06 33_Titelhema_Forum_4 2016.qxp_3 2016 05.09.16 14:16 Seite 29 Annähernd 56.000 Die Zahl der Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter im Gesundheitswesen ist schwer zu ermitteln In der Fachdiskussion wird immer wieder von sehr unterschiedlichen Zahlen der Beschäftigten aus dem Bereich der Sozialen Arbeit im Gesundheitswesen ausgegangen. Da es wenig eindeutige Statistiken dazu gab, konnten bisher nur Schätzungen herangezogen werden. Der Beitrag gibt einen Überblick über verfügbare Datenquellen und kommt einer Annäherung zufolge auf rund 56 000 Beschäftige der Sozialen Arbeit im Gesundheitswesen. Holger Adolph Holger Seibert n Gesundheit ist als Interventions- und Arbeitsfeld der Sozialen Arbeit schon seit Beginn des Entstehens der Profession von hoher Bedeutung. Gesundheitsbezogene sozialarbeiterische Tätigkeiten spielen bereits Ende des 19. Jahrhunderts bei der Bekämpfung der Tuberkulose eine große Rolle. Der Gesundheitsbereich gilt heute nach dem Jugendbereich inzwischen als wichtigstes Berufsfeld (Franzkowiak et al. 2011). Umso bemerkenswerter ist es, dass keine gesicherten Zahlen dazu existieren, wie viele Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter sowie Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen tatsächlich in diesem Bereich tätig sind. Schätzungen geben an, dass 40.000 Fachkräfte der Sozialen Arbeit im Gesundheitsbereich in Deutschland arbeiten (Ortmann und Waller 2005). Diese Zahlen sind allerdings bereits älter, so dass neuere Entwicklungen nicht darin berücksichtigt sind. Warum sind verlässliche Beschäftigungzahlen zur Sozialen Arbeit in diesem Feld so schwierig zu erhalten? Zum Ersten existieren nur wenige Datenquellen, auf deren Basis man diese Frage beantworten kann. Diese wei- sen zudem jeweils Besonderheiten auf, die sie schwer vergleichbar machen (Hoffmann 2012): n Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit: Bis zum Jahr 2011erfolgte die Erhebung der Sozialen Arbeit über die Klassifikation der Berufe (KldB 88), die eine Identifikation von Fachkräften der Sozialen Arbeit nicht eindeutig zuließ, da hier auch die die Altenpflege mit verbucht wurde. Die Umstellung auf eine für die Soziale Arbeit geeignetere Klassifizierung der Berufe (KldB 2010) hat inzwischen stattgefunden, so dass seit Dezember 2012 Auswertungen möglich sind. Mit Hilfe der Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit kann so ein Gesamtbild aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten nachgezeichnet werden. Zudem ermöglicht die Kombination mit dem Wirtschaftszweig eine Identifizierung der Beschäftigten in der Sozialen Arbeit im Gesundheitswesen. n Mikrozensus: Hier wird der Beruf der Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter seit 2011 nach der neuen KldB 2010 erfasst. Kombinationen mit dem Wirtschaftszweig „Gesund- heitswesen“ und mit weiteren demografischen und beschäftigungsrelevanten Merkmalen sind möglich (Sonderauswertungen). Es handelt sich allerdings um eine Stichprobenerhebung (ein Prozent aller Haushalte in Deutschland), von der auf die Gesamtzahl der erwerbstätigen Sozialarbeiter hochgerechnet werden muss. Im Gegensatz zur Beschäftigungsstatistik können hier aber auch Beamte und Selbstständige erfasst werden, die das Gesamtbild vervollständigen. n Krankenhausstatistik: Für den Teilbereich der stationären Versorgung, die Krankenhäuser und Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen, liegen Beschäftigungsdaten vor. Die Berufsgruppe der Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter wird für stationäre Einrichtungen gesondert ausgewiesen. Verknüpfungen mit weiteren Merkmalen, die Aussagen zu Arbeitsbereichen und -aufgaben zulassen, können allerdings nicht hergestellt werden. n Gesundheitspersonalrechnung des Statistischen Bundesamtes: Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter wurden hier bis 2016 nicht einzeln, sondern nur innerhalb der 4/2016 Forum sozialarbeit + gesundheit 29 06 33_Titelhema_Forum_4 2016.qxp_3 2016 05.09.16 14:16 Seite 30 Foto: Firma V, fotolia.com Titelthema Welche Arbeitsfelder Sozialer Arbeit zählen zum Gesundheitswesen? Restkategorie „andere Berufe im Gesundheitswesen“ ausgewiesen. Seit 2016 weist die Gesundheitspersonalrechnung Berufe ebenfalls nach der KldB 2010 aus. Die Definition des Arbeitsfeldes „Gesundheitswesen“ erfolgt analog der Kriterien, die bei der Berechnung der Gesundheitsausgaben und Krankheitskosten angelegt werden. Es werden Tätigkeiten aus dem Gesundheits-, Sozial- oder Umweltbereich in der Gesundheitspersonalrechnung berücksichtigt, wenn sie primär der Sicherung, der Vorbeugung oder der Wiederherstellung von Gesundheit dienen. Beschäftigte, die die Gesundheit im weiteren Sinne fördern, werden ausgeschlossen. Es werden insgesamt 27.000 Personen in Berufen der Sozialarbeit und Sozialpädagogik ausgewiesen (Statistisches Bundesamt 2016). Die Gesundheitspersonalrechnung lässt Differenzierungen nach Altersgruppen und Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigung der Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter sowie der Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen zu. Zum Zweiten gibt es eine Diskrepanz im Verständnis dessen, welche Personen mit welcher Qualifikation zur Sozialen Arbeit gezählt werden. Die Fach- 30 gesellschaften der Sozialen Arbeit, wie der Deutsche Berufsverband für Soziale Arbeit (DBSH) und die Deutsche Vereinigung für Soziale Arbeit im Gesundheitswesen (DVSG) beschränken den Kreis auf diejenigen, die einen Studienabschluss Sozialarbeit oder Sozialpädagogik auf dem Niveau des Diploms, des Bachelors oder des Masters besitzen. Die Definitionen der amtlichen Statistik und anderer datenerhebender Stellen stützen sich hingegen seit dem Jahr 2012 auf eine neue Klassifikation der Berufe (KdlB 2010, Bundesagentur für Arbeit 2011). Die KldB 2010 stellt für die Identifikation der Sozialen Arbeit in der Statistik einen großen Fortschritt gegenüber der bis dahin geltenden KldB 88 dar. Während die KldB 88 noch eine wenig systematische Mixtur aus Tätigkeiten, Qualifikationsanforderungen und Arbeitshierarchien darstellte, beschreibt die KldB 2010 systematisch Tätigkeiten anhand von erforderlichen Fertigkeiten und Kompetenzen. Zudem unterscheidet sie ebenfalls systematisch innerhalb der Tätigkeiten vier unterschiedliche Anforderungsniveaus: Helfer, Fachkräfte, Spezialisten und Experten. Während für Helfertätigkeiten vielfach keine spezifischen Qualifikationen oder aber eine Helferausbildung erforderlich sind (etwa bei den Helfern in der Altenpflege), erfordern die meis- Forum sozialarbeit + gesundheit 4/2016 ten Fachkräftetätigkeiten in der Regel eine abgeschlossene mehrjährige Berufsausbildung. Spezialisten und Expertentätigkeiten sind in der Regel nur über ein abgeschlossenes Studium zugänglich oder über eine Meister- oder Technikerausbildung. Innerhalb des Berufsbereichs 8 „Gesundheit, Soziales, Lehre und Erziehung“ lässt sich nun die Berufsuntergruppe „Berufe der Sozialarbeit und Sozialpädagogik“ (Ziffer 8312) identifizieren. Darunter wird wiederum zwischen „komplexe Spezialistentätigkeiten“ (Ziffer 83123) und „hoch komplexe Tätigkeiten“ (Ziffer 83124) differenziert. Zum Dritten unterscheiden sich auch die Vorstellungen darüber, was aus der Perspektive der Sozialen Arbeit und was aus statistischer Sicht unter dem Arbeitsbereich „Gesundheitswesen“ zu verstehen ist. Im sozialarbeiterischen Diskurs ist es nicht einfach, das Feld der Sozialen Arbeit im Gesundheitswesen genau einzugrenzen. Franzkowiak et al. (2011) unterscheiden in ihrem Lehrbuch zwischen „Sozialer Arbeit im Gesundheitswesen“ und „Gesundheitsarbeit im Sozialwesen“. Dazu querliegend wird das Arbeitsfeld der „klinischen Sozialarbeit“ benannt. Beide erstgenannten Bereiche umfassen sowohl institutio- 06 33_Titelhema_Forum_4 2016.qxp_3 2016 05.09.16 14:16 Seite 31 nelle Arbeitsfelder, die sich eindeutig einer der beiden Kategorien zuordnen lassen, als auch Arbeitsfelder, die nicht eindeutig zuordenbar sind. Eine Definition der Sozialen Arbeit im Gesundheitswesen erfolgt bisher eher summarisch anhand der Aufzählung verschiedener Arbeitsbereiche. Meistens wird dabei von den Kernbereichen der Sozialarbeit im Gesundheitswesen ausgegangen, wie der Sozialen Arbeit im Krankenhaus und in Rehabilitationskliniken, in Arztpraxen und MVZs oder Ärztenetzwerken sowie dem Öffentlichen Gesundheitsdienst. Zur Sozialen Arbeit im Gesundheitswesen wird in der Regel das Arbeitsfeld der pflegerischen Langzeitversorgung in Heimen und ambulanten Pflegediensten hinzugezählt sowie das Feld der gesundheitsbezogenen Beratungsstellen. Arbeitsbereiche wie Drogenhilfe und Behindertenhilfe werden häufig bereits dem „Überschneidungsbereich von Sozial- und Gesundheitswesen“ zugeordnet (Franzkowiak et al. 2011, S. 133). Auch wenn eine unscharfe Abgrenzung des Arbeitsfeldes der Sozialen Arbeit im Gesundheitswesen für den sozialarbeiterischen Fachdiskurs nicht per se zu Problemen führt, stellt sich das bei der amtlichen Statistik anders dar. Für eine Ermittlung des Umfangs der Beschäftigung der Sozialen Arbeit in einem spezifischen Feld ist eine eindeutige Zuordnung eines Arbeitsplatzes zu einer Kategorie eines Wirtschaftszweiges (WZ) unumgänglich. Über die Klassifikation der Wirtschaftszweige (WZ 2008, Statistisches Bundesamt (Destatis) 2008) wird jeder Betrieb einem WZ zugeordnet. Damit haben alle Beschäftigten in diesem Betrieb (von der Reinigungskraft bis zum Oberarzt) die gleiche Wirtschaftszweignummer. Analog wird in der Gesundheitspersonalrechnung ein Betrieb dem Gesundheitswesen zugeordnet, wenn er den Einschlusskriterien der Gesundheitsausgaben- und Krankheitskostenrechnung entspricht. Das „Gesundheitswesen“ (Ziffer 86) umfasst laut WZ 2008 im Wesent- lichen Akut- und Langzeitkrankenhäuser, allgemeine oder Fachkliniken, psychiatrische und Suchtkrankenhäuser, Einrichtungen der Präventivmedizin, Rehabilitationszentren, Praxen von Ärztinnen und Ärzten sowie von Angehörigen der Gesundheitsfachberufe. Unter dem Bereich „Heime“ (Ziffer 87) listet die WZ 2008 u.a. Pflegeheime, Stationäre Einrichtungen zur psychosozialen Betreuung, Suchtbekämpfung oder Alten- und Behindertenwohnheime auf. Das „Sozialwesen (ohne Heime)“ (Ziffer 88) umfasst unter anderem die soziale Betreuung älterer Menschen und Behinderter, ambulante soziale Dienste wie soziale, Beratungs-, Fürsorge- und ähnliche Dienstleistungen einschließlich Fachberatungsdiensten für ältere Menschen und Behinderte sowie Tagesbetreuung von Kindern und vieles mehr. Die Unterschiede im Verständnis d zwischen dem sozialarbeiterischen Fachdiskurs und der Klassifikation der Wirtschaftsbereiche (WZ 2008) liegen in erster Linie in folgenden Punkten: Pflegeheime (Ziffer 87.10), ambulante Pflegedienste (Ziffer 88.10.1) und stationäre Einrichtungen zur psychosozialen Betreuung, Suchtbekämpfung u. Ä. (Ziffer 87.20) werden in der WZ 2008 nicht dem Gesundheitswesen zugeordnet . Im sozialarbeiterischen Diskurs würde man diese Arbeitsfelder aber durchaus zum Feld der Sozialen Arbeit im Gesundheitswesen zählen. Unter der Oberkategorie „Heime“ (Ziffer 87) finden sich auf der anderen Seite auch Unterkategorien, die nicht zu einem erweiterten Gesundheitswesen gehören, da dort die soziale Langzeitbetreuung gegenüber gesundheitlichen Aspekten deutlich im Vordergrund steht wie beispielsweise „Alten und Behindertenwohnheime“ (Ziffer 87309) und „Sonstige Heime“ (Ziffer 87909), zu denen Waisenhäuser, Obdachlosenheime u.a. gehören. Diese sind nach dem Verständnis der Sozialen Arbeit im Sozialwesen anzusiedeln. Die Differenzen zwischen der sozialarbeiterischen Einschätzung, was Soziale Arbeit im Gesundheitswesen umfasst, und was in der Definition der Gesundheitspersonalrechnung des Statistischen Bundesamtes dazu zählt, sind ähnlich gelagert wie die oben beschriebenen. Insbesondere bleibt in der Gesundheitspersonalrechnung die Soziale Arbeit in ambulanten Beratungsstellen, Behinderteneinrichtungen und der Drogenhilfe, die einen Gesundheitsbezug aufweist, weitgehend unberücksichtigt. Von daher unterschätzt aus unserer Sicht die dort angegebene Zahl von 27.000 Personen in Berufen der Sozialarbeit und Sozialpädagogik, die Anzahl, die bei einem fachlichen Verständnis von Sozialer Arbeit im Gesundheitswesen ausgewiesen werden müsste, sehr deutlich. Deshalb wird im Folgenden ein Ansatz auf Basis der Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit dargestellt, zu Beschäftigungszahlen aus einem erweiterten sozialarbeiterischen Verständnis der Sozialen Arbeit im Gesundheitswesen zu gelangen. Beschäftigungszahlen der Sozialen Arbeit insgesamt Die Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit stellt mit der neuen KldB 2010 trotz der beschriebenen Besonderheiten eine gut geeignete Datenquelle für die Frage nach der Beschäftigungszahl von Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern in verschiedenen Berufsfeldern dar. Absolventen eines Studiums der Sozialen Arbeit können sowohl auf der Ebene der Spezialisten (mit komplexen Spezialistentätigkeiten, Ziffer 83123) als auch auf der Ebene der Experten (mit hoch komplexen Tätigkeiten, Ziffer 83124) nach der KldB 2010 kodiert werden. Wir beschränken uns im Folgenden in dieser Analyse aus zwei Gründen auf die Ziffer 83124 Experten mit „hoch komplexen Tätigkeiten“. Zum einen entsprechen die beispielhaften Aufzählungen für „hoch komplexe Tätigkeiten“·(Ziffer 83124) Bewährungs- 4/2016 Forum sozialarbeit + gesundheit 31 06 33_Titelhema_Forum_4 2016.qxp_3 2016 05.09.16 14:16 Seite 32 Titelthema Tabelle 1: Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter/Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen, Experten (Ziffer 83124 nach KldB 2010) nach Wirtschaftszweigen – Gesundheitswesen erweitert (Quelle: Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit, Dezember 2015) Wirtschaftszweig Unterkategorien nach WZ 2008 86.10.1 Krankenhäuser (ohne HS-Kliniken,Vorsorge-, Reha-Kliniken) 86.10.2 Hochschulkliniken 1.047 86.10.3 Vorsorge- und Rehabilitationskliniken 2.254 86.20 Arztpraxen und Zahnarztpraxen 487 86.90.1 Praxen von psycholog. Psychotherapeuten 521 86.90.2 86.90.3 Praxen Massage, KG, Hebammen+ verw. Beruf und Heilpraktikerpraxen 157 86.90.9 Sonstige selbstständige Tätigkeiten im Gesundheitswesen 87.1 Pflegeheime 87.2 Stationäre Einrichtungen zur psychosozialen Betreuung, Suchtbekämpfung u.Ä. 88.10.1 Ambulante soziale Dienste helfer/in, Rechtliche/r Betreuer/in, Sozialarbeiter/in, Sozialpädagoge/-pädagogin, Streetworker/in in hohem Maße dem Anforderungsniveau des von uns untersuchten Arbeitsfeldes Gesundheitswesen. Die Beispiele für Berufe in der Sozialarbeit und Sozialpädagogik mit komplexen Spezialistentätigkeiten (Ziffer 83123) „Fachkraft – Sozialarbeit“ und „Sozialsekretär/in“ scheinen dagegen die Komplexität der Aufgaben des untersuchten Arbeitsfeldes nicht ausreichend widerzuspiegeln. Zum zweiten zeigen die Auswertungen der Beschäftigungszahlen der Sozialarbeit und Sozialpädagogik unter anderem für die „großen“ Arbeitsfelder „Krankenhaus“ und „Rehabiliation“ sehr gute Übereinstimmungen mit den Daten der Krankenhausstatistik (Statistisches Bundesamt (Destatis) 2015a) und der Statistik der Vorsorge- und Rehabili- 10.961 2.601 23.139 2.101 13.164 Summe „erweitertes Gesundheitswesen“ 32 Sozialarbeit Sozialpädagogik 56.432 tationseinrichtungen (Statistisches Bundesamt (Destatis) 2015b). Auf dieser beschriebenen Grundlage weist die Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit (eigene Sonderauswertung) für den Dezember 2015 insgesamt in Deutschland 269.414 Sozialarbeiter, Sozialpädagogen aus (Experten, Ziffer 83124). Je nach Betrachtungsweise könnten allerdings 25.572 Spezialisten (Ziffer 83123) der Sozialen Arbeit hinzuaddiert werden. Soziale Arbeit im Gesundheitswesen Um ein erweitertes sozialarbeiterisches Verständnis des Arbeitsfeldes „Gesundheitswesen“ mit den Kategorien der Klassifikation der Wirtschaftsbereiche (WZ 2008) nachzubilden, beziehen wir neben den Unterkategorien der Ziffer 86 „Gesund- Forum sozialarbeit + gesundheit 4/2016 heitswesen“ auch einzelne Unterkategorien aus den Bereichen „Heime“ (Ziffer 87) und „Sozialwesen“ (Ziffer 88) mit ein: Es handelt sich dabei um die Ziffern 87.1 „Pflegeheime“ und 87.2 „Stationäre Einrichtungen zur psychosozialen Betreuung, Suchtbekämpfung u. Ä.“ sowie 88.10.1 „Ambulante soziale Dienste“. Zu den „Pflegeheimen“ zählen Altenpflegeheime, Pflegeeinrichtungen für Behinderte sowie Genesungs- und Erholungsheime mit Pflegekomponente. Unter die Ziffer 87.20 fallen allerdings sowohl eindeutig dem aus sozialarbeiterischer Perspektive dem Gesundheitswesen zuzuordnende Einrichtungen wie „Einrichtungen zur Behandlung von Alkohol- und Drogensucht“ als auch „betreute Wohngruppen für psychisch instabile Menschen“ und „Einrichtungen für Menschen mit verzögerter geistiger Entwicklung“, die eher dem Sozialwesen zugeordnet werden. Zu den „Ambulanten Sozialen Diensten“ zählen soziale, Beratungs- und Fürsorgedienstleistungen, Fachberatungsdienste für ältere Menschen und Behinderte, ambulante Pflege für ältere Menschen oder behinderte Erwachsene sowie Besuchsdienste für ältere Menschen und Behinderte. Diese Auswertung ergibt eine Gesamtzahl von gut 56.000 beschäftigten Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter sowie und Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen im Gesundheitswesen (im beschriebenen Sinne) (vgl. Tab. 1). Zu den quantitativ größten Blöcken in dieser Aufzählung gehören die Pflegeheime mit über 23.100, die Kliniken der Akut- und rehabilitativen Versorgung (Ziffern 86.10.1 bis 86.10.3) mit gut 14.200 sowie „Ambulante soziale Dienste“ (Ziffer 88.10.1) mit gut 13.100 Beschäftigten aus der Sozialen Arbeit. Entwicklung der Beschäftigung im Gesundheitswesen Für die Frage der Entwicklung der Beschäftigung von Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern sowie Sozialpä- 06 33_Titelhema_Forum_4 2016.qxp_3 2016 05.09.16 14:16 Seite 33 dagoginnen und Sozialpädagogen im Gesundheitswesen im Zeitverlauf liegen in der Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit seit dem Jahr 2012 Daten auf Basis der KldB 2010 vor. Hier zeigt sich rein zahlenmäßig ein Rückgang von 60.700 Beschäftigten dieser Berufe im Gesundheitswesen (im oben beschriebenen Verständnis) im Dezember 2012 auf 56.400 Beschäftigte im Dezember 2015. Allerdings war im Vorjahresvergleich zum Dezember 2014 ein Wachstum um etwa 600 Beschäftigte zu verzeichnen. Der hier präsentierte Vierjahresverlauf ist allerdings noch mit sehr viel Vorsicht zu interpretieren. In die Entwicklung fließen mit hoher Wahrscheinlichkeit auch Kategorisierungsanpassungen von Seiten der Betriebe mit ein. Bei der Einführung einer neuen Klassifikation bestehen anfangs häufig Unsicherheiten zur Erfassung von Berufen, die bei mehrmaliger Erfassung korrigiert werden. Auf Basis der Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit wird es in den kommenden Jahren aber möglich sein, die Beschäftigungsentwicklung im Berufsfeld im Zeitverlauf detailliert darzustellen. Annäherung an die Beschäftigungszahlen Die Möglichkeiten, die Beschäftigung von Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern sowie Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen in verschiedenen Berufsfeldern mit den Daten der amtlichen Statistik abzubilden, haben sich mit der Einführung der KldB 2010 deutlich verbessert. Dies wirkt sich besonders auf die Nutzbarkeit der Gesundheitspersonalrechnung und der Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit für Auswertungen zur Sozialen Arbeit sehr positiv aus. Da der Erhebungsansatz der Gesundheitspersonalrechnung die Zahl der Sozialarbeiter im Gesundheitswesen aus fachlicher Sicht unterschätzt, wurde ein alternativer Auswertungsansatz auf Basis der Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit diskutiert. In Kombination mit der Klassifikation der Wirtschaftszweige (WZ 2008) ist es möglich, die Zahl der Sozialarbeiter nach unterschiedlichen Arbeitsfeldern (Wirtschaftszweigen) zu differenzieren. Dabei stimmt allerdings das sozialarbeiterische Verständnis eines Arbeitsfeldes wie dem Gesundheitswesen nicht immer mit der Kategorisierung der Wirtschaftszweige überein. Bei der Auswertung des Umfangs der Beschäftigung der Sozialen Arbeit in dem spezifischen Feld Gesundheitswesen liegt die Herausforderung darin, dieses kleinteilige und zersplitterte Feld aus fachlicher Perspektive mit den Kategorien der Wirtschaftszweigklassifikation zu rekonstruieren. Dieser Aufsatz hat unter den oben beschriebenen Vorannahmen in der Kombination der Klassifizierung der Berufe 2010 und der Klassifikation der Wirtschaftszweige 2008 eine Annäherung an die Beschäftigung im Arbeitsfeld Gesundheitswesen unternommen. Im Dezember 2015 sind demnach gut 56.000 Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter im Gesundheitswesen tätig gewesen. Die Beschränkung dieses Beitrags auf die Ebene der Experten mit „hoch komplexen Tätigkeiten“·(83124) in Sozialarbeit und Sozialpädagogik und die Nichtberücksichtigung der Ebene der „Spezialisten“ spricht dafür, dass die Auswertung die tatsächliche Anzahl der Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter sowie und Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen unterschätzt. Andererseits haben wir in unsere Analyse auch Wirtschaftszweige einbezogen, die zwar in sozialarbeiterischer Lesart in Teilbereichen dem Gesundheitswesen zuzuordnen sind, allerdings auch Arbeitsfelder umfassen, die eher dem Sozialwesen angehören. Dies lässt sich mit der WZ 2008 jedoch nicht trennen. n Holger Adolph Holger Adolph ist Dipl.- Sozialwissenschaftler und Referent in der Bundesgeschäftsstelle der DVSG, 6 [email protected] n Dr. Holger Seibert studierte Soziologie und Anglistik/Amerikanistik an der Universität Rostock und der University of Aberdeen (Scotland). Er ist wissenschaftlicher Mit-arbeiter im Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) Berlin-Brandenburg, 6 [email protected] Literatur Bundesagentur für Arbeit (2011): Klassifikation der Berufe 2010 – Band 2. Nürnberg, zuletzt geprüft am 19.07.2016. Statistisches Bundesamt (Destatis) (2008): Klassifikation der Wirtschaftszweige 2008 mit Erläuterungen. Wiesbaden: Statistisches Bundesamt. Franzkowiak, Peter/Homfeldt, Hans Günther/Mühlum, Albert (2011): Lehrbuch Gesundheit. Weinheim: Juventa Verlag. Hoffmann, Elke (2012): Berufsgruppe „Sozialarbeiter/innen“ im Gesundheitswesen. Übersicht Informationspotenziale der amtlichen Statistik. Berlin. Ortmann, Karlheinz/Waller, Heiko (2005): Grundlagen und Perspektiven gesundheitsbezogener Sozialarbeit. In: Karlheinz Ortmann/Waller, Heiko (Hg.): Gesundheitsbezogene Sozialarbeit. Eine Erkundung der Praxisfelder. Baltmannsweiler: Schneider-Verlag Hohengehren (Grundlagen der sozialen Arbeit, 13), S. 2–16. Statistisches Bundesamt (Destatis) (2015a): Grunddaten der Krankenhäuser – Fachserie 12 Reihe 6.1.1 – 2014, zuletzt geprüft am 18.11.2015. Statistisches Bundesamt (Destatis) (2015b): Grunddaten der Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen – Fachserie 12 Reihe 6.1.2 – 2014, zuletzt geprüft am 07.10.2015. Statistisches Bundesamt (2016): Gesundheit Personal – Fachserie 12 Reihe 7.3.1 – 2014. Wiesbaden, zuletzt geprüft am 22.07.2016. 4/2016 Forum sozialarbeit + gesundheit 33