GYMNASIUM MUTTENZ MATURITÄTSPRÜFUNGEN 2007 FACH: Biologie TITEL EF: Verhalten Bitte lesen Sie die folgenden Hinweise sorgfältig durch bevor Sie mit dem Lösen der Aufgaben beginnen. • Die Prüfung umfasst 4 Teilbereiche. Beginnen Sie für jedes Thema mit einem neuen Blatt. Ziehen Sie bitte nach jeder Aufgabe einen Strich. • Antworten Sie in kurzen Sätzen und drücken Sie sich unmissverständlich aus. • Schreiben Sie nicht mit Bleistift, und streichen Sie Ungültiges vollständig durch. • Alle Antworten müssen vollständig, nachvollziehbar und der zugehörigen Aufgabe eindeutig zugeordnet sein. • Die Reinschrift ist oben rechts mit Name und R zu bezeichnen. • Am Ende der Prüfung sind Aufgabenblatt, Reinschrift und sämtliche Notizen abzugeben. • Hilfsmittel: keine • Maximale Punktzahl: 58 P Wir wünschen Ihnen viel Erfolg! 1 TEIL 1: VERHALTENSBIOLOGIE (36 P) Aufgabe 1: Wenn Mäuse Nester bauen… (8 P) Hausmäusen, die nicht trächtig sind, wird eine bestimmte Menge Gelbkörperhormon (Progesteron) injiziert. Das Verhalten der so behandelten Mäuse ist im nachstehenden Diagramm dargestellt. Tage Aufgaben: a. Interpretieren Sie das Versuchsergebnis und stellen Sie den Zusammenhang mit der Verhaltenssteuerung dar. (2 P) b. Um welche Verhaltensweise handelt es sich? Beschreiben Sie dieses Verhalten unter Verwendung und Erläuterung der zugehörigen ethologischen Begriffe. (2 P) c. Trächtige Mäuse bauen nach dem Werfen der Jungen intensiv am Brutnest weiter, obwohl bei der Geburt der Progesteronspiegel schnell sinkt. Wie kann dieses Verhalten erklärt werden? Vergleichen Sie es mit dem zu Beginn beobachteten Verhalten. (2 P) d. Schlagen Sie ein geeignetes Experiment (Material, Methode, erwartete Resultate, Interpretation) vor, um das in c beschriebene Verhalten zu bestätigen. (2 P) Aufgabe 2: Verhalten von Planarie und Hund (8 P) Planarien gehören zu den Strudelwürmern. Sie sind einfach gebaut. Einziger Körperhohlraum ist ein blind endender Magen-Darm-Trakt. Die Atmung erfolgt über die Haut. Ein Blutgefäßsystem fehlt. Die Fortbewegung erfolgt über einen Hautmuskelschlauch. Man findet einheimische Vertreter im Süßwasser auf Pflanzen und Steinen. Die meisten Arten ernähren sich von kleinen Tieren, indem sie einen Verdauungssaft auf die Beute abgeben und die flüssige Nahrung aufsaugen. Die Versuchstiere werden einzeln in eine 30 cm lange und etwa 1 cm breite Rinne gesetzt, die zur Hälfte einen rauen Untergrund hat, während die andere Hälfte glatt ist (s. Abbildung). Der Versuch ist so aufgebaut, dass sich die Hälften mit unterschiedlichem Untergrund separat abdunkeln lassen. Erschüttert man das Gefäß oder gibt durch die angebrachten Elektroden einen schwachen elektrischen Stromschlag, dann zieht sich die Planarie reflexartig zusammen. 2 Versuch A Beide Bereiche werden abgedunkelt. Versuch B Der Bereich mit rauem Untergrund wird abgedunkelt, der glatte Bereich wird ausgeleuchtet. Versuch C Der Bereich mit rauem Untergrund wird abgedunkelt, der glatte Bereich wird ausgeleuchtet. Immer wenn die Planarie zum rauen Bereich kriecht, wird kurz nach Berühren des rauen Untergrundes ein schwacher Stromstoß gegeben. Abb. 1 Versuchsanordnungen Die tägliche Aufenthaltsdauer im rauen Bereich wird jeweils gemessen und der Anteil an der Gesamtversuchszeit bestimmt. Abb. 2 Messergebnisse Aufgaben a. Leiten Sie aus den in Abbildung 2 dargestellten Ergebnissen der Versuche A und B ab, welche Faktoren für den Aufenthaltsort der Planarie bestimmend sind. (2 P) b. Interpretieren Sie die in Abbildung 2 dargestellten Ergebnisse aus Versuch C. Geben Sie den korrekten Fachbegriff für diese Art von Verhalten an. Ordnen Sie den jeweiligen Kurvenabschnitten die entsprechenden Fachbegriffe zu. (4 P) c. Vergleichen Sie das oben beschriebene Beispiel mit dem folgenden. Diskutieren Sie je eine Gemeinsamkeit und einen Unterschied. (2 P) Einen wildernden Hund soll man beim Weglaufen und nicht bei der Rückkehr bestrafen, um ihm das unerwünschte Verhalten abzugewöhnen. Aufgabe 3: Lernen, Lernen, Lernen… (8 P) Um welche Lernvorgänge handelt es sich? a. Der Weg zum Ziel: b. Ein Krallenfrosch zuckt zusammen, wenn man gegen die Scheibe seines Terrariums klopft. Wiederholt man das einige Male hintereinander, zeigt er keine Reaktion mehr. c. Ein Elefant, der ein Kreuz gegen einen Kreis als positives Futtermerkmal zu unterscheiden gelernt hatte, betrachtete später alles, was gekreuzte Linien zeigte, als positives Merkmal. d. Dressierte Grindwale schlagen auf Befehl so lange mit dem Schwanz auf die Wasseroberfläche, bis man das Zeichen zum Aufhören gibt. Aufgabe: Analysieren Sie die beschriebenen Beispiele. Geben Sie die entsprechenden Fachbegriffe für die Lernvorgänge an und begründen Sie Ihre Antworten. (je 2, total 8 P) Aufgabe 4: Sozialverhalten (4 P) Zu zwei eingewöhnten Schimpansen wird ein jüngeres Männchen in den Käfig gesetzt. Die Eingesessenen verjagen das neue Tier nicht nur vom Fressen, sondern dränge es in eine Ecke und beissen nach ihm. Als der Wärter das völlig verängstigte Tier aus dem Käfig entfernen will, schreit dieses auf. Sofort stürzen sich die beiden anderen Schimpansen auf den Wärter und verletzen ihn gefährlich. Erklären Sie mit bekannten Begriffen aus der Verhaltenslehre das merkwürdige Verhalten der Schimpansen. Aufgabe 5: Schöne Schwimmer (8 P) Die natürlichen Lebensräume der Guppies (Poecilia reticulata) sind die Uferbereiche der klaren Urwaldflüsse im Nordosten Südamerikas und der karibischen Inseln. Die Männchen sind generell prächtiger gefärbt als die Weibchen. J. A. Endler untersuchte mehrere Guppy-Populationen in Trinidad und Venezuela. Männchen, die in Gewässern mit großem Räuberdruck leben, waren unscheinbar blass gefärbt (vgl. Abb. 1 a). In Flüssen, in denen rotblinde Garnelen die Hauptfeinde der Guppies sind, haben die Männchen kräftige rote Flecken ausgebildet. Im Versuch wurden Guppies zunächst einige Monate ohne Fressfeinde gehalten. Danach trennte man die Tiere: Zu einer Gruppe (F) setzte man Beutegreifer; eine Kontrollgruppe blieb weiterhin ohne Räuberdruck. Die Ergebnisse zeigt Abb. 1 b. Da stets nur wenige Weibchen paarungsbereit sind, ist die Konkurrenz unter den Männchen um eine Partnerin groß. Umgekehrt können sich die Weibchen angesichts des Ueberangebots an Männchen leisten, wählerisch zu sein. In Laborversuchen konnte gezeigt werden, dass Weibchen Bewerber mit leuchtenden Farben bevorzugen. Welche Bedeutung die Größe der Schwanzflosse männlicher Guppies hat, wurde 1985 von Wissenschaftlern um N. Bischoff untersucht. Die weiblichen Guppies hatten die Wahl zwischen jeweils zwei Männchen mit unterschiedlich großen Flossen. In einem weiteren Versuch ließ man die anschließende Verpaarung zu und bestimmte die jeweilige Anzahl der Nachkommen. Die Versuchsergebnisse sind in Abb. 2 und 3 dargestellt. Aufgaben 1. Beschreiben Sie die Auswahlkriterien der Guppy-Weibchen und erläutern Sie anhand von Abb. 2 und 3 die evolutive (stammesgeschichtliche) Entstehung des Sexualdimorphismus. 2. Unterscheiden Sie an diesem Beispiel die Wirkungen der natürlichen und der sexuellen Selektion. 3. Bischoff führte seine Versuche bei einer Wassertemperatur durch, bei der die Männchen ihre charakteristische Färbung nicht zeigen. Begründen Sie sein Vorgehen 4. Beschreiben Sie eine andere mögliche Form der sexuellen Selektion. TEIL 2: GENETIK (14 P) Aufgabe 6: Genetisch bedingtes Verhalten bei Taufliegen (6 P) Taufliegen (Drosophila melanogaster) lassen sich in Kulturröhrchen in großer Zahl leicht züchten, da die Weibchen im Durchschnitt ca. 500 Eier legen und die Generationsdauer nur 12 Tage beträgt. Vergleichende Beobachtungen zeigten, dass sich die Tiere bezüglich bestimmter Verhaltensweisen unterscheiden. Mit folgenden Methoden versuchte man herauszufinden, ob das entsprechende Verhalten genetisch bedingt ist. Versuch1 Bei den Larven der Taufliegen kommen zwei unterschiedliche Bewegungsmuster vor, die man durch Beobachten in einer Petrischale leicht erkennen kann (Abb. 1). Das „Sitter“- und das „Rover“-Verhalten wird durch die Kriechstrecke gekennzeichnet, die man bei reinerbigen Tieren feststellt. Kreuzt man ein „Sitter“-Männchen mit einem „Rover“-Weibchen, so zeigen die Nachkommen (F1- und F2-Generation) die in Abbildung 2 dargestellten Ergebnisse. In der F2 entstanden 53 „Sitter“ und 157 „Rover“. Versuch 2 Die meisten Taufliegen zeigen übereinstimmend das in Abbildung 3a dargestellte Aktivitätsmuster (gemessen als Frequenz von Ortsveränderungen). Nur einige Tiere lassen ein abweichendes Verhalten erkennen (Abb. 3b), das sie auch an ihre Nachkommen vererben. Ein bestimmter Chromosomenabschnitt des Wildtyps wurde isoliert und mit einem gentechnischen Verfahren auf einen Embryo des arythmischen Stammes übertragen. Lebewesen, die man durch einen solchen Gentransfer erhält, bezeichnet man als transformiert. Abb. 3 Genübertragungsexperiment Abb. 1 Ergebnisse zu Versuch 1 Abb. 2 Kreuzungsversuche Aufgaben a. Taufliegen sind diploide Lebewesen. Erklären Sie die in Abb. 2 dargestellten Ergebnisse unter Anwendung der Mendel‘schen Regeln und deuten Sie Ihre Befunde. (2 P) b. Erklären Sie die geringfügigen Abweichungen bei den reinerbigen Tieren. (2 P) c. Interpretieren Sie die Versuchsergebnisse der Genübertragung (Abb. 3c). (2 P) Aufgabe 7: Sichelzellanämie und deren Auswirkungen auf Malaria (8 P) Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO sind weltweit 300 bis 500 Millionen Menschen dauerhaft an Malaria erkrankt und jährlich gibt es ein bis drei Millionen Malariatote. Die Krankheit tritt vorwiegend in tropischen und subtropischen Gebieten auf. Auffallend ist, dass in Malariagebieten gehäuft Menschen heterozygot für das so genannte Sichelzellallel sind. In Afrika gibt es beispielsweise Gegenden, in denen fast ein Drittel der Bevölkerung heterozygot für dieses Merkmal ist. In anderen Gegenden der Erde kommt das Sichelzellallel praktisch nicht vor. Menschen mit Sichelzellanämie besitzen sichelförmige, schnell zerfallende Erythrocyten, deren Sauerstofftransportfähigkeit stark reduziert ist. Das Hämoglobinmolekül besteht aus zwei α -Ketten (141 Aminosäuren) und zwei β -Ketten (146 Aminosäuren). Die Aminosäuresequenz in den ersten neun Positionen der β-Kette ist unten angegeben. Bei reinerbigen Sichlern kommt es häufig zur Verstopfung der Kapillaren insbesondere in der Milz. Bei mischerbigen Sichlern ist mehr als die Hälfte der roten Blutzellen normal. Bei Sauerstoffmangel bildet das Sichlerhämoglobin lange spitze Kristalle, sodass sich die Erythrocyten verformen. Defekte Zellen werden durch Phagocytose entfernt. Mat. 1: Stammbaum zur Sichelzellanämie Mat. 2: Veränderung der Hämoglobinmoleküle Mat. 3: Codesonne 1 2 3 4 5 6 7 8 9 normal Val His Leu Thr Pro Glu Glu Lys Ser Sichler Val His Leu Thr Pro Val Glu Lys Ser Aufgaben a. Analysieren Sie den Stammbaum (Mat. 1). Geben Sie den Vererbungsmodus der Sichelzellanämie an und begründen Sie Ihre Angaben. Personen mit „schlechter Konstitution“ leiden bei körperlicher Anstrengung oder einem Aufenthalt im Hochgebirge (Sauerstoffmangel) unter Gelenkschmerzen, haben Herzfehler oder Schädigungen anderer Organe. (2 P) b. Skizzieren Sie den Vorgang der Proteinbiosynthese und beschriften Sie Ihre Darstellung mit den nötigen Fachbegriffen (4 P) c. Erläutern Sie ausführlich mithilfe der Code-Sonne (Mat. 3), wie es zum Sichlerhämoglobin (Mat. 2) kommt. (2 P) TEIL 3: NERVENSYSTEM (4 P) Aufgabe 9 (4 P) Der Genuss von ungekochten Bittermandeln ist deshalb gefährlich, weil im Magen Blausäure gebildet wird. Als tödliche Dosis gelten 0.05 g Blausäure. Die giftige Wirkung von Blausäure beruht darauf, dass sie ein Enzym der Atmungskette blockiert. Dadurch wird die ATP-Bildung fast vollständig gestoppt. Folgende Abbildung zeigt den Einfluss auf die Nervenzellen: Aufgaben: a. Beschreiben Sie die relativen Ionenkonzentrationen an der Membran einer Nervenzelle im Ruhezustand! (2 P) b. Entnehmen Sie aus der Graphik die ATP- und Ionen-Konzentrationen nach 20 Minuten und erläutern Sie die Ursache der Änderungen und deren Auswirkung auf das Ruhepotenzial der Nervenzelle! (2 P) TEIL 4: HORMONSYSTEM (4 P) Aufgabe 10 (4 P) In der Hühner- und Schweinemast wurde früher dem Futter Oestrogene beigemischt, damit die Tiere schneller Fleisch ansetzten. Es kam zum Verbot, da der Verzehr dieses Fleisches Auswirkungen auf den menschlichen Körper hatte. Begründen Sie das Verbot, indem Sie auf die Risiken für den Menschlichen Körper eingehen: a. Bei Kindern vor der Geschlechtsreife. b. Bei der Frau nach der Geschlechtsreife.