klima:aktiv bauen - Österreichisches Institut für Baubiologie und

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Passivhaus-Bauteilkatalog
Ökologisch bewertete Konstruktionen
Details for Passive Houses
A Catalogue of Ecologically Rated Constructions
SpringerArchitektur
Zweite erweiterte Auflage
2008. 348 Seiten
310 großt. farbige Abb.
Format: 23,5 x 34 cm
Text: deutsch/englisch
Geb. EUR 99,95; SFr 158.–
ISBN 978-3-211-29763-4
Die erste Auflage des ökologischen Bauteilkataloges erschien 1999 in deutscher Sprache. Das große Interesse an einer Sammlung ökologischer Bewertungen und Detaildarstellungen, detaillierten baupraktischen Beschreibungen und bauphysikalischen Kennwerten machten das Buch schnell zu
einem konkurrenzlosen Klassiker. Die zweite Auflage dieses einzigartigen
Nachschlagewerks bietet raschen Zugriff auf Basisdaten des ökologischen
Bauens. Im neuen Bauteilkatalog wurden die aktuellen Ökowerte aus internationalen Quellen und den Daten der IBO-Produktprüfung verknüpft und
auf passivhaustaugliche Konstruktionen angewendet. Planende und Auslobende finden rund 100 Regelquerschnitte und 75 Anschlussdetails – mit
vierfarbigen maßstäblichen Zeichnungen – für den Passivhaus-Standard, Kriterien für den Nachweis ökologisch optimierter Planung, Baustoffberatungswissen sowie Kriterien für die Ausschreibung.
IBO – Österreichisches Institut für Baubiologie und -ökologie (Hrsg.)
Bestellungen: www.ibo.at; email: [email protected]
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Tagungsband
klimaschutz:gebäude
Bewertung von Gebäuden in Zeiten des Klimawandels
I n t e r n a t i o n a l e r
K NGRESS
MessezentrumWienNeu
21.–22. Februar 2008
IBO Verlag
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Eine Veranstaltung von:
IBO – Österreichisches Institut für Baubiologie und -ökologie
A-1090 Wien, Alserbachstraße 5/8
fon: +43 (1)319 20 05-0,
email: [email protected], www.ibo.at
Kooperationspartner:
Österreichische Gesellschaft für Umwelt und Technik; Österreichisches Ökologie-Institut; Donau Universität Krems;
bau.energie.umwelt Cluster NÖ; Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft;
Österreichische Energieagentur; Reed Messe Wien; BAU!MASSIV!; Xella International GmbH;
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Vorwort
klima:aktiv bauen ist die Zukunft!
Das Lebensministerium hat im Rahmen seiner Klimaschutzinitiative klima:aktiv einen Gebäudestandard geschaffen, der für ökologische Niedrigstenergie- und Passivhäuser steht. Das
Qualitätszeichen «klima:aktiv Haus» oder «klima:aktiv Passivhaus» dürfen nur Gebäude führen, die bei Energieeffizienz, Raumluftqualität, Wohnkomfort und Baustoffauswahl hohe Anforderungen erfüllen und so den BewohnerInnen höchste Qualität in energetischer und ökologischer Hinsicht garantieren.
Eine Vielzahl von Unternehmen aus der österreichischen Bauwirtschaft haben den klima:aktiv-Standard bereits aufgegriffen und bieten als Kooperationspartner des Lebensministeriums
klima:aktiv Häuser und klima:aktiv Passivhäuser sowie dem Gebäudestandard entsprechende
Leistungen an.
Der klima:aktiv Haus-Standard ist auch im Regierungsprogramm verankert. Im Neubausektor
sollen künftig 50 Prozent der Gebäude nach den von klima:aktiv aufgestellten Vorgaben errichtet werden. Ab 2015 sollen nur noch Häuser gefördert werden, die dem klima:aktiv Passivhausstandard entsprechen.
Die Vorgaben der Regierung bedeuten für Unternehmen, die bereits jetzt Gebäude im
klima:aktiv-Standard anbieten, einen enormen Wettbewerbsvorteil.
Ich bin überzeugt, dass Sie im Rahmen des IBO KONGRESS viele wertvolle Informationen erhalten, wie auch Sie mit Ihrem Unternehmen einen Beitrag zum Klimaschutz leisten können.
Josef Pröll
Umweltminister
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Vorwort
„Sei sparsam mit deinen Energien.“
Mahatma Gandhi
Klimaschutz ist in aller Munde. Politik, Versicherungswesen, Landwirtschaft, kaum ein Bereich, der nicht betroffen ist. Für die Bauwirtschaft heißt das: Zukünftig muss eine energiesparende und umweltschonende Bauweise mit Strategien zur Klimaanpassung, etwa der
Sommertauglichkeit, kombiniert werden.
Auch die Nachfrage wird sich an einem neuen Standard orientieren: Neben der Lage und der
Ausstattung wird auch die energetische Qualität immer wichtiger werden. Die Nachfrage
nach energetisch hochwertigen Immobilien wird mit dem Informationsstand noch weiter ansteigen. Die Immobilienverwerter müssen demnach den energetischen Zustand auch gut abbilden können.
Der EU-Energieausweis wird das auf breiter Basis bewerkstelligen können und neuer Standard
werden. Für die Immobilienbranche ist das die Chance über die Verpflichtungen des EU-Energieausweises hinaus, die besonderen Qualitäten eines Gebäudes hervorzuheben. Das bedeutet einen Innovationsschub für Bewertungssysteme wie klima:aktiv, IBO ÖKOPASS, TQ oder
TQB, die über diesen gesetzlichen Standard hinausgehen. Sie bilden nicht nur den energetischen Zustand ab, sondern erweitern ihn noch um relevante Kriterien wie Behaglichkeit, Innenraumluftqualität, Ressourceneffizienz in der Errichtung und Vermeidung problematischer
Baustoffe. Gebäudebewertungssysteme dienen dem Bauherrn als Qualitätssicherungssystem,
Marketing- und ökonomisches bzw. ökologisches Optimierungsinstrument. Den Kunden dienen sie zur objektiven Beurteilung der Wohnungs- bzw. Gebäudequalität.
Ich bin überzeugt, dass Sie im Rahmen des IBO KONGRESS viele wertvolle Informationen bekommen werden, um auf die Herausforderung Klimaschutz erfolgreich reagieren zu können
und wünsche Ihnen dabei viel Vergnügen.
DI Ulla Unzeitig
IBO GmbH
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die jeweiligen Verfassenden verantwortlich.
© 2008 IBO-Verlag, Wien
Printed in Austria
Redaktion: Barbara Bauer, Ulla Unzeitig; IBO GmbH
Layout und Gestaltung: Gerhard Enzenberger, IBO
Druck: gugler cross media, Melk
Gedruckt mit Pflanzenfarben auf Cyclus Print
ISBN 978-3-900403-37-9
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www.ibo.at
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Inhaltsverzeichnis
Neubau
Seite
klima:aktiv Bauen
klima:aktiv Gebäudeinitiative – Eine erste Bilanz der Ergebnisse
Martina Schuster, Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft Umwelt und Wasserwirtschaft
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Nachhaltiges Bauen ist Klimaschutz
Herbert Greisberger, Österreichische Gesellschaft für Umwelt und Technik (ÖGUT)
6
klima:aktiv Standard für den Wohnbau (Neubau)
Martin Ploss, Energieinstitut Vorarlberg
8
klima:aktiv haus: best practice Beispiele
KLIMA:AKTIV:KOMFORT – Erfahrungsbericht
Werner Hackermüller, Architekturbüro Hackermüller
12
Passivhaus Samer Mösl / Salzburg
Simon Speigner, sps-architekten zt gmbh
18
BUWOG – best practice Modelle eines „klima:aktiv „ Partners
Gerhard Schuster, BUWOG – Bauen und Wohnen Gesellschaft mbH
22
Sozialer Wohnbau Utendorfgasse
Helmut Schöberl, Schöberl & Pöll OEG
28
Klimaschutz und Immobilienwert
Immobilienbewertung & Klimaschutz
Martin Roth, Immobilien Rating GmbH
32
IMMO-RATE: Leitfaden für das Immobilienrating nachhaltiger Bauwerke
Robert Lechner, Österreichisches Ökologie-Institut
34
Nachhaltige Immobilien und Finanzmarkt
Susanne Hasenhüttl, Österreichische Gesellschaft für Umwelt und Technik (ÖGUT)
36
Nachhaltige Projektentwicklung – Relevanz, Effizienz, Komplexizität
Georg Kogler, BAI – Bauträger Austria Immobilien GmbH
Nachhaltigkeitskriterien aus Sicht eines Fondsmanager
Wolfgang Pinner, Vinis – Gesellschaft für nachhaltigen Vermögensaufbau und Innovation m.b.H
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46
Energieausweis und Sanierung
Klimaschutz und Energieausweis
Energieausweis und Bauordnung – Auswirkungen auf den Klimaschutz
Christian Pöhn, MA39
50
Entwicklungstendenzen klima:aktiv Standard für Dienstleistungsgebäude: Neubau und Sanierung
Susanne Geissler, Energy Agency
Manfred Bruck, Donau-Universität Krems
52
TQB: Klimaschutz mit Qualitätssicherung
Bernhard Lipp, IBO
59
Klimaschutz und Sanierung
Passivhaus-Sanierungskonstruktionen aus dem Haus der Zukunft
Thomas Zelger, IBO
64
Sommertauglichkeit im Klimawandel
Peter Holzer, Donau-Universität Krems
70
Lüftungskonzepte für Sanierungen
Wolfgang Leitzinger, arsenal research
77
Chemikalienmanagement: Schadstoffminimierung am Bau für Klimaschutz und gute Luft
Thomas Belazzi, bauXund
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Modernisierung zum Passivhaus
Alfred Willensdorfer, GIWOG – Gemeinnützige Industrie-Wohnungs-AG
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Referenten
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© BUWOG
klima:aktiv bauen
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klima:aktiv – Initiativen im Gebäudebereich
Martina Schuster, Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und
Wasserwirtschaft, Abteilung Energie und Umweltökonomie
1. Ausgangslage
(Quelle: WIFO-Prognose: „Baseline-Szenario“ vom Juni 2005)
• Energieverbrauch in Österreich steigt bis 2020 um 19 %
• Stromverbrauch in Österreich steigt bis 2020 um rund 50 %
• Anteil Erneuerbarer Energieträger wird bis 2020 beim dzt. Wert von 23 % (+/-) des Gesamtenergieverbrauches bleiben. Die absolute Steigerung wird durch den Zuwachs des Energieverbrauchs
egalisiert -> Reboundeffekt.
Dieser prognostizierten Entwicklung stehen folgende Ziele gegenüber:
2. Energieziele EU
Verbindliche quantitative Ziele bis 2020: (Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 8./9. März
2007)
• 20 % Reduzierung der Treibhausgase
• 20 % Steigerung der Energieeffizienz
• 20 % Anteil von erneuerbaren Energien am EU-Gesamtenergiemix (burden sharing)
davon 10 %-iger Mindestanteil von Biokraftstoffen.
3. Energieziele im Regierungsprogramm der XXIII. Gesetzgebungsperiode
Erneuerbare Energien nutzen
• Anteil erneuerbarer Energieträger am Gesamtenergieverbrauch: 25 % bis 2010 und 45 % bis
2020
• Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern: 80 % bis 2010, 85 % bis 2020
• Umstellung von mindestens 400.000 Haushalten auf erneuerbare Energieträger bis 2020, davon
100.000 Haushalte bis zum Jahr 2010
• alternative Kraftstoffe im Verkehrssektor: 10 % bis 2010, 20 % bis 2020
• Masterplan zur optimalen Nutzung der Wasserkraft
• Verdoppelung des Biomasseeinsatzes bis 2010
Energie sparen
• Nationales Energieeffizienz-Aktionsprogramm
• Verbesserung der Energieintensität um mindestens 5 % bis 2010, um mindestens 20 % bis 2020
• Energie-Check bei allen österreichischen Haushalten bis 2010
• Entwicklung und Nutzung energieeffizienter Geräte und Lösungen (Stand-by)
• Ausbau von Kraft-Wärme-Kopplung als effizientes Verfahren zur Elektrizitäts- und Wärmeerzeugung
Spezielle Ziele im Gebäudesektor
• Bei Neubauten forciert die Bundesregierung gemeinsam mit den Bundesländern Niedrigenergieund Passivhaus-Standards
• Steigerung der Sanierungsrate im Wohnbau, dadurch soll die thermische Sanierung sämtlicher
Nachkriegsbauten (1950 – 1980) bis 2020 ermöglicht werden
• Für 50% des Neubaus wird ein klima:aktiv Standard angestrebt
• Ab 2015 sollen im Bereich der Wohnbauförderung nur mehr Häuser und Bauten im großvolumigen Wohnbau gefördert werden, die dem „klima:aktiv-Passivhausstandard“ entsprechen
Wichtig: Für die Erreichung der Ziele im Klimaschutz und bei den erneuerbaren Energieträgern sind
vor allem die Maßnahmen im Bereich der Energieeffizienz rasch und ambitioniert umzusetzen.
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klima:aktiv Bauen
4. Klimastrategie (März 2007): Maßnahmen im Gebäudebereich
Die Klimastrategie 2007 wurde in der Sitzung des Ministerrats am 21. März von der Bundesregierung
angenommen.
Ziel ist, die im Rahmen des Kyoto-Protokolls vorgesehenen Verpflichtungen zur Reduktion von Treibhausgasemissionen zu erfüllen. Die Klimastrategie 2007 setzt auf einen breit angelegten Maßnahmenmix und beruht im Wesentlichen auf den Säulen Industrie, Wohnbau, Ausbau des öffentlichen
Nahverkehrs und Zukauf von CO2-Emissionszertifkaten aus dem Ausland bis zum Jahr 2012.
Wichtige Ziele der Klimastrategie im Gebäudebereich
• Weitere Steigerung der Gesamtenergieeffizienz im Gebäudebestand und des Umstiegs auf erneuerbare Energie und effiziente Fernwärme
durch z.B.
. Steigerung der thermischen Sanierungsrate auf zumindest 3 % (2008-2012), bzw. mittelfristig bis 5 % p.a. (derzeit knapp 1% p.a.)
. Umschichtung von Wohnbauförderungsmitteln von Neubau zu Sanierung
. Vermeidung bzw. Minimierung des Klimatisierungs- /Kühlungsbedarfs durch die Sanierung
von Gebäuden
• Anhebung der energetischen Standards im Gebäudeneubau und verstärkter Einsatz erneuerbarer Energieträger und effizienter Fernwärme
durch z.B.
. maßgebliche und bundesweit harmonisierte Verbesserung der Wärmeschutzstandards im
Baurecht entsprechend dem Stand der Technik
5. Spezielles Angebot des BMLFUW im Gebäudebereich: klima:aktiv
(www.klima:aktiv.at)
klima:aktiv ist die Initiative des Lebensministeriums für aktiven Klimaschutz und Teil der österreichischen Klimastrategie.
Die 2004 gestartete Initiative setzt Impulse in den Bereichen:
• Erneuerbare Energieträger
• Energieeffizienz
• Gebäude und
• Mobilität
Innerhalb dieser Schwerpunkte laufen zielgruppenspezifische Programme mit einem Gesamtbudget
von rund 7 Mio. Euro pro Jahr.
Ziel von klima:aktiv ist es, Impulse zu setzen, um klimafreundlichen Technologien rascher zum Durchbruch zu verhelfen.
Eine wichtige Rolle in klima:aktiv spielt der Bereich Bauen und Wohnen, denn für Heizung und Warmwasser wird nach wie vor viel Energie verbraucht (40 % der Endenergie).
Zur Erreichung der ambitionierten Ziele ist es daher wichtig, ambitionierte Baustandards bei Sanierung und Neubau in die Breite zu tragen um das Einsparpotential im Gebäudebereich auszuschöpfen, denn Gebäude, die nur mehr einen Bruchteil dessen verbrauchen, als Häuser die nach geltenden
Bauordnungen gebaut werden, sind Stand der Technik – Stichwort Passivhaus.
Dies kann allerdings nur durch die schrittweise Modernisierung des Gebäudebestands unter besonderer Beachtung der Verbesserung der thermisch-energetischen Qualität erreicht werden!
Mit den Themen „Steigerung der Sanierungsqualität“, „Passivhaus als Neubaustandard“ sowie „Steigerung des Einsatzes von Erneuerbaren zur Energieversorgung“ stellt der Gebäudebereich auch einen Schwerpunkt im Rahmen von klima:aktiv dar.
klimaschutz:gebäude
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Die klima:aktiv Programme im Gebäudebereich im Überblick:
Programm
Kurzbeschreibung
klima:aktiv haus
steht für ökologischen Neubau mit Passivhaustechnologie und forciert Neubauten
mit minimalem Energieverbrauch, dem Einsatz von Erneuerbaren sowie gutem
Raumklima
ecofacility
reduziert Heizkosten und CO2-Austoß durch Sanierung von Tourismusbetrieben,
Bürohäusern und Geschäftsbauten
wohnmodern
sorgt für mehr Lebensqualität durch umfassende Modernisierung großer Wohngebäude
klima:aktiv leben
ist die Energiesparkampagne für Haushalte und gibt Tipps zu Sanierung, Neubau,
Gerätebeschaffung etc.
bundesgebäudecontracting
forciert die thermischenergetische Sanierung von Bundesgebäuden mittels Einsparcontracting
Die klima:aktiv Programme im Gebäudebereich im Detail:
klima:aktiv haus
• Ziel 2009: 20 % der Neubauten im klima:aktiv Standard
• Maßnahmen:
. Verbreitung des Qualitätsstandards „klima:aktiv Haus“ in Österreich
. Qualifizierungs- und Weiterbildungsoffensive
. Organisation einer PR- und Kommunikationsoffensive mit und für Wohnbauträger, Fertighaushersteller sowie planendes und ausführendes Gewerbe
. Öffentlichkeitsarbeit für Kundinnen und Kunden
ecofacility
• Ziel: Steigerung der Energieeffizienz in privaten Dienstleistungsgebäuden
• Maßnahmen Modernisierungsschiene:
. Information und Motivation der einzelnen Zielgruppensegmente (z.B. Büroimmobilien,
Hotellerie, Privatschulen, Heime etc.)
. Koordination und Ausbau des qualifizierten und unabhängigen BeraterInnennetzwerks
. Entwicklung und Einsatz von Beratungswerkzeugen: Grobcheck, Entscheidungsvorlage,
Contracting-Ausschreibung
. Umsetzung von Pilotprojekten
. Qualitätssicherung
• auch Neubauberatung in ähnlicher Form
wohnmodern
• Ziel: thermisch-energetische Sanierung von großen Wohngebäuden
• Maßnahmen:
. Kooperationen mit Ländern und Verbänden der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft
. Dienstleistungsangebote für Bauträger und Hausverwaltungen, BeraterInnennetzwerk für
Detailkonzepte
. Aus- und Weiterbildung für Bauträger und Hausverwaltungen („Modernisierungsmanager“)
. Informationsmaterialien und Tools für Bauträger und Hausverwaltungen
. Information und Motivation von MieterInnen und WohnungseigentümerInnen
klima:aktiv leben
• Ziel: Haushalte setzen Energieeffizienzmaßnahmen um
• Maßnahmen:
. Dialogmarketing mit Einschaltung eines Call-Centers, Informationsmaterialien
. Information der Haushalte mittels Klimabotschaftern (z.B. RauchfangkehrerIn)
. Folgeberatung durch die Energieberatungsstellen der Bundesländer
. Klimabotschafter nehmen Informationen und Botschaften aus den anderen klima:aktiv
Programmen „mit“
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klima:aktiv Bauen
bundesgebäudecontracting
• Ziel: thermisch-energetische Sanierung von Gebäuden in Bundesbesitz
• Maßnahmen:
. Überzeugung der NutzerInnen der Gebäude (Universitätsgebäude, Justizstrafanstalten,
Kasernen, einige Schulen, Museen und andere)
. Auswahl und Analyse der Gebäude
. Maßgeschneiderte Energieeinsparungsverträge
. Operative Abwicklung der Contracting Ausschreibungen
. Öffentlichkeitsarbeit, um eine „Vorbildwirkung“ für andere Gebäudesegmente – Landesgebäude, private Dienstleistungsgebäude zu erzielen.
Die Programme leisten konkret:
• Ausbildung relevanter Berufsgruppen und Zertifizierung (klima:aktiv Baumeister; klima:aktiv Wärmepumpeninstallateur etc.)
• (Weiter-) Entwicklung von Qualitätsstandards (klima:aktiv Haus- Baustandards)
• Vernetzung wichtiger Akteure und bestehender Strukturen
• Bewusstseinsbildungsmaßnahmen und Beratungsleistungen
• Kooperationen mit der Wirtschaft
6. ERFOLGE im Gebäudebereich durch klima:aktiv:
Grundsätzlich hat klima:aktiv als Dachmarke bereits eine vorbildhaft integrierte nationale Klimaschutzinitiative mit überdurchschnittlich hoher Marktwirkung aufgebaut: Insbesondere mit der Vernetzung
und Aktivierung der Akteure und Multiplikatoren wurde die Basis für eine Breitenwirkung von Klimaschutz geschaffen.
Im Bereich Bauen und Sanieren ist es gelungen, den klima:aktiv Gebäudestandard im Wohnungsneubau zu verankern und knapp 100 Kooperationspartner für ein breites Angebot an klima:aktiv Gebäuden zu gewinnen. Weiters gibt es bereits eine breite Palette von guten Beispielen, die in der Plattform
klimaaktiv-gebaut.at zusammengefasst werden.
Die wichtigsten Meilensteine gegliedert nach Marksegmenten zeigen die bisher bereits erzielte Wirkung:
Marktsegmente
Neubau
Sanierung
Ein-/Zweifamilienhäuser
➪ Gebäudestandard samt Tools wie online-
➪ Online Plattform Sanierung
➪ Klimabotschafter
➪ Diverse Aktionen in Kooperation mit
Deklarierung oder PlanerInnenhandbuch
ist etabliert
➪ Gebäudestandard hat Zugkraft bekommen
Wohngebäude
➪ Breites Angebot an klima:aktiv Häusern:
30 Wohnbauträger, 25 Fertighaushersteller,
Massivhäuser steigen auch ein
➪ Breites Spektrum an Best Practice Beispielen
vorhanden
Dienstleistungsgebäude
➪ Informationstools sind verfügbar
➪ Erste Kontaktaufnahme mit „Großkunden“
bei Immobilienmessen
handen
➪ Mehr als 250 Beratungen realisiert
(= 15000 Wohnungen)
➪ Berater ausgebildet
➪ Beratungsprozess und -instrumente defi-
niert, mehr als 500 Beratungen realisiert
➪ Best Practise Beispiele in einigen Segmenten
verfügbar
den Ländern
➪ Freiwillige Vereinbarung mit Verbänden
➪ Standardisierte Beratungsangebote vor-
➪ Ländereinbindung gelungen
➪ Großkundenakquisition im Laufen;
Bundesgebäudesanierung läuft
klimaschutz:gebäude
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Nachhaltiges Bauen ist Klimaschutz
Herbert Greisberger, Österreichische Gesellschaft für Umwelt und Technik (ÖGUT)
Klimaschutz stellt eine der zentralen Herausforderungen für eine nachhaltige Entwicklung in den kommenden Jahrzehnten dar. Obwohl dieses Thema seit Jahrzehnten im Kreise von Expertinnen und Experten sowie einer zunehmend breiteren Öffentlichkeit heftig diskutiert wird und inzwischen Gegenstand internationaler Vereinbarungen ist, sind die bisherigen Erfolge durchaus bescheiden. Global ist
der Anstieg der treibhausrelevanten Emissionen ungebrochen. Gleiches gilt für Österreich. Dem
österreichischen Kyoto-Ziel einer Reduktion der treibhausrelevanten Emissionen von minus 13 % zwischen 1990 und dem Durchschnitt der Verpflichtungsperiode von 2008 – 2012 steht eine tatsächliche Erhöhung gegenüber 1990 von 18 % (Werte für 2005) entgegen. Eine Einhaltung der österreichischen Kyoto-Verpflichtung durch primär inländische Maßnahmen ist aus heutiger Sicht daher nicht
realistisch. Denn das Niveau der treibhausrelevanten Emissionen wird vor allem durch strukturelle
Maßnahmen bestimmt. Dies gilt insbesondere im Bereich der Raumwärme.
Steigender Energieverbrauch
Dieser Anstieg der CO2-Emissionen ist insbesondere auf den Anstieg des Energieverbrauches in Österreich zurückzuführen. Erstes Gebot jeder erfolgreichen Energie- und Klimapolitik ist daher die Eindämmung des Verbrauchswachstums von Energie.
Der Bereich Raumheizung und Klimaanlagen nimmt mit 30 %
nach dem Verkehr den zweithöchsten Anteil am energetischen
Endverbrauch ein. Immerhin über 15 Mio.t CO2-Äquivalente
werden unmittelbar diesem Bereich zugeordnet. Gleichzeitig
bietet der Wohnbau zahlreiche Anknüpfpunkte für eine umfassende Ökologisierung: Immer mehr Baustoffe und Bauprodukte werden aus nachwachsenden Rohstoffen erzeugt und von
den Konsumentinnen und Konsumenten angenommen (z.B.
Holzbau, verschiedenste Dämmstoffe, Bodenbeläge ...); die
Siedlungsstruktur trägt nicht unwesentlich zum Mobilitätsbedarf einer Gesellschaft bei.
Der Bereich der Raumwärme ist jedoch der Hoffnungsträger für
eine erfolgreiche Klimaschutzpolitik. Während in der Industrie
relevante Reduktionen ohne Reduktion des Wirtschaftswachstums nur schwer zu erreichen sind und im Verkehrssektor wirkungsvolle Maßnahmen auf hohen politischen Widerstand stoßen, sind die Maßnahmen im Bereich der Raumwärme kostengünstig umsetzbar und in hohem Maße politisch unumstritten.
Abb. 1: Energetischer Endverbrauch
2005, Quelle: Statistik Austria
Nachhaltiges Bauen und Sanieren
Die Maßnahmen im Bereich der Raumwärme sind bereits vielfach erprobt. Ist es im Bereich des Neubaues insbesondere die Errichtung von klima:aktiv Häusern und klima:aktiv Passivhäusern, werden im Bereich des Gebäudebestandes durch thermische Sanierung und Umstellung des Heizsystems die größten
Einsparungen erzielt (siehe dazu www.klimaaktiv-gebaut.at). Darüber hinaus verfügt die öffentliche
Hand mit Bauvorschriften einerseits und der Wohnbauförderung andererseits über effektive Instrumente um private Haushalte und Unternehmen zu Klimaschutzmaßnahmen zu motivieren.
Trotz dieser günstigen Voraussetzungen gelingt es nicht, den Energieverbrauch für Raumwärme nachhaltig zu senken, vielmehr sind die Emissionen zwischen 1990 und 2005 weiter angestiegen. Was also wäre zu tun, um im Bereich der Raumwärme signifikante Fortschritte zur Vermeidung von treibhausrelevanten Emissionen zu erzielen?
Schritt 1: Klima:aktiver Neubau
Im Rahmen des Programms klima:aktiv des Lebensministeriums wurde ein Standard definiert, der einerseits Klimaschutz in den Vordergrund stellt und andererseits hinreichend Flexibilität bietet, um ei-
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www.ibo.at
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klima:aktiv Bauen
ne breite Akzeptanz sicher zu stellen. Dieser
klima:aktiv Standard für Wohngebäude umfasst
nicht nur den Heizenergieverbrauch, sondern definiert eine umfassende Qualität des Gebäudes, welche neben den unmittelbar energierelevanten Kriterien wie Heizwärmebedarf oder Energiesystem
sowohl Aspekte der Planung und Ausführung als
auch der ökologischen Qualität der Baustoffe und
Komfortaspekte umfasst. Damit kann sicher gestellt werden, dass klimafreundliches Bauen auch
die Akzeptanz der Kundinnen und Kunden findet.
Die obigen Kriterien wurden durch EIV und IBO sowohl für klima:aktiv-Häuser (mind. 700 Punkte) als
auch für klima:aktiv Passivhäuser (mind. 900 Punkte) definiert. Der klima:aktiv Standard erfordert nicht
nur die Einhaltung höchster Effizienzstandards hinsichtlich des Heizwärmebedarfes, sondern auch den
Einsatz klimafreundlicher Heizsysteme und die Nutzung energieeffizienter Anlagen. Ziel des Programms klima:aktiv haus ist die breite Einführung dieses Standards in das österreichische Baugeschehen. Bis 2009 sollen immerhin 20 % aller neu gebauten Wohnungen in klima:aktiv-Qualität errichtet sein, das Regierungsprogramm sieht einen Anteil von 50 % vor. Durch die konsequente Umsetzung des Standards in Österreich können die Voraussetzungen für eine strukturelle Reduktion der
treibhausrelevanten Emissionen in Österreich gesetzt werden.
Abb. 2: klima:aktiv-Kriterien für
Wohngebäude (Neubau); siehe dazu
www.klimaaktiv.haus.at
Schritt 2: qualitativ hochwertige Sanierungen
Während der Neubau die Grundlage für die zukünftigen Emissionen im Bereich der Raumwärme legt,
jedoch nicht unmittelbar zu Einsparungen führt, kann durch eine thermische Sanierung des Gebäudebestandes eine signifikante Reduktion des Energiebedarfs und der CO2-Emissionen erreicht werden. Hierfür ist sowohl die Sanierungsrate, also
der Anteil der jährlich thermisch sanierten Gebäude von Bedeutung, als auch die Qualität der thermischen Sanierung. Durch eine Erhöhung der Sanierungsrate bis 2020 auf 3 % und die Einhaltung
hoher thermischer Standards im Neubau und der
Sanierung von Gebäuden ist es beispielsweise
möglich, den Energieeinsatz für die Raumwärmeproduktion bis 2030 um ein Drittel zu senken, im
Bereich der Wohngebäude nahezu zu halbieren.
Diese Effizienzstrategie im Raumwärmebereich ist
durch eine Forcierung der erneuerbaren Energieträger im Bereich Raumwärme zu ergänzen. Dies
bedeutet insbesondere den Ausbau von thermischen Solaranlagen zur Warmwasserproduktion
und die Nutzung von Biomasse und effizienten
Wärmepumpen im Bereich der Raumwärme (vorzugsweise durch KWK-Anlagen).
Abb. 3: Endenergieverbrauch Raumheizung bei engagierter Klimaschutzpolitik, Quelle: ÖGUT-Kurzstudie „Energie 2030“
Schritt 3: Klimaneutrale Gebäude und Siedlungen
Klima:aktiver Neubau und qualitativ hochwertige Sanierungen können auf Basis erprobter Technologien zu signifikanten Reduktionen der treibhausrelevanten Emissionen im Raumwärmebereich führen. Langfristig sind jedoch weitergehende Reduktionsschritte erforderlich. In diesem Sinne stehen
Konzeption, Entwicklung und Demonstration klimaneutraler oder „Plus-energie“-Gebäude und Siedlungen im Mittelpunkt. Ziel ist es dabei, den gesamten Energiebedarf eines Gebäudes durch thermische und photovoltaische Systeme an der Gebäudehülle zu decken. Dieser Ansatz wird derzeit im Rahmen des Forschungs- und Technologieprogramms „Energie der Zukunft“ des BMVIT und des BMWA
verfolgt. Im Rahmen dieses Programms wird auch ein Kriterienset für energieeffiziente Siedlungen erarbeitet. Durch die Entwicklung der Gebäude (und Siedlungen) der nächsten Generation werden die
erforderlichen Voraussetzungen geschaffen, um langfristig einen nachhaltigen Gebäudebestand zu
schaffen.
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klima:aktiv Standard für den Wohnbau (Neubau)
Martin Ploss, Energieinstitut Vorarlberg
Energieeffizienz und ökologische Qualität spielen als Entscheidungskriterien beim Bau und Kauf von
Wohngebäuden eine wichtige Rolle. Dies zeigt auch ein Blick in den Immobilienteil von Zeitungen:
Für einen immer größeren Teil der Neubauten wird inzwischen mit der energetischen, vereinzelt auch
mit der ökologischen Qualität geworben. Oft wird dabei auf die Förderstufe der Wohnbauförderung
verwiesen, vielfach werden mehr oder weniger phantasievolle Bezeichnungen verwendet: Niedrigenergiehaus, Biohaus, Niedrigstenergiehaus, Ökohaus, Passivhaus, Wohlfühl-haus, Aktiv-Haus, Plusenergiehaus etc.
Für Bau- und Kaufinteressenten ist es fast unmöglich, die tatsächliche Qualität der Gebäude zu beurteilen. Erstes Ziel des Programms klima:aktiv haus ist es daher, einen österreichweit einheitlichen
Qualitätsstandard für energieeffizientes und ökologisches Bauen einzuführen.
Weitere Ziele des Programms klima:aktiv haus
Angesichts der Bedeutung des Gebäudesektors für den Klimaschutz setzt sich das Programm klima:aktiv haus sehr ambitionierte Ziele. Am Ende der Projektlaufzeit sollen
• 20 % des gesamten Wohnungsneubausektors klima:aktiv haus Qualität erreichen
• 25 % der Wohneinheiten im Geschoßwohnbau und im Fertighausbau über Lüftungsanlagen verfügen
Zielgruppen
Hauptzielgruppen des Programms sind Wohnungsbaugesellschaften und Fertighaushersteller, als klima:aktiv haus können jedoch auch individuell geplante Gebäude deklariert werden.
Vorteile für Anbieter und Bauinteressenten
Wie Beispiele aus dem Ausland – etwa Minergie in der Schweiz – zeigen, profitieren sowohl Anbieter, als auch Bauinteressenten von verlässlichen, einheitlichen Qualitätsstandards für Gebäude und
Wohnungen: Anbieter können sich vom Massen-Markt abheben, den Bauinteressenten steht ein neutrales Bewertungssystem für Qualitätsvergleiche zur Verfügung.
Das Bewertungssystem
Die Bewertung von klima:aktiv Häusern erfolgt ähnlich wie in den Wohnbauförderungen einiger Länder in einem Punktsystem, die Maximalpunktzahl beträgt 1.000.
Im Programm klima:aktiv haus wurden zwei unterschiedliche Niveaus definiert:
• für die Auszeichnung als klima:aktiv Haus sind mindestens 700 Punkte nachzuweisen
• für die Auszeichnung als klima:aktiv Passivhaus sind 900 Punkte notwendig
Auswahl- und Musskriterien
Die Bewertungskriterien für klima:aktiv Häuser sind in vier Kategorien mit unterschiedlicher Gewichtung gegliedert. In jeder Kategorie gibt es unterschiedlich bepunktete Kriterien, aus denen Bauherr und
Planer eine sinnvolle, individuelle Kombination auswählen können. Neben frei wählbaren Kriterien gibt
es einige Muss-Kriterien, die in jedem Fall einzuhalten sind. Als Muss-Kriterien sind beispielsweise die
Mindestanforderungen für Heizwärmebedarf und Luftdichtheit sowie der Ausschluss von besonders
umweltschädigenden Baustoffen wie HFKW-haltigen Dämmstoffen festgelegt.
Bewertungskategorien
Planung und Ausführung
Maximalpunktzahl 120
Da die Grundlagen für energieeffiziente und ökologische Gebäude schon in der Planung gelegt werden, berücksichtigt der Kriterienkatalog wichtige Planungs- und Ausführungsaspekte wie etwa:
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gute Infrastrukturanbindung (Schule, Läden, Bus)
Fahrradabstellplätze
Barrierefreiheit
Wärmebrückenminimierung
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Auch an die Ausführungsqualität werden hohe Anforderungen gestellt, so gelten für die Luftdichtheit von klima:aktiv Häusern strengere Grenzwerte, als für „normale“ Gebäude.
Energie und Versorgung
Maximalpunktzahl 600
Kernpunkt der Kategorie Energie und Versorgung sind Wärmebedarf und -versorgung mit maximal 550
Punkten. Weitere Punkte werden in den Bereichen elektrische Energie und Wasserbedarf vergeben.
Für den Bereich Wärmebedarf und Versorgung kann zwischen zwei Nachweiswegen gewählt werden: Im Nachweis für klima:aktiv Häuser wird zunächst der Heizwärmebedarf des Gebäudes bepunktet, in einem zweiten Schritt sein Wärmeversorgungssystem (Raumwärme, Warmwasser, Solar).
Verschiedene Systeme erhalten je nach Effizienz und Umweltauswirkungen unterschiedliche Punktzahlen.
Je nach Kompaktheit des Gebäudes liegen die maximal zulässigen Werte des Heizwärmebedarfs in
Orten mit mildem Klima zwischen 25 und 45 kWh/(m2BGFa).
An Orten mit strengerem Klima sind höhere Werte des Heizwärmebedarfs zulässig. In der Abbil-dung
sind beispielhaft die Grenzwerte des Heizwärmebedarfs für klima:aktiv Häuser an Orten mit mildem
Klima den Werten der aktuellen Fassung der OIB Richtlinie 6 gegenübergestellt. Diese beschreibt die
österreichweiten Mindestanforderungen ab 2008.
Wie die Abbildung 1 zeigt, liegt der Heizwärmebedarf von klima:aktiv Häusern um mehr als 30 %
niedriger, als die gesetzliche Mindestanforderung. Der Heizwärmebedarf von klima:aktiv Passivhäusern liegt sogar um bis zu 80 % niedriger, als der von Gebäuden nach Richtlinie 6.
Für klima:aktiv Passivhäuser ist der Gesamt-Primärenergiebedarf für Heizung, Warmwasser und Hilfsstrom nachzuweisen. Mit diesem Wert wird die energetische Gesamtqualität des Gebäudes, also Gebäudehülle, Wärmeversorgungssystem, Lüftungssystem und Energieträger bewertet.
Der Nachweis erfolgt mit dem validierten Berechnungsverfahren „Passivhaus-Projektierungspaket“
(PHPP), der maximal zulässige Höchstwert beträgt 65 kWh/(m2WNFa).
Als Nebenanforderungen wurden die bekannten Passivhaus-Anforderungen (HWB max. 15 kWh/
(m2WNFa), berechnet mit PHPP) und ein Luftdichtheitswert n50 von max. 0,6 h-1 festgelegt.
Abb. 1: Vergleich des Heizwärmebedarfs verschiedener Energieniveaus
Baustoffe und Konstruktion
Die Maximalpunktzahl beträgt 160, das Bewertungskonzept ruht auf 4 Säulen:
• Ausschluss von klimaschädlichen Baustoffen
• Vermeidung von Baustoffen, die im Lebenszyklus Schwächen aufweisen
• Einsatz von ökologischen Baustoffen
• Ökokennzahlbewertung des Gebäudes
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Raumluftqualität und Komfort
Maximalpunktzahl 120
Ein Kennzeichen von klima:aktiv Häusern ist eine sehr gute Raumluftqualität und hoher Wohnkomfort. Alle klima:aktiv Häuser haben daher entweder Frischluftanlagen oder Komfortlüftungen mit
Wärmerückgewinnung. Die raumluftrelevanten Baustoffe sind emissionsarm, die Sommertauglichkeit
wird nachgewiesen.
Die Deklaration
Die Deklaration als klima:aktiv haus oder klima:aktiv passivhaus erfolgt in einem Selbstdeklarationsprozess mit Plausibilitätsprüfung. Nachdem die Deklaration in der Anfangsphase mittels eines excelDatenblatts erfolgte, steht inzwischen ein komfortables, internetbasiertes Deklarationstool zur Verfügung (www.oebox.at/kahg/).
Der Deklarationsprozess wurde so gestaltet, dass zentrale Kriterien durch beigelegte Unterlagen (Pläne, Berechnungen) mit geringem Aufwand für Deklarierende nachgewiesen und mit geringem Aufwand geprüft werden können.
Die Selbstdeklaration erfolgt in zwei Stufen:
• erste Stufe ist die Deklaration als geplantes Gebäude. In dieser Stufe sind einige wenige zu diesem Planungsstand verfügbaren Nachweise (Heizwärmebedarf etc.) in elektronischer Form beizulegen. Nach erfolgreicher Plausibilitätsprüfung wird das Projekt freigeschaltet und ist als klima:aktiv haus in Planung sichtbar. Bauinteressenten können so nach klima:aktiv haus Angeboten in ihrer Region suchen.
• Zweite Stufe ist die Deklaration als fertiggestelltes Gebäude. Für das fertige Gebäude sind einige
zusätzliche Unterlagen (Wärmebrücken, technische Systeme, verwendete Materialien) elektronisch beizulegen. Nach erfolgreicher Plausibilitätsprüfung wird das Projekt freigeschaltet.
Zwischenstand und erste Erfahrungen
Mit Stand Mitte Januar 2008 befinden sich etwa 150 Projekte im Deklarationsprozess. Aufgrund der
zunehmenden Zahl an Deklarationen wird die bisher ausschließlich vom Energieinstitut Vorarlberg vorgenommene Plausibilitätsprüfung zum 2. Quartal 2008 auf die Regionalpartner übertragen. Diese Regionalisierung ermöglicht eine bessere Betreuung der Deklarierenden schon während der Planungsphase.
Die bisherigen Erfahrungen bei der Einführung des klima:aktiv haus Standards und mit der Dekla-ration sind durchweg positiv:
• Der Kriterienkatalog wurde sehr gut angenommen, es gab nur geringfügige Änderungswünsche.
Diese wurden wo möglich berücksichtigt.
• Die Punktverteilung zwischen den Bewertungskategorien wurde als ausgewogen angenommen.
• Das Prinzip der Selbstdeklaration mit Plausibilitätsprüfung wird begrüßt.
• Das elektronische Deklarationstool wurde positiv bewertet.
Trotz der positiven Gesamtbewertung wurden einige Aspekte kritisch beurteilt oder führten zu ei-nem
erhöhten Betreuungsaufwand:
• Die Vielzahl der in den Ländern in Gebrauch befindlichen Nachweisprogramme für den Heizwärmebedarf erschwerte die Plausibilitätsprüfung; mit Einführung der OIB Richtlinie 6 dürfte sich diese Situation deutlich verbessern. Für klima:aktiv Passivhäuser tauchten die Probleme ohnehin nicht
auf, da als Nachweisprogramm nur das seit Jahren bekannte und bewährte Passivhaus-Projektierungspaket (PHPP) zulässig ist.
• Probleme verursachte in vielen Fällen der Nachweis der Wärmebrückenwirkung. Auch für Wohnungsbaugesellschaften und Fertighaushersteller sind quantitative Nachweise bislang sehr unüblich. Das Problem wird ab 2008 dadurch entschärft, dass die Kriterien „Konstruktion wärmebrükkenfrei“ bzw. „Konstruktion wärmebrückenarm“ keine Muss-Kriterien mehr sind. Der Wärmebrückeneffekt ist selbstverständlich weiterhin in der HWB-Berechnung zu berücksichtigen. Außerdem wird die Beschäftigung mit dem Thema durch die Einführung der OIB Richtlinie 6 zunehmen,
da diese ohne genauen Nachweis rel. hohe Wärmebrückenzuschläge vorsieht. Gerade für Wohnungsbaugesellschaften, Bauträger und Fertighausfirmen wird es sich daher lohnen, rechnerische
Nachweise für optimierte Wärmebrückendetails zu erbringen.
• Nicht unproblematisch verlief in einigen Fällen auch der Nachweis des Wärmebereitstellungsgrades der Komfortlüftung. Die Schwierigkeiten wurden dadurch verursacht, dass mehrere unterschiedliche Messverfahren für Wohnungslüftungsverfahren existieren, die zu sehr unterschied-
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klima:aktiv Bauen
lichen, zum Teil unrealistischen Ergebnissen führen. In einigen Fällen erreichten die geplanten Geräte nicht den im Kriterium geforderten Mindestwert von 75 % Gerät. Da dieser Wert als MussKriterium definiert war, konnte das Kriterium nur bei Auswahl eines anderen Gerätes erfüllt werden. Dies war nicht immer möglich, so dass einige Deklarationen stockten. Ein weiteres Problem
ist, dass für eine relativ große Anzahl an Geräten überhaupt kein (belastbares) Prüfzeugnis vorliegt. Anfang 2008 wurde das Kriterium daher in zweierlei Hinsicht verändert: der Wert von 75
% ist kein Muss-Kriterium mehr; der Einfluss schlechterer Geräte kann somit durch Kompensationsmaßnahmen ausgeglichen werden. Außerdem können für Geräte ohne Prüfzeugnis die
default-Werte nach OIB Richtlinie 6 verwendet werden. Durch diese Änderungen wird der Deklarationsprozess deutlich erleichtert.
Durch die Einführung der OIB Richtlinie 6 und die Vereinfachungen im Deklarationsprozess verringert
sich der Eingabeaufwand nochmals deutlich.
Zur Einführung in die Deklaration werden weitere Seminare angeboten, u.a. am 22.02.08 im Rahmen dieses Kongresses. Weitere Schulungen werden die Regionalpartner dezentral in ganz Österreich
anbieten.
Weitere Informationen
Informationen zum Programm klima:aktiv Haus finden sich auf mehreren Internet-Portalen:
Auf der Seite www.oebox.at/kahkp sind alle Kriterien detailliert beschrieben. Änderungen an Kri-terien oder neue Erläuterungen werden ständig eingepflegt und im Bereich „Aktuelles“ dargestellt. Die
Kriterienkataloge stehen sowohl elektronisch als auch zum Herunterladen als pdf-Dokument zur Verfügung.
Die online-Deklaration wird auf der Seite www.oebox.at/kahg/ vorgenommen. Zur Erst-Deklaration
ist ein login erforderlich. Die Seite dient auch der Suche nach geplanten und fertiggstellten kli-ma:aktiv Häusern. Diese können nach verschiedenen Suchkriterien – etwa dem Standort – komfortabel recherchiert werden.
Abb. 2: online Deklarationstool
Auf der Seite www.klimaaktiv.at/haus finden sich allgemeine Informationen zum Programm.
Auf der Seite www.klimaaktiv-gebaut.at werden realisierte klima:aktiv Gebäude dargestellt.
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klima:aktiv haus: best practice Beispiele
KLIMA:AKTIV:KOMFORT – Erfahrungsbericht
Werner Hackermüller, Architekturbüro Hackermüller
Ausgangspunkt
1. Wir kennen die Qualitätsverbesserungen, die durch ökologisches, energiebewusstes, gesundes und
alltagstaugliches Bauen (die 4 Eckpfeiler nachhaltigen Bauens) erreicht werden können.
Wir kennen auch die Mehr-Kosten dazu – in Summe max 20 % – im Vergleich zu einem Niedrigenergiehaus gem. Bauordnung und Förderungsrichtlinien – ohne Lagezuschlag selbstverständlich.
Ich kenne kein Produkt, wo zwischen der Eco-Version und dem höchsten Qualitätsstandard so wenig
Preisdifferenz liegt.
Warum werden bei diesem im Vergleich zum Mehrwert geringen Mehrpreis diese Qualitäten vom
Markt nicht sofort angenommen ?
Kein Produkt unseres täglichen Lebens wird mit so wenig Wissen, so wenig objektiver Information
gekauft wie (Wohn)bau.
2. Haben Sie schon einmal irgendein Produkt über ebay.at gekauft, verkauft?
Jeder Händler, egal ob Käufer oder Verkäufer, wird sofort bewertet.
Jedes Produkt wird anhand mehrerer Vergleichsprodukte bewertet.
Vergleich mit einer Autozeitschrift, Fotozeitschrift, ….
Wir wissen beim Auto den ECE-Verbrauch, die Reparaturhäufigkeit, die laufenden Kosten, ………..sicher 4–5 Kenndaten selbst wenn ich kein Autofreak bin.
Wir kaufen einen Kühlschrank, einen Fernseher, einen Fotoapparat, mittlerweile Farben und Lacke
nach dem A+, A, B, C, …Bewertungsschema
Häuser und Wohnungen kaufen wir anhand ……?
(zählt wirklich nur Lage, Lage, Lage, …, dann irgendwann das „pflegeleichte“ Kunststofffenster, …,
dann der offene Kamin?)
Nachhaltige Qualitätskriterien werden von einigen Idealisten beachtet, aber
• Banken
• Zeitungen, Zeitschriften,
• Wohn)bauträger
• Bauherren
• …………
sind bei diesen Veranstaltungen nicht anzutreffen.
3. Warum sollten sie auch?
Warum werden diese Qualitätstools im (Wohn)baubereich nicht eingeführt?
Welche Hemmnisse stehen dem gegenüber?
4. Was ist Qualität – im Allgemeinen und beim Bauen im Besonderen?
Neben der Frage der quantifizierbaren Faktoren, im Bauwesen relativ leicht umsetzbar, stellt Architektur durch eine Vielzahl nichtquantifizierbarer Faktoren die Qualitätsbewertung vor Probleme.
Hier liegt die Schwierigkeit in der Qualitätsbewertung und damit –sicherung.
5. Aber lassen wir spezifische, nicht quantifizierbare „Architekturkriterien“ (und damit die Frage, wieweit die Wertschätzung von Umweltfragen, Gesundheit etc. und deren formale Umsetzung sehr wohl
auch kulturelle und architektonische Relevanz haben) Kriterien beiseite, so gibt es für die „technische“
Gesamtqualität einige objektive Qualitätskriterien und Bemessungsmethoden – TQ, TQB, Ökopass,
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klima:aktiv Bauen
Energiepass, klma:aktiv, … (Förderungs-) Richtlinien der Länder, …
Die Unterschiede liegen neben geringfügig verschiedenen Bewertungsmassstäben meist nur darin,
dass einzelne Parameter mehr oder weniger bewusst ausgeklammert wurden.
6. Trotzdem wurden alle (fast alle) nachhaltigen Verbesserungen erst über Druck der Behörden eingeführt. Warum lässt sich der Konsument das gefallen?
Ganz einfach – er weiss es nicht, woher sollte er es wissen – außer er ist ein interessierter Konsument,
aber das wird ihm so schwer wie möglich gemacht!
Und hier fehlt mir umgekehrt das Motiv
Warum sind Bauherren – ich meine hier nicht die Individualisten, die diese Bewegung immer schon getragen und „vorausgedacht“ haben – sondern die ehrlich bemühten „guten“ Bauträger nicht von sich
aus interessiert, ihre heute bereits eingebauten/eingeplanten Qualitäten publik zu machen –(können
Sie sich vorstellen, dass ein Autoproduzent seine Ware NICHT testen, bewerten und bewerben lässt?)
Die Kunden wüssten zumindest ansatzweise, warum das Produkt A um ... % teurer ist als das Produkt B – und würden es auch wie bei allen anderen Produkten zahlen – oder umgekehrt: sie würden
das Produkt B nicht mehr kaufen, wenn es nicht deutlich billiger wäre.
Heute ruinieren einige den Markt UND den Preis.
7. Finden diese Bewertungen ihren Weg in die Medien, in die Zeitungen, in die Annoncen – so wie
bei allen anderen Produkten – werden sie auch angenommen.
Nur einer muss damit anfangen – und das kann nur der Bauträger sein.
Die Planer sind wirtschaftlich zu schwach, um diesbezüglich das erforderliche Medienecho zu erhalten. Die Kunden – ohne eine starke Konsumentenvertretung – ebenfalls. Fänden diese Bewertungen
Einfluss in Basel 2 o.Gl.w. – Verkaufsrisiko gegen Kreditkonditionen – die Diskussion über Sanktionen bei fehlenden Bewertungen (siehe Energiepass) wäre obsolet.
Betrachten wir diese Bewertung endlich als wesentlichen Teil der Bewerbung so wird klar – Werbung
macht der, der ein Produkt verkauft.
Der praktische Weg
Egal welches Verfahren verwendet wird – wichtig ist, die Zieldefinitionen zu trennen, und gesondert
zu bewerten, um in den Bewertungsphasen mit den richtigen Kriterien zu arbeiten.
Welche Zieldefinitionen gibt es
• Lage und
• Infrastruktur
• Alltagstaugliche Planung
• Kosten in Errichtung und Betrieb
• Gesundes Bauen
• Resourcenschonung
• (Primär)Energieeffizienz
Wird das Verfahren mehrstufig angewendet, und zwar
• vor der Projektentscheidung - Entscheidungsträger ist hier ausschließlich der Bauherr, der Bauträger – (hier sind z.B. die Lagekriterien noch stark vertreten – ändern sich aber (normalerweise)
nicht mehr – können daher im weiteren Verfahren ausgeklammert bzw. ident übernommen werden) – eine Änderung der Infrasruktur führt z.B. zu einer Veränderung der Gesamtbewertung, hat
aber keinen Einfluss auf die Planungs- und Ausführungsqualität;
• vor Planungsbeginn, dh. bei der Zieldefinition Bauherr – Planer (das ist der schwierigste und verantwortungsvollste Schritt, der leider oft zu kurz behandelt wird)
• nach dem Entwurf / parallel zur Ausschreibung – Bauherr – Planer prüfen Einhaltung der Planungsziele
• nach Verhandlung mit den Ausführenden / parallel zur Ausführungsplanung
• nach Fertigstellung
• (ideal: Monitoring über 2 Jahre – hier könnte im Zuge der Nachjustierung viel an Qualität gewonnen werden – nur Schadensreparatur im Namen der Gewährleistung ist zu wenig)
entsteht eine win-win Situation für alle Beteiligten.
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• Der Bauherr und der Planer überprüfen Ziel und Planung(sversprechen)
• Der Bauherr und der Ausführende haben klare und überprüfbare Zielvorgaben – der Ausführende steht nicht für xxx m3 Beton/Holz gerade, sondern für eine Qualität – qualitätsneutrale Variantenbildung bzw Qualitätsveränderung wird sichtbar
• Der Bauherr und der Kunde haben klare Qualitätskriterien in den Verträgen – der Kunde weiss,
was er kauft (mit Kaufverträgen und 100 Klauseln fängt er nichts an)
• durch die Nachjustierung und Optimierung über 2–3 Jahre werden die (hohen) Qualitätsansprüche auch nachvollziehbar erreicht und nachgewiesen; Optimierungen in dieser Zeit bringen erfahrungsgemäß z.B. in Energiefragen bis zu 25 % Einsparungen (genauer gesagt: fehlende Kontrolle und Optimierung „verstecken“ oft Energieverlust in dieser Größenordnung)
Am Ende steht eine Bewertung
• des Bauträgers – hat er seine Versprechen dem Kunden gegenüber eingelöst
• des Ausführenden – hat er seine Verträge dem Auftraggeber gegenüber eingelöst
• des Planers – hat er seine Versprechen dem Bauherrn gegenüber eingelöst
und das wären Entscheidungshilfen für alle Beteiligte
Wer gewinnt dabei?
• der Planer kennt die Aufgabenstellung von Anfang an in einer weit höheren Präzision als üblich
– das vermeidet Qualitätsverlust durch Informationsmangel;
• der Bauherr weiss frühzeitig und nachvollziehbar, ob seine Qualitätsanforderungen erfüllt wurden;
• der Kunde weiss genau und überprüfbar über sein Produkt Bescheid;
• durch die Nachjustierung und Optimierung werden die (hohen) Qualitätsansprüche auch nachvollziehbar erreicht und nachgewiesen;
Umsetzung und Erfahrungen
1. Zur Sicherung einer nachhaltigen Qualität durchlaufen unsere Planungen routinemäßig mehrere
mehrstufige Qualitätsbewertungen – ich würde gerne auf einige davon verzichten!
Begonnen haben wir mit TQ – Total Quality.
Heute arbeiten wir primär mit der klima:aktiv Bewertung, wollen aber TQB parallel verwenden – Hoffnung: Die Vereinigung der beiden Bewertungssysteme
2. Unnötige Verkomplizierungen – Daten, die im Vergleich mit ihrer Wichtigkeit (Gewichtung) sehr
aufwändig zu berechnen sind/waren – führen zu „weissen“ Feldern.
Dies gilt und galt insbesondere einigen Daten für die TQ Bewertung – die Berechnungsmethoden von
klima:aktiv bereits sehr einfach geworden und bei nachträglicher Kontrolle einfach und gut vermittelbar (in der „Sprache“ Planer – Bauherr – Nutzer)
3. Es folgen einige kritische Bemerkungen aufgrund unserer Erfahrungen mit der klima:aktiv (Passivhaus) Bewertung, wobei ich ausdrücklich darauf hinweisen möchte, dass diese Anmerkungen keine
Schmälerung der für unsere Anwendung und Erfahrung positiven Auswirkungen der klima:aktiv Bewertung darstellen.
Alle bewerteten Projekte sind Passivhäuser, stehen in Wien und sind /werden im Rahmen der Wohnbauförderung Wien gebaut und werden daher anhand der Kriterien des Grundstücksbeirates überprüft. Daraus ergeben sich als Folgerungen:
A Planung und Ausführung
• Abgesehen von Waldrandlagen (meist nicht förderbar) ist in Wien fast kein Grundstück zu finden,
das die angegebenen Infrastukturforderungen nicht erfüllen kann
• im Gegenzug dazu ist der angegebene Platzbedarf für gedeckte Fahrradstellplätze wirtschaftlich
fast nicht erfüllbar ( im §82 (5+6) (Nebengebäude) werden auch Flugdächer der bebauten Fläche
zugerechnet)
• die Mussbestimmung für wärmebrückenfreies Bauen ist bei Einhaltung der angegebenen Mindestforderungen praktisch nicht erfüllbar – das Ergebnis ist ein klima:aktiv Haus mit ca. 940–980
Punkten, das alle Passivhauskriterien erfüllt, genügend Punkte hat und trotzdem kein klima:aktiv
Passivhaus sein kann
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B Energie und Versorgung
Die Erfüllung der Musskriterien ergibt bereits mehr Punkte als die Maximalpunkteanzahl – die Motivation für den Bauherren, umweltfreundlich zu agieren wird hier „klima:aktiv“ nicht unterstützt – der
Einsatz regenerativer Energieträger z.B. wird bei der Kategorie Passivhaus nicht „honoriert“
C Baustoffe und Konstruktion
Hier bringen die Erfüllung der Mindestkriterien (einschließlich der Mindestkriterien der Wohnbauförderung z.B. keine PVC Fenster) bereits 100 von 110 Punkten in der Kategorie Baustoffe
• für die ökologische Optimierung der Baustoffe fehlen daher nur mehr 2 ökologisch bewertete Baustoffe zur Erreichung der Maximalpunktezahl – keine wirklich sportliche Herausforderung
• ein OI3TGH-BGF Wert von 140 bringt bereits die restlichen Punkte für die Maximalbewertung in
dieser Kategorie – selbst ein schlechter Wert von 200 bringt noch 26 Punkte – damit fehlen nur
24 Punkte auf die Maximalpunkteanzahl
• in Summe sind m. E. entweder die PVC-freien Fenster (40 Punkte) zu hoch oder der Maximalwert
dieser Kategorie zu gering (160 Punkte), um einen stärkeren Anreiz in der ökologischen Optimierung der Baustoffe und der Konstruktionen zu bieten
D Komfort und Raumluftqualität
Auch hier bringt die Erfüllung der Musskriterien bereits 90 von 120 Punkten in dieser Kategorie
4. Unter der Voraussetzung, dass kaum ein Bauträger ein Passivhaus baut und gleichzeitig (fast) alle
Kriterien des Umweltschutzes vernachlässigt, hat ein Passivhaus (fast) immer die geforderten mind.
900 Punkte.
Für die Diskussion mit dem Bauherren setzen wir daher die Maximalgrenzen der einzelnen Kategorien ab und rechnen mit den vollen 1.200 Punkten – der Anreiz und die Transparenz zu einer nachhaltigen Planung und Ausführung wird nach derzeitigem Punkteschema deutlich erhöht.
Die mehrstufige Bewertung parallel zur Planung und Ausführung ist mit geringem Aufwand machbar.
5. Eine mehrstufige Bewertung führt und führte zu nachhaltiger Qualitätssicherung.
Projekte, bei denen begleitend (mehrstufig) Bewertungen durchgeführt wurden/
werden
Passivwohnhaus in Holzfertigteilbauweise
Wien 23, Anton Heger Platz 4
15 Wohnungen, Fertigstellung März 2005
Erstes Passivwohnhaus in Wien, Wohnbauförderung Wien
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Analog zur Kleidung planen wir in Klimaschichten
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Freiraum
Klimazone 1
Warme Pufferräume
Thermische Hülle
Klimazone 2
Kalte Pufferräume
Klimazone 3
Wohnung (Aufenthaltsräume)
Passivwohnhausanlage in Holzfertigteilbauweise
Wien 22, Esslinger Hauptstraße 17
46 Wohnungen in 5 Baukörpern, Fertigstellung September 2006
HdZ Forschungsauftrag zu alltagstauglichen Haustechnikvarianten samt physiologischer Untersuchung sowie Nachweis der Qualitätssicherung durch mehrstufiges Qualitätsmanagement.
Wohnbauförderung Wien
4 nahezu gleiche mehrgeschoßige Wohnhäuser mit je 10 Wohneinheiten (Haus 1–4) werden zu Demonstrationszwecken mit verschiedenen passivhaustauglichen Haustechnikkonzepten auf der Grundlage der Untersuchungen von Prof. Streicher unter Zuhilfenahme thermischer Gebäudesimulation geplant und realisiert; unter diesen idealen Rahmenbedingungen für eine demonstrative Umsetzung und
wissenschaftliche Verifizierung unterschiedlicher Haustechniksysteme werden Alternativenergien innovativ den jeweiligen Systemen zugeordnet. In einem Demontrationsbauvorhaben können somit 3
Forschungsergebnisse praktisch erprobt werden.
Das Stiegenhaus erschließt über vier Stockwerke jeweils 2 Wohneinheiten. Zusätzlich sind am Ende
des Baukörpers jeweils eine Maisonettewohneinheit mit eigenem Eingang situiert.
Die Stiegen in den Keller (Garage) sowie das Lifthaus sind räumlich und somit thermisch von der warmen Gebäudehülle getrennt . Zusätzlich fungieren Liftvorbau und Windfänge als thermische Pufferzonen.
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Haus 5
6 WE
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Haus 4
10 WE
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Haus 3
10 WE
Haus 2
10 WE
klima:aktiv Bauen
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Haus 1
10 WE
Passivwohnhaus in Holzmischbauweise
Wien 10, Quellenstraße 11
78 Wohnungen, Baubeginn November 2007
Wohnbauförderung Wien
Um eine Architektur zu entwickeln, die passivhaustypische Merkmale aufweist, haben wir zwei kompakte Häuser mit einem großen gedeckten Innenhof dazwischen konzipiert.
Einerseits erhielten wir dadurch eine sehr kompakte Gebäudestruktur, nützlich für das Erreichen der
Energiekennzahlen, andererseits wurde jede Ebene zum Innenhof sowie zur Außenseite orientiert,
das bedeutet, dass jede Ebene eine Innenterrasse sowie eine Außenterrasse hat. So führen die wesentlichen Bestandteile der Passivhäuser zu neuer Wohnqualität.
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klima:aktiv haus: best practice Beispiele
Passivhaus Samer Mösl / Salzburg
Simon Speigner, sps-architekten zt gmbh
1 Planung (sps-architekten/Thalgau)
1.1 Wettbewerb
Anfang 2003 lobte der Salzburger Wohnbauträger „Heimat Österreich“ einen österreichweit offenen, zweistufigen Wettbewerb für eine mehrgeschoßige Passivhauswohnanlage mit 60 Wohneinheiten in Holzbauweise im Salzburger Stadtteil Gnigl aus. Die Wettbewerbteams bestanden aus
Generalplaner und Generalunternehmer, gemeinsam mussten sie ein Projekt mit Kostengarantie einreichen.
• Bauplatzfläche rund 8000 m2
• Wohnnutzfläche ca. 4500 m2 / Tiefgarage 1 Stellplatz/Wohneinheit
• 60 Wohneinheiten (Zwei-, Drei- und Vierzimmerwohnungen)
• Mehr als ein Drittel der Wohnungen sind rollstuhlgerecht
• Maximale Baukosten von Euro 1350,– /m2
Abb. 1: Wettbewerbsentwurf, mit
einzelnen Modulen
© sps-architekten
1.2 Entwurfskonzept – Planung
Das Siegerprojekt (sps-architekten Arch. DI Simon Speigner als Generalplaner, Holzbau Meiberger als
Generalunternehmer) wurde 2005/2006 realisiert.
Das Projekt gliedert sich in drei langgestreckte Riegel und öffnet sich durch ein Verschwenken der
Baukörper zum angrenzenden Bachraum. So bleibt der Freiraum zum Alterbach durchlässig und auch
die Siedlung im Anschluss kann an dessen Kleinklima partizipieren. Die Durchwegung beginnt vom
Besucherparkplatz unmittelbar an der Zufahrtsstraße und führt durch die Siedlung bis zum Kinderspielplatz direkt am Grünland. Die Erschließung für den Individualverkehr beschränkt sich sinnvollerweise auf die Ostecke des Grundstücks, die neben der Tiefgaragenabfahrt auch einen großzügigen
Fahrradabstellbereich aufnimmt.
Das Gelände durchzogen Furchen vom Bach zum Moor hin annähernd in Nordrichtung. Auf diese
Furchen bezog sich der Entwurf mit den kluftartig-lichtdurchfluteten Vertikalerschließungszonen. Diese unbeheizten Stiegenhäuser bilden Durchwegungen, die sich quer zu den langen Baukörpern durch
die ganze Anlage schlängeln. Zur Rhythmisierung und Auflockerung der Gebäude tragen auch die
Balkonloggien in den „Klüften“ bei. Sie bieten mit rund 12 Quadratmetern attraktive, halb geschützte, halb exponierte Freibereiche für die winkelförmig konzipierten Wohnungen. Die Baukörper bilden
sich durch Ineinanderstellen dieser dreigeschossigen Wohnungs-Winkel unterschiedlicher Ausdehnung. Von den 60 Einheiten sind 24 Klein-, 21 Dreizimmer- und 15 Vierzimmerwohnungen. An die
Küche im Zentrum der Wohnungen schließen beiderseits durch Schiebetüren getrennt Ess- bzw.
Wohnbereich an, somit ist ein Durchwohnen des Baukörpers gegeben (jede Wohneinheit ist zu zwei
Freibereichen orientiert).
Die Ausrichtung der Baukörper-Längsachsen in SW/NORichtung bietet jedem Raum Sonneneinstrahlung im Tageslauf, sodass bei allen Fenstern passiv solare Gewinne
erzielbar sind. Im Gegensatz zu den beiden bekannten
„Gesichtern“ eines Passivhauses – geschlossene Fassade
im Norden, eine große Öffnung im Süden – wurden die
beiden Fassaden gleichartig gestaltet.
Passivhaus-Dichtezuschlag
Durch die hohen Dämmstärken in der Außenwand (ca. 45
cm Wandstärke) konnte eine Benachteiligung des Passivhauses durch den beachtlichen Nutzflächen-Verlust bei einer Bebauungsdichte von 0,7 nachgewiesen werden. Dies
war der Anlass, dass seit 2005 in Salzburg bei Passivhausprojekten vor dem Hintergrund der hohen Wandstärken
ein Dichte-Bonus von 5% der Geschoßflächenzahl zugeschlagen werden kann.
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1.3 Ausführungs- und Detailplanung
Die Verwendung von Beton beschränkt sich auf Fundament –
Platte auf Pfahlgründung – bzw. Keller sowie die Stiegengerippe: Auf einer eingespannten Ortbetonscheibe liegen die Podeste auf, dazwischen werden die vorgefertigten Stiegenläufe eingehängt. Ansonsten wurden die Bauten ausschließlich in
Holzbauweise errichtet, selbst die brandbeständig auszubildenden Wände zwischen Wohnungen und Stiegenhäusern.
Die Wandelemente (Außenwand, Wohnungstrennwand) bestehen aus vorgefertigten Holzriegelelementen der Firma Meiberger Holzbau (ca. 8000 m2), die Decken wurden aus Kreuzlagenholzplatten KLH (ca. 4700 m2) gefertigt. Die vorgefertigten Wandelemente wurden bereits mit der im Werk montierten Fassade angeliefert. Diese besteht aus sägerauen
Fichtenschalungen mit einer silbergrauen Lasur, die vom Ergrauen des Holzes in den kommenden Jahren abgelöst wird.
Die Lasur überlagert den natürlichen Prozess mit seiner ungleichmäßigen Abwitterung und sichert für diesen Zeitraum einen homogenen Gesamteindruck.
Dichtigkeitskonzept durchgehend an der Elementinnenseite
(Dampfbremse). Nachweis durch Blower-Door Test: Die Werte
in den verschiedenen Wohnungen wurden auf Anhieb erreicht.
Das Abbrandverhalten und die Brandbeständigkeit der Aufbauten mit Zellulosedämmung der Firma Isocell wurde anhand
von Brandversuchen nachgewiesen.
Ökologie und Nachhaltigkeit
Der Anspruch an Nachhaltigkeit, Ökologie, ressourcenschonendes Bauen und Energieeffizienz beschränkte sich nicht auf den Einsatz von Holz als nachwachsenden, CO2-neutralen Rohstoff. Geringe Bodenversiegelung zeichnet die Anlage mit Gründächern und Regenwassernutzung aus, die natürlich belüftete Tiefgarage erhielt Oberlichten. Mit Zellulose gedämmte Außenwände, geölte Holzböden, Holz-Alu-Passivhausfenster, Holzterrassen im Erdgeschoß, Holzroste auf den Balkonen tragen
ebenfalls zum hohen Wohnkomfort bei. Es wurden im Gebäude wassersparende Armaturen und energiesparende Geräte eingebaut. Es gibt auch eine Energiebuchhaltung und die Möglichkeit einer Fernwartung über das Internet. Auf unserer Homepage gibt es einen link zum Haustechnikschema mit
den aktuell gemessenen Daten (www.sps-architekten.com).
Abb. 2: Grundriss Erdgeschoß
© sps-architekten
Abb. 3: Gebäudequerschnitt
© sps-architekten
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Abb. 4: Hydraulikschema der Haustechnik ©sps-architekten
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1.4 Haustechnikkonzept (TB Stampfer/Salzburg)
Der flächenbezogene Heizenergiebedarf lt. Energieausweis Land Salzburg beträgt für die Gebäude
zwischen 5 und 9 kWh/(m2a). Der LEK-Wert liegt zwischen 14 und 15. Somit sind alle Häuser in der
Klasse 10 der Salzburger Wohnbauförderung. Die berechnete spezifische Heizlast für die Gebäude
liegt zwischen 10,73 und 11,33 W/m2 BGF.
Für den hygienischen Luftwechsel sorgen dezentrale Lüftungs-Kompaktgeräte der Firma Drexel und
Weiß mit einem hocheffizienten Wärmetauscher in jeder Wohneinheit. Mit dem Lüftungsgerät kann
der minimale Restenergiebedarf für die Beheizung der Wohnung abgedeckt werden.
Aus physiologischen Gründen ist in den Wohnräumen ein zusätzlicher wassergeführter Heizkörper installiert (warme Oberfläche). Die Warmwasserbereitung in den einzelnen Wohnungen erfolgt dezentral mittels Wohnungsstation, über welche das Warmwasser im Durchlaufprinzip erwärmt wird.
Die zentrale Wärmeversorgung erfolgt vorrangig über
eine Solaranlage mit einer Nutzfläche von ca. 200 m2.
Mit dieser Solaranlage wird – bei entsprechendem Nutzerverhalten – ein jährlicher Energieeintrag von ca.
70.000 bis 80.000 kWh erreicht. Zur Abdeckung des
Restenergiebedarfes ist ein Pelletskessel mit einer Leistung von 100 kW installiert. Die Wärmeverteilung erfolgt über ein Mikro-Nahwärmenetz, wobei die hydraulischen Anlageteile so dimensioniert sind, dass eine Rücklauftemperatur von max. 35 Grad Celsius in
keinem Betriebspunkt der Anlage überschritten wird.
Das Herzstück der Energieversorgungsanlage ist jedoch der zentrale Pufferspeicher. Dieser hat einen Gesamtinhalt von ca. 22.000 Liter und ist in das Gebäude integriert. Er ist als spezieller Schichtspeicher ausgeführt mit einem Durchmesser von 1,60 m und einer
Gesamthöhe von 11,00 m. Beim solaren Wärmeeintrag in den Pufferspeicher wurde ein völlig neuer, innovativer Weg beschritten. Es wurde nicht wie
allgemein üblich ein externer Plattenwärmetauscher verwendet, sondern ein spezieller interner 3-stufiger Glattrohrwärmetauscher mit einer Gesamt-Wärmetauscheroberfläche von ca. 70 m2. Dadurch
ist ein hocheffizienter solarer Wärmeeintrag bei geringstem Regelaufwand in jedem Betriebspunkt
der Solaranlage gewährleistet.
Abb. 5: Passivhaus Samer Mösl Bauteil C Südwestansicht
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Auf Grund der zu erwartenden geringen Energieverbrauchszahlen konnte auf eine herkömmliche gesetzlich vorgeschriebene Heizkostenabrechnung mittels Gutachten verzichtet werden.
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2 Ausführung (Fa. Ebster Bau und Meiberger Holzbau)
Schwimmende Tiefgründung mit Rüttelstopfpfählen auf Seeton darüber Dichtbetonkeller und -garage bzw. Pfahlrost mit Bodenplatte. Stiegenhausgerippe in Sichtbeton. Vorgefertigte Wandelemente
mit fertiger Fassade auf Montageschwelle, darüber Kreuzlagenholzplatten und ein konventioneller
Bodenaufbau. Passivhausfenster in der Dichtungsebene von innen montiert. Trockenbau für den Innenausbau (Ständerwände, abgehängte Decken). Innentüren zum Teil als Schiebetüren, Passivhauseingangstüren in der Dichtebene zum Stiegenhaus. Trockenbaueinbaunische für das Kompaktlüftungsgerät.
Abb. 6: Passivhaus Samer Mösl Erschließung / Hofsituation
©sps-architekten
3 Erfahrung / Feedback
Sozialer Mietwohnbau in Holzbauweise mit innovativer Haustechnik führte bisher zu großteils positiven Rückmeldungen seitens der Bewohner. Es konnte eine sehr hohe Nutzerzufriedenheit auf Grund
der angenehmen Wohnphysiologie bei multikultureller Bewohnerstruktur erreicht werden.
Die durchgeführten Schallmessungen nach Fertigstellung in den einzelnen Wohnungen ergaben überdurchschnittlich gute Werte (dumpfe Gehgeräusche unter Normwerten werden aufgrund der leisen
Wohnung als störend wahrgenommen)
Es gab für alle Bewohner vor Bezug der Wohnung eine individuelle Einweisung. Aus der bisherigen
Nutzung zeigt sich ein extrem unterschiedliches Nutzerverhalten. In der ersten Hausversammlung
konnten auch die ersten Reaktionen entgegengenommen werden. Eine individuelle Nachjustierung
der Regelung wurde durchgeführt. Mit Ende des Jahres 2007 wurde ein spez. Solarertrag von
544 kWh/(m2a) erreicht.
Es gab für das Bauwerk PH Samer Mösl bisher folgende Auszeichnungen:
1. Rosenheimer Holzbaupreis (Fachjury und Publikumspreis), Grüner Zweig, Nominierung Energy Globe Award 2006; Österreichischer Staatspreis Consulting 2007, Nominierung zum österreichischen
Baupreis, Salzburger Holzbaupreis
Publikationen
Architektur und Bauforum, Deutsche Bauzeitung, Architektur Aktuell, ACC, l`architettura naturale,
Holzkurier, Cluster, Standard, Salzburger Nachrichten, Wirtschaftsblatt; ORF verschiedene Beiträge,
CIPRA Österreich (Hrsg.): Energieeffizientes Bauen und Sanieren in den Alpen, www.nextroom.at,
www.archiweb.cz
klimaschutz:gebäude
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klima:aktiv Bauen
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klima:aktiv haus: best practice Beispiele
BUWOG – best practice Modelle eines „klima:aktiv „ Partners
Gerhard Schuster, BUWOG – Bauen und Wohnen Gesellschaft mbH
1. Das Leitbild der BUWOG
Die BUWOG zählt zu den größten und erfahrensten Wohnungsunternehmen Österreichs, hat weit
über 20.000 Wohnungen errichtet und verwaltet Wohnhausanlagen mit mehr als 35.000 Wohnungen (eigene BUWOG-Mietwohnungen, Mietwohnungen des Schwesterunternehmens ESG-Villach
und Eigentumswohnungen).
Wir folgen unserem modernen Leitbild und stehen für:
• Bauen mit Engagement
• Bauen mit Verantwortung
• Bauen mit Nachhaltigkeit
• Bauen mit Wohnkultur
Das heißt für uns als „klima:aktiv“ Partner vor allem nachhaltig und qualitätsbewusst bauen – ressourcenschonend, energiesparend und kostenbewusst.
2. „Minergiehaus“ Lorenz Mandl Gasse – Das BUWOG Pilotprojekt 2000
Schon als gemeinnütziges Wohnbauunternehmen im Eigentum der Republik Österreich hat die BUWOG wichtige Pilotprojekte mit besonderen ökologischen und ökonomischen Qualitäten realisiert;
z.B. eine Wohnhausanlage in der „Sun-City“ in Wien 22, das erste mehrgeschoßige Wohnhaus in
Kärnten mit der „Faktor 4+“ Förderung und das sogenannte „Minergiehaus“ in Wien Ottakring.
Diese Wohnhausanlage umfasst 42 Wohneinheiten im Niedrigstenergiestandard („Minergiehaus“)
und wurde bereits im April 2002 fertig gestellt.
Das Projekt wurde mit kontrollierter, zentraler Wohnraumbe- und -entlüftung samt Wärmerückgewinnung ausgeführt. Zur Reduktion des Primärenergiebedarfs wurde das Stiegenhaus samt Gangflächen mit Tageslichteinspiegelung (Heliostatanlage) ausgestattet sowie die Warmwassererzeugung
mit Solarunterstützung ausgeführt. Der Begriff „Minergie“ stammt aus der Schweiz, „Minergie“ steht
für ein Minus beim Energieverbrauch und einem Plus an Wohnqualität.
Die Erfahrungen aus diesen und vielen anderen innovativen Neubau- und Sanierungsprojekten nützt
die BUWOG nun als gewerbliches Wohnungsunternehmen unter dem „Dach“ der IMMOFINANZ für
ökologisch und ökonomisch herausragende Projekte.
3. Wohnen im Obstgarten – 1110 Wien, Dreherstraße 66 – ein BUWOG best practice Beispiel
Allgemeine Daten
Baubeginn:
Verwertungsstand:
Bauform:
14.11.2005
100 %, Vermarktungszeitraum rd. 14 Monate
Insgesamt 138 gef. Wohnungen mit rd. 11.500,00 m2 Wfl.
27 Tops im Passivhaus (PH) „Melone“
111 Tops in den Niedrigenergiehäusern (NEH)
Städtebauliches Konzept
Die Wohnhausanlage liegt zwischen dem alten Ortskern von Kaiserebersdorf und der Simmeringer
Hauptstraße in teilweise verbautem, teilweise noch dörflich geprägtem Gebiet. Sie besteht aus fünf
frei stehenden, sehr kompakten Gebäuden, eines davon ist als Passivhaus ausgeführt, die anderen
vier als Niedrigenergiehäuser. Alle Gebäude sind unterschiedlich geformt und lassen in ihrer Kontur
Gemüse und Früchte assoziieren: Melone (= Passivhaus), Mango, Bohne, Melanzane und Birne. Die
tropfenförmigen Körper sowie ihre Situierung am Grundstück minimieren die Volumina im Norden
und vergrößern die Oberflächen Richtung Süden, Osten und Westen. Die äußerst günstige Energiebilanz dieser kompakten Formen bleibt erhalten. Zwischen ihnen flutet der Freiraum optimal durch.
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klima:aktiv Bauen
Energetisches Konzept und Gebäudeform
Nicht die Kugel, sondern ein tropfenförmiger Körper stellt die energetisch intelligenteste Form eines
Gebäudes dar. Die erforderlichen Dämmstärken sind durch diese Baukörperform um ca. ein Drittel
geringer als bei konventionellen Baukörpern. Die Formen und die Verdrehungen der Gebäude zueinander minimieren die Fassadenflächen nach Norden. Dieses Konzept sichert eine äußerst günstige Energiebilanz. Es entstehen divergente Außenräume und voneinander auch visuell getrennte Wohnungen. Einen weiteren Vorteil stellte auch die Möglichkeit dar, in der Grundrisstypologie an der
schmalen Seite des sonst tiefen Baukörpers durchgehende, Ost-West-orientierte Wohnungen zu errichten. Dadurch gibt es keine Nordwohnungen!
Grundrisse
Eine Veranda mit der Qualität eines Patios liegt im Zentrum der Grundrisse. Sie bildet die visuelle (im
Winter) und die tatsächliche (im Sommer) Erweiterung der Wohnungen in den Grünraum.
Das Passivhaus
Technische Fakten zum Passivhaus „Melone“
Energiekennzahl:
13,00 kWh/m2a gem. PHPP
Heizlast:
10,00 W/m2 gem. PHPP
Luftdichtheit n50:
0,11/h lt. Blower-Door-Test (TU-Wien)
Primärenergie:
15 kWh/m2a
Konstruktion Passivhaus
Das fünfgeschoßige Passivhaus besitzt ein natürlich belichtetes Stiegenhaus, das die einzelnen Wohnungen erschließt.
In den unteren Geschoßen befinden sich Geschoßwohnungen, im 3. OG
und DG sind Maisonetten angeordnet. Allen Wohnungen sind entweder
Mietergärten, Loggien oder Dachterrassen zugeordnet.
Das Gebäude ist in Massivbauweise ausgeführt und mit einer allseitig hoch
gedämmten, dauerhaft luft- und winddichten sowie wärmebrückenfreien
Außenhülle versehen.
Energiekonzept und Gebäudetechnik Passivhaus
Zur kontrollierten Be- und Entlüftung der Wohnungen wird eine semizentrale Lüftungsanlage (zur kontrollierten Wohnraumbelüftung) eingesetzt.
Diese besteht aus einem zentralen Lüftungsgerät mit Außenluftfilterung,
Stützventilatoren für Zu- und Abluft sowie hoch effizienter Wärmerückgewinnung und aus dezentralen Nachheizregistern, die bei Bedarf die
Raumluft jeder Wohneinheit zusätzlich erwärmen können. Die Versorgung
der Restwärme und Warmwasserbereitung erfolgt mittels Fernwärme.
Zertifizierung Passivhaus
Das Passivhaus „Melone“ ist ein „qualitätsgeprüftes Passivhaus“; durch das
Passivhausinstitut bzw. die IBO GmbH zertifiziert.
Energietechnische und baubiologische Begleituntersuchung
Das Projekt ist Bestandteil des Messprogramms in der Programmlinie „HAUS DER ZUKUNFT“.
Um einen möglichst breiten Überblick über das Verhalten von Passivhäusern in der Nutzungsphase
zu erhalten, werden Messungen im 15 Minuten Rhythmus durchgeführt, die wesentlichen Kennzahlen bzw. Messwerte werden kontinuierlich aufgezeichnet und ausgewertet.
In diesem speziellen Messprojekt soll das Gebäude in Passivhausqualität („Melone“) einem Niedrig-
Tab.1: Vergleich Heizwärmeverbrauch und CO2 Emission
Gebäudeart
Altbau (70-iger Jahre)
Mindestanforderung Bauordnung
Niedrigenergiehaus Dreherstraße
Passivhaus Dreherstraße
Verbrauch pro
kWh/m2a
225
100
38
13
Jahresverbrauch
kWh/a
18.000
8.000
3.040
1.040
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CO2 Emissionen
kg CO2/a
2.520,0
1.120,0
425,6
145,6
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Abb. 2+3: CO2 Emissionen und Jahresheizenergieverbrauch einer Wohnung im Vergleich.
Fläche der Wohneinheit: 80 m2
CO2 Emission Fernwärme Wien: 0,14
kg/kWh
Projektbeteiligte
Architektur:
Architekt Dipl.-Ing. Günter Lautner
Passivhausberatung:
Schöberl & Pöll OEG, Dipl.-Ing. Helmut Schöberl
Passivhaus-Simulation:
Technische Universität Wien
Institut für Hochbau und Technologie
Zentrum für Bauphysik und Bauakustik
Ao. Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Thomas Bednar
Generalunternehmer:
UNIVERSALE HOCHBAU WIEN
Zweigniederlassung der
Alpine Mayreder Bau GmbH
Passivhaus Haustechnikplanung:
Vasko + Partner Ingenieure
Ziviltechniker für Bauwesen und Verfahrenstechnik
GesmbH
Begleituntersuchung:
AEE – Institute for Sustainable Technologies
im Auftrag des
bmvit – Bundesministerium für Verkehr, Innovation und
Technologie
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energiehaus („Bohne“) in beinahe gleicher Ausrichtung und Gebäudegröße gegenübergestellt werden.
Die Messungen dienen der Bestätigung unserer Zielwerte:
•
Gesamtenergiebedarf für das Gebäude: kleiner 42 kWh/m2a
•
Gesamtheizenergiebedarf Durchschnittswohnung: kleiner 15 kWh/m2a
•
Einhaltung der Komfortparameter Raumtemperatur und Raumfeuchte
Im Rahmen des BUWOG-Qualitätssicherungsprogrammes werden Bauausführung und Mängelbehebung kontrolliert und mit Befragungen die Bewohnerzufriedenheit erhoben. Die Auswertungen erfolgen differenziert nach Passivhaus und Niedrigenergiehäusern.
4. Resümee und Ausblick – BUWOG-Passivhäuser in Bauvorbereitung
Unsere langjährige Erfahrung mit Niedrigenergiehäusern und energetischen Sanierungen (z.B.: mit Thewosan-Förderung in Wien), aber auch unser spezielles
Know-how aus der Errichtung und Verwaltung des Minergiehauses und des ersten Passivhauses zeigen uns, dass die Zukunft im nachhaltigen Wohnbau liegt
und wir unterstützen daher auch seit Anfang 2007 das Klimaschutzprogramm
„klima:aktiv“. Der Erfolg der bisher realisierten Projekte bestätigt, dass die Kunden die ökologischen Qualitäten schätzen, wenn Wohnkomfort und Leistbar-
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klima:aktiv Bauen
keit darunter nicht leiden. Erste Befragungen beim Projekt Obstgarten haben uns deutlich gemacht,
dass Wohnungsgrundrisse, Lage und Leistbarkeit die primären Entscheidungskriterien sind. Passivhausstandard wird von einigen ausdrücklich als entscheidungsrelevant genannt, bei vielen stand aber
die Frage der technischen Ausgereiftheit und des gesicherten Wohnkomforts im Vordergrund.
Passivhäuser sind in der Entwicklung und Realisierung eindeutig anspruchsvoller als herkömmliche
Niedrigenergiehäuser, wenngleich auch bei diesen zunehmend ausgefeilte klimatechnische Lösungen
zur Vermeidung von Komforteinbußen oder Schimmelproblemen notwendig wurden. Neben der intensiveren planerischen und abwicklungstechnischen Betreuung ist auch die Information und Beratung der Kunden ein Schlüsselerfordernis. Mit unserer praktischen Erfahrung können wir gemeinsam
mit kompetenten Projektpartnern die von den Kunden formulierten Anforderungen unterschiedlichster Ausprägungen optimal erfüllen und haben daher schon weitere Projekte mit Passivhausqualität
in Vorbereitung.
Wir müssen aber auch feststellen, dass die Passivhaustechnologie ohne entsprechende Förderung mit
angepassten Förderungsbedingungen und Entgeltregeln aus ökonomischer Sicht im mehrgeschoßigen Wohnbau nicht realisierbar wäre. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen, insbesondere förderungsrechtliche Bestimmungen über angemessene Baukosten- und Entgeltkomponenten sowie
wohnrechtliche Regelungen über verbrauchsabhängige Energie- und Messkostenverteilungen werden einer kritischen Überprüfung zu unterziehen sein, damit technisch ausgereifte Passivhäuser noch
an Attraktivität gewinnen.
Unter den aktuellen Rahmenbedingungen in Wien und Niederösterreich sehen wir die Chance weitere Passivhausprojekte zu verwirklichen und werden zumindest bei den folgenden drei bis Ende 2008
einen Baustart setzen.
Klosterneuburg, Kierling
Das Projekt besteht aus einer Bestandsanlage mit 24 Wohneinheiten, auf welcher ein Dachaufbau
mit 6 Wohneinheiten errichtet werden soll, sowie einem Neubau mit 13 Wohneinheiten.
Die Sanierung samt Dachaufbau und Neubau erfolgt nach einer Planung von Arch Reinberg in Passivhausqualität und wird unter Zuhilfenahme der Niederösterreichischen Wohnbauförderung im Rahmen eines Forschungsprojektes der Österreichischen Forschungsförderungsges. mbH (FFG) abgewickelt.
Wien 22., Mühlgrund
Das Projekt wurde mit dem Architekturbüro ARTEC und dem
Haustechnikplaner Käferhaus im Rahmen eines Bauträgerwettbewerbes ausgearbeitet und zum Siegerprojekt juriert. Das Passivhaus verfügt über 54 Wohneinheiten. Eine Erschließungshalle
verbindet sich mit einem vertikalen fünfstöckigen Wintergarten
im Norden und den vertikalen Gärten an den Seitenflächen zu einer „grünen Klammer“.
Die Öffnung und Orientierung des Gebäudes nach Süden sowie
ein räumlich ausgebildeter Klimapuffer gegen die anderen Himmelsrichtungen lässt es zu, ein solar aktives Passivhaus zu bauen.
Wien 2., Nordbahnhof
Beim zweistufigen Bauträgerwettbewerb Nordbahnhof – Vorgartenstraße steht das Thema „Junges und kostengünstiges
Wohnen“ im Zentrum.
Die BUWOG hat mit den Architekten Lautner/Kirisits in der ersten
Stufe einen Beitrag für rund 200 geförderte Wohneinheiten ausgearbeitet und wird diesen mit den Haustechnikplanern Schöberl/Pöll für die zweite Stufe bis Ende Februar als Passivhaus weiterentwickeln.
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Massivbau – Nachhaltigkeit mal 3
Nachhaltigkeitsdebatte muss umfassend gesehen werden
Obwohl die Nachhaltigkeitspolitik der EU auf den 3 Säulen Ökologie, Ökonomie und
Soziales beruht, ist der Fokus in den vergangenen Jahren fast ausschließlich auf dem ökologischen Aspekt gelegen und hält somit Einzug in viele Bereiche der Gesetzgebungs- und
Förderungsstrukturen. Die Arge BAU!MASSIV! bekennt sich zu den Forderungen der Politik,
hat sich aber auch zum Ziel gesetzt, Nachhaltigkeit für den Wohnbau in Österreich umfassender zu sehen und um die soziale und wirtschaftliche Komponente zu erweitern.
Auf europäischer Ebene konnte diesbezüglich ein wichtiger Teilerfolg erzielt werden. Auf
Empfehlung Österreichs wurde die einseitige, rein ökologische Ausrichtung des CEN/TC 350
überwunden. In Zukunft werden auch die soziale und ökonomische Nachhaltigkeit berücksichtigt. Dieses Komitee ist mit der Normung der „Nachhaltigkeit von Bauwerken“ beauftragt.
Thermische Sanierung muss angekurbelt werden
Um mehr Nachhaltigkeit im Gebäudebestand zu erreichen, hat die österreichische Bundesregierung in ihrem Regierungsprogramm festgehalten, dass die thermische Sanierung um
3% erhöht werden muss. Die Umsetzung dieses ambitionierten Zieles würde laut einer
Studie bedeuten, dass insgesamt mindestens EUR 330 Mio./Jahr in die Sanierung fließen
müssen (Mag. Andreas Oberhuber, FGW: derzeit fließen EUR 130 Mio./Jahr aus Mitteln der
Wohnbauförderung in die thermische Sanierung – um eine 3% Erhöhung zu erzielen bedarf
es zusätzlich EUR 200 Mio./Jahr). Die Mittel der Wohnbauförderung reichen hier bei weitem
nicht aus. „In der nächsten Steuerreform bedarf es der Schaffung eines Maßnahmenmix aus
steuerlichen Anreizmodellen, damit die angestrebte Sanierungsquote auch tatsächlich erreicht werden kann“, bekräftigt DI Othmar Kronthaler, Vorsitzender der ARGE BAU!MASSIV!.
Foto © MB
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Energieeffizienz und Ökonomie – der „Goldene Mittelweg“?
Ökonomisch nachhaltig zu bauen bedeutet, Baustoffe und Bauweisen einzusetzen, die die
Kosten während der gesamten Lebensdauer eines Gebäudes – von der Errichtung über den
Betrieb bis hin zur Beseitigung – möglichst gering halten. Dank ihrer großen Speichermasse
können mineralische Baustoffe wie Ziegel, Stein und Beton besonders viel Wärme aufnehmen. Während diese Speichermasse das Haus im Winter warm hält und die Wärme wie ein
Kachelofen an die Umgebung wieder abgibt, reguliert sie im Sommer die Hitze und wirkt wie
eine natürliche Klimaanlage. Massiv gebaute Häuser aus mineralischen Baustoffen, geplant
und gebaut vom befugten Baumeister, eignen sich besonders gut für die Realisierung der
Passivhauskriterien in der Praxis.
Um den internationalen Passivhausstandards gerecht zu werden, fallen derzeit jedoch zusätzliche Kosten von 8–10% während der Errichtungsphase eines Einfamilienhauses an. Diese weiteren Kosten, sind derzeit – relativ zur Ersparnis während der Betriebsphase durch geringere
Heizkosten – für die meisten Hausbauer schwer zu tragen. Um eine möglichst hohe Durchdringung und somit einen Masseneffekt im Gebäudebestand zu erzielen, müsste die Passivhaustechnologie zum einen technisch noch
ausgereifter werden, zum anderen
erschwinglicher für den Endverbraucher. Ein goldener Mittelweg
wäre demnach erstrebenswert.
Weitere Informationen:
Mag. Günter Schiester, MAS
Mag. Rosanna Zernatto, MAS
Pressestelle BAU!MASSIV!
Trimedia Communications Austria
A-1070 Wien, Siebensterngasse 31
T: 01 524 43 00-37
E: [email protected],
[email protected]
[email protected]
Foto © Prommer
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klima:aktiv haus: best practice Beispiele
Sozialer Wohnbau Utendorfgasse
Helmut Schöberl, Schöberl & Pöll OEG
Waren Passivhäuser vor wenigen Jahren noch Minderheitenprogramm für besonders engagierte, möglicherweise technikverliebte Einfamilienhausbauherren,
so hat die zukunftsweisende Technologie mittlerweile auch im mehrgeschoßigen
Wohnbau Einzug gehalten.
Herausragend an der Wohnhausanlage Utendorfgasse ist, dass die strengen Passivhauskriterien bei extrem niedrigen Baukosten erreicht werden konnten.
So profitieren BewohnerInnen nicht nur von niedrigen Bau- sondern auch von
niedrigen Betriebskosten – der Heizenergiebedarf von Passivhäusern mit 15
kWh/m2 a bedeutet umgerechnet in Heizöl einen jährlichen Verbrauch von weniger als 1,5 l pro Quadratmeter.
Sie profitieren auch von hohem thermischen Komfort, denn trotz der zentralen
Lüftungsanlage lassen sich Raumtemperatur und Belüftung der einzelnen Wohnungen individuell regeln.
Und auch die Umwelt profitiert: Passivhäuser tragen durch die Energieeinsparung
beim Heizen zu einer Verringerung der Treibhausemissionen bei.
Ermöglicht wurde dieses Bauvorhaben durch die engagierte Generalplanung des
Büros Schöberl & Pöll für den Bauträger „Heimat Österreich“ unter ihrem Geschäftsführer Wilfried Haertl. Mit der Förderung durch die Wiener Wohnbauförderung und die Programmlinie „Haus der Zukunft“ des BMVIT konnten
Grundlagen für eine Einführung des Passivhausstandards im sozialen Wohnbau
erarbeitet werden, die die Umsetzung wesentlich erleichterten.
So konnten die Einzelkonzepte z.B. für Baukonstruktion, die Lüftung und die Heizungsanlage mit fachübergreifenden dynamischen Simulationen auf ihr sinnvolles Zusammenwirken
unter verschiedenen Randbedingungen wie Wohnungsbelegung, NutzerInnenverhalten, Klima und
Ausfall der Energieversorgung überprüft werden.
Erstmals bei einem österreichischen Bauvorhaben wurde der integrale Planungsprozess von 7 Büros
unterschiedlicher Fachrichtungen mithilfe einer Passivhauszertifizierung nach Feist (Passivhausinstitut
Darmstadt) begleitet.
Gebäudekonzept
Lageplan und Schnitt des MFH
Utendorfgasse. Die 39 Wohnungen
sind auf drei Baukörper verteilt.
(Pläne: Arch. Kuzmich)
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Die Wohnhausanlage besteht aus drei fünfgeschoßigen Baukörpern, von denen zwei an die bestehenden Feuermauern der benachbarten Häuser anschließen. Die Wohnnutzfläche beträgt 2986 m2.
Alle 39 Wohnungen haben südseitige Fenster und Loggien bzw. Balkone (im Dachgeschoß Terrassen). Die Erschließung der Baukörper erfolgt durch nordseitig gelegene Stiegenhäuser. Dadurch sind
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die meisten Wohnungen von zwei Seiten belichtet und können quergelüftet
werden. Das konstruktive Konzept sieht einen Scheibenbau (tragende Querwände) vor. Dadurch ist bei hoher Wirtschaftlichkeit eine große Nutzungsflexibilität gegeben. Die Anlage wurde aus Stahlbeton mit einer hochgedämmten,
dauerhaft luft- und winddichten, wärmebrückenfreien Außenhülle ausgeführt.
Die Fußpunkte der tragenden Wände sind durch Porenbeton thermisch entkoppelt.
Haustechnik
Projektbeteiligte
Projektleiter
DI Helmut Schöberl, Schöberl & Pöll OEG
Bauträger
Heimat Österreich gemeinnützige Wohnungs- und
Siedlungsgesellschaft m.b.H
Partner
TU Wien, Institut für Baustofflehre, Bauphysik und
Brandschutz, Fachbereich Bauphysik
Arch. DI Franz Kuzmich
Werkraum ZT OEG
Technisches Büro DI Steininger für Maschinenbau,
Technische Gebäudeausrüstung und Energieplanung
ebök Ingenieurbüro für Energieberatung, Haustechnik
und ökologische Konzepte GbR
Grundsätzlich werden für Passivhäuser drei verschiedene Lüftungskonzepte eingesetzt, nämlich dezentrale, zentrale und semizentrale Lüftungsanlagen. In der
Wohnhausanlage Utendorfgasse wurden zentrale Lüftungsanlagen als die kostengünstigste und in den Wohnungen platzsparendste Variante gewählt. Die
Anlagen sind auf dem Dach montiert, wo sich die zentrale Wärmerückgewinnung, Luftfilterung, Stützventilatoren und elektrische Vorheizregister als
Frostschutz befinden. Dezentrale Nachheizregister und stufenlos regelbarer Volumenstrom dienen zur individuellen Regelung in den Wohnungen.
Die Wärmeerzeugung für die dezentralen Nachheizregister und das Warmwasser erfolgt für jedes
Wohnhaus mit einem Gasbrennwertkessel und einem zentralen Warmwasserspeicher mit Zirkulation.
Schallschutz
Fotos: Bruno Klomfar (1), Schöberl & Pöll OEG
In schalltechnischer Hinsicht sind insbesondere die Ventilatoren, die Schalldämpfer und die Weitwurfdüse relevant. Mit einem Schalldämpfer für das Ventilatorengeräusch kann das maximal zulässige
Restgeräusch im Wohnraum von 25 dB(A) gemäß ÖNORM B 8115-2 eingehalten
werden. Die Einhaltung der Norm führt nicht zu einer unhörbaren Anlage. Durch
den Vergleich mit der Hörschwelle kann die maximale Schallleistung der Luftauslässe abgeleitet werden. Eine solche Auslegung der Anlage führt zu Schalldruckpegeln
im Wohnraum von unter 20 dB(A).
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Erkenntnisse aus dem Bauvorhaben
Die gelungene Kooperation zwischen Bauträger, Land und Bund sowie den ausführenden Planungsund Bauunternehmen ermöglichte ein Musterbeispiel für künftige Wohnbauten.
Marktlücken wie kostengünstige Schallschutzfenster in Passivhausqualität oder passivhauszertifizierte Standardwohnungs- und Hauseingangstüren werden mit Bauprojekten wie der Anlage Utendorfgasse hoffentlich bald geschlossen werden.
Die wesentlichen Planungsziele:
• Hohe Kosteneffizienz
Mehrbaukosten der Passivbauweise: < 41 Euro/m2 Wohnnutzfläche
Baukosten: 1.055 Euro/m2 Wohnnutzfläche
• Niedriger Energieverbrauch – Passivhausstandard
Heizwärmebedarf: 15 kWh/m2a
Heizlast: 10 W/m2
Luftdichtheit n50: 0,6/h
Primärenergiebedarf: 120 kWh/(m2a)
• Hoher Nutzungskomfort
Geregelter Luftwechsel, Akustik, Hygiene
• Nutzungstoleranz
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© Bruno Klomfar
Klimaschutz und Immobilienwert
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Immobilienbewertung & Klimaschutz
Martin M. Roth, Immobilien Rating GmbH
Im vorliegenden Beitrag soll der Frage nachgegangen werden, welche Auswirkungen klimagerechtes Bauen auf den Wert einer Immobilie hat, in anderen Worten, ob die Investition in klimagerechtes
Bauen wirtschaftlich ist und den Gesamtwert einer Immobilie steigert.
In der Immobilienbewertung gibt es verschiedene Methoden zur Wertfindung, welche im Liegenschaftsbewertungsgesetz und in der ÖNORM B 1802 definiert und beschrieben sind. Die dort angeführten Verfahren – Vergleichswertverfahren, Sachwertverfahren und Ertragswertverfahren – haben
innerhalb des Wertermittlungsprozesses die Objekteigenschaften zu berücksichtigen. Zu den Objekteigenschaften gehören auch jene, welche unter dem Oberbegriff „klimagerecht“ zusammenzufassen sind. Diese stellen nicht nur in der Bewertung von eigengenutzten Wohnimmobilien (Sachwertobjekten), sondern und vor allem auch bei Ertragswertobjekten und im Markt- und Objektrating ein
bedeutsames Kriterium dar, welches somit sowohl die Wertbeurteilung als auch die Qualitätsbeurteilung von Immobilien beeinflusst.
Da das Vergleichswertverfahren hauptsächlich für die Wertermittlung von unbebauten Grundstükken herangezogen wird, ist es für die Beantwortung der vorliegenden Frage nicht weiter relevant.
Im Sachwertverfahren andererseits, wo der Wert des Objektes im Wesentlichen aus dem Grundstückswert und dem Bauzeitwert ermittelt wird, fließen in die Ausgangsbasis des Bauzeitwerts über die Herstellungskosten die Aufwendungen für klimagerechtes Bauen ein. Die Auswirkung dieser Aufwendungen sollten gegenüber Vergleichsobjekten geringere Betriebskosten sein, welche einen höheren
Wert rechtfertigen, beispielsweise gegenüber einem Kaufinteressenten, welcher dies als Kriterium der
Wirtschaftlichkeit in seiner Entscheidung berücksichtigt.
Im Ertragswertverfahren, welches dementsprechend für Ertrag bringende Immobilien angewendet wird,
ist der Zusammenhang von klimagerechtem Bauen und dem Wert der Immobilie nicht auf den ersten
Blick erkennbar. Da das Verfahren die Kapitalisierung zukünftiger Reinerträge zum Ziel hat, stellt die nachhaltige Nettokaltmiete den Hauptwertermittlungsparameter dar. Der Reinertrag wird durch die Jahresnettomiete abzüglich der Bewirtschaftungskosten bestimmt, welche Instandhaltungskosten, Verwaltungskosten, Mietausfallswagnis und die nicht auf den Mieter umlegbaren Betriebskosten umfassen. Die
Berücksichtigung der auf den Mieter umlegbaren Betriebskosten (im Fall des klimagerechten Bauens die
Energiekosten) ist im Ablaufschema der Ertragswertermittlung nach ÖNORM B 1802 nicht enthalten.
Trotzdem sind auch die (umlegbaren) Betriebskosten ein den Wert und die Marktgängigkeit des Objekts wesentlich beeinflussender Faktor, da der Mieter jeweils die Gesamtmiete (Summe aus Nettomiete und Betriebskosten) im Marktvergleich betrachtet. Dies bedeutet somit, dass in einem sonst
vergleichbaren Gebäude bei geringeren Betriebskosten die marktgerechte Nettomiete um diesen Differenzbetrag angehoben werden kann. Ein beispielhafter Vergleich: Bürohaus A weist mit einer Nettomiete von EUR 14,– pro m2 und Monat zuzüglich EUR 4,– pro m2 und Monat umlegbare Betriebs-/
Energiekosten eine Gesamtmiete EUR 18,– pro m2 und Monat auf. Im Gegensatz dazu liegen bei Bürohaus B in gleicher Lage und Ausstattung die umlegbaren Betriebskosten bei lediglich EUR 3,– pro
m2 und Monat. Dadurch kann bei insgesamt EUR 18,– Marktmiete inklusive umlegbarer Betriebs/Energiekosten die nachhaltige marktgerechte Nettomiete auf EUR 15,– pro m2 und Monat angehoben werden. Demzufolge ist bei geringeren Betriebskosten, welche sich durch klimagerechtes Bauen
ergeben, eine höhere Nettomiete und letztendlich ein höherer Wert der Immobilie erzielbar.
Ein einfaches Rechenbeispiel verdeutlicht die Größenordnung dieses möglichen Einsparungs- und
dementsprechend auch Einnahmenpotenzials für den Eigentümer: Ein Bürohaus mit großflächigen
Glasfassaden weist einen ungefähren Energieverbrauch von 200 kWh pro Quadratmeter und Jahr auf,
während ein Passivhaus im gleichen Zeitraum pro m2 mit 15 kWh das Auslangen findet („Energiemonster Bürohochhaus“, Der Standard, 9.5.2006). Eine Berechnungsbasis von 15 Cent pro kWh ergibt damit Kosten von EUR 30/m2/a für das Bürohaus und EUR 2,25/m2/a für das Passivhaus.
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Der Unterschied im Verbrauch von 150 bis 200 kWh ergibt folglich eine Differenz in den Energiekosten von EUR 22,50 bis 30 pro Quadratmeter und Jahr, was bei einer Bürofläche von 20.000 m2 eine
Kostendifferenz von EUR 450.000 bis 600.000 pro Jahr bedeutet.
Dadurch ist klimagerechtes Bauen, welches zum Ziel hat, die Betriebskosten (insbesondere Energiekosten) möglichst gering zu halten, auch ein nicht unwesentlicher Faktor in der Immobilienbewertung.
Klimaschutz und Immobilienwert
Doch nicht nur auf den Wert einer Immobilie hat klimagerechtes Bauen Auswirkungen, sondern auch
auf die Beurteilung ihrer Qualität. Im Investorenmarkt von Großobjekten ist klimagerechtes Bauen
ebenfalls ein Kriterium, welches beispielsweise im Markt- und Objektrating nach TEGoVA (Europäischer Dachverband der Immobilienbewertungsverbände) beurteilt wird. Dabei handelt es sich um eine europaweit standardisierte Form der Qualitätsbeurteilung von Immobilien, welche die Verkäuflichkeit im relevanten Markt zum Maßstab hat. Hierzu werden vier Hauptkriteriengruppen unterschieden, welche den Markt, den Standort, die Objekteigenschaften und die Qualität des Objektcashflows
betreffen.
Unter den zahlreichen diesbezüglichen Kriterien, die im Markt- und Objektrating heranzuziehen sind,
ist etwa bei der angesprochenen Qualität des Objektcashflows (also der Nettomiete) auch auf die Beurteilung der umlagefähigen und nicht umlagefähigen Bewirtschaftungskosten einzugehen.
Wie gezeigt werden konnte, beeinflusst klimagerechtes Bauen sowohl bei der Sachwertermittlung,
welche vorwiegend für eigengenutzte Wohnimmobilien zum Tragen kommt, als auch bei Ertragsobjekten in steigendem Maße den Wert und die Qualitätsbeurteilung (Ratingnote) einer Immobilie.
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IMMO-RATE: Leitfaden für das Immobilienrating nachhaltiger Bauwerke
Robert Lechner, Österreichisches Ökologie-Institut
Der „IMMO-RATE Leitfaden für das Immobilienrating von nachhaltigen Wohnbauten“ ist das zentrale Ergebnis eines Gemeinschaftsprojekts des Österreichischen Ökologie-Instituts, der Rhomberg Bau
GmbH und der Erste Bank der österreichischen Sparkassen AG. Das Projekt wurde im Rahmen der
Programmlinie „Haus der Zukunft“ des Impulsprogramms „Nachhaltig Wirtschaften“ vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (bmvit) gefördert und dient der Stärkung der
Wettbewerbsfähigkeit nachhaltiger Bauprojekte sowie der Förderung der Marktdiffusion innovativer
und nachhaltiger Technologien.
Im Rahmen von IMMO-RATE wurden Argumentationshilfen und Tools für das Immobilien-Rating von
innovativen Bauprojekten unter besonderer Berücksichtigung von Zielen, Konzepten und Technologien einer nachhaltigen Bauwirtschaft entwickelt. Oft werden innovative Immobilien, wie Passivhäuser oder Gebäude mit vermehrtem Einsatz nachwachsender Rohstoffe aufgrund ihres Innovationscharakters von der mitfinanzierenden Finanzwirtschaft eher schlecht bewertet und bekommen ein sogenanntes „Risiko-Rating“. Ein derartiges Rating führt dazu, dass die betroffenen Projekte bei einem
hohem Bedarf an Fremdkapital im Vergleich zu Standardbauten mit erhöhten Finanzierungskosten
konfrontiert sind und daher oft nicht realisiert werden können. Die Tatsache, dass innovationsorientierte Bauwerke nach wie vor im Vergleich zu Standardbauten in der Regel höhere Investitionskosten
benötigen, die zwar gegenwärtig durch höhere Förderungen gedämpft werden sich aber erst im Lebenszyklus des Gebäudes durch geringere Betriebskosten amortisieren, erhöht dieses Problem. Aus
diesen Gründen wird die breite Anwendung von nachhaltigen Technologien erschwert oder anders
formuliert: Sie scheitern an einer kurzfristigen Betrachtung der Finanzierbarkeit.
Die im Projektkonsortium aus Forschung, Bauwirtschaft und Finanzwesen vertretenen ExpertInnen
sind der Ansicht, dass einer der Hauptgründe dafür in der Nichtkenntnis der Konzepte, Technologien
und Ziele einer nachhaltigen Bauwirtschaft bei den mit der Immobilienbewertung befassten FinanzdienstleisterInnen liegen. Wenn es gelingt, die damit im Zusammenhang stehenden Wissensdefizite
abzubauen, wird auch die Finanzwirtschaft nachhaltige Gebäude in ihrer Gesamtheit besser verstehen und besser bewerten. Gleichzeitig ist aber auch festzuhalten, dass die mit der Entwicklung und
Planung von Gebäuden befassten Berufsgruppen in vielen Fällen zu wenig auf Fragen der Finanzierbarkeit und insbesondere des Immobilien-Ratings eingehen. Auch hier gilt: Wenn es gelingt, die Zugänge der Finanzwirtschaft zum Immobilien-Rating besser an PlanerInnen und EntwicklerInnen von
Gebäuden zu vermitteln, werden Gebäude besser für das Immobilien-Rating vorbereitet werden. Genau an diesem Punkt setzt IMMO-RATE an: Im Rahmen des F&E-Projekts werden durch eine zielgruppenorientierte Aufbereitung von Erfahrungen und Erkenntnissen aus der Programmlinie „Haus der
Zukunft“ für Unternehmen aus dem Bereich Finanzdienstleistungen (Ratingagenturen, Banken, Finanzierungsinstitute) Wissenslücken ausgeräumt. Im Kern steht dabei die fundierte Argumentation der
Vorteile von „nachhaltigen Bauten“ mit jenen quantitativen und qualitativen Kriterien, die sich auf
ein positives Immobilienrating auswirken. Entscheidend dabei ist, dass die Ergebnisse von „Immo-Rate“ direkt in den jeweiligen Rating-Instrumenten der Finanzierungsinstitute Verwendung finden können. Deshalb wurde auf die Entwicklung eines eigenen, neuen Bewertungsinstrumentariums verzichtet: Die logische Struktur von IMMO-RATE ist ident mit jener, die europaweit von mehr als 120.000
Sachverständigen der Immobilienbewertung verwendet wird: Den Ausgangspunkt für IMMO-RATE
bilden die von der Europäische Vereinigung für ImmobilienbewerterInnen – TEGOVA – entwickelten
Standards. TEGOVA steht für „The European Group of Valuers' Associations“ und beschäftigt sich
laufend mit der Entwicklung von Richtlinien und Standards zur Immobilienbewertung.
Im Rahmen von IMMO-RATE wurden den bestehenden TEGOVA-Kriterien Argumentationen, Kennzahlen und Zugänge des Nachhaltigen Bauens zugeteilt. Die Kriterien sind vier Kriteriengruppen zugeteilt: Markt, Standort, Objekt und Qualität des Cash Flows. Die Marktkriterien sind im Wesentlichen durch nationale und regionale Rahmenbedingungen für die Immobilienwirtschaft definiert. Entscheidend ist hier aus Nachhaltigkeitssicht die zielgruppenspezifische Entwicklung von Wohnbauten:
Nur wenn gezielt auf die Bedürfnisse realistischer Zielgruppen eingegangen wird, kann von hoher
Marktakzeptanz und Vermeidung von Leerständen ausgegangen werden. Im Leitfaden werden In-
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formationen angeboten, wie eine derartige Zielsetzung bei konkreten Wohnbauten erreicht werden
kann. Die Standortkriterien definieren die Qualität der vorhandenen Infrastruktur, wobei hier folgende Kernregel zu beachten ist: Je näher das Bauvorhaben zu öffentlichen Einrichtungen, Schulen und
Kindergärten, Naherholungs- und Freizeitstätten, Einrichtungen des täglichen Bedarfs und natürlich
auch Haltestellen des öffentlichen Verkehrs sind, desto besser sind die Chancen auf die Vermeidung
von negativen Auswirkungen des Autoverkehrs. Nachhaltige Bauten suchen somit Standorte mit guter Standortqualität und leistungsfähiger öffentlicher Verkehrsinfrastruktur. Die Objektkriterien befassen sich eingehend mit der Planungsqualität, der technischen Ausstattung und den eigentlichen
Umweltaspekten des Gebäudes. Hier kommt das Kernwissen des ökologischen und energieoptimierten Bauens ebenso zur Geltung wie Flexibilität der Gebäudestruktur oder die im Objekt vorhandene
zielgruppenspezifische Gebäudeausstattung. Die vierte Kriteriengruppe ist mit der „Qualität des vorhandenen oder zu erwartenden Cash-Flows“ des Objekts definiert. Hier wird auf die EigentümerInnen-Struktur, zu erwartende Mietverhältnisse, daraus resultierende oder zu erwartende Leerstände
und nicht zuletzt auch auf die Möglichkeit zur Drittverwendung oder Neunutzung des Gebäudes eingegangen. Nachhaltige Bauwerke erreichen durch ihre Konzeption stabile Nutzungsverhältnisse, vermeiden somit Leerstände und sind gleichzeitig flexibel genug, in Zukunft auch andere Nutzungen aufzunehmen.
Die vier Hauptkriteriengruppen werden abgerundet durch eine Einschätzung des Entwicklungspotenzials: Hier geht es um den Stand der Vermietung (des Verkaufs) zum Zeitpunkt der Bewertung, die Planungsqualität und nicht zuletzt auch um eine konkrete Einschätzung von Errichtungs- und Betriebskosten.
Der Leitfaden mit allen Kriterienbeschreibungen und wertvollen Tipps für PlanerInnen und EntwicklerInnen für eine dem Immobilien-Rating gerecht werdende Dokumentation ihrer Gebäude ist in gedruckter Form kostenlos über das Österreichische Ökologie-Institut beziehbar. Neben der Beschreibung des Bewertungssystems finden sich im Leitfaden zahlreiche andere Informationen und Checklisten rund ums Thema Immobilien-Rating und nachhaltiges Bauen. Eine Online-Ausgabe finden Sie
auf der Projektwebseite unter www.ecology.at/immorate.
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Tab. 1: TEGOVA Bewertungskriterien
für Wohnbauten und ihre Gewichtungen
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Klimaschutz und Immobilienwert
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Nachhaltige Immobilien und Finanzmarkt
Susanne Hasenhüttl, Expertin für Nachhaltiges Investment in der ÖGUT
1. Ausgangslage
Nachhaltige Immobilien
Nachhaltigkeitsthemen gewinnen in der Immobilienwirtschaft europaweit mehr und mehr an Bedeutung. Umwelt- und ressourcenschonendes Bauen ist längst nicht mehr nur ein Schlagwort. In Österreich haben Forschungsprogramme wie „Haus der Zukunft“ und „klima:aktiv Haus“ viel zur Bewusstseinsbildung aber auch zur Umsetzung konkreter Projekte bzw. Objekte beigetragen.
Nachhaltiges und energieeffizientes Bauen stellt einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz dar. Es
geht vor allem um eine Reduktion des Energieverbrauchs während der Nutzungsdauer.
Zunehmend gewinnen auch weitere ökologische Kriterien an Bedeutung wie z.B. die Verwendung
ökologischer Baustoffe. Die Berücksichtigung sozialer Kriterien (als weitere Dimension der Nachhaltigkeit) war bislang jedoch noch kaum ein Thema.
Finanzmarkt
Immobilien sind eine eigene Anlageklasse am Finanzmarkt – sie gehören zu den so genannten Alternative Investments.
Obwohl eine Nachfrage nach nachhaltigen Immobilieninvestments seitens der (nachhaltigkeitsorientierten) InvestorInnen vorhanden ist, gibt es unter den existierenden Immobilieninvestmentmöglichkeiten praktisch keine nachhaltigen Angebote. Das verwundert, da sich gerade Immobilien als nachhaltige Investitionsmöglichkeiten eignen würden.
Ziel des Referats ist es, einerseits einen Einblick in den Status Quo „Nachhaltige Immobilien und Finanzmarkt“ zu geben und andererseits die Bedeutung des Finanzmarkts für die Immobilienwirtschaft
aufzuzeigen.
2. Immobilien als Anlageprodukte
Grundsätzlich sind Investitionen in Immobilien auf zwei Arten möglich: zum Einen durch den direkten Erwerb einer Immobilie und zum Anderen über indirekte Anlageformen1.
Direkte Investitionen in Immobilien
Unter Direktanlagen verstehen sich diejenigen Investments, bei denen die InvestorInnen als EigentümerInnen auftreten. Ein großer Vorteil einer Direktanlage in Immobilien besteht darin, dass der Gegenwert der von ihnen investierten Gelder sichtbar, begehbar und physisch greifbar ist. Die Direktanlage, insbesondere bei geringen Investitionsvolumina, weist aber auch erhebliche Nachteile auf. Diese liegen vor allem in den bei Erwerb und Veräußerung der Objekte anfallenden hohen Transaktionskosten und bei den laufenden Kosten infolge der Bewirtschaftung der Immobilie. Ein weiterer Nachteil
resultiert aus der eingeschränkten Risikostreuung.
Indirekte Veranlagungen in Immobilien
Immobilien-AG
Immobilienaktien sind Anteilscheine an börsennotierten Unternehmen, deren Geschäftszweck darin
besteht, Immobilien zu entwickeln bzw. im Eigentum der Gesellschaft oder für Dritte zu verwalten.
1) SIGNA Real Estate Capital, Markt
und Wettbewerb für Immobilieninvestitionen, Wien
2) Das entsprechende Gesetz ermöglicht AnlegerInnen die Beteiligung an qualitativ hochwertigen
Immobilienveranlagungen. Zuvor
wurden in Österreich nur Immobilienaktien und Immobiliengewinnscheine angeboten.
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Offene Immobilienfonds
Mit dem am 1.September 2003 in Kraft getretenen Immobilien-Investmentfondsgesetz wurde auch in
Österreich die Möglichkeit geschaffen, sich an einem inländischen Immobilienfonds zu beteiligen2. Immobilienfonds sind (in anderen Ländern) ein beliebtes Anlagevehikel für KleinanlegerInnen mit niedrigem Risikoprofil und langem Anlagehorizont. InvestorInnen erwerben Anteilscheine, die ein wirtschaftliches Miteigentumsrecht am Vermögen des Fonds verbriefen. Aus Gründen der Risikostreuung
ist die Aufteilung des Fondsvermögens auf mindestens 10 Objekte vorgesehen, von denen keines
mehr als 20 Prozent des Fondsvolumens ausmachen darf.
Seit der Gesetzesnovelle Anfang August 2006 kann ein Fonds nicht nur die Liegenschaft direkt kaufen, sondern er kann sich auch an der Projektgesellschaft beteiligen.
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Geschlossene Immobilienfonds
Der geschlossene Immobilienfonds ist eine durch einen Fondsinitiator errichtete Personengeseilschaft, die meist in der Rechtsform der Kommanditgesellschaft firmiert. Wesensmerkmal aller Gesellschaften ist die unmittelbare Beteiligung eines jeden Gesellschafters am Immobilienvermögen. Eine
Investition in einen geschlossenen Immobilienfonds kommt insoweit dem direkten Kauf einer Immobilie sehr nahe. Investitionsgegenstand können entweder ein oder mehrere Gebäude sein.
Klimaschutz und Immobilienwert
Insgesamt waren zum Berichtstermin in Österreich 1.537 Fonds in Form von Publikumsfonds aufgelegt, davon 5 Immobilienfonds. Ende Juni 2007 erreichten die Immobilienfonds damit ein Volumen
von 1,77 Mrd. EUR. Das entspricht einem Anteil am Gesamtvermögensbestand der Publikumsfonds
von 1,4 % (vgl. OeNB-Berichte, 24.10.2007).
3. Nachhaltige Geldanlagen
• „Grünes Geld“
• „Nachhaltige Veranlagung“,
• „Ökologische Geldanlage“,
• „Ethisch-ökologisches Investment“ etc.
sind unterschiedliche Begriffe für Veranlagungen, bei denen ökologische, soziale bzw. ethische Komponenten bei der Auswahl, Beibehaltung und Realisierung des Investments berücksichtigt werden.
Es wird also beispielsweise in Unternehmen investiert, die in ihrer Geschäftspolitik ökologische
und/oder soziale Grundsätze verfolgen und deren Produkte und Dienstleistungen einen ökonomischen, ökologischen und damit gesellschaftlichen Nutzen erzeugen. Mit „nachhaltigem Investment“
kann auch der verantwortungsvolle Gebrauch von Mitspracherechten, die mit Anteilspapieren verbunden sind, gemeint sein3.
Je nach Konzept bzw. Ausrichtung des Anlageprodukts gibt es sehr wohl Unterschiede zwischen den
einzelnen Ansätzen und demnach Begriffen, im herkömmlichen Sprachgebrauch wird jedoch meist
nicht differenziert.
Aktuelle Zahlen:
Österreichische Anbieter nachhaltiger Investments konnten für das Jahr 2006 überdurchschnittliche
Zuwächse von rund 25 % erzielen. Sie verwalten nun 1,4 Mrd. Euro nachhaltiges Anlagekapital.
84 % des nachhaltigen Anlagekapitals wird von institutionellen AnlegerInnen gestellt. Die Hauptzielgruppe sind die (betrieblichen) Vorsorgekassen in Österreich, aber auch kirchliche Organisationen,
Stiftungen und NGOs sowie Versicherungen.
Das Volumen österreichischer nachhaltiger Publikumsfonds erhöhte sich in 2006 um 17 % auf über
1,1 Mrd. Euro (damit über dem Durchschnitt österreichischer Investmentfonds). Der Anteil nachhaltiger Produkte im Fondsgeschäft österreichischer Anbieter beträgt nun mehr als 0,8 %4.
4. Bedeutung des Finanzmarkts
Zur Beförderung einer nachhaltigen Entwicklung im Immobilienbereich ist der Beitrag der Finanzdienstleister (Banken, Versicherungen, Ratingagenturen und Wertermittler) wesentlich. Zu den zentralen Ansätzen am Finanzmarkt zur Förderung nachhaltigen Bauens zählen neben (Auswahl)
• Steuervergünstigungen
• Vergünstigte Finanzierungskonditionen
• Vergünstigte Versicherungskonditionen
• Integration in Mietspiegel
• Integration in Methoden der Wertermittlung und des Rating5
auch das Angebot an Nachhaltigen Immobilieninvestmentprodukten.
Wesentliche Wirkungen Nachhaltiger Investmentprodukte
Schaffung von Transparenz: Die Bewertung von Anlageobjekten nach nachhaltigen Kriterien erfordert umfangreiche Informationen. Durch nachhaltige Investments werden Unternehmen angehalten, umwelt- und sozialbezogene Daten zu sammeln und bereitzustellen.
Wirtschaftliche Stärkung nachhaltiger Unternehmen: Die Vermarktung von Anteilen eines Unternehmens (z.B. eine Immobiliengesellschaft) als grüne Geldanlage hat zahlreiche positive Nebeneffekte. So wird das Image des jeweiligen Unternehmens gestärkt und sein Bekanntheitsgrad erhöht.
Damit verbunden ist ein potenziell größeres Kaufinteresse an den Unternehmensprodukten oder dienstleistungen, was sich somit auch wirtschaftlich positiv auswirkt.
klimaschutz:gebäude
3) Siehe http://www.gruenesgeld.at
4) Forum Nachhaltige Geldanlagen
et al (2007). Statusbericht Nachhaltige Geldanlagen 2007
5) Lützkendorf, T., Nachhaltige
Immobilieninvestments. Gründe,
Ziele, Trends. Präsentation im Rahmen eines Workshops zu „Nachhaltigen Immobilieninvestments“ in
der ÖGUT, April 2007
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Einflussnahme auf bedenkliche Unternehmensaktivitäten: Eine Verbesserung für Umwelt- und
Sozialbelange lässt sich auch dadurch erzielen, dass InvestorInnen ihre Rechte aktiv wahrnehmen, die
sich aus einer Geldanlage ergeben. Die Chance, z.B. ökologisch bedenkliche Unternehmensaktivitäten zu reduzieren, ist am höchsten, wenn Kapital gebündelt wird.
Die Konzeption von nachhaltigen Immobilieninvestments stellt zudem eine interessante Erweiterung
der Produktpalette nachhaltiger Geldanlagen dar.
5. Bewertung nachhaltiger Immobilieninvestments
Aus dem Blickwinkel des Finanzmarkts betrachtet werden Immobilien in den Bewertungen hinsichtlich ökologischer und sozialer Kriterien oft als neutral (im Sinne der Nachhaltigkeit) eingestuft, da es
bisher keine explizit nachhaltigen Produkte gegeben hat. In letzter Zeit werden jedoch vermehrt Ansätze diskutiert, um auch diese Anlageform einer strukturierten Nachhaltigkeitsbewertung zu unterziehen.
Wie schon die Aufschlüsselung der Investitionsarten in Immobilien vermuten lässt, gibt es prinzipiell
unterschiedliche Ansatzpunkte, um Aspekte der sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit bei Immobilieninvestments zu verankern bzw. zu beurteilen. Der Betrachtungs- und Bewertungsgegenstand
ist dabei der zentrale Punkt: Ist es eine Immobiliengesellschaft, also ein Unternehmen oder die Immobilie selbst, die es zu bewerten gilt?
Dementsprechend sind unterschiedliche Bewertungsansätze nötig. Bei den Immobilien selbst scheint
es sinnvoll, den Lebenszyklus von Gebäuden näher zu betrachten. Es geht um die
• Gestalterische Qualität
• Technische Baubeschreibung
• Technische Qualität
• Funktionale Qualität
• Soziale Aspekte
• Ökonomische Aspekte
• Umweltqualität
• Prozess-Qualität (Planung, Bau, Bewirtschaftung)
Es gibt bereits eine Vielzahl an nationalen und internationalen Bewertungssystemen und Standards,
die unterschiedliche Aspekte und Kriterien berücksichtigen und miteinander in Konkurrenz stehen.
Es gibt Systeme wie (Auswahl)
• green star (Australien)
• LEED Canada und LEED USA
• BREEAM (UK)
• MINERGIE-ECO (Schweiz)
• Qualitätsgeprüftes Passivhaus / RAL-UZ Niedrigenergiehaus (Deutschland)
• Energieausweis, europaweit
• klima:aktiv Standard (Österreich)
Mit zunehmender Internationalität sind Bewertungssysteme von Vorteil, die international oder zumindest europaweit bekannt sind (z.B. EU-Energieausweis).
Die Frage der Bewertung hat sich jedenfalls als ein zentraler Knackpunkt herauskristallisiert.
6. Bestehende Aktivitäten im Bereich der Nachhaltigen Immobilieninvestments
An dieser Stelle soll nun untersucht werden, welche Aktivitäten, Initiativen und Ansätze im deutschsprachigen Raum bereits vorhanden sind (Auswahl).
Sarasin Zertifikat
Die Bank Sarasin managt zwar Immobilienfonds, aber noch nicht im Bereich Nachhaltigkeit. Als „Ersatz“ wurde ein Produkt aufgelegt, das sich mit nachhaltigem Bauen & Wohnen beschäftigt. Dabei
handelt es sich um ein Zertifikat. Mit dem neu emittierten „SaraZert Tracker auf den DYNAMIC GREEN
BUILDING BASKET“ wird in ein Anlageuniversum aus Technologie- und Dienstleistungsunternehmen
der Baubranche investiert. Dabei stehen Titel im Vordergrund, die in den Bereichen der energieeffizienten Heiz- und Kühltechnik (z.B.: solares Heizen und Kühlen, oder Wärmpumpen), Wärmedämmung sowie der integrierten Planung und Konstruktionsweise die Nachhaltigkeit von Gebäuden optimieren. Zwischen 20. August 2007 und 7. September 2007 lief die Zeichnungsfrist.
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ethik secur
Die ethik Vermögensverwaltung AG bietet ein Immobiliendepot an, das sowohl ökologisch gebaute
und genutzte Immobilien sowie Sozialimmobilien enthält. Die Mindestanlage beträgt EUR 1000,–.
Außerdem ist ein Sparplan ab EURO 50.– monatlich möglich. Mit der Einzahlung und der Unterschrift
des Gesellschaftsvertrags wird man MiteigentümerIn an der GbR. Als Investitionsbeispiele werden ein
Niedrigenergiehaus in Holzbauweise mit Solaranlage sowie eine Beteiligung an einer Solarsiedlung
mit Plusenergiehäusern genannt. Die Rendite im Jahr 2006 betrug 4,1 %.
Klimaschutz und Immobilienwert
Freiburger Sonnenschiff-Fonds
Bei der Freiburger „Solarsiedlung am Schlierberg“ handelt es sich um ein Wohn- und Gewerbeobjekt, das als Plusenergiehaus errichtet wurde, d.h. das Gebäude erzeugt mehr Energie als es verbraucht. Die Photovoltaikanlage erzeugt „Sonnenstrom“, der gegen Vergütung ins öffentliche Netz
eingespeist wird.
Bei diesem Fonds handelt es sich um einen geschlossenen Fonds, der von der eigens dafür gegründeten 1. Sonnenschiff-Fonds GmbH & Co. KG gemanagt wird. Bereits in den Jahren 2001 bis 2005
wurden Privatwohnungen der Sonnenschiff-Solarsiedlung in vier Immobilienfonds erfolgreich platziert. Nun bietet der 1. Sonnenschiff-Fonds die Möglichkeit, sich an der Gewerbeimmobilie zu beteiligen. Die Fondsgesellschaft ist eine Kommanditgesellschaft. Mit dem Erwerb von Fondsanteilen wird
der Investor Kommanditist der Gesellschaft. Nach dem Erwerb von Gewerbeflächen im Erdgeschoß
sowie der Tiefgaragenstellplätze im neu errichteten „Sonnenschiff“ ist der Gegenstand der Gesellschaft die Vermietung des im Fonds befindlichen Vermögens an gewerbliche Mieter.
Immo-Rate – Bausteine und Tools für das Immobilienrating von innovativen Projekten
Das Projekt wurde im Rahmen der Programmlinie „Haus der Zukunft“ des BMVIT/FFG gefördert und
„dient der Entwicklung von Argumentationshilfen und Tools für das Immobilien-Rating von innovativen Bauprojekten unter besonderer Berücksichtigung von Zielen, Konzepten und Technologien einer
nachhaltigen Bauwirtschaft“ (vgl. http://www.hausderzukunft.at/hdz_pdf/0659_immorate.pdf). Ziel
dieses Projekts war auf Grund der Erfahrungen durch die Errichtung von Niedrigstenergie- bzw. Passivhäusern vor allem die ökonomischen Vorteile hochinnovativer Gebäude darzustellen.
Prime Property Award 2008 – vergeben durch die Union Investment
Mit dem Prime Property Award 2008 werden europäische Immobilieninvestments ausgezeichnet werden, die sich durch eine ökologische, soziale und ökonomische Performance hervorheben. Dabei werden insbesondere drei Aspekte bewertet:
• Hoher Nutzen für das städtische Umfeld (Verkehrsanbindung, Verbesserung der Aufenthaltsqualität, Erhalt des baukulturellen Erbes,...)
• Ökologische Planung des Gebäudes (Lebenszyklusbetrachtung, Verwendung regenerativer Energien, Baubiologie,...)
• Wirtschaftliche Nachhaltigkeit (Einhaltung der geplanten Mieteinnahmen, Wertsteigerung der Immobilie,...)
Die Ausschreibung wird sich an InvestorInnen bzw. EigentümerInnen, die im Zeitraum von 2000-2007
ein städtisches Immobilienprojekt (Neubau, Bestandsentwicklung oder Refurbishment) in Europa mit
einer Mietfläche von mind. 10.000 m2 umgesetzt bzw. fertig gestellt haben, richten. Die PreisträgerInnen werden im Herbst 2008 auf der Immobilienfachmesse EXPO REAL vorgestellt (vgl. http://realestate.union-investment.de).
Aktuelle Studien
Die Ratingagentur oekom research aus München hat 41 Immobiliengesellschaften auf ihre ökologische und soziale Nachhaltigkeitsperformance hin untersucht, darunter die nach Marktkapitalisierung
weltweit größten Unternehmen. Dabei greift die Studie die spezifischen Herausforderungen der Branche auf und untersucht, inwieweit sich die Gesellschaften diesen Anforderungen stellen, um ihre Geschäftsaktivitäten sozial- und umweltverträglich zu gestalten. Als beste Unternehmen schnitten British
Land und Liberty International aus Großbritannien sowie Investa Property und Lend Lease aus Australien ab. Alle vier Gesellschaften erreichten die Note C+ auf einer Skala von A+ (beste Note) bis D(schlechteste Note). Die Analyse zeigt, dass die meisten der untersuchten Unternehmen noch keine
überzeugenden Erfolge bei ökologischen und sozialen Herausforderungen nachweisen können. Als
zentrale Aspekte für ein nachhaltiges Wirtschaften im Immobiliensektor sehen die Analysten:
• Ökologische und soziale Aspekte der Standortwahl
• Arbeitssicherheit und Arbeitnehmerrechte beim Bau
• Ökologisches Bauen („Green Building“)
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• Klimaschutz, Energieeffizienz und Nutzung erneuerbarer
• Energien
• Gesundheit und Wohlbefinden der Gebäudenutzer.
Die Zürcher Kantonalbank hat weltweit fünf Immobiliengesellschaften ausgewählt, die nach Ansicht
der zuständigen AnalystInnen für solche AnlegerInnen empfehlenswert sind, die in nachhaltig wirtschaftende Firmen investieren wollen. Anhand von rund 130 Einzelkriterien prüft die Bank das unternehmerische Handeln auf seinen Nachhaltigkeitsfaktor. British Land, Land Securities und Hammerson
haben britische Wurzeln, Investa Property ist in Australien zu Hause, Mitsubishi Real Estate in Japan.
Fazit
Obwohl „Nachhaltiges Bauen“ ein viel beachtetes und jedenfalls zukunftsorientiertes Thema ist,
außerdem eine Nachfrage nach nachhaltigen Immobilieninvestmentprodukten seitens der Investoren
existiert, gibt es kaum ein derartiges Investmentangebot. Als ein zentraler Knackpunkt hat sich bei
der Konzeption nachhaltiger Immobilieninvestmentprodukte (nachhaltige Immobilienfonds) die Frage der Bewertung erwiesen.
Um einen ersten Schritt in diese Richtung zu setzen wäre es denkbar, ein Konzept für einen nachhaltigen Immobilienfonds mit einer überschaubaren Anzahl von regionalen Objekten gleicher Art und
Nutzung zu entwickeln, welcher ein nationales Bewertungssystem nutzt. Zudem erscheint es für den
Anfang leichter, mit ökologischen oder nur energieeffizienten Kriterien zu arbeiten und erst in einem
weiteren Schritt auch soziale Aspekte zu integrieren.
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Nachhaltige Projektentwicklung – Relevanz, Effizienz,
Komplexizität
Georg KOGLER, BAI – Bauträger Austria Immobilien GmbH
Prolog
•
•
•
•
Schubertring
Wien Mitte
Gate 2
Eurogate
• U2 – Erzherzog-Karl-Straße
• Rudolf-Bednar-Park
Klimaschutz und Immobilienwert
BAI – Projektentwicklung: Aktuelle Beispiele
5*-Hotel an der Wiener Ringstraße mit rd. 20.000 m2 Nutzfläche
Büro-, Einkaufs-, Freizeitimmobilie mit rd. 90.000 m2 Mietfläche
Büroimmobilie mit rd. 35.000 m2 Mietfläche
300 Wohneinheiten im Passivhausstandard, Büro- u. Einkaufszentrum mit rd. 40.000 m2 Mietfläche
200 Wohneinheiten im Passivhausstandard
200 Wohneinheiten im Passivhausstandard
BAI - Entwicklung nachhaltiger Wohnbautypologien
Seit 2003 beschäftigt sich die BAI intensiv mit der Entwicklung nachhaltiger energieeffizienter Wohnbautypologien.
Das Haus am Mühlweg, eine geförderte Mietwohnanlage in Holzmassiv- und Passivbauweise (70
Wohneinheiten, Planungsstart Anfang 2004, Übergabe Ende 2006), entwickelt und realisiert mit der
Fa. KLH Massivholz GmbH und den Architekten Dietrich I Untertrifaller, ist das erste Demonstrationsprojekt dieser „Produktschiene“ mit aktuell bereits über 700 in Planung stehenden
Wohneinheiten im klima:aktiv- und Passivhausstandard (siehe oben).
Haus am Mühlweg: Südfassade,
Dachterrasse, Wohnraum mit Loggia
Fotos: © Bruno Klomfar
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1 Handlungsfelder nachhaltiger Stadt- u. Projektentwicklung
• Siedlungsform
• Mobilitätserfordernis
• Energie
•
•
•
•
•
Ressourcenverbrauch
Stoffstrom
Baustoffe
Wasser / Abwasser
Preiswerter Wohnbau
- EFH, MFH
- Öffentlicher Verkehr,
- Soziale und kulturelle Infrastruktur,
- Freizeit und Erholung,
- Ver- und Entsorgung,
- Flächenverbrauch (vor allem für neue Gewerbegebiete!)
- Elektrische Energie,
- Heizung,
- Warmwasser
- Alt- / Neubau
- Tragfähigkeit: Umnutzung, Fehlertoleranz
- Gesundes Bauen und Wohnen / Arbeiten
- Miete / Eigentum (finanzielles Risiko des Konsumenten)
2 Relevanz Gesamtenergieverbrauch
[Wolpensinger, Jahrbuch Wohnbauförderung 2006, D]
2003 wurden im Schnitt pro Jahr und Einwohner in D, CH, A rd. 50.000 kWh (PEI) verbraucht.
Rd. 40.000 kWh oder 80 % davon sind siedlungsrelevant!
Warmwasser
Standard zu Best-Case = 1.100 : 700 PEI rd. 1 %
Baustoff
Ziegel / Beton zu Holzbauweise = 900 : 400 PEI rd. 1 %*
Elektrische Energie
Standard zu Best-Case = 2.500 : 1.600 PEI rd. 2 %
Heizenergie
Geschoßwohnbau Niedrigenergie zu Passivhaus = 2.800 : 700 PEI rd. 5 %
Siedlungsform
Einfamilienhaus zu Geschoßwohnungen = 5.500 : 2.800 PEI rd. 7 %
Alltagsmobilität
Standard zu Best-Case = 11.000 : 2.000 PEI rd. 23 %
3 Nutzung / Verwertung = Unterschiedliche Märkte u. Perspektiven
• Wohnbau
•
•
•
•
- Geförderte Miete (z.B. genossenschaftlich),
- Gefördertes Eigentum,
- Frei finanziertes Eigentum,
- Bauherrengemeinschaften,
Büronutzung
- Gewerbliche Projektentwicklung,
EKZ / Freizeit
- Eigenentwicklungen,
Hotels
- Geförderte Projekte,
Gemischt genutzte Immobilien
4 Rahmenbedingungen der Projektentwicklung = Hebel
• Recht – Widmung, Bebauungsbestimmungen, Bauordnung u.a.
• Nutzung – Angebot und Nachfrage
• Kalkulation (Risiko/Gewinn) – Einnahmen - Ausgaben (+ Förderungen, wenn vorhanden)
* Relevanz hier ohne Berücksichtigung der CO2-Thematik!
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Der entscheidende Auslöser der aktuellen Entwicklung des (geförderten!) Wohnbaus in Richtung nachhaltiger energieeffizienter Konzepte liegt in der entsprechenden Art und Höhe der (Wohnbau-) FÖRDERUNG begründet!
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5 Marktrelevanz Gebäudestandard, Bewertungskriterien International
Die Bedeutsamkeit (Relevanz, Wichtigkeit) ist ein Maß dafür, wie stark eine Sache die Realität beeinflusst oder wie gut eine Information oder eine Theorie Wissen über die Realität vermittelt (zunächst
unabhängig davon, ob dieses Wissen wahr ist).
Relevanz-Indikator Google:
LEED Green Building Rating System (USA, Canada)
4.250.000 für LEED. (0,19 Sekunden)
Klimaschutz und Immobilienwert
PASSIVHAUS, PASSIVHOUSE (D, A, CH)
952.000 für PASSIVHAUS. (0,22 Sekunden)
538 für PASSIVHOUSE. (0,04 Sekunden)
GREEN STAR (Australia)
239.000 für GREEN STAR Building Rating System. (0,27 Sekunden)
MINERGIE (CH)
185.000 für MINERGIE. (0,17 Sekunden)
BREEAM (UK)
75.500 für BREEAM. (0,16 Sekunden)
CASBEE (Japan)
19.000 für CASBEE. (0,17 Sekunden)
6 Effizienz
(v. lat.: efficere „zustande bringen“) ist das Verhältnis eines in definierter Qualität vorgegebenen Ziels
zu dem Aufwand, der zur Erreichung dieses Ziels nötig ist. Ein effizientes Verhalten führt daher wie
auch ein effektives Verhalten zur Erzielung einer Wirkung, hält aber darüber hinaus den dafür notwendigen Aufwand möglichst gering.
eurogate BAI-Projekte
Fotos: © beyer.co.at
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Die aktuelle gesellschaftspolitische Diskussion (in Österreich) zum Thema Nachhaltigkeit bei Immobilien / Gebäuden dreht sich beinahe ausschließlich um die Frage der Förderung zur Reduktion der
Heizenergie im Wohnbau.
Bezogen auf
• die gesamten Handlungsfelder nachhaltiger Entwicklung (lt. 1),
• den Gesamtenergieverbrauch (lt. 2),
• die unterschiedlichen Immobilienarten (lt. 3) und
• die Hebel für Veränderungen (lt. 4)
ein sehr eingeschränkter Fokus.
Die Energieeinsparung des Passivhauses gegenüber dem Niedrigenergiestandard wird durch weniger
als 15 km werktägliche PKW-Pendeldistanz wieder aufgehoben!
Beispiel:
Eine befreundete Familie ist vor einem Jahr in eine der aktuell oft publizierten Passivhauswohnanlage gezogen, 2 Töchter, eine 4, eine weitere soeben geboren. Aktuell gibt es im gesamten 14. Bezirk
genau 2! zu vergebende Kindergartenplätze, welche von dieser Wohnung plausibel öffentlich erreichbar sind, 6 Busstationen stadtauswärts!
Unabhängig davon, ob diese Plätze überhaupt zugesprochen werden, ob dann durch dieses Pendeln
in die falsche Richtung für einen der beiden Elternteile ein Halbtagsjob, sofern einer gefunden werden kann, machbar bleibt, würde allein durch diese fehlende soziale Infrastruktur (schon in einer Stadt
wie Wien!) ein Gutteil der Energieeinsparung des Passivhauses durch zusätzliches Mobilitätserfordernis anderswo verbrannt. Die Situation wird demnächst verschärft durch die Suche nach einer
Schule und einem Hort. Die vier suchen eine (Altbau-) Wohnung „in der Stadt“.
Der Schlüssel zur Nachhaltigkeit im Immobilienbereich liegt in der Stadtentwicklung, in der infrastrukturellen Versorgung, der Erreichbarkeit von Arbeit sowie attraktiven, leistbaren Wohnraums. HIER liegt
die Antwort der Frage nach Effizienz eingesetzten Aufwands. Eine Diskussion über Nachhaltigkeit losgelöst von diesen Zusammenhängen ist skurril.
Zum Thema Effizienz ein Hinweis auf das Institut für Gebäude und Energie der TU Graz,
Univ.-Prof. Brian CODY
Forschungsschwerpunkte:
• Untersuchungen zur Beziehung zwischen Gebäudeform und Energie,
• Beitrag Nutzungsneutralität zur Nachhaltigkeit,
• Energieeffiziente Bürogebäude,
• Evaluierung von Gebäudekonzepten,
• Sanierungskonzepte bestehender Gebäude,
• Hybride Lüftungskonzepte für Bürogebäude,
• Hochhäuser und ihre Rolle für die nachhaltige Entwicklung europäischer Städte,
7 Komplexität
Unter Bezugnahme auf die oft kritisierte Aussage des ehem. Bundeskanzlers Sinowatz hat Bundespräsident Fischer in seiner Neujahrsansprache 2008 auf die Gefahr falscher Schlüsse auf Basis simplifizierter Betrachtung hingewiesen.
„Ich weiß, das klingt alles sehr kompliziert …“ hat Sinowatz seine Ausführungen zur Regierungserklärung 1983 zusammengefasst. Diese Aussage trifft jedenfalls zu auf die Zusammenhänge und
Wechselwirkungen der Fülle von Aspekten, welche bei einer seriös geführten Diskussion zum Thema
Nachhaltigkeit zu berücksichtigen sind.
Tatsächlich lassen sich die Rahmenbedingungen aber in einem kurzen Vortrag zusammenfassen. Die
erforderlichen Fachleute und das Know-how sind ebenfalls vorhanden.
Wie bei jeder guten Planung müssen (Fach-)PlanerInnen für ein best mögliches, effizientes Projekt
„nur“ zum richtigen Zeitpunkt mit den richtigen Fragen betraut und deren Antworten von den Projektbeteiligten und -verantwortlichen in eine optimale Relation gesetzt werden.
Architecture by committee – hat das (allerdings in anderem Zusammenhang) Rem Koolhaas in seinem 1978 erschienenen Buch „Delirious New York“ genannt.
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8 Fazit
Um bei Rem Koolhaas zu bleiben:
„Die Situation der Architekten ist vergleichbar mit jener von Geiseln, die mit vorgehaltener Pistole gezwungen werden, zuhause anzurufen und zu beteuern, es ginge ihnen gut.“
Klimaschutz und Immobilienwert
Damit wird ein verbreitezter Irrtum angesprochen, welcher Grundlage für weitreichende Missverständnisse ist:
• dass es einen Geiselnehmer gäbe oder gar,
• dass Bauträger und Projektentwickler diese Geiselnehmer wären,
• dass es überhaupt jemanden gibt, der die volle Kontrolle ausübt.
Tatsächlich liegen die Rahmenbedingungen der Projektentwicklung (lt. 4) eben auch nicht unter der
Kontrolle der Developer (zumindest nicht in funktionierenden Gesellschaften). Diese können auf Basis gleicher oder ähnlicher Grundlagen „nur“ besser oder weniger gut sein, die Spielräume sind in
funktionierenden Märkten klein, das Risiko bei der Entwicklung und Realisierung dieser Prototypen
(alle erfinden alles jedes mal neu!) hoch, die Schritte der konzeptuellen und technischen Weiterentwicklung resultierend klein.
Ändert sich die Grundlage bzw. der Markt (Widmung, Bauordnung, Nachfrage, Förderungen, Finanzierung), ändert sich das Produkt Immobilie. In dieser Reihenfolge.
Die Nachhaltigkeitskriterien aus Sicht des Immobilienentwicklers sind im Fazit die Sicht des Marktes – mit
gebremst optimistischen Blick antizipiert auf die zu verantwortende Zeitspanne der jeweiligen Immobilie.
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Nachhaltigkeitskriterien aus Sicht des Fondsmanagers
Wolfgang Pinner, Vinis – Gesellschaft für nachhaltigen Vermögensaufbau und
Innovation m.b.H
Begriffsdefinitionen
Im Bezug auf nachhaltiges und verantwortungsvolles Investieren existiert eine Menge von Begriffen,
die mehr oder weniger in ähnliche Richtungen zu interpretieren sind oder sogar fast dasselbe bedeuten. Während der Begriff der Ethik stark in den moralischen und oft religiösen Bereich tendiert, ist
Ökoeffizienz auf das Zusammenspiel von Ökonomie und Ökologie ausgerichtet. Ökoeffizienz spiegelt den geschaffenen ökonomischen Wert unter Berücksichtigung der dabei verursachten gesamten Umwelteinwirkungen wider.
Der Begriff Nachhaltigkeit dient letztendlich als Spange für alle anderen Bezeichnungen. Es ist auch
wichtig zu sagen, dass im heutigen Sprachgebrauch in der Finanzbranche die Begriffe Nachhaltigkeit
und Ethik im Zusammenhang mit Fonds – in einer „allgemeinen Betrachtung“ – oft gleichgesetzt werden. Dies gilt insbesondere für den österreichischen Markt.
Profitorientierte Veranlagung
Wesentlich ist, dass nachhaltiges Investment oder SRI nicht mit einer Art von „Charity Investment“
verwechselt werden sollte. Karitative Organisationen und soziale Unternehmen sind Teile des so genannten „Dritten Sektors“ der Wirtschaft. Sie sind weder Teil der Privatwirtschaft noch der Öffentlichen Hand. SRI Investments fokussieren nun ausschließlich auf die Privatwirtschaft als den „Ersten
Sektor“, und suchen nach Unternehmen die wirtschaftlichen und nachhaltigen Erfolg vereinen.
Argumente für und gegen nachhaltige Veranlagung:
Prinzipiell existieren in der Theorie fünf verschiedene Argumente für oder gegen nachhaltiges oder
ethisches Investment. Dies sind:
• der „Diversifikationseffekt“
• der „Small Companies Effekt“
• der „Antizipationseffekt“
• der „Informationseffekt“
• der „Positive Auswahleffekt“
Verantwortung der Investoren und Unternehmen:
Die Begriffe des „Corporate Citizenship“ und des „Investor Citizenship“ laufen auf die Verantwortung der Unternehmen auf der einen und der Investoren auf der anderen Seite hinaus. Investoren
können eine aktive „Engagement“-Strategie einsetzen und Unternehmen von nachhaltigen Zielset-
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Klimaschutz und Immobilienwert
zungen überzeugen. Andererseits ist es auch denkbar, dass Unternehmen von sich selbst aus beginnen, an ihrer CSR Strategie zu arbeiten und diese an ihre Investoren zu kommunizieren.
Mehrstufiger SRI-Ansatz der ESPA/VINIS
Verantwortung – SRI Team ERSTE SPARINVEST
Die SRI-Methodologie der ERSTE-SPARINVEST basiert auf einem integrierten und umfassenden „vierEbenen“ System. Die Verantwortung für den gesamten Prozess liegt beim SRI-Team der ERSTE-SPARINVEST.
Der ERSTE-SPARINVEST Prozess basiert auf Kriterien, die alle drei SRI Ansätze „Vermeidung/ avoidance“, „Unterstützung/ support“ und „Engagement“ kombiniert.
Die erste Ebene umfasst die „SRI Know-how Basis“ des gesamten Prozesses. Sie beinhaltet SRI Research, das sowohl extern als auch intern bereitgestellt wird, eine akademische Kooperation und die
Unterstützung eines Ethik-Beirates mit NGO-Beiträgen.
Das „Investment Board“ als zweite Stufe verbindet das SRI Universum (Ebene I) und den Prozess der
Portfoliooptimierung (Ebene III).
Die dritte Ebene des Prozesses fokussiert auf die Portfoliokonstruktion unter Zuhilfenahme der ERSTE-SPARINVEST Methodologie und deren Know-how.
Ebene IV ist charakterisiert durch das Messen des Portfolioertrages und die Berechnung der Performance Attribution. Die Zusammensetzung des Portfolios ist auch die Basis für den strukturierten Engagement- und Voting-Prozess.
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Die Agenda für jede nachhaltige Assetklasse
Folgende Punkte müssen bei „best practice“ Asset Managern zutreffen.
• Glaubwürdigkeit und ethisches Verhalten
• Überdurchschnittliche Transparenzstandards
• Commitment zu Engagement
• Klar durchstrukturierter Prozess im Data Sourcing, vorzugsweise mehrere unabhängige Quellen
• Commitment für in-house Research
• Kommunikationsstrategie gegenüber investierten Unternehmen & klare Engagement und Voting
Richtlinien
Kriterien für nachhaltige Immobilienunternehmen umfassen
• Implementierung von Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz (Audits, Erneuerung Beleuchtung, EMS etc.)
• Reduktion der CO2-Emissionen durch neue Bauweisen
• Optimierung der Beziehungen zwischen Developern und regionalen Stakeholdern (Gemeinden
etc.)
• Gesundheit & Sicherheit für Arbeitskräfte auf Baustellen
• Inkludierung von erneuerbarer Energie-Produktion in Developments (Photovoltaik-Dachpanele
etc.)
Diskussionspunkte zum Thema nachhaltige Immobilienaktien
Das Thema Nachhaltigkeit in Bezug auf die Assetklasse Immobilien wirft eine Reihe von Fragen auf:
• Gibt es eine Notwendigkeit „Nachhaltigkeit“ im Bereich Immobilien stärker zu thematisieren
• Welche Maßnahmen sind vom Gesetzgeber zu erwarten (EU Pass für Gebäude)
• Beeinflusst die Nachhaltigkeit die Profitabilität?
• Wie steht es um Nachhaltigkeit bei Immobilien in Emerging Markets?
• Neubauten versus Altbaurenovierung
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© sps architekten
Klimaschutz und Energieausweis
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Energieausweis und Bauordnung – Auswirkungen auf den
Klimaschutz
Christian Pöhn, MA 39
Einleitung
Der gegenständliche Vortrag stellt einerseits eine Zusammenfassung der Einführung des Energieausweises in Österreich und dessen Verankerung in den Bautechnischen Vorschriften und andererseits
dessen mögliche Auswirkungen auf den Klimaschutz dar.
Harmonisierung Bautechnischer Vorschriften
Bereits seit über einem halben Jahrhundert arbeiten die Österreichischen Bundesländer mehr oder weniger intensiv an einer Harmonisierung Bautechnischer Vorschriften. Dabei steht insbesondere der
wirtschaftliche Nutzen identer Vorschriften maßgeblich dafür verantwortlich, dass sowohl Politik als
auch Wirtschaft dieses Vorhaben wohlwollend unterstützen. Allein unterschiedliche Baukulturen führten bislang zu unterschiedlichen Bautechnischen Vorschriften. Nun hat sich mit der Richtlinie über die
Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden im Jahr 2002 die Möglichkeit geboten, durch einen Anstoß
von der Europäischen Union diese Bemühungen nochmals in Schwung zu bringen – und sieht man
von einer fehlenden Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG ab, so kann festgehalten werden, dass
das Unterfangen geglückt ist.
Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD)
Mit Herausgabe der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD) wurde ein weiterer Anlauf unternommen, Maßnahmen in den Mitgliedsstaaten zu unterstützen, die auf dem Weg
zur Erreichung von Klimaschutzzielen hilfreich sind.
Die wesentlichen Eckpunkte der EPBD sind:
• Einführung einer Berechnungsmethode für die Gesamtenergieeffizienz,
• Festlegung von Mindestanforderungen im Bereich des Neubaus,
• Festlegung von Mindestanforderungen im Bereich der umfassenden Sanierung,
• Vorlagepflicht eines Energieausweises bei Verkauf, Vermietung und Verpachtung und
• Verpflichtung zur Inspektion von Heiz- und Klimaanlagen.
An dieser Stelle sei festgehalten, dass insbesondere im Rahmen der Definition des Begriffes Gesamtenergieeffizienz eine Energiemenge verstanden wird, die für die Bereiche Raumwärme, Warmwasser,
Lüftung, Kühlung und Beleuchtung in einem Gebäude unter standardisierten Bedingungen benötigt
werden.
Normative Entwicklung
Genau da setzt die normative Entwicklung in Österreich ein. So wurde nach Vorbereitungsarbeiten
durch das Österreichische Institut für Bautechnik (OIB) im Österreichischen Normungsinstitut (ON) eine komplette Normenreihe erarbeitet, die die Berechnung sämtlicher Energiekennzahlen ermöglicht.
Dies sind im Einzelnen:
• ÖNORM B 8110-5 Wärmeschutz im Hochbau – Nutzungsprofile und Klimamodell
• ÖNORM B 8110-6 Wärmeschutz im Hochbau – Heizwärmebedarf und Kühlbedarf
• VORNORM ÖNORM H 5056 Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden – Heiztechnikenergiebedarf
• VORNORM ÖNORM H 5057 Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden – Raumlufttechnikenergiebedarf
• VORNORM ÖNORM H 5058 Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden – Kühltechnikenergiebedarf
• VORNORM ÖNORM H 5059 Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden – Beleuchtungsenergiebedarf
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Als zentraler Punkt darf hier festgehalten werden, dass Gebäude in folgende grundsätzliche Nutzungsprofile eingeteilt wurden:
• Einfamilienhaus
• Mehrfamilienhaus
• Bürogebäude
• Kindergarten oder Pflichtschule
• Höhere Schule oder Hochschule
• Krankenhaus
• Pflegeheim
• Pension
• Hotel
• Gaststätte
• Veranstaltungsstätte
• Sportstätte
• Verkaufsstätte
Werden diese Nutzungsprofile verwendet, ergibt sich eine Vergleichbarkeit von Gebäuden untereinander.
Klimasschutz und Energieausweis
Um für die BerechnerInnen von Energiekennzahlen größtmögliche Sicherheit zu gewährleisten, dass
deren verwendete Software auch richtige Ergebnisse liefert, werden folgende Validierungsnormen
vorbereitet:
• Beiblatt 1 zur ÖNORM B 8110-6 Wärmeschutz im Hochbau – Validierungsbeispiel Einfamilienhaus
• Beiblatt 2 zur ÖNORM B 8110-6 Wärmeschutz im Hochbau – Validierungsbeispiel Mehrfamilienhaus
• Beiblatt 3 zur ÖNORM B 8110-6 Wärmeschutz im Hochbau – Validierungsbeispiel Bürogebäude
• Beiblatt 1 zur VORNORM ÖNORM H 5056 Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden – Heiztechnikenergiebedarf – Validierungsbeispiel Einfamilienhaus
• Beiblatt 2 zur VORNORM ÖNORM H 5056 Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden - Heiztechnikenergiebedarf – Validierungsbeispiel Mehrfamilienhaus
• Beiblatt 3 zur VORNORM ÖNORM H 5056 Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden – Heiztechnikenergiebedarf – Validierungsbeispiel Bürogebäude
• Beiblatt 1 zur VORNORM ÖNORM H 5057 Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden – Heiztechnikenergiebedarf – Validierungsbeispiel Bürogebäude
• Beiblatt 1 zur VORNORM ÖNORM H 5058 Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden – Heiztechnikenergiebedarf – Validierungsbeispiel Bürogebäude
• Beiblatt 1 zur VORNORM ÖNORM H 5059 Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden – Heiztechnikenergiebedarf – Validierungsbeispiel Bürogebäude
Für die Festlegung von Anforderungen wurde durch das OIB folgende Richtlinien herausgegeben:
• OIB-Richtlinie 6 „Energieeinsparung und Wärmeschutz“
• OIB-Leitfaden Energietechnisches Verhalten von Gebäuden
• OIB-Zitierte Normen und sonstige technische Regelwerke
• OIB-Erläuternde Bemerkungen
Um nun die Auswirkungen auf den Klimaschutz abschätzen zu können, muss man sich folgende
Randbedingungen aus den statistischen Daten in Erinnerung rufen. Vorweg darf hier bemerkt werden, dass die Anstrengungen der letzten Jahre für den Bereich Raumwärme insoferne von Erfolg begleitet sind, als trotz des stattfindenden Neubaus – der ja grundsätzlich unabhängig von dessen Anforderungen stets zu einem Zuwachs führt – insbesondere durch die Anstrengungen im Bereich der
Sanierung, ein Sinken der CO2-Emissionen festgestellt werden konnte.
Insbesondere die marktpolitischen Auswirkungen des Energieausweises, der hinkünftig eine Vergleichbarkeit von Objekten ermöglichen wird, werden zu einem guten Teil Sanierungstätigkeit hervorrufen bzw. beschleunigen.
Literatur
Bauphysik-Erweiterung 1 – Wärmeschutz und Energieeinsparung, Energieausweis – Gesamtenergieeffizienz von Pöhn; Pech; Bednar; Streicher, 2007, Springer, Wien, ISBN 3-211-25722-5
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Entwicklungstendenzen klima:aktiv Standard für Dienstleistungsgebäude: Neubau und Sanierung
Susanne Geissler, Österreichische Energieagentur
Manfred Bruck, Gastprofessor an der Donau-Universität Krems
1. Einleitung
Der klima:aktiv Neubaustandard für Wohngebäude wurde im Rahmen des klima:aktiv Programms entwickelt und wird gemeinsam mit Kooperationspartnern aus der Wirtschaft verbreitet. Sämtliche Informationen dazu sind auf www.klimaaktiv.at zu finden.
Ziel ist es, sowohl Angebot wie auch Nachfrage hinsichtlich komfortabler und energiesparender Gebäude mit geringen CO2-Emissionen zu erhöhen und damit den Markt zu beeinflussen. Neben der
Verbesserung der Gebäudequalität soll die Mobilisierung der CO2-Reduktionspotenziale des Gebäudesektors erreicht werden, um das Kyoto-Ziel einzureichen. Das klima:aktiv Programm ist eine Initiative des Lebensministeriums und wird von der österreichischen Energieagentur koordiniert.
In diesem Beitrag wird der klima:aktiv Neubaustandard für den Wohnbau als Ausgangsbasis für die
Entwicklung des Standards für Dienstleistungsgebäude in Kürze dargestellt. Im Anschluss wird auf die
Anforderungen für die Entwicklung des klima:aktiv Standards für Dienstleistungsgebäude eingegangen. Es folgt eine kurze Darstellung der Bedeutung von Gebäudequalitätsstandards für die Immobilienwertermittlung. Den Abschluss bilden die Schlussfolgerungen für die weitere Vorgangsweise.
2. Ein klima:aktiv Standard für den gesamten Gebäudesektor
Der klima:aktiv Neubaustandard für den Wohnbau ist das erste Modul in einer Reihe von klima:aktiv
Gebäudestandards, die den gesamten Gebäudesektor erfassen sollen.
Mit dem klima:aktiv Neubaustandard für Wohngebäude wird ein vergleichsweise kleiner Anteil des
österreichischen Gebäudebestands angesprochen: die maßgeblichen CO2-Reduktionspotenziale können vor allem im Gebäudebestand mittels Sanierung erschlossen werden. Im Bereich der Dienstleistungsgebäude – im Neubau wie auch im Bestand – ist der finanzielle Handlungsspielraum größer als
im Wohnbau, wodurch auch ein größeres Spektrum an Möglichkeiten zur CO2-Reduktion besteht.
Mit dem Standard für den Neubau von Wohnbauten wurden jedoch wertvolle Erfahrungen mit dem Bewertungssystem gewonnen, die es nun erlauben, die weit komplexeren Bereiche „Neubau von Dienstleistungsgebäuden“ und „Sanierung von Wohnbau und Dienstleistungsgebäuden“ in Angriff zu nehmen.
3. klima:aktiv Neubaustandard für Wohnbauten als Ausgangsbasis
Der klima:aktiv Neubaustandard besteht aus 4 Bewertungskategorien, die in Kriterien und Sub-Kriterien untergliedert werden. Zu jedem Sub-Kriterium gibt es eine technische Beschreibung hinsichtlich des Ziels, das erreicht werden soll, und hinsichtlich der Nachweise, die erbracht werden müssen.
Für die Erfüllung der Anforderungen der Kriterien werden Punkte vergeben, wobei ein klima:aktiv
Haus 700 Punkte erreichen muss und ein klima:aktiv Passivhaus 900. Die klima:aktiv Auszeichnung
erfolgt mittels Selbstdeklaration durch Eintrag aller Daten in eine Datenbank. Die 4 Bewertungskategorien sind folgende: Planung und Ausführung, Energie und Versorgung, Baustoffe und Konstruktion, Komfort und Raumluftqualität. [EIV und IBO 2007]
4. Anforderungen an den klima:aktiv Gebäudestandard für Dienstleistungsgebäude
An den klima:aktiv Standard für Dienstleistungsgebäude bestehen Anforderungen, die als Grundlage für die Entwicklung dienen. In den folgenden Kapiteln werden generelle Anforderungen und solche an die Bewertung der energetischen Performance näher dargestellt.
4.1 Wiedererkennbarkeit: Einheitliche Erscheinungsform des klima:aktiv Gebäudestandards
Aus Gründen der Wiedererkennbarkeit sollen die Bewertungskategorien und die Kriterien der ersten
Ebene der klima:aktiv Gebäudestandards für alle Gebäude-Nutzungsarten sowie Neubau und Sanierung gleich bleiben. Bei den Kriterien der darunter liegenden Ebenen können die erforderlichen nutzungs- und situationsspezfischen Anpassungen vorgenommen werden.
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4.2 Kompatibilität der Bewertungskategorie „Energie und Versorgung“ mit dem Energieausweis
Die Bewertungskategorie „Energie und Versorgung“ muss mit den Anforderungen des Energieausweises nach EU-Richtlinie 2002/91/EG und demnach mit der OIB-Richtlinie 6 (als Dokument für die
Implementierung der Richtlinie in Österreich) kompatibel sein: das bedeutet, dass die Daten, die für
die Erstellung des Energieausweises ermittelt werden müssen, auch für die klima:aktiv Deklaration
genutzt werden können. Beachtet werden muss jedoch, ob die Vorgaben des klima:aktiv Standards
hinsichtlich Energiebedarf erreicht werden können, bzw. ist zu analysieren, durch welche Planungsmaßnahmen der Energiebedarf weiter reduziert werden kann. Zusätzlich zum Faktor Energie müssen
für die klima:aktiv Auszeichnung jene Daten ermittelt werden, die zur Bewertung aller 4 Bewertungskategorien erforderlich sind (Planung und Ausführung, Energie und Versorgung, Baustoffe und Konstruktion, Komfort und Raumluftqualität).
4.3 Berücksichtigung der Entwicklungen im Rahmen des CEN Auftrags M350 Nachhaltigkeit
von Bauleistungen
Ziel des CEN-Auftrags M350 ist es, Vergleiche zwischen Gebäuden in ganz Europa zu ermöglichen:
die Kommission beauftragte die Europäische Normungsorganisation (CEN), Methoden zur Bewertung
der integrierten Umweltbilanz von Gebäuden (d.h. nicht nur der Energieeffizienz) zu entwickeln. Das
dazu geschaffene Technical Committee (TC) wird eine Reihe von Normen und technischen Dokumenten entwerfen, die in drei Arbeitsgruppen erarbeitet werden: CEN TC 350 WG 1 Ökologische Leistung
von Gebäuden, CEN TC 350 WG 2 Gebäude-Lebenszyklus Beschreibungen und CEN TC 350 WG 3
Produktniveau. Der Standard „prCEN/TS 15643-1: Sustainability of construction works – Framework
for assessment of integrated building performance – Part 1: Environmental, health and comfort and
life cycle cost performances“ befindet sich im Prozess der Fertigstellung, während alle anderen Standards noch entwickelt werden und zwischen 2008 und 2010 vorliegen sollen. [CEN M350]
Klimasschutz und Energieausweis
4.4 Kompatibilität mit OIB Richtlinie 6 hinsichtlich Gebäudekategorien
OIB Richtlinie 6 bezeichnet Dienstleistungsgebäude als Nicht-Wohngebäude, wobei folgende Gebäudekategorien unterschieden werden:
1) Bürogebäude
2) Kindergarten und Pflichtschulen
3) Höhere Schulen und Hochschulen
4) Krankenhäuser
5) Pflegeheime
6) Pensionen
7) Hotels
8) Gaststätten
9) Veranstaltungsstätten
10) Sportstätten
11) Verkaufsstätten
12) Sonstige konditionierte Gebäude
Laut OIB Richtlinie 6 erfolgt die Zuordnung zu einer der oben angeführten Gebäudekategorien anhand der überwiegenden Nutzung, sofern andere Nutzungen im Ganzen einen Anteil von 10 % der
konditionierten Brutto-Grundfläche nicht überschreiten: „Wenn ein Anteil von 10 % überschritten
wird, ist eine Teilung des Gebäudes und eine Zuordnung der einzelnen Gebäudeteile zu den oben angeführten Gebäudekategorien durchzuführen. Die Überprüfung der Anforderung erfolgt im Anschluss für die jeweiligen Gebäudeteile getrennt.“ [OIB 2007]
Dieser Ansatz sollte auch bei der Anwendung des klima:aktiv Standards bei Dienstleistungsgebäuden
zum Ansatz kommen.
4.5 Klare Trennung zwischen außentemperaturabhängigem und außentemperaturunabhängigem Energiebedarf
Nach OIB Richtlinie 6 gelten für den Neubau von Nicht-Wohngebäuden der Gebäudekategorien 1–11
folgende Anforderungen an den Heizwärme- und Kühlbedarf:
• Zulässiger jährlicher Heizwärmebedarf pro m3 konditioniertem Bruttovolumen in Abhängigkeit der
Geometrie und bezogen auf das Referenzklima ab Inkrafttreten bis 31.12.2009 höchstens 27
[kWh/m2a] und ab 1.1.2010 höchstens 22,75 kWh/m2a.
• Bei Gebäuden mit einer RLT-Anlage mit Wärmerückgewinnung reduziert sich der maximal zulässige
jährliche Heizwärmebedarf um 2 kWh/m2a oder um 1 kWh/m2a, wenn nicht mehr als die Hälfte der
Nutzfläche durch eine raumlufttechnische Anlage mit Wärmerückgewinnung versorgt wird.
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• Für Nicht-Wohngebäude der Gebäudekategorien 1–11 ist entweder die sommerliche Überwärmung gemäß ÖNORM B 8110-3 einzuhalten, wobei die tatsächlichen inneren Lasten zu berücksichtigen sind, oder der maximal zulässige außeninduzierte Kühlbedarf pro m3 Bruttovolumen von
1,0 kWh/m2a einzuhalten. [OIB 2007]
Zu berücksichtigen ist, dass in Dienstleistungsgebäuden betriebliche Prozesse ablaufen (z.B. Kühlung
von Lebensmitteln, Zubereitung von Speisen etc.), deren Energieverbrauch von der Außentemperatur unabhängig ist, deren Abwärme jedoch zur Energiebereitstellung für den außentemperaturabhängigen Energiebedarf genutzt werden kann. Hier sind bei der Ausarbeitung des klima:aktiv Gebäudestandards Vorkehrungen zu treffen, dass betriebliche Prozesse ebenfalls höchste Effizienzstandards
erfüllen müssen: dann ist energetische Kaskadennutzung sinnvoll.
Neben dem Faktor „Effizienzkriterien für betriebliche Prozesse“ steht weiters zur Diskussion, welche
Arten von Energieverbrauch betrieblichen Prozessen oder dem Gebäude zugeordnet werden, bzw.
ob hier überhaupt ein Unterschied gemacht werden soll. Ein Beispiel soll diesen Punkt veranschaulichen: Der Energiebedarf für Belichtung in einem Bürogebäude wird dem Gebäude zugeordnet, da
die erforderlichen Lichtverhältnisse mit dem entsprechenden architektonischen Konzept und Tageslichtlenksystemen ohne bzw. mit wenig zusätzlichem Stromverbrauch für Beleuchtung erreichbar sind.
Für Verkaufsstätten stellt sich die Situation anders dar: Diskussionen mit einem Betreiber zahlreicher
Verkaufslokale zeigten, dass die Beleuchtung der Ware dem Verkaufsprozess zugeordnet wird. Für
die Akzeptanz des klima:aktiv Gebäudestandards in der Praxis muss die Frage behandelt werden, inwieweit der damit zusammenhängende Strombedarf dem Gebäudeenergiebedarf zugerechnet wird.
4.6 Ermittlung der relevanten Einflussfaktoren für Energieverbrauch und Komfort
Bei den einzelnen Gebäudekategorien treten unterschiedliche Arten von Energieverbrauch auf, die von
der Gebäudequalität und der Art der Nutzung des Gebäudes zusammenhängen. Für die einzelnen Gebäudekategorien müssen die wichtigsten Einflussfaktoren auf den Energieverbrauch definiert werden und
bei der Punktevergabe in der Bewertung Berücksichtigung finden. Das bedeutet, dass in der Bewertungskategorie „Energie und Versorgung“ eine Aufsplittung der Kriterien ab der zweiten Ebene erfolgen wird,
und dass sich die hier angegebenen Subkriterien und die erzielbaren Punkte in Abhängigkeit von der Gebäudekategorie unterscheiden werden. Da die installierten Leistungen (thermisch, elektrisch) ein wesentliches Kriterium zur Beurteilung der Planungsqualität sowohl beim Neubau als auch bei der Sanierung
darstellen und wesentliche „Vorgaben“ für den Energieverbrauch während der Nutzungsphase darstellen, sollte der klima:aktiv Gebäudestandard für Dienstleistungsgebäude (analog zu [VDI 3807 Blatt 4,
2006]) Richtwerte für installierte Leistungen anbieten und einer Bewertung unterziehen.
4.7 Kennzahlen für den Energiebedarf bei Neubau und Sanierung
Für den Neubau ist die Formulierung von Zielwerten sinnvoll: welche energetische Performance muss
erreicht werden, um die klima:aktiv Auszeichnung zu erhalten. Für die Sanierung sollen ebenso Zielwerte angegeben werden, wobei zusätzliche Benchmarks die Beurteilung möglicher Sanierungsergebnisse erlauben.
Vorgeschlagen werden Gliederung und Definitionen entsprechend VDI 3807. Die Definition der Standardnutzungen entspricht zwar nicht der OIB Richtlinie 6, die OIB Gebäudetypen können jedoch aus
den VDI Modulen zusammengesetzt werden.
Für folgende Energieverbraucher werden jeweils der Energiebedarf in kWh/a und die installierte Leistung in kW angegeben (VDI 3807 Blatt 4, 2006 für elektrische Energie und Blatt 5, Juli 2008 für thermische Energie):
• Heizung
• Warmwasser
• Prozesswärme
• Beleuchtung
• Lüftung
• Kühlung
• Zentrale Dienste
Prozessenergie für die Herstellung von Produkten ist in der VDI 3807 nicht enthalten; hier muss gegebenenfalls auf branchenspezifische Daten zurückgegriffen werden.
Orientierungswerte für die Entwicklung von Kennwerten für Neubau und Sanierung können aus der
Analyse von Gebäudeprojekten gewonnen werden sowie aus den Informationen aus VDI 3807 Blatt
4 (2006) und Blatt 5 (erscheint voraussichtlich im Juli 2008).
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Aus dem vor ca. 10 Jahren herausgegebenen Blatt 2 der VDI 3807 lassen sich zumindest grobe Anhaltswerte für aktuelle Zielwerte von Wärme- und Strombedarf gewinnen. Als Mittelwert wird in dieser Richtlinie nicht das arithmetische Mittel, sondern der Modalwert verwendet. Der Modalwert ist
der dichteste Wert einer Verteilung, das heißt der Wert, der in einer Verteilung am häufigsten vorkommt. Liegt eine Klasseneinteilung vor, kennzeichnet der Modalwert die größte Klasse.
Der Richtwert ist in dieser Richtlinie als unterer Quartilsmittelwert definiert. Der untere Quartilsmittelwert ergibt sich als arithmetisches Mittel der unteren 25 % der aufsteigend sortierten Kennwerte.
Blatt 2 gibt Summenwerte für Heizenergie und Strom an. Der außentemperaturabhängige Wärmeverbrauch wird auf eine HGT von 2524 Kd/a bezogen.
Heizenergie
Minimalwert
Gericht
Verwaltung standard
Uni
Krankenhäuser (kWh/Planbett, a)
Schulen
Kindertagesstätten
Kindergärten
Sportbauten
Schwimmhallen (kWh/m2 Beckenoberfläche, a)
Freibad beheizt (kWh/m2 Beckenoberfläche, a)
Verkaufsstätten
Gebäude für öffentliche Bereitschaftsdienste
15
27
6000
12
60
10
19
350
33
15
Heizenergie
Richtwert
75
65
95
15.800
55
80
65
65
1.800
195
45
70
Heizenergie
Mittelwert
105
110
155
22.800
90
95
120
140
3.895
280
65
155
Strom
Minimalwert
2,5
8
1.500
1,5
2
1
2,5
70
10
15
Funktionale Einheiten
Für die Anwendbarkeit der Energiekennzahlen spielt die funktionale Einheit, auf die der Energieverbrauch bezogen wird, eine wesentliche Rolle. Neben den Standardgrößen wie z.B. m3 Bruttovolumen
oder m2 BGF sollten zusätzlich auch funktionale Einheiten verwendet werden, die die jeweilige Dienstleistung abbilden (z.B. kWh bzw. kW/Bett bei einem Krankenhaus oder einem Hotel).
4.8 Marktakzeptanz
Für den Praxiserfolg von Rating-Konzepten ist entscheidend, ob die bewerteten Kriterien vom Markt
angenommen werden. Wenn der Kunde Nachhaltigkeitskriterien nicht nachfragt, werden sie bei der
Wertermittlung nicht berücksichtigt und sind damit nicht voll marktwirksam.
Was vom Vermieter / Verkäufer und vom Kunden erfahrungsgemäß angenommen (werden) wird, sind
Vorteile finanzieller Art:
• Ein niedriger Energiebedarf ist die beste Absicherung gegen mögliche hohe Energiepreisanstiege
und mögliche Internalisierungkosten von CO2-Emissionen (geringe Bewirtschaftungskosten).
• Niedrige Betriebskosten wirken sich positiv auf die Vermietbarkeit bzw. Verkaufbarkeit aus (Verminderung der Leerstände).
Strom
Richtwert
7
8
12
3.000
4
7
5
8
414
37
58
5
Strom
Mittelwert
9
17
15
5.100
7
16
6
17
808
85
81
10
Tab. 1: Mittel- , Richtwerte und Minimalwerte nach VDI 3807 Blatt 2,
1998
(Bauwerksbezeichnungen nach Katalog der ARGE Bau; alle Angaben
in kWh/mÇ,a außer andere Einheiten sind explizit angeführt.
Bezugsfläche ist – sofern nicht
anders angegeben – die Summe
aller beheizbaren Bruttoflächen.
Definition siehe VDI 3807 Blatt 1,
1994)
Damit wird die energetische Gebäudequalität in Zukunft stärkeres Gewicht bei der Immobilienwertermittlung erhalten.
Es erscheint daher sinnvoll die Qualität energetischer Sanierungen auch über Kostenangaben abzubilden. Sowohl im Neubau wie in der Sanierung stellt sich die Frage nach dem Anteil der Refinanzierung der Projektkosten durch die Einsparungen an Energie. Eine Möglichkeit der Beurteilung ist die
Gegenüberstellung der Kosten für die eingesparte kWh mit den Kosten für die eingekaufte kWh
[Bruck 2008].
Bei diesem in den letzten Jahren in der deutschsprachigen Literatur vermehrt anzutreffenden Ansatz
werden die Kosten für die Einsparung einer Einheit Energie Pein berechnet und mit einem zu erwartenden zukünftigen Energiepreis P verglichen. Ist Pein < P gilt die Einsparungsmaßnahme als sinnvoll.
Berechnung der Kosten der eingesparten Energie: Pein = K/(E0-ES)
E0 Energiebedarf vor der Sanierung (kWh/a)
ES Energiebedarf nach der Sanierung (kWh/a)
K Annuitätische Kosten nach der energiesparenden Maßnahme
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Klimasschutz und Energieausweis
Gebäudebezeichnung
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Eine Energiesparmaßnahme gilt – unter den getroffenen Annahmen – als wirtschaftlich, wenn dieKosten der eingesparten kWh Energie kleiner sind als der mittlere zukünftige Energiepreis.
In die Berechnung von Pein gehen als Annahmen über die zukünftige Entwicklung nur Betrachtungszeitraum und Kapitalmarktzinsen (Darstellung der jeweils gewählten Finanzierungsvarianten) und
eventuell Preissteigerungen für Zusatzkosten ein, aber nicht die Energiepreissteigerung. Die Unsicherheit über die Energiepreisentwicklung ist somit nur im angenommenen mittleren zukünftigen Energiepreis enthalten.
4.9 Fit for Climate Change – Anforderungen des Klimawandels
Ein weiterer wichtiger Aspekt der Gebäudebewertung bezieht sich auf die Folgen der Klimaänderung,
d.h. auf die Frage, ob die Gebäude auf die Folgen des Klimawandels ausreichend „vorbereitet“ sind.
Im Rahmen des Programms reclip:more (research for climate protection - model run evaluation) wurde eine kleinräumige Datenbasis generiert, die es erstmalig erlaubt die künftige regionale Klimaentwicklung in Österreich über längere Zeiträume für einen feinen Raster darzustellen [reclip:more 2007].
Im Folgenden sind wesentliche Ergebnisse aus „reclip:more; Klimazukunft Österreich, Medieninformation zum Projektabschluss, Juni 2007“ dargestellt:
Die mittlere Jahrestemperatur wird bis 2050 um + 2 bis 2,5 °C ansteigen, entlang des Alpenhauptkammes werden die Jahresmittelwerte höher ansteigen. Die Niederschläge werden insgesamt abnehmen, vor allem im Osten.
Der Temperaturanstieg wird regional und saisonal unterschiedlich ausfallen:
• Winter: Norden und Osten: + 1,3 bis 1,8 °C, Süden und Westen + 1,5 bis 2 °C
• Frühjahr: Generell: + 1,8 bis 2,5 °C, Westen und gesamter Alpenraum: +2 bis 3 °C
• Sommer: Generell: + 2 bis 2,5 °C, Westen und Alpenraum: + 2,5 bis 3 °C
• Herbst: Generell: + 2,5 bis 3 °C, Westen: + 2,3 bis 3 °C
Neben den Mittelwerten und Jahressummen sind die Extremwerte von Bedeutung:
Temperatur
Die Anzahl der Frosttage wird um bis zu 50 % zurückgehen.
• Im Osten, Südosten, Donautal, Rheintal: Rückgang um 30–45 Tage von 100–120 auf 70–80
• Im Unterinntal und Klagenfurter Becken: Rückgang um 35–40 Tage von 100–150 auf 60–110
• Alpen: 1500–2000 m: Rückgang um 40–50 Tage, 2000–3000 m: Rückgang bis zu 60 Tage von
250–300 auf 190–240 Tage
Im Durchschnitt ist mit einer Abnahme von 24 Frosttagen zu rechnen.
Die Anzahl der Sommertage pro Jahr mit über 25 °C wird sich verdoppeln:
• Im Osten, Süd-Osten (Graz), Süden (Klagenfurt): Anstieg um 40 auf bis zu 80 Tage
• Im OÖ Zentralraum und Donautal: Anstieg um 25 auf bis zu 50 Tage
• Im Alpenvorland: Anstieg um 15 auf bis zu 30 Tage
Die Anzahl der Hitzetage pro Jahr mit über 30 °C wird sich im Osten vervierfachen, im restlichen Österreich werden häufige Hitzetage ein neues Phänomen sein:
• Wiener Becken, Südoststeiermark: Anstieg auf 20 bis 25 Tage
• Klagenfurter Becken: Anstieg auf bis zu 20 Tage, Norden und Westen (Donau-, Rheintal, Wald-,
Mühl-, Innviertel): Anstieg auf bis zu 10 Tage
Niederschlag
Die Zahl der Starkregenereignisse mit 50 und mehr mm/Niederschlag pro Tag wird zunehmen: Im Mittel meist um 1–2 Ereignisse pro Jahr, entlang des Alpenbogens in Staulagen um 2–3 Ereignisse, in
Vorarlberg mehr. In Oberkärnten/Osttirol verringert sich die Zahl um 1–2 Ereignisse. Da (mit Ausnahme von Vorarlberg) gleichzeitig die Niederschlagssumme insgesamt abnimmt, ist zu erwarten, dass
es in Zukunft über längere Zeiträume seltener, dafür aber ausgiebiger regnet.
Schnee
Die Schneemenge verändert sich, vor allem aufgrund der höheren Temperaturen im Herbst und im
Frühjahr, sowie aufgrund geringerer Niederschlagsmengen im Herbst. Der Rückgang beträgt durchschnittlich 50 %.
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Für den Hochbau ergeben sich daraus eine Reihe von Konsequenzen:
Heiz- und Kühllasten sowie Heiz- und Kühlarbeiten
Angesichts des Klimawandels besteht Änderungsbedarf hinsichtlich haustechnischer Dimensionierungen [Holzer 2007]:
• Moderate Abnahme der Heizlasten (kW)
• Moderate Zunahme der Kühllasten (kW)
• Starke Abnahme des Heizenergiebedarfs (kWh/a) (bis ca. - 40 %)
• Kühlenergiebedarf auch an Standorten die bisher „unkritisch” waren; teilweise extreme Zunahme bereits vorhandenen Kühlenergiebedarfs (kWh/a) (bis ca. Faktor 4)
Bauliche Maßnahmen
Besonders zu beachten sind:
• Mögliche Funktionsbeeinträchtigungen bei Flachdächern
• Dimensionierung der Entwässerungssysteme
• Ausreichende Dimensionierung der Notentwässerung
• Hochwasserschutz
• Beurteilung von Lawinengefahrenflächen / Lawinenschutzmaßnahmen
Qualitätssicherung
Sicherstellung ausreichender Qualitätssicherungs-Maßnahmen bei:
• Planung
• Kontrolle der Ausführung
• Wartung / Instandhaltung
Klimasschutz und Energieausweis
Versicherungen
Klare und zweifelsfreie Formulierung von Risikoausschlüssen für Katastrophenschäden.
5. Bedeutung der Gebäudequalität für den Immobilienwert
Gebäudeauszeichnungen sollen die Nachfrage nach nachhaltigen Gebäuden anregen und so zu einer Markttransformation beitragen. In der Immobilienbewertung werden definierte Berechnungsmethoden zur Wertermittlung angewendet; das Ergebnis dieser Berechnungen wird dann mittels eines
Faktors gewichtet, der die Nachfrage am Markt abbildet. Erst damit liegt der Verkehrswert vor. Gebäudebewertungen sollen zur Steigerung der Nachfrage nach energetisch effizienten Gebäuden beitragen, wodurch die energetische Qualität letztendlich auch in der Immobilienwertermittlung berücksichtigt wird und sich im Liegenschaftswert ausdrückt.
Gebäudebewertungen schaffen Transparenz und Bewusstsein, dass bestimmte Gebäudequalitäten
zukünftiges wirtschaftliches Risiko vermindern:
• Wertminderung infolge von hohen Bewirtschaftungskosten (hoher fossiler Energieverbrauch im
Falle (erwarteter) hoher Energiepreisanstiege und damit möglicherweise hohe CO2-Abgaben zur
Internalisierung externer Kosten der Klimaveränderung)
• Wertminderung infolge eines hohen gebäudespezifischen Mietausfallswagnis durch z.B. hohe
Energiekosten für den Mieter, Einbehaltung der Miete wegen Komfortmängel, Leerstand wegen
Komfortmängel
Das zukünftige Risiko einer Immobilie drückt sich im Kapitalisierungszinssatz aus, der für die Wertermittlung angesetzt wird: ein hohes Risiko bedeutet einen hohen Zinssatz und damit einen geringen Immobilienwert. Aufgrund der angewendeten Wertermittlungsmethoden wird der Immobilienwert derzeit
hauptsächlich durch die Lage der Immobilie bestimmt; die spezifische Gebäudequalität wird noch wenig berücksichtigt. Gebäudebewertungen tragen hier zu mehr Transparenz bei und können von den Immobiliensachverständigen als Informationsgrundlage bei der Wertermittlung genutzt werden.
Aus den Dokumenten zur Entwicklung der thematischen Strategie für die städtische Umwelt geht
hervor, dass der Gesamtenergieausweis gemäß EU-Richtlinie 2002/91/EG auf andere relevante Aspekte wie z.B. Komfort und Innenraumqualität ausgedehnt werden soll, um den Immobilienmarkt nachhaltig zu beeinflussen [KOM 2004 60], [KOM 2005 718].
Die dazu notwendigen Methoden werden derzeit erarbeitet, unter anderem in [CEN M350]. Systeme zum Nachweis einer umfassenden Gebäudequalität wie klima:aktiv sind daher Vorreiter in diesem Bereich, wie auch die Gebäude, die mit diesen Systemen bewertet wurden und Auszeichnungen
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erhalten haben. Es ist selbstverständlich, dass die Methodenentwicklungen auf EU-Ebene bei der Entwicklung bzw. Weiterentwicklung des klima:aktiv Gebäudestandards berücksichtigt werden.
6. Schlussfolgerungen und Ausblick
Der Einfluss von Gebäudebewertungen bzw. freiwilliger Gebäudestandards auf die Verbreitung nachhaltiger Gebäude mittels Marktmechanismen (Steigerung der Nachfrage, Immobilienwertermittlung)
ist positiv und vielversprechend. Aus diesem Grund soll die Ausweitung des klima:aktiv Standards auf
Dienstleistungsgebäude und den Bereich Sanierung möglichst bald erfolgen; derzeit sind die Bedingungen besonders günstig, da Synergieeffekte mit der Implementierung des Energieausweises gemäß EU-Richtlinie 2002/91/EG möglich sind. Der Einfluss von Gebäudebewertungen bzw. freiwilliger
Gebäudestandards auf die Verbreitung nachhaltiger Gebäude ist aber auch begrenzt, da sich die Entscheidung für oder gegen eine Immobilie nicht nur auf das Gebäude, sondern immer auf die Einheit
aus Lage und Gebäude bezieht. In der Praxis wird das immer wieder dazu führen, dass man sich wegen ausgezeichneter Lageparameter für eine Immobilie entscheidet, deren Gebäudequalität nachgewiesen schlecht ist.
Das bedeutet für die Verbreitung nachhaltiger Gebäude und damit für die Mobilisierung der CO2-Einsparpotenziale aus dem Gebäudebestand folgendes: Maßnahmen wie die Gebäudebewertung reagieren auf Marktbedürfnisse wie Kosteneinsparung durch weniger Energieverbrauch und Erhaltung
sowie Steigerung des Immobilienwerts durch geringeres Risiko; allerdings ist die Reichweite dieser
Maßnahmen beschränkt, weil als Entscheidungsgrundlage Wirtschaftlichkeitskriterien angelegt werden. Nachdem die Kosten von CO2-Emissionen weitgehend von der Allgemeinheit statt von den Verursachern getragen werden, liegt hier Marktversagen vor. Die Erschließung der CO2-Einsparpotenziale wird somit nicht nur durch Marktmechanismen allein möglich sein, Maßnahmen des Gesetzgebers – beispielsweise im Bereich der Bauordnungen – sind gleichermaßen notwendig. Zur bestmöglichen Mobilisierung der CO2-Reduktionspotenziale im Gebäudebereich ist das Zusammenspiel von
Bottom-up und Top-down Mechanismen erforderlich.
7. Quellen
Bruck, M.: Betriebswirtschaftliche Beurteilung, Skriptum Lebenszykluskosten im Hochbau; Department für Bauen und Umwelt, Donauuniversität Krems, 2008
CEN M350 (08.01.2008) http://www.cen.eu/CENORM/Sectors/TechnicalCommitteesWorkshops/
CENTechnicalCommittees/WP.asp?param=481830&title=CEN%2FTC+350
EIV und IBO 2007: Technische Erläuterungen, Kriterien zum klima:aktiv Haus. Version 3.3.3, 2. April
2007. Im Auftrag von: Lebensministerium, BMVIT. Ausgearbeitet durch: Energieinstitut Vorarlberg,
Österreichisches Institut für Baubiologie und -ökologie GmbH
Holzer, P.: Änderungsbedarf haustechnischer Dimensionierungen angesichts des Klimawandels, Vortrag Swegon Symposium, Wien, 2007
KOM(2004) 60: Mitteilung der Kommission an den Rat, das europäische Parlament, den europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Entwicklung einer thematischen Strategie für städtische Umwelt. Brüssel, den 11.02.2004, KOM(2004)60 endgültig
KOM(2005) 718: Mitteilung der Kommission an den Rat und das europäische Parlament über eine
thematische Strategie für die städtische Umwelt. Brüssel, den 11.1.2006. KOM(2005) 718 endgültig {SEK(2006) 16 }
OIB 2007: OIB - Richtlinie 6 Energieeinsparung und Wärmeschutz, Ausgabe: April 2007, Österreichisches Institut für Bautechnik www.oib.or.at
reclip:more 2007: reclip:more; Klimazukunft Österreich, Medieninformation zum Projektabschluss,
Juni 2007 http://systemsresearch.arcs.ac.at/projects/climate/ )
Richtlinie 2002/91/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2002 über die
Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden, Brüssel.
VDI 3807 Blatt 1: Energie- und Wasserverbrauchskennwerte für Gebäude, Grundlagen, März 2007
VDI 3807 Blatt 2: Energieverbrauchskennwerte für Gebäude, Heizenergie- und Stromverbrauchskennwerte, Juli 1998
VDI 3807 Blatt 3: Wasserverbrauchskennwerte für Gebäude und Grundstücke, Juli 2000
VDI 3807 Blatt 4: Energie- und Wasserverbrauchskennwerte für Gebäude, Teilkennwerte elektrische
Energie, Dezember 2006 (Entwurf)
VDI 3807 Blatt 5 Energie- und Wasserverbrauchskennwerte für Gebäude, Teilkennwerte thermische
Energie (voraussichtlich 2008)
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TQB: Klimaschutz mit Qualitätssicherung
Bernhard Lipp, Maria Fellner, Ulla Unzeitig; IBO GmbH
1. Gebäudebewertungen in Österreich
Klimasschutz und Energieausweis
Ganzheitliche Gebäudebewertungssysteme oder Gebäudepässe überprüfen Kriterien, die einerseits
die Behaglichkeit bei der Benutzung und andererseits die Ressourceneffizienz des Gebäudes im Lebenszyklus beurteilen. Sie bilden daher auch die Performance des Gebäudes aus der Perspektive des
Klimaschutzes ab. Gebäudepässe dienen den Bauherren als Qualitätssicherungssystem, als Marketingoder auch als ökonomisches bzw. ökologisches Optimierungsinstrument. KundenInnen geben sie Orientierung bei der objektiven Beurteilung der Wohnungs- bzw. Gebäudequalität. Auch bei der Einschätzung der Wertsicherung einer Immobilie bieten sie größere Transparenz. In Hinblick auf die Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie stellt der Energieausweis einen integralen Bestandteil der Gebäudepässe dar. Die rein energetische Betrachtung eines Bauobjekts wird bei TQB um Kriterien wie Behaglichkeit, Innenraumluftqualität, Ressourceneffizienz in der Errichtung und Vermeidung problematischer Baustoffe wesentlich erweitert.
In Österreich gibt es derzeit zwei Gebäudezertifikate mit integrierter Qualitätssicherung, den IBO ÖKOPASS (www.ibo.at/oekopass) und Total Quality (TQ, www.tq-building.org), die sich in der Praxis bei
der Bewertung von großvolumigen Wohnbauten durchgesetzt haben. Seit dem Jahr 2006 kommt auch
dem Selbstdeklarationssystem klima:aktiv haus des Lebensministeriums (www.klimaaktivhaus.at), das
den Schwerpunkt auf Klimaschutz und klimaschonende Bauweise legt, ein zunehmend größeres Gewicht zu. Die Zertifizierung von Passivhäusern nach Dr. Feist (www.passiv.de) spielt hierbei indirekt eine wichtige Rolle, da alle vorher genannten Bewertungssysteme diesen Standard als Höchststandard
im Bereich der Energieeffizienz in der Nutzung und damit als „Klimaschutz im Betrieb“ implementiert haben.
TQB (Total Quality Building) ist das Resultat einer Fusionierung der Gebäudezertifikate TQ und IBO
ÖKOPASS sowie der Integration des klima:aktiv haus-Standards und startet offiziell mit der gesetzlichen Einführung des Energieausweises für Gebäude am 1.1.2008. Durch die Zusammenlegung von
TQ und IBO ÖKOPASS in Form des neuen Gebäudeausweises TQB werden die Stärken beider Bewertungsansätze gezielt genutzt und zu einem hochwertigen und extrem praxisorientierten Qualitätssicherungsinstrumentarium für den modernen Hochbau zusammengeführt. Darüber hinaus wird stärker als bisher auf Anforderungen der Immobilienwirtschaft eingegangen: Die deutlich erkennbare Betonung von Standortkriterien und der Ausstattungsqualität erweitert die fundierte Auseinandersetzung mit umweltbezogenen Eigenschaften von Bauwerken inhaltlich und stellt so eine wichtige
Schnittstelle zur Immobilienwirtschaft dar.
1.1 Der IBO ÖKOPASS
Im Jahr 2000 wurde der IBO ÖKOPASS gemeinsam mit der Mischek-Bauträger-Gruppe entwickelt und konnte sich in den vergangenen Jahren vor allem in Ostösterreich
als erfolgreichstes Gebäudezertifikat für den Wohnbau durchsetzen.
Ziel ist der Nachweis der baubiologischen und -ökologischen Qualität von Wohnhausanlagen und dessen Nutzung als Instrument für Marketing und Qualitätssicherung.
Die Kriterien
• Behaglichkeit im Sommer und Winter
• Innenraumluftqualität
• Tageslicht und Besonnung
• Schallschutz
• Elektromagnetische Qualität
• Ökologische Qualität der Baustoffe und Konstruktionen
• Gesamtenergiekonzept
• Wassernutzung
werden durch Messungen und Berechnungen in einer Vor- und einer Endbewertung
überprüft. Aufgrund des Prüfberichtes werden Bewertungen im Auftrag des Bauträgers in leicht verständliche Aussagen zur Information der WohnungsnutzerInnen er-
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stellt. Bis dato wurden Gebäudepässe für 91 Wohnhausanlagen (Vor- und Endbewertungen) mit insgesamt mehr als 4651 Wohnungen ausgestellt (Stand Ende 2007). Ab 2002 haben neben Mischek auch viele weitere Bauträger diesen Gebäudepass für ein oder mehrere ihrer Wohnprojekte durchführen lassen.
1.2 TQ (Total Quality)
„Total Quality“ (TQ) ist das bislang umfangreichste am österreichischen Markt erprobte
Gebäudezertifikat. TQ wurde im Rahmen internationaler und nationaler Forschungsprogramme entwickelt und verfolgt von Beginn an einen umfassenden Ansatz der Qualitätssicherung im modernen Hochbau. TQ wird beispielsweise gegenwärtig für die Evaluierung
von Pilotbauten der Programmlinie „Haus der Zukunft“ ebenso herangezogen wie für die
Qualitätssicherung von Wohn- und Bürobauten in Österreich und in EU-Staaten.
Ziel
Transparenz und NutzerInnenfreundlichkeit sollen erhöht, Umweltbelastungen verringert werden. TQ dient als Instrument für die Qualitätssicherung und Vermarktung und
bereitet auf die Umsetzung von europäischen Standards vor. Zertifiziert wird von der
unabhängigen Arbeitsgemeinschaft argeTQ, einem Zusammenschluss aus dem Österreichischen Ökologie Institut, dem Ziviltechnikerbüro Kanzlei Dr. Bruck (bis 2006) und
dem IBO – Österreichischen Institut für Baubiologie und -ökologie GmbH.
Hinter TQ steht ein umfassender Bewertungsrahmen. Darin ist eine Vielzahl von Qualitätskriterien – vom Heizwärmebedarf bis zur Verkehrsanbindung – festgelegt. Sie können als Checkliste während des Planungs- und Bauprozesses verwendet werden und
dabei helfen, die richtigen Weichen zu stellen.
Gleichzeitig sind sie die Basis für die Zertifizierung, die ebenfalls zweimal erfolgt: nach Abschluss der
Planungsphase und nach Errichtung.
Die Zertifizierung macht die Qualität eines Bauobjekts sichtbar und vergleichbar:
• Ausstattung und Freiraumgestaltung
• Heizwärmebedarf,
• Art der Energieversorgung,
• Tageslichtqualität,
• thermischer Behaglichkeit im Winter- und Sommerfall,
• Ökologie der verwendeten Baustoffe,
• CO2-Emissionen aus Errichtung und Gebäudebetrieb,
• infrastruktureller Anbindung,
• Sicherheitsaspekte
und vieles mehr.
Bei TQ-zertifizierten Gebäuden gelten die Mindestanforderungen der klar definierten quantitativen und
qualitativen Kriterien erfüllt. Alle Angaben des Bauträgers über sein Gebäude werden auf Plausibilität
überprüft und punktuell gemessen. Die Käufer-/MieterInnen wissen genauer über die Qualitäten der
Wohnungen Bescheid und der Bauträger hat ein vertrauensbildendes Marketinginstrument in der Hand.
Abb. 1: TQ-Bewertung im Überblick
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1.3 klima:aktiv Haus
Das klima:aktiv Haus dokumentiert und bewertet die ökologische Qualität von neu gebauten Wohngebäuden mit Hilfe eines 1000-Punkte-Systems. Erarbeitet wurde dieses Konzept vom Energieinstitut Vorarlberg und dem IBO im Jahr 2005 auf Basis der Erfahrungen mit den Gebäudebewertungssystemen IBO ÖKOPASS, TQ, ÖKOPASS EFH (Einfamilienhaus) des Bau Umwelt Energie Clusters NÖ
und der Wohnbauförderung in Vorarlberg.
Die klima:aktiv Haus Kriterien sind grundsätzlich als Selbstdeklarationskonzept aufgebaut, dass heißt, der
Nachweis der Kriterien und die Ermittlung der erreichten Punktezahl erfolgt durch den Bauträger. Benützt
ein Bauherr die Kriterien des klima:aktiv Hauses jedoch als einen Teil des internen Qualitätssicherungssystems, so ist es sinnvoll, diese Qualitätssicherung von externen Personen durchführen zu lassen.
Ein klima:aktiv Haus erfüllt alle Musskriterien und erreicht mindestens 700 Punkte. Ein klima:aktiv Passivhaus erfüllt alle Musskriterien für ein Passivhaus und erreicht mindestens 900 Punkte.
Klimasschutz und Energieausweis
klima:aktiv Haus – 1000 Punkte für ökologisches Bauen
Um eine einfache Vergleichbarkeit von Gebäuden zu erreichen, wurde es als 1000-Punkte-System
konzipiert. Die Punkte sind auf vier Bewertungskategorien aufgeteilt:
120 Punkte für Planung und Ausführung (Infrastruktur, Barrierefreiheit, Wärmebrückenvermeidung, Luftdichtheit)
600 Punkte für Energie und Versorgung (Heizen, Energieträger, Warmwasser, Stromverbrauch)
160 Punkte für Baustoffe und Konstruktion (Vermeidung problematischer Baustoffe, ökologisch
optimierte Baustoffe, ökologische optimierte Gebäudeherstellung)
120 Punkte für Raumluftqualität und Komfort (Lüftung, Innenraumschadstoffe, thermischer Komfort)
Abb. 2: Aufteilung der 1000
klima:aktiv Haus-Punkte auf die
vier Bewertungskategorien
1.4 Passivhaus nach Dr. Feist
Das wohl bekannteste Zertifizierungssystem im Zusammenhang mit Energieeffizienz von Gebäuden
und Klimaschutz ist das Zertifikat des Passivhaus-Instituts. Es beschränkt sich derzeit aber lediglich auf
die Planung. An einer Weiterentwicklung wird gearbeitet, welche auch die Ausführungsphase mit einschließt.
Ein Passivhaus nach Dr. Feist muss folgende Qualitätskriterien erfüllen:
• Die Gebäudehülle besitzt eine gemäß ISO 9972 geprüfte, sehr gute Luftdichtheit, die
eine Zugluftfreiheit und einen niedrigen Energieverbrauch ermöglicht. Der Luftwechsel über die Gebäudehülle wird bei 50 Pascal Druckdifferenz begrenzt auf
0,6 je Stunde, bezogen auf das Gebäudeluftvolumen
• Das Gebäude hat einen rundum ausgezeichneten Wärmeschutz und bauphysikalisch
hochwertige Anschlussdetails. Die sommerliche Überwärmung wurde vermieden. Der
Heizwärmebedarf ist begrenzt auf
15 kWh pro m2 Wohnfläche und Jahr
• Das Haus verfügt über eine kontrollierte Wohnungslüftung mit hochwertigen Filtern,
hocheffizienter Wärmerückgewinnung und niedrigem Stromverbrauch. Dadurch wird
eine hohe Innenraumluftqualität erreicht.
• Der gesamte jährliche Primärenergiebedarf für Heizung, Warmwasserbereitung, Lüftung
und Haushaltsstrom zusammen beträgt bei Standard-Nutzung nicht mehr als
120 kWh pro m2 Wohnfläche und Jahr.
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2. Klimaschutz mit integrierter Qualitätssicherung: TQB Passivhaus
Durch die Zusammenlegung von TQ und IBO ÖKOPASS in Form des neuen Gebäudeausweises TQB
(Total Quality Building) werden die Stärken beider Bewertungsansätze gezielt genutzt und zu einem
hochwertigen und extrem praxisorientierten Qualitätssicherungsinstrumentarium für den modernen Hochbau zusammengeführt. Gleichzeitig wird auf aktuelle Entwicklungen
der Branche eingegangen, wie sie beispielsweise durch den
neuen Energieausweis für Gebäude und den Kriterienkatalog klima:aktiv Haus und die weitere Verbreitung des Passivhausstandards gegeben sind.
Der Kriterienkatalog, der bislang auf den Wohn- und Bürobereich zugeschnitten war, wird zukünftig auch für Sondernutzungen (Schulen, Kindergärten, Verwaltungszentren,
Hotels etc.) adaptiert werden. Darüber hinaus ist ein eigenes Planungstool, das den speziellen Anforderungen und
Vorgaben von Sanierungen entspricht, in Ausarbeitung.
Für energetisch optimierte Gebäude gibt es die Möglichkeit
einer Zertifizierung nach dem Schema TQB Passivhaus. Ein
TQB Passivhaus erfüllt die Energieeffizienzkriterien eines
„qualitätsgeprüften Passivhauses“ nach Dr. Feist und erhält
damit die Höchstbewertung nicht nur in den Bereichen C1
Wärmebedarf und -versorgung und in Teilen von C2 Energiebedarf elektrisch, sondern auch im Klimaschutz in der
Nutzungsphase.
Durch die Erweiterung des Bewertungsrasters über die höchste Energieeffizienz während des Gebäudebetriebs hinaus
auf Standort und Ausstattung, Technische Planungs- und Objektqualität, Gesundheit
und Komfort sowie Baustoffe und Konstruktionen entsteht auch ein Bewertungs- und
Qualitätssicherungskonzept für umfassenden Klimaschutz.
Das TQB Passivhaus stellt somit derzeit den umfassendsten und höchsten Standard
im Bereich des Klimaschutzes dar und bildet die Basis für die Bewertung von nachhaltigen Gebäuden.
Abb. 3: TQB-Kriteriensatz V2.1,
2008
3. Literatur
www.tq-building.org, Beschreibung, Leitfaden, Projekte
www.ibo.at/oekopass, Beschreibung und Projekte
www.klimaaktivhaus.at , Beschreibung, Leitfaden, Projekte
www.passiv.de, Passivhauszertifizierung
Bernhard Lipp,(2006): „klima:aktiv Bauen”: Qualitätssicherung von der Planung
bis zur Ausführung. Kongress „Häuser der Zukunft – von der Forschung in die Praxis“, Tagungsband, Wien 2006, IBO Verlag
Belazzi T., Lipp B.(2002): The ´Mischek Oekopass´ - Austria`s first build-ing certificate securing quality and comfort in apartment buildings, Sum-mary Book of the Sustainable Building 2002 International Conference, S.169, Oslo 2002. Weitere Informationen auch unter www.ibo.at/oekopass.htm
Bruck, M.; Geissler, S. (2001): ECO-Building – Optimierung von Gebäuden. Entwicklung eines Systems für die integrierte Gebäudebewertung in Österreich, Ergebnisbericht zum Projekt im Auftrag des Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr, des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit und des Bundesministeriums
für Umwelt, Jugend und Familie
Schuster G., Lipp B. (2001): Das ökologische Passivhaus. BMVIT Haus der Zukunft,
Berichte aus Energie- und Umweltforschung 27/2001, Wien
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© GIWOG
Klimaschutz und Sanierung
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Passivhaus-Sanierungskonstruktionen aus dem
Haus der Zukunft
Thomas Zelger, IBO GmbH
Seit das erste Passivhaus im deutschsprachigen Raum 1991 in Kranichstein errichtet wurde, ist viel
geforscht, gemessen, entwickelt und gebaut worden. Der Passivhaus-Standard als energiesparende
Bauweise, ein Plus für Klima und ein Minus für die Betriebskosten hat sich im Neubau gut etabliert.
Die meisten Gebäude aber sind älter als die Erfindung des Passivhauses und warten neben exorbitanten Heizverbräuchen auch mit Unbehaglichkeiten wie Zugluft, kalten Außenwänden und schlechter
Luftqualität auf.
In der Forschungsreihe „Haus der Zukunft“ im Rahmen der Programmlinie „Nachhaltiges Wirtschaften“ des bmvit wurden viele Studien zur Gebäudesanierung und zu Passivhauskonstruktionen
durchgeführt. Technisch-konstruktive und bauphysikalische sowie bautechnische Aspekte vorgestellter Lösungen sind häufig sehr allgemein gehalten. Zudem fehlt eine Systematisierung nach Baualtersklassen und deren typischen Sanierungsaufgaben. Diese Lücke wird der „Sanierungs-Bauteilkatalog
füllen. Als Ergänzung des IBO-Bauteilkataloges für Passivhauskonstruktionen 2008 werden, wie bereits bewährt, sowohl technisch funktionierende, bauphysikalisch überprüfte und ökologisch bewertete Konstruktionen dargestellt werden.
In den bis dato abgeschlossenen Projekten (Tab. 1) kann die Verfügbarkeit konkreter praxistauglicher
konstruktiver Lösungen wie folgt umrissen werden:
• Für Regelquerschnitte liegen in vielen abgeschlossenen HDZ-Projekten eine Vielzahl an Vorschlägen für eine thermische Sanierung in allen Bauperioden vor. Die bauphysikalische Darstellung und Prüfung reduziert sich allerdings meist auf die Darstellung des U-Wertes. Einige Projekte geben wertvolle praxistaugliche Hinweise zur Ausführung an.
• Für die thermische Sanierung der Regelquerschnitte kann auch zu einem Gutteil auf die detailliert
ausgearbeiteten Bauteilkonstruktionen aus dem IBO Passivhaus-Bauteilkatalog zurückgegriffen
werden. Sanierungsrelevante Hinweise (z.B. Eignung, Anforderungen an Untergrund, Vorbereitung Bestand, wohnhygienische Bedenklichkeit von Baustoffen im Bestand) und spezielle Lösungen sind zu ergänzen
• In einigen wenigen Projekten wird auf die konkrete, praxistaugliche Lösung von Anschlüssen eingegangen, eine quantitative Beurteilung der Wärmebrückenwirkung bzw. des Feuchteverhaltens
erfolgt in drei Projekten, detaillierte Ausführungshinweise fehlen in den meisten Fällen.
Überlegungen zur Problemstellung
Einer nachhaltigen Entwicklung in der Althaussanierung stehen folgende problematische Umstände
entgegen:
• Sanierung auf niedrigem Niveau: Thermische Sanierungen der Außenhülle erreichen zumeist nur
das Niveau des in den Bauordnungen festgelegten Mindestwärmeschutzes für den Neubau und
vergeben somit die Möglichkeit einer durchgreifenden Verbesserung der Gebäudequalität in Bezug auf Betriebskosten, thermischen Komfort und Energieverluste. Damit ist ein
• ungenutztes Marktpotential für bauökologisch gute und gleichzeitig kostengünstige Lösungen
gegeben. Planer schöpfen trotz stark steigender Nachfrage der Bauherren das Auftrags-Potential bei weitem nicht aus. Der Grund dafür liegt in
• fehlendem Wissen: In den letzten Jahrzehnten war die Ausbildung der Planer auf Hochschulebene (Architekten und Bauingenieure) fast ausschließlich auf den Neubau ausgerichtet. Seit sich der
Schwerpunkt der Bautätigkeit weg vom Neubau in Richtung Erhaltung und Sanierung verschiebt,
werden immer mehr Planer in diesem Bereich tätig, ohne aber über entsprechendes Fachwissen
zu verfügen. So findet etwa
• das in der wissenschaftlichen Forschung vorhandene hohe Kenntnisniveau über die im Altbau wesentlichen thermisch-hygrischen Vorgänge nur stockend Eingang in die Praxis. Dies führt zu
• Planungsfehlern: Sanierungsmaßnahmen bedingen oft wesentliche aber unvorhergesehene bauphysikalische Veränderungen der bestehenden Substanz. So unterlaufen auch erfahrenen Planern
Planungsfehler, die Bauschäden verursachen (insbesondere Kondensatschäden). Dies ist aber nur
ein Aspekt der
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• Komplexität der Bauaufgabe: Der Planungs- und Bauablauf bei Sanierungen ist, auch bei kleinen
Bauvorhaben, komplexer als bei entsprechenden Neubauten und die Fehlerquellen sind zahlreicher. Ebenso ungenügend ist der
• Wissenstransfer zu Professionisten: Jahrzehntelang war die Sanierung von Gebäuden die Domäne kleiner Baufirmen, die aufgrund ihrer Personalstruktur keine Kontakte zu Forschungsinstitutionen pflegten. Entsprechend niedrig war und ist der Innovationsgrad der ausgeführten Sanierungen. Wobei andererseits „innovative“ Bauprodukte ein Problem für sich sein können, denn:
• Zahlreiche im Sanierungsbereich eingesetzte Bauprodukte können Schadstoffe emittieren (z.B.
Dämmung und Abdichtung des erdberührten Fußbodens).
• Trotz des erwähnten hohen Wissenstandes in der wissenschaftlichen Forschung sind die zugänglichen Wissensquellen ungenügend
• Weil zu speziell: In vielen Projekten müssen für Antworten auf spezifische Fragestellungen eine
Vielzahl von Fachpublikationen oder Experten konsultiert werden, zumal in sehr vielen Sanierungsprojekten keine Fachplaner wie Bauphysiker oder Bautechniker eingesetzt werden.
• Weil zu allgemein: Die umfangreiche Literatur im Sanierungsbereich bleibt zumeist sehr allgemein
und kann daher als Ideengeber hilfreich sein, ist allerdings als Planungshilfsmittel unzureichend.
Tab. 1: Abgeschlossene Haus der Zukunft-Projekte mit Bezug zu Sanierungsaufgaben
Projekt
Bauperiode
Architekturhistorisch differenzierte, energetische Sanierung. Vergleichende
Nachkriegszeit
Analyse von Sanierungsmethoden bei Bauten der Nachkriegsmoderne, exemplarisch durchgeführt am Objekt Sonderschule Floridsdorf [Lorbek 2003]
Dienstleistungsangebote des Baugewerbes zur Durchführung von ökoloAlle
gischen Althaussanierungen [Tritthart et al. 2004]
Praxisleitfaden für nachhaltiges Sanieren und Modernisieren bei Hochbauvorhaben [Obernosterer 2004]
Maßnahmen zur Minimierung von Reboundeffekten bei der Sanierung von
Wohngebäuden (Maresi) [Biermayr 2004]
Gründerzeit bis 50er Jahre
Zukunftsfähige Konzepte in der Stadt- und Gebäudesanierung – Trollmannkaserne Steyr [Poppe und Prehal 2004]
Contracting als Instrument des Althauses der Zukunft [Bucar 2004]
unterschiedliche Bauperioden
nicht eingeschränkt
nicht eingeschränkt
Revitalisierung mit S.A.M. Synergie aktivierende Module [Sandbichler 2004]
Altbausanierung mit Passivhauspraxis – Strategien zur Marktaufbereitung
für die Implementierung von Passivhauskomponenten in der Althaussanierung [Guschlbauer-Gronek 2004]
Gründerzeithaus, Plattenbau
unterschiedliche Gebäude
Katalog der Modernisierung. Fassaden- und Freiflächenmodernisierung mit
standardisierten Elementen bei Geschoßwohnbauten der fünfziger und
sechziger Jahre [Lorbek et al. 2005]
ALTes Haus. Barrierefreies Wohnen im GründerzeitPassivhaus
[Schneider et al. 2005]
50er und 60er Jahre
Lichtblicke – Integrierte Bewertung von Tageslichtlenksystemen für eine
verstärkte Tageslichtnutzung im Gebäudebestand [Adensam et al. 2005]
SAQ – Sanieren mit Qualität. Qualitätskriterien für die Sanierung kommunaler Gebäuden [Ruhs et al. 2005]
nicht eingeschränkt
Vor 1900 und 60er, 70er Jahre
20er, 50er Jahre
1945–1982
Energetische Sanierung in Schutzzonen [Ortler et al. 2005]
Erste Passivhaus-Schulsanierung. Ganzheitliche Faktor 10 Generalsanierung der Hauptschule II und Polytechnischen Schule in Schwanenstadt mit
vorgefertigten Holzwandelementen und Komfortlüftung [Lang 2006]
denkmalgeschütze Gebäude
60er und 70er
Grünes Licht. Licht, Luft, Freiraum und Gebäudebegrünung im großvolumigen Passivhauswohnbau [Schneider 2006]
Praxis- und Passivhaustaugliche Sanierungssysteme für Dach und Wandbauteile unter Verwendung von Hochleistungswärmedämmsystemen
[Ferle und Essl 2006]
70er Jahre
Zellulose-Innendämmung ohne Dampfsperre [Kautsch et al. 2006]
v.a. Gründerzeithäuser oder
Wohnungssanierung
nicht eingeschränkt
Ganzheitliche ökologische und energetische Sanierung von Dienstleistungsgebäuden [Hofer et al. 2006]
WOP – Wohnbausanierung mit Passivhaustechnologien – Linz Österreich
[Poppe, Prehal et al. 2006]
klimaschutz:gebäude
60er Jahre
70er Jahre
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Klimasschutz und Sanierung
Neue Standards für alte Häuser. Nachhaltige Sanierungskonzepte für Einfamilienhaussiedlungen der Zwischen- und Nachkriegszeit – Sanierungsleitfaden [Haselsteiner et al. 2005]
Wege zur Steigerung des Bauvolumens um 500 % bei standardisierter
thermischer Althaussanierung [Kammerhofer 2005]
Gründerzeit
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• Weil lückenhaft oder einseitig oder fehlerhaft: Ökologische und wohnhygienische Aspekte werden überhaupt nicht behandelt. Produktkataloge sind sehr spezifisch und zudem nach unserer Erfahrung teilweise fehlerhaft.
Die Ergebnisse der im Rahmen des Haus der Zukunft entwickelten konstruktiven Lösungen für die Sanierung von Gebäuden sollten nach Bauaufgaben systematisiert, einheitlich durchgerechnet sowie
nach einer bewährten Systematik beschrieben werden.
Die Inhalte (vorgeschlagene Konstruktionen und Baustoffe) ermöglichen im Vergleich zur derzeitigen
Bau- und Sanierungspraxis eine
• deutliche Reduzierung des Energie- und Stoffeinsatzes, eine
• erhöhte und effiziente Nutzung von Materialien aus nachwachsenden Rohstoffen und anderen
ökologisch günstigen Materialien; eine
• Erhöhung der Lebensqualität (verbesserter Komfort) sowie
• vergleichbare Kosten und damit hohes Marktpotential
Zudem sollen Ergebnisse aus den in Tabelle 2 aufgezählten laufenden Haus der Zukunft-Demonstrationsprojekten in das vorliegende Projekt einfließen. Der größere Teil der Projekte ist kurz vor Abschluss
(Polierpläne liegen vor).
Grundsätzlich werden die PlanerInnen, bzw. FachplanerInnen angeschrieben, wenn die Dokumentation von konstruktiven Lösungen unklar oder unvollständig ist.
Die Inhalte der Projekte spiegeln den neuesten Stand der österreichischen Konstruktionsentwicklung
für Sanierungen wieder und sind daher geeignet, zusätzliche Nachfrage nach österreichischen Planungsleistungen, Gebäudeausrüstungen, Bausystemen und Bauprodukten zu generieren.
Ziele und Zielgruppen
Ziel ist eine Sammlung nachhaltiger Lösungen und Grundlagen in der Althaussanierung insbesondere für Architekten und Fachplaner.
Von Nutzen ist es aber auch
• für engagierte Bauherren,
• Beratungsinstitutionen,
• als Lehrmittel an Hochschulen und weiterbildenden Colleges,
• als Grundlage für die Wohnbau-Förderstellen der Länder,
• für Contractinginstitutionen,
• Baustoffhersteller und
• Immobilienverwaltungen, Versicherungen
Tab. 2: Laufende Haus-der-ZukunftDemonstationsprojekte mit Bezug
zu Sanierungsaufgaben
Projekt
Bauperiode
Erstes Einfamilien-Passivhaus im Altbau (Umsetzung des Passivhausstandard und -komfort in der Altbausanierung von Einfamilienhäusern
am Beispiel EFH Pettenbach/OÖ) [Projektleitung Lang]
Bewohnerfreundliche Passivhaussanierung in Klosterneuburg / Kierling
[Projektleitung Pusch]
Ökologische Sanierung eines denkmalgeschützten Gebäudes mit
Passivhaustechnologien [Projektleitung Hofbauer]
Wohnhaussanierung „Tschechenring“: Umfassende Sanierung einer
denkmalgeschützten Arbeiterwohnanlage (1880) in Felixdorf NÖ
[Projektleitung Eisenmenger]
Sanierung ökologischer Freihof Sulz [Projektleitung Zettler, Madlener]
Haus Zeggele in Silz [Projektleiter Heiß et al.]
Produkt- und Systementwicklung zur thermischen Sanierung von
Altbauten durch den Einsatz von magnesitgebundenen Holzwolleleichtbauplatten [Projektleitung Eusch]
Wohnhaussanierung auf Passivhausstandard, Makartstraße, Linz
[Projektleitung Willensdorfer]
50er Jahre
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70er Jahre
Gründerzeit
1880, 20er bis 30er Jahre
1900
denkmalgeschützt
50er und 60er Jahre
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Angestrebte Ergebnisse
•
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•
•
•
•
•
•
Konstruktionen und Anschlüsse in Passivbauweise (Wärmeschutz, Luftdichtigkeit)
bauphysikalisch optimierte Anschlüsse
Bewertung der bauphysikalischen Risiken in Planung und Ausführung der Konstruktionen
praktikable und einfache Lösungen
dauerhafte Lösungen mit wenig und einfacher Instandhaltung
effiziente Nutzung der Abbruchmaterialien
bauökologisch optimierte Lösungen
Anregungen zur Erhöhung der Wohnqualität wie Lärmschutz, thermische Behaglichkeit, Feuchteregulierung durch die bauliche Umwelt
• Grundlage der ökologischen Bewertung von Sanierungslösungen durch die Förderstellen.
• intelligentes Zusammenwirken von Konstruktions- und Anschlussdetails, die bauphysikalisch solide herstellbar sind und die geforderten „nachhaltigen Dienstleistungen“ erbringen können
• quantitative bauphysikalische und ökologische Kennwerte und eng am Gegenstand geführte bautechnische Beschreibungen und umfassende bauökologische Bewertungen.
Vor dem Hintergrund der genannten Probleme und Hemmnisse kann der Althaussanierung ein ebenso technisch wie ökologisch gegründetes Fundament gegeben werden.
Systematisierung
Für die systematische Analyse der Althaussanierung werden Gebäude in Abhängigkeit vom Errichtungszeitpunkt (verwendete Baustoffe und Konstruktionen, Bauweise) eingeteilt.
Weiters werden die Motive für Sanierungen betrachtet:
• Einsparung von Heizenergie, von treibhausrelevanten Emissionen etc.
• Instandsetzung: Beseitigung von (Bau-)Schäden (Schimmelbildung, Kondensatschäden, Schäden
an vorgehängten Fassaden)
• Modernisierung (Standardanhebung, Nutzungsänderung)
• Instandhaltung: Verhinderung von Schäden (Fassadenerhaltung, Sanierung der Tragsysteme, der
Dachhaut)
• Verbesserung der Behaglichkeit (Schallschutz, Wärmeschutz)
Bauaufgaben im Bestand
Exemplarisch seien hier einige Konstruktionen und Details angeführt, die bearbeitet werden:
1. Sanierung von Gründerzeithäusern: Errichtungszeitraum vor 1919
Charakterisierung:
• Außenwände Vollziegelmauerwerk 38–65 cm, straßenseitig Stuckornamentik
• Holzbalken- oder Dippelbaumdecken
• Kastenfenster
• Kellerdecke Gewölbe
• große Geschoßhöhen
Klimasschutz und Sanierung
Sanierungs-Bauaufgaben:
• Innendämmung mit Anschlüssen
• Dämmung der obersten Geschoßdecke, begehbar, nicht begehbar; Anschlüsse im Bereich Dachkante, bzw. Dachbodenausbau
• Fenstersanierung mit speziellen Kastenfenstern, Anschlüsse
• Dämmung der Kellerdecke, Minimierung der Wärmebrücken über Außenwände und Innenwände
• Verbesserung des Schallschutzes zwischen Wohneinheiten (Wände, Decken): eingeschränkt
2. Sanierung von Gebäuden der 20er Jahre
Charakterisierung:
• Außenwände aus Vollziegelmauerwerk, 25 bis 38 cm, Stuckornamentik reduziert, teilweise vorhanden
• Holzbalken- oder Dippelbaumdecken, erste Stahlbetondecken
• Kastenfenster, erstmals auch über Eck
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Sanierungs-Bauaufgaben:
• Dämmung der Außenwand bis zum Sockel
• Dämmung der obersten Geschoßdecke, begehbar, nicht begehbar; Anschlüsse im Bereich Dachkante, bzw. Dachbodenausbau
• Einbau von Passivhausfenstern, Fenstersanierung, Anschlüsse
• Dämmung der Kellerdecke, spezifische Lösungen für Wärmebrücken
3. Sanierung von Gebäuden der 50er Jahre
Charakterisierung:
• Außenwände aus Mauerwerk mit zementgebundenen Steinen (Ziegelsplitt etc.), auch Vollziegelmauerwerk 25 bis 38 cm, einfache Fassaden
• z.T. noch Holzbalkendecken
• Kastenfenster, z.T. Holzverbundfenster
Sanierungs-Bauaufgaben:
• Thermische Sanierung der Fassade je nach Bauweise, Anschlüsse in den Bereichen Traufe, Kellerdecke, Erdboden, Fenster, andere Durchdringungen
• Einbau von Passivhausfenstern, Anschlüsse
• Thermische Sanierung des Steildachs oder der obersten Geschoßdecke, begehbar und nicht begehbar; Dachbodenausbau
• Thermische Sanierung der Kellerdecke
4. Sanierung von Gebäuden der 60er Jahre
Charakterisierung:
• Sehr dünne Außenwandquerschnitte, häufig Mauerwerk, z.T. Schalsteine mit Kernbeton, Beginn
der Fertigteilbauweise, z.T. Stahlbetonstützen außen
• Balkone direkt an Geschoßdecken, Loggien
• Stahlbetondecken mit Estrich, sehr oft Fertigteildecken, kleinere Bauten mit Ziegeldecken
• Kellerdecken als Kappendecken, Fertigteildecken auf Stahlbetonträgern
• z.T. Flachdächer in Blech mit Attiken
• größere Fensterflächen, Holzverbundfenster
Sanierungs-Bauaufgaben:
• Thermische Sanierung der Fassade je nach Bauweise, Anschlüsse in den Bereichen Traufe/Attika,
Kellerdecke, Erdboden, Fenster, andere Durchdringungen
• Einbau von Passivhausfenster, Anschlüsse
• Thermische Sanierung Steil- und Flachdach, bzw. oberste Geschoßdecke begehbar und nicht begehbar; Dachbodenausbau
• Thermische Sanierung der Kellerdecke und der Wärmebrücken bei den Trägern
4. Sanierung von Gebäuden der 70er Jahre
Charakterisierung:
• Außenwände mit Stahlbetonwänden, z.T. bereits Sandwichbauweise, Leichtbetonwände, Holzspan-Mantelbauweise, bei Einfamilienhäusern monolithische Bauweise, z.T. erste industriell gefertigte Fertigteil-Leichtbauten, z.T. Stahlbetonstützen außen.
• meist Balkone und Loggien
• Stahlbetondecken mit Estrich, sehr oft Fertigteildecken, bei kleineren Bauten Ziegeldecken
• Kellerdecken als Stahlbetondecken
• sehr oft Flachdächer mit Folienabdichtung
• große Fensterflächen, Isolierverglasungen, z.T. Tropenhölzer
Sanierungs-Bauaufgaben:
• Thermische Sanierung der Fassade je nach Bauweise, Anschlüsse in den Bereichen Traufe/
Attika/Balkone, Kellerdecke, Fenster, andere Durchdringungen
• Einbau von Passivhausfenstern, Anschlüsse
• Thermische Sanierung des Steil- oder Flachdachs bzw. deren Ausbau
• Thermische Sanierung der Kellerdecke
Parallel dazu werden typische Bauschäden analysiert und Fehlerquellen aufgezeigt. Neben den Angaben aus der Literatur wird auf die Erfahrungen der beteiligten Personen und Institutionen zurückgegriffen.
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Dies führt zu einer Bewertung konventioneller Ausführungen nach folgenden Kriterien:
• typische Bauschäden (Kondensatprobleme, Schimmel, Schadstoffemissionen)
• energetische Bewertung
• bauökologische und wohnhygienische Bewertung
• Mängel (Behaglichkeit, Dauerhaftigkeit, Instandhaltung)
Erarbeitung nachhaltiger Lösungen
Auf der Grundlage der systematisierten Bauaufgabe und der konventionellen Sanierungslösungen
werden nachhaltige Konstruktionen und Anschlüsse entwickelt. Sie müssen erstens einem hohen
energetischen Standard entsprechen, vorzugsweise Passivhausstandard, z.B.:
• Sanierung mit Passivhauskomponenten für Gründerzeithäuser
• Verminderung der Wirkung von konstruktiven Wärmebrücken
• hohe Luftdichtigkeit an Anschlüssen, Durchdringungen (z.B. Kamin) und Leitungsdurchführungen
• einfache Integration von Lüftungsrohren für Komfortlüftung
Sie müssen zweitens eine hohe bauökologische Qualität aufweisen und sich positiv auf das Raumklima auswirken, z.B.:
• Einsatzmöglichkeiten auch für Baustoffe aus nachwachsenden Rohstoffen in der Sanierung
• Vermeidung von grundsätzlich problematischen Stoffen (bestimmte Dichtungsmittel, PUR-Schäume etc.)
• optimale Nutzung der bestehenden Bausubstanz als Baustofflager, aber auch zur Erhaltung von
thermischer Speichermasse.
Sie müssen drittens bauphysikalisch sicher sein oder ihre Risiken müssen klar benannt werden:
• Vermeidung „dauerelastischer“ Fugen
• Schadenssicherheit bei prinzipiell kritischen Konstruktionen wie z.B. Innendämmungen
• Optimierung der Konstruktion in Richtung hoher Fehlertoleranz. Ansonsten Hinweis auf Risiken
und die dann erforderliche Qualität der ausführenden Firmen
Die Erarbeitung erfolgt vor allem auf Bauaufgabenebene (Anschlüsse, Nutzung der Bestandskonstruktionen) und auf Bauteilebene. Auf Bauteilebene werden Regelquerschnitte gemeinsam mit Anschlussmöglichkeiten dargestellt.
Klimasschutz und Sanierung
Der Passivhaus-Standard ist ein zukunftsweisender Baustandard, der, wiewohl in Deutschland entwikkelt, in Österreich schon stärker Fuß gefasst hat als in seinem Ursprungsland. Die Sanierung bestehender Gebäude wird dabei aufgrund des großen Gebäudebestands in den kommenden Jahrzehnten quantitativ weitaus bedeutender werden als der Neubau. In Österreich erarbeitetes Know-How
für Sanierungen zu diesem Baustandard oder mit für Passivhäuser entwickelte Komponenten, die
durch Förderung des „Hauses der Zukunft“ entwickelt werden konnten, wird durch den Passivhausbauteilkatalog weiter verbreitet werden.
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Sommertauglichkeit im Klimawandel
Peter Holzer, Renate Hammer; Donau-Universität Krems, Department für Bauen und Umwelt
1. Fragestellung
Die Tatsache des Klimawandels und auch sein Andauern in den kommenden Dekaden stehen in ernstzunehmenden Wissenschaftskreisen längst außer Zweifel. Ebenfalls außer Zweifel steht der überwiegend anthropogene Ursprung des Klimawandels. [1, 2, 3, 4]
Es drängt sich die Frage auf, in welcher Weise der Klimawandel die zentrale Funktion von Gebäuden,
die Trennung und gleichzeitig Verbindung von Innenraum und Außenraum, beeinflusst. An erster Stelle ist das thermische Gebäudeverhalten betroffen, also die Bereitstellung geeigneter thermischer Innenraumbedingungen.
Die Fragestellung der gegenständlichen Studie ist demnach jene nach der zu erwartenden Änderung
des thermischen Sommerverhaltens von Gebäuden angesichts des Klimawandels.
Die Fragestellung war bislang aufgrund des Fehlens wissenschaftlich fundierter, lokaler Klimaprognosen nicht zufrieden stellend beantwortbar. Mit dem Schlussbericht des Österreichischen Projekts reclip:more – Research for Climate Protection: Model Run Evaluation [5] liegen solche Daten seit Juni
2007 vor, was erstmals die Möglichkeit eröffnet, die Änderung des thermischen Sommerverhaltens
von Gebäuden unter veränderten Klimabedingungen mit fundierter Basis nachzugehen.
Untersucht wird demnach auf Basis der Ergebnisse aus reclip:more (lokale Klimaprognosen für 2050),
wie sich das thermische Verhalten von Gebäuden in der Zeitspanne von heute bis 2050 ändern wird.
Untersucht werden an einem Beispielraum die Veränderung des Nutzenergiebedarfs für Heizen und
Kühlen sowie die Veränderung der zu installierenden Leistungen für Heizen und Kühlen.
2. Methodik
Die gegenständliche Arbeit wird als Parameterstudie ausgeführt. Das thermische Verhalten eines Musterraums wird für das prognostizierte Klima 2050 berechnet und wird mit dem thermischen Verhalten des selben Raums unter heutigen Auslegungsbedingungen verglichen. In folgenden Schritten wird
vorgegangen:
Wahl des Musterraums
Als Musterraum wird das Gebäudebeispiel aus Anhang D.2 der ÖNORM B 8110-3 herangezogen. Es
ist nach dem heute gültigen Normverfahren sommertauglich ohne technische Kühlung. Näheres siehe Kapitel 3.1.
Festlegung der Klimadaten
Es werden die Ergebnisse des Klimaforschungsprojekts reclip:more auf einen heute repräsentativen
Referenzklimadatensatz für den Standort Wien angewandt. Näheres siehe Kapitel 3.2.
Berechnungen
Das thermische Verhalten des Musterraums wird mit dem Mittel der dynamischen thermischen Gebäudesimulation untersucht. Näheres siehe Kapitel 3.3.
Auswertung und Ergebnisdarstellung
Ausgewertet werden die Heizlast, der Heizwärmebedarf, die Kühllast, der Kühlbedarf und die Temperaturüberschreitungshäufigkeiten ohne technische Kühlung. Näheres siehe Kapitel 3.3.
3. Durchführung
3.1 Gebäudebeispiel
Als Gebäudebeispiel wird ein Musterraum aus dem Anhang D.2 der ÖNORM B 8110-3, der österreichischen Norm zur Berechnung des thermischen Sommerverhaltens [8] herangezogen. Der Raum ist
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ein Büroraum in Massivbauweise, mit 56 m2 Nutzfläche, mit moderaten, außenliegend beschatteten,
südgerichteten Fensterflächen und Fensterlüftung.
Die Abbildung 1 aus der ÖNORM B 8110-3 zeigt seinen Grundriss.
Abb. 1: Geometrie des Musterraums,
Grundriss
Die thermisch relevanten Daten des Raumes sind:
• Horizontale Abmessungen 7,5 m x 7,5 m, Raumhöhe 3,2 m
• Fassade südorientiert, 50 % Fensteranteil (Architekturlichte)
• Fassade und Rückwand massiv, Schottwände Leichtbau
• Bauteile im Wärmeschutzstandard 1960
• Fensterverglasung mit Gesamtenergiedurchlassgrad g = 0,75 und Rahmenanteil 30 %
• Außenliegender Sonnenschutz mit Abschattungsfaktor z = 0,27
• Fensterlüftung
• Büronutzung mit Belegung von 5 Personen
Nach dem vereinfachten Verfahren (Nachweis über die mindesterforderliche speicherwirksame Masse) laut ÖNORM B 8110-3 wird dieser Raum bei der gegebenen Nutzung als sommertauglich eingestuft.
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3.2 Klimadaten
Sämtliche Berechnungen werden für den Klimastandort Wien durchgeführt.
Als gegenwärtiges Referenzklima wird der Datensatz Wien aus der internationalen Klimadatenbank
METEONORM [9] herangezogen.
Der Klimadatensatz 2050 wird mittels Parallelverschiebung des Temperaturgangs um jeweils die Oberund die Untergrenzen des jahreszeitspezifischen Anstiegs der Mitteltemperaturen gebildet. Diese Temperaturen werden im Forschungsbericht von reclip:more [5] für den Osten Österreichs prognostiziert
werden.
Folgende Parallelverschiebungen kommen somit zur Anwendung:
Winter: + 1,3 °C und + 1,8 °C
Frühjahr: + 1,8 °C und + 2,5 °C
Sommer: + 2,0 °C und + 2,5 °C
Herbst: + 2,5 °C und + 3,0 °C
Die drei solcherart gewonnenen Klimadatensätze bilden in guter Übereinstimmung auch die in reclip:more gegebenen Prognosen für die Veränderung der Häufigkeit von Hitze- und Frosttagen ab.
Die Daten der Sonnenstrahlung wurden vom Referenzklima unverändert übernommen.
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3.3 Berechnungen
Das themische Verhalten des Musterraums wird mit dem Mittel der dynamischen thermischen Gebäudesimulation untersucht. Als Berechnungswerkzeug wird das Programm TRNSYSlite [10] eingesetzt.
In der ÖNORM B 8110-3 fehlende Angaben wurden praxisgerecht ergänzt.
Demnach ergeben sich folgende Randbedingungen:
Lüftung
• Winter: n = 1,0 1/h bei Nutzung, nx = 0,1 1/h sonst
• Sommer ohne Kühlung: n = 1,5 1/h
• Sommer mit Kühlung: n = 1,0 1/h, nx = 0,1 1/h sonst
• Sommer für KB*: nx = 0,1 1/h sonst
Innere Wärmelasten
• 1 Arbeitsplatz je 12 m2 mit 75 W + 230 W
Insgesamt 1.429 W von 08:00 – 18:00 werktags
Heizung
• Im Winterfall auf Lufttemperatur 20 °C durchgehend
• Im Sommerfall aus.
Kühlung
• Für KB und für KB* auf 26 °C Lufttemperatur durchgehend
3.4 Auswertung und Ergebnisdarstellung
Ausgewertet werden:
• Die Heizlast, als die maximale Heizleistung, die laut Berechnung zur Aufrechterhaltung der Rauminnentemperatur erforderlich ist.
• Der Heizwärmebedarf als die Jahressumme der zugeführten Nutzwärme, die laut Berechnung zur
Aufrechterhaltung der Raumlufttemperatur von 20 °C erforderlich ist.
• Die Kühllast als die Jahressumme der abgeführten Nutzwärme, die laut Berechnung zur Aufrechterhaltung der Raumlufttemperatur von 26 °C erforderlich ist.
• Der Kühlbedarf als die maximale Kühlleistung, die laut Berechnung zur Aufrechterhaltung der Rauminnentemperatur erforderlich ist.
• Die Temperaturüberschreitungshäufigkeiten ohne technische Kühlung als die Anzahl der Stunden
pro Jahr, zu denen laut Berechnung eine operative Raumtemperatur von 27 °C überschritten wird.
Alle Werte werden auf die konditionierte Nutzfläche bezogen.
Alle Ergebnisse werden als Säulendiagramme mit jeweils drei Säulen bzw. Säulengruppen dargestellt,
von welchen die erste den Referenzwert im gegenwärtigen Klima, die zweite den Prognosewert bei
unterer Grenze der Klimaverschiebung und die dritte den Prognosewert bei oberer Grenze der Klimaverschiebung abbilden.
4. Ergebnisse
4.1 Veränderung der Heizgradtage und Kühlgradstunden
Die prognostizierten Klimaveränderungen schlagen direkt auf die Heizgradtage und die Kühlgradstunden durch, beides klassische Auslegungswerte für die haustechnische Dimensionierung. Beide Kennzahlen beeinflussen direkt proportional den Heizwärme- bzw. den Kühlbedarf eines Gebäudes.
Für die Heizgradtage, bezogen auf eine Innenraumtemperatur von 20 °C, wird demnach vor dem Hintergrund des gewählten Referenzklimadatensatzes ein Absinken von derzeit 3.084 Kd/a auf
2.661 Kd/a bzw. auf 2.378 Kd/a prognostiziert, also ein Absinken um 14 % bzw. um 23 %.
Für die Kühlgradstunden, bezogen auf eine Innenraumtemperatur von 26 °C, wird hingegen ein Anstieg von derzeit 373 Kh/a auf 976 Kh/a bzw. auf 1.225 Kh/a prognostiziert, also eine relative Erhöhung um 162 % bzw. um 228 %.
Die Abbildung 2 zeigt die beschriebenen Veränderungen der Heizgradtage und Kühlgradstunden.
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Abb. 2: Heizgradtage in Kd/a und
Kühlgradstunden in Kh/a
4.2 Veränderung der Temperaturüber- und Unterschreitungshäufigkeiten
Weitere anschauliche Maßzahlen für das Standortklima sind Überschreitungshäufigkeiten sommerlicher Temperaturgrenzen sowie Unterschreitungshäufigkeiten winterlicher Referenztemperaturen.
Ausgewertet wurde für den Sommerfall die Überschreitungshäufigkeit der Außenlufttemperatur über
27 °C sowie für den Winterfall die Unterschreitungshäufigkeit der Außenlufttemperatur unter 0 °C.
Für die Überschreitungshäufigkeit der Außenlufttemperatur über 27 °C wird ein Ansteigen von derzeit
126 h/a auf 199 h/a bzw. 366 h/a prognostiziert, also eine relative Steigerung um 58 % bzw. um 90 %.
Für die Unterschreitungshäufigkeit der Außenlufttemperatur unter 0 °C wird ein Absinken von derzeit 986 h/a auf 690 h/a bzw. 508 h/a prognostiziert, also eine relative Verringerung um 30 % bzw.
um 48 %.
4.3 Veränderung des Heizwärmebedarfs und der Heizlast
Untersucht wurden die prognostizierten Veränderungen des Heizwärmebedarfs und der Heizlast, beides Schlüsselgrößen in der aktuellen Diskussion um den Beitrag von Gebäuden zum Klimaschutz oder
zum Klimawandel.
Abb. 3: Temperaturüber- und -unterschreitungshäufigkeiten in h/a
Der Heizwärmebedarf ist die Schlüsselgröße für den Bedarf an Nutzwärme und somit implizit für den
Bedarf an Endenergie und für klimarelevante Emissionen.
Die Heizlast wiederum ist eine Schlüsselgröße für die Dimension und somit für den Platzbedarf und
die Kosten der Heizungsanlage.
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Klimasschutz und Sanierung
Die Abbildung 3 zeigt die beschriebenen Veränderungen des Über- und Unterschreitungshäufigkeiten der Außenlufttemperatur.
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Für den untersuchten Raum wird eine Verringerung des Heizwärmebedarfs von 23 kWh/m2a auf 19
kWh/m2a bzw 16 kWh/m2a prognostiziert, also eine relative Senkung um 17 % bzw. um 30 %.
Für die Heizlast hingegen wird nur eine Verringerung von 22 W/m2 auf 20 W/m2 bzw. 18 W/m2 prognostiziert.
Dieses Ergebnis ist durchaus charakteristisch für die gegenwärtige Entwicklung: Die Senkung des Heizwärmebedarfs fällt stärker aus als jene der Heizlast. Die Kosten für die Heizanlage sinken daher nicht
proportional mit dem bereitzustellenden Wärmebedarf und die Auslastung der Heizanlagen sinkt.
Abbildung 4: Heizwärmebedarf in
kWh/m2a und der Heizlast in W/m2
Die Abbildung 4 zeigt die beschriebenen Veränderungen des Heizwärmebedarfs und der Heizlast.
4.4 Veränderung der Sommertauglichkeit ohne Kühlung
Der gewählte Musterraum ist laut dem vereinfachten Nachweisverfahren der ÖNORM B 8110-3 sommertauglich. De facto bzw. auch laut dem zweiten normgerechten Verfahren der periodisch eingeschwungen Analyse ist diese Sommertauglichkeit aber nur eingeschränkt gegeben, was auch die thermische Jahressimulation bestätigt.
Der Raum weist demnach bei ungekühltem Betrieb eine Überschreitungshäufigkeit der Innenlufttemperatur von 329 h/a auf, was bereits deutlich jenseits der „Sommertauglichkeit“ liegt. Mit den Effekten des Klimawandels wird eine Steigerung dieser Überschreitugshäufigkeit auf völlig inakzeptable
Werte von 1.063 h/a bzw. 1303 h/a prognostiziert.
Abb. 5: Überschreitungshäufigkeiten
der operativen Innenraumtemperatur > 27 °C ohne Kühlung in h/a
Die Abbildung 5 zeigt die beschriebenen prognostizierten Veränderungen der Überschreitungshäufigkeit der operativen Temperaturen über 27 °C.
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4.5 Veränderung des Kühlbedarfs und der Kühllast
Untersucht wurden schließlich die prognostizierten Veränderungen des Kühlbedarfs und der Kühllast, jenen beiden Schlüsselgrößen angesichts der Frage nach dem sommerlichen thermischen Gebäudeverhaltens angesichts des Klimawandels.
Für den untersuchten Raum wird eine Erhöhung des Kühlbedarfs von 1 kWh/m2a auf 9 kWh/m2a bzw
12 kWh/m2a prognostiziert, also eine relative Steigerung um den Faktor 9 bzw. um den Faktor 12.
Für die Kühllast hingegen wird nur eine Erhöhung von 33 W/m2 auf 39 W/m2 bzw. 42 W/m2 prognostiziert.
Hier liegt also eine gegensätzliche Tendenz zu jener im Heizfall vor: Die Kühllast steigt nur moderat,
der Kühlbedarf hingegen vervielfacht sich.
Die Abbildung 6 zeigt die beschriebenen Veränderungen des Kühlbedarfs und der Kühllast.
Abb. 6: Kühlbedarf in kWh/m2a und
Kühllast in W/m2
5. Schlussfolgerungen und Ausblick
Die gegenständliche Studie zeigt deutlich die Tendenzen auf, die hinsichtlich der Temperierung von
Gebäuden mit dem Klimawandel verbunden sein werden.
• Ohne architektonische, bautechnische und funktionsrelevante Anpassungen ist mit einem drastischen Ansteigen des Kühlbedarfs zu rechnen, selbst bei Räumen, die nach heutiger Dimensionierung als sommertauglich ohne Kühlung gelten dürfen. Im Fall des Musterraums hat sich der Kühlbedarf bis zu verzwölffacht.
• Der Heizwärmebedarf dürfte signifikant, in einer Größenordnung von bis zu 30 %, sinken.
• Die Heizlast und auch die Kühllast dürften sich hingegen nur moderat verändern.
Klimasschutz und Sanierung
Es ist daher dringend erforderlich, die architektonische Gestaltung und die bautechnische Ausformulierung heute errichteteter Gebäude bereits vorausschauend an die künftigen klimatischen Gegebenheiten anzupassen. Dem sommerlichen Überhitzungsschutz muss zweifellos wesentlich mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden, als es derzeit der Fall ist. Die neue Bestimmung zur Begrenzung des
außeninduzierten Kühlbedarfs in der neuen ÖNORM B 8110-1 ist ein guter Schritt in diese Richtung.
Von einer Rücknahme des Wärmeschutzstandards als Reaktion auf mildere Winter ist hingegen dringend abzuraten. Der Wärmeschutz leistet auch im Sommer hervorragende Dienste und er ist in den
weiterhin vorhandenen winterlichen Extremsituationen qualitätsentscheidend.
Ohne deren Ergebnisse zu relativieren, ist festzuhalten, dass die gegenständliche Studie nur als eine
exemplarische Veranschaulichung der existierenden Zusammenhänge angesehen werden kann.
Eine stark vereinfachende Annahme ist etwa die Generierung der prospektiven Klimadaten mittels
nur einer jahreszeitspezifischen Verschiebung der Mitteltemperaturen, ohne Änderung der Strahlungsdaten.
Auch die Beschränkung der Untersuchungen auf nur einen einzigen Musterraum macht eine Verallgemeinerung der Ergebnisse unzulässig.
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Weitere, systematische Forschungsarbeiten sind
• im Bereich der Klimatologie,
• im Bereich der Übertragung der klimatologischen Forschungsergebnisse in die Klimadatensätze
zur Gebäudeauslegung und
• im Bereich der Optimierung architektonischer, bautechnischer und haustechnischer Elemente des
sommerlichen Wärmeschutzes,
auszuführen.
Unzweifelhaft muss jedenfalls muss jedenfalls mittels der Gebäudeplanung auf den Umstand des Klimawandels rasch und entschlossen reagiert werden.
6. Quellenverzeichnis
[1] IPCC First Assessment Report (IAR) 1990
[2] IPCC Second Assessment Report (SAR) 1995
[3] IPCC Third Assessment Report (TAR) 1995
[4] IPCC Fourth Assessment Report (AR4) 2007
[5] reclip:more - Research for Climate Protection: Model Run Evaluation 2007
[6] ÖNORM EN ISO 15927-4 Wärme- und feuchtetechnisches Verhalten von Gebäuden – Berechnung und Darstellung von Klimadaten - Teil 4: Daten zur Abschätzung des Jahresenergiebedarfs für
Kühl- und Heizsysteme
[7] Österreichischer Klimadatenkatalog
[8] ÖNORM B 8110-3 Wärmeschutz im Hochbau, Wärmespeicherung und Sonneneinflüsse; 1999
12-01 mit Berichtigung ÖNORM B 8110-3/AC1 von 2001-06-01
[9] METONORM 5.1; global meteorological database for applied climatology; Jan Remund und Stefan Kunz; METEOTEST GmbH, Bern; 2004
[10] TRNSYSlite 4.0.27, Transsolar, Stuttgart
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Lüftungskonzepte für Sanierungen
Wolfgang Leitzinger, arsenal research – Geschäftsfeld Nachhaltige Energiesysteme
Einleitung
Die kontrollierte Wohnraumlüftung erlebt im Neubau einen regelrechten Boom. Begünstigt durch das
steigende Komfortbedürfnis und nicht zuletzt durch die zum Teil attraktive Fördersituation der Länder beginnt sich diese Technologie breit zu etablieren. Im Gegensatz zu bedarfsgesteuerten Einzelraumentlüftungen von fensterlosen Räumen wie Bad und WC, bei denen die Nachströmung der Luft
mehr oder weniger dem Zufall überlassen bleibt, ermöglicht die kontrollierte Wohnungslüftung im
Zusammenspiel mit luftdichter Bauweise die gezielte kontinuierliche Zuführung gefilterter und temperierter Frischluft in die Wohnbereiche. Die Luftmenge ist meist über Zeitsteuerung an das Nutzerprofil angepasst und erfordert keinen ständigen Eingriff der Bewohner. An belasteten Standorten ist
es weiters möglich durch Einsatz hochwertiger Filter den Eintrag von gesundheitschädlichem Feinstaub deutlich zu reduzieren. Effiziente Wärmerückgewinnungen ermöglichen gegenüber einer nutzerabhängigen, unkontrollierten Fensterlüftung eine merkliche Einsparung an Heizenergie. Kontrollierte Wohnraumlüftungen tragen bei fachgerechter Errichtung und bei Einhaltung der einfach einzuhaltenden hygienischen Richtlinien wesentlich zur Verbesserung der Innenraumluftqualität und damit zur Gesunderhaltung der Bewohner bei [1].
Noch immer wird die kontrollierte Wohnraumlüftung auf die Wirkung der Wärmerückgewinnung und
damit auf die Senkung der Energiekennzahl reduziert. Tatsächlich hat sie jedoch auch im Sanierungsfall zum Teil unabhängig vom Wärmeschutzstandard aufgrund des meist vorherrschenden höheren Schimmelpotenzials besondere Berechtigung eingesetzt zu werden. Eine der Ursachen, warum
diese Technologie bislang sehr zurückhaltend berücksichtigt wurde, ist die im Regelfall schwierigere
Integrierbarkeit und das oftmals falsch angesetzte Kosten/Nutzen-Verhältnis. Im Folgenden wird gezeigt, dass mit Vereinfachungen und Anpassungen sehr zufrieden stellende, kosteneffiziente Lösungen entwickelt werden können, die für die meisten Wohnungsgrundrisse anwendbar sind und alle
Bedingungen erfüllen, die an eine zeitgemäße „Komfortlüftung“ gestellt werden.
Merkmale einer „Komfortlüftung“
Die vorteilhaften Merkmale einer qualitätsorientiert ausgeführten Wohnraumlüftung, die im Marketing auch gerne als „Komfortlüftung“ bezeichnet wird, können anhand der nachfolgenden Punkte
auch dem Laien verständlich vermittelt werden:
Klimasschutz und Sanierung
1. Die Luftmenge ist an den hygienischen Bedarf angepasst.
2. Die Konzeption der Anlage ermöglicht eine dauerhaft gute Zuluftqualität ohne Zugerscheinungen.
3. Das Anlagenbetriebsgeräusch wird im Wohn- und Schlafbereich nicht störend wahrgenommen.
4. Bei einer luftdichten Bauweise des Gebäudes kann ein Vielfaches an Heizenergie bezogen auf den
Eigenenergiebedarf der Anlage eingespart werden.
5. Die Anlage ist mit anderen haustechnischen Einrichtungen (Heizung, Öfen, Dunstabzug etc.) abgestimmt.
6. Der Betreiber kann die Anlage einfach bedienen und den Filterwechsel nach Anzeige des Bedarfs
selbständig vornehmen.
7. Komfortlüftungsanlagen werden vorzugsweise von „Zertifizierten KomfortlüftungsinstallateurInnen“ geplant und errichtet.
8. Als Grundlage für Planung, Errichtung, Betrieb und Wartung dienen die landesspezifischen Vorschriften, nationalen Normen und die „55 Qualitätskriterien für Komfortlüftungsanlagen“.
Weiterbildung zum „Zertifizierten Komfortlüftungsinstallateur“
Mit den Weiterbildungsprogrammen für Installateure setzt arsenal research schon seit mehreren Jahren wichtige Impulse für die nachhaltige Entwicklung im Wohnbau. Neben den Technologiebereichen
Wärmepumpe, Solarthermie und Photovoltaik, wurde Ende 2007 das Weiterbildungsprogramm um
den Bereich „Komfortlüftung“ erweitert. Der von arsenal research gemeinsam mit den Projektpart-
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nern FH Kufstein, Energie Tirol und AEE Intec angebotene einwöchige Kurs liefert alle wesentlichen
Kenntnisse und Werkzeuge für die qualitätsorientierte Planung und Ausführung von Komfortlüftungsanlagen. Die Definition von „55 Qualitätskriterien“ für die Planung und Ausführung von Komfortlüftungen bildet die Basis für eine einheitliche Leitlinie dieser Weiterbildungsmaßnahme.
Die Kursteilnehmer können optional nach positiver Absolvierung der Prüfung ihre Personenzertifizierung bei arsenal research beantragen. Die mit Auflagen behaftete „Qualitätsbeauftragung“
bietet den Installateuren ein wertvolles Marketinginstrument und den Kunden die Sicherheit, einen
besonders qualifizierten Fachexperten zu betrauen.
Grundlage jedes Lüftungskonzeptes
Bei Generalsanierungen besteht die Chance die Luftdichtheit von Wohnungen an den Neubaustandard anzupassen. Erhebliche Luftleckagen können an Fenstern aber auch an Unterputzinstallationen,
unverputztem Mauerwerk, Wohnungstüren, Installationsschächten, Kaminen, Dampfbremsen etc.
auftreten. Diese Undichtheiten tragen aber nicht, wie früher irrtümlicherweise argumentiert, zum willkommenen Luftaustausch und damit zur Verbesserung der Raumluftqualität bei. Der Luftaustausch
sollte grundsätzlich immer bedarfsangepasst und über klar definierte Luftwege erfolgen, die hygienisch einwandfrei, inspizier- und wartbar sind. Jede mechanische Wohnungslüftung, auch reine Abluftanlagen basieren auf einer definierten Luftführung innerhalb der Wohnung, die wiederum auf minimalen Druckunterschieden zwischen Abluft- und Zuluftbereichen beruht. Etwaige unerwünschte
Leckagen in der Gebäudehülle vergrößern nicht nur die nicht rückgewinnbaren Wärmeverluste, sondern führen auch zur Luftunterversorgung einzelner Räume oder ganzer Zonen.
Daraus kann man ableiten, dass jedes Lüftungskonzept auf einer dauerhaft luftdichten Ausführung
der Gebäudehülle basiert, die neben den hygienischen Vorteilen, auch die funktionelle und energetische Wirkung der Anlage sicherstellt. Als Zielwert der Luftwechselzahl gemäß Luftdurchlässigkeitsmessungen nach EN 13829 können durchaus Werte < 1,0/h angesetzt werden. In vielen Fällen lässt
sich sogar die Passivhausanforderung von < 0,6/h erreichen. Da Lösungen für dauerhafte Luftdichtheit nicht erst auf der Baustelle gefunden werden, sollte die Erfahrung von Dienstleistern für Gebäudeluftdichtheit bereits im frühen Planungsstadium eingebracht werden.
Neuer Ansatz bei Sanierungen
Abb. 1: Neuer Ansatz bei der Systemwahl, Quelle: Energie CH
Komfortlüftungen können in idealer Weise die Anforderungen hinsichtlich Komfort, Hygiene und Klimaschutz erfüllen. Der konventionelle Weg der Planung ist aber nach wie vor, eine Fensterlüftung als
ausreichend funktionierenden Standard vorauszusetzen, ohne die möglichen Risken dieser Entscheidung abzusehen. Die in den derzeitigen Bauordnungen verankerte Minimalanforderung an den Luftaustausch, der hauptsächlich vom Nutzerverhalten abhängig ist, führt in vielen Fällen zu einer Unterversorgung oder sogar zu Bauschäden bis hin zur gesundheitlichen Beeinträchtigung der Bewohner
durch Schimmelpilzsporen oder Milbenwachstum. Mechanische Lüftungssysteme mit Wärmerückgewinnung, die die ganze Wohnung versorgen, sollten nicht nur dann eingesetzt werden, wenn sehr
niedrige Energiekennzahlen erreicht werden sollen.
Der praktikablere Weg zu einem zufrieden
stellenden Lüftungskonzept führt über den
umgekehrten Ansatz. Nach Analyse des
Bauzustandes und des Nutzerprofils ist das
bestmögliche System für Nutzer und Gebäude zu konzipieren und dann zu prüfen,
ob es machbar ist.
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Zentral oder dezentral?
Die Entscheidung ob eine dezentrale (wohnungsweise) oder zentrale Luftaufbereitung zur Anwendung kommt, kann von vielen Faktoren abhängig sein. Grundsätzlich ist aber das zur Verfügung stehende Platzangebot für die Luftverteilung und das Zentralgerät das erste und vorentscheidende Kriterium. Sind beide Lösungen realisierbar, so werden die Kosten für beide Varianten unter Einbeziehung des baulichen Aufwandes
miteinander verglichen. Bei einer längerfristigen Betrachtung im Sinne der
Nachhaltigkeit sind aber nicht nur die
Errichtungskosten von Bedeutung,
sondern vielmehr, wie die laufende
Betreuung bei zentralen oder dezentralen Lösungen betriebssicher
und kosteneffizient gelöst wird.
Da die Kosten für dezentrale Geräte
und Komponenten bei kleineren
Wohneinheiten nur unwesentlich gegenüber großen Wohnungen sinken,
kann die Kostendifferenz abhängig
von der Wohnungsgröße durchaus
70 Euro/m2 Nutzfläche betragen. Aus
diesem Grund wird man bei kleinen
Wohneinheiten eher zentrale Geräte
für alle Wohnungen bevorzugen
bzw. die Wohnungen zu mehreren
Gruppen zusammenfassen.
Abb. 2: Häufigste Systeme im Geschoßwohnbau, Quelle: Energie CH
Zielvorgabe Passivhaus
Abb. 3: Dezentrale, zuluftmengenunabhängige Beheizung eines Wohnraumes in einer Passivhauswohnung, Quelle: arsenal research
Klimasschutz und Sanierung
Das Passivhaus-Konzept zielt darauf ab, den Heizwärmebedarf soweit zu reduzieren, dass auf ein wassergeführtes Heizsystem verzichtet werden kann. Die Wärmeverteilung erfolgt dann über die obligatorische Zuluftverteilung zu den einzelnen Wohn- und Schlafräumen. Neue Geschoßwohnbauten
können ohne hohen Aufwand Passivhausstandard aufgrund ihrer günstigen Gebäudekompaktheit
erreichen. Bei Sanierungen hingegen macht zwar der Einsatz von passivhausgeeigneten Komponenten Sinn, nicht komplett sanierbare Wärmebrücken im Dach oder Kellerbereich verhindern aber meist
den vollständigen Verzicht auf ein statisches Heizsystem. In den meisten Fällen ist aber ohnehin eine
Trennung von Heizung und Lüftung sinnvoll, da die Luftmenge an den hygienischen Bedarf, aber nicht
an den Wärmebedarf gekoppelt sein soll.
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Neben zentralen und dezentralen Lösungen gibt es auch sogenannte „semizentrale“ Lösungen, bei denen mehrere
Wohneinheiten über ein gemeinsames Gerät versorgt werden.
In den Wohneinheiten ist zusätzlich eine Lüftungseinheit angeordnet, die die Druckunterschiede in den Steigsträngen reduziert, den Grobstaub der Abluft zurückhält und bei Bedarf
die Zuluft erwärmt. Die Vermeidung von langen, unzureichend
wärmedämmbaren Außen- und Fortluftleitungen, sowie die
Einbindung von dezentralen Sole-Wasser-Kleinstwärmepumpen zur Wärmebereitstellung ermöglichen eine sehr hohe Effizienz des Gesamtsystems.
Abb. 4: Semizentrale Passivhaustechnik, Quelle: Drexel & Weiss
Entwicklung effizienter Konzepte für die Luftführung in den Wohnungen
In Abbildung 5 ist ein typischer Wohnungsgrundriss mit der Anordnung der Zu- und Abluft sowie
Überströmung dargestellt. Die Luftleitungen werden über einer abgehängten Decke im Vorraum untergebracht. Die Luftleitungen durchstoßen vorzugsweise über den Zimmertüren die Innenwände, um
die Möglichkeiten der Möblierung nicht einzuschränken. Die Zuluft wird über Weitwurfeinlässe eingebracht, die Überströmung erfolgt im Regelfall über gekürzte Türblätter.
Vor allem beim Konzept mit dezentralen Lüftungsgeräten kommt es fast immer zu Platzproblemen,
da an den Hauptleitungen von Zuluft und Abluft und bei den Raumverbindungen zur Unterdrückun
von Telefonieschall Schalldämpfer angebracht werden müssen. Auch Kreuzungen von Zu- und Abluftleitungen sind nicht immer auszuschließen. Diese führen zu einer unerwünschten Erhöhung des
Aufbaus der Decke und verringern damit die lichte Raumhöhe. In der Praxis werden daher oftmals
die Querschnitte reduziert, zu kurze Schalldämpfer verwendet, oder sogar gänzlich weggelassen. Daraus resultiert eine erhöhte Schallbelastung, die auch wie die Erfahrung zeigt, einen der häufigsten
Mängel darstellt.
Abb. 5: Prinzip der Luftführung einer
Zu- und Abluftanlage, Quelle: arsenal research
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Bei reinen Abluftanlagen wie in Abbildung 6 ersichtlich, treten die besagten Platzprobleme nicht auf,
da es kein Zuluftverteilnetz gibt. Vor allem kostenmäßig wird die reine Abluftanlage als Alternative
zur Zu- und Abluftanlage angesehen.
Abb. 6: Prinzip der Luftführung einer
Abluftanlage, Quelle: arsenal research
Das Luftleitungsnetz ist kurz und benötigt wenig Platz. Die Luft strömt über Außenluftdurchlässe der
Außenwände in die Wohnbereiche und von dort über ausreichend große Querschnitte (z B. Türspalten von Schleiftüren) in den Vorraum zu den Ablufträumen. Diese im Bild dargestellte Raumdurchströmung kann aber nur zuverlässig funktionieren, wenn die Wohnung ähnliche Luftdichtheitsanforderungen aufweist, wie sie an Zu- und Abluftanlagen gestellt werden. In der Praxis wird die
Luftdichtheit bei Abluftanlagen aber selten überprüft.
Der entscheidende Nachteil von Abluftanlagen liegt jedoch hauptsächlich in ihrer eingeschränkten
Möglichkeit die Komfortansprüche hinsichtlich Schallschutz, Zugluft und Rückhaltung von Staub oder
Pollen aus der Außenluft zu erfüllen. Auch die Herstellung bauphysikalisch einwandfreier Außenluftdurchlässe kann je nach Art des Mauerwerks aufwändiger ausfallen, als ursprünglich angenommen.
Klimasschutz und Sanierung
Vereinung der Vorteile beider Systeme
Üblicherweise können alle Räume einer Wohnung über den Vorraum erreicht werden. Wenn für die
Zuluftverteilung der Vorraum und für die Einbringung die Türspalten von Schleiftüren genutzt werden, dann ist wie bei Abluftanlagen nur mehr das Abluftleitungssystem erforderlich. Die Zuluft wird
beispielsweise über ein Deckengitter zentral im Vorraum eingebracht. Die Schalldämmung der Abluftseite wird platzsparend durch eine zentrale, gut schallgedämmte Sammelbox gelöst.
Da nun keine Doppelnutzung der Luft (Wohnbereich – Vorraum – Nassraum) stattfindet, muss die
Luftmenge für jeden Raum an den Bedarf angepasst werden. Dies erfordert eine entsprechend bedarfsorientierte Steuerung der Luftmengen je Raum und die Konstantdruckregelung der Ventilatoren. Die Entwicklung einer Sammelbox mit steuerbaren Klappen oder der Einsatz von steuerbaren Lufteinlässen wäre zwar denkbar, kompensiert aber wieder die kostenmäßigen Vorteile dieses Systems.
Die Luftmengen sind so ausgelegt, dass sie den bei üblicher Wohnnutzung freigesetzten Feuchteüberschuss und Stoffwechselprodukte der Bewohner zuverlässig abführen. Aus der Überlegung heraus, dass einerseits Wohn- und Schlafbereich nicht gleichzeitig und Bad, sowie WC nur kurzzeitig genutzt werden, könnten diese Räume nacheinander durchströmt werden, ohne dass diese unterver-
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Abb. 7: Prinzip mit zentraler Zulufteinbringung und Bedarfssteuerung der Luftmenge, Quelle: arsenal research
Abb. 8: Prinzip mit zentraler Zulufteinbringung und Überströmung benachbarter Räume, Quelle: arsenal
research
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sorgt werden. Unter Beachtung der erforderlichen Überströmquerschnitte und des erforderlichen
Schallschutzes zwischen den Räumen entsteht ein einfaches Lüftungssystem, das allen Anforderungen, die an eine Komfortlüftung gestellt werden, gerecht wird.
In Abbildung 9 ist die Luftführung in einem Wohn- bzw. Schlafraum dargestellt, so wie sie üblicherweise in Ablufträumen praktiziert wird. Gegenüber der Zulufteinbringung mit speziellen Weitwurfdüsen in Deckennähe bzw. Quellluftauslässen in Bodennähe entstehen nachweislich (Rauchversuche)
keine Nachteile, wenn die Räume übliche Abmessungen im Geschoßwohnbau nicht überschreiten.
Das vorgestellte Konzept wie in Abbildung 8 dargestellt, verspricht folgende Vorteile:
• Integration einer „Komfortlüftung“ auch bei geringem Platzbedarf möglich
• Keine Wartung und Reinigung von Zuluftleitungen erforderlich. Damit kann die Skepsis gegenüber Hygienerisiken von langen Zuluftleitungen entkräftet werden
• Kurzes, lückenlos inspizierbares und bei Bedarf einfach reinigbares Abluftleitungsnetz
• Geringere Kosten
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Abb. 9: Luftführung der Zuluft über
Schleiftüren, Quelle: arsenal research
Schlussfolgerung
Komfortlüftungen sind fixer Bestandteil von nachhaltigen Sanierungskonzepten, da sie die Ansprüche hinsichtlich Komfort und Energieeffizienz und Bautenschutz in idealer Weise erfüllen können. Die
Barrieren sind vorwiegend Integrationsproblem und der Kostendruck. Um auch der Komfortlüftung
im großen Sanierungsmarkt das Tor zu öffnen, ist mehr Mut der Planer zu unkonventionellen innovativen Lösungen erforderlich. Inwieweit das vorgestellte Konzept die Erwartungen erfüllen kann,
muss erst in der Praxis erprobt werden. Jedenfalls scheint es aufgrund des geringeren Anspruchs an
die Platzverhältnisse durchaus für viele Anwendungen bei Sanierungen oder nachträglichen Installationen im Neubau interessant zu sein.
Literatur/Quellen
Klimasschutz und Sanierung
[1] „Auswirkungen energiesparender Maßnahmen im Wohnbau auf die Innenraumluftqualität und
Gesundheit“, 2005; Ärztinnen und Ärzte für eine gesunde Umwelt, Innenraum Mess- und Beratungsservice, Österr. Ökologie-Institut
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Chemikalienmanagement: Schadstoffminimierung am
Bau für Klimaschutz und gute Luft
Franz Leutgeb & Thomas Belazzi, bauXund GmbH
Die Anzahl an Wissensgebieten, die in der Projektentwicklung verlangt werden, steigen exponenziell
an: Vom Baurecht, Produkt- und Ausführungsnormen über Beschaffungsrecht, Raumordnung, Verkehrsrecht, Produkt- und Abfallrecht, Soziologie bis hin zu den ökologischen, physikalischen und baubiologischen Grundlagen und Detailfragen des Umwelt- und Klimaschutzes. Seit kurzem kommt ein
wohl altbekanntes, von vielen noch aus Schulzeiten gefürchtetes, bislang aber völlig exotisches Fachgebiet dazu: Chemie.
Schutzgut Innenraumluft
Abb. 1: In dichteren Gebäuden höhere Schadstoffanreicherung
(Foto: IBO – Innenraum Mess- und
Beratungsservice)
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Immer mehr Fachleute weisen auf die langfristige gesundheitliche Relevanz der Belastung der Innenraumluft mit Schadstoffen hin. In den Wortschatz des Planers und manchmal auch des Bauherrn mischen sich plötzlich Begriffe wie VOC, Lösungsmittel, Monomere, Biozide, Hochsieder, Topfkonservierer oder Formaldehyd.
„Schuld dran“ sind mehrere Faktoren: Eine ganze Reihe von Erkrankungen vor allem allergischer Natur sind am Zunehmen und das drastisch. Niemand, der nicht selbst oder in seinem Bekanntenkreis
Personen kennt, die an Krankheiten wie Asthma bronchiale, Heuschnupfen oder anderen Allergien,
Pseudokrupp, MCS (Multiple Chemikaliensensibilität) leiden. Krankheiten, die noch vor kurzer Zeit als
exotisch galten, stehen heute auf der Liste „moderner“ Zivilisationskrankheiten. Und obgleich diese
allergischen Zivilisationsleiden multifaktoriell sind, wird von niemandem bestritten, dass die zunehmende Exposition des „modernen“ Menschen gegen Stoffe, an die er evolutionär nicht ausreichend
Zeit hatte sich zu gewöhnen, ein entscheidender Faktor ist. Viele dieser Stoffe haben andere, „baufremde“ Quellen – Kleidung, Nahrung, Kosmetik, natürlich auch das Rauchen.
Aber: Auch die zunehmend chemisierte Bauwelt trägt – vor allem über die Innenraumluft, in der wir
uns statistisch etwa 90 % unserer Zeit aufhalten - ein erhebliches Maß zu dem Chemikaliencocktail
bei, dem wir tagtäglich ausgesetzt sind.
„Schuld“ ist auch der Rationalisierungsdruck am Bau: Zeit-, Arbeits- und Kostenersparnis und auch
oft mangelnde Qualifikation der Ausführenden werden zum erheblichen Teil durch zunehmenden
Chemieeinsatz am Bau „eingekauft“.
Und „schuld“ ist nicht zuletzt auch die Ökologisierung des Bauens: Wer in zugigen Altbauten wohnt,
mag am Ende des Monats seine Heizkosten beklagen, doch die ungewollte Lüftung erspart ihm einen großen Teil des Schadstoffcocktails, den der Bewohner eines modernen Neubaus ohne kontrol-
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lierte Be- und Entlüftung häufig zwangsweise einatmen würde. Luftaustauschraten heutiger Niedrigenergiehauses liegen um einen Faktor 10 unter dem, was noch vor 20 Jahren üblich war. Und simple
physikalische Gesetzmäßigkeiten sorgen dafür, dass die verdunstenden Schadstoffe in so einem Gebäude sich in der Innenraumluft in Konzentrationen anreichern, die um den gleichen Faktor über denen der Vergangenheit liegen.
Chemikalienmanagement: outsourcen!
„Ein Planer ist kein Chemiker. Aber: Chemie wird immer wichtiger am Bau und ist bei ökologischen
Projekten ein Muss. Die Planung soll ihren Job machen, die Bauchemie übernehmen wir für ihn.“ Das
ist das Credo von bauXund, das als Bauökologie-Consulting-Unternehmen mit dem Know-howSchwerpunkt Ökologie der Bauchemikalien arbeitet.
Für eine im Projektbudget vernachlässigbare Summe übernimmt das bauXund-Team das komplette
„Chemikalienmanagement“ größerer Bauvorhaben. Dieses besteht im Standardpaket aus fünf Bausteinen (Abb. 2):
• Ausschreibungsconsulting
• Baubegleitende Produktoptimierung
• Controlling
• Qualitätskontrollle Innenraumluft
• Ergebnisdokumentation
Abb. 2: Bausteine des Chemikalienmanagements (Grafik: bauXund)
Es gibt auch „abgespeckte“ Varianten – vor allem für kleinere Projekte. Hier kann etwa ein Teil des
Controllings „ingesourct“ oder die Zahl der geprüften Gewerke strategisch reduziert werden. Für ökologisch fortschrittliche Projekte können andererseits Zusatzkomponenten ergänzt werden wie z.B. die
Überprüfung auf klimaschädliche Produkte (Tropenholz, HFKW, Möblierung), oder die Überwachung
PVC- bzw. halogenfreier Bauausführung, wie dies bei den Bauvorhaben der Stadt Wien erfolgt.
Ausschreibungsconsulting
klimaschutz:gebäude
Klimasschutz und Sanierung
Ausschreibungsconsulting bedeutet praxiserprobte ökologische Textvorgaben für alle chemikalienintensiven Ausschreibungen. Damit werden etwa Lösungsmittel- bzw. VOC-Obergrenzen für Produkte festgelegt, Schadstoffe oder Produkttypen gänzlich ausgeschlossen, ökologische Mindeststandards
oder zwingende Prüfatteste (etwa Emissionszertifikate) für bestimmte Produkte vorgegeben und Rahmenbedingungen für den Einsatz belastender Produkte in Ausnahmesituationen (etwa bei Minustemperaturen im Winter) definiert.
Das ermöglicht Ökologie und spart gleichzeitig Kosten. Die Erfahrung von bauXund ist, dass die verwendeten ökologischen Ausschreibungsstandards fast, nicht selten sogar zur Gänze, kostenneutral
sind. Versucht man erst nach dem Zuschlag verbesserte Produkte durchzusetzen, geht das mit Sicherheit ins Geld, weil die Konkurrenzsituation wegfällt.
Ziel der Anforderungen ist immer das sinnvoll ökologisch Erreichbare ausreizen, eben den aktuellen
Stand der Technik. Und der variiert nicht nur von Produktart zu Produktart, er hängt auch von der
Aufgabenstellung, den technischen Vorgaben und den Rahmenbedingungen des Projekts ab.
Ein wichtiger Textbaustein ist die Definition des Prüfregimes für jede Firma, die den Zuschlag erhält.
Dieser wird zum Auftragsbestandteil erhoben. Somit verpflichten sich die Auftragnehmer, ihre Produkte bei bauXund als dem für das Chemikalienmanagement verantwortlichen Unternehmen zur Prüfung
vor Anwendung vorzulegen und ausschließlich genehmigte Produkte einzusetzen.
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Baubegleitende Produktoptimierung
Kernaufgabe des Chemikalienmanagements ist die schadstofforientierte Produktoptimierung.
Alle auf der Baustelle tätigen „sensiblen“ (chemikalienintensiven) Gewerke müssen ihre komplette
Produktliste um Genehmigung einreichen, mit eigens für diesen Zweck konzipierten Formularen. bauXund prüft mit Hilfe der internen Produkt- und Projektmanagement-Datenbank, ob die vorgeschlagenen Produkte „State of the art“ sind, ob Verbesserungsbedarf besteht oder ob manche Produkte
überhaupt vermieden werden können.
Geprüft wird auf Vorhandensein, Konzentration, Gefährlichkeit und physikalisches Verhalten (Siedepunkt, Dampfdruck) der wichtigsten in Bauprodukten vorkommenden Schadstoffe: Organische Lösungsmittel, Biozide, Schwermetalle, klimatoxische Stoffe (HFKW), CMR- (anm. krebserregende, erbgutverändernde und reproduktionstoxische) sowie besonders sensibilisierende Stoffe. Je nach Auftragsspezifikation kommen Prüfungen nach anderen bauökologischen Kriterien dazu: Tropenholz, halogenierte Kunststoffe wie PVC etc.
Weichen ein oder mehrere der vorgeschlagenen Produkte vom festgelegten Standard ab, werden konkrete Substitutionsvorschläge mit den jeweiligen Firmen so lange diskutiert, bis man sich technisch,
ökologisch und ökonomisch auf eine für alle Beteiligten akzeptable Lösung einigt.
Die ausgehandelte Produktliste wird in einem weiteren Formular festgehalten und muss von der betreffenden Firma unterschrieben werden. Die Verwendung ausschließliche dieser Produkte wird damit rechtsgültiger Auftragsbestandteil.
Controlling
Für der geprüften Firmen wird ein Kontrollformular ausgestellt, die per Fax oder Email der örtlichen
Bauaufsicht übermittelt werden. Letztere können damit einfach und effizient alle Firmen und die von
ihnen eingesetzten Produkte überprüfen. Dafür kann auch völlig ungeschultes Personal eingesetzt
werden, da ausschließlich nur Produktnamen verglichen werden müssen.
Zusätzlich zur örtlichen Bauaufsicht überprüft bauXund auch selbst durch stichprobenartige Kontrollen die Einhaltung der Auflagen. Verstöße werden genau dokumentiert und protokolliert, bei möglichen negativen Auswirkungen auf die Innenraumluft werden Proben entnommen und Gebinde zur
Beweissicherung einbehalten.
Sanktionen bei Verstößen werden von der Bauleitung bzw. dem Bauträger festgelegt: Sie reichen je
nach Schwere der Übertretung von Ermahnungen bis hin zu Pönalen. Bei nachgewiesener Beeinträchtigung der Innenraumluft durch nicht genehmigte Produkte sind die verursachenden Firmen auch
schadenersatzpflichtig
Ergebnisdokumentation
Abb. 3: Chemikalienmanagement
vor Ort: Baustellenkontrolle
(Foto: Thorsten Rueben)
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Die für das Bauvorhaben erzielten Verbesserungen werden im Abschlussbericht dokumentiert, die
Messergebnisse kommentiert und bei Bedarf auch Empfehlungen für weitere Bauvorhaben formuliert.
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Der Abschlussbericht ist ein wertvoller Nachweis, beispielsweise für Bauträger wohnbaugeförderter
Objekte, bei denen das Chemikalienmanagement als ökologische Projektkomponente eingereicht
wurde und somit Entscheidungskriterium der Jury für die Genehmigung der Wohnbauförderung war.
Qualitätssicherung Innenraumluftmessung
Der Aufwand zur Schadstoffminimierung hat neben den angestrebten ökologischen Effekten das klare Ziel, die Innenraumluftqualität des Gebäudes zu verbessern.
Um den Erfolg der Bemühungen zu überprüfen und zu dokumentieren, wird nach Abschluss der Bautätigkeit eine genaue Analyse der Innenraumluft vorgenommen. 28 Tage nach der letzten Bautätigkeit
werden in zwei standardeingerichteten Räumen die Luftschadstoffe gemessen. Nicht von bauXund
selbst – das wäre Selbstkontrolle – sondern von einem unabhängigen Prüfinstitut, z.B. dem Innenraum
Mess- und Beratungsservice des IBO – Österreichisches Institut für Baubiologie und -ökologie.
Abb. 5: Innenraumluft mit und ohne
Chemikalienmanagement (Grafik:
bauXund)
Klimasschutz und Sanierung
Und die Ergebnisse können sich sehen lassen:
In Neubauten ohne Chemikalienmanagement wurden, so Expertenerfahrungen und in Studien veröffentlichte Daten, meist zwischen 1.000 und 3.000 μg VOC (flüchtige organische Verbindungen)
pro Kubikmeter Raumluft gemessen, häufig auch Werte, die weit darüber liegen. Die von bauXund
betreuten Objekte liegen zwischen 100 und 500 μg VOC pro Kubikmeter. Zum Vergleich: Der vom
Arbeitskreis Innenraumluft im Umweltministerium gemeinsam mit der Akademie der Wissenschaften
festgelegte Experten-Richtwert liegt bei 1.000 μg VOC pro Kubikmeter. Ein erheblicher Teil der Messwerte liegt sogar unter dem vom Arbeitskreis empfohlenen „Zielwert“ von 300 μg VOC pro Kubikmeter.“
Abb. 4: Sogar Zielwerte werden unterschritten: Innenraumluftexperte
Peter Tappler (Foto: IBO – Innenraum Mess- und Beratungsservice)
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Innenraumluft vor Gericht
Innenraummessungen sind mehr als nur Erfolgskontrolle, Kommunikations- und Marketinginstrument. Der erwähnte Experten-Richtwert des Arbeitskreises Innenraumluft dient bei Streitigkeiten über
die Zumutbarkeit von Belastungen in Wohnungen als Referenzwert bei Gericht. Wem eine neubezogene Wohnung „stinkt“, wer seine Gesundheit oder sein Wohlbefinden beeinträchtigt fühlt, der hat
bei Nachweis einer Überschreitung dieses Wertes gute Chancen, zumindest einen Teil seines Geldes
vom Bauträger zurückzubekommen, eine Ersatzwohnung oder Schadenersatz zu erhalten.
Dies ist einer der Gründe, warum Chemikalienmanagement von immer mehr Bauträgern nachgefragt
wird. Die Komplettbetreuung eines größeren Bauvorhabens kostet einen winzigen Bruchteil eines einzigen verlorenen Gerichtsverfahrens. Innenraumluftanalysen und Ergebnisdokumentationen stellen
in Gerichtsverfahren gleichzeitig kostengünstige wie unbezahlbare Beweissicherungsdokumente dar.
Zielkonflikte bei der Chemikalienoptimierung
Abb. 6: Zielsystem der Produktoptimierung (Grafik: bauXund)
Produktoptimierungen beim Chemikalienmanagement sind nicht monodimensional, sondern sie erfolgen in einem Mehrzielsystem (siehe Abbildung 6).
In vielen Fällen sind diese Ziele korreliert, Lösungsmitteleinsparung schont gleichermaßen Anwender,
Nutzer wie Umwelt.
Nicht selten ergeben sich aber erhebliche Konflikte: „Lösungsmittelfreie Produkte“ enthalten häufig
Stoffe, die chemisch betrachtet wohl Lösungsmitteln sind, juristisch aber nicht als solche gelten, da
sie Siedepunkte über dem im Gesetz als Höchstgrenze definierten Wert haben. Das hilft dem Anwender, gefährdet aber den Nutzer: Auch „Hochsieder“ verdunsten! Langsam bis sehr langsam zwar, oft
über Jahre oder überhaupt über die ganze Lebenszeit eines Gebäudes.
Bei manchen Anwendungen – etwa Estrichbeschichtungen – stehen lösemittelhaltige Produkte in
Konkurrenz mit lösungsmittelfreien Alternativen, die aber für den Anwender stark gesundheitsgefährdende Stoffe enthalten (z.B. Epoxide). Ein einmaliger (!) Kontakt eines Arbeiters mit solch einem Stoff
kann unter Umständen bereits eine dauerhafte allergische Erkrankung auslösen! Was hier gut und
ungefährlich für den Wohnungsnutzer ist, gefährdet den Bauarbeiter massiv.
PU-Montageschäume (insbes. B1-Brandschutzschäume), deren Treibmittel teilweise aus HFKW (teilhalogenierten Fluorkohlenwasserstoffen) bestehen, haben ein geringeres Brand- und Explosionsrisiko. Der Preis: HFKW gehören zu den extremsten Klimaschädlingen, die wir kennen. 1 kg dieses Treibmittels heizt die Atmosphäre bis zu 3000mal stärker auf als die gleiche Menge Kohlendioxid!
Klimaschutz durch Chemikalienmanagement
Neben ArbeitnehmerInnenschutz und der Sicherstellung einer gesunden Raumluft ist der Klimaschutz
der dritte „Sieger“ beim Chemikalienmanagement.
Die eingesparten Lösungsmittel aus Klebern, Farben, Voranstrichen und Lacken und die vermiedenen
HFKW aus ausgewählten Dämmstoffen, allen voran XPS-Platten, schlagen sich auch in der Klimabilanz sehr positiv nieder. Auswertungen von mehreren umgesetzten Bauprojekten zeigen ein Reduk-
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tionspotenzial von etwa 10 kg CO2-Äquivalenten pro m2 Bruttogeschoßfläche (BGF) durch Lösungsmittelvermeidung und von bis zu 15 kg CO2-Äquivalenten pro m2 BGF durch HFKW-Ausschluss. Das
bedeutet etwa für eine durchschnittliche Schule oder Bürogebäude von 8.000 m2 Einsparungen von
250 t CO2-Äquivalenten. Dies entspricht einer Jahresfahrleistung von 1,9 Mill. PKW-km (Verbrauch:
6 l Benzin/100km) oder anders ausgedrückt einer Fahrstrecke von 48 mal rund um den Äquator oder
5 mal zum Mond.
Es gibt keine „Ökoliste“!
Ein weitverbreiteter Denkfehler ist, dass es so etwas wie eine fixe „Liste ökologischer Produkte“ gebe, die dann jeder mehr oder weniger Umweltbewusste am Bau einfach anwenden könne.
Das ist völlig praxisfremd: Am Bau wird zuerst die technische Anforderung definiert, festgelegt, was
ein Produkt können muss. Erst dann kann ökologisch ausgewählt und zum ‚gelindesten Mittel’ gegriffen werden. Und das sieht im Sommer gänzlich anders aus als bei Frosttemperaturen Es hängt etwa davon ab, ob nur horizontal, vertikal oder sogar auf der Decke verklebt werden muss, welcher
Untergrund vorhanden ist etc. Ein „Ökoprodukt“, das technischen Anforderungen nicht genügt und
nach kurzer Zeit erneuert werden muss, ist ökologisch genauso unsinnig wie die Anwendung eines
Produkts aus einer „Liste“ am falschen Ort oder für einen falschen Zweck oder besonders dann, wenn
das Produkt durch andere Verfahren oder konstruktive Lösungen (z.B. mechanische statt chemische
Reinigung, mechanische Fixierung statt Verkleben) überhaupt vermieden werden kann.
Technik, Ökologie und Sicherheit unter einen Hut zu bringen ist nicht einfach, und der enorme Kostendruck am Bau macht die Dinge noch schwieriger. bauXund hat aber mittlerweile eine Vielzahl
von Projekten, die – je nach Ziel des Bauträgers – mit moderaten bis vernachlässigbaren Zusatzkosten
durchgeführt wurden und die zum Abschluss trotzdem exzellente Innenraumluftwerte nachweisen
konnten. Dazu zählen wohl auch Öko-Vorzeigeprojekte, der Großteil bestand aber aus „stinknormalen“ und trotzdem innenraumluftmäßig vorbildlichen Bauvorhaben des Sozialen Wohnbaus – mitsamt dem dort üblichen extremen Kostendruck. Über 100 umgesetzte Projekte vielfältigster Nutzungen – Wohnprojekte, Bürogebäude, Schulen, Kindergärten, Seniorenheime, Geriatriezentren und
Krankenhäuser – zeigen, dass anspruchsvolle bauökologische Standards bei Neubau wie Sanierung
gut umsetzbar sind.
Klimasschutz und Sanierung
Resümee: Es geht. Es macht Sinn. Und es kostet nicht einmal viel. Und – für viele zur Erleichterung –
„Chemie für Bauherrn oder Planer“ ist daher jedenfalls kein Muss in der Aus- und Weiterbildung...
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Modernisierung zum Passivhaus
Alfred Willensdorfer, GIWOG – Gemeinnützige Industrie-Wohnungs-AG
Die Wohnhausanlage in Linz in der Makartstrasse wurde in den Jahren 1957 und 1958 errichtet und
besteht aus 50 Wohneinheiten mit einer Gesamtwohnnutzfläche von 3.106,11 m2 auf fünf Geschoßebenen. Die Außenwände bestehen aus Schüttbetonmauerwerk mit einem U-Wert von ca.
1,4 W/m2K. Außenmauerwerk, Kellerdecke, Dachgeschoßdecke, Fenster, Türen etc. entsprechen nicht
mehr dem heutigen Stand der Technik und sind weit von einer zukunftsweisenden Bauweise entfernt.
Durch die Lage des Objektes an der stark befahrenen Makartstraße war bislang eine qualitätvolle Benützung der Balkone wegen der enormen Verschmutzung und Lärmbelästigung nicht möglich.
Abb. 1: Mehrfamilienhaus Markartstraße vor der Sanierung, der Entwurf der Sanierung und in der Sanierungsphase
Zielsetzung
Zielsetzung war eine ökologische und energieeffiziente Sanierung der bestehenden Bausubstanz auf
Passivhausstandard. Es wurde eine vorgefertigte
hinterlüftete GAP-Solarfassade, verstärkte Dachund Kellergeschoßdecken-Dämmung aufgebracht.
Das Kernstück des Fassadensystems ist eine spezielle Wabe.
Die Sonnenstrahlung wird in die Fassade aufgenommen und hebt den Temperaturunterschied
zwischen Innenraum und Außenklima durch Schaffung einer warmen Zone an der Außenseite der
Wand auf (wo keine Wärme verloren geht, braucht
keine erzeugt werden). Die Fenster wurden mit einer dreifach Verglasung mit einem U-Wert von
0,86 W/m2K und einem integrierten Sonnenschutz
ausgeführt.
Die bestehenden Balkone samt Parapetdämmung
wurden vergrößert. Die neue Dacheindeckung sowie die neu installierte kontrollierte Wohnraumbeund -entlüftung mit Einzelraumlüfter werden den
Ansprüchen an ein Passivhaus gerecht.
Projekt-Ergebnisse & Auswirkungen
Die Energiekennzahl konnte durch die Sanierungsmaßnahmen von 179 kWh/m2a Wohnnutzfläche auf
14,4 kWh/m2a Wohnnutzfläche gesenkt werden (Berechnung nach PHPP). Insgesamt wurde eine Energieeinsparung von ca. 455.000 kWh/a erzielt. Der CO2Ausstoß konnte von 160.000 kg CO2/a auf 14.000
kg CO2/a reduziert werden.
Im Blickpunkt stand eine moderne und zukunftsorientierte Gesamtgestaltung von „Alten Objekten“.
Die Verbesserung der Wohnqualität erfolgte durch
die Erhöhung des Schallschutzes und durch gute
Be- und Entlüftung mittels qualitativ hochwertiger
Wohnraumeinzellüfter, wodurch das Öffnen der
Fenster entbehrlich wird. Die Heizkosten für eine
59 m2 große Wohnung konnten durch die durchgeführten Sanierungsmaßnahmen von 40,80
Euro/Monat auf 4,73 Euro/Monat gesenkt werden.
Fotos © GIWOG
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Detailbeschreibung
Durch die effiziente Sanierung mit vorgefertigten Wandelementen ergibt sich ein hochwertiges Erscheinungsbild
durch Glasdesign und Farbvariation. Architektonisch und
energetisch ergibt das eine hohe Aufwertung des Gesamtobjektes. Durch den hohen Vorfertigungsgrad der Fassadenelemente war eine rasche Bauzeit möglich und die Mieter wurden nur wenig gestört.
Eine Mehrnutzung der vorhandenen Balkone bzw. Loggien
durch Vergrößerung, Einhausung und Errichtung von wärmegedämmten Parapet und Seitenteil ist gegeben. Der Rest
wurde mit Passivhausfenstern bzw. mit Fixverglasung geschlossen. Ein innenliegender Sonnenschutz wurde gegen
die Überhitzung eingebaut. Eine qualitätvolle Benützung
der Balkone bzw. Loggien ist nun trotz der enormen Verschmutzung und Lärmbelästigung, die durch die Lage des
Objektes an der stark befahrenen Makartstrasse entsteht,
möglich.
Abb. 2: Fertiges Element der GAPSOLAR Fassade
Abb. 3: Die Balkone vor und nach
der Sanierung
Klimasschutz und Sanierung
Abb. 4: Horizontaler und vertikaler
Detailschnitt der Balkonerweiterung
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Tab. 1: Energetische Daten der Sanierung
Energetische Daten
Heizwärmebedarf
Heizlast
Heizwärmebedarf gesamt
U-Wert Außenwand
U-Wert Dach
U-Wert Kellerdecke
Beheizte Fläche
CO2-Ausstoß pro Jahr
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Jeder Wohnraum hat ein Wohnraumeinzelkomfortlüftungsgerät mit Wärmerückgewinnung wodurch
eine Wärmerückgewinnung bis zu 70 % ermöglicht wird. Die Warmwasseraufbereitung wurde von
den bestehenden veralteten Gasdurchlauferhitzern auf Fernwärmedurchlauferhitzer umgerüstet.
Der nachträgliche Lifteinbau erforderte das Umlegen des öffentlichen Gutes (Gehsteig, Parkplätze).
Aus den Schrägparkplätzen wurden Längsparkplätze. Die Hauseingänge erhielten einen Windfang
inklusive einer Gegensprechanlage.
vor der Sanierung
ca. 179,0 kWh/m2a
ca. 118,0 W/m2
ca. 500.000 kWh/m2a
ca. 1,2 W/2K
ca. 0,9 W/m2K
ca. 0,7 W/m2K
2.755,68 m2
160.000 kg CO2/a
nach der Sanierung
14,4 kWh/m2a
11,3 W/m2
45.000 kWh/m2a
0,082 W/m2K (mit Solareintrag)
0,094 W/m2K
0,21 W/m2K
3.106,11 m2
14.000 kg CO2/a
Die Umsetzung dieses Projektes wurde durch Fördermittel der Oberösterreichischen Landesregierung
im Rahmen der Wohnbauförderung inklusive zusätzlicher Förderungsmittel für die energiesparende
Ausführung des Objektes sowie durch einen nicht rückzahlbaren Zuschuss im Rahmen der Programmlinie „Haus der Zukunft“ ermöglicht. Die Programmlinie „Haus der Zukunft“ ist eine Kooperation des
Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie mit der Forschungsförderungsgesellschaft.
Weitere Informationen erhalten Sie bei der GIWOG Gemeinnützige Industrie-Wohnungs-AG in 4060
Leonding, bei Herrn Bmst. Ing. Alfred WILLENSDORFER, Tel: 050 8888 142
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ReferentInnen
Dr. Thomas Belazzi
bauXund GmbH
A-1030 Wien, Ungargasse 64–66/4/202
fon: 01-36070/841
email: [email protected]
Prof. DI Dr. Manfred Bruck
Gastprofessor Donau-Universität Krems
fon: 0676-618 93 47
email: [email protected]
Mag. Dr. Susanne Geissler
Österreichische Energieagentur
A-1150 Wien, Mariahilfer Straße 136 I
fon: 01-586 15 24-154
email: [email protected]
Dr. Herbert Greisberger
Österreichische Gesellschaft für Umwelt und Technik
A-1020 Wien, Hollandstraße 10/46
fon: 01-315 63 93-13
email: herbert-greisberger @oegut.at
Arch. DI Werner Hackermüller
Architekturbüro Hackermüller
A-1130 Wien, Steckhovengasse 17/3
fon: 01-715 81 82
email: [email protected]
Maga. Susanne Hasenhüttl
Österreichische Gesellschaft für Umwelt und Technik ÖGUT
A-1020 Wien, Hollandstraße 10/46
fon: 01-315 63 93-20
email: [email protected]
DI Peter Holzer
Donau-Universität Krems, Department für Bauen und
Umwelt
A-3500 Krems, Dr. Karl-Dorrek-Straße 30
fon: 02732-893/2662
email: [email protected]
DI Georg Kogler
BAI – Bauträger Austria Immobilien GmbH
A-1020 Wien, Leopold-Moses-Gasse 4
fon: 01-33146-4529
email: [email protected]
DI Robert Lechner
Österreichisches Ökologie-Institut
A-1070 Wien, Seidengasse 13
fon: 01-523 61 05-0
email: [email protected]
Ing. Wolfgang Leitzinger
arsenal research – Geschäftsfeld Nachhaltige Energiesysteme
A-1210 Wien, Giefinggasse 2
fon: 050 550-6385
email: [email protected]
Dr. Bernhard Lipp
IBO – Österreichisches Institut für Baubiologie und
-ökologie GmbH
A-1090 Wien, Alserbachstraße 5,
fon: 01-319 20 05-12
email: [email protected]
Mag. Wolfgang Pinner
VINIS – Gesellschaft für nachhaltigen Vermögensaufbau
und Innovation m.b.H
A-1010 Wien, Petersplatz 4
fon: 50 100-19930
email: [email protected]
Arch. DI Martin Ploß
Energieinstitut Vorarlberg
A-6850 Dornbirn, Stadtstraße 33 / CCD
fon: 05572-31202-85
email: [email protected]
DI Christian Pöhn
MA 39 – Versuchs- und Forschungsanstalt
A-1110 Wien, Rinnböckstraße 15
fon: 01-795 14-92061
email: [email protected]
DI Martin M. Roth,
Immobilien Rating GmbH
A-1020 Wien, Taborstraße 1–3/9060
fon: 50 601-51880
email: [email protected]
DI Helmut Schöberl
Schöberl & Pöll OEG
A-1020 Wien, Ybbsstrasse 6/30
fon: 01-726 45 66-11
email: [email protected]
Dr. Gerhard Schuster
BUWOG – Bauen und Wohnen Gesellschaft mbH
A-1130 Wien, Hietzinger Kai 131
fon: 01-878 28-200
email: [email protected]
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Dr. Martina Schuster
Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt
und Wasserwirtschaft
Abteilung Energie und Umweltökonomie
A-1010 Wien, Stubenbastei 5
fon: 01-51 522-1326
email: [email protected]
Arch. DI Simon Speigner
sps-architekten zt gmbh
A-5303 Thalgau, Sportplatzstraße 42 – oh123
fon: 06235-20007
email: [email protected]
Bmst. Ing. Alfred Willensdorfer
GIWOG – Gemeinnützige Industrie- Wohnungs- AG
A-4060 Leonding, Welser Straße 41
fon: 50-8888-0
email: [email protected]
DI Thomas Zelger
IBO – Österreichisches Institut für Baubiologie und
-ökologie GmbH
A-1090 Wien, Alserbachstraße 5,
fon: 01-319 20 05-16
email: [email protected]
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