LIEBE SCHÜLERIN, LIEBER SCHÜLER! Wir freuen uns, dass Sie

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LIEBE SCHÜLERIN, LIEBER SCHÜLER!
Wir freuen uns, dass Sie den Unternehmerführerschein absolvieren wollen.
In diesem Kapitel werden Sie Interessantes und Wissenswertes über
das Bruttoinlandsprodukt, Wirtschaftswachstum, Konjunktur und Konjunkturpolitik
erfahren.
Nach diesem Kapitel wissen Sie
• was man unter dem Bruttoinlandsprodukt versteht.
• welche Bedeutung das BIP als Gradmesser für die wirtschaftliche Leistung
eines Landes hat.
• dass die Wirtschaft nicht gleichmäßig wächst.
• welchen Beitrag die einzelnen Wirtschaftssektoren zum BIP leisten.
• wofür das BIP verwendet wird.
• was das Volkseinkommen ist und wie es sich verteilt,
• was man unter Konjunktur versteht.
• welche Möglichkeiten der Staat hat, den Konjunkturverlauf zu beeinflussen.
Nach diesem Kapitel können Sie
• erklären, was man unter Wertschöpfung versteht.
• den Unterschied zwischen nominalen und realen Größen erklären.
• erklären, was man unter Wirtschaftswachstum versteht und welche
Bedeutung es für ein Land hat.
• die typischen Phasen eines Konjunkturzyklus und ihre Merkmale nennen.
• erklären, welche Bedeutung Investitionen und Produktivitätssteigerungen
für das Wirtschaftswachstum haben.
Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
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INHALTSVERZEICHNIS
1. VOLKSWIRTSCHAFTLICHE GESAMTRECHNUNG
1.2 Bruttoinlandsprodukt (BIP)
1.2.1 Wertschöpfung
1.2.2 Was ist nicht im BIP?
1.2.3 BIP pro Kopf
1.2.4 BIP als Wohlstandsmaß
1.2.5 Bruttonationaleinkommen (BNE)
1.3 Nominelles und reales Bruttoinlandsprodukt
1.4 Entstehung, Verwendung und Verteilung des BIP
1.5 Wirtschaftswachstum
1.5.1 Investitionen
1.5.2 Produktivität
1.5.3 Innovationen
1.6 Konjunktur – das Auf und Ab der Wirtschaft
1.6.1 Wie kommt es zu Konjunkturschwankungen?
1.6.2 Saisonale Schwankungen
1.6.3 Konjunkturindikatoren
1.7 Konjunkturpolitik
1.7.1 Antizyklische Wirtschaftspolitik
1.7.2 Geld- und Fiskalpolitik
1.7.3 Angebotsorientierte Wirtschaftspolitik
1.8 Arbeitsblätter
1.9 Lernkontrolle
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2. GELD UND GELDWERT – WELCHEN WERT HAT DER EURO?
2.1 Funktionen des Geldes
2.2 Arten von Geld
2.3 Der Kreislauf des Bargeldes
2.4 Geldmenge
2.5 Der Wert des Geldes
2.7 Europäische Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU)
2.8 Geldpolitik des Eurosystems
2.9 Zusammenfassung: Glossar
2.10 Arbeitsblätter
2.11 Lernkontrolle
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22
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23
23
23
28
28
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3. BUDGET UND STAATSHAUSHALT
WIE WIRTSCHAFTET EIN STAAT?
3.1 Einleitung
3.2 Die Einnahmen des Staates
3.2.1 Steuern
3.2.2 Direkte und indirekte Steuern
3.2.3 Einkommenssteuer
3.2.4 Körperschafts- und Kapitalertragssteuer
3.2.5 Mehrwertsteuer (Umsatzsteuer)
3.2.6 Sonstige Einnahmen des Staates
3.3 Finanzausgleich
3.4 Abgabenquote
3.5 Die Aufgaben des Staates
3.5.1 Allokationsfunktion
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Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
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3.5.2 Verteilungsfunktion
3.5.3 Stabilisierungsfunktion
3.5.4 Staatsausgaben nach ökonomischen Gesichtspunkten
3.5.5 Einkommensumverteilung
3.5.6 Funktionale Gliederung der Staatsausgaben
3.6 Das Budget
3.6.1 Budgetdefizit
3.6.2 Staatsverschuldung
3.6.3 Budget und EU-Konvergenzkriterien
3.7. Arbeitsblätter
3.8 Lernkontrolle
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42
43
43
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44
44
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4. WIRTSCHAFTSWELT - WELTWIRTSCHAFT
4.1. Außenhandel
4.2. Zahlungs- und Leistungsbilanz
4.3. Österreichischer Außenhandel
4.4. Außenhandel der Europäischen Union
4.5. Welthandel
4.7. Handelshemmnisse
4.8. Globalisierung
4.9 Arbeitsblätter
4.10 Lernkontrolle
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5 IM ZENTRUM EUROPAS –
NEUE HERAUSFORDERUNGEN FÜR ÖSTERREICH
5.1 EU-Vertiefung
5.1.1 Die Ausgangssituation
5.1.2 Die Geschichte der EU beginnt in den 50er-Jahren mit der
Unterzeichnung der Gründungsverträge (EGKS,
EuGH) und der Verträge von Rom (EWG, Euratom)
5.1.5 Die 80er-Jahre: Die Einheitliche Europäische Akte wird verabschiedet ->
Binnenmarkt
5.1.6 Die 90er-Jahre: Maastrichter Vertrag, EWR, Beginn der
5.1.7 Beginn des 21. Jh.: Vertrag von Nizza, Charta der
5.2 EU-Erweiterung
5.3 Zusammenfassung
5.4 Arbeitsblätter
5.5 Lernkontrolle
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Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
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1. Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung
Wie gut geht es unserer Wirtschaft?
1.2 Bruttoinlandsprodukt (BIP)
Das BIP ist die maßgebliche Kennzahl zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit
und des Wohlstandes einer Volkswirtschaft.
Auf das BIP beziehen sich auch viele Kriterien für die Teilnahme an der
Euro-Währung, wie zB die maximal zulässige Neuverschuldung, die ein
Land pro Jahr eingehen darf (3 % des BIP), oder die maximale Verschuldung,
die ein Land haben darf (60 % des BIP).
Viele Kennzahlen, wie die Produktivität einer Wirtschaft, ihre Investitionstätigkeit
oder die Exportintensität, nehmen ebenfalls Bezug auf das BIP.
Unter dem Bruttoinlandsprodukt (BIP) versteht man den Wert aller
Endprodukte und Dienstleistungen, die in einem Land in einer
bestimmten Periode hergestellt werden.
Das BIP erhalten wir also, wenn wir alle Produkte, die in einem Land hergestellt
wurden, addieren. Aber wie addiert man so unterschiedliche Produkte
wie Bohrinseln und CDs, Haarschnitte und Taxifahrten, Automobile
und Medikamente, Theatervorstellungen und Flugreisen?
Ganz einfach: Alle diese Produkte haben eines gemeinsam, und das ist der
Marktpreis. Um all diese unterschiedlichen Produkte zusammenzuzählen,
wird jedes Einzelne mit seinem Marktpreis bewertet. Und die Marktpreise
aller Produkte kann man addieren, die Summe ist das BIP.
Na ja, ganz so einfach ist es in Wirklichkeit nicht. Denn es stimmt nicht,
dass alle Produkte und Dienstleistungen einen Marktpreis haben. Was ist
zum Beispiel mit den unentgeltlichen Leistungen, die der Staat zur Verfügung
stellt, zB die Leistung von Polizisten oder Lehrern? Da es für diese
Leistungen keinen Marktpreis gibt, werden sie mit ihren Kosten (also dem
Gehalt des Lehrers oder Polizisten) bewertet.
In das BIP werden nur Güter eingerechnet, die in der laufenden Periode
hergestellt wurden. Bereits existierende Güter werden nicht berücksichtigt.
Der Bau eines Hauses zählt zum BIP, der Handel mit bestehenden Häusern nicht. Eine
eventuelle Gebühr für den Immobilienmakler gehört aber ins BIP, weil seine Leistung in der
laufenden Periode erbracht wird.
1.2.1 Wertschöpfung
Da die meisten Produktionsprozesse mehrstufig verlaufen, dürfen in das
BIP nur Endprodukte eingehen (Endprodukte sind solche Produkte, die
nicht mehr weiter verarbeitet werden). Ansonsten kommt es zu Mehrfachzählungen.
Um das zu verstehen, schauen wir uns ein einfaches Beispiel an:
Ein Hersteller von Computern kauft bei einem Lieferanten Computerchips.
Aus diesem (und anderen Teilen) baut er einen Computer
zusammen und verkauft ihn. Der Computerhersteller hat den Chip also nicht selbst
produziert. Seine Leistung besteht darin, dass er aus den zugekauften Teilen ein neues
Produkt herstellt. Er fügt den zugekauften Teilen einen zusätzlichen Wert
hinzu.
Produkte, die von anderen Unternehmen zugekauft und weiterverarbeitet
werden, nennt man Vorleistungen. Dazu zählen Rohstoffe,
Vorprodukte, Handelswaren und Reparaturleistungen.
Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
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In das BIP soll jetzt neben dem Preis des Endproduktes Computer nicht auch noch der Preis
der Vorleistung Chip eingehen, weil der ja schon im Wert des Computers steckt. Würden wir
den Chip auch noch dazuzählen, würde er doppelt ins BIP eingehen. Wenn wir uns also
dafür interessieren, welche Werte in einer Volkswirtschaft geschaffen werden, müssen solche
Doppel- und Mehrfachzählungen natürlich vermieden werden, weil ansonsten der Wert der
geschaffenen Produkte weit überschätzt wird.
In der Praxis vermeidet man Doppelzählungen, indem man mit der so
genannten Wertschöpfung arbeitet.
Wertschöpfung ist der Mehrwert, den ein Unternehmen im Produktionsprozess
schafft. Die Wertschöpfung errechnet sich als Verkaufserlös
minus Vorleistungen.
Auf jeder Produktionsstufe wird nur die jeweilige Wertschöpfung zum BIP
gerechnet.
Schauen wir uns das am Beispiel eines vierstufigen Produktionsprozesses an: Verkauft ein
Bauer Weizen um 100 €, beträgt seine Wertschöpfung 100 €. Kauft ein Müller den Weizen
und macht daraus Mehl, das er um 150 € an einen Bäcker verkauft, so beträgt seine
Wertschöpfung 50 € (150 –100 an Vorleistungen). Der Bäcker verarbeitet den Weizen zu
Brot und verkauft dieses für 200 € an einen Supermarkt. Seine Wertschöpfung beträgt
ebenfalls 50 €. Und der Supermarkt
verkauft das Brot an den Endverbraucher für 230 € und erwirtschaftet
so eine Wertschöpfung von 30 €. Wenn man die Wertschöpfung aller vier Produktionsstufen
(Bauer, Müller, Bäcker, Supermarkt) zusammenzählt, ergibt das 100 + 50 + 50 + 30 = 230 €
und das entspricht genau dem Wert des Brotes, das
an den Endverbraucher verkauft wurde. Die Vorleistungen Weizen, Mehl und Brot gehen
nicht ins BIP ein, sie stecken im Wert des Endproduktes.
(In diesem Beispiel gehen wir davon aus, dass der Bauer keine Vorleistungen einsetzt, was
natürlich unrealistisch ist. Es gibt praktisch keine Güter, aber auch Dienstleistungen, die ohne
Vorleistungen erstellt werden.)
Grafisch lässt sich das so zeigen:
Die Summe aller Wertschöpfungen einer Volkswirtschaft ergibt das BIP.
1.2.2 Was ist nicht im BIP?
Allerdings misst das BIP nicht alle in einem Land erbrachten Leistungen.
Große Teile werden nicht erfasst, obwohl sie einen durchaus erheblichen Teil der
Wertschöpfung eines Landes ausmachen. Dazu zählen
• alle Tätigkeiten im Haushalt: Das selbst gekochte Essen: die nötigen Zutaten werden
konsumiert werden; die Wertschöpfung der Hausfrau oder des Hausmannes werden nicht
berücksichtigt;
• die ganze Do-it-yourself-Bewegung: Bau des eigenen Hauses: nur der Einkauf der
benötigten Materialien;
• die ganze Schattenwirtschaft: Alle Leistungen, die am Staat vorbei steuerfrei
Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
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erbracht werden, wie zB unversteuerter Nachhilfeunterricht, die illegale Beschäftigung von
Arbeitskräften, nicht gemeldete Untermieter oder schwarz arbeitende Haushaltshilfen, zählen
auch nicht zum BIP, obwohl ihr Umfang auf mehr als 10 % des BIP geschätzt wird.
1.2.3 BIP pro Kopf
Was ist, wenn das reale BIP steigt, gleichzeitig aber auch die Bevölkerung wächst? Was
bleibt für den Einzelnen übrig?
Das ist zB ein Problem in vielen Entwicklungsländern, wo das reale BIP zwar wächst, die
Bevölkerung aber noch schneller zunimmt.
Und wenn man den materiellen Wohlstand zweier Länder miteinander
vergleichen will, ist das absolute BIP auch wenig geeignet. Natürlich hat
zB Deutschland ein zehnmal höheres BIP als Österreich, aber man kann
nicht sagen, dass die Deutschen zehnmal reicher sind – Deutschland hat ja
auch zehnmal so viele Einwohner.
Für wirklich aussagekräftige Vergleiche bezieht man das BIP daher auf die
Bevölkerungszahl, das Ganze nennt man dann BIP pro Kopf.
Die folgende Tabelle zeigt das BIP/Kopf für einige Länder für das Jahr 2002:
In der obigen Tabelle ist das österreichische BIP/Kopf mit 100 angenommen.
Die 172,2 von Luxemburg bedeuten, dass das luxemburgische BIP/Kopf um 72,2 % höher ist
als das österreichische.
Beim BIP/Kopf darf man aber nicht vergessen, dass es sich um eine
Durchschnittsrechnung handelt. Über die tatsächliche Verteilung des Wohlstandes sagt das
nichts aus, zB ob es in einem Land wenige sehr Reiche und viele Arme gibt, wie zB in
Brasilien, oder ob das Einkommen gleichmäßiger verteilt ist, wie in Österr.
1.2.4 BIP als Wohlstandsmaß
BIP ist immer noch wichtigster Maßstab für den Wohlstand eines Landes: Hohes BIP, hoher
Wohlstand, niedriges BIP, niedriger Wohlstand = Formel
Kritik: Das BIP zählt nur die Wirtschaftsaktivitäten zusammen und bewertet sie.
Ob die jeweilige Aktivität wohlstandssteigernd ist, wie zB eine innovative
Erfindung zur Müllvermeidung, oder ob die Aktivität durch sinnlose Verschwendung
von Rohstoffen zukünftigen Generationen das Leben schwermacht, wird im BIP nicht
berücksichtigt.
Aktivitäten, die die Bewohner eines Landes krank machen, die Luft verpesten und die
Gewässer verseuchen, können durchaus zu einer Erhöhung des BIP führen.
Es ist aber fraglich, ob das als Wohlstand empfunden wird.
Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
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Auch die Beseitigung von Umweltschäden, die Entsorgung von Sondermüll, die
Rehabilitation von Unfallopfern, steigende Rüstungsausgaben wegen kriegerischer
Auseinandersetzungen, steigender Alkohol- und Tabakkonsum oder mehr Verkehrstote
erhöhen das BIP und senken den Wohlstand.
Allerdings dürfen wir bei aller berechtigten Kritik am BIP als Wohlstandsmaß
nicht übersehen, dass ein oft sehr enger Zusammenhang besteht zwischen
dem BIP und verschiedenen Kennzahlen, die typischerweise als
Wohlstandsindikatoren gelten.
1.2.5 Bruttonationaleinkommen (BNE)
Bruttonationaleinkommen, Bruttosozialprodukt und Bruttonationalprodukt.
Das sind drei Namen für ein und dieselbe Sache, wobei Bruttosozialprodukt
und Bruttonationalprodukt veraltet sind.
Im Prinzip sind sie das Gleiche wie das BIP aber es gibt aber einen kleinen
Unterschied:
Das BIP erfasst alle Leistungen, die im Inland erwirtschaftet werden. Darum heißt es ja auch
so. Und dabei ist es egal, ob die Leistung von Inländern oder von Ausländern erbracht wird
(Inlandskonzept).
Das Bruttonationaleinkommen erfasst dagegen die Leistung von Inländern,
egal, ob diese im Inland oder im Ausland erbracht wird (Inländerkonzept).
Um vom BIP zum BNE zu kommen, rechnet man einfach die Einkommen
der Ausländer im Inland weg und die Einkommen der Inländer im Ausland
dazu.
1.3 Nominelles und reales Bruttoinlandsprodukt
Das BIP besteht also aus zwei Komponenten, einer Mengenkomponente („alle Produkte und
Dienstleistungen“) und einer Preiskomponente („bewertet zu Marktpreisen“).
Das BIP steigt, wenn entweder mehr produziert wird oder wenn die Preise
(gemeint sind die Durchschnittspreise aller Güter) für die Produkte und
Dienstleistungen steigen, oder wenn beides zutrifft.
Man unterscheidet daher zwischen nominellem und realem Bruttoinlandsprodukt.
Beim realen BIP wird die Preiskomponente also konstant gehalten, es wird die reine
Produktionssteigerung gemessen. Daher ist das reale BIP das korrekte Maß für die
wirtschaftliche Leistung eines Landes.
Die folgende Abbildung zeigt das Wachstum des realen und des nominellen
BIP von 1989 – 2001. Das nominelle BIP ist immer stärker gestiegen als das reale. Das liegt
daran, dass in diesen Jahren das Preisniveau ständig gestiegen ist – allerdings
unterschiedlich stark. Ab 1996/97 nähern sich die beiden BIP wegen der ab diesen Jahren
deutlich niedrigeren Preissteigerungsraten einander an.
Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
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Die Grafik zeigt auch, dass man mit Zahlen über nominelles und reales Wachstum vorsichtig
sein muss: Vergleichen wir einmal die Werte der Jahre 1993 und 1999. Die nominellen Werte
betrugen 1993 und 1999 jeweils 3,4 %. 1993 war dieses Wachstum jedoch fast
ausschließlich auf Preissteigerungen zurückzuführen. Das reale Wachstum betrug nur 0,4 %.
1999 hingegen war das Wachstum vor allem auf einen Anstieg der Produktionsleistung
zurückzuführen, das reale BIP stieg um 2,7 %.
1.4 Entstehung, Verwendung und Verteilung des BIP
In der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung gibt es drei Rechnungen
zum BIP, die interessante Informationen zur wirtschaftlichen Struktur liefern:
Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
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1.5 Wirtschaftswachstum
Unter Wirtschaftswachstum versteht man eine Erhöhung des realen
BIP. Von einer wachsenden Wirtschaft wird also dann gesprochen,
wenn in einem Jahr mehr Güter hergestellt werden als im Jahr
zuvor.
Die folgende Abbildung zeigt das Wachstum des realen BIP von 1988 –
2001.
Man erkennt, dass die Wirtschaft in diesem Zeitraum immer gewachsen
ist. Tatsächlich ist das reale BIP in den Jahren seit dem Zweiten Weltkrieg
immer gestiegen, mit Ausnahme von 1975 und 1981. Warum ist das so?
Welche Faktoren führen dazu, dass die Wirtschaft eines Landes wächst?
1.5.1 Investitionen
Unter Investitionen versteht man den Kauf von Produktionsmitteln
wie Maschinen, Gebäuden, Fahrzeugen u.Ä.
1. Ersatzinvestitionen: um im Produktionsprozess
verbrauchten Anlagen (Maschinen, Gebäude, Fahrzeuge u.Ä.) zu ersetzen. Es werden aber
keine zusätzlichen Kapazitäten geschaffen.
Wenn ein Speditionsunternehmen einen alten LKW durch einen neuen ersetzt, dann spricht
man von einer Ersatzinvestition.
2. Erweiterungsinvestitionen: dadurch werden die bestehenden Kapazitäten erhöht.
Wenn die Spedition zusätzlich zu ihrem alten LKW einen neuen anschafft und damit
Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
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in der Lage ist, mehr als bisher zu transportieren, dann spricht man von
einer Erweiterungsinvestition.
3. Rationalisierungsinvestitionen: noch funktionstüchtige Anlagen durch neue, aber
bessere ersetzen,.
Das Speditionsunternehmen kann sich beispielsweise entschließen, seinen alten
LKW auszumustern und durch einen moderneren zu ersetzen, mit dem es
die Transporte kostengünstiger durchführen kann.
Von diesen Investitionen hängt das zukünftige Wirtschaftswachstum eines
Landes entscheidend ab. Nur mit wachsenden und modernen Produktionsmitteln
kann eine Wirtschaft wachsen.
1.5.2 Produktivität
Produktivität ist ein Maß für die Leistungsfähigkeit der Produktionsfaktoren
Arbeit und Kapital. Sie gibt das Verhältnis von Produktionsmenge
und eingesetzten Produktionsfaktoren an.
Beispiel: Ein Unternehmen produziert Autos. Wenn in einem Jahr von 100
Arbeitern 100 Autos produziert werden, dann kommt auf einen
Arbeiter ein Auto. Werden von denselben Arbeitern 120 Autos produziert,
dann kommen auf einen Arbeiter 1,2 Autos, die (Arbeits-)
Produktivität ist gestiegen, und zwar gleich um 20 %.
Gründe für die steigende Produktivität sind Forschung und Entwicklung
und der daraus resultierende technische Fortschritt, der Einsatz von immer
besseren Anlagen und Maschinen, die bessere Ausbildung der Arbeitskräfte
und eine immer stärkere Spezialisierung.
1.5.3 Innovationen
Darunter versteht man das Ergebnis von Forschung und Entwicklung und
ihre Umsetzung in neue Produkte oder Prozesse.
Basisinnovationen: Neuerungen, die ganze Wirtschaftszweige
neu entstehen und alte verschwinden lassen. Beispiele: Auto, das Telefon, Radio und
Fernsehen, Computer, Handy oder das Internet = Produktinnovation
Prozessinnovation: zB Roboter in Autoindustrie schweißen schneller u. billiger
Æ Nachfrage, Produktion und Wirtschaftswachstum angekurbelt und Arbeitsplätze
geschaffen.
Länder, die neue Produkte und DL hervorzubringen, werden dabei gewinnen
Eine wachsende Wirtschaft hat für ein Land eine große Bedeutung.
Wächst das BIP jährlich um 2 %, so verdoppelt es sich innerhalb von 35
Jahren. Dann kann jede Generation mit einem doppelt so hohen materiellen
Wohlstand rechnen wie die vorige. Wenn das BIP durchschnittlich
nur um 1% wächst, dauert es 70 Jahre, bis es sich verdoppelt. Über die
Zeit haben schon kleine Unterschiede in den Wachstumsraten eine große
Auswirkung.
In einer Wirtschaft, die nicht wächst, können Einkommenssteigerungen
für eine bestimmte Gruppe nur dann erzielt werden, wenn anderen etwas
weggenommen wird. Wenn der „Kuchen“ größer wird, kann auch jeder
ein größeres Stück bekommen.
Aber nicht nur zur Hebung, sondern auch zur Erhaltung des Lebensstandards
ist eine wachsende Wirtschaft wichtig. Bei einer wachsenden Bevölkerung
würde das BIP pro Kopf sinken, wenn die Wirtschaft nicht wächst.
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1.6 Konjunktur – das Auf und Ab der Wirtschaft
Wir haben gesehen, dass das BIP ständig wächst. Allerdings vollzieht sich
dieses Wachstum nicht regelmäßig. Das BIP wächst einmal etwas stärker, ein anderes Mal
etwas weniger stark.
Das heißt: die wirtschaftlichen Aktivitäten eines Landes unterliegen mehr oder weniger
deutlich unterscheidbaren Schwankungen.
In bestimmten Zeiträumen wird zB mehr investiert, produziert und konsumiert als in anderen.
Dieses Auf und Ab in den wirtschaftlichen Abläufen, das sich in verschiedenen
volkswirtschaftlichen Größen niederschlägt, bezeichnet
man als Konjunktur(verlauf). Gemessen wird dieses Auf und Ab
am Wachstum des BIP.
1989 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1990 1999 2000 2001
Die folgende Grafik zeigt einen Konjunkturverlauf mit den vier typischen
Phasen:
Zu beachten ist, dass in dieser Grafik die Wachstumsraten des BIP dargestellt
sind und nicht die absoluten Werte des BIP. In der Krise kommt es
nicht zwangsläufig zu einem Rückgang des BIP, das BIP wächst nur langsamer,
und zwar so langsam, dass das Wachstum keine positiven Effekte,
zB auf die Beschäftigung, hat. Ein Rückgang der absoluten Werte, also ein
„Minuswachstum“, kommt, wie wir weiter hinten schon gesehen haben,
eher selten vor.
Die Zeitspanne von einem Tiefstand zum nächsten bezeichnet man als
Konjunkturzyklus, wobei Ausgangs- und Endpunkt je nach Stärke des
Auf- und Abschwungs auf verschiedenen Niveaus liegen können. Ist die
Wirtschaft nach einem Konjunkturzyklus auf einem niedrigeren Niveau als
am Beginn, dann ist die Wirtschaft geschrumpft; ist sie auf einem höheren
Niveau, dann ist sie gewachsen.
Konjunkturzyklen sind unterschiedlich lang und dauern allgemein etwa
zwischen zwei und sieben Jahren.
1.6.1 Wie kommt es zu Konjunkturschwankungen?
Konjunkturschwankungen haben in den seltensten Fällen eine einzige
Ursache. Fast immer ist es ein Bündel von Ursachen, die bewirken, dass
eine Wirtschaft in eine Rezession gerät oder sich daraus befreien kann.
Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
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Eines haben alle Konjunktursituationen gemeinsam: Die gesamtwirtschaftliche
Nachfrage stimmt nicht mit dem Angebot überein.
Schauen wir uns einmal ein kleines (und sehr vereinfachtes) Szenario an.
Ausgangspunkt ist ein kräftiger Anstieg der Rohölpreise. Das verteuert
viele Produkte, die Menschen haben weniger Geld, um andere
Güter zu kaufen. Die sinkende Inlandsnachfrage bewirkt, dass die
Unternehmer weniger Gewinn erzielen. Dadurch können sie auch
weniger investieren. Von der Ölpreiserhöhung sind auch andere
Länder betroffen, was Auswirkungen auf die Exportnachfrage hat.
Arbeitskräfte müssen entlassen werden, dadurch sinken die Einkommen,
und die Nachfrage geht weiter zurück. Die Wirtschaft ist
auf dem Weg in eine Rezession.
D.H: Eine Ursache verstärkt sich und zieht die Wirtschaft in einer negativen Spirale nach
unten. Auslöser war in diesem Fall: eine Verteuerung der Ölpreise.
Aber neben solchen Preisschocks können auch andere Dinge auf die Konjunktur Einfluss
nehmen. In den seltenstenFällen wird es nur eine Ursache geben.
• Modetrends und Geschmacksänderungen bei den Konsumenten können
dazu führen, dass bestimmte Produkte weniger stark nachgefragt oder verstärkt im Ausland
gekauft werden.
• Änderungen der staatlichen Budgetpolitik können bewirken, dass der Staat mehr oder
weniger nachfragt.
• Die wirtschaftliche Situation in wichtigen Absatzländern könnte Auswirkungen
auf die Exportnachfrage haben.
• Änderungen bei den Zinsen können die Investitionstätigkeit der Unternehmen
ankurbeln, bei niedrigen Zinsen werden die Kredite für Investitionen billiger.
• Änderungen bei den Kosten, zB in Form von zu hohen Lohnkosten,
können die internationale Konkurrenzfähigkeit und damit die Exportmöglichkeiten
beeinflussen.
• Technische Innovationen, wie zB die Mikroelektronik oder Telekommunikation,
können ganz neue Wirtschaftszweige entstehen lassen.
• Weltpolitische Ereignisse wie Kriege können die Konsumenten veranlassen,
weniger Geld auszugeben und mehr zu sparen.
Das Szenario hätte auch so aussehen können:
ÆWirtschaft entwickelt sich in einer positiven Spirale nach oben.
Die deutsche Wirtschaft befindet sich in einem Hoch. Dadurch steigt auch die deutsche
Nachfrage nach österreichischen Gütern und in der Exportindustrie steigen die Zahl der
Arbeitsplätze und die Einkommen. Durch die höheren Einkommen steigt die Nachfrage in
Bereichen, die nicht vom Export abhängen. Das beflügelt auch die
Unternehmen und es wird vermehrt investiert. Immer mehr Arbeitsplätze
entstehen, die Wirtschaft wächst und befindet sich auf dem Weg in einen
Konjunkturaufschwung.
1.6.2 Saisonale Schwankungen
= Schwankungen, die innerhalb eines Jahres auftreten↔ anders: Konjunkturschwankungen.
Wirtschaftliche Aktivitäten unterliegen in starkem Maß einem Jahresrhythmus. Viele Arbeiten
fallen nur zu bestimmten Jahreszeiten an (zB in der Landwirtschaft, im Bauwesen), viele
Produkte werden verstärkt zu bestimmten Jahreszeiten (zB Skier, Snowboards, Ferienreisen)
nachgefragt.
Diese jährlich wiederkehrenden Einflüsse führen zu Saisonschwankungen und zu einer
naturgemäß kurzfristigen Zu- oder Abnahme von Produktion und Beschäftigung.
1.6.3 Konjunkturindikatoren
Mit so genannten Konjunkturindikatoren (Indikator = Anzeiger) versucht
man festzustellen, in welcher Phase des Konjunkturzyklus sich die Wirtschaft
befindet.
Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
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1.7 Konjunkturpolitik
Wirtschaftspolitik im Allgemeinen verfolgt verschiedenste Ziele. Die wichtigsten
sind im so genannten magischen Dreieck zusammengefasst – Wirtschaftswachstum,
Vollbeschäftigung und Geldwertstabilität. (Darüber
hinaus gibt es noch andere bedeutende Ziele wie ausgeglichene Zahlungsbilanz,
ausgeglichenes Budget, gerechte Einkommensverteilung, gesunde
Umwelt etc. Man spricht dann von einem magischen Viereck, Fünfeck etc.).
Magisch heißt dieses Dreieck, weil alle Ziele in Beziehung zueinander stehen.
Verändert sich eine Größe, hat das immer Auswirkungen auf andere, daher ist es auch sehr
schwierig, alle Ziele gleichzeitig zu erreichen.
Ein Teilbereich der Wirtschaftspolitik ist die Konjunkturpolitik.
Unter Konjunkturpolitik versteht man alle Maßnahmen, die darauf
abzielen, den Konjunkturablauf zu beeinflussen.
Konjunkturschwankungen haben eine Reihe von unerwünschten Nebenwirkungen.
Ein Konjunkturabschwung, erst recht eine Depression, ist immer mit einem Rückgang der
Beschäftigung bzw. mit Arbeitslosigkeit verbunden.
Ein Konjunkturaufschwung bringt andererseits verstärkte Preissteigerungen mit sich.
1.7.1 Antizyklische Wirtschaftspolitik
Ziel der Konjunkturpolitik = Dämpfung der KonjunkturschwankungenÆ möglichst
störungsfreie Entwicklung der wirtschaftspolitischen Ziele. Konjunkturpolitische Maßnahmen
sollen vor allem extreme Ausschläge nach oben oder unten verhindern.
Durch antizyklische Konjunkturpolitik versucht man, extrem Konjunkturausschläge
zu verhindern. In Zeiten schwacher Konjunktur soll der Staat die Nachfrage stimulieren und
die Wirtschaft dadurch ankurbeln.
Unter Umständen ist in dieser Phase (insbesondere zur Bekämpfung der
Arbeitslosigkeit) auch ein Defizit in Kauf zu nehmen (= deficit-spending).
In einer Phase der Hochkonjunktur soll der Staat dagegen die Nachfrage
dämpfen und durch die in einer solchen Phase stark fließenden Steuereinnahmen
die zuvor gemachten Schulden wieder zurückzahlen.
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1.7.2 Geld- und Fiskalpolitik
Der Konjunkturpolitik stehen zwei Hauptinstrumente zur Verfügung:
Unter Fiskalpolitik verstehen wir die Einflussnahme des Staates auf
den Konjunkturverlauf durch Veränderung seiner Einnahmen und
Ausgaben.
Beispielsweise könnte der Staat versuchen, durch Steuersenkungen eine
schwache Konjunktur anzukurbeln. Wenn zB die Lohnsteuer sinkt, haben die Konsumenten
mehr Geld in der Tasche, und das könnte die private Nachfrage beleben. Eine sinkende
Einkommenssteuer lässt den Unternehmern mehr Geld, und das kann diese veranlassen, zu
investieren und dadurch die Wirtschaft anzukurbeln. Das Ganze funktioniert aber nur, wenn
Konsumenten und Unternehmer ihr Geld auch wirklich ausgeben.
Wenn sie angesichts einer schlechten Konjunktur ihr Geld lieber auf die hohe Kante legen,
dann klappt es nicht mit der Konjunkturbelebung.
Eine andere Möglichkeit im Rahmen der Fiskalpolitik wären zB große Aufträge
an Unternehmen (zB Bauunternehmen). Diese vergeben ihrerseits Aufträge an Zulieferfirmen
aus anderen Branchen. Und die wiederum vergeben Aufträge an ihre Zulieferer. So entsteht
eine Art Multiplikatoreffekt, der helfen kann, die Konjunktur zu beleben.
INSTRUMENTE DER KONJUNKTURPOLITIK
Mit den gleichen Mitteln, aber mit umgekehrten Vorzeichen kann eine überschießende
Konjunktur auch eingebremst werden.
Geldpolitik nennen wir alle Maßnahmen, die versuchen,Konjunkturbewegungen
durch geld- oder kreditpolitische Maßnahmen zu beeinflussen.
Der Staat kann beispielsweise im Rahmen der Geldpolitik den Wirtschaftsablauf
beeinflussen, indem er Zinssätze oder die Geldmenge verändert
(wie er das konkret macht, ist in Kapitel 4 nachzulesen). Durch niedrigere
Zinsen werden Kredite billiger und es ist für Unternehmen lohnender, zu
investieren. Durch eine Erhöhung der Geldmenge steigt die Möglichkeit
der Banken, billigere Kredite zu vergeben, was eine positive Wirkung auf
Investitionen und private Konsumnachfrage haben kann.
Vor der Teilnahme Österreichs an der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion war
die Oesterreichische Nationalbank für die Geldpolitik zuständig. Mit dem Beitritt hat sie diese
Kompetenzen an die Europäische Zentralbank abgetreten. Seither gibt es keine nationale
österreichische Geldpolitik mehr.
Das ist nicht ganz unproblematisch. Denn es ist dadurch nicht mehr möglich,
geldpolitisch auf die individuellen Probleme der einzelnen Euro-Länder
zu reagieren.
Durch Bauaufträge kann der Staat versuchen, die Wirtschaft anzukurbeln.
Die folgende Grafik fasst die Möglichkeiten staatlicher Wirtschaftspolitik
zusammen.
Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
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Problematisch an der antizyklischen Wirtschaftspolitik ist vor allem, dass
es Politikern zwar leicht fällt, in schlechten Zeiten Geld auszugeben und
Schulden zu machen, aber gar nicht leicht, in guten Zeiten (ausgerechnet
in guten Zeiten, wo die Staatseinnahmen reichlich fließen) zu sparen. Das
führt dann leicht zu einer sehr hohen Staatsverschuldung.
Außerdem ist es für die Konjunkturpolitik oft gar nicht leicht, den richtigen
Zeitpunkt für ihre Maßnahmen zu finden. Große wirtschaftspolitische
Maßnahmen können nicht von heute auf morgen realisiert werden. Wenn
mit einer gewissen Verzögerung dann der Effekt eintritt, kann die Wirkung
schon wieder unerwünscht sein. Statt einer lahmenden Konjunktur
auf die Sprünge zu helfen, heizt man vielleicht nur unnötig die Inflation
an.
1.7.3 Angebotsorientierte Wirtschaftspolitik
Aus diesen und anderen Gründen haben so genannte angebotsorientierte
Wirtschaftspolitiker keine rechte Freude mit Eingriffen des Staates in den
Wirtschaftsablauf. Sie setzen nicht wie die antizyklische Wirtschaftspolitik
bei der Nachfrage an, sondern beim Angebot. Für sie ist die Güterproduktion
der entscheidende Faktor der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.
Bei der Produktion von Gütern entstehen Einkommen, und höhere Einkommen
führen zu einer größeren Nachfrage.
Und die Produktion kann man am besten damit ankurbeln, dass man gute
Bedingungen für die Unternehmen schafft. Angebotstheoretiker fordern
eine langfristige Verbesserung der Investitions- und Produktionsbedingungen.
Typische Forderungen sind eine Verminderung von Steuern und Abgaben,
Senkung der Lohnnebenkosten, flexible Arbeitszeiten, flexible Entlohnungssysteme,
ausgeglichener Staatshaushalt, Förderung von Unternehmensgründungen,
Abbau von Bürokratie, ein leistungsfreundliches Steuersystem und Stärkung des
Wettbewerbs. Unter solchen Bedingungen sind die Unternehmen bereit, zu investieren, und
das ist die wichtigste Voraussetzung für Wirtschaftswachstum, meinen die Vertreter dieser
Theorie.
Bei diesen Maßnahmen geht es weniger um kurzfristige Eingriffe in den
Konjunkturablauf als vielmehr um eine stetige Verbesserung der
Angebotsbedingungen, um das Wachstum anzukurbeln.
Hier setzt auch die Kritik an der angebotsorientierten Wirtschaftspolitik an:
Durch den Verzicht auf Eingriffe des Staates wird auch (zumindest kurzfristig)
nichts gegen die Arbeitslosigkeit getan, das Konjunkturproblem
wird auf dem Rücken der Arbeitnehmer ausgetragen. Die konsequente
Verfolgung einer angebotsorientierten Wirtschaftspolitik bevorzuge einseitig
die Unternehmen und führe zu einem Abbau sozialer Errungenschaften.
BEGRIFF ANTIZYKLISCHE KONJUNKTURPOLITIK
Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
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1.8 Arbeitsblätter
Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
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1.9 Lernkontrolle
Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
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2. GELD UND GELDWERT – WELCHEN WERT HAT DER EURO?
2.1 Funktionen des Geldes
Unter Geld versteht man eine Sache, welche die Funktionen eines Tauschmittels
(Zahlungsmittels), einer Recheneinheit und eines Wertaufbewahrungsmittels erfüllt. Mit Hilfe
des Geldes können wir Waren oder Dienstleistungen verschiedenster Art miteinander
vergleichen, sogar ein Auto mit einer Semmel. Jeder wird natürlich sagen, dass das Auto
mehr wert ist als eine Semmel. Um wie viel es aber mehr wert ist, das können wir erst mit
Hilfe des Geldes ausdrücken. Geld dient also als Wertmaß. Was aber ist das Geld und wie
entsteht es? Sachlich betrachtet ist Geld lediglich ein Mittel, um eine Leistung gegen eine
andere einzutauschen. Wir können auch von einem allgemeinen Tausch- oder
Zahlungsmittel sprechen. Ohne Geld müssten wir umständlich im Tauschhandel Güter und
Dienstleistungen gegen andere Güter oder Dienstleistungen eintauschen. Das wäre ziemlich
zeitraubend. Deshalb haben die Menschen das Geld erfunden, mit dem sie anstelle des
Tauschhandels Kaufhandel betreiben können.
2.2 Arten von Geld
Ein weiterer Vorteil des Handels „Ware gegen Geld“ ist: Niemand muss dabei erworbenes
Geld sofort wieder gegen andere Waren eintauschen. Es kann aufbewahrt, also gespart
werden. Geld ist daher auch ein Wertaufbewahrungsmittel. Deshalb waren die ersten
Geldstücke überhaupt aus edlen, wertvollen Metallen, die schon immer sehr begehrt waren,
wie beispielsweise Dukaten aus Gold. Heute werden in den meisten Staaten die Münzen aus
anderen, weniger wertvollen, dafür umso widerstandsfähigeren Metall-Legierungen gemacht.
Den (Nenn-)Wert dieser Münzen bestimmt nicht das Material, aus dem sie hergestellt sind.
Mit Geld haben wir täglich zu tun. Zunächst denken wir an Münzen und Banknoten, wenn wir
das Wort „Geld“ hören. Wir reden von „Geld verdienen“, wenn es um Einkommen geht. Wir
sprechen von „Geld ausgeben“, wenn wir einkaufen. Jedoch kann man auch ohne Bargeld
etwas kaufen. Denken wir nur an Bankomat- und Kreditkarten. Zählen auch diese zum
Geld? Nach der Erscheinungsform gibt es verschiedene Arten von Geld, nämlich Bargeld,
das sind Münzen und Banknoten (Papiergeld), sowie Buch- oder Giralgeld, das sind
Guthaben bei Kreditinstituten, über die jederzeit verfügt werden kann.
GELDARTEN
Münzen und Banknoten
Münzen und Banknoten sind gesetzliche Zahlungsmittel, d.h., jeder Gläubiger einer
Geldforderung muss sie als Erfüllung seiner Forderung annehmen. Das gilt bei Banknoten in
unbegrenztem Umfang. Der Wert des Geldes leitet sich von den Waren und Dienstleistungen
ab, die man damit erwerben kann. Damit dieser Wert möglichst erhalten bleibt, hat der Staat
ein Interesse daran, den Umlauf des Geldes zu kontrollieren. Daher dürfen Banknoten
ausschließlich von den Zentralbanken (in Österreich von der Oesterreichischen
Nationalbank) ausgegeben werden.
Buch- oder Giralgeld
So wichtig Münzen und Geldscheine für unsere täglichen Einkäufe auch sind – sie allein
bilden nur einen Teil des Geldumlaufs. Von Konto zu Konto lassen sich größere Zahlungen
bequemer und sicherer vornehmen als mit Bargeld. Der weitaus größere Teil der Zahlungen
wird durch „unsichtbares“ Geld abgewickelt. Es wird in einer Art Kreislauf von Bankkonto zu
Bankkonto weitergegeben, weshalb es auch als Giralgeld (aus dem italienischen: giro = der
Kreis) bezeichnet wird. Häufig spricht man auch von Buchgeld, weil es nur in den Büchern
der Banken aufscheint. Bankguthaben werden deswegen dem Geld zugerechnet, weil sie
alle Geldfunktionen der Banknoten erfüllen. Anders als die Banknoten und Münzen ist das
Giralgeld kein gesetzliches Zahlungsmittel. Doch wird es im Wirtschaftsleben allgemein
akzeptiert. Dies beruht insbesondere darauf, dass die Inhaber von Girokonten ihr Guthaben
jederzeit wieder in Bargeld umwandeln können. Damit das Giralgeld seine Funktion als
Zahlungsmittel erfüllen kann, müssen die Banken für seinen Umlauf zwischen den Konten
Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
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sorgen. Dafür können unter anderem Überweisungen, Kredit- und Bankomatkarten
verwendet werden.
2.3 Der Kreislauf des Bargeldes
Wie aber kommt das Geld in unsere Geldtaschen? Um diese Frage zu beantworten,
befassen wir uns mit dem Kreislauf des Bargeldes. Schauen wir uns diesen Kreislauf anhand
eines Beispiels an: Das Bargeld wird im Auftrag der Zentralbank gedruckt und an diese
geliefert. Bei ihr versorgen sich die Kreditinstitute mit Banknoten. Von diesen holen sich die
Familien das Bargeld, das zuvor als Lohn oder Gehalt auf ihr Bankkonto überwiesen wurde.
Sie geben das Bargeld im Laufe des Monats für Lebensmittel, Kleidung und viele andere
Dinge des täglichen Bedarfs aus. Einen Teil des Geldes bekommen Sie vielleicht als
Taschengeld. So sammelt es sich in den Kassen der Händler, Handwerker,
Verkehrsbetriebe, der Gastwirte etc. Hier bleibt es aber nicht lange, denn das meiste Bargeld
wird von ihnen wieder zu den Sparkassen und Banken zurückgebracht. Und hier bleibt auch
das Geld, das die Familien nicht ausgeben, sondern für größere Anschaffungen sparen. Die
Banknoten verschwinden auf diese Weise wieder aus dem Verkehr. Auch die Kreditinstitute
behalten das Bargeld, das ihnen die Kunden bringen, nur zu einem kleinen Teil. Was sie
nämlich nicht für Auszahlungen brauchen, bringen sie zur Zentralbank, also in Österreich zur
Oesterreichischen Nationalbank. Der Kreis hat sich geschlossen.
2.4 Geldmenge
Doch wie viel Geld gibt es überhaupt und wer kontrolliert dies? Der Bestand an Geld in
Händen von Wirtschaftsunternehmen, staatlichen Stellen und von Privatleuten wird
Geldmenge genannt. Dazu zählt man zum einen das Bargeld in unserer Tasche, aber auch
das Giralgeld auf unseren Bankkonten. Je nachdem, wie weit man die Buchgeldkomponente
erfasst, erhält man unterschiedliche Begriffe für die Geldmenge, nämlich M1, M2 und M3,
wobei das Kürzel M vom englischen „money“ stammt. Die Höhe der Geldmenge ist für den
Wert des Geldes wichtig. Daher wird sie von den Zentralbanken genau kontrolliert. Ist
nämlich zu viel Geld im Umlauf, so wird der Wert des Geldes sinken.
2.5 Der Wert des Geldes
Geldmenge M1
Fasst man Bargeld und täglich fällige Einlagen bei Banken (Sichteinlagen) zusammen, so
spricht man von der Geldmenge M1.
Geldmenge M2
Sichteinlagen sind aber nicht die einzigen Einlagen bei Banken, die man unseren
Geldbeständen zurechnen kann. Zu ihnen gesellen sich noch Guthaben auf Termin- und
Sparkonten.
Termingelder sind größere Einlagen, die den Kreditinstituten gegen einen festen Zins für
eine bestimmte Zeit überlassen werden.
Spareinlagen sind Einlagen von Nichtbanken, wie beispielsweise von Privatpersonen
(Sparer) bei Kreditinstituten. Diese Einlagen werden in Sparbücher eingetragen und haben
eine vereinbarte Kündigungsfrist. Solche Einlagen mit kurzen Laufzeiten können relativ
kurzfristig in Bargeld umgewandelt werden. Daher werden diese zur Geldmenge
dazugerechnet.
Geldmenge M3
Die EZB rechnet darüber hinaus noch weitere Instrumente der kurzfristigen Geldanlage zur
Geldmenge M3 (zB kurz laufende Geldmarktwertpapiere und Bankschuldverschreibungen).
So betrug im Jahr 2002 die Geldmenge M1 in der Eurozone durchschnittlich 2.252 Mrd. €,
die Geldmenge M2 4.745 Mrd. € und die Geldmenge M3 5.557 Mrd. €.
Während das erste Geld von Bedeutung Metallgeld oder – allgemeiner – Warengeld war,
dessen Wert sich aus seinem Material ableitete, hat unser modernes Geld keinen oder fast
keinen Stoffwert mehr. So kostet es nur einen Centbetrag, um einen 500-€-Schein
herzustellen. Und doch werden die Banknoten der Zentralbank allgemein akzeptiert. Woraus
leitet sich dann der Wert des Geldes ab, wenn nicht vom Materialwert? Unsere Banknoten
sind gesetzliches Zahlungsmittel und müssen deshalb angenommen werden. Viel wichtiger
Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
Seite 23
aber ist, dass man darauf vertrauen kann, mit den Banknoten stets Waren und
Dienstleistungen kaufen zu können. Dieses Vertrauen in unser Geld und seine
Wertbeständigkeit bildet die Grundlage des Geldwesens. Früher hat man versucht, das
Vertrauen der Menschen ins Geld und seinen Wert dadurch zu erhalten, dass man die von
den Zentralbanken ausgegebenen
Banknoten zu jeder Zeit wieder in Gold einlöste. Die heutigen Zentralbankgesetze enthalten
keinerlei Einlösungs- oder Deckungsvorschriften mehr. Dahinter steht die Erfahrung, dass es
für die Werterhaltung des Geldes nicht wichtig ist, das ausgegebene Geld durch Gold
abzudecken. Was man nämlich mit seinem Geld kaufen kann, richtet sich nicht nach der
Menge der Goldvorräte bei der Zentralbank, sondern ausschließlich nach der Menge der in
einer Volkswirtschaft verfügbaren Güter und der dieser gegenüberstehenden Geldmenge.
Der Wert des Geldes leitet sich von den Waren und Dienstleistungen ab, die man damit
erwerben kann. Geld ist so gesehen eine Anweisung auf Güter. Der Geldwert sinkt, wenn
man für sein Geld weniger Güter als zuvor kaufen kann, weil inzwischen die Preise gestiegen
sind. Beim Geldwert unterscheidet man zwischen nominalem und realem Geldwert: Der
nominale Geldwert bezieht sich auf den Nennwert, das ist der Betrag, der auf einer Münze
oder Banknote steht. Der reale Geldwert dagegen beschreibt die Menge an Gütern, die man
dafür kaufen kann. Nehmen wir beispielsweise einen 100-€-Schein. Der nominale Geldwert
dieser Banknote beträgt 100 €. Dafür kann man zB einhundert Kaugummipackungen kaufen.
Steigt nun der Preis von Kaugummis, sodass man nur mehr neunzig Packungen mit diesem
100-€-Schein kaufen kann, so ist der reale Geldwert gesunken. Der nominale Geldwert hat
sich jedoch nicht verändert, der 100-€-Schein bleibt weiterhin 100 € wert. Die Menge an
Waren und Dienstleistungen, die man für eine bestimmte Geldeinheit kaufen kann, wird als
Kaufkraft bezeichnet.
Der Binnenwert gibt den Tauschwert des Geldes innerhalb einer Volkswirtschaft, wie
beispielsweise Österreich, an. Der Außenwert einer Währung bezeichnet dagegen den
Tauschwert des Geldes, der von den Wechselkursen zu anderen Währungen abhängig ist.
Wenn beispielsweise der Wechselkurs des Euro zum US-Dollar steigt, dann kann ich
trotzdem in Österreich nicht mehr kaufen als zuvor, d.h., der innere Wert des Euro ist gleich
geblieben (bei gleich bleibenden Preisen in Österreich). In den USA ist der Euro jetzt aber
mehr wert, d.h., der Außenwert des Euro ist gestiegen.
Als Maßstab für die Preisentwicklung und damit für den Geldwert wird in Österreich der
Verbraucherpreisindex (VPI) verwendet. Die Grundlage dafür ist der so genannte
Warenkorb. Im österreichischen Warenkorb (VPI 2000) befinden sich derzeit 812 Waren und
Dienstleistungen, deren Preise in 20 Städten monatlich erhoben werden. Diese Waren sollen
ein durchschnittliches Verbrauchsverhalten repräsentieren. Die Zusammensetzung des
Warenkorbes wird von Zeit zu Zeit (mindestens alle fünf Jahre)
aktualisiert.
´
Natürlich eignet sich dieser Warenkorb nicht für jeden und für jede Fragestellung. Eine
Hausfrau wird sich beispielsweise für die Preise ganz anderer Produkte interessieren als
etwa ein Bauherr, ein Einzelhändler oder ein Produzent.
Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
Seite 24
Aus diesem Warenkorb wird der Verbraucherpreisindex (VPI) errechnet. Dieser ist das
statistische Instrument, mit dem die Entwicklung des Preisniveaus gemessen wird.
Dabei wird folgendermaßen vorgegangen: Der Preis für einen Warenkorb (darin befinden
sich momentan 812 Waren) wird in einem Jahr (Basisjahr) gleich 100 gesetzt. Dies war das
letzte Mal im Jahr 2000 so. In der folgenden Zeit wird die Veränderung der Preise dieses
Warenkorbes beobachtet und daraus ein neuer Indexwert errechnet. Wenn sich nun die
Preise für einen Warenkorb um beispielsweise 2,5 % erhöhen, so beträgt der neue Indexwert
102,5. Somit ist das Preisniveau gegenüber dem Basisjahr gestiegen, d.h., die Waren sind
teurer geworden.
Um wie viel sich die Preise verändert haben, können Sie aus der Inflationsrate ablesen.
Vergleicht man den VPI eines Jahres mit dem des Vorjahres, so erhält man die
Inflationsrate. Diese gibt an, um wie viel Prozent sich die Preise innerhalb eines Jahres
verändert haben.
Sehen wir uns die Berechnung der Inflationsraten anhand folgenden Beispiels an: Im Jahr
2000 hatte der VPI den Wert von 100. 2001 stieg er auf 102,7. Die Differenz zwischen den
beiden Indexwerten betrug somit 2,7, d.h., die Preise sind im Jahr 2001 um 2,7 % gegenüber
dem Jahr 2000 gestiegen. Im Jahr 2002 betrug der VPI 104,5, d.h., er ist um einen Wert von
1,8 gegenüber dem Vorjahr (2001) gestiegen. Bei der Berechnung der Inflationsrate erhält
man nun einen Wert von 1,752 % (gerundet 1,8 %), d.h., die Preise sind im Vergleich zum
Jahr 2001 um ca. 1,8 % gestiegen.
2000 100
2001 102,7 2,7 %
2002 104,5 1,8 % Jahr
In Österreich gab es in den letzten Jahren folgende Inflationsraten:
(2003 und 2004 Schätzungen)
Geldwertänderungen
Wie bereits besprochen, hängt der Wert des Geldes von der Geldmenge und dem
verfügbaren Güterangebot, das Sie mit diesem Geld kaufen können, ab. Erfahrungsgemäß
steigen die Preise vor allem immer dann, wenn die Geldmenge rascher zunimmt als das
Güterangebot. Das Geld verliert an Wert. Umgekehrt sinken die Preise, wenn die Geldmenge
langsamer zunimmt als das Güterangebot.
Geldvolumen = Güter und Dienstleistungen = Stabilität des Geldwertes
Geldvolumen > Güter und Dienstleistungen = Inflation
Geldvolumen < Güter und Dienstleistungen = Deflation
Bei den Geldwertänderungen unterscheidet man zwischen Inflation und Deflation. Einen
Sonderfall stellt die Stagflation dar. Unter Inflation versteht man eine länger anhaltende
Steigerung des allgemeinen Preisniveaus. Unter Deflation wird hingegen ein Rückgang des
allgemeinen Preisniveaus über einen längeren Zeitraum bezeichnet. Ein Grund für eine
Deflation könnte ein allgemeiner Rückgang der Nachfrage sein, der von einem Absinken des
Preisniveaus und damit einem Anstieg des Geldwertes begleitet ist.
Eine Stagflation bezeichnet eine Inflation bei stagnierender Wirtschaftsentwicklung, meist
mit wachsender Arbeitslosigkeit.
Inflationsursachen
Die Ursachen von Preissteigerungen können unterschiedlich sein. Je nachdem, ob die
Inflation durch die Nachfrage oder das Angebot hervorgerufen wird, spricht man von
Nachfrage- oder Angebotsinflation. In der Praxis gibt es meistens eine Vermischung der
verschiedenen Inflationsarten.
Nachfrageinflation
Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
Seite 25
Die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen ist größer als das im Inland produzierte
Angebot. Ein derartiger Nachfrageüberhang wird normalerweise die Güterpreise nach oben
treiben. Dies kann entstehen, wenn die privaten Haushalte weniger sparen und mehr für
Konsumgüter ausgeben. Es kann aber auch sein, dass sich die Investitionstätigkeit verstärkt,
d.h., dass die Unternehmer mehr in neue Anlagen (Gebäude, Maschinen) investieren.
Dadurch steigt die Nachfrage nach Gütern und Arbeitskräften. Zu einem
gesamtwirtschaftlichen Nachfrageüberhang kann auch die Nachfrage des Staates und die
Nachfrage des Auslands nach heimischen Gütern (Exporte) beitragen.
Angebotsinflation (Kostendruckinflation)
Die Unternehmen versuchen, Kostensteigerungen über die Preise weiterzugeben.
Angesichts des Einflusses der Lohnkosten auf die gesamte Stagflation.
Inflationsursachen
Kosten der Gütererzeugung haben diese eine große Bedeutung für die Preisgestaltung.
Weitere Formen der Angebotsinflation sind die importierte Inflation, die Gewinndruckinflation
und die Preis-Lohn-Preis-Spirale.
Importierte Inflation
Von erheblicher Bedeutung für die gesamten Produktionskosten ist außerdem die Frage, was
unsere Wirtschaft für importierte Güter bezahlen muss (zB Öl). So schlagen sich
Verteuerungen an den internationalen Rohstoffmärkten auch auf die Preise im Inland durch.
Gewinndruckinflation
Zur Angebotsinflation zählt ferner die so genannte Gewinndruckinflation, bei der die
Unternehmen die Preise bei unveränderten Kosten anheben, um ihre Gewinne zu erhöhen.
Voraussetzung für diese Inflationsart ist eine unabhängig von den Marktbedingungen
erfolgende Preisfestsetzung durch marktbeherrschende Unternehmen (oft Monopole) und
den Staat (administrierte Preisbildung).
Preis-Lohn-Preis-Spirale
Steigt die Gesamtnachfrage nach Gütern im Konjunkturaufschwung, so werden auch die
Preise für diese Güter steigen. Darauf antworten die Gewerkschaften mit Lohnforderungen.
Infolge der Erhöhung der Löhne kann die Gesamtnachfrage weiter steigen und die
Nachfrageinflation anheizen, was postwendend zu neuen Lohnforderungen und dadurch zur
Kostendruckinflation führt.
Eine weitere treibende Kraft des Inflationsprozesses kann schließlich auch die allgemeine
Erwartung weiterer Preissteigerungen sein. Wer steigende Preise erwartet, wird
Konsumgüterkäufe vorziehen, also mehr ausgeben und weniger sparen.
Eine Geldentwertung kann – wie wir gesehen haben – viele verschiedene Ursachen haben.
Das erklärt auch, warum ihr nur schwer beizukommen ist.
Inflationsfolgen
Bei einem anhaltenden Preisanstieg werden die Einkommen und Ersparnisse der Menschen
entwertet. Dadurch können große soziale Ungleichgewichte und Spannungen entstehen.
Gleichzeitig verzerrt die Inflation die Preisbildung am Markt und schafft wirtschaftliche
Unsicherheit. Die Folgen davon sind eine allgemeine Abschwächung des
Wirtschaftswachstums und eine Zunahme der Arbeitslosigkeit.
Zusatzinformation zu den Folgen einer Geldentwertung
Selbst von geringen jährlichen Preissteigerungsraten wird der Geldwert langfristig nachhaltig
ausgehöhlt. Das spüren besonders die Sparer. Zwar bleiben diese nicht völlig ohne
Entschädigung, da mit der Inflation auch die Zinsen steigen. Doch kann man höhere Zinsen
in der Regel immer nur bei der Neuanlage eines Geldbetrages erzielen. Liegt das Geld
einmal zu einem festen Zins langfristig fest, so ist der Sparer bei steigenden Preisen der
„Dumme“. Benachteiligt von einer Inflation sind außerdem jene Menschen, die nicht mehr
aktiv im Produktionsprozess stehen: die Alten. Ihre Renten und Pensionen steigen zwar
auch mit der allgemeinen Einkommensentwicklung. Jedoch geschieht dies mit einer
zeitlichen Verzögerung, sodass sie nur den Preisen hinterherlaufen können.
Die Steuerzahler sind ebenfalls benachteiligt, weil sie in der Regel auch auf lediglich
inflationsbedingte Einkommenszuwächse Steuern zahlen müssen.
Begünstigt von der Geldentwertung werden meistens die Besitzer von Sachvermögen und
die Schuldner, die ihre Schulden mit entwertetem Geld zurückzahlen können. Dabei sind die
größten Schuldner sowohl die Unternehmen als auch der Staat. Was sie jedoch als
Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
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Schuldner gewinnen, das verlieren sie auf der anderen Seite u.a. durch die höheren Preise
und Kosten wieder vielfach.
Die Inflation verdeckt oder mildert die sozialen Gegensätze nicht. Im Gegenteil: Sie
verschärft sie sogar. Jeder verwendet nun alle seine Energien darauf, sich vor der Inflation zu
schützen. Das wirtschaftliche Wachstum lässt sich so nicht steigern. Die Marktwirtschaft
funktioniert nur dann zufrieden stellend, wenn Gewinne in erster Linie damit zu machen sind,
dass man Investitionen vornimmt, die die Produktionskapazitäten und die Produktivität
erhöhen. Im Inflationsprozess geht dieser Zusammenhang verloren. Die höchsten Gewinne
erzielt der, der solche Güter auf Vorrat erwirbt, die am schnellsten im Preis steigen. Das
typische Beispiel hierfür ist die Flucht in Sachwerte, wie beispielsweise Immobilien.
Die Unternehmen können nicht mehr richtig unterscheiden, inwieweit eine erhöhte Nachfrage
nach ihren Produkten dauerhaft oder lediglich vorübergehend inflationär aufgebläht ist. Die
Unsicherheit nimmt zu. Die Wechselkurse und die Inflationsraten schwanken stärker. Die
Folge davon sind falsche Investitionsentscheidungen. Die Stagnation des realen
Wachstums ist vorprogrammiert.
Bei steigenden Inflationsraten sind in der Vergangenheit Wachstum und Beschäftigung in
den meisten Ländern zurückgegangen.
Eine weitere Folge hoher Inflationsraten wird ein Abwertungsdruck der jeweiligen Währung
sein, d.h., der Außenwert einer Währung wird sinken. Um den Wert des Geldes zu erhalten,
ist es deshalb unerlässlich, nicht zu viel Geld in Umlauf zu bringen. Denn nur Geld, das –
verglichen mit dem vorhandenen Güterangebot – knapp ist, behält seinen Wert. Die
Geldversorgung hinreichend knapp zu halten, ist eine Aufgabe der Zentralbanken.
2.6 Geldverkehr mit dem Ausland
Die meisten Länder haben eine eigene nationale Währung. Die Europäische Währungsunion
mit einer gemeinsamen Währung für zwölf Länder stellt eher eine Ausnahme dar. Bei allen
Zahlungen über die Landesgrenzen hinweg müssen deshalb oft einheimische Zahlungsmittel
in ausländische umgetauscht werden. Solche Tauschgeschäfte erfolgen zum jeweils gültigen
Wechselkurs. Darunter versteht man das Austauschverhältnis zweier Währungen. Der
Wechselkurs bezeichnet dabei den Preis in Fremdwährung für einen Euro, d.h., ein
Wechselkurs von 1,55 für Schweizer Franken bedeutet, dass man für einen Euro 1,55
Schweizer Franken bekommt. Ausländisches Bargeld wird zum Valutenkurs umgerechnet,
Devisen (zB Überweisungen ins Ausland, Zahlungen mit Kreditkarten im Ausland) zum
Devisenkurs.
Wechselkurs
Fremde Währungen werden auf dem Devisenmarkt gehandelt. Hier werden die
Wechselkurse der einzelnen Währungen auf Grund von Angebot und Nachfrage festgelegt.
Werden beispielsweise sehr viele Schweizer Franken nachgefragt, so wird der Wechselkurs
für Schweizer Franken steigen, d.h., der Außenwert des Schweizer Franken wird höher.
Voraussetzung für den freien Devisenhandel ist die unbeschränkte Umtauschbarkeit
(Konvertibilität) einer Währung in fremde Währungen. Sie gilt heute für alle wichtigen
Währungen. Je nach Wechselkurssystem unterscheidet man feste und flexible
Wechselkurse.
Wechselkurse bilden sich durch Angebot und Nachfrage, die von Tag zu Tag unterschiedlich
sein können. Ein fester Kurs lässt sich deshalb nur aufrechterhalten, wenn die Zentralbanken
dafür sorgen, dass sich Angebot und Nachfrage zu diesem Kurs ausgleichen. Der
Fachbegriff dafür heißt „intervenieren“. Zwischen wichtigen Währungen (US-Dollar, Euro,
Yen, Schweizer Franken, Pfund Sterling) sind die Austauschrelationen allerdings nicht mehr
fest, sondern beweglich. Dabei bildet sich der Kurs am Devisenmarkt im Wechselspiel von
Angebot und Nachfrage. Die Zentralbanken brauchen also nicht mehr zu intervenieren.
Häufig tun sie es aber doch, um sprunghafte
Kursveränderungen zu glätten.
Umrechnung von Fremdwährungen (Euro gegen Nicht-WWU-Währungen)
Wie werden nun beispielsweise Euro gegen Schweizer Franken umgerechnet? Wie wir
bereits vorne erwähnt haben, wird Bargeld zum Valutenkurs umgerechnet. Devisen werden
zum Devisenkurs umgerechnet. Je nachdem, ob man die Fremdwährungen an die Bank
verkauft oder von der Bank kauft, werden unterschiedliche Kurse verrechnet. In den
Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
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wichtigsten Tageszeitungen und in den Aushängen der Kreditinstitute kann man diese
Wechselkurse ablesen. So findet man beispielsweise für Schweizer Franken folgende
Wechselkurse: Die Differenz zwischen Ankaufs- und Verkaufskurs bildet neben
Wechselgebühren den Ertrag für die Kreditinstitute. Sehen wir uns das anhand eines
Beispiels an:
Wechseln Sie bei einer Bank 1.000,– Schweizer Franken (CHF) in Euro um, so beträgt der
Wechselkurs dafür (höherer Valutenkurs) 1,58, d.h., Sie bekommen dafür 632,91 €.
Am gleichen Tag verkauft die Bank 1.000,– CHF. Der Wechselkurs dafür (niedrigerer
Valutenkurs) beträgt 1,54, d.h., der Käufer muss 649,35 € bezahlen. Die Differenz zwischen
Ankaufs- und Verkaufskurs bildet den Ertrag für die Bank, d.h., die Bank hat 16,44 € verdient
(ohne Wechselgebühren).
Gleich verhält es sich mit Devisen.
2.7 Europäische Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU)
In Österreich und in elf weiteren europäischen Ländern wurde der Euro als Währung und
Zahlungsmittel eingeführt.
Mit der Einführung des Euro wurden unterschiedliche Zielsetzungen verfolgt:
• Keine Wechselkursschwankungen innerhalb der EWWU und damit keine Kurssicherungsund Anpassungskosten mehr. Das führt zu mehr Planungssicherheit,
zu einer Kostenreduktion, zu mehr Wettbewerb und zu mehr Wachstum und Beschäftigung in
Europa.
• Wegfall von Kosten beim Geldwechseln.
• Bessere Vergleichbarkeit der Preise.
• Mehr Markttransparenz.
• Verringerung der Bedeutung des US-Dollar als Weltwährung.
Beim Umstieg auf den Euro handelte es sich um eine Währungsumstellung, bei welcher
der Wert des Geldes erhalten blieb.
Währungsreform. Sparguthaben, Schulden, Einkommen, Preise – alles wurde mit dem
gleichen Faktor (13,7603) von Schilling in Euro umgerechnet. Die Vorteile des größeren
Währungsraumes werden sich aber nur dann einstellen, wenn die gemeinsame Währung
ihren Wert behält. Nur dann bleiben die Zinsen niedrig und der Außenwert stabil. Um dies
sicherzustellen, wurden so genannte Konvergenzkriterien für die Preisstabilität, die
Finanzlage der öffentlichen Haushalte, die Stabilität der Wechselkurse und die Höhe der
langfristigen Zinsen in den Teilnahmestaaten festgelegt. Die Einhaltung dieser Kriterien soll
einen stabilen Euro garantieren.
2.8 Geldpolitik des Eurosystems
Wer achtet darauf, dass nicht zu viel Geld im Umlauf ist, damit der Euro seinen Wert behält?
Bis Ende 1998 hatte in Österreich vor allem die Nationalbank dafür zu sorgen,
dass der Wert des Geldes erhalten blieb. Mit der Einführung des Euro wurde die Aufgabe der
Währungssicherung auf das Eurosystem übertragen, das aus der Europäischen Zentralbank
(EZB) und den Zentralbanken der Mitgliedstaaten, die den Euro als gemeinsame Währung
eingeführt haben, besteht. Durch ihre Geldpolitik versucht das Eurosystem die
vorgegebenen Ziele zu erreichen. Dazu setzt sie die so genannten geldpolitischen
Instrumente ein.
Das Eurosystem hat dabei eine einheitliche europäische Geldpolitik festzulegen. Diese kann
sich nicht an der Lage einzelner Ländern orientieren, sondern muss sich an den
Erfordernissen des gesamten Euro-Raumes ausrichten.
Die Oesterreichische Nationalbank ist wie die übrigen nationalen Zentralbanken
Bestandteil des Eurosystems. Die Nationalbank führt im Rahmen von Leitlinien und
Weisungen der EZB die Geldpolitik in Österreich durch, d.h., sie gibt die Banknoten und
Münzen in Österreich aus und versorgt die Kreditinstitute mit Zentralbankgeld. Darüber
hinaus ist sie in die Bankenaufsicht eingeschaltet, wickelt den bargeldlosen Zahlungsverkehr
ab und verwaltet die österreichischen Währungsreserven.
Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
Seite 28
Ziele des Eurosystems
Das vorrangige Ziel des Eurosystems ist, die Preisstabilität zu gewährleisten. Weiters hat das
Eurosystem das reibungslose Funktionieren des Zahlungsverkehrs zu fördern und die
Währungsreserven der Mitgliedsländer zu verwalten. Ansatzpunkt für die Geldpolitik ist der
Bedarf der Banken an Zentralbankgeld. Über die Bedingungen, zu denen die Notenbank
Zentralbankgeld an die Banken abgibt, steuert sie die Geldmenge
und beeinflusst damit letztlich auch die Preisentwicklung. Zur Steuerung der Geldmenge
setzt die Zentralbank so genannte geldpolitische Instrumente ein. Einerseits steuert die
Zentralbank die Geldmenge, indem Sie Wertpapiere von den Kreditinstituten kauft und dafür
Zentralbankgeld an diese abgibt. Der Fachmann sagt dazu Offenmarktgeschäfte. Dadurch
erhöht sich die Geldmenge, und die Kreditinstitute haben mehr Geld zur Kreditvergabe zur
Verfügung.
Des Weiteren müssen die Kreditinstitute einen Teil ihrer Kundeneinlagen bei der Notenbank
hinterlegen. Diese können dann nicht als Kredite an Kunden weitergegeben werden und
beschränken somit die Geldmenge. Man bezeichnet diese Einlage auch als Mindestreserve.
Je nachdem, wie hoch die Mindestreserve festgelegt wird bzw. wie viele Wertpapiere die
Zentralbank ankauft, so verändert sich die Geldmenge. Andererseits setzt die Notenbank
auch so genannte Leitzinssätze fest. Zu diesen Zinsen können sich die Kreditinstitute bei
der Zentralbank Geld ausborgen (man sagt dazu, das Kreditinstitut refinanziert sich) oder
auch überschüssiges Geld anlegen.
Durch Erhöhung oder Verminderung seiner Zinssätze verteuert oder verbilligt das
Eurosystem die Geldbeschaffung der Kreditinstitute. Dadurch beeinflusst es das
Kreditgeschäft der Banken und die Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen. Wie sich
eine Veränderung der Leitzinssätze auswirkt, können Sie anhand folgenden Beispiels sehen:
Die Zentralbank erhöht die Zinsen um 0,5 %. Somit wird für die Banken
die Geldbeschaffung teurer. Sie müssen nun mehr Geld bezahlen, um Zentralbankgeld zu
erhalten. Diese Verteuerung geben die Banken an ihre Kunden weiter, indem sie höhere
Zinsen für Bankkredite verlangen. Das wiederum verteuert die Güterherstellung und die
Dienstleistungen. Manche Geschäfte, die sich bisher noch lohnten, werden nun
uninteressant, weil die Geldbeschaffungskosten höher sind als der zu erwartende Gewinn.
Deshalb geht auch die Nachfrage der Wirtschaft nach Krediten zurück. Ebenso verschiebt
mancher Bauherr bei hohen Zinsen den geplanten Hausbau und mancher Autofahrer den
Kauf eines neuen Pkw auf später. Wer Geld zur Verfügung hat, wird es zu guten Zinsen
langfristig anlegen. Die Geldmenge wächst langsamer. Gleichzeitig lässt die Nachfrage nach
Waren und Dienstleistungen in der Wirtschaft nach, was wiederum eine Verlangsamung des
Preisanstiegs zur Folge hat. Hohe Zinsen führen also nicht zu einer Verstärkung, sondern im
Gegenteil zu einer Abschwächung des Preisauftriebs. Senkt das Eurosystem dagegen
seine Zinsen, so sinken auch allgemein die Zinsen der Kreditinstitute. Dadurch werden
Bankkredite billiger, und manches Geschäft, das sich bisher wegen der hohen Zinslast nicht
lohnte, wird nun wieder rentabel. Die Geldmenge und die Nachfrage wachsen nun schneller.
Jedoch kann die Geldpolitik alleine keine Geldwertstabilität garantieren. Um Preisstabilität
und eine gute Wirtschaftsentwicklung zu erreichen, müssen alle am Wirtschaftsleben
Beteiligten versuchen, ihre Einkommensansprüche an die Leistungsfähigkeit der
Volkswirtschaft anzupassen und Preissteigerungen aus eigener Kraft zu bremsen.
Eine wichtige Rolle spielen dabei die Tarifvertragspartner (Arbeitgeberund
Arbeitnehmerverbände), welche die Arbeitsbedingungen aushandeln und die erheblich die
Herstellungskosten der Wirtschaft und damit auch die Preise bestimmen. Wenn zB die
Arbeitskosten in einem schnelleren Tempo steigen als die Erzeugung von Gütern und
Dienstleistungen, so klettern auch die Preise für die angebotenen Güter und Dienstleistungen
(Kosteninflation) in die Höhe. Wichtig für den Erfolg der Geldpolitik ist nicht zuletzt ein
funktionsfähiger Wettbewerb in der Wirtschaft, der dazu beiträgt, dass
Kostensenkungen in den Preisen weitergegeben und Preissteigerungen vermieden werden.
Auch die Finanzpolitik des Staates ist für die Preisentwicklung von erheblicher Bedeutung.
Sie muss mit der Geldpolitik an einem Strang ziehen. Denn die staatlichen Ausgaben haben
einen hohen Anteil am Bruttoinlandsprodukt und sind von der Geldpolitik kaum zu
beeinflussen. Einen wertbeständigen und damit stabilen Euro werden wir nur dann dauerhaft
Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
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erhalten, wenn Regierungen, Zentralbank und Tarifvertragspartner gemeinsam dafür sorgen!
Euro-Länder, die ihre Wirtschafts- und Finanzpolitik vorwiegend nach internen Anforderungen
ausrichten und sich nicht an den gemeinsamen Stabilitätspakt halten, schwächen das
Vertrauen in eine gemeinsame und sichere Währung.
2.9 Zusammenfassung: Glossar
Außenwert einer Währung: Tauschwert des Geldes, der von den Wechselkursen zu anderen
Währungen abhängig ist.
Binnenwert einer Währung: Tauschwert des Geldes innerhalb einer Volkswirtschaft.
Buch- oder Giralgeld: Geld, das sich auf einem Konto befindet oder von einem Konto
auf ein anderes Konto bewegt wird.
Europäische Wirtschafts- und Währungsunion: Währungspolitische Vereinigung der Europäischen
Union mittels Einheitswährung als Vollendung des Binnenmarktes.
Deflation: Rückgang des allgemeinen Preisniveaus über einen längeren Zeitraum.
Geld: Unter Geld versteht man eine Sache, welche die Funktionen eines Tauschmittels
(Zahlungsmittels), einer Recheneinheit und eines Wertaufbewahrungsmittels erfüllt.
Geldarten: Nach der Erscheinungsform gibt es verschiedene Arten von Geld, nämlich Bargeld, das
sind Münzen und Banknoten (Papiergeld), sowie das Buch- oder Giralgeld, das sind Guthaben bei
Kreditinstituten, über die jederzeit verfügt werden kann.
Geldmenge: Der Bestand an Geld in Händen von Wirtschaftsunternehmen, staatlichen Stellen und von
Privatleuten wird Geldmenge genannt. Dazu zählt man zum einen das Bargeld in unserer
Tasche, aber auch das Giralgeld auf unseren Bankkonten. Je nachdem, wie weit man die
Buchgeldkomponente fasst, erhält man unterschiedliche Geldbegriffe (M1, M2, M3).
Geldpolitik: Maßnahmen der Zentralbank, die darauf gerichtet sind, die vorgegebenen Ziele zu
erreichen. Dazu setzt sie die so genannten geldpolitischen Instrumente ein.
Geldpolitische
Instrumente:
Methoden
zur
Steuerung
der
Zinskonditionen
und
Knappheitsverhältnisse am Geldmarkt. Im Eurosystem sind dies Offenmarktgeschäfte, die
Leitzinssätze und die Mindestreservenpolitik.
Geldwert: Der Wert des Geldes leitet sich von den Waren und Dienstleistungen ab, die man damit
erwerben kann. Geld ist so gesehen eine Anweisung auf Güter. Der Geldwert sinkt, wenn man für sein
Geld weniger Güter als zuvor kaufen kann, weil inzwischen die Preise gestiegen sind.
Gesetzliche Zahlungsmittel: Geld, das jeder Gläubiger einer Geldforderung zur Erfüllung seiner
Forderung annehmen muss.
Inflation: Über mehrere Perioden anhaltender Anstieg des Preisniveaus.
Inflationsrate: Prozentsatz der durchschnittlichen jährlichen Preissteigerung, errechnet aus der
Veränderung des VPI.
Kaufkraft: Die Menge an Waren und Dienstleistungen, die man für eine bestimmte Geldeinheit
kaufen kann, wird als Kaufkraft bezeichnet.
Konvergenzkriterien: Fünf Kriterien, deren Einhaltung Voraussetzung für die Teilnahme eines EUMitgliedstaates an der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion ist. Die Konvergenzkriterien
beziehen sich auf die Preisstabilität (Inflation), die Budgetpolitik (jährliches
Nettodefizit), die Gesamtverschuldung eines Staates, die Wechselkursstabilität und das langfristige
Zinsniveau.
Konvertibilität: Möglichkeit, die eigene Währung frei und ungehindert in fremde Währung zum
allgemein gültigen Wechselkurs umzutauschen.
Mindestreserve: Die Banken müssen einen bestimmten Prozentsatz ihrer Kundeneinlagen als
Guthaben bei der Zentralbank hinterlegen.
Offenmarktgeschäfte: Geldpolitische Operation, die auf Initiative der Zentralbank erfolgt und bei der
die Zentralbank Wertpapiere hereinnimmt oder abgibt. Damit wird die Geldmenge beeinflusst.
Stagnation: Inflation bei stagnierender Wirtschaftsentwicklung, meist mit
wachsender Arbeitslosigkeit.
Verbraucherpreisindex (VPI): Maßstab für die Inflationsentwicklung, dem ein Warenkorb
zugrunde gelegt wird und dessen Wert monatlich berechnet und publiziert wird.
Warenkorb: Bündel an Waren und Dienstleistungen, das ein durchschnittliches
Verbrauchsverhalten repräsentieren soll (zur Ermittlung des
Preisniveaus).
Wechselkurs: Austauschverhältnis zweier Währungen.
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Seite 30
2.10 Arbeitsblätter
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2.11 Lernkontrolle
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3. BUDGET UND STAATSHAUSHALT
WIE WIRTSCHAFTET EIN STAAT?
3.1 Einleitung
Wir begegnen dem Staat jeden Tag. Besonders schmerzhaft spüren wir ihn, wenn er uns
etwas wegnimmt. Für die meisten Einkäufe zahlen wir Mehrwertsteuer, fürs Autofahren
Mineralölsteuer, für Zinsen aufs Sparbuch Kapitalertragssteuer und für unseren Hund
Hundesteuer. Ganz zu schweigen von den ganzen Abgaben, die wir für unseren Lohn zahlen
müssen, wie Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer.
Der Staat kann ganz schön die Hand aufhalten, vielleicht wird er deshalb
auch öffentliche Hand genannt.
Aber wir begegnen dem Staat auch, wenn er uns etwas gibt. Familien kriegen Kindergeld,
Pensionisten ihre Rente, und Arbeitslose Arbeitslosenunterstützung.
Wir fahren auf Straßen, die der Staat gebaut hat, gehen in Schulen oder werden in
Krankenhäusern behandelt, für die ebenfalls der Staat gesorgt hat.
Zum Staat gehören alle Institutionen, die die Aufgabe haben, Leistungen
für die Allgemeinheit zu erbringen, und die sich hauptsächlich
durch Zwangsabgaben finanzieren. Dazu gehören vor allem die
Gebietskörperschaften Bund, Länder und Gemeinden sowie die
Sozialversicherungseinrichtungen.
Der Staat ist in unserer Wirtschaft größter Arbeitgeber, größter Produzent und größter
Nachfrager.
Die Staatsquote gibt an, welcher Anteil des Bruttoinlandsproduktes
(das ist alles, was in einem Land innerhalb eines Jahres produziert
wird) auf Staatsausgaben entfällt.
In Österreich beträgt die Staatsquote mehr als 50 %. Das bedeutet, dass
mehr als die Hälfte des BIP (das BIP betrug 2002 rund 215 Mrd. €) durch
die Kassen des Staates fließt. Die Wirtschaft wird durch ein derart großes Volumen ganz
wesentlich beeinflusst. Grundsätzlich ist es aber der Markt, der die Versorgung mit Gütern
und Dienstleistungen am effizientesten sicherstellen kann.
Staatliche Tätigkeit sollte in einer Marktwirtschaft daher immer subsidiär sein, d.h., der Staat
sollte nur solche Aufgaben übernehmen, die vom Markt nicht in zufrieden stellendem
Ausmaß erbracht werden.
3.2 Die Einnahmen des Staates
Die Aufgaben des Staates müssen finanziert werden. Dazu stehen dem Staat verschiedene
Einnahmequellen zur Verfügung:
3.2.1 Steuern
Steuern sind staatliche Zwangsabgaben, denen keine direkte Leistung
gegenübersteht.
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Steuern haben zwei wichtige Funktionen:
• Zum einen verschaffen sie dem Staat die Einkommen, die er braucht,
um seine Aufgaben erfüllen zu können (Fiskalfunktion);
• zum anderen sind sie eine Möglichkeit, ohne Verbote und Gebote
Haushalte und Unternehmen zu einem bestimmten Verhalten zu bewegen
(Lenkungsfunktion).
Wird der Preis von Einwegflaschen durch eine Besteuerung erhöht, kann
das die Konsumenten dazu bewegen, auf Mehrwegflaschen umzusteigen.
3.2.2 Direkte und indirekte Steuern
Direkte Steuern sind Abgaben auf unser Einkommen und unser Vermögen.
Die wichtigsten direkten Steuern sind Lohn- und Einkommenssteuern.
Bei den direkten Steuern wird die persönliche Lage des Einzelnen
berücksichtigt. Wenn jemand wenig verdient, zahlt er auch weniger Steuern.
Direkt heißen diese Steuern, weil sie vom Einkommensbezieher direkt an
das Finanzamt gezahlt werden müssen. Steuerträger (das ist derjenige, der
letztendlich für die Steuern aufkommen muss) und Steuerzahler (das ist
derjenige, der die Steuern an das Finanzamt zahlt) sind bei direkten Steuern
identisch.
Indirekte Steuern sind Steuern auf unseren täglichen Konsum, sie richten
sich also auf die Ausgaben für Güter und Dienstleistungen. Die wichtigste
indirekte Steuer ist die Mehrwertsteuer (Umsatzsteuer). Bei den
indirekten Steuern wird die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Einzelnen
nicht berücksichtigt, die Steuersätze sind für alle gleich, egal, ob der
Steuerpflichtige viel oder wenig verdient.
Indirekt heißen diese Steuern, weil die Beziehung zwischen Steuerträger
(das ist hier der Konsument) und Finanzamt nur indirekt über den Verkäufer
der Ware besteht. Der Verkäufer kassiert sie und führt sie ans Finanzamt
ab. Bei den indirekten Steuern sind also Steuerträger und Steuerzahler
nicht identisch.
Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
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3.2.3 Einkommenssteuer
Zur Einkommenssteuer zählen die Lohnsteuer und die so genannte veranlagte
Einkommenssteuer. Sie sind die wichtigsten direkten Steuern.
Lohnsteuer zahlen die unselbstständig Beschäftigten (Arbeiter, Angestellte,
Beamte). Die Lohnsteuer wird vom Arbeitgeber einbehalten und an das
Finanzamt abgeführt.
Die veranlagte Einkommenssteuer wird von Selbstständigen entrichtet.
Veranlagt heißt, dass der Steuerpflichtige jährlich eine Steuererklärung
abgibt und dann vom Finanzamt mitgeteilt bekommt, wie viel Steuern er
zu zahlen hat.
Die Einkommenssteuer wird nicht vom Bruttoeinkommen berechnet,
sondern vom so genannten steuerpflichtigen Einkommen.
Durch die Steuerfreibeträge können die persönlichen Verhältnisse des
Steuerpflichtigen berücksichtigt werden.
Der Steuersatz, der nun auf das steuerpflichtige Einkommen angewandt
wird, steigt mit dem Einkommen an. Die Höhe des Anstieges wird mit dem
Grenzsteuersatz bestimmt.
Unter dem Grenzsteuersatz versteht man den Steuersatz, mit dem
der letzte verdiente Euro besteuert wird.
Den Anstieg der Steuerbelastung mit steigendem Einkommen nennt man
Steuerprogression.
Wichtig ist, dass die Steuersätze nur auf diejenigen Einkommensteile
angewendet werden, die in die jeweilige Steuerstufe fallen. Wenn man
durch eine Lohnerhöhung in eine höhere Stufe fällt, wird nicht das ganze
Einkommen mit diesem höheren Steuersatz besteuert, sondern nur der
Teil, der in die höhere Stufe fällt.
Beispiel:
Ein steuerpflichtiges Jahreseinkommen von 25.000,– € wird folgendermaßen
besteuert:
• die ersten 3.640,– € sind steuerfrei;
• die nächsten 3.630,– € mit 21 %, das sind 762,3 €;
• die nächsten 14.530,– € mit 31 %, das sind 4.504,3 €;
• und die letzten 3.200,– € mit 41 %, das sind 1.312,– €.
Der Grenzsteuersatz (d.h. der Steuersatz, mit dem der letzte Euro besteuert
wird) ist in diesem Beispiel 41 %. Die Gesamtsteuer beträgt 6.578,6 €.
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Durch die progressive Besteuerung werden die persönlichen Verhältnisse des
Steuerzahlers berücksichtigt. Wer wenig verdient, zahlt einen geringeren
Anteil seines Einkommens an das Finanzamt als jemand, der mehr verdient.
Eine progressive Besteuerung hat aber auch ihre Tücken. Durch den
Anstieg der Preise (Inflation) werden die Einkommen der Menschen immer
weniger wert, also werden in den jährlichen Verhandlungen der Sozialpartner
Einkommenserhöhungen beschlossen. Diese Einkommenserhöhungen
führen aber, soweit sie nur in der Höhe der Inflationsrate erfolgen, zu keiner
Kaufkrafterhöhung, sondern gleichen nur verlorene Kaufkraft aus. Aber durch die
Einkommenserhöhung fallen immer mehr Steuerzahler in eine höhere Progressionsstufe,
sodass ihnen am Ende weniger übrig bleibt als vorher.
Das Ganze nennt man kalte Progression. Die meisten Steuerreformen der letzten Jahre
hatten vor allem das Ziel, die Wirkungen dieser kalten Progression durch Anpassung der
Steuersätze auszugleichen
3.2.4 Körperschafts- und Kapitalertragssteuer
Die Körperschaftssteuer ist die besondere Form der Einkommenssteuer für juristische
Personen wie Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Damit soll
der Gewinn dieser Gesellschaften erfasst werden, der nicht an die Eigentümer (Aktionäre,
Gesellschafter) ausgeschüttet wird. Der Körperschaftssteuersatz beträgt derzeit
einheitlich 34 %.
Eine andere Form von Einkommen sind die Zinsen auf Sparguthaben und
die Dividenden auf Aktien. Diese unterliegen der Kapitalertragssteuer (25 %).
3.2.5 Mehrwertsteuer (Umsatzsteuer)
Die wichtigste indirekte Steuer ist die Mehrwertsteuer. Sie wird auf den
Umsatz und den Verbrauch von Gütern und Dienstleistungen erhoben.
Der normale Mehrwertsteuersatz beträgt derzeit in Österreich 20 %.
Die Mehrwertsteuer wird von den Unternehmen kassiert und an das
Finanzamt abgeführt.
Neben der Mehrwertsteuer gibt es auch noch andere indirekte Steuern
wie Mineralölsteuer, Tabaksteuer, Biersteuer, Sektsteuer ...
3.2.6 Sonstige Einnahmen des Staates
Gebühren
Gebühren sind Abgaben, die für eine spezielle Gegenleistung des Staates
gezahlt werden müssen. (z.B. Ausstellung eines Reisepasses, Müllabfuhr)
Beiträge
Beiträge sind wie Gebühren Abgaben, denen eine direkte Gegenleistung
gegenübersteht. Der Beitrag muss aber nicht dem Umfang der staatlichen
Leistung entsprechen. Die wichtigsten Beiträge sind diejenigen, die an die
Sozialversicherungsträger gezahlt werden.
Einnahmen aus Wirtschaftstätigkeit
Der Staat hat auch Einnahmen als Unternehmer, da er selbst Betriebe betreibt bzw. an
Unternehmen beteiligt ist. Die Gewinne aus diesen Unternehmen und Beteiligungen
kann der Staat zur Finanzierung seiner Aufgaben verwenden.
Kredite
Wenn die bisher aufgezählten Einnahmearten nicht ausreichen, um seine Ausgaben zu
decken, hat der Staat natürlich auch die Möglichkeit, sich über Kredite zu finanzieren.
3.3 Finanzausgleich
Alle drei Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Gemeinden) dürfen Steuern einheben.
Den weitaus größten Teil hebt der Bund ein, die Steuereinnahmen der Länder und
Gemeinden sind von untergeordneter Bedeutung.
Allerdings darf der Bund nur einen Teil der Einnahmen für sich behalten, den Rest muss er
an die untergeordneten Gebietskörperschaften weitergeben.
Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
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Dieses Verfahren, das die Verteilung der Einnahmen zwischen den Gebietskörperschaften
regelt, nennt man Finanzausgleich.
3.4 Abgabenquote
Die Abgabenquote ist das Verhältnis der gesamten Abgaben zum BIP und ist ein Maß für
das gesamtwirtschaftliche Abgabenniveau. Österreich hatte im Jahr 2002 eine Abgabenquote
von 44,6 %. Das bedeutet, dass im Durchschnitt jedem Österreicher von 100 verdienten Euro
44,6 Euro vom Staat weggenommen werden. Damit liegt Österreich im europäischen
Spitzenfeld. (EU-Durchschnitt 40,8%) Die Abgabenquote ist niedriger als die Staatsquote, die
mehr als 50 % beträgt. Das liegt daran, dass der Staat neben den Abgaben noch andere
Einnahmequellen hat, z.B. Einnahmen aus Wirtschaftstätigkeit oder die Möglichkeit,
Schulden zu machen.
3.5 Die Aufgaben des Staates
3.5.1 Allokationsfunktion
Es gibt Güter, die vom Markt nicht oder nicht in einem gesellschaftlich erwünschten Ausmaß
bereitgestellt werden. Solche Güter sind z.B. innere und äußere Sicherheit, Rechtsprechung,
Bildung, Gesundheit, Energieversorgung, Straßen u.ä. Aufgabe des Staates im Rahmen der
Allokationsfunktion ist es daher, in das Marktgeschehen einzugreifen und die
entsprechenden Güter selbst bereitzustellen oder durch gezielte Lenkungsmaßnahmen den
Markt zur Produktion dieser Güter zu bewegen.
3.5.2 Verteilungsfunktion
Der Markt kann zu einer Einkommensverteilung führen, die nicht den gesellschaftlichen
Vorstellungen entspricht. Die sich aus dem Marktgeschehen ergebende Einkommensverteilung kann als ungerecht empfunden werden. Im Rahmen der Verteilungsfunktion ist es
Aufgabe des Staates, eine „gerechtere“ Einkommensverteilung herzustellen.
3.5.3 Stabilisierungsfunktion
Bei der Stabilisierungsfunktion stehen die Auswirkungen der staatlichen Finanzen auf das
wirtschaftliche Wachstum, die Beschäftigung und den Geldwert im Vordergrund. Aufgabe des
Staates im Rahmen der Verteilungsfunktion ist es, durch Steuerung seiner Einnahmen und
Ausgaben die Schwankungen des Wirtschaftsablaufes zu dämpfen.
Die Ausgaben des Staates für diese Leistungen kann man im Wesentlichen
in drei große Gruppen aufteilen:
• Zahlungen für die Gehälter der handelnden Personen (z.B das Gehalt eines Lehrers,
Polizisten, aber auch die Zahlungen für die Pensionen von Beamten);
• Kosten für die eigentlichen Sachleistungen (z.B. Ausstattung der Schule);
• Zahlungen an die verschiedenen Gruppen, die Leistungen des Staates erhalten (z.B.
Kindergeld an Familien oder Subventionen an Unternehmen).
Diese Zahlungen nennt man Transferzahlungen.
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Seite 42
3.5.4 Staatsausgaben nach ökonomischen Gesichtspunkten
Insgesamt hat der Bund im Jahr 2002 fast 62 Mrd. € ausgegeben. Man
sieht, dass Transferzahlungen fast die Hälfte dieser Summe ausmachen.
Dies ist Ausdruck einer umfangreichen Umverteilungspolitik des Staates.
3.5.5 Einkommensumverteilung
Die Einkommensverteilung ergibt sich zunächst auf dem Markt. Die Produktionsfaktoren
werden für ihre Leistung im Produktionsprozess entlohnt, Arbeitnehmer erhalten Löhne und
Gehälter, Unternehmen Gewinne und Vermögensbesitzer Zinsen, in Summe ergibt sich das
schon aus der VGR bekannte Volkseinkommen.
Diese Einkommensverteilung, die sich aus dem Leistungsbeitrag des Einzelnen im
Produktionsprozess ergibt und die vom Staat nicht oder nur wenig beeinflusst wird, nennt
man primäre Einkommensverteilung.
Diese Verteilung führt jedoch oft zu gesellschaftlich unerwünschten Ergebnissen.
Zum einen können dabei Einkommen entstehen, die nicht ausreichen, die
notwendigsten Bedürfnisse der Bezieher zu befriedigen.
Zum anderen gibt es Personen, die kein Einkommen beziehen, weil sie noch nicht (z.B.
Kinder, Studenten), gerade nicht (z.B. Arbeitslose, Kranke) oder nicht mehr (z.B.
Pensionisten) im Produktionsprozess stehen.
Unter Einkommensumverteilung versteht man die Korrektur dieser primären
Einkommensverteilung nach sozialen Gesichtspunkten. Der Staat benützt seine Mittel, um
eine „gerechtere Verteilung“ herbeizuführen.
Das Ergebnis ist die so genannte sekundäre Einkommensverteilung.
Man unterscheidet eine vertikale und eine horizontale Umverteilung:
Die vertikale Umverteilung geht von Reich zu Arm. Besserverdiener
werden höher besteuert, die Mittel werden zu denjenigen umgeleitet, die
weniger verdienen.
Horizontale Umverteilung kann verschiedene Wege gehen:
• in Form der Arbeitslosenunterstützung von denjenigen, die Arbeit haben,
zu denjenigen, die keine Arbeit haben;
• in Form von Pensionen von denen, die sich noch im Produktionsprozess
befinden, zu denen, die schon im Ruhestand sind;
• in Form von Kindergeld von kinderlosen Familien zu kinderreichen Familien;
• in Form von Krankengeld von Gesunden zu Kranken.
Die wichtigsten Mittel zur Umverteilung sind eine progressive Besteuerung, d.h. eine höhere
Besteuerung höherer Einkommen (siehe die progressive
Besteuerung bei der Einkommenssteuer) und Transferzahlungen.
Transferzahlungen sind Leistungen des Staates an private Haushalte oder
Unternehmen ohne spezielle Gegenleistung, um die sich im Marktprozess ergebende
Einkommensverteilung zu korrigieren und eine gesellschaftlich gewollte Verteilung zu
erreichen.
Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
Seite 43
Typische Transferzahlungen sind Pensionen, Kindergeld, Arbeitslosenunterstützung,
aber auch Subventionen an Unternehmen ...
3.5.6 Funktionale Gliederung der Staatsausgaben
Die bedeutendste Position sind die Ausgaben für soziale Wohlfahrt. Sie machen beinahe ein
Drittel der Gesamtausgaben aus. In dieser Position sind die Ausgaben für Familienleistungen
(z.B. Kindergeld), Arbeitslosenunterstützungen und die Zuschüsse zur gesetzlichen
Pensionsversicherung die größten Einzelposten.
3.6 Das Budget
Unter einem Budget (Voranschlag) versteht man den Finanzplan für eine bestimmte
Periode. Es ist eine Gegenüberstellung von voraussichtlichen
Einnahmen und Ausgaben in einem bestimmten Zeitraum.
Ein Rechnungsabschluss (zB der Bundesrechnungsabschluss) enthält
dagegen die tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben. Er betrachtet Einnahmen und
Ausgaben im Nachhinein.
Man sagt, dass ein Budget „in Zahlen gegossene Politik ist“. Damit ist gemeint, dass sich
die politischen Vorstellungen der jeweils Regierenden als Posten im Budget niederschlagen.
Wofür Geld investiert wird, welche Projekte verwirklicht oder fallen gelassen werden, ob
Unternehmer gefördert, die Arbeitslosen unterstützt, die Militärausgaben erhöht oder die
Bildungschancen verbessert werden, alles findet seinen Niederschlag im Budget.
3.6.1 Budgetdefizit
In den seltensten Fällen werden bei einem Budget die Einnahmen genauso groß sein wie die
Ausgaben. Sollte das trotzdem einmal der Fall sein, spricht man von einem ausgeglichenen
Budget.
Wenn die Einnahmen größer sind als die Ausgaben, dann weist das Budget einen
Überschuss auf.
Sind die Ausgaben größer als die Einnahmen, dann spricht man von einem
(Budget-)Defizit.
Das Bruttodefizit gibt an, in welcher Höhe neue Schulden aufgenommen werden
müssen.
Da aber gleichzeitig ein Teil der alten Schulden getilgt wird, steigt die gesamte Staatsschuld
nicht um die Höhe des Bruttodefizits, sondern nur um die Höhe des Bruttodefizits abzüglich
dieser Tilgungen. Das Ergebnis ist das Nettodefizit.
Das Nettodefizit ist die Neuverschuldung des Staates, d.h., es gibt an, um welchen
Betrag die Staatsschulden im betreffenden Jahr zunehmen.
Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
Seite 44
Wenn also in der Zeitung steht, dass das Budgetdefizit gesunken ist, heißt das nicht, dass
die Staatschulden gesunken sind, sondern nur, dass die Schulden langsamer gewachsen
sind. Ein so genanntes Nulldefizit führt dazu, dass die Schulden weder zu- noch abnehmen.
Um die Schulden zu verringern, muss der Staat einen Budgetüberschuss erreichen und
diesen zur Schuldenrückzahlung verwenden.
Das Budget des Bundes besteht aus dem allgemeinen Haushalt und dem
Ausgleichshaushalt
Der allgemeine Haushalt ist das, was man üblicherweise unter dem Budget versteht. Hier
sind die Einnahmen und Ausgaben einander gegenübergestellt. Der Ausgleichshaushalt
enthält die Einnahmen durch Schuldenaufnahme (z.B. einen Kredit, den der Staat in
Anspruch nimmt) und die Ausgaben des Staates für Schuldentilgungen (z.B. für die Tilgung
von Krediten).
Der Gesamthaushalt ist also immer ausgeglichen, weil einem Defizit im Allgemeinen
Haushalt immer ein gleich großer Überschuss im Ausgleichshaushalt gegenübersteht.
Wenn von einem (Budget-)Defizit die Rede ist, meint man im Allgemeinen das Defizit des
allgemeinen Haushalts, also das Nettodefizit.
3.6.2 Staatsverschuldung
Die Staatsverschuldung ist die Summe der Nettodefizite der vergangenen
Jahre. Durch die laufenden Defizite ist die Staatsschuld von1992 bis 2002 um rund 58 %
gestiegen und betrug im Jahr 2002 rund 124 Mrd. €. Diese Schulden bringt der Staat durch
Kredite auf. Den größten Teil davon machen Staatsanleihen und Darlehen bei Banken und
Versicherungen aus.
Der größte Teil der Schulden sind Euro-Schulden. Die Fremdwährungsschulden
sind Schulden in Yen und Schweizer Franken. Fremdwährungsschulden haben den Nachteil,
dass Wechselkursänderungen zu einem starken Anstieg der Zahlungs-verpflichtungen führen
können.
Den Aufwand des Staates, der sich aus Tilgungen und Zinsen zusammensetzt, nennt man
Schuldendienst.
Der Aufwand des Bundes für die Finanzschulden ist in den letzten Jahren gestiegen, woraus
sich folgende Probleme ergeben:
• Verringerung des budgetären Handlungsspielraumes
Der steigende Schuldendienst führt dazu, dass der Staat einen immer größeren
Teil der Einnahmen für den Schuldendienst aufwenden muss. Dieses
Geld fehlt dann natürlich für wichtige Aufgaben wie Bildung oder Investitionen
in die Infrastruktur.
• Verdrängung privater Investitionen
Nicht nur die Investitionen des Staates werden durch den steigenden Schuldendienst
gefährdet, auch die Investitionen der privaten Unternehmen.
Durch die starke Nachfrage nach Krediten treibt der Staat das Zinsniveau in die Höhe, Geld
kostet also mehr, und es wird für die Unternehmen teurer, zu investieren.
• Belastung künftiger Generationen
Künftige Generationen werden mit dem Abtragen der Schulden von heute belastet. Das gilt
aber nicht für längerfristige Investitionen, wie z.B. Straßen, von denen zukünftige
Generationen ja auch profitieren, sondern für Konsumausgaben, wie z.B. Zuschüsse zu
Pensionen.
Es spricht also einiges für eine Sanierung des Staatsbudgets mit dem Ziel einer langfristigen
Finanzierbarkeit des Staatshaushalts.
Eine Sanierung über die Einnahmen (d.h. nichts anderes als höhere Steuern) scheint
angesichts der schon jetzt so hohen Abgabenquote nicht der richtige Weg zu sein.
Bleibt der Weg über die Ausgaben. Weniger Ausgaben bedeutet natürlich auch, dass der
Staat weniger Leistungen erbringen kann. Man wird über die Rolle des Staates in einer
sozialen Marktwirtschaft nachzudenken haben wie eine Überforderung des Staates durch
immer mehr und neue Aufgaben vermieden werden kann.
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3.6.3 Budget und EU-Konvergenzkriterien
Mit dem Beitritt zur Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion hat sich Österreich
verpflichtet, bestimmte Spielregeln bei der Erstellung seines Budgets einzuhalten. Sie sind
Teil der so genannten Konvergenzkriterien, die jedes Mitgliedsland erfüllen muss. Hauptziel
dieser Kriterien ist es, den Wert des Euro zu erhalten, um ein ausgeglichenes Budget des
Gesamtstaates zu erreichen. Eine zu hohe Verschuldung der Euro-Teilnehmerstaaten
könnte dieses Ziel gefährden.
Maßgeblich für die Berechnung ist das Budget des Bundes, der Länder, Gemeinden und
Sozialversicherungsträger zusammengerechnet.
Nach diesen so genannten Maastricht-Kriterien darf das Nettodefizit (also die
Neuverschuldung) jährlich nicht mehr als 3 % des BIP ausmachen und die
Staatsverschuldung eines Landes soll 60 % des BIP nicht übersteigen.
Diese Maastricht-Kiterien wurden durch den so genannten EU-Stabilitäts-und
Wachstumspakt, in dem die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, einen ausgeglichenen
Haushalt oder sogar einen Überschuss anzustreben, konkretisiert. Auch in schwierigen
Zeiten soll die Neuverschuldung nicht mehr als 3 % des BIP betragen.
Jeder Staat muss mehrjährige Stabilitätsprogramme vorlegen, die von der EU
überwacht werden. Nötigenfalls werden Empfehlungen ausgesprochen und
Korrekturmaßnahmen empfohlen. Gelingt es einem Land trotzdem nicht, die Kriterien
einzuhalten, können Sanktionen verhängt werden. Diese bestehen zunächst aus einer
zinslosen Geldeinlage, die bei erfolgreicher Budgetkonsolidierung zurückgezahlt wird. Wenn
das betroffene Land nach zwei Jahren noch immer das Limit verfehlt, wird die Einlage in eine
Geldbuße umgewandelt.
Österreich erfüllt beim Budgetdefizit die Kriterien (-0,2%), hat aber bei der
Staatsverschuldung (67,3%) noch einigen Nachholbedarf.
Die EU-Konvergenzkriterien, vor allem das Defizitkriterium, sind derzeit heftig umstritten.
Zum einen ist die Defizitgrenze von 3 % völlig willkürlich gewählt, zum anderen unterscheidet
es nicht zwischen „guten“ und „schlechten“ Schulden.
Beim strukturellen Defizit lebt der Staat einfach über seine Verhältnisse, selbst bei normaler
Konjunktur reichen die Einnahmen nicht aus, um die Ausgaben zu finanzieren. Der Haushalt
ist chronisch defizitär. Das ist das schlechte Defizit.
Ein konjunkturelles Defizit entsteht dagegen nur, wenn die wirtschaftliche Lage schlecht ist.
Dann fehlen dem Staat plötzlich erwartete Einnahmen (z.B. aus der Mehrwertsteuer, weil
weniger gekauft wird), auf der anderen Seite hat er unerwartete Ausgaben (z.B. durch höhere
Arbeitslosenunterstützungen, weil mehr Menschen arbeitslos sind).
Wenn der Staat in einer solchen Situation mit Steuererhöhungen und Ausgabensenkungen
reagiert, würde er die Konjunktur noch weiter verschlechtern,
er würde prozyklisch reagieren. Gefordert wäre in dieser Situation aber eher ein
antizyklisches Verhalten des Staates.
Wie jüngste Beispiele zeigen, ist das aber vielen Ländern nicht möglich, weil sie sonst das
Budgetkriterium überschreiten. Damit werden Konjunkturkrisen sinnlos verschärft,
insbesondere, wenn weit und breit keine Inflationsgefahr zu sehen ist.
Es wäre wohl sinnvoller, den Begriff Defizit im Sinne der EU-Kriterien als
strukturelles Defizit zu interpretieren und nur auf dieses mit strengen
Sanktionen zu reagieren.
Ein konjunkturelles Defizit sollte ausgenommen bleiben. Das würde den konjunkturpolitischen
Spielraum der einzelnen Staaten erhalten.
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3.7. Arbeitsblätter
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3.8 Lernkontrolle
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4. Wirtschaftswelt – Weltwirtschaft
4.1. Außenhandel
Unter Außenhandel versteht man einen GRENZÜBERSCHREITENDEN Warenund Dienstleistungsverkehr einer Volkswirtschaft.
• Import: Güter und/oder Leistungen werden vom Ausland eingeführt.
• Export: Güter und/oder Leistungen werden ins Ausland ausgeführt.
Der Handel mit anderen Staaten ist für jedes Land sehr wichtig – er ist
Voraussetzung dafür, dass wir Produkte, die bei uns nicht gedeihen oder
vorhanden sind, nutzen können (z.B. Bananen). Durch den Außenhandel sind die
einzelnen Wirtschaften miteinander verbunden. Das heißt jedoch auch, dass sich
Veränderungen in einer Wirtschaft auch auf andere Länder auswirken. Steigen
z.B. die Produktkosten in Deutschland, so steigen auch die Preise der von
Österreich importierten Produkte aus Deutschland.
Devisen: ausländische Zahlungsmittel → durch Export kommen Devisen vom
Ausland ins Inland; Importe kosten uns Devisen, die ins Ausland fließen.
Neben dem Außenhandel ist jedoch auch der Handel innerhalb eines Landes von
großer Bedeutung → dieser wird als Binnenhandel bezeichnet.
Warum brauchen wir den Außenhandel?
• Viele Güter können nicht in jedem Land gewonnen oder hergestellt werden.
• Bei einigen Produkten würden zu hohe Arbeitskosten (Löhne und Gehälter)
anfallen → in Billiglohnländern können diese Produkte günstiger produziert
werden.
• Viele Staaten haben sich auf bestimmte Produkte spezialisiert. Die
internationale Arbeitsteilung führt dazu, dass manche Staaten bestimmte
Produkte billiger erzeugen können als andere.
• Oftmals werden zu viele Güter erzeugt als im Inland benötigt werden →
Massenproduktion.
Außenwirtschaftliches Gleichgewicht:
Export und Import stellen Gegengewichte dar – Österreich muss viele Produkte
importieren und so fließt Geld ins Ausland. Dieses Geld fehlt im Inland und so
muss man den Export österreichischer Produkte ankurbeln um Geld vom Ausland
zu bekommen.
Das Ziel der internationalen Wirtschaftspolitik ist es, den Wohlstand der
einzelnen Volkswirtschaften zu erhöhen. Durch die unterschiedlichen
Produktionskosten kommt es zu Kostenersparnissen beim Import bzw. Export
bestimmter Güter.
4.2. Zahlungs- und Leistungsbilanz
Zahlungsbilanz
Die Zahlungsbilanz zeigt uns, ob in einem Jahr mehr Zahlungen in das Ausland
gehen oder vom Ausland nach Österreich kommen. So erkennt man, ob
Österreich gegenüber dem Ausland als Gläubiger (positive Bilanz) oder als
Schuldner (negative Bilanz) auftritt.
Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
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•
Aktive (positive) Bilanz: Mehr Zahlungen vom Ausland nach Österreich
als Zahlungen von uns ins Ausland.
• Ausgeglichene Bilanz: Zahlungen vom Ausland nach Österreich sind
gleich hoch wie Zahlungen von uns ins Ausland.
• Passive (negative) Bilanz: Zahlungen vom Ausland nach Österreich sind
niedriger als Zahlungen von uns ins Ausland.
Eine Bilanz besteht immer aus 2 Seiten: Aktiva (Einnahmen, Exporte) und
Passiva (Ausgaben, Importe). Tritt ein Unterschied zwischen Aktiva und Passiva
auf, so wird dieser als Saldo bezeichnet.
Die Zahlungsbilanz eines Staates setzt sich aus verschiedenen Teilbilanzen wie
der Leistungsbilanz, der Kapitelbilanz u.a. zusammen.
Leistungsbilanz
Gegenüberstellung von Exporten und Importen von Waren und
Dienstleistungen. Das Kernstück der Leistungsbilanz ist in den meisten Ländern
die Handelsbilanz. Die Leistungsbilanz kann positiv oder negativ sein. Ein
langfristiges Leistungsbilanzdefizit wird die Wirtschaft schwächen.
Handelsbilanz: Gegenüberstellung von Exporten und Importen von
Sachgütern und Waren. Es kann einen Handelsbilanzüberschuss (mehr Exporte
als Importe) oder ein Handelsbilanzdefizit (mehr Importe als Exporte) auftreten.
Dienstleistungsbilanz: Gegenüberstellung von Exporten und Importen an
Dienstleistungen.
Einkommens- und Transferbilanz: Hier werden Kapitalerträge und
Arbeitsentgelte oder Zahlungen von Mitgliedsbeiträgen an internationale
Organisationen berücksichtigt.
4.3. Österreichischer Außenhandel
Der österreichische Außenhandel konzentriert sich vor allem auf die
Nachbarstaaten, wobei die EU eine wichtige Rolle spielt. In den letzten Jahren
sind vor allem die Handelsbeziehungen mit den Staaten Osteuropas gestiegen.
Österreich ist wirtschaftlich hoch entwickelt, jedoch rohstoffarm. D.h. wir
importieren vor allem Rohstoffe bzw. Halbfertigwaren, die im Inland noch
veredelt werden und exportieren möglichst hochwertige Produkte.
Österreich exportiert v.a. Industriewaren (2/3 der Exporte). Halbfertigwaren
(Textilien, Stahl) stellen 20% der Exporte dar. Das wichtigste Export- als auch
Importgut sind Maschinen und Fahrzeuge. In den meisten hoch entwickelten
Wirtschaften werden im Grunde genommen die gleichen Waren, aber in
unterschiedlicher Art und Ausführung, ausgetauscht → so auch in Österreich.
Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
Seite 54
Österreichs Außenhandel konzentriert sich seit jeher auf Europa (80 % des
Handels), davon 60% mit der EU. Deutschland und Italien stehen seit
Jahrzehnten an der Spitze unter den österreichischen Handelspartnern.
Demgegenüber steht eine schwache Präsenz Österreichs in Übersee wie in den
USA. Ein Grund dafür ist, dass Österreich keine koloniale Vergangenheit hat und
ein Binnenland ist. Weiters fehlen große internationale Handelshäuser,
multinationale Unternehmen und es gibt nur wenige weltweit bekannte Marken in
Österreich.
In Österreich gab es seit Jahren erstmals 2002 wieder einen
Leistungsbilanzüberschuss,
was
die
erstmals
seit
1947
positive
Handelsbilanz bewirkt. Österreichs Leistungsbilanz hat sich sowohl gegenüber
dem EU-Raum als auch gegenüber dem Rest der Welt verbessert. Jeder einzelne
Österreicher beeinflusst durch sein Konsumverhalten die Leistungsbilanz – nimmt
man Leistungen aus dem Inland oder dem Ausland in Anspruch…?
Die österreichische Wirtschaft hat sich im Laufe der Zeit immer mehr zu einer
Dienstleistungsgesellschaft verwandelt. Auch die EU-Erweiterung wird dem
österreichischen Außenhandel keine großen Impulse verleihen, da der Handel mit
diesen Ländern jetzt schon sehr weit fortgeschritten ist.
Für
die
Zukunft
steckt
das
Potential
der
österreichischen
Exportwirtschaft in folgenden Bereichen:
• Hoher technischer Standard
• Flexibilität
• Offensive Absatzpolitik
• Hochqualitative Produkte
Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
Seite 55
•
Intensive Forschungs- und Entwicklungsarbeit
4.4. Außenhandel der Europäischen Union
Die EU ist einer der größten Wirtschaftsräume der Welt und rund ein
Fünftel des Welthandels erfolgt durch sie. Der Handel der EU kann
unterschieden werden:
• Intra-EU-Handel: Binnenhandel innerhalb der Mitgliedsstaaten
o 4 Grundfreiheiten des EU-Binnenmarktes:
ƒ Freier Warenverkehr: Zölle und Warenbeschränkungen sind
verboten.
ƒ Freier Personenverkehr: Jeder EU-Bürger kann sich frei
innerhalb der EU bewegen und aufhalten.
ƒ Freier Dienstleistungsverkehr: Bürger oder Unternehmen
können
in
anderen
Mitgliedsstaaten
Dienstleistungen
erbringen.
ƒ Freier
Kapitalund
Zahlungsverkehr:
Keine
Beschränkungen des Kapital- und Zahlungsverkehrs.
Außenhandel
der
Europäischen
Union.
• Extra-EU-Handel:
Haupthandelspartner der EU ist vor allem die USA.
4.5. Welthandel
Der Großteil des Welthandels spielt sich zwischen den entwickelten
Volkswirtschaften ab. Rund die Hälfte der Weltexporte entfällt auf die 7
größten Wirtschaftsmächte (G-7).
Das Welthandelsvolumen betrug 2001 6.000 Mrd. US $. Die größten
Welthandelsmächte sind die EU, die USA, Japan, Kanada und China.
Innerhalb der EU sind v.a. Deutschland, Frankreich und Großbritannien die
stärksten Wirtschaftsmächte. Österreich hält am Welthandel etwa 1 % und zählt
zu den Mittelmächten des Welthandels.
Die Bedeutung des Außenhandels wird immer größer. Die Ursachen für die starke
Zunahme des Welthandels in den letzten Jahrzehnten sind:
• Anstieg des BIP bzw. des Volkseinkommens
• Spezialisierung einzelner Volkswirtschaften
• Geringere Transportkosten, bessere Logistik
• Liberalisierung, GATT, WTO
Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
Seite 56
Der Außenhandel hat jedoch nicht in allen Ländern der Welt gleich zugenommen.
Vor allem die Entwicklungsländer im Mittleren Osten, in Nordafrika und Südasien
haben ein sehr geringes Außenhandelsvolumen.
4.6. Internationale Handelsorganisationen und –vereinbarungen
• Welthandelsorganisation WTO (world trade organization):
Sie überwacht die Einhaltung von Handelsabkommen. Ziel ist ein möglichst freier
internationaler
Handel.
Durch
den
Abbau
von
Handelshindernissen
(Liberalisierung) unter den Mitgliedsstaaten wird eine Steigerung der
Beschäftigung, des Einkommens und des Lebensstandards angestrebt.
• Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
OECD:
Heute sind 29 Staaten Mitglied der OECD, darunter auch Österreich. Ziele der
OECD sind die wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, die
Vollbeschäftigung und Währungsstabilität sowie die Hilfe für Entwicklungsländer.
• Freihandelszonen:
Manche Staaten schützen ihre eigene Wirtschaft durch Importbeschränkungen
vor dem globalen Wettbewerb. Immer mehr Staaten bevorzugen in jüngster
Vergangenheit jedoch regionale Abkommen, wie Freihandelszonen. Eine
Freihandelszone ist ein Zusammenschluss von mehreren Ländern, zwischen
denen es keine Zölle oder andere Handelsbeschränkungen gibt. Gegenüber
Drittstaaten gibt es jedoch Zölle. Auch werden Produkte, die von Drittländern
importiert werden und innerhalb der Mitgliedsstaaten weitertransportiert werden,
verzollt. Beispiele für Freihandelszonen: EFTA, EWR, NAFTA
• G7/G8
Seit 1975 treffen sich jährlich die Staats- und Regierungschefs der 7 wichtigsten
Industriestaaten (G 7) Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan,
Kanada und die USA. Seit 1993 ist auch Russlands Präsident bei diesen Treffen
anwesend → G 8. Hierbei werden weltweite Wirtschafts- und Währungsfragen
sowie Themen wie Energiepolitik, Arbeitslosigkeit, Umweltschutz … besprochen.
4.7. Handelshemmnisse
Obwohl die internationalen Handelsorganisationen und –vereinbarungen eine
Öffnung (Liberalisierung) des Welthandels anstreben, gibt es nach wie vor
zahlreiche Handelshemmnisse, die den Welthandel einschränken. Es kann
natürliche (geographische), private oder staatliche Hindernisse für einen
grenzüberschreitenden Handel geben.
Handelshemmnisse sind staatliche Maßnahmen zur Beschränkung des
Außenhandels.
Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
Seite 57
•
•
Zölle: Staatliche Zwangsabgaben (Steuern), die bei der Einfuhr, der
Ausfuhr oder der Durchfuhr von Waren erhoben werden.
o Spezifische Zölle: Zölle auf Menge, Gewicht, Länge, Größe, Alter, …
o Wertzölle: bestimmter Prozentsatz des Wertes der Ware
Nichttarifäre Handelshemmnisse: Alle staatlichen Maßnahmen, die
ausländische
Exporteure
gegenüber
inländischen
Konkurrenten
diskriminieren → diese Hemmnisse bestehen aber nicht in Zöllen! Es
können z.B. mengenmäßige Beschränkungen (Kontingente, Quoten,
Export- und Importverbote) bestehen oder sonstige Vorschriften und
Standards.
o Importkontingente: Nur eine bestimmte Menge einer Ware darf
zollfrei importiert werden. Wird mehr importiert, so muss dies verzollt
werden.
o Quoten: Bezeichnen die Höchstmenge, die von einem Produkt
eingeführt werden darf.
o Export- oder Importverbote: Bestimmte Waren dürfen nicht ein- oder
ausgeführt werden.
Gerade diese Handelshemmnisse spielen im Welthandel eine große Rolle.
Durch sie sollen v.a. die eigenen Unternehmen gegenüber der
ausländischen Konkurrenz geschützt werden. Langfristig gesehen führen
solche
Handelshemmnisse
jedoch
zu
Nachteilen
für
diese
Volkswirtschaften.
4.8. Globalisierung
Globalisierung
bezeichnet
die
stetige
Zunahme
internationaler
Transaktionen auf den Märkten für materielle Güter, Dienstleistungen und
Produktionsfaktoren.
Hauptursachen der Globalisierung:
• Technische Veränderungen
• Liberalisierungspolitik der WTO
• Einführung der Marktwirtschaft in den mittel- und osteuropäischen Ländern
und in China – Öffnung der Länder
• Regionale Wirtschaftszusammenschlüsse wie die EU
Chancen und Risiken der Globalisierung:
Erhöhung des Wohlstandes
Zunahme von Ungleichheit
Stärkeres Wirtschaftswachstum
Schnellere Krisenfortpflanzung
Breiteres Güterangebot
Abhängigkeit von Konzernen
Erhöhung der Exporte
Kulturelle Veränderungen
Strukturverbesserungen
Verlust von Arbeitsplätzen
Zusätzliche Arbeitsplätz
Umweltprobleme
Preisgünstigere Importe
Neue Investitionsmöglichkeiten
Globalisierung führt gesamtwirtschaftlich gesehen zu:
‐ Vermehrten außenwirtschaftlichen Beziehungen und damit
‐ zu verstärktem Wirtschaftswachstum und
‐ einem breiteren Güterangebot
Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
Seite 58
Gründe dafür sind die preisgünstigen Importe, die vermehrten Exporte sowie
zusätzliche
Investitionsmöglichkeiten.
Insgesamt
ergibt
sich
ein
Wohlstandsgewinn.
Die eigenen Unternehmen eines Landes stehen nun im internationalen
Wettbewerb
–
dies
erfordert
eine
Strukturpolitik,
welche
die
Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen stärkt. Strukturpolitik umfasst die
Forderung
der
Forschung,
Schaffung
neuer
Ausund
Weiterbildungsmöglichkeiten, …. . Auch soll eine Abwanderung von
Unternehmen und Mitarbeitern ins Ausland verhindert werden. So wird auch der
Staat dem internationalen Wettbewerb ausgeliefert. Er muss die
Infrastruktur, das Steuersystem und die Bürokratie so gestalten, dass das Land
für Unternehmen möglichst attraktiv ist.
4.9 Arbeitsblätter
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Seite 59
Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
Seite 60
Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
Seite 61
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Seite 62
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4.10 Lernkontrolle
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Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
Seite 65
5 IM ZENTRUM EUROPAS –
NEUE HERAUSFORDERUNGEN FÜR ÖSTERREICH
5.1 EU-Vertiefung
5.1.1 Die Ausgangssituation
Nach dem Zweiten Weltkrieg kam vor dem Hintergrund der Ost-West-Spaltung war
es das oberste Ziel der Europäer, in einem geeinten Europa in Frieden und Sicherheit
zu leben. Am 09. 05. 1950 ruft der französische Außenminister Robert Schumann zur
Zusammenarbeit und zur Überwindung der „Gräben“ des Zweiten Weltkriegs auf.
Diese Erklärung wird als die Geburtsurkunde der Europäischen Union angesehen.
5.1.2 Die Geschichte der EU beginnt in den 50er-Jahren mit der
Unterzeichnung der Gründungsverträge (EGKS,
EuGH) und der Verträge von Rom (EWG, Euratom)
Dieser erste Schritt für die Gründung der Europäischen Gemeinschaft steht für die
beiden bis heute wichtigsten Geistesströmungen, die dem europäischen
Integrationsprozess Gestalt verliehen haben: das auf Dialog und Ergänzung
zwischen lokalen, regionalen, nationalen und europäischen Instanzen basierende
föderalistische Konzept und der funktionalistische Ansatz auf der Grundlage der
schrittweisen Übertragung von Souveränitätsrechten von der nationalen Ebene auf
die Gemeinschaftsebene.
Die Verträge zur Gründung der
Europäischen Gemeinschaft für
Kohle und Stahl (EGKS) werden 1951
unterzeichnet, die Römischen Verträge
zur Gründung der Europäischen
Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und
der Europäischen Atomgemeinschaft
(Euratom) folgen 1957. Die
Gemeinschaft, die zunächst auf einen
gemeinsamen Markt für Kohle und
Stahl der sechs Gründerstaaten
(Belgien, BRD, Frankreich, Italien,
Luxemburg, Niederlande) beschränkt war, hat von Anfang an zur Erhaltung des
Friedens beigetragen. Ihr ist es gelungen, Sieger und Besiegte des letzten
europäischen Krieges in einem institutionellen Rahmen auf der Grundlage des
Gleichheitsprinzips zu vereinigen. Die ersten Schritte für die europäische
Zusammenarbeit fanden auf dem Gebiet der Wirtschaft statt.
5.1.3 Die 60er-Jahre: Bildung gemeinsamer Organe für die
Europäische Gemeinschaft + eine Zollunion entsteht
Durch den „Fusionsvertrag“ werden die getrennt bestehenden Organe der
Gemeinschaften (EWG, EAG, EGKS) zu einem gemeinsamen Rat und zu einer
gemeinsamen Kommission zusammengeschlossen, der Begriff Europäische
Gemeinschaft entsteht. Unberührt blieb zunächst die rechtliche Selbstständigkeit der
Gemeinschaften. Die Zollunion wird verwirklicht, d.h., die Zölle für gewerbliche
Erzeugnisse wurden bis Ende der 60er- Jahre vollständig abgeschafft.
Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
Seite 66
Die Europäische Union ist
durch eine institutionelle
Grundstruktur
gekennzeichnet, die sie von
den traditionellen
internationalen
Organisationen
unterscheidet. Die
Mitgliedstaaten übertragen
einen Teil ihrer
Hoheitsrechte auf
unabhängige EU-Organe,
die die Interessen der Einzelstaaten ebenso wie das Gesamtinteresse der
Gemeinschaft vertreten. Diese Organe sind durch komplexe komplementäre
Beziehungen miteinander verbunden, aus denen sich der Entscheidungsprozess
ergibt.
Der Rat der Europäischen Union ist das zentrale Entscheidungsorgan der
Europäischen Union. Er setzt sich aus den für das jeweilige Thema der
Tagesordnung zuständigen Ministern der 27 Mitgliedstaaten zusammen. Die
Vertreter der Mitgliedstaaten beschließen alle wesentlichen Rechtsakte, d.h.
Verordnungen, Richtlinien und Beschlüsse. In einigen besonders sensiblen
Bereichen wie der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik sowie der Steuer-,
Asyl- und Einwanderungspolitik müssen die Beschlüsse des Rates einstimmig
gefasst werden. Mit anderen Worten: Jeder Mitgliedstaat kann in diesen Bereichen
ein Veto einlegen. In den meisten Fragen beschließt der Rat jedoch mit qualifizierter
Mehrheit.Zur Berechnung der qualifizierten Mehrheit (mindestens 62% der
Gesamtbevölkerung der EU) werden die Stimmen der Mitgliedstaaten unterschiedlich
gewichtet. Die Präsidentschaft im Rat wird für die Dauer von sechs Monaten
abwechselnd von jeweils einem Mitgliedstaat wahrgenommen.
Das Europäische Parlament ist die demokratisch gewählte Vertretung der Völker
der in den Europäischen Gemeinschaften zusammengeschlossenen Staaten. Es ist
darüber hinaus am Rechtsetzungsprozess beteiligt. Dem gegenwärtigen Parlament
gehören 785 Abgeordnete aus allen 27 EU-Mitgliedstaaten an, die alle fünf Jahre
gewählt werden.. Von der nächsten Legislaturperiode (2009–2014) an soll die Zahl
der Mitglieder des Europäischen Parlaments im Prinzip 736 nicht übersteigen. Die
Sitzordnung im Plenum richtet sich nicht nach der Nationalität der Mitglieder des
Europäischen Parlaments (MEP), sondern nach ihrer Zugehörigkeit zu sieben
Fraktionen.
Die Europäische Kommission ist die Hüterin der Verträge.
Die Kommission ist von den nationalen Regierungen unabhängig. Sie vertritt und
wahrt die Interessen der gesamten EU. Die Kommission erarbeitet Vorschläge für
neue europäische Rechtsvorschriften, die sie dem Parlament und dem Rat vorlegt.
Sie ist auch die Exekutive der EU, d.h. sie ist für die Umsetzung der Beschlüsse des
Parlaments und des Rates verantwortlich. Dies bedeutet, dass sie das Tagesgeschäft
der Europäischen Union führt: Umsetzung der politischen Maßnahmen, Durchführung
der Programme und Verwaltung der Mittel.
Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
Seite 67
5.1.4 Die 70er-Jahre: Eigene Finanzmittel der EG, Ausdehnung
der Arbeitsgebiete der EG, EWS löst die Währungsschlange
ab, erste Direktwahl des EU-Parlaments, der
Europäische Rechnungshof wird gegründet
Angesichts der
Erfolge der sechs
Gründerstaaten
treten
Großbritannien,
Dänemark und
Irland der
Gemeinschaft bei.
Mit der Erweiterung
auf neun
Mitgliedstaaten
wurde gleichzeitig
das Wirken der
Gemeinschaft
durch neue
Politiken (Sozial-,
Regional- und
Umweltpolitik) verstärkt. Die europäische Gemeinschaft hat ein System zur Schaffung
Europäischer Gesetze etabliert, die Funktion des Europäischen Parlaments ist dem
Europäischen Rat untergeordnet.
5.1.5 Die 80er-Jahre: Die Einheitliche Europäische Akte wird verabschiedet ->
Binnenmarkt
Die Europäische Gemeinschaft wächst weiter, Griechenland, Spanien und Portugal
treten bei („Europa der Zwölf“). Verabschiedung der Einheitlichen Europäischen
Akte (EEA). Dadurch wurden die Voraussetzungen zur Vollendung des
Binnenmarkts geschaffen. Der Binnenmarkt mit seinen vier Grundfreiheiten prägt
auch heute das gemeinsame Wirtschaften in Europa. Die vier Grundfreiheiten (siehe
Kapitel 4, „Wirtschaftswelt Weltwirtschaft”) bauen auf dem Diskriminierungsverbot
auf, d.h., jeder
Bürger soll innerhalb der EU bzw. EWR (die Bezeichnungen entstehen
eigentlich erst in den 90er-Jahren) gleich behandelt werden, keine Diskriminierung
auf Grund der Staatsbürgerschaft ist erlaubt.
15
Fall der Berliner Mauer
5.1.6 Die 90er-Jahre: Maastrichter Vertrag, EWR, Beginn der
Wirtschafts- und Währungsunion, Vertrag von
Amsterdam (Stabilitätspakt), Dubliner Vertrag
Zentrales Anliegen der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) ist die
Schaffung einer stabilen Währung (Euro) bei gesunder Finanzlage der
Mitgliedstaaten (dafür wird ein Stabilitätspakt vereinbart – siehe Kapitel 2,
„Geld”) und die Schaffung einer unabhängigen Europäischen Zentralbank.
Die Gründe für die wirtschaftliche Zusammenarbeit und die Übertragung
von Aufgaben auf EU-Ebene durch die Nationalstaaten sind vielfältig und
haben auch einen hohen politischen Beweggrund:
• Der Binnenhandel erleichtert vor allem für die kleinen Volkswirtschaften
den Handel.
• Durch den Wettbewerbs- und daraus sich ergebenden Spezialisierungseffekt
Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
Seite 68
über die Landesgrenzen hinweg ergeben sich Vorteile für Produzenten
wie für Verbraucher.
• Ein großer, integrierter Wirtschaftsraum kann eine Stabilisierung des
Wirtschaftsmodells bedeuten, insbesondere der Arbeitnehmerrechte.
• Eine gemeinsame Währung dient als wichtiger Vorreiter für eine politische
Union (hoher emotionaler Effekt).
Der „Vertrag über die Europäische Union“ („Maastricht-Vertrag“), weist der EU
neue Kompetenzen u.a. in
den Bereichen Kultur,
Bildung,
Gesundheitswesen,
Verbraucherschutz,
Entwicklungshilfe, Außenund Sicherheitspolitik zu.
In den 90er-Jahren treten
Schweden, Finnland und
Österreich („Europa der
15“) der Europäischen
Union bei, und es werden
die Verhandlungen mit
Estland, Polen,
Slowenien, der
Tschechischen Republik,
Ungarn und Zypern für
eine Erweiterung eröffnet. Der Vertrag von Amsterdam (1997) stärkt die
Kompetenzen des Europäischen Parlaments im europäischen
Rechtsetzungsprozess. Dieser Vertrag bindet auch das Schengener Übereinkommen
(mit dem Ziel, die Personenkontrollen an den Binnengrenzen aufzuheben) in den
Besitzstand der Europäischen Union ein.
5.1.7 Beginn des 21. Jh.: Vertrag von Nizza, Charta der
Grundrechte, Euro-Einführung, EU-Konvent
Eine Währung in Europa und eine starke Zentralbank sind nun Realität. Spätestens
mit der Euro-Einführung in zwölf der EU-Mitgliedstaaten ist uns bewusst geworden,
wie sehr auch der Alltag von europäischer Politik betroffen ist. Die Emotionen waren
groß zwischen „Euphorie“ und „Teuro“. Die nächsten Schritte für eine gemeinsame
Wirtschaftspolitik sind in Diskussion, sie reichen von einer Harmonisierung der
Besteuerung bis hin zur Sozialgesetzgebung. Über fünf Jahrzehnte hat sich
ausgehend von der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (1952) und den
Römischen Verträgen (1957) über die Einheitliche Europäische Akte (1986) und die
Vertragsrevisionen und Ergänzungen von Maastricht (1993), Amsterdam (1999) und
Nizza (2000) ein dichtes Geflecht von Normen und Institutionen herausgebildet,
das die Mitgliedstaaten der Europäischen Union intensiv miteinander verbindet.
Inzwischen gehen rund 80 % der österreichischen Gesetzgebung auf Europäische
Regelwerke zurück, die zuvor auf europäischer Ebene getroffen worden sind.
Mit dem Zerfall der Sowjetunion und des Kommunismus im östlichen Europa gelingt
der Europäischen Union am Beginn des dritten Jahrtausends auch die Integration der
mittel- und osteuropäischen Staaten und die Ausdehnung der Zone der Stabilität und
des Friedens auf fast ganz Europa. 2004 treten zehn Staaten und 2007 weitere zwei
Staaten der EU bei. Die große Zahl an Mitgliedern wird die Funktionsfähigkeit (zB bei
Entscheidungen) der EU auf eine harte Probe stellen.
Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
Seite 69
Der Europäische Rat verabschiedet daher den „Vertrag von Nizza“, der die
Entscheidungsverfahren der EU ändert, um den Weg für die EU-Erweiterung
frei zu machen. Der Europäische Rat im belgischen Laeken geht noch einen Schritt
weiter und beschließt die Einsetzung eines Konvents, der Vorschläge zur politischen
und strukturellen Weiterentwicklung – einen Verfassungsentwurf – für die Union
ausarbeitet. Die Europäische Union ist heute mehr als ein globaler Wirtschaftsblock
mit
450 Mio. Einwohnern. Die EU mit Kompetenzen zur Harmonisierung der
Justiz und der inneren Verwaltung, insbesondere zur Verbrechensbekämpfung
und einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, hat mit dem
EU-Konvent einen Reformprozess in Gang gesetzt, der in Richtung bundesstaatlicher
Organisation der EU zeigt. Dank des Verfassungsentwurfes wird die erweiterte EU
demokratischer, transparenter und verständlicher werden.
Kernaussagen des EU-Verfassungsentwurfs
Die in vier Teile gegliederte Verfassung gibt der EU Rechtspersönlichkeit.
Die Präambel beschreibt die Werte, auf die sich die künftige Union „der Bürger und
Staaten Europas“ gründet. Dazu gehören die „kulturellen, religiösen und
humanistischen Überlieferungen“. Jeder Staatsangehörige eines Mitgliedstaates ist
Bürger der Union.
Er besitzt die doppelte Staatsbürgerschaft, die nationale und die Unionsbürgerschaft.
Zur Verfassung gehört auch die Charta der Grundrechte der EU, wie sie im
Dezember 2000 in Nizza verkündet wurde. Als Ziele wurden zudem „ein hohes Maß
an Umweltschutz“, die Vollbeschäftigung und die „wettbewerbsfähige soziale
Marktwirtschaft“ festgeschrieben.
Zuständigkeiten
Es gibt ausschließliche Zuständigkeiten der Union etwa bei Handels- und
Währungsfragen und geteilte Zuständigkeiten zwischen Union und Mitgliedstaaten
etwa in der Umwelt- und Energiepolitik. Alles, was nicht ausdrücklich in der
Verfassung genannt wird, bleibt im Rahmen der Subsidiarität in der Zuständigkeit der
Mitgliedsländer.
Die Institutionen der Union
Das Europäische Parlament, der Europäische Rat, der Ministerrat, die Europäische
Kommission und der Gerichtshof sind die Organe der EU. Es wird eine
„Doppelspitze“ geben. Neben dem für fünf Jahre gewählten Kommissionspräsidenten
soll es einen Präsidenten des Europäischen Rats der Staats- und Regierungschefs
geben. Dessen Amtszeit dauert zweieinhalb Jahre und kann einmal verlängert
werden. Der Kommissionspräsident wird auf Vorschlag des Rats vom Europäischen
Parlament gewählt. Auf das Jahr 2009 verschoben wurde die Verkleinerung der
Kommission von heute 20 auf dann 15 Mitglieder.
Außenminister
Es gibt künftig einen EU-Außenminister. Er wird mit Zustimmung des
Kommissionspräsidenten vom Rat ernannt und ist Mitglied und Vizepräsident
der Kommission. Unter den allgemeinen Zielen steht: „Die Europäische Union verfolgt
eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, die auf der Erreichung einer immer
stärkeren Konvergenz des Vorgehens der Mitgliedstaaten beruht.“
Mehrheitsentscheidungen
Noch nachverhandeln muss der Konvent, in welchen Politikbereichen künftig
Mehrheitsentscheidungen zur Regel werden (d.h. kein Vetorecht besteht).
Parlament und Bürgerbegehren
Das Europaparlament bekommt mehr Mitwirkungsrechte. Es entscheidet bei den
meisten EU-Gesetzen mit. Künftig soll es auch das Instrument des Bürgerbegehrens
Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
Seite 70
geben. Wenn mindestens eine Million Unterschriften aus mehreren EU-Ländern
zusammenkommen, muss sich die EU Kommission mit dem Thema befassen.
Austrittsklausel
Nach den Vorschlägen des Konventspräsidiums soll es eine Austrittsklausel
geben: Wer die Gemeinschaft wieder verlassen will, kann das tun. Ein halbes
Jahrhundert europäische Zusammenarbeit in Frieden hat die Geschichte des
Kontinents und die Mentalität vieler Europäer geprägt sowie das Machtgefüge
verändert. Die Regierungen der Mitgliedstaaten, unabhängig davon, welchem
politischen Lager sie angehören, haben den Ausgleich zwischen nationaler
Souveränität und gemeinsamen Interessen zu finden. Um mit einem der
Gründerväter, Robert Schumann, zu sprechen:
„teilen ihre Geschicke“. Die Überwindung des Ost-West-Gegensatzes
und die politische wie wirtschaftliche Einigung des Kontinents eröffnet eine neue
gemeinsame Zukunft. Die EU ist heute mehr als ein Wirtschaftsblock, die
Mitgliedstaaten bekennen sich zu gemeinsamen Werten, deren Wurzeln in der
Antike, im Christentum und insbesondere in der Aufklärung liegen. In den letzten
Jahren ist die Entwicklung der Europäischen Union von drei Themen gekennzeichnet:
• Der Krieg in den Nachfolgestaaten Jugoslawiens relativiert die
Selbstverständlichkeit
der Friedenszone in Europa und bringt die Schrecken des Krieges quasi direkt vor die
Haustür. Damit gewinnt das traditionelle Argument für die Friedensgemeinschaft EU
wieder an Wert.
• In Zukunft bleibt der EU keine andere Wahl, als auf dem Weg einer gleichermaßen
funktionsfähigen wie demokratischen Organisation, die entscheidungs- und
handlungsfähig ist, ohne die Identität ihrer Mitgliedstaaten aufzugeben, weiter
voranzuschreiten. Wenn die EU es versäumt, ihre Strukturen zu stärken und ihre
Entscheidungsmechanismen auf die neue Anzahl an Mitgliedern auszurichten, läuft
sie Gefahr, sich selbst zu lähmen. Die Diskussion über weitere Vertiefungsschritte bis
hin zu einer eigenen Verfassung wird derzeit geführt.
• Die Vertiefung ist begleitet von „Skepsis“ bei vielen Bürgern und belastet
von Bürgerferne und Desinformation.
5.2 EU-Erweiterung
Die Europäische Union ist seit
der Gründung in den 50erJahren jedes Jahrzehnt
um neue Mitgliedstaaten
erweitert worden. Von sechs auf
15 Mitgliedstaaten,
nun bereits 27, dann vielleicht …
Die Erweiterung der EU um die
Reformstaaten und zwei kleine
Mittelmeerinseln
wird die Europäische Union
geografisch weit in den Osten
ausdehnen. Die Europäische
Union stellt allerdings bereits seit
1990 den politischen
Bezugspunkt für die Reform der
politischen und wirtschaftlichen
Systeme in Mittel- und
Osteuropa dar.
Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
Seite 71
Die EU hat den Beitritt an folgende „Kopenhagener“ Voraussetzungen“ gebunden:
• Politische Kriterien: Stabilität der Institutionen; Demokratie, Rechtsstaatlichkeit,
Menschenrechte sowie Achtung und Schutz von Minderheiten müssen garantiert
werden; Fähigkeit zur Übernahme der Pflichten der Mitgliedschaft (Acquis
Communautaire).
• Wirtschaftliche Kriterien: Funktionsfähige Marktwirtschaften und Fähigkeit, dem
Wettbewerbsdruck in der EU standzuhalten.
Mit diesen Voraussetzungen und dem Heranführungsprozess erfüllt die EU eine
wichtige Ankerfunktion, die den Transformationsprozessen der Beitrittskandidaten
Richtung und Ziel vorgibt. Die
EU entwickelt sich zunehmend
auch zum Sammelbecken für
die Entwicklung gemeinsamer
Interessen von EU
Mitgliedstaaten und den neuen
Beitrittskandidaten. Die
Perspektive der Mitgliedschaft
hat bereits im Vorfeld der
Erweiterung zu einer
Stabilisierung in der Region
geführt. Mit dem Beitritt
entwickelt sich die EU zur
wichtigsten europäischen
Organisation für die Aufgabe
der
Sicherung
gesamteuropäischer Stabilität
und Konfliktprävention.
Eine Erweiterung der EU
bringt für alte und neue Mitglieder Chancen und
Herausforderungen (vergleiche dazu die unten stehenden Grafiken). Sie
sichert den Frieden in der Region und fördert die wirtschaftliche
Entwicklung sowie die gesamteuropäische Rechtsgemeinschaft, zB
durch harmonisierte Wettbewerbsregeln oder europäische Umweltschutzund
Sozialstandards auch in den Beitrittsländern. In einzelnen Bereichen
bestehen Übergangsregelungen, zB für die Freizügigkeit am Arbeitsmarkt.
Die Erweiterungsrunde 2004 stärkt das Gewicht der EU auf der internationalen
politischen „Bühne“.
Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
Seite 72
Für die neuen Mitglieder
bedeutet der Beitritt einen
Prozess weitgehender
Änderungen in der
Wirtschaftsstruktur. Die
Veränderung des Wirtschaftens
in den
Beitrittskandidatenländern zeigt
sich auch an der Veränderung
der Handelsverflechtungen.
Heute sind die EUMitgliedstaaten für die
Beitrittskandidatenländer die
wichtigsten Exportmärkte.
Die neuen Mitgliedstaaten sind mit der Herausforderung konfrontiert, die sich aus
dem unterschiedlichen Lebensstandard ergibt, und der daraus resultierenden
Unzufriedenheit in einigen der Transformationsstaaten (d.h. Länder, in denen sich
das politische und wirtschaftliche System im Wandel befindet). Das
Bruttoinlandsprodukt pro Kopf liegt in den neuen Beitrittsländern weit unter dem EUDurchschnitt. Die EU weckt daher bei vielen Bürgern in den neuen Beitrittsländern
Erwartungen, die sie nur schwer erfüllen wird können. Für die Realisierung des
Beitritts werden hohe Kosten entstehen (siehe Grafik), diese Kosten dienen zum
Ausgleich der ökonomischen Unterschiede in den neuen Beitrittsländern. Im Jahr
2004 und weiters 2007 sind also insgesamt zwölf Staaten der Europäischen Union
beigetreten, die Abstimmungen in den neuen EU-Ländern sind durchwegs positiv
verlaufen. Die Heranführung der neuen Beitrittsländer an die EU hat eine
umfangreiche Reformbereitschaft in diesen Ländern aufgezeigt.
Die Türkei ist das einzige Land mit Beitrittskandidatenstatus, mit dem derzeit keine
Verhandlungen geführt werden, da es bis dato die politischen Kriterien für die
Beitrittsverhandlungen nicht erfüllt. Die EU ist mit der Türkei durch eine Zollunion
ökonomisch verbunden. Ob nach der Beitrittsrunde 2007 bald weitere Länder in die
EU aufgenommen werden, wird derzeit eher kritisch gesehen, denn die EU wird
zunächst das Wachstum von 15 auf 27 Mitgliedstaaten und die sich daraus
ergebenden Herausforderungen bewältigen. Interesse an einem Beitritt besteht aber
bei weiteren Ländern: Kroatien hat 2003 ein Beitrittsansuchen gestellt, und Länder im
Südosten Europas zeigen auch Interesse an einer Mitgliedschaft.
5.3 Zusammenfassung
Zum Abschluss dieses Kapitels haben wir für Sie zur Erinnerung und Wiederholung
einige wichtige Begriffe und ihre Bedeutung in Form eines Glossars
zusammengestellt:
Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
Seite 73
Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
Seite 74
5.4 Arbeitsblätter
Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
Seite 75
Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
Seite 76
Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
Seite 77
Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
Seite 78
5.5 Lernkontrolle
Zusammenfassung Unternehmerführerschein Modul B
Seite 79
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