine wichtige Ankerfunktion, die den Transformationsprozessen der Beitrittskandidaten Richtung und Ziel vorgibt. Die EU entwickelt sich zunehmend auch zum Sammelbecken für die Entwicklung gemeinsamer Interessen von EU Mitgliedstaaten und den neuen Beitrittskandidaten. Die Perspektive der Mitgliedschaft hat bereits im Vorfeld der Erweiterung zu einer Stabilisierung in der Region geführt. Mit dem Beitritt entwickelt sich die EU zur wichtigsten europäischen Organisation für die Aufgabe der Sicherung gesamteuropäischer Stabilität und Konfliktprävention. Eine Erweiterung der EU bringt für alte und neue Mitglieder Chancen und Herausforderungen (vergleiche dazu die unten stehenden Grafiken). Sie sichert den Frieden in der Region und fördert die wirtschaftliche Entwicklung sowie die gesamteuropäische Rechtsgemeinschaft, zB durch harmonisierte Wettbewerbsregeln oder europäische Umweltschutzund Sozialstandards auch in den Beitrittsländern. In einzelnen Bereichen bestehen Übergangsregelungen, zB für die Freizügigkeit am Arbeitsmarkt. Die Erweiterungsrunde 2004 stärkt das Gewicht der EU auf der internationalen politischen „Bühne“. Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 72 Für die neuen Mitglieder bedeutet der Beitritt einen Prozess weitgehender Änderungen in der Wirtschaftsstruktur. Die Veränderung des Wirtschaftens in den Beitrittskandidatenländern zeigt sich auch an der Veränderung der Handelsverflechtungen. Heute sind die EUMitgliedstaaten für die Beitrittskandidatenländer die wichtigsten Exportmärkte. Die neuen Mitgliedstaaten sind mit der Herausforderung konfrontiert, die sich aus dem unterschiedlichen Lebensstandard ergibt, und der daraus resultierenden Unzufriedenheit in einigen der Transformationsstaaten (d.h. Länder, in denen sich das politische und wirtschaftliche System im Wandel befindet). Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf liegt in den neuen Beitrittsländern weit unter dem EUDurchschnitt. Die EU weckt daher bei vielen Bürgern in den neuen Beitrittsländern Erwartungen, die sie nur schwer erfüllen wird können. Für die Realisierung des Beitritts werden hohe Kosten entstehen (siehe Grafik), diese Kosten dienen zum Ausgleich der ökonomischen Unterschiede in den neuen Beitrittsländern. Im Jahr 2004 und weiters 2007 sind also insgesamt zwölf Staaten der Europäischen Union beigetreten, die Abstimmungen in den neuen EU-Ländern sind durchwegs positiv verlaufen. Die Heranführung der neuen Beitrittsländer an die EU hat eine umfangreiche Reformbereitschaft in diesen Ländern aufgezeigt. Die Türkei ist das einzige Land mit Beitrittskandidatenstatus, mit dem derzeit keine Verhandlungen geführt werden, da es bis dato die politischen Kriterien für die Beitrittsverhandlungen nicht erfüllt. Die EU ist mit der Türkei durch eine Zollunion ökonomisch verbunden. Ob nach der Beitrittsrunde 2007 bald weitere Länder in die EU aufgenommen werden, wird derzeit eher kritisch gesehen, denn die EU wird zunächst das Wachstum von 15 auf 27 Mitgliedstaaten und die sich daraus ergebenden Herausforderungen bewältigen. Interesse an einem Beitritt besteht aber bei weiteren Ländern: Kroatien hat 2003 ein Beitrittsansuchen gestellt, und Länder im Südosten Europas zeigen auch Interesse an einer Mitgliedschaft. 5.3 Zusammenfassung Zum Abschluss dieses Kapitels haben wir für Sie zur Erinnerung und Wiederholung einige wichtige Begriffe und ihre Bedeutung in Form eines Glossars zusammengestellt: Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 73 Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 74 5.4 Arbeitsblätter Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 75 Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 76 Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 77 Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 78 5.5 Lernkontrolle Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B Seite 79