Energieoptimiertes Bauen: Demonstrationsbauvorhaben

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Bauphysik und Technische Gebäudeausrüstung
Prof. Dr.-Ing. Karsten Voss
Bergische Universität Wuppertal
Energieoptimiertes Bauen:
Demonstrationsbauvorhaben
Sanierung eines Bürogebäudes der 60er Jahre
zu einem Niedrigenergiehaus
Förderkennzeichen:
0329750X
Schlussbericht
Projektnehmer
Bergische Universität Wuppertal
Fachbereich D, Abteilung Architektur
Lehrgebiet Bauphysik und Technische Gebäudeausrüstung, b+tga
Prof. Dr.- Ing. Karsten Voss
Haspeler Straße 27
42285 Wuppertal
Wuppertal, Juli 2010
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Prof. Dr.-Ing. Karsten Voss
Vorwort
Der vorliegende Abschlussbericht bezieht sich auf das Forschungsprojekt „Energieoptimiertes Bauen: Demonstrationsbauvorhaben: Sanierung eines Bürogebäudes der 60er Jahre zu einem Niedrigenergiehaus“.
Das Projekt wurde im Rahmen des Förderkonzepts „Energieoptimiertes Bauen“ (EnOB), Teilbereich Energetische Verbesserung der Gebäudesubstanz (EnSan), von November 2006 bis Januar 2010 mit Mitteln
des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) über
den Projektträger Jülich unter dem Förderkennzeichen: 0329750X gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt
beim Autor.
Die Projektbeteiligten:
Bergische Universität Wuppertal
Fachbereich D, Abteilung Architektur
Bauphysik und Technische Gebäudeausrüstung
Prof. Dr.-Ing. Karsten Voss
Projektbearbeitung:
Dipl.-Ing. Peter Engelmann
M.Sc. arch Eike Musall
Haspeler Straße 27
42285 Wuppertal
Architektur Contor Müller Schlüter
Kolkmannhaus
Hofaue 55
42103 Wuppertal
Ingenieurbüro Frank Lucas
Am Blaffertsberg 28-30
42899 Remscheid
Remscheider Entsorgungsbetriebe
Nordstraße 48
42853 Remscheid
Der Bericht umfasst 108 Seiten, zuzüglich Anhang.
Bergische Universität Wuppertal,
Wuppertal, Juli 2010
………………………………………..
Prof. Dr.-Ing. Karsten Voss
………………………………………..
Dipl.-Ing. Peter Engelmann
II
………………………………………..
M.Sc. arch Eike Musall
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Kurzfassung
Das 4-geschossige, 4.600 m² große Gebäude aus den 60er Jahren in Remscheid wird heute
etwa zur Hälfte als zentrales Verwaltungsgebäude der Entsorgungsbetriebe und als Unterbringung für den dazugehörigen Fuhrpark genutzt. Ähnlich zu vielen anderen Gebäudesanierungen beschränkte sich die Sanierung nicht auf die Mängelbeseitigung und energetische
Verbesserung. Eine Sanierung steht oft in Konkurrenz zu einem Neubau. Daher wurden wesentliche Verbesserungen in der Nutzungsqualität und dem Erscheinungsbild sowie eine signifikante Senkung des Energieverbrauchs und der Betriebskosten erwartet. Aus Verbrauchsmessungen im Vorfeld der Sanierung war ein Primärenergiekennwert von etwa 440
kWh/(m²a) bekannt. Dabei lag allein der Wärmeverbrauch bei rund 370 kWh/(m²a). Hinsichtlich des sommerlichen Raumklimas waren insbesondere die Verhältnisse im 2. OG auffällig. Für die bereits bei der Erstellung vorgenommene Aufstockung des zunächst 3geschossig geplanten Gebäudes kam nur eine Leichtbauweise in Frage.
Die intensive Planungsarbeit und die große Bereitschaft von Bauherren und Planern zur kritischen Variantenanalyse haben dazu beigetragen, eine ganzheitlich überzeugende Gebäudesanierung zu vertretbaren Kosten zu erstellen. Die erreichten Energiekennwerte sind mit
86 kWh/m²a Primärenergie für Heizwärme und ca. 58 kWh/m²a Primärenergie für elektrische Hilfsenergie (Lüften, Beleuchtung) angesichts der hohen Werte vor der Sanierung sehr
niedrig, jedoch mit Blick auf die planerisch angestrebten Werte weiter verbesserungsfähig.
Hierzu ist vor allem ein optimierter Betrieb der Lüftungsanlagen der Sozialräume entscheidend. Das Vorhalten hoher Luftwechsel mit Außenluft in Duschen, Umkleiden und Trockenräumen verursacht hohe Stromverbräuche der Lüftungsanlage. Trotz Einsatz einer Wärmerückgewinnung über ein Kreislaufverbundsystem bezieht die Lüftungsanlage ganzjährig hohe
Wärmemengen. Hier ergeben sich vor allem durch die Anpassung von Laufzeiten an die tatsächliche Nutzung erhebliche Einsparungen (die in den aktuellen Jahreswerten noch nicht
voll zum Tragen kommen).
Das Maßnahmenpaket der passiven Kühlung ist auf die Sanierung vieler, insbesondere öffentlicher Gebäude übertragbar. Hierbei geht es immer wieder um die Fragestellung, wie
wesentliche Verbesserungen beim sommerlichen Raumklima ohne Einbau einer aktiven Kühlung erreicht werden können. Abluftanlagen mit dezentraler Nachströmung der Außenluft
über Fassaden integrierte Außenluftdurchlässe leisten sowohl einen Beitrag zur sommerlichen Nachtlüftung (hoher Luftwechsel) als auch zur Verbesserung der Lufthygiene während
der Arbeitszeit (geringer Luftwechsel). Durch den Verzicht auf dezentrale Ventilatoren treten
keine Schallquellen auf. Der Wartungsaufwand ist gering. Hinsichtlich der baulichen Ausführung zeigt sich die Luftdichtheit der Gebäudehülle als besonders wichtiger Faktor.
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Inhalt
1. Die Remscheider Entsorgungsbetriebe
1
1.1. Das Bestandsgebäude
2
1.2. Sanierungsmaßnahmen
3
1.2.1. Gebäudesteckbrief
8
1.2.2. Wärmeschutz und neue Fassade
10
1.2.3. Tageslichtnutzung und Beleuchtung
13
1.2.4. Lüftung
18
1.2.5. Sommerlicher Wärmeschutz
20
1.2.6. Warmwasser- und Wärmeversorgung
22
1.3. Qualitätskontrolle
23
1.3.1. Thermografie
23
1.3.2. Prüfung der Luftdichtheit
25
1.3.2.1. Interne Leckagen
26
1.3.2.2. Luftdichtheit der Gebäudehülle
28
2. Ermittlung Energiebedarfskennwerte nach DIN 18599
31
2.1. Das Werkzeug EnEV+
31
2.2. Bedarfsberechnungen im Vergleich zu Energieausweis und Messwerten
33
2.3. Vergleich der zonenspezifischen Bedarfskennwerte
37
3. Datenerfassung und Auswertung
39
3.1. Zentrale Messtechnik
39
3.2. Dezentrale Messtechnik
42
4. Energieverbrauch
43
4.1. Wärmeverbrauch Büro
45
4.1.1. Heizwärme statische Heizung
45
4.1.2. Heizwärme Lüftung
47
4.1.3. Abschätzung interner Gewinne
48
4.2. Verbrauch elektrische Energie Bürotrakt
49
4.2.1. Elektrische Hilfsenergie Lüftung
50
4.2.2. Elektrische Hilfsenergie Beleuchtung
52
4.3. Wärmeverbrauch Sozialtrakt
53
4.3.1. Heizwärme statische Heizung
54
4.3.2. Heizwärme Lüftung
55
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4.4. Verbrauch elektrische Energie Sozialtrakt
58
4.4.1. Elektrische Hilfsenergie Lüftung
58
4.5. Energieverbrauch Trinkwassererwärmung
61
4.6. Energieverbrauch Garagen
63
5. Nutzung und Komfort
64
5.1. Messungen zum thermischen Komfort
64
5.1.1. Thermischer Komfort im Winter
64
5.1.1.1. Das Erdgeschoss
66
5.1.1.2. Das erste Obergeschoss
68
5.1.1.3. Das zweite Obergeschoss
68
5.1.1.4. Untersuchung der Luftfeuchte
69
5.1.1.5. Fazit der Messreihen zum winterlichen Komfort
71
5.1.2. Thermischer Komfort im Sommer
72
5.1.2.1. Ergebnisse im Erdgeschoss:
74
5.1.2.2. Ergebnisse erstes Obergeschoss:
75
5.1.2.3. Ergebnisse zweites Obergeschoss:
76
5.1.2.4. Vergleich Messung und Simulation
79
5.1.2.5. Einfluss des Mikroklimas der Fassade auf die Zuluft
80
5.1.2.6. Fazit der Messung zum sommerlichen Komfort
83
5.2. Messungen zu Lüftung und Luftqualität
85
5.3. Nutzerbefragung
86
6. Ökonomische Bewertung
89
6.1. Investitionskosten
89
6.2. Baunutzungskosten
90
6.3. Lebenszykluskosten
91
6.3.1. Analyse der Lebenszykluskosten
92
6.3.2. Alternativen zum Erreichen einer Kostensenkung
94
6.3.3. CO2-Vermeidungskosten
96
7. Publikationen und Wissenstransfer
99
8. Literatur und Quellenangaben
100
9. Anhang
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V
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1. Die Remscheider Entsorgungsbetriebe
Das Verwaltungsgebäude der Remscheider Entsorgungsbetriebe wurde 1968 auf einem zentrumsnahen Hanggrundstück als dreigeschossiger Stahlbeton-Skelett-Bau errichtet. Es ist in typischer Zeilenbauform
mit zentraler Horizontal- und punktueller Vertikalerschließung ausgeführt. In anfänglich drei, später vier Geschossen diente es anfangs als
Betriebsgebäude der Remscheider Entsorgungsbetriebe (REB) mit dem
Arbeitsbereich Abfallwirtschaft, die als organisatorisch eigenständiger
Betrieb der Stadt Remscheid u. a. die Aufgaben des städtischen Fuhrparks (Müllabfuhr, Straßenreinigung, Werkstätten) übernommen hatten. Das Gebäude wurde in den beiden unteren Etagen -durch die
Hangsituation sind beide Ebenen befahrbar- als Wagenhalle und Lagerbereich genutzt.
Das dritte und ein nachträglich in Leichtbauweise aufgesetztes viertes
Geschoss wurden als Büro- und als Sozialräume von Teilen des städtischen Gebäudemanagement sowie der Straßenmeisterei genutzt. Die
Bürobereiche waren als konventionelle Einzelbüros ausgeführt die sich
an einen innenliegenden, nicht natürlich belichteten Flur gliederten.
Im östlichen Bereich des Gebäudes befanden sich neben einem Versammlungsraum auch Wasch- und Duschbereiche für das Personal.
Abseits des Zentralen Verwaltungstrakts entstanden auf dem Hof einige Sekundärbauten, die weitere Garagen und Werkstätten aufnahmen.
Zudem wurden auf einem unteren Grundstücksbereich weitere Nutzungen angesiedelt.
Bild 1.1) Luftaufnahme der
Remscheider Entsorgungsbetriebe vor der Sanierung und
dem Neubau des Garagenanbaus auf dem unteren Hof.
Quelle: google earth
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1.1. Das Bestandsgebäude
Das 1968 erbaute Verwaltungsgebäude wurde bis zu seiner Sanierung
in den Jahren 2005/2006 durch Ämter und Eigenbetriebe der Stadt
Remscheid genutzt. Nach fast 40-jährigem Gebrauch durch die Remscheider Entsorgungsbetriebe mit dem Arbeitsbereich Abfallwirtschaft
als größtem Nutzer sowie dem Hochbauamt und den Straßenreinigungsbetrieben wies das Gebäude hinsichtlich seiner Struktur und
Ausstattung erhebliche Defizite auf. Die nahezu ungedämmte Außenfassade war, wie das gesamte Gebäude und dessen Statik, in bautechnisch sehr schlechtem Zustand. Auch undichte Dachflächen waren
dringend sanierungsbedürftig. Bauzeitbedingt fehlten sämtliche Maßnahmen zum sommerlichen Wärmeschutz, Wärmebrücken und Undichtigkeiten gab es insbesondere in den Anschlussbereichen. Zudem
bestand bei der technischen Gebäudeausrüstung altersbedingter Modernisierungsbedarf, der Brandschutz genügte nicht mehr den Anforderungen und das öffentliche Gebäude galt mangels Aufzug nicht als
behindertengerecht. Das Haupttreppenhaus wies stellenweise weniger
als zwei Meter Kopfhöhe aus und erschien daher genauso kundenunfreundlich, wie die schlecht auffindbaren Zugänge des Gebäudes
[DBU07].
Bild 1.2) Ansicht des Bestandsgebäudes REB vor der
Sanierung – dreigeschossige
Vorderansicht (li). Blick in das
ehemalige Treppenhaus mit
den zu geringen Deckenhöhen
(re).
Fotos: [ACMS]
Diese Defizite entsprachen in keiner Weise den Anforderungen an ein
modernes Büro- und Betriebsgebäude und stehen charakteristisch für
den während der letzten Jahre aufgekommenen typischen Handlungsbedarf, der sich sowohl für Betreiber als auch für Architekten und Ingenieure in zunehmendem Maße im Umgang mit dem Bestand ergibt.
Ein fortdauernder Betrieb war nahezu ausgeschlossen. Die benannten
Mängel drohten vielmehr zu einem unwirtschaftlichen Betrieb, Fehlbelegungen und Leerständen zu führen. Die im Gebäude untergebrachten Nutzungen sind von der Erbauung bis 2005 nahezu unverändert
geblieben. Das Raumprogramm wurde weder organisatorischen Veränderungen und Neuausrichtungen innerhalb der Stadtverwaltung
noch Erkenntnissen im Bezug auf komfortable Arbeitsplätze angepasst.
Zudem sollte im Zuge einer Verwaltungsreform -neue, zentralisierte
Verwaltungsstrukturen sahen eine Ausgliederung aller Nutzer außen
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den Entsorgungsbetrieben an andere Standorte vor- die Nutzung des
Gebäudes verändert werden.
Bild 1.3) Ansicht des Bestandsgebäudes REB vor der Sanierung –viergeschossige Rückansicht (li). Blick in einen der
unsanierten Waschräume mit
veralteten Wasch- und Duschmöglichkeiten (re). Fotos:
[ACMS]
1.2. Sanierungsmaßnahmen
Die Remscheider Entsorgungsbetriebe REB stehen in ihren erklärten
Leitlinien für Gesundheit, Hygiene, Schutz der Gewässer und der Umwelt ein. Als städtisches Ver- und Entsorgungsunternehmen mit modernen Grundsätzen hatte der Betreiber den Wunsch, diese Grundsätze über sein Gebäude zu präsentieren. Daher nahmen sie bei der Sanierung in den Jahren 2005 bis 2007 einen übergeordneten Stellenwert ein.
Im Vorfeld der Sanierungen wurden von der Architektengruppe Architektur-Contor Müller Schlüter [ACMS] Überlegungen angestellt, inwieweit eine Sanierung günstiger als ein Abriss und folgender Neubau wäre. Im Rahmen der Grundlagenermittlung zur Baumaßnahme konnte
dabei nachgewiesen werden, dass trotz der erheblichen baulichen
Mängel eine Sanierung gegenüber einem Abriss und Neubau ökonomisch und ökologisch im Vorteil ist. Die Gründe hierfür lagen im hohen
Wert bzw. den hohen Entsorgungskosten der Tragstruktur (StahlbetonSkelettbauweise) sowie in der besonders aufwändigen Gründungssituation am Hang des ehemaligen Deponiegeländes.
Bild 1.4) Gründungssituation
der REB – eine Neugründung
hätte ein zu hohes Kostenrisiko
dargestellt und mehr als 4
Geschosse wären bei Nutzung
der vorhandenen Gründung
nach wie vor nicht möglich
gewesen.
Grafik: [ACMS]
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Eine Neugründung wäre auf Grund hoher Kostenrisiken nicht zur Ausführung gekommen und eine Erhöhung der Geschosszahlen zur Erzielung einer Höheren Flächeneffizienz aus statischen Gründen nicht
möglich gewesen. Der Kostenvorteil der Sanierungsmaßnahme gegenüber Abriss und Neubau lag mit knapp 40% deutlich höher als die übliche Differenz von durchschnittlich ca. 20%. Die Bauwerkskosten der
Kostengruppen 300 - Baukonstruktion und 400 - Technische Anlagen
betrugen für diese Sanierungsmaßnahme 3,61 Mio. € bzw. 681,€/m²BGF [DBU07].
Durch die Umstrukturierung des Bestandsgebäudes, die Zentralisierung der Unterbetriebe an diesem Standort sowie die vollständige
Modernisierung des Gebäudekomplexes sollte der ökonomische Betrieb der REB wieder ermöglicht werden. Eine wirtschaftlichere Ausnutzung der verfügbaren Flächen und Nutzung von Synergieeffekten
aus der Zusammenlegung der Unterbetriebe konnte den bisherigen
Flächenbedarf um ca. 15% reduzieren. Eine neue, eingeschossige Wagenhalle an der südlichen Böschungskante des Betriebshofes, welche
eine Stützwandfunktion des Geländes übernimmt, trug dazu bei, das
geforderte Raumprogramm zu erfüllen. Ein Verwaltungsneubau konnte somit vermieden werden.
Bild 1.5) Darstellung der
Neuordnung der Bestandsflächen nach der Neuorganisation der städtischen Ämter.
Dabei wurden das zweite
Obergeschoss und die ehemalige PKW-Wagenhalle im
Erdgeschoss (ca. 480 m²
zusätzliche Nutzfläche) frei
und konnten für ehemals an
die Lenneperstr. ausgelagerte
Bereiche der REB genutzt
werden. Dabei konnten alle
Zufahrts- und Umfahrtsmöglichkeiten erhalten bleiben und eine zentrale Anlaufstelle mit Blickkontakt zum
Pförtner realisiert werden.
Grafik: [ACMS]
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Neubau
Garage
Bild 1.6) Luftaufnahme nach
der Sanierung mit dem Neubau
des Garagenanbaus.
Quelle: bing maps
Nach der Sanierung beinhaltet das Gebäude in den unteren beiden
Etagen (ca. 2.200 m² Wagenhallen) nun den Fuhrpark mit Einsatzfahrzeugen der Entsorgungsbetriebe und der Straßenreinigung sowie den
Verwaltungs- und Sozialtrakt mit großen, nach Geschlechtern getrennten Umkleide-, Wasch- und Duschbereichen für Mitarbeiter/innen der
Entsorgungsbetriebe in den oberen beiden Stockwerken und einem
Teil des Erdgeschosses (ca. 2.600 m²).
Bild 1.7) Schnitte nach der
Sanierung der REB. Der gedämmte Bereiche ist rot umrandet dargestellt.
Grafik: [ACMS]
Die Grundrissgestaltung wurde verändert, um Büros mit geringerer
Raumtiefe und besserer Tageslichtnutzung zu schaffen (siehe Kapitel
1.2.3). Zudem wird über die mittige Erschließung und die natürliche
Belichtung über die Westfassade bzw. zahlreiche Oberlichter im Dach
ein neues Rückgrat des Gebäudes gebildet. In diesem strukturieren auf
den gewonnenen Flächen, eingestellte farbige Servicekuben unterschiedliche Aufenthaltsbereiche. Sie nehmen Kopierer, Archive, Teekü5
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chen und Toilettenräume auf. Um sie herum organisieren sich die einzelnen Teamgruppen der REB.
Weil der bisherige Haupteingang ungünstig positioniert war, wurde er
als Adresse des Gebäudes besser sichtbar und zugänglich an die westliche Stirnseite verlegt. Hiermit konnte der zum Pförtner hin orientierte
Westgiebel aktiviert werden. In der dahinter liegenden ehemaligen
Wagenhalle befindet sich nun ein kleines Foyer, über welches der
neue, seitlich an das Gebäude angestellte Erschließungsturm samt Aufzug und das ebenfalls neu eingerichtete Kundenzentrum erreichbar
sind. Es bildet einen repräsentativen Bereich für Publikumsverkehr und
ist ebenso barrierefrei ausgebildet wie das restliche Gebäude.
Bild 1.8) Ablauf der Sanierung
der Westfassade nahe dem
Grundstückzugang.
Fotos: [ACMS]
Bild 1.9) Neue Eingangsansicht
an der Westfassade nach der
Sanierung.
Foto: [RIEHLE]
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Das erneuerte Gebäude präsentiert sich innen und außen in einer vollständig neuen Erscheinung. Die neue durch Transparenz, Offenheit,
Innovation, Einfachheit sowie Modernität geprägte Außendarstellung
spiegelt den veränderten technischen und sauberen Umgang mit den
klassischen Arbeitsfeldern Müllentsorgung, Straßen- und Kanalreinigung sowie Streu- und Sonderdienste wider.
Um ein qualitativ verbessertes Arbeitsumfeld mit natürlicher und
künstlicher Beleuchtung zu erschaffen, die Raumtemperierung samt
Beheizung, Lüftung und Kühlung sowie die Lufthygiene gemäß den aktuellen Gesetzen und Verordnungen auf einen zeitgemäßen Stand zu
bringen und den Gesamtenergieverbrauch (Primärenergie) auf ein Niveau 50 Prozent unter den damaligen EnEV-Anforderungen [ENEV09]
für vergleichbare Neubauten zu reduzieren, wurden über die rein funktionalen Verbesserungen hinaus weitere Maßnahmen durch die ganzheitliche Sanierung verwirklicht.
Tabelle 1.1) Die Maßnahmen der energetischen und raumklimatischen Sanierung.
Wärmeschutz
Tageslicht und Beleuchtung
Lüftung
Sommerliches Raumklima
Wärmeversorgung
Gebäudeleittechnik
7
Neue, elementierte und vorgefertigte Holzleichtbaufassade mit Dämmstärken zwischen 16 und 24 cm und Kunststoff-Mehrfachstegplatten als Außenhaut
Wärmebrückenarme Bauweise
2-fach Wärmeschutzglas bzw. Sonnenschutzglas (Ug=1,1 W/(m²K)) mit wärmegedämmten Abstandshaltern und Holzrahmen (UW=1,4 W/(m²K))
Zusätzliche Dämmung von Flachdach und Decke zur Wagenhalle
Optimierte Tageslichtnutzung über lichtumlenkende Lamellenjalousien (System
Retrolux). Über die Höhe stufenlos angepasster Drehwinkel
Leuchten integrierte, tageslichtabhängige Kunstlichtregelung in den Büros
Ventilator unterstütze Lüftung als Abluftanlage in den Bürobereichen. Die Luft
strömt dezentral über akustisch bedämpfte Außenluftdurchlasselemente mit automatisch verstell- und verschließbaren Querschnitten nach (1-facher Luftwechsel, via
GLT-Signal reduziert bei sehr niedrigen Außentemperaturen)
Frostfreihaltung der gesamten Wagenhallen durch Einblasen der Abluft aus dem
Bürotrakt in die Hallen (Abwärmenutzung). Somit entfielen Teile der Heizungsinstallation sowie der Energieverbrauch infolge von Heizbetrieb, Zirkulation und Fehlbedienung in den Wagenhallen
Lüftung mit Wärmerückgewinnung für den gesamten Sozialtrakt (KVS).
Sonnenschutzverglasung (60/40) auf allen Fassaden ohne beweglichen Sonnenschutz (z.B. Nordseite)
Ventilator unterstützte Nachtlüftung über regelbare Öffnungsquerschnitte der Außenluftdurchlasselemente in den Fassaden (2-facher-Luftwechsel)
PCM Deckenverkleidung im Leichtbaugeschoss (2. OG) zur Erhöhung der Wärmekapazität bei hohen Temperaturen (BASF Micronal, Schaltpunkt 26°C)
Solar unterstütze Trinkwassererwärmung (Duschbetrieb mit ca. 1.000 l/d Warmwasserbedarf) durch eine 30 m² große Flachkollektoranlage
Nacherwärmung und Raumheizung über einen Gas-Brennwertkessel
Zentrale Gebäudeleittechnik mit Einbindung sämtlicher TGAAutomatisierungsfunktionen auf der Basis von LON
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1.2.1. Gebäudesteckbrief
Tabelle 1.2) Gebäudesteckbrief
Standort
Baujahr
Sanierung
Nutzung
Sanierungskosten (KG 300/400, netto)
Projektstatus
Bauherr
Architekt Sanierung
TGA-Planung Sanierung
Tragwerksplanung
Ressourceneffizienzbewertung
Grundstücksfläche
Bruttogrundfläche
Nettogrundfläche
davon beheizt
Wagenhalle
Funktionsfläche
Nebennutzfläche
Nordstraße 48, 42853 Remscheid
1968
2005 - 2006
Verwaltung, Sozialbereich, Wagenhalle
3,61 Mio. € bzw. 681 €/m²BGF
Im Betrieb, optimiert, im Langzeitmonitoring
Stadt Remscheid, Remscheider Entsorgungsbetriebe,
REB
Architektur Contor Müller Schlüter, Wuppertal
Ifl Ingenieurbüro F. Lucas & Partner, Remscheid
Dipl.-Ing. S. Winkelmann, Remscheid
mipsHaus Institut, Wuppertal
54.669 m²
5.310 m²
4.719 m²
2.543 m² (2031 m² Verwaltung, 512 m² Sozialtrakt)
2.175 m²
Hauptnutzfläche
Verkehrsfläche
Verwaltung
14%
Sozialtrakt
Wagenhalle
46%
1%
55%
11%
30%
43%
Nutzfläche (nach EnEV)
Bruttorauminhalt
Beheiztes Volumen
Wärmeübertragende Hüllfläche
A/V nach Sanierung
Geschosszahl
Anzahl Nutzer
Primärenergieverbrauch vor der Sanierung
Primärenergiebedarf nach der Sanierung
1
2
3.120 m²
20.851 m³
10.214 m³
4.385 m²
0,32 m²/m³ (aktiv beheizter Bereich)
4
80 Verwaltung
90 Sozialbereich
1
440 kWh/m²a
2
136 kWh/m²a
Mittelwert aus Abrechnungen des EVU aus 1998 bis 2004
Berechnungsergebnis ennovatis enev+ [KAUF09]
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Bild 1.10) Plansatz des sanierten REB Gebäudes samt der
unterschiedlichen Nutzungen.
Grundrisse (von oben UG, EG,
1.OG, 2.OG) Die Grundrisse
wurden komplett neu strukturiert. Im Erdgeschoss wurde ein
Teil der Wagenhalle in Büroflächen umgewandelt, so dass
zusätzliche Fläche entstand.
Die mittleren Serviceboxen
sind ebenso zu erkennen wie
Aufteilung in Wagenhalle,
Verwaltung und Sozialtrakt.
Grafik: [ACMS]
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1.2.2. Wärmeschutz und neue Fassade
Neben der Neuorganisierung der Grundrisse und einer technischen
Verbesserungen stellte die Erneuerung der Gebäudehülle einen wesentlichen Bestandteil der Sanierungsmaßnahme dar. Ein Großteil der
errechneten und als Zielvorgabe gesetzten primärenergetischen Einsparungen beruhte auf einer deutlichen Verbesserung des Wärmeschutzes. Eine zusätzliche Wärmedämmung des Flachdaches und der
Decke zur Wagenhalle, eine luftdichte und wärmebrückenarme Bauweise sowie 2-fach Wärmeschutz- bzw. Sonnenschutzglas galten als
erste Umsetzungsziele.
Zum maßgebenden Bauteil dieses Sanierungsschrittes wurde jedoch
der vollständige Austausch der Gebäudehülle samt Fassadenbekleidung und Unterkonstruktion. Die Fassade konnte wegen der Stahlbeton-Skelett-Bauweise ohne größeren Aufwand komplett ausgetauscht
werden. Für neue Fassadenöffnungen in den Büros wurden nur nicht
tragende Gebäudeteile zurückgebaut.
Eine industriell vorgefertigte Holzleichtbaufassade aus großformatigen
Tafeln in den Abmessungen 5 auf 8 m, mit Dämmstärken zwischen 16
und 24 cm und transluzenten Mehrfachstegplatten aus Polykarbonat
als Wetterschutz wurde vor den Bestand gesetzt. Über die Tafelbauweise konnten der Bauablauf verkürzt, die Baukosten reduziert und
Ausführungsfehler vor Ort vermieden werden. Durch den konsequenten Wärmeschutz liegt der berechnete Transmissionswärmeverlustwert HT´ mehr als 40% unter dem für einen Neubau nach damaliger
EnEV zulässigen Wert.
Energiekonzept und architektonische Qualität wurden im Februar 2009
mit dem „Landespreis für Architektur, Wohnungs- und Städtebau“ des
Landes NRW ausgezeichnet.
Tabelle 1.3) Aufstellung der bauteilabhängigen Wärmedurchgangskoeffizienten. Quelle: [ACMS]
U-Wert Fassade (Mittelwert alle Geschosse, ohne Garagen)
U-Wert Fassade Erdgeschoss (Stegplatten)
U-Wert Fassade Obergeschosse (opaker Teil)
U-Wert Dach
U-Wert unterste Geschossdecke
0,46 W/m²K
1,2 W/m²K
0,16 W/m²K
0,15 W/m²K
0,20 W/m²K
Ug-Wert Wärmeschutz-Verglasung
Ug-Wert Sonnenschutz-Verglasung
Uw-Wert Wärmeschutz-Verglasung
Uw-Wert Sonnenschutz-Verglasung
1,10 W/m²K
1,21 W/m²K
1,41 W/m²K
1,54 W/m²K
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Bild 1.11) Ablauf der Sanierung
der Nordfassade zum Betriebshof hin. Im unteren Abschnitt
ist die größere Gebäudetiefe
mit den transluzent ausgeführten Fassadenbekleidungen zu
sehen.
Fotos: [ACMS]
Der Ausführung ging eine Diskussion zur Übertragung des Images der
REB über die Materialität der Fassade voraus. Über eine durchgängige
Fassade sollte auf die unterschiedlichen Funktionsbereiche eingegangen, dennoch ein einheitliches Erscheinungsbild des Gebäudes erreicht
und die seitens des Bauherrn gewünschten Innovationen realisiert
werden.
Entscheidender Indikator bei einer ersten Unterscheidung zwischen
den möglichen Oberflächenmaterialien Metall, Glas und Kunststoff war
eine Optimierung der Tageslichtnutzung und -lenkung. Diese war wegen der großen Gebäudetiefe des Bestandes und einer darauf hin erdachten innenliegenden Besprechungs- und Nebenraumzone wichtig.
Insbesondere in den Hallen- und Empfangsbereichen des Erdgeschosses sollte eine Reduzierung der künstlichen Belichtung und Verbesserung der Arbeitsplatzqualität durch geeigneten Fassadenaufbau erzielt
werden. Die Metallverkleidung wurde mangels dieses Potenzials in der
darauffolgenden Entwurfsplanung nicht weiter verfolgt. Die Weiterleitung des Tageslichts über Reflektoren, transparente Wärmedämmung
(TWD) und Mehrfachstegplatten wurde hingegen in unterschiedlichen
Szenarien erläutert.
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Bild 1.12) Hofansicht nach der
Sanierung – die oberen beiden
Geschosse beinhalten den
Verwaltungsbereich, die
unteren beiden die Wagenhallen. Hier kann im Tagesverlauf
auf Kunstlicht verzichtet
werden.
Foto: [RIEHLE]
In einer durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt geförderten Forschungsstudie wurden die Qualitäten bezüglich Dämm- und Belichtungsfunktionen, passiver und aktiver Solarenergienutzung, gestalterischer und ökonomischer Konsequenzen und der Maßgabe des ressourcenschonenden Materialeinsatzes von der Gewinnung der Rohstoffe bis hin zur Verarbeitung und Wiederverwendung der Bauteile
bewertet [ACMS08].
Für Ressourceneffizienzbewertungen und vergleichende Ökobilanzierung der Fassadenvarianten wurden vorab im mipsHAUS-Institut
[MIPS] ausgewählte Leitindikatoren wie der Ressourcenverbrauch als
Total Material Requirement (TMR), der kumulierte Energieverbrauch
(KEA, VDI Richtlinie 4600) sowie das Global Warming Potential (GWP
100) herangezogen. Der Fassadenaufbau wurde in die drei Bestandteile Hinterbau (inkl. Fenster), Wetterschutz und Fassadenzwischenpaneel gegliedert.
1 - Die Remscheider Entsorgungsbetriebe
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Bild 1.13) Exemplarischer
Wandaufbau und Fassadengliederung. Der grün umrandete Bereich zeigt ein Fassadenzwischenpaneel, der orange
umrandete Bereich den Wetterschutz samt dahinter liegendem Hinterbau. Grafik:
[ACMS]
Nach deren Einzelbetrachtung und einer jeweils aufwendigen Gegenüberstellung von möglichen Materialien wurde die gesamte Fassadenkonstruktion auch in Abhängigkeit zu konventionellen Bestandssanierungen bewertet.
Gemäß diesen Berechnungen konnte nachgewiesen werden, dass die
Leichtbauweise mit vorgehängter Polykarbonat-Mehrfachstegplatte im
Vergleich zu einer Bauweise mit vorgehängten Gussglasprofilen zu
Ressourceneinsparungen mit dem Faktor 2 führen. Im Vergleich zu einer konventionellen Sanierung mit WDVS liegen diese bei dem Faktor
5, bezüglich einer vorgehängten Naturstein- bzw. Aluminiumfassade
bei einem Faktor von 25 [DBU07].
Zudem weist das Forschungsergebnis die ausgewählte vorelementierte
Fassade als die günstigste Variante bezüglich Investitionskosten, Gesamtenergieverbrauch und ökologischer Auswirkungen aus (siehe auch
Kapitel 6). Mittels der Untersuchung und späteren Realisierung dieses
Musterbauvorhabens konnte aufgezeigt werden, dass lichtdurchlässige
Kunststoffprodukte bei Bauvorhaben, bei denen geringes Gewicht,
hohe Belastbarkeit und niedrige Kosten gefordert sind, einen Vorteil
gegenüber konventionellen Konstruktionen haben.
1.2.3. Tageslichtnutzung und Beleuchtung
Neben den Parametern Wärmeschutz, Image, Ökologie und Ökonomie
wurde die Fassade auch hinsichtlich sommerlichen Wärmeschutzes,
Blendfreiheit am Computerarbeitsplatz, Abstimmung auf die Bürobeleuchtung und Ausbildung der Flurwände zwecks Kunstlichtreduzierungen im Flurbereich optimiert.
Die Eigenschaften der Fassadenbauteile in Kunststoff oder Glas entschieden in der Verbindung mit der Positionierung und Größe der
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1 - Die Remscheider Entsorgungsbetriebe
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transparenten bzw. transluzenten Flächen maßgebend über die Tageslichtnutzung im Gebäude. Als maximale Fassadenöffnung ergab sich
die bestehende Wandöffnung zwischen den tragenden Wandscheiben
zuzüglich der nicht tragenden Brüstungen, welche rückgebaut werden
sollten. Tageslichtsimulationen bestätigten der Variante mit einer
durchgehend über die Bürobreite verglasten Fassade einen deutlich
besseren Tageslichtquotienten als der Möglichkeit, geschlossene Elemente in die Fassaden zu integrieren.
Bild 1.14) Visualisierung der
ersten Variante zur Fensterflächenverteilung nach der
Sanierung, bedeckter Himmel
mit maximaler Fassadenöffnung.
Allerdings ergaben sich partiell geschlossene Bereiche aus den durchgeführten Simulationen zur sommerlichen Überwärmung. Zu große
Fensterflächen hätten im Sommer die thermische Last erhöht und
hiermit erforderliche Sonnenschutzeinrichtungen die Tageslichtausbeute verringern können. Aufgrund der vorgegebenen Nutzung mit
den senkrecht zur Fassade aufgestellten Arbeitsplätzen ergeben sich
für die Variante mit nicht durchgehenden Fassadenöffnungen annehmbare Tageslichtquotienten von wenigstens 3%.
Bild 1.15) Rückansicht des
Bestandsgebäudes mit vertikal
gestaffelter Fassadenstruktur
nach der Sanierung.
Foto: [RIEHLE]
Aufgrund der Wagenhallen ist die Gebäudebreite mit ca. 16m für ein
Verwaltungsgebäude unüblich groß. Hieraus ergibt sich ein ca. 5m
breiter, bezüglich der Tageslichtbelichtung problematischer Bereich. Er
konnte durch die geänderte Grundrissstruktur für Nebenräume ohne
1 - Die Remscheider Entsorgungsbetriebe
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b+tga
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natürliche Belichtung bzw. für die vertikale Büroerschließung samt Besprechungszone im Erdgeschoss genutzt werden. Eine natürliche Belichtung erfolgt hier über transparente Innenwandbereiche mit senkrecht zur Fassade gelegten Tageslichtschneisen oder geöffnete Bürotüren. Im Erdgeschoß wurde zur verbesserten Tageslichtnutzung der innenliegenden Besprechungszone zudem die gesamte Fassade in einer
Pfosten-Riegel-Konstruktion mit Wechsel zwischen transluzenten
Stegplatten und Fensteröffnungen ausgeführt (siehe Bild 1.16).
Bild 1.16) Innenraumansicht in
der Verwaltung nach der
Sanierung mit durchgehenden
Lichtbändern zum Flurbereich
hin (li).
Büro im Erdgeschoss mit
Pfosten-Riegel-Konstruktion,
transluzenten Stegplatten und
Verglasung (re).
Foto: [RIEHLE]
Das über diese, in die Flurwände integrierte, Glaselemente einfallende
diffuse Tageslicht und ggf. zugeschaltetes Kunstlicht aus den Büros ermöglicht eine reduzierte Ausleuchtung der Flurflächen. Ein durchlaufendes Lichtband wurde in Verbindung mit Präsenzmeldern auf einer
Flurseite im Übergang zur Decke in die Wand eingebaut. Im zweiten
Obergeschoss sorgen zusätzlich neu errichtete Oberlichter für eine natürliche Ausleuchtung der oberen Flure sowie des 120 m² großen Aufenthaltsraums (siehe Bild 1.17).
Bild 1.17) Innenansicht der
mittleren Servicezone im
Flurbereich des ersten Obergeschosses. Auf der linken Seite
ist das durchgehende Lichtband zu erkennen (li). Innenraumansicht des Aufenthaltsraumes mit natürlicher Belichtung durch die Oberlichter (re).
Fotos: [RIEHLE]
Simulationen offenbarten in den Verwaltungsbereichen auf der Südseite des Gebäudes die Notwendigkeit eines Sonnenschutzes. Bei dessen
Wahl wurde darauf geachtet, dass die Reduzierung des Wärmeeintrags
in die Büros und die Sicherstellung der Blendfreiheit am Arbeitsplatz
auch bei teilgeöffnetem Behang mit möglicher Durchsicht nach außen
möglich ist. Dies vermeidet eine Zuschaltung von Kunstlicht für die
Ausleuchtung des Arbeitsplatzes bei heruntergefahrenem Sonnenschutz und führt zu Behaglichkeit am Arbeitsplatz.
Die außenliegend ausgeführten, speziell geformten und stufenlos im
Drehwinkel anpassbaren Lamellenjalousien sind im oberen Drittel mit
gekanteten Lichtlenklamellen versehen und auf der Außenseite spie15
1 - Die Remscheider Entsorgungsbetriebe
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gelnd sowie der Innenseite mattiert beschichtet. Sie sorgen neben der
Verschattung weiterhin für ausreichenden natürlichen Lichteinfall und
ermöglichen eine bis zu 60%ige Durchsicht bei einem g-Wert von 0,64.
Der Lamellenbehang hat einen maximalen Fc-Wert von 0,25.
Bild 1.18) Tageslichtreflektion
und Durchsichtsbeispiel des
verwendeten Sonnenschutzes
A 80der Firma RETRO Lux.
Grafik: [ACMS]
Die Lamellen sind sowohl tageslichtabhängig zentral gesteuert als auch
individuell seitens der Benutzer in jedem Büro übersteuerbar, da sie
gleichzeitig auch als Blendschutz verwendet werden. Bei allen nach
Nord und West ausgerichteten Fenstern wurde aus Kostengründen auf
einen Sonnenschutz verzichtet. Zudem fehlt bei der Nordorientierung
durch fehlendes Direktlicht für den Nutzer nahezu ganzjährig der Impuls, einen Sonnenschutz zu schließen. Diese Fenster sind mit Sonnenschutzglas ausgestattet.
Ausgehend von diesen Simulationsergebnissen wurde ein möglichst
minimierter Energieverbrauch für die Zuschaltung des gem.
Arbeitsstättenverordnung notwendigen Kunstlichts in Abhängigkeit
vom Beleuchtungskonzept, Reglungseinflüssen und Nutzungsprofil
ermittelt. Dabei wurden die Deckenflächen wegen der geringen Geschosshöhen über Deckenleuchten mit direkter und indirekter Leuchtverteilung aufgehellt und auf Stehleuchtensysteme wegen der geringer
Raumdimensionierung und höheren Investitionskosten verzichtet.
Hiernach folgte eine Variantengegenüberstellung zum Jahresstromverbrauch mit den Maßgaben „Manuell an / aus“ (der Nutzer schalten
die Beleuchtung bei Bedarf ein), „Dimmung“ (Leuchtenintegrierte Sensoren schalten bei Bedarf Kunstlicht zu) sowie „Dimmung + Präsenz“
(wie oben mit zusätzlicher Abschaltung mittels Präsenzsensor. Der
Nutzer schaltet an). Die Arbeitszeit lag wochentags von 8 bis 17 Uhr,
Pausen wurden berücksichtigt, Urlaubs- und Fehlzeiten nicht. Darüber
hinaus wurden unterschiedliche Leuchten betrachtet, um den Jahresstromverbrauch darstellen zu können. Der Vergleich der Systemvarian1 - Die Remscheider Entsorgungsbetriebe
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b+tga
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ten ergab, dass in allen Fällen die Beleuchtungssteuerung über „ Dimmen + Präsenz“ als energieeffizienteste Variante zu bewerten ist. Dies
wurde zudem durch eine Untersuchung unterschiedlicher Nutzermodelle „Aktiver Nutzer“ (Jalousie: morgendliche Betätigung und tagsüber zur Vermeidung von Blendung, Beleuchtung: „Ein“ / „Aus“ gemäß
Tageslichtangebot), „Passiver Nutzer“ (Jalousie: immer halbgeschlossen Beleuchtung: tagsüber „ein“) und „Gemischtes Nutzermodell“ (Mischung aus aktivem und passivem Nutzerverhalten) bestätigt.
Letztendlich erfolgte die Auswahl der Bürobeleuchtung jedoch nicht allein durch die Variantenanalyse und damit verbundene Ergebnisse zum
geringsten Stromverbrauch. Seitens des Bauherrn wurden eine filigrane Ausführung der Leuchten und die Auswirkung auf die Büroraumgestaltung herausgestellt. Diese Attribute waren ausschlaggebend für die
Wahl der Leuchte. Der Stromverbrauch der gewählten Variante liegt
nicht wesentlich über dem, der optimalsten Variante (siehe Kapitel
4.2.2).
Die vertikale Haupterschließung konnte über die gesamte Gebäudehöhe von etwa 15m mit durchlaufenden Kunststoff-Mehrstegplatten
verkleidet werden. Es erfährt somit eine gute Tageslichtausbeute. Auf
sichtbare Leuchten wurde komplett verzichtet. Bei Bedarf erhellen im
Aufzugsschaft ohnehin notwendige Leuchten das Treppenhaus
[DBU07].
Bild 1.19) Innenansicht des
nachträglich an das Gebäude
gestellten Haupttreppenhauses. Auffällig dabei ist der
Verzicht auf Leuchten. Das
Treppenhaus kann durch die
transluzenten Mehrfachstegplatten natürlich belichtet
werden. Bei Bedarf wird die
Notbeleuchtung des ebenfalls
transluzent umschlossenen
Aufzugsschachtes hinzu geschaltet.
Foto: [RIEHLE]
17
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b+tga
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1.2.4. Lüftung
Die Möglichkeiten durch bauliche Maßnahmen Einfluss auf das energetische Verhalten des Gebäudes zu nehmen, waren wegen des Sanierungshintergrunds eingeschränkt. Dennoch sollte das Lüftungsverhalten des Gebäudes verbessert und gesteuert werden. Darauf basierend
wurde ein Konzept erarbeitet, welches die Beheizung der Büro- und
Sozialräume mit Heizflächen im Fassadenbereich, eine mechanische
Abluftanlage und eine passive Nachtauskühlung vorsah.
Das Gebäude wurde mit einer Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung
(WRG) über ein Kreislaufverbundsystem (KVS) ausgestattet. Die Zuluft
strömt dabei dezentral über witterungs- und einbruchgeschützten Außenluft-Durchlasselemente mit elektronisch verstell- und verschließbaren Querschnitten in der Fassade ins Gebäudeinnere. Dort wird sie zur
Vermeidung von Unbehaglichkeit durch Zugluft über Konvektoren erwärmt und mittels Abluftelementen in den Büros abgesogen. Bevor sie
die wärmegedämmte Hülle verlässt, erwärmt sie mittels Wärmetauscher die Zuluft der Erdgeschossbüros und der Sanitär- bzw. Flurbereiche. Eine mechanische Belüftung vermeidet, dass unreine Luft nach
dem Warmlaufen der Großfahrzeuge auf dem Hof in die Büros dringt.
Bild 1.20) Ansicht eines Außenluftdurchlasselementes
von innen (li) und außen (re)
Innen strömt die Luft hinter
dem Heizkörper ein, sodass in
der Heizperiode direktes
Anströmen von Personen mit
kalter Luft vermieden wird.
Die Lüftungselemente stellen bezüglich der luftdichten Gebäudehülle,
eine definierte und in ihrer Wirkung einstellbare Undichtigkeit her. Die
definierten Lufteinlässe sind erforderlich, um in Verbindung mit der
Abluftanlage ganzjährig eine hohe Lufthygiene im Tagbetrieb (geringer
Luftwechsel) sicherzustellen und die nächtliche Entwärmung des Baukörpers im Sommer über aktivierte Nachtlüftung (höherer Luftwechsel) zu gewährleisten. Ohne diese Öffnungen und die Abluftanlage wäre der Luftwechsel durch individuelle und manuelle Fensteröffnung bei
tiefen Außentemperaturen erfahrungsgemäß zu gering.
1 - Die Remscheider Entsorgungsbetriebe
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b+tga
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In detaillierten Untersuchungen wurden die Dimensionierung, Anordnung und Steuerung der Lüftungselemente bestimmt. Dabei galt es,
die Lüftungselemente als passives Einbauteil, also ohne Ventilator oder
Zulufterwärmung auszuführen. Diese aktiven Systeme entsprachen
wegen ihrer Schallemissionen, hoher Investitions- und Unterhaltskosten sowie erhöhten Energieaufwendungen im Betrieb nicht den Vorgaben. Da marktübliche Lüftungselemente größtenteils bzgl. dieser
Vorgaben nicht erhältlich waren, wurde ein handelsübliches Element
entsprechend den Planungsvorgaben wie Wärmedämmeigenschaften,
Dichtigkeit und variabler Volumenströme weiterentwickelt.
Basierend auf Simulationen und Messungen wurde ein Lüftungselement mit drei Luftdurchlässen je Büro in die vorgefertigte Fassadentafel eingebaut. Kunststoffbögen der Ansaugöffnungen und Wetterschutzgitter wurden in die Laibung des Tafelbaus integriert (siehe Bild
1.21 und Bild 1.22).
Bild 1.21) Exemplarischer
Wandaufbau im Vertikalschnitt
mit Kennzeichnung des Lüftungselementes mit den drei
Außenluft-Durchlassöffnungen.
Grafik: [ACMS]
19
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Bild 1.22) Exemplarischer
Wandaufbau mit Lüftungselement im Horizontalschnitt
und Darstellung des Lufteinlasses über das AußenluftDurchlasselement hinter dem
Heizkörper.
Grafik: [ACMS]
Im Sozialtrakt kommt eine Lüftung mit Wärmerückgewinnung über ein
Kreislaufverbundsystem zum Einsatz. Die Abluft wird direkt aus den
Spinden der Mitarbeiter und den Trockenräumen für die Arbeitskleidung gesogen. Eine durchgehend gute Luftqualität sowie Entfeuchtung
waren hierfür Installationsgrund.
Allen Flächen im Verwaltungs- und Sozialtrakt ist jedoch eine nächtliche Erhöhung der Lüftungsvolumenströme zur passiven Kühlung (siehe
Kapitel 1.2.5) gemein.
In die Wagenhallen wird bedarfsweise Abluft aus dem Bürotrakt eingeblasen, um diese frostfrei zu halten. Durch diese effektive Abwärmenutzung konnte die drohende Unterschreitung der Grenztemperaturen umgangen und die flächendeckende Installation einer Heizung
vermieden werden. Lediglich eine zusätzliche Notfall-Beheizung
schließt das Frostrisiko aus. Das hydraulische Gerät zur Straßenreinigung bleibt somit über den gesamten Jahreszyklus einsatzbereit
[DBU07].
Bild 1.23) Prinzip der Lüftung
über die Fassadenelemente
und des Einblasens der wärmen Luft in die Garagentrakte.
Grafik: [ACMS]
1.2.5. Sommerlicher Wärmeschutz
Zum umfassenden Energiekonzept des REB-Gebäudes gehört auch der
Verzicht auf eine energetisch aufwendige Klimatisierung des Gebäudes. Interne Lasten sollen durch den sparsamen Einsatz von Beleuch1 - Die Remscheider Entsorgungsbetriebe
20
b+tga
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tung (siehe Kapitel 1.2.3) und ein zentrales sowie aktiv gekühltes Serversystem in Kombination mit kleinen Rechnerkomponenten an den
Arbeitsplätzen, externe Lasten durch die außenliegende bewegliche
Verschattung der Südfenster sowie Sonnenschutzglas in der Fassade
der Nordseite vermieden werden.
Durch Erhöhung des Volumenstroms der Abluftanlage und Unterdruck
im Gebäude solle ein 2-facher Luftwechsel eine Nachtlüftung über die
automatisch regelbaren Öffnungsquerschnitte der AußenluftDurchlasselemente in den Fassaden ermöglichen.
Bild 1.24) Prinzipdarstellung
des passiven Kühlens über das
Einbringen kalter Luft durch
Unterdruck mittel der Lüftungsanlage und Nachströmen
kalter Außenluft über die
Nachströmelemente in der
Fassade.
Grafik: [ACMS]
Die Konstruktion speichert dabei tagsüber Wärme und gibt diese zeitversetzt in den Nächten an die kalte Luft ab. Simulationen zeigten sehr
unterschiedliche Voraussetzungen für das Raumklima im Gebäude auf.
In den unteren, massiv gebauten Geschossen konnte über die im Bestand existierenden Speichermassen tagsüber Wärme gespeicherte
werden, um diese mittels der Nachtlüftung abzutransportieren. Da das
2. Obergeschoss bei Erstellung in Leichtbaukonstruktion ausgeführt
wurde, verfügte dieses kaum über Speicherpotenzial. Durch Einbringung von Latentspeicher aus PCM3 kann hier eine Speichermasse vergleichbar einer konventionellen Betonkonstruktion erreicht werden. So
soll die Wärmekapazität der Räume erhöht und die sommerliche Erwärmung begrenzt werden. Es wurde dabei zwischen den Varianten
PCM als Passiv-Putz, PCM als Passiv-Abhangdecke, und PCM als AktivAbhangdecke unterschieden. Letztere aktive Variante galt als grundsätzlich leistungsfähiger und wäre mit einer Kälteerzeugung nachrüst3
Phase Change Material, englisch für Phasenübergangsmaterial wie Salze oder Paraffine, die bei bei 23 – 26°C
Lufttemperatur während des Phasenübergangs mit vielen Wiederholzyklen vom festen in den flüssigen Aggregatzustand übergehen und dabei Wärme speichern bzw. abgeben
21
1 - Die Remscheider Entsorgungsbetriebe
b+tga
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bar gewesen. Sie hätte jedoch wesentlich höhere Investitionskosten
bedeutet. Daher wurde die Ausführung einer passiven Variante weiter
verfolgt. Letztlich wurden von Micronal (BASF) PCM-Materialien mit
einem Phasenwechsel bei 24°C in die Deckenverkleidungen integriert
und ein Estrich von 3cm Höhe eingebracht [DBU07].
1.2.6. Warmwasser- und Wärmeversorgung
Ein wichtiges Anliegen des Bauherrn war, solare Energien zu nutzen.
Erreicht wurde dies durch eine auf dem Dach installierte, 30m² große
thermische Flachkollektor-Solaranlage. Sie sollte den hohen Warmwasserverbrauch von ca. 1000 l/d im Duschbetrieb unterstützen und
zu 60 % decken. Im Rahmen einer detaillierten Betrachtung der Energieverbräuche und der Systemauslegung der Heizung wurde eine solare Heizungsunterstützung als nicht effizient angesehen [MORH05B].
Eine zunächst angedachte fassadenintegrierte Systemlösung wurde
daher im Rahmen der Planung verworfen. Sie wäre bei alleiniger Nutzung für die Warmwasserbereitung wirtschaftlich nicht vertretbar gewesen, da sich größere Kollektorflächen ergeben hätten. Ein neuer
Gas-Brennwertkessel übernimmt die Raumheizung und ergänzt die
nicht solar gedeckte Trinkwassererwärmung.
Bild 1.25) Darstellung der im
Gebäude verwendeten technischen Systeme und deren
Bezug von Primärenergie
sowie Verbindung zu Verbrauchern.
Wegen der hohen Verbrauchsspitzen zu Dienstzeitende sowie der Nutzungsprofile ohne Wochenendnutzung ist die solare Warmwasserbereitung nicht mit Anlagen im Wohnungsbau vergleichbar. Es galt gem.
DVGW Richtlinie W551 4/2004 [DVGW04] zu beachten, dass das gesamte Netz auf einer Temperatur von mindestens 60°C zu betrieben
und eine Zirkulation installiert werden muss. Diese darf maximal 5 K
Temperatur verlieren nur ein Drittel des Tages außer Betrieb sein. Au1 - Die Remscheider Entsorgungsbetriebe
22
b+tga
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ßerdem sind Vorwärmstufen einmal täglich auf mindestens 60°C aufzuheizen. Dieses System wurde einer Parameterstudie unterzogen, mit
der Software TRNSYS simuliert und unter Einfluss des Massenstromes,
der Speichergrößen sowie des Gesamtertrages dimensioniert
[MORH05B].
1.3. Qualitätskontrolle
Zur Qualitätssicherung aller durchgeführten Maßnahmen im Bereich
Wärme- bzw. Kälteschutz und der Lüftung sowie zur Vermeidung von
bauphysikalischen Mängeln durch Fehler in der Bauausführung wurden
die Hilfsmittel Thermografie und Luftdichtheitsprüfung/Blower Door
Messung eingesetzt. Beide Maßnahmen lokalisieren eventuell vorhandene Fehlstellen bzw. Undichtigkeiten der Gebäudehülle. Mit dem Differenzdruck-Messverfahren (Blower Door Test) wurde der n50 Kennwert als Maß für die Luftdichtheit der Gebäudehülle bestimmt sowie
ungewollte Leckagen aufgespürt.
1.3.1. Thermografie
Anfang 2007 wurden erstmals Thermografieaufnahmen in Form einer
Außenthermografie durchgeführt. Dabei konnten keine großen Auffälligkeiten oder Schwachstellen festgestellt werden. Die an der Fassade
hauptsächlich verwendeten Polykarbonat-Mehrfachstegplatten zeigten einen recht hohen Reflexionsgrad im Infrarotbereich. Über die
Qualität des Wärmeschutzes selbst können somit nur begrenzt Aussagen gemacht werden, da die Oberflächentemperaturen je nach Neigungswinkel zur Kamera schwankten.
Insgesamt wiesen die Fassadenoberflächen aber eine homogene Temperaturverteilung auf. Ein Hinweis auf ungewollte und irreparable
Wärmebrücken war von außen nicht auszumachen. Kleinere Schwachstellen aufgrund von Ausführungsmängeln konnten aufgezeigt und
später entsprechend korrigiert werden (siehe Bild 1.29).
FL I R Sy s te m s
5.0 °C
4
3
Bild 1.26) Thermografische
Aufnahme der Südfassade. Die
Oberflächentemperaturen der
Fassade zeigen eine homogene
Temperaturverteilung.
2
1.0
Die Oberflächentemperaturen der Erdgeschossfassaden zeigten im
Vergleich zu den Obergeschossen aber deutlich höhere Temperaturen,
23
1 - Die Remscheider Entsorgungsbetriebe
b+tga
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dies zeigt den geringeren Wärmeschutz dieses Fassadenteils. Im Erdgeschossbereich sind die Polykarbonat-Mehrfachstegplatten nicht weiter hinterdämmt, so dass ein deutlich höherer U-Wert der Konstruktion vorliegt (siehe auch Tabelle 1.3).
FL I R Sy s te m s
11.1 °C
A r2
10
8
A r1
6
4
2
1.3
FL I R Sy s te m s
A r1
13.0 °C
12
10
8
A r2
6
4.5
FL I R Sy s te m s
Bild 1.27) Erdgeschoss und
Obergeschosse der Südfassade. Im Erdgeschoss sind
die Kunststoff- Stegplatten
als transparente Fassadenelemente genutzt (UWand=
1,2 W/m²K), während sie in
den Obergeschossen vor der
Wärmedämmung sitzen
(UWand= 0,44 W/M²K. Dies
wird in den unterschiedlichen mittleren Oberflächentemperaturen deutlich.
Bezeichnung
Wert
Ar1: Durchschnitt:
5.7 °C
Ar2: Durchschnitt:
2.4 °C
Bild 1.28) Aufnahme der
Nordfassade. Hier ist im 2.
OG ein offenes ALD deutlich
zu erkennen (weißer Pfeil).
Trotz des hohen Reflexionsanteils zeigt sich in den
Teilen der Fassade, bei
denen die semitransparenten Kunststoffstegplatten die
Fassade bilden (EG - Fläche
Ar2) erwartungsgemäß
höhere Oberflächentemperaturen aufgrund des größeren U- Wertes der Wand.
9.7 °C
8
6
4
2
1.0
Bild 1.29) Hier ist eine Verletzung der Hülle zu erkennen – beim Fassadenbau
wurde eine Stegplatte durchbohrt. Der Schaden zeigt sich
deutlich im Infrarotbild – im
Normalbild ist er kaum zu
erkennen. Die schadhafte
Stegplatte wurde ausgetauscht.
Im Zuge von Dichtheitsprüfungen (siehe Kapitel 0) wurden auch thermografische Aufnahmen im Innern durchgeführt. Durch die Thermografie wurde Nachströmen von kalter Luft auf der Giebelseite des Flurs
im 1. OG aus dem darunter liegenden Eingangsbereich sichtbar (siehe
Bild 1.30 und Bild 1.31).
1 - Die Remscheider Entsorgungsbetriebe
24
b+tga
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F L I R Sy s te m s
26.0 °C
Elektrokanal
24
22
Bild 1.30) Undichtigkeit an
einem Elektrokanal im Flur des
1. OG. Es kommt zum Nachströmen von kühler Luft aus
dem darunter liegenden Eingangsbereich.
20
19.0
F L I R Sy s t e m s
23.0 °C
22
20
Bild 1.31) Undichtigkeit im
Wandbereich, Flur des 1. OG.
Auch hier strömt an der Fußleiste Luft aus dem Eingangsbereich nach oben.
18.0
Die Aufnahmen zeigten zudem weitere Schwachstellen im Erdgeschoss. Dort waren kleinere Wärmebrücken über den Anschluss der
Fassade an Vordach bzw. Deckenplatte auszumachen (siehe Bild 1.32).
Aufgrund der bereits erfolgten Fertigstellung des Gebäudes konnte
hier nicht nachgebessert werden, die Auswirkung ist jedoch als gering
einzustufen.
F L I R Sy s te m s
Bild 1.32) Deckenbereich im
EG, Raum 1.13. Hier sind kühle
Bereiche zu sehen, die Wärmebrücken beim Anschluss der
Fassadenkonstruktion zeigen.
Die Aufnahmen wurden bei
einer Dichtheitsprüfung gemacht. Zum Zeitpunkt der
Aufnahme standen die Räume
bereits seit ca. 60min unter
Unterdruck, bei Außentemperaturen von 5°C.
17.4 °C
16
14
12
10
8.6
1.3.2. Prüfung der Luftdichtheit
Erste Prüfungen der Luftdichtheit brachten keine zufriedenstellenden
Ergebnisse. Da aufgrund großer Volumina zunächst nur Teilbereiche
des Gebäudes untersucht werden konnten (gemessen wurde zunächst
ein Einzelbüro im zweiten OG, anschließend der östliche Brandab-
25
1 - Die Remscheider Entsorgungsbetriebe
b+tga
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schnitt des zweiten OG), waren quantitative Aussagen schwierig, zumal
mehrere interne Leckagen festgestellt wurden.
1.3.2.1. Interne Leckagen
Bei ersten Messungen wurde zunächst eine Leckagesuche durchgeführt. Dazu wurde eine feste Druckdifferenz aufgeprägt (30 Pa) und
mit Hilfe eines Nebelgenerators, mit dem lokal kleine Bereiche vernebelt werden können, potentielle Schwachstellen (Fenster, Türen, Zu-/
Abluftöffnungen, Steckdosen, Lampen) untersucht, um Luftströmungen sichtbar zu machen.
Bild 1.33) Einbausituation der
Messeinrichtung im Fenster
des Büros 2.02. Bei der
Messung des Büros wurde
die Tür zum Flur abgeklebt,
die anschließende Messung
des Brandabschnitts erfolgte
bei geöffneter Zimmertür
ebenfalls über dieses Fenster.
Ergebnis waren beispielsweise nicht dicht ausgeführte Brandschutzabschlüsse zwischen Brandabschnitten sowie zu den Treppenhäusern.
Hier konnten Leckageströme im Bereich der abgehängten Decken der
Flure mit Hilfe des Nebelgenerators sichtbar gemacht werden (siehe
Bild 1.34 und Bild 1.35). In den Bereichen der Brandschutztüren zum
Treppenhaus waren diese Effekte am stärksten.
Bild 1.34) Detailaufnahme
Nebeltest bei einer Deckenlampe im Flur bei Unterdruck
im Gebäude. Der Nebel
wurde deutlich in den Raum
geblasen.
An den Zuluftöffnungen
konnten hingegen keine
Strömungsbewegungen
beobachtet werden.
1 - Die Remscheider Entsorgungsbetriebe
26
b+tga
Bauphysik und Technische Gebäudeausrüstung
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Bild 1.35) Vor allem die Türen
zu den Treppenhäusern schließen nicht dicht. Die Treppenhäuser sind wiederum nicht
luftdicht nach außen verschlossen, sodass Luft hierüber in die
Flure und letztendlich in die
Büros nachströmt.
Weitere interne Luftverteilung wurde in verschiedenen Installationsschächten nachgewiesen. Als problematisch haben sich Kabel- und
Rohrdurchführungen erwiesen. Diese wurden bei Durchdringung von
Brandabschnitten zwar brandschutztechnisch korrekt (rauchdicht), jedoch nicht luftdicht ausgeführt. Die Anforderungen an den Brandschutz schließen die Luftdichtheit im Gebäude nicht ein. Speziell Kabeldurchführungen sind nicht ausdrücklich luftdicht auszuführen, da es
keine direkten Anforderungen an Differenzdrücke und daraus hergeleitete Volumenströme gibt. Andere Brandschutzvorrichtungen schließen
erst unter Einwirkung von hohen Temperaturen (Feuer), sind aber im
Normalzustand undicht. In diesem Zusammenhang waren daher mehrfach Nachbesserungsarbeiten erforderlich.
Bild 1.36) Am Durchgang eines
Abwasserrohrs zur Garage im
Untergeschoss strömte fühlbar
Luft nach.
Im EG festgestellter Abgasgeruch kann durch diese Undichtigkeit hervorgerufen werden.
Die Rohrdurchführungen
wurden nachgebessert.
Der Ursprung für festgestellter Nachströmungen von Luft konnte nur
schwer lokalisiert werden, da sich interne Leckagen und Schwachstellen in der Gebäudehülle überlagerten. Undichtigkeiten zwischen den
Geschossen oder zwischen unterschiedlichen Nutzungszonen sind
energetisch und bauphysikalisch unkritisch, sofern in eine Zone ein27
1 - Die Remscheider Entsorgungsbetriebe
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strömende Luft auch durch Nachströmen aus einer weiteren internen
Zone kommt und nicht durch Außenluft ersetzt wird.
Trotzdem sollten im Hinblick auf die Rauchausbreitung im Brandfall
und zur möglichen Bestimmung von Leckagen in der Hüllfläche die
Ausführungen überprüft werden. Aufgrund von Undichtigkeiten einer
Brandwand traten beispielsweise Abgase in ein an die Fahrzeughalle
angrenzendes Erdgeschossbüro ein und führten zu Geruchsbelästigung. Auch dieser Mangel konnte behoben werden.
1.3.2.2. Luftdichtheit der Gebäudehülle
Antrieb zur Lüftung bei Tagbetrieb und Nachtauskühlung des Verwaltungsbaus sind Druckdifferenz zwischen Innen- und Außenraum. Der
Unterdruck im Gebäude wird über zentrale Ventilatoren erzeugt. Die in
die Fassade integrierten Außenluftdurchlasselemente (ALD) lassen als
passive Elemente das nachströmen von Außenluft zu.
Wie sich bei ersten Messungen der Kennlinie der ALD zeigt, strömen
die für einen planerisch zunächst vorgesehenen einfachen Luftwechsel
nötigen 80 m³/h auch bei geringen Druckdifferenzen nach. Höhere
Volumenströme erfordern zum Überwinden des Strömungswiederstands höhere Druckdifferenzen. Im Falle der für einen vorgesehenen
zweifachen Luftwechsel bei der aktiven Nachtlüftung sollen 160 m³/h
Außenluft nachströmen. Dazu muss im Raum ein Unterdruck von 22 Pa
im Vergleich zum Außenraum geschaffen werden.
m³/h
200
ALD 100% offen
ALD 50% offen
Nachtlüftung
160
120
80
Tagbetrieb
40
0
4
6
8
10
12
14
16
18
20
22
24
26
28
30 Pa
Bild 1.37) In einem Büro gemessene Kennlinie eines
Außenluftdurchlasselements
(ALD). Die für einen zweifachen
Luftwechsel benötigten
160 m³/h Außenluft strömen
erst bei Druckdifferenzen von
22 Pa durch das ALD. Ist der
Differenzdruck geringer,
strömt auch weniger Luft von
außen nach.
Im Tagbetrieb (geplant
80 m³/h, später reduziert auf
60 m³/h) ist ein ausreichendes
Nachströmen auch bei geringen Druckdifferenzen gewährleistet.
Erste Messungen der Druckdifferenzen offenbarten bei aktivierter
Nachtlüftung nur Differenzdrücke von 10-12 Pa. Bei gleichzeitiger Messung der Abluftvolumenströme zeigte sich jedoch, dass diese planungsgemäß bei etwa 160 m³/h liegen. Die abgesaugte Luft kam also
zu Teilen nicht durch die ALD, sondern aus anderen Gebäudebereichen, also über (bereits erkannte) Leckagen.
1 - Die Remscheider Entsorgungsbetriebe
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Nachdem interne Schwachstellen größtenteils nachgebessert waren,
konnte der Differenzdruck bei einer erneuten Blower-Door-Messung
auf 14 Pa gesteigert werden. Dies wies auf weitere Leckagen auch in
der Außenhaut des Gebäudes hin.
Diese wurde bei der Durchführung des Lüftungskanals zum Ventilator
im Deckenbereich des 2. OG durch Untersuchung der Luftströmungen
mit Rauch gefunden. Bei gezieltem Einblasen von Rauch in die Revisionsklappe des Nacht‐Abluftventilators, die oberhalb der luftdichten
Ebene liegt, zeigte sich im darunter liegenden Geschoss massiver
Raucheintritt. Nach entfernen der abgehängten Decke zeigte sich, dass
dort ein großer Teil der Dampfbremse fehlte und somit kein luftdichter
Anschluss zum Dach existierte. Der Mangel wurde Ende 2009 behoben.
Bild 1.38) Die Undichtigkeit im
Dach konnte mit Hilfe eines
Nebelgenerators sichtbar
gemacht werden. Nachdem
Rauch in die Schutzhaube auf
dem Dach eingeblasen wurde,
kam es zu massivem Raucheintrag im darunter liegenden WC.
Bei einer Ermittlung des Kennwerts für die Luftdichtheit der Gebäudehülle nach DIN EN 13829 [EN13829] wurde alle Lüftungswege im Gebäude durch die GLT verschlossen (Abschaltung der Lüftungsanlagen,
Zufahren aller Brandschutzklappen, Verschluss der Außenluftdurchlasselemente und manuelles Abdichten von bekannten Öffnungen)
und im Innern alle Türen geöffnet. Zur Aufnahme der nötigen Messpunkte erzeugten zwei Gebläse die gleiche Druckdifferenz. Dabei
konnte eine maximale Druckdifferenz von 40 Pa aufgebaut werden.
Trotz Unsicherheiten in der Messung kann davon ausgegangen werden, dass die normativen Grenzwerte der Anforderungen an die Luftdichtheit eingehalten werden. Aus den aufgenommenen Daten ergibt
sich ein n50 Wert von ca. 1,2 h-1, die Anforderung der EnEV an die
Luftdichtheit der Gebäudehülle beim Einsatz von Lüftungsanlagen
(< 1,5 h-1) ist damit erfüllt. Für den hüllflächenbezogenen Kennwert
q50 ergibt sich 2,4 m³/(h m²), auch dabei wird der in der DIN 4108-7
mit 3 m³/(h m²) angegebene Grenzwert für Gebäude > 1500 m³ Volumen eingehalten [DIN4108T7].
29
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Bild 1.39) Einbau der Ventilatoren in Fenster und Tür zum
Kopierraum im 2. OG (li), sowie
Einbau eines Gebläses im
Fenster eines EG- Büros (re).
Volumenstrom
[m³/h]
10000
ges. Gebäude
EG
2.OG
y = 1893.8x0.3935
R² = 0.9924
1000
10
ΔP
100 [Pa]
Bild 1.40) Darstellung der
aufgenommenen Messwerte
in doppelt- logarithmischer
Darstellung.
Für eine normgemäße Berechnung des n50 Wertes sollte
mindestens noch der Volumenstrom bei 50 Pa aufgenommen werden, höhere
Druckdifferenzen verbessern
die Genauigkeit des Ergebnisses. Die verwendeten Gebläse
konnten nur Druckdifferenzen
von 40 Pa aufbauen. Durch die
drei Stützstellen kann dennoch
eine exponentielle Trendlinie
gelegt werden, aus deren
Steigung der gesuchte n50 Wert
näherungsweise berechnet
werden kann.
Fazit Dichtheitsprüfungen
Abschließend zeigt sich, dass sich auch nach Schließen der gefundenen
Leckagen der erforderliche Unterdruck für ein ausreichendes Nachströmen von Außenluft in den Büros nicht einstellt. Bei einem gemessenen Abluftvolumenstrom von 160 m³/h im Büro (Nachtlüftung)
kommt es anteilig zum Nachströmen von Luft aus anderen Bereichen
des Gebäudes. Dabei wurde festgestellt, dass es sich hier vor allem um
interne Leckagen zwischen Bereichen die per Nachtlüftung entwärmt
werden sollen (Büros) und Zonen ohne planmäßige Nachtlüftung
(Treppenhäuser und Nebenräume) handelt. Für das Konzept der
Nachtlüftung sind diese Schnittstellen kritisch zu bewerten, da interne
Leckagen die Wirksamkeit der Nachlüftung verringern. Leckageströme
(die in nicht zu kühlenden Bereichen vorgewärmt werden) reduzieren
den Außenluft-Volumenstrom an den Überströmelementen und damit
die zur Verfügung stehende Transportkapazität für abzuführende
Wärme. Es ist mit Einschränkungen in Bezug auf das Konzept der
Nachtlüftung zu rechnen, da die sich in den Büros einstellenden Außenluftwechsel von der Dichtheit der Gebäudehülle abhängig sind.
1 - Die Remscheider Entsorgungsbetriebe
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2. Ermittlung Energiebedarfskennwerte nach DIN 18599
Im Rahmen des Masterstudiums Environmental Building Design an der
Universität Wuppertal wurden im Jahrgang 2009 unter dem Titel „Bewertung der DIN V 18599 in ihrer Anwendung im Rechenwerkzeug
Ennovatis EnEV+“ auch die REB untersucht. Gegenstand einer
Researcharbeit unter gleichem Titel war die Überprüfung der Gesamtenergieeffizienz der REB anhand der 2005 eingeführten DIN V 18599
[DIN18599] und der dazu entwickelten Berechnungssoftware
„Ennovatis EnEV+“ [ENE08] sowie ein späterer Vergleich mit real gemessenen Werten sowie ähnlichen Gebäuden.
Die DIN 18599 setzt die Anforderungen der EU Richtlinie zur Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden um, die erstmals vorgibt, dass der Gesamtenergiebedarf von Gebäuden systematisch erfasst, in ein berechenbares Verhältnis zueinander gestellt und daraus eine Energiebilanz verfasst wird. Es werden zudem die Bereiche Kühlung und Lüftung
neben Heizung, Warmwasseraufbereitung und Beleuchtung einbezogen. Neu ist auch die Aufteilung eines Gebäudes in Zonen, um den Einfluss der jeweiligen Nutzung und deren Randbedingungen auf den
Energiebedarf zu berücksichtigen. Für jede Zone wird der Nutzenenergiebedarf für Heizen und Kühlen getrennt bestimmt. Die Versorgungseinrichtungen (Heizung, Trinkwasseraufbereitung, Lüftung, Kühlung,
Beleuchtung) können von den Zonen abweichende Versorgungsbereiche umfassen. Diese können sich über mehrere Zonen erstrecken
(zentrale Heizung für Wohn- und Geschäftshaus), eine Zone kann auch
mehrere Versorgungsbereiche umfassen (zwei Arten der Lüftung innerhalb einer Zone).
2.1. Das Werkzeug EnEV+
Auf Grundlage der EnEV und deren Berechnungsverordnung DIN V
18599 wurden verschiedene EDV-Programme entwickelt. Sie ermöglichen die rechnergestützte Erstellung energetischer Nachweise für Altund Neubauten nach der bestehenden Norm. Im Masterschwerpunkt
2009 wurde die Software Ennovatis EnEV+ der Firma EnnovatisEnergiemanagement-Systeme verwendet. Das Programm richtet sich
an Energieberater, Ingenieure und Architekten und erstellt Energieausweise sowie Grafiken zu allen in der Norm hinterlegten Energiebedarfskennwerten. Auf den Rechenweg selbst hat der Nutzer keinen
Einfluss. Nach der objektbezogenen Dateneingabe stehen lediglich die
daraus resultierenden Ergebnisse zur Verfügung. Eine Überprüfung des
Rechenweges ist nicht möglich.
Nach der Eingabe eines 3D-Gebäudemodells und der Baustoffauswahl
aus der hinterlegten Materialliste berechnet das Programm die UWerte der Bauteile. Eine weitere Auswahl betrifft die Nutzungen, deren Beleuchtung samt Steuerung und Tageslichtnutzung, sowie deren
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2 - Ermittlung Energiebedarfskennwerte nach DIN 18599
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elektronische Geräte, die Anzahl der Personen pro Raum und die
Trinkwarmwasserverwendung.
Nutzungstypen werden im thermischen Modell in ihrer jeweiligen Zone
nach den Kriterien räumliche Ausrichtung und verwendete Heizungssowie Abluftanlagen über die Vorgaben der DIN V 18599 zusammengefasst. Anlagen können nach der Dauer des Betriebes und der Quantität
der vorgeschriebenen Luftwechselrate bzw. nach der Anlagennutzung
sowie allen weiteren Einstellungen der Lüftungsanlage bestimmt werden. Ergebnis ist das größtmögliche Zusammenfassen aller Räume gleicher Ausrichtung und gleicher Lüftungsart in wenigen Zonen.
Bild 2.1) Beispielhafte Darstellung der Zonierung innerhalb
des Verwaltungsgebäudes REB
anhand des Grundrisses 1.OG.
Die Zone Sporthalle wird
angesetzt für die Wasch-,
Dusch- und Umkleideräume,
die Zone Parkhaus umfasst die
Garagen der Großfahrzeuge
der Straßenreinigung.
Grafik: [KAUF09]
Es folgt die Einarbeitung der Anlagentechnik im Gebäudesystem. Hier
ist die Art der Heizungsanlagen, RLT-Anlagen, Kühlsysteme sowie Art
und Bedarf der Trinkwassererwärmung einzugeben. Beachtung finden
hier auch Anlagen zur Kraftwärmekopplung und aus dem Bereich der
erneuerbaren Energien.
2 - Ermittlung Energiebedarfskennwerte nach DIN 18599
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Tabelle 2.1) Übersicht über die getätigten Eingaben und Annahmen der Gebäudeanlagen in der Software Ennovatis EnEV+. [KAUF09]
Zone
Fläche
in %
Wärmeversorgung
Raumheizung über
Gasbrennwertkessel
Büros
Nord
Büros
Süd
Büros
Süd EG
Aufenthalt
Duschen
Umkleiden
Flur
Treppenhaus
Lager
WC
Server
Fahrzeughalle
Lüftungsanlage
Solar unterstützte
WWErwärmung
WWErwärmung
über Durchlauferhitzer
Zuluftanlage
Abluftanlage mit
WRG
24
X
X
14
X
X
5
X
X
5
X
X
3
X
14
X
17
X
5
X
6
X
6
X
1
X
46
X
Lüftungsanlage mit
WRG
Tageslicht und Beleuchtung
LichtumTageslichtlenkende
abhängige
LamellenKunstlichtjalousien
regelung
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
Berechnungsergebnisse sind die Energiebilanz nach DIN V 18599 (Jahres- und Monatsübersicht nach Zonen), Aufteilung der Endenergie
(Monatsübersicht nach Zonen), Aufteilung der Primärenergie (Monatsübersicht nach Zonen) sowie gesetzliche Nachweise wie der Energieausweis für Nichtwohngebäude. (siehe beispielhaft Bild 2.5).
2.2. Bedarfsberechnungen im Vergleich zu Energieausweis und Messwerten
Mit Hilfe des Werkzeugs EnEV+ und den oben genannten Eingaben ließen sich die erzielten Bedarfswerte mit denen des Referenzgebäudes,
des ursprünglichen Energieausweises (Das Gebäude war das erste Gebäude in Remscheid, für das ein Nachweis nach dem erweiterten Berechnungsverfahren der EnEV in Anlehnung an die DIN V 18599 geführt wurde) und den im Monitoring gemessenen Verbräuchen gegenüberstellen (siehe Analyse der Verbrauchsdaten in Kapitel 4).
Die Berechnungsergebnisse für das sanierte Gebäude der REB weisen
in den meisten Positionen deutlich geringere Werte aus, als das dazugehörige Referenzgebäude (siehe Bild 2.3). Ausgenommen ist hierbei
der erhöhte Endenergiebedarf in der Warmwasseraufbereitung. Dieser
Unterschied resultiert aus einer Eingabeabweichung in der vorgesehenen Zone der Duschen und Umkleiden im Sozialtrakt. Ausgewählt wur33
2 - Ermittlung Energiebedarfskennwerte nach DIN 18599
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de hier die Zonierungsart „Sporthalle“, da die tatsächliche Nutzung des
Sozialtraktes in der Software nicht hinterlegt war. Das Referenzgebäude wird jedoch nur mit Standardwerten ermittelt und bildet daher weder den realen Wert der Nutzung noch den der angenommenen Nutzung Sporthalle ab. Die zweite Ungenauigkeit entsteht durch die einbezogene Fahrzeughalle mit einer unbeheizten Fläche von ca. 2.000
m². Sie ist in Ennovatis EnEV+ nicht aus der Geometrie des 3D-Modells
separierbar und führt bei der Gesamtbetrachtung des Gebäudes im
Vergleich mit anderen Berechnungen zu verzerrten Ergebnissen. Der
flächenbezogene Heizwärmebedarf im Gesamtgebäude sinkt durch die
Einrechnung der Wagenhalle um rund 45%.
Duschen u.
Umkleiden
9%
Wagenhalle
46%
Server
1%
Lager
3%
Erschließung
12%
Aufenthalt
3%
WC
3%
Büro
23%
Bild 2.2) Verteilung der Zonen
nach DIN 18599 mit Einbeziehung der Wagenhalle
Letztlich wurde auch der Bedarf einer Kompressionskältemaschine für
den Serverraum in den Bedarfsermittlungen nicht abgebildet. Der Bereich Kühlung wird daher in allen Berechnungen nicht aufgeführt und
mindert den Gesamtprimärenergiebedarf im Vergleich zu realen Werten leicht.
Da die REB in den 1960er Jahren errichtet und im Jahr 2006 saniert
wurde, kann laut Regelwerk DIN V 18599 ein Sanierungszuschlag von
40% auf den Primärenergiebedarf des Referenzgebäudes aufgeschlagen werden (er wurde separat hinzu berechnet, da er von Ennovatis
EnEV+ nicht ausgeführt werden konnte).
2 - Ermittlung Energiebedarfskennwerte nach DIN 18599
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kWh/m²a
300
Lüftung
Beleuchtung
Warmwasser
33
250
Bild 2.3) Darstellung der Berechnungsergebnisse des
Primärenergiebedarfs des REBGebäudes und des Referenzgebäudes mit und ohne
Sanierungszuschlag aus
Ennovatis EnEV+.
[KAUF09]
200
150
100
50
0
Heizung
23
18
36
30
53
REB-Gebäude
63
88
28
20
95
Referenzgebäude
133
Referenzgebäude mit
Sanierungszuschlag
Bei der Darstellung der Bedarfswerte wird ersichtlich, dass für das sanierte Gebäude vor allem in den Bereichen Heizung und Beleuchtung
große Einsparungen Im Vergleich zu den Referenzgebäuden ermittelt
werden konnten.
Beim Vergleich mit gemessenen Daten ist zu beachten, dass eine genaue Messung von zonenspezifischen Verbrauchsdaten im REBGebäude nicht möglich ist. Einzelne Bereiche und Zonen überschneiden sich stark und greifen in einander über. So ist die Lüftung des Sozialbereich teilweise in den Bürotrakt über und können Lager- und Verkehrsflächen nicht getrennt erfasst werden. Zudem werden die Flurbereiche im Bürotrakt zum Teil durch die überströmende Abluft aus den
Büros mit geheizt (siehe auch Kapitel 4).
Der Berechnung des Energiebedarfs für Warmwasser liegen unterschiedliche Annahmen zugrunde: Während sich im ursprünglichen
Energieausweis auf den gängigen Warmwasserbedarf für Sanitäranlagen bezogen wurde, berücksichtigt die EnEV+-Berechnung den realen
Warmwasserbedarf, ermittelt anhand der dort duschende Personenzahl. Daher ist der Energiebedarf für Warmwasser im ursprünglichen
Energieausweis deutlich kleiner als der berechnete, welcher zudem
dem tatsächlichen Verbrauch sehr nahe kommt. Hierbei ist jedoch anzumerken, dass die fehlerhafte Solaranlage (siehe Kapitel 4.5) im
Messzeitraum lediglich 6% zur Wassererwärmung beisteuern konnte,
während in der DIN-Berechnung die ursprünglich avisierten 60% angesetzt wurden (vergleiche Kapitel 4.5).
Im Bereich der Lüftung ist in der Bedarfsrechnung ein geringerer Mindestluftwechsel für die die Umkleideräume voreingestellt. Die führt zu
einem geringeren Strom- und Heizenergiebedarf als tatsächlich gemessen.
35
2 - Ermittlung Energiebedarfskennwerte nach DIN 18599
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Differenzen zwischen ursprünglich ausgestelltem Energieausweis und
der Berechnung in EnEV+ bestehen auch in der Annahme des Gebäudevolumens und der Eingabe der technischen Anlagen. Neben der fehlenden Kühlung des Serverraums mittels vorhandener Kompressionskältemaschine wurde auch für die Fahrzeughalle die Lüftungsrate in
EnEV+ höher angesetzt als im ausgestellten Energieausweis.
Bild 2.4) Darstellung der
unterschiedlichen Flächenverteilung bei der Zonierung des
REB-Gebäudes nach DIN V
18599 mit dem Excel-tool des
IBP (links) und Ennovatis
EnEV+ (rechts) jeweils ohne
Wagenhalle in Prozent.
Quelle: [ENOB10].
Bild 2.5) Energieausweis des
sanierten REB-Verwaltungsgebäudes gemäß EnEV bzw.
DIN V 18599 unter Zuhilfenahme eines der ersten verfügbaren Rechenwerkzeugen.
Mit den Sanierungsmaßnahmen wurde ein Primärenergiebedarf von 96,8 kWh/(m²a)
berechnet.
Im aufgeführten Energieausweis kann ausgewiesen werden, dass der Bedarf damit
bzgl. des Bestandsgebäudes
bei ca. 25 % und ungefähr bei
der Hälfte des Anforderungswertes der EnEV 2007 im
Nichtwohnungsbau für Neubau nach DIN V 18599 liegt.
Quelle: [RIEDEL06]
2 - Ermittlung Energiebedarfskennwerte nach DIN 18599
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2.3. Vergleich der zonenspezifischen Bedarfskennwerte
Bei der Aufschlüsselung des Endenergiebedarfs nach thermischen Zonen wird deutlich, wie unterschiedlich der Energiebedarf der einzelnen
Zonen ist: Die Südbüros haben aufgrund ihrer solaren Gewinne einen
niedrigeren Heizwärmebedarf als die nordorientierten Büros. Die Erdgeschossbüros in Richtung Süden werden wegen Abgasbelastung der
Großfahrzeuge auf dem Hof in dieser Einstellung tagsüber nicht wie die
übrigen Büroräume über die Außenluftdurchlasselemente mit Zuluft
versorgt, sondern mit einer Zu- und Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung. Somit haben die Büros einen kleineren Heizwärmebedarf bei
erhöhtem Strombedarf für die aufwendigere Lüftungstechnik.
kWh/m²a
200
Warmwasser
Kühlung
Lüftung
Beleuchtung
Heizung
150
100
50
Büro
WC/Waschen
Umkleide Verkehrsfläche
Lager
Server
Fahrzeughalle Gesamt
EnEV+
Alt
EnEV+
Alt
EnEV+
Alt
EnEV+
Alt
EnEV+
Alt
EnEV+
Alt
EnEV+
Alt
EnEV+: WC
Alt
EnEV+
Alt
Aufenthalt
EnEV+: Duschen
Bild 2.6) Primärenergiebedarf
nach Zonen, Quelle [KAUF09]
EnEV+
Alt
0
ohne Halle
Sowohl die Abluftanlage als auch die Zu- und Abluftanlage waren im
Bezug auf Wärmerückgewinnung und Regelung der Zuluft nur annähernd sinngemäß abzubilden. Die innenliegenden Flure und Lagerräume werden über die Abwärme der umliegenden Büroräume indirekt
erwärmt. Sie weisen daher wie auch das neue Treppenhaus und die
Fahrzeughallen keinen Heizwärmebedarf auf. Beide Bereiche liegen
außerhalb der direkt beheizten Gebäudehülle und werden über Heizkörper bei Bedarf minimal geheizt (Erschließungskern) bzw. über die
Abluft des Sozialtraktes (Fahrzeughallen) frostfrei gehalten. Auch für
den Serverraum ist keine Heizung vorgesehen. Er wird über die Abwärme der dortigen Geräte beheizt. Allerdings ist hier die Kompressionskältemaschine in der damaligen Berechnung nicht angegeben.
Als Zonen mit verhältnismäßig hohem Endenergiebedarf fallen der
Aufenthaltsraum und die Duschen auf. Der Aufenthaltsraum hat trotz
seiner Südausrichtung einen höheren Heizwärmebedarf. Dies bewirkt
die größere Raumhöhe im Bereich der Oberlichter und die Volumensteigerung im Vergleich zu anderen Zonen. Die Duschen haben wegen
ihrer starken Frequentierung einen hohen Warmwasserbedarf.
37
2 - Ermittlung Energiebedarfskennwerte nach DIN 18599
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Der Endenergiebedarf des Gesamtgebäudes wird, wie bereits erwähnt,
durch die Einbeziehung der Fahrzeughalle verzerrt abgebildet.
kWh/m²a
200
Warmwasser
Kühlung
Lüftung
Beleuchtung
Heizung
geht bis: 818
150
100
50
0
Büro Nord
Büro Süd EG
Typ 01
%
Aufenthalt
Typ 16
Typ 17
Treppenhaus
Typ 19
Typ 01: Einzelbüro
Typ 17: Sonstige Aufenthaltsräume
Typ 20: Lager
Typ 31: Sporthalle
Server
Typ 20
Typ 21
Umkleide
Typ 31
Gesamt
Typ 32
REB
Bild 2.7) Endenergiebedarf
nach Zonen, Typ 31 Sporthalle
fasst Duschen und Umkleiden
zusammen.
Quelle: [KAUF09]
Typ 16: WC und Sanitär in NWG
Typ 19: Verkehrsfläche
Typ 21: Serverraum/Rechenzentrum
Typ 32: Parkhaus Büronutzung
100
80
60
40
20
0
Endenergiebedarf [%]
Fläche [%]
Endenergiebedarf [%]
Mit Fahrzeuhalle
Fläche [%]
ohne Fahrzeughalle
Bild 2.8) Verhältnis des
Endenergiebedarfs zur Fläche
in %, mit und ohne Fahrzeughalle.
Quelle: [KAUF09]
Übergreifend bleibt fest zu halten, dass die Berechnungsergebnisse auf
Grund von Eingabe- und Abbildungsschwierigkeiten in der Software
EnEV+ kaum als Vergleich gegen gemessene Werte gestellt werden
können. Es lassen sich Tendenzen ausmachen, doch führen das komplizierte Lüftungskonzept sowie die Zonierung von Fahrzeughalle und
Duschbereich zu verfälschten Werten. Daran zeigen sich die grundsätzlichen Defizite in der normgerechten Abbildung innovativer Gebäudekonzepte mit Forschungsprofil innerhalb von kommerziellen Softwaretools.
2 - Ermittlung Energiebedarfskennwerte nach DIN 18599
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3. Datenerfassung und Auswertung
3.1.
Zentrale Messtechnik
Das Verwaltungs- und Betriebsgebäude der Remscheider Entsorgungsbetriebe ist an die zentrale Gebäudeautomation (GA) der Stadt Remscheid angeschlossen.
Technisch setzt die Gebäudeleittechnik (GLT) auf dem Feld- Bus „Local
Operating Network“ (LON) auf. Sämtliche im Zuge des Monitorings zusätzlich fest installierten Sensoren wurden in das bestehende LON System integriert. Zur Erfassung und Bewertung des Gebäudebetriebs
werden 234 Datenpunkte aus der GLT in einem 10min Raster gespeichert und täglich als Datensatz exportiert. Der exportierte Datensatz
wird anschließend automatisiert auf einen PC an der Uni Wuppertal
kopiert.
Die Daten werden im Format umgewandelt und in eine Datenbank
eingelesen, auf die mit einer an der Uni Karlsruhe entwickelten Analyse- und Visualisierungssoftware zugegriffen werden kann. Die Software, Arbeitstitel „MoniSoft“, wird am Fachgebiet „Bauphysik und
Technischer Ausbau“ am Fachbereich Architektur am Karlsruher Institut für Technologie entwickelt und im Rahmen des Forschungsprogramms EnOB gefördert. Es handelt sich um eine auf Java basierte Anwendung, die auf eine MySQL Datenbank zugreift und zur Auswertung
der Daten umfangreiche grafische Analysetools, sowie Exportfunktionen zur Verfügung stellt.
Bild 3.1) Screenshot der Anwendung „MoniSoft“, die bei
der Analyse der über die GLT
erfassten Daten eingesetzt
wird.
Neben unterschiedlichen
Möglichkeiten der grafischen
Darstellung und Analyse der
Messdaten können einzelne
Datenpunkte in verschiedener
zeitlicher Aggregation exportiert werden.
Im gleichen Format, in dem die Daten für „MoniSoft“ vorbereitet werden, werden sie auch dem Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme in Freiburg zur Verfügung gestellt. Dort werden die Daten in das
System des EnOB- Langzeitmonitorings eingepflegt.
39
3 - Datenerfassung und Auswertung
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Bild 3.2) Beispielhafte Darstellung der Datenverfügbarkeit.
Pro Datenpunkt wird auf einer
Zeitachse symbolisiert, ob
Daten vorhanden sind (grüner
Balken) oder nicht (roter
Balken).
Die meisten Messwerte sind
ab November 2008 verfügbar,
die Aufschaltung der Energiezähler (Strom und Wärme)
verzögerte sich bis Anfang
2009. Eine Systemumstellung
im Frühjahr 2010 führte zu
einem etwa einwöchigen
Ausfall.
In den folgenden Diagrammen wird noch einmal ein schematischer
Überblick über die funktionalen Zonen und die darin installierte Versorgungstechnik für Lüftung und Heizwärme dargestellt. Damit sollen
auch die über die zentrale Messtechnik erfassten Bereiche deutlich
gemachen werden.
Abluft Büro
Nachtlüftung
Abluft Sozial
WC Büro
2.OG
Büros 2.OG
Nachströmung über Außenluftdurchlasselemente
Flur 2.OG
Büros 1.OG
WC Büro
1.OG
Nachströmung über Außenluftdurchlasselemente
Büros EG, Tagbetrieb Zu- u. Abluft
WC Büro
EG
Vorraum EG
Umkleiden
2.OG
Duschen / WC Trockenräume
1.OG
1.OG
Umkleiden
1.OG
Flur 1.OG
Zuluft Sozial
WRG über KVS
Abluft Büro
Taglüftung
Zuluft Büro
Außenluftdurchlasselemente nur bei Nachtlüftung offen
3 - Datenerfassung und Auswertung
Duschen / WC Trockenraum
2.OG
2.OG
Einblasen der Abluft Büro als Frostschutz
Lüftung
Garagen
Bild 3.3) Vereinfachtes Versorgungsschema der Lüftung.
Sowohl im Sozial- als auch im
Verwaltungstrakt ist eine
Wärmerückgewinnung über
ein Kreislaufverbundsystem
realisiert.
Im Bürobereich strömt Außenluft über Fassadenelemente
nach, die Zuluft im Erdgeschoss sowie der Kernebereiche in den Obergeschossen
wurde 2009 außer Betrieb
gesetzt.
Erfasst wird der elektrische
Hilfsstrombedarf für Lüftung
und die Beleuchtung in den
Büros,
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Abluft Büro
Nachtlüftung
Abluft Sozial
WRG über KVS
WC Büro
2.OG
Büros 2.OG
Duschen / WC Trockenraum
2.OG
2.OG
Umkleiden
2.OG
Duschen / WC Trockenräume
1.OG
1.OG
Umkleiden
1.OG
Flur 2.OG
Bild 3.4) Vereinfachtes Versorgungsschema für die Heizwärme mit Einbeziehung der
Position der Wärmemengenzähler (WMZ).
Die WMZ befinden sich am
Hauptverteiler im Heizungskeller, nicht dargestellt ist die
Trinkwassererwärmung. Auch
hier erfasst jeweils ein WMZ
den Wärmeeintrag aus Gaskessel sowie Solaranlage.
WC Büro
1.OG
Büros 1.OG
Flur 1.OG
stat. Heizung Sozial
Büros EG
WC Büro
EG
Vorraum EG
stat. Heizung Büro
WRG über
KVS
Heizung RLT Sozial
Heizung RLT Büro
Einblasen der Abluft Büro
als Frostschutz
Gas- Brennwertkessel
Wärmemengenzähler am Hauptverteiler
Neben der Erfassung der Verbrauchszähler für Strom und Wärme werden Temperaturen als Soll- und gemessene Istwerte, Ansteuerungssignale für Ventile und Klappenstellungen sowie die lokalen Wetterdaten,
mit Außentemperatur, Einstrahlung und Windverhältnissen gemessen.
Die Datenerfassung lief weitestgehend störungsfrei, im Herbst 2009
sowie im Frühjahr 2010 kam es durch Systemumstellungen für einige
Tage zu Datenlücken. Neben den systembedingten Ausfällen zeigten
sich folgende Probleme:
- Messung des Trinkwarmwasserverbrauchs:
Die Zapfung von warmem Trinkwasser unterliegt großen Schwankungen – bei hoher Gleichzeitigkeit von Zapfungen kann der Durchfluss bis zu 16,5 m³/min betragen, zunächst wurde daher ein für
diese Durchflussmengen ausgelegter Zähler eingebaut. Dieser erfasste geringe Zapfmengen aber nicht präzise. Der Zähler wurde daher gegen einen Split-Zähler ausgetauscht, der mit zwei getrennten
Zählwerken sowohl hohe, als auch geringe Zapfmengen erfasst.
- Erfassung der Zirkulationsverluste der Trinkwassererwärmung:
Aufgrund der Netzhydraulik und eines defekten Rückschlagventils
floss bei starker Warmwasserzapfung kaltes Wasser in den Zirkulations- Rücklauf. Das führte zu Fehlkalkulationen des installierten
Wärmemengenzählers. Das Problem wurde Anfang 2009 behoben.
- Stromzähler für den gesamten Strombezug defekt
Durch einen Defekt im Stromzähler für das gesamte Gebäude lieferte der Zähler beim automatisierten auslesen durch die Gebäudeautomation zunächst fehlerhafte Werte. Durch Reparatur bzw. Austausch fiel die Erfassung 2009 für fünf Monate aus.
41
3 - Datenerfassung und Auswertung
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3.2. Dezentrale Messtechnik
Neben der zentralen Erfassung von Messdaten über die GLT und Einzelmessungen wie Thermografie und Dichtheitsprüfungen wurden in
unterschiedlichen Messreihen auch dezentrale Messgeräte eingesetzt.
Dabei handelt es sich in der Regel um Geräte, die mittels eigener Sensorik und einem Messwertspeicher autark und an neuralgischen Punkten Messdaten aufnehmen, welche später am PC ausgelesen und ausgewertet werden können.
Bild 3.5) Eingesetzte dezentrale Datenlogger. Mit Hilfe der
Geräte konnten in einzelnen
Büros Parameter wie Lufttemperatur und Luftfeuchte,
sowie interne Lasten aus
elektrischen Geräten über
einen begrenzten Zeitraum
gemessen und ausgewertet
werden.
Dezentrale Kleinlogger wurden zur Erfassung und Bewertung des
sommerlichen und winterlichen Komforts eingesetzt. Die dezentralen
Messungen im Gebäudeinneren bezogen sich meist auf die Messung
lokaler Parameter wie Temperatur und relativer Luftfeuchte. Der Einsatz erfolgte u.a. in Lüftungskanälen, an Zuluft- und Abluftelementen,
in den Außenluftdurchlasselementen und an verschiedenen Punkten in
den Büros. Dezentrale Strommessgeräte erfassten in kürzeren Messperioden den Stromverbrauch aller angeschlossenen Geräte in einzelnen Büros. Der Einsatz autarker Kleinlogger im Gebäudeinneren ermöglichte somit flexible und kurzweilige Messreihen bei verkürzten
Auf- und Abbauzeiten. Allerdings mussten im Abstand von etwa 3 Wochen ggf. die Batterien gewechselt bzw. der Datenspeicher vor Ort
mittels Laptop ausgelesen werden.
Weitere dezentrale Messtechnik wurde im Zuge des Projekts „Dezentrale Lüftung in Bürogebäuden - Mikroklimatische und Baukonstruktive
Einflüsse“ eingesetzt. Hier wurden speziell die mikroklimatischen Bedingungen an Fassade und an den passiven Außenluft- Durchlasselementen untersucht, in dem Temperaturen in verschiedenen Abständen von der Fassade, solare Einstrahlung auf die Fassade sowie lokale
Wetterdaten erfasst wurden.
3 - Datenerfassung und Auswertung
42
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4. Energieverbrauch
Zunächst erfolgt eine Übersicht der Jahressummen der Verbrauchsdaten für Strom und Wärme. Bei der Angabe spezifischer Verbrauchswerte spiegeln sich die Schwierigkeiten der Flächen- und Zonenzuordnung
wider: eine klare Trennung zwischen Bereichen einheitlicher Nutzung
und deren Energieversorgung ist nicht immer gegeben. Am deutlichsten wird dies wie schon erwähnt bei der Lüftungsanlage des Sozialtrakts: über diese wird nicht nur der Bereich der Umkleiden und Sanitärräume be- und entlüftet, auch die WCs des Bürobereichs sind daran
angeschlossen (die sich aber in einer anderen Nutzungszone befinden).
Beim Vergleich der gemessenen Daten mit den Bedarfswerten der Zonen aus der Berechnung nach DIN 18599 ergeben sich die in Kapitel 2.2
genannten Schwierigkeiten des abweichenden Flächenbezugs sowie
der Nutzungsprofile, speziell im Sozialtrakt. Zudem konnten die in der
Norm definierten Verbrauchsarten (Heizung, Lüftung, Kühlung, Beleuchtung) nicht immer komplett getrennt erfasst werden. Nicht realisiert werden konnte beispielsweise eine komplett getrennte Messung
des Energieverbrauchs der Beleuchtung, hier sind nur die Pendelleuchten in den Büros erfasst. Auch der Verbrauch der Kühlung für den Server Raum der EDV wird nicht einzeln gemessen. Bei der Gegenüberstellung von Wärmebedarf der Trinkwassererwärmung mit gemessenen Verbrauchsdaten verhindert die fehlerhaft arbeitende Solaranlage
einen sinnvollen Vergleich von Bedarf und gemessenem Verbrauch
(siehe auch Kapitel 4.5). Eine direkte Gegenüberstellung von Messwert
und Verbrauch ist jedoch bei der Heizwärme und der Hilfsenergie für
Lüftung möglich, siehe Bild 4.1.
Bild 4.1) End- und Primärenergieverbrauch für Heizwärme
und elektrische Hilfsenergie
der Lüftung im Vergleich zu
Bedarfswerten der DIN 18599
Berechnung [KAUF09], bezogen auf die gleiche Bezugsfläche (beheizte NGF, ohne
Wagenhallen).
Beim Vergleich mit den Kennwerten der einzelnen Funktionsbereiche (siehe Bild 4.2)
zeigt sich, dass in erster Linie
im Sozialtrakt Bedarfs- und
Verbrauchswerte stark abweichen.
43
kWh/m²a
140
Lüftung
Heizwärme
120
46.4
100
80
17.2
60
40
6.7
78.3
18.2
80.8
20
50.7
52.3
Endenergie
DIN 18599
Primärenergie
DIN 18599
0
Endenergie
gemessen
Primärenergie,
Basis Messung
4 - Energieverbrauch
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Tabelle 4.1) Spezifische Verbrauchskennwerte des Wärmeverbrauchs eine Jahres. Der Flächenbezug ist die jeweilige Funktionsfläche, d.h.
Verbrauch im Büro bezieht sich nur auf die Bürofläche, ebenso beim Sozialtrakt. Die Verbrauchswerte für Heizwärme sind jeweils klimabereinigt. Bei der Heizwärme Lüftung Büro sind noch einige Monate mit aktivierter Zuluftheizung enthalten, diese wurde im Frühjahr 2009
abgeschaltet, sodass der Verbrauch in den Folgejahren ganz wegfällt.
Bezugsfläche
2008
2009
Heizgrad4
stunden
Heizwärme
Lüftung Büro
[Kd]
[kWh/m²a]
2031 m²
5,1
1,9
2737
2950
Heizwärme
stat. Heizung
Büro
[kWh/m²a]
2031 m²
62,2
56,3
Heizwärme
stat. Heizung
Sozialtrakt
[kWh/m²a]
512 m²
80,2
69,5
Heizwärme
Lüftung Sozialtrakt
[kWh/m²a]
512 m²
88,7
126,6
Trinkwassererwärmung
[kWh/m²a]
512 m²
105,6
78,9
Tabelle 4.2) Spezifische Verbrauchskennwerte für den Strombezug. Beim Flächenbezug werden die gleichen Bezugsflächen verwendet,
wobei es hier Überschneidungen von Nutzungszonen und installierter Technik gibt: die Lüftungsanlage des Sozialtrakts versorgt auch
Bereiche, die flächenmäßig dem Bürotrakt zuzuordnen sind. Beim Stromverbrauch der Beleuchtung ist zu beachten, dass es sich nur um
den Verbrauch der Pendelleuchten in den Büros handelt, die Beleuchtung der Verkehrsflächen geht nicht ein. Da der Gesamtstromverbrauch auch Verbrauch in den Garagen beinhaltet (Lüftung und Beleuchtung), wird er auf die gesamte NGF bezogen angegeben.
Bezugsfläche
2008
2009
Gesamtstromverbrauch
[kWh/m²a]
4719 m²
34,1
33,7
Beleuchtung Büro
Lüftung
Büro Tag
Lüftung
Büro Nacht
Lüftung
Sozialtrakt
Lüftung
5
Garagen
[kWh/m²a]
2031 m²
3,8
3,9
[kWh/m²a]
2031 m²
6,2
1,2
[kWh/m²a]
2031 m²
1,4
1,2
[kWh/m²a]
512 m²
79,5
67,4
[kWh/m²a]
2175 m²
0,9
0,6
Pumpen
und Rege6
lung
[kWh/m²a]
2543 m²
2,0
1,9
Heizung Lüftung Büro: 1,9 kWh/m²a
Heizwärme Büro:
58,2 kWh/m²a
stat. Heizung Büro: 56,3 kWh/m²a
Heizung Lüftung Sozialtrakt: 88,7 kWh/m²a
Heizwärme
Sozialtrakt:
158,2 kWh/m²a
stat. Heizung Sozialtrakt: 69,5 kWh/m²a
TWW Gaskessel
78,9 kWh/m²a
TWW Solar:
9,3 kWh/m²a
TWW Zapfung:
29,8 kWh/m²a
TWW Speicherverluste:
26,3 kWh/m²a
TWW Zirkulation:
32,1 kWh/m²a
Bild 4.2) Energieflussdiagramm
für thermische Energie im Jahr
2009. Die Daten für den Heizwärmeverbrauch wurden
klimabereinigt, der absolute
Verbrauch wurde auf die jeweiligen Zonen umgerechnet, d.h.
Bezugsgröße entweder 2013 m²
Bürofläche oder 512 m² Sozialtrakt.
Im Vergleich zum Vorjahr
macht sich im Bürobereich die
Abschaltung der Luftheizung
bemerkbar, der Verbrauch an
Heizwärme ging aufgrund des
verringerten Abluftstroms um
ca. 15% zurück.
4
Nach VDI 3807, Raumtemperatur 20°C, Heizgrenze 12°C, Referenz: 3058 Kd
Bezugsfläche: nur Garagen
6
Bezugsfläche: Summe aus Büro- & Sozialtrakt
5
4 - Energieverbrauch
44
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Beleuchtung Büro: 3,9 kWh/m²a
Lüftung Tagbetrieb Büro: 1,2 kWh/m²a
Bild 4.3) Energiefluss für elektrische Hilfsenergie, ebenfalls
für das Jahr 2009. Auch hier
sind die einzelnen Verbräuche
ihren Nutzungszonen zugeordnet, wobei es Überschneidungen kommt (Lüftung Sozialtrakt
beinhaltet auch Abluft der WCs
im Bürobereich). Es wurden
dennoch die gleichen Flächenbezüge wie bei der Betrachtung der thermischen Energie
gewählt.
Nachtlüftung Büro: 1,2 kWh/m²a
Pumpen / Regelung: 1,9 kWh/m²a
Lüftung Garagen: 0,6 kWh/m²a
Lüftung Sozialtrakt: 67,4 kWh/m²a
4.1. Wärmeverbrauch Büro
Bei den Büroräumen gibt es sowohl auf der baulichen Seite, als auch
bei der Wärmeversorgung deutliche Unterschiede in den Geschossen.
Im EG bestehen die Außenwände aus einer Pfosten-Riegel Konstruktion, die Heizwärmeversorgung erfolgt über Unterflur- Konvektoren, anfänglich wurde auch über die Zuluft geheizt. Die Obergeschosse haben eine Holz- Leichtbaufassade, die Übergabe der Heizwärme erfolgt
über Plattenheizkörper. Messtechnisch sind diese beiden Kreise der
statischen Heizung jedoch nicht getrennt, d.h. ein WMZ erfasst sowohl
die Wärmeabgabe über die Konvektoren als auch über die Radiatoren.
Die Wärmeabgabe über die Lüftung wird separat gemessen.
Der spezifische jährliche Heizwärmeverbrauch liegt wie in Tabelle 4.1
zu sehen über den berechneten Bedarfswerten. In diesem Abschnitt
werden Gründe für die Abweichungen untersucht.
4.1.1. Heizwärme statische Heizung
In Bild 4.4 ist zunächst der zeitliche Verlauf des Heizwärmeverbrauchs
über die statischen Heizflächen auf Monatsbasis dargestellt. Der Verbrauch korreliert erwartungsgemäß mit der Außentemperatur, aufgrund der Änderungen im Bereich der Lüftung, speziell der reduzierten
Luftwechsel seit Anfang 2009 wurde allerdings mit einer stärkeren Reduktion des Wärmeverbrauchs gerechnet, die sich nicht so ausgeprägt
darstellt.
45
4 - Energieverbrauch
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kWh/m²
20
Heizwärme stat. Heizung Verwaltung
°C
25
Außentemperatur
16
20
12
15
8
10
4
5
0
0
-4
Mai
Jul Sep
2008
Nov
Jan
Mrz Mai
Jul Sep
2009
Nov
Jan
Mrz Mai
-5
2010
Bild 4.4) Monatssummen des
Heizwärmeverbrauchs der
über die Konvektoren in den
EG- Büros sowie über die
Flächenheizkörper in den
Obergeschossen abgegebenen
Wärme. Auf der Sekundärachse aufgetragen die monatsmittlere Außentemperatur.
Die Reduktion des Abluftvolumenstroms im Februar
2009 hat keinen signifikanten
Einfluss auf den Heizwärmeverbrauch.
In Bild 4.5 wird die tagesmittlere gemessene Heizleistung in Abhängigkeit des Tagesmittels der Außentemperatur untersucht. Um die Messwerte mit den Planungsdaten zu vergleichen ist zudem eine Gerade
eingetragen, die die maximalen Wärmeverluste repräsentiert. Die Gerade bezieht sich auf den idealisierten linearen Zusammenhang zwischen Lüftungs- und Transmissionswärmeverlusten, gekennzeichnet
durch die Wärmeverlustkoeffizienten HV und HT sowie die Temperaturdifferenz zwischen Innen- und Außenraum. Die reale Heizleistung
wird reduziert durch interne und solare Gewinne, zudem beeinflusst
die Speicherung von Wärme im Gebäude die Dynamik der Heizleistung.
Verlauf und Lage der Vergleichsgeraden sind abhängig von der Höhe
der Verlustkoeffizienten (Änderung der Steigung) sowie der Bezugstemperatur im Innenraum (Parallelverschiebung nach oben oder unten).
W/m²
35
Heizleistung stat. Heizung Verwaltung
30
Woche
Wochenende
theoretischer Wärmeverlust (HT+HV)ΔT, Ti=22°C
25
20
15
theoretischer Wärmeverlust Ti=20°C
10
5
0
-10
-5
0
5
10
15
20
25 °C
Bild 4.5) Außentemperatur
und Heizleitung stat. Heizung
Verwaltung, getrennt nach
Wochentag und Wochenende.
Durch einen Absenkbetrieb am
Wochenende ist die Heizleistung in dieser Zeit i.d.R. geringer.
Bei tiefen Außentemperaturen
kommt es jedoch auch am
Wochenende häufig zum
Einsatz des Winterdienstes,
sodass auch Teile des Bürotrakts in Bereitschaftsbetrieb
versetzt wurden.
Wird beim Einzeichnen der theoretischen Verlust-Gerade eine mittlere
Innenraumtemperatur von 22°C angenommen (wie sich in Messungen
gezeigt hat, siehe Kapitel 5.1.1), bestätigt sich die Gerade (bis auf einzelne Ausreißer) als maximaler Wärmeverlust.
Ein signifikanter Einfluss der Einstrahlung (und damit interner solarer
Gewinne) auf die Heizlast lässt sich nicht erkennen (siehe Bild 4.6),
4 - Energieverbrauch
46
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wobei zu beachten ist, dass sich die gemessene Heizleistung auf das
gesamte Gebäude bezieht – solare Gewinne in der Heizperiode aber
nur auf der Südseite wirksam werden. Aus der Südseite können hohe
Einstrahlungen (mit hohem Direktstrahlungsanteil) – vor allem durch
die im Winter flach stehende Sonne – zu Blendungen führen und damit
zum Schließen des außenliegenden Sonnenschutzes. Auch das verringert die Wirksamkeit solarer Beiträge zur Reduktion der Heizlasten.
Bild 4.6) Untersuchung der
Korrelation zwischen Globalstrahlung und Heizleistung. Die
Einstrahlung, also solare Gewinne, hat keinen signifikanten
Einfluss auf die Heizleistung:
Tage mit hoher tagesmittlerer
Einstrahlung zeichnen sich
nicht durch eine deutliche
Reduktion der Heizleistung aus.
Zusätzlich zum theoretischen
Wärmeverlust ist die Reduktion der Heizlast um interne
Gewinne eingezeichnet, die
sich im Tagesmittel zu
2,8 W/m² ergeben7 eingezeichnet.
W/m²
35
< 25 W/m²
zwischen 25 und 90 W/m²
> 90 W/m²
30
theoretischer Wärmeverlust, Ti=22°C
25
20
Abzug interner Gewinne, qi=2,8 W/m²
15
10
5
0
-5
0
5
10
15
20
25 °C
4.1.2. Heizwärme Lüftung
Im Jahr 2008 summierte sich der Heizwärmeverbrauch im Lüftungsstrang auf 5,1 kWh/m²a (bezogen auf die gesamte Bürofläche).
Da sich die Problematik mit Abgasbelastung in den Büros im EG nicht
bestätigte (in erster Linie da die Nutzfahrzeuge hoch liegende Auspuffauslässe haben) wurde die komplette Zuluft im Verwaltungstrakt abgeschaltet. Die Belüftung der entsprechenden Räume erfolgt wie bei den
anderen Büros über Nachströmöffnungen in der Fassade, die zum
Zweck der Nachtlüftung auch in diesen Bereichen vorhanden sind. Die
vormals belüfteten Kernbereiche werden nun zu Überströmzonen, die
Luft aus den Büros in die Abluftbereiche, in erster Linie die WCs bringen (siehe auch Abschnitt 5.2).
7
Zur Bestimmung der internen Lasten siehe nachfolgendes Kapitel 4.1.3
47
4 - Energieverbrauch
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kWh/m²
1.4
Heizwärme Lüftung Verwaltung
1.2
1.0
0.8
0.6
0.4
0.2
0.0
Mai
Jul
2008
Sep
Nov
Jan
Mrz
Mai
Jul
2009
Sep
Nov
Jan
Mrz
Mai
2010
Bild 4.7) Monatssummen der
über die Zuluft im Büro eingebrachten Wärme. Auch nach
Abschalten des Zuluftgebläses
geht der Verbrauch nicht
komplett auf null zurück, da
das entsprechende Heizregister nach wie vor von der
Regelung aktiviert wird, was zu
geringen Leitungsverlusten
führt.
4.1.3. Abschätzung interner Gewinne
Interne Wärmequellen in den Büros setzen sich zusammen aus den
sich darin aufhaltenden Personen, sowie dem Betrieb elektrischer Geräte, deren Leitung nahezu vollständig in Wärme umgewandelt wird.
Die über die Beleuchtung eingebrachte Energie wird (zumindest was
die Pendelleuchten betrifft) zentral gemessen und in Kapitel 4.2.2 dargestellt. Der Energiebezug weiterer Arbeitsmittel in den Büros wurde
über einen Zeitraum von fünf Wochen exemplarisch in vier Büros gemessen.
Dabei ergaben sich unerwartet geringe Werte zwischen 60 und 70 W
pro Arbeitsplatz – incl. PC und Monitor (Flachbildschirm). Großgeräte
wie Drucker und Kopierer befinden sich geschossweise in getrennten
Räumen – ihr Leistungsbezug geht in diese Betrachtung nicht mit ein.
Mit Hilfe dieser Angaben, sowie weiterer Annahmen (sensible Wärmeabgabe eines Menschen bei Büroarbeit: 70 W [EN7730]) werden nun
interne Lasten in den Büros abgeschätzt. Die Wärmeabgabe für Personen und Arbeitsmittel wird nicht nach Jahreszeiten getrennt betrachtet, wohl aber die der Beleuchtung (Sommer: Mittelwert der Monate
Juni und Juli; Winter: die Monate Januar und Februar). Die Angaben
werden jedoch für zwei getrennte Betrachtungszeiträume dargestellt:
die mittlere Leistung während der Betriebszeit und umgerechnet auf
ein 24h Mittel.
Für die Wärmeeinträge von Personen wurde eine Belegschaft von 80
Personen angenommen. Ebenfalls getrennt betrachtet werden die
Bezugsflächen: die eingebrachte Leistung wird einmal auf die reine
Bürofläche bezogen (also ohne Verkehrsflächen und Nebenräume)
sowie auf die bei den meisten anderen Betrachtungen genutzte NGF
des gesamten Bürotrakts.
4 - Energieverbrauch
48
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Tabelle 4.3) Interne Wärmegewinne im Büro. Die hier angegebenen Werte beziehen sich auf gemessen oder angenommene Daten während der Betriebszeit (Annahme: 7:30 bis 16:00). Bei der Beleuchtung wird zwischen Sommer (Messdaten aus Juni und Juli 2009) und Winter (Messdaten Januar und
Februar 2010) unterschieden.
Arbeitsmittel (incl. PC)
Personen
Beleuchtung Sommer
Beleuchtung Winter
Summe Sommer
Summe Winter
Bezug reine Bürofläche
[W/m²]
4,5
4,5
0,9
2,5
9,9
11,5
Bezug NGF Bürotrakt
[W/m²]
3,1
3,1
0,7
1,9
6,9
8,1
In Tabelle 4.4 sind zusätzlich die sich als Tagessumme ergebenden internen Wärmegewinne angegeben. Sie fallen damit deutlich geringer
aus, als die in der Normung angesetzten 144 Wh/m²d (vergleiche
[DIN4108T2])
Tabelle 4.4) Interne Wärmegewinne im Büro als 24h Mittelwerte eines Arbeitstages. In einzelnen
Büros können sich deutlich höhere Lasten ergeben, speziell dort wo leistungsfähigere PCs für CAD
Arbeitsplätze aufgestellt sind. Die Mehrzahl der Büros entspricht aber den hier auf geführten Randbedingungen.
Arbeitsmittel (incl. PC)
Personen
Beleuchtung Sommer
Beleuchtung Winter
Summe Leistung Sommer
Summe Gewinne Sommer
Summe Leistung Winter
Summe Gewinne Winter
[W/m²]
[W/m²]
[W/m²]
[W/m²]
[W/m²]
[Wh/m²d]
[W/m²]
[Wh/m²d]
Bezug reine
Bürofläche
1,5
1,5
0,4
1,2
3,4
82
4,2
101
Bezug NGF
Bürotrakt
1,0
1,0
0,3
0,8
2,3
55
2,8
67
4.2. Verbrauch elektrische Energie Bürotrakt
Zur Beurteilung des elektrischen Leistungsbezugs im Verwaltungstrakt
der REB wurden zentral der Stromverbrauch der Lüftung für den Tagbestrieb (beinhaltet die Abluftanlage Verwaltung, sowie den später
deaktivierten Zuluftventilator), die Abluftanlage für den Betrieb der
Nachtlüftung sowie geschossweise der Stromverbrauch der Beleuchtung erfasst.
Zur Überprüfung interner Gewinne durch den Betrieb elektrischer Geräte wurden Stichprobenmessungen gemacht. Sie werden zusammen
mit einer Abschätzung interner Lasten im vorangegangenen Kapitel
(4.1.3) dargestellt.
49
4 - Energieverbrauch
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4.2.1. Elektrische Hilfsenergie Lüftung
Bei der Betrachtung des Hilfsenergieverbrauchs der Taglüftung machen sich vor allem die Reduktion des Abluftvolumenstroms und die
Abschaltung der Zuluft bemerkbar. Der mittlere Leistungsbezug der
Anlage reduzierte sich dabei von 3.550 W auf 730 W, bzw. die spezifische Leistungsaufnahme sank von 0,82 W/(m³/h) auf 0,33 W/(m³/h).
kWh/m²
0.9
0.8
0.7
0.6
0.5
0.4
0.3
0.2
0.1
0.0
Mai
Lüftung Verwaltung Tagbetrieb
Lüftung Verwaltung Nachtlüftung
Jul
2008
Sep
Nov
Jan
Mrz
Mai
Jul
2009
Sep
Nov
Jan
Mrz
Mai
2010
Bild 4.8) Monatlich aufsummierter Stromverbrauch der
Lüftung im Sozialtrakt. Im
„Tagbetrieb“ der Lüftung ist
sowohl die Leistung der Abluftanlage, als auch die des
(später abgeschalteten) Zuluftventilators enthalten.
Die Deaktivierung der Zuluft
sowie die Reduktion des
Abluftstroms haben den
Leistungsbezug der Taglüftung
enorm reduziert.
Kapitel 0 weist auf die Probleme der Undichtigkeiten der Gebäudehülle, bzw. auf Nachströmen von Luft aus nicht für die Nachtlüftung vorgesehenen Bereichen hin.
Die außentemperaturabhängige Aktivierung der Nachtlüftung verlief
nahezu störungsfrei, d.h. es kam nicht zu ungeplantem Betrieb oder
Überschneidungen von Heiz-und Kühlbetrieb innerhalb eines Tages.
spezifische Leistung Nachtlüftung
W/m²
1.2
1.0
0.8
0.6
0.4
0.2
0.0
-10
-5
4 - Energieverbrauch
0
5
10
15
20
25
30 °C
Bild 4.9) Spezifische Leistung
der Nachtlüftung als 24h
Mittelwert in Abhängigkeit der
tagesmittleren Außentemperatur (Bezugsfläche: Bürofläche).
Die Leistungsaufnahme der
Nachtlüftung in Betrieb liegt
bei 1,9 kW, bzw.
0,25 W/(m³/h), die Mittelwerte schwanken durch unterschiedlich lange nächtliche
Laufzeiten.
50
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COP
35
Bild 4.10) „Coefficient of
Perfomance“ (COP) der Nachtlüftung in Abhängigkeit der
Außentemperatur auf Basis
von Mittelwerten der Betriebszeit (19:00 – 6:00Uhr).
Man erkennt deutlich, dass
erst ab nächtlichen Temperatur- Mittelwerten unter 20°C
das Verhältnis zwischen entzogener Wärme und eingesetzter
elektrischer Energie über
Werte von 8 bis 10 hinausgeht.
Sommer 2010
Sommer 2009
30
25
20
15
10
5
0
5
10
15
20
25
30 °C
Kommt es zu länger anhaltenden Hitzeperioden, zeigen sich in den
Messwerten aber auch die Grenzen des eingesetzten Systems. Bleibt
es über mehrere Tage sommerlich heiß und fallen die Außentemperaturen in den Nachtstunden nicht ausreichend, steht der Nachtlüftung
nur begrenzte Zeit und geringes Kühlpotential zur Verfügung.
Allerdings sind während des gesamten Monitorings solche Hitzeperioden kaum aufgetreten (Bild 4.11 zeigt einen Ausschnitt aus 2010). In
Kapitel 5.1.2 wird der thermische Komfort im Bürotrakt detailliert untersucht.
°C
35
Bild 4.11) Verlauf von Temperaturen und Leistungen der
Lüftungsventilatoren in einer
sehr sommerlichen Woche im
Juli 2010.
Sinken die Außentemperaturen
nachts nicht ausreichend, kann
die Nachtlüftung nur begrenzt
Wärme abführen. Der Ventilator wird erst ab Außentemperaturen <25°C eingeschaltet.
Ablufttemperatur
Außentemperatur
Leistung Lüftung:
Tagbetrieb
Nachtbetrieb
30
25
20
15
10
kW
2.0
1.8
1.6
1.4
1.2
1.0
0.8
0.6
0.4
0.2
0.0
Mo 05.07. Di 06.07. Mi 07.07. Do 08.07. Fr 09.07. Sa 10.07. So 11.07. 2010
Während des Betriebs der ALD fielen zwei Dinge als verbesserungsfähig auf: der Öffnungszustand der Lüftungselemente ist nicht erfassbar.
Bei den Luftdichtheitsprüfungen fiel bei einzelnen Klappen auf, dass
diese laut GLT geschlossen sein sollten, sich aber noch in geöffnetem
Zustand befanden. Hier müsste also eine regelmäßige Überprüfung erfolgen, um beispielsweise über Nacht offen stehen klappen und damit
unerwünschte Lüftungsverluste zu vermeiden. In den Simulationen
während der Planungsphase wurde die Wichtigkeit dieses Punktes
herausgearbeitet [VOß05].
Zum zweiten: bei der Installation der Elemente sollte darauf geachtet
werden, dass diese bis zur Inbetriebnahme versiegelt bleiben. Durch
51
4 - Energieverbrauch
b+tga
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Eindringen von Schmutz in der Bauphase kommt es zu Störungen der
Schließmechanik, wodurch ein zuverlässiges Schließen der Klappen
erschwert wurde. Durch die Einbausituation (hinter dem Heizkörper)
sind die betreffenden Teile kaum noch zugänglich, eine anschließende
Wartung, bzw. Reinigung nur mit großem Aufwand (Demontage der
Heizkörper) möglich.
4.2.2. Elektrische Hilfsenergie Beleuchtung
Die Reduktion der nötigen elektrischen Energie zur Beleuchtung ist
nicht nur vor dem Hintergrund einer möglichst effizienten Beleuchtung
wichtig, im Zuge der umfangreichen Reduzierung interner Lasten ist
auch die Wärmeentwicklung der Leuchtkörper von großer Bedeutung.
Bei der Planung der Sanierungsmaßnahmen wurde daher umfangreiche Untersuchungen zur Minimierung des elektrischen Hilfsenergiebedarfs für die Beleuchtung und möglichst hohe Tageslichtnutzung gemacht (siehe auch Kapitel 1.2.3).
Leistung Beleuchtung W/m²
6.0
5.0
4.0
3.0
2.0
1.0
0.0
0
100
200
300
400
500
600
700
800
900
Globalstrahlung W/m²
Bild 4.12) Stundenmittelwerte
der spezifischen Leistung für
Beleuchtung in Abhängigkeit
der Globalstrahlung. Die
Werte sind nach Wochentag
und Arbeitszeit gefiltert.
Da nur die Leistung der Pendelleuchten in den Büros
gemessen wird, wurde als
Bezugsfläche auch nur die
reine Bürofläche herangezogen, ohne Verkehrsflächen
und Nebenräume.
In Bild 4.12 zeigt sich die Abhängigkeit der elektrischen Leistung für die
Beleuchtung von der Globalstrahlung, als Indikator für die Verfügbarkeit von Tageslicht. Dieser Zusammenhang wird auch in Bild 4.13 deutlich. Die tageszeitenabhängige Darstellung des Leistungsbezugs in einem Carpet Plot zeigt neben den Betriebszeiten ebenfalls deutlich die
Witterungsabhängigkeit der der Beleuchtungsleistung.
4 - Energieverbrauch
52
b+tga
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Bild 4.13) Carpet Plot der
Leistungsaufnahme für Beleuchtung im 1.OG über ein
Jahr. Auch hier lässt sich,
neben den Betriebszeiten, die
Verfügbarkeit von Tageslicht
gut ablesen.
(weiße Streifen: Datenlücken)
4.3. Wärmeverbrauch Sozialtrakt
Die Nutzung des als „Sozialtrakt“ bezeichneten Gebäudeabschnitts, der
Umkleiden, Sanitärräume und Garderoben für Arbeitskleidung (die im
Bedarfsfall getrocknet werden muss) beinhaltet, unterscheidet sich
signifikant von der Nutzung der Büroräume.
Vor allem in Bezug auf die Lüftung ergeben sich völlig andere Anforderungen: die Räume sind kurzzeitig hohen Lasten ausgesetzt, in denen
die planerischen Luftwechsel zwischen 15 und 20 h-1 liegen. Hohe (Außen-) Luftwechsel und Komfort- Anforderungen an Umkleiden und
Duschräume verursachen einen deutlich höheren Heizwärmeverbrauch sowie Energieverbrauch der Hilfsaggregate, wie sich deutlich in
den in Tabelle 4.1 und Tabelle 4.2 angegebenen Verbrauchsdaten
zeigt.
Im folgenden Abschnitt wird der Wärme- und Stromverbrauch der
Haustechnik im Sozialtrakt analysiert. Dabei zeigten sich im Laufe des
Monitorings große Optimierungspotentiale, die nicht alle voll umfänglich umgesetzt wurden.
53
4 - Energieverbrauch
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Bild 4.14) Getrennt im Volumenstrom geregelte Zonen im
ersten Geschoss. Die beiden
Trockenräume sind einzeln
regelbar, Umkleide und Sanitärräume sind zu einer Zone
zusammengefasst.
Neben den dargestellten Zonen
sind die WCs des Bürotraktes,
sowie ein Waschraum im EG an
die Lüftungsanlage Sozialtrakt
angeschlossen.
Trockenraum I
Trockenraum II
Trockenraum III
Bild 4.15) Im zweiten Obergeschoss befindet sich der Trockenraum der Müllabfuhr,
sowie deren Umkleide- und
Sanitärräume, bei denen der
Volumenstrom getrennt ansteuerbar ist.
4.3.1. Heizwärme statische Heizung
Die Räume im Sozialtrakt sind mit den gleichen Heizkörpern ausgestattet wie der Bürobereich. Die Temperaturanforderungen sind in dieser
Zone höher als im Büro, da sich in den Räumlichkeiten Mitarbeiter umziehen, bzw. duschen. Zudem fehlen interne Gewinne durch Abwärme
aus Geräten – außer der Beleuchtung (und solaren Gewinnen) befinden sich keine weiteren Wärmequellen in diesem Bereich.
4 - Energieverbrauch
54
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kWh/m²a
20
Bild 4.16) Monatssummen der
statischen Heizung im Sozialtrakt. Der Verlauf entspricht
weitestgehend dem Heizwärmeeintrag im Büroteil des
Gebäudes.
Heizwärme stat. Heizung Sozialtrakt
°C
25
Außentemperatur
16
20
12
15
8
10
4
5
0
0
-4
Mai
Jul
Sep
Nov
Jan
Mrz Mai
2008
Jul
Sep
Nov
Jan
Mrz Mai
-5
2010
2009
Der Wärmeeintrag über die statischen Heizflächen zeigt keine Auffälligkeiten, er unterscheidet sich kaum vom Verbrauch im Bürotrakt.
Bild 4.17) Abhängigkeit der
Heizleistung von der Außentemperatur im Sozialtrakt.
Durch die nutzungsabhängige
starke Schwankung der Luftwechsel (und damit der Lüftungsverluste) wird auf das
Einzeichnen der theoretischen
Gerade maximaler Wärmeverluste verzichtet.
Auch hier ist die Heizleistung
am Wochenende i.d.R. geringer, bei tiefen Außentemperaturen wurde jedoch häufig der
Winterdienst aktiv und damit
das Gebäude auch am Wochenende genutzt.
Heizleistung stat. Heizung Sozialtrakt
W/m²
35
Woche
Wochenende
30
25
20
15
10
5
0
-10
-5
0
5
10
15
20
25 °C
4.3.2. Heizwärme Lüftung
Wie das Energieflussbild zu Beginn dieses Kapitel verdeutlicht, wird ein
großer Teil der Heizwärme im Sozialtrakt über die Lüftung eingebracht.
Für den hohen spezifischen Verbrauch spielen mehrere Faktoren eine
Rolle, die im Folgenden aufgezeigt werden.
Bild 4.18) Monatliche Verbrauchssummen der Heizwärmezufuhr über die Lüftung im
Sozialtrakt.
Man sieht, dass der Wärmeeintrag schlechter mit den Außentemperaturen skaliert, auch bei
ausreichend hohen Temperaturen wird Heizwärme verbraucht. Bei tiefen Temperaturen erhöht zusätzlich anfallender Winterdienst die Heizlasten.
kWh/m²a
25
Heizwärme Lüftung Sozialtrakt
20
20
15
15
10
10
5
5
0
-5
0
Mai
Jul
2008
55
°C
25
Außentemperatur
Sep
Nov
Jan
Mrz Mai
Jul
Sep
2009
Nov
Jan
Mrz Mai
-5
2010
4 - Energieverbrauch
b+tga
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In Bild 4.18 zeigt sich, dass es auch in Sommermonaten zu Heizwärmeeinträgen kommt. Hintergrund sind die hohen Außenluftwechsel in
den Umkleiden (12 bis 15 h-1) und hohe Sollwerte der Zulufttemperatur, die bei 21 bis 22°C liegen, um Zuglufterscheinungen in den Umkleiden und Duschen zu vermeiden. Da die Wärmerückgewinnung
(WRG) nur mit einem Wirkungsgrad von im Mittel 56 % arbeitet (siehe
Bild 4.20), muss auch in Sommermonaten ein Teil dieser Wärme über
den Heizkessel bereitgestellt werden (siehe Bild 4.21). Der recht geringe Wirkungsgrad der WRG ist bauartbedingt – da aus platzgründen Zuund Abluftanlage nur räumlich getrennt installiert werden konnten,
kam ein Kreislauf- Verbundsystem (KVS) zum Einsatz, dessen Wirkungsgrad durch den mehrfachen Wärmeübergang (Luft – Wärmeträgermedium (Wasser-Glykol-Gemisch), Wärmeträgermedium – Luft)
systembedingt geringer ist.
Weitere Gründe liegen im Betrieb der Trockenräume. Um die Trocknung der bei Regenwetter nass gewordenen Arbeitskleidung der Mitarbeiter in der Müllabfuhr zu gewährleisten, wurden die Sollwerte der
Zulufttemperaturen zeitweise zusätzlich angehoben, um die relative
Feuchte der eingeblasenen Luft zu reduzieren.
°C
30
Außentemperatur
Zuluft nach WRG
Zuluft nach Erhitzer
Abluft
25
20
15
10
5
0
-5 Jan Feb Mrz Apr Mai Jun
Jul Aug Sep Okt Nov Dez Jan Feb Mrz
-10
Bild 4.19) Temperaturverlauf
der Luftströme in der Lüftungsanlage des Sozialtrakts als
Stundenmittelwerte im Jahr
2008. Die hohen Sollwerte der
Zulufttemperatur werden
durch die WRG bei weitem
nicht erreicht, fast ganzjährig
wird die Zuluft zusätzlich
erwärmt.
ΔT Zuluft - Außenluft [K]
30
25
20
15
10
5
ΔT Abluft - Außenluft [K]
0
0
5
4 - Energieverbrauch
10
15
20
25
30
Bild 4.20) Zusammenhang der
Erwärmung der Zuluft in Abhängigkeit der Temperatursenkung der Abluft (Tagesmittelwerte bei unterschiedlichen
Volumenströmen). Die Diagonale entspricht der idealen
Wärmerückgewinnung. Im
Mittel ergibt sich ein Wirkungsgrad der WRG von
56,5 %.
56
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°C
25
Außenlufttemperatur
Zuluft nach WRG
Zuluft nach HRG
20
15
10
5
0
00:00
03:00
06:00
09:00
12:00
15:00
18:00
21:00
00:00
03:00
06:00
09:00
12:00
15:00
18:00
21:00
00:00
03:00
06:00
09:00
12:00
15:00
18:00
21:00
Bild 4.21) Ausschnitt des
Temperaturverlaufs an drei
Tagen im Juni 2009.
Bei Außentemperaturen zwischen 10 und 16°C kann die
Wärmerückgewinnung die
gewünschten Sollwerte nicht
bereitstellen – es wird zusätzlich geheizt.
Sowohl in Bezug auf den Verbrauch von Heizwärme, als auch beim
Verbrauch elektrischer Energie für den Betrieb der Lüftung (nächstes
Kapitel) haben sich vor allem zu Beginn des Monitorings die Betriebszeiten der Lüftung erwiesen. Durch kaum an die Nutzung angepasste
Laufzeiten wurden hohe Luftwechsel vorgehalten, ohne dass es einen
Bedarf dafür gab. So werden die Trockenräume nachts immer mit hohen Luftwechseln gespült, unabhängig davon, ob es tatsächlich geregnet hat oder nicht.
Im Winter kommt erschwerend hinzu, dass bei tiefen Außentemperaturen der Winterdienst aktiviert wird, d.h. Einsatz von Räum- und
Streufahrzeugen. Dies hat zur Folge, dass Teile des Sozialtrakts (auch
am Wochenende) 24h in Bereitschaft gehalten werden und damit sowohl Heizung als auch Lüftung. Der begrenzte Wirkungsgrad der Wärmerückgewinnung, hohe Volumenströme und tiefe Außentemperaturen führen gerade dann zu hohen Heizleistungen, wie sich im Heizkennfeld in Bild 4.22 zeigt.
Bild 4.22) Korrelation von
Außentemperatur und Heizleistung für die Luftheizung im
Sozialtrakt.
Vor allem bei tiefen Temperauren zeigt sich an Wochenenden keine Reduktion der
Heizleistung, da durch Bereitschaft des Winterdienstes die
Anlagen oft ganztägig in Betrieb sind. Im Vergleich zu den
Heizkennlinien in Bild 4.5 und
Bild 4.17 ist auch die deutlich
höhere Heizleistung zu sehen.
Heizleitung Lüftung Sozialtrakt
W/m²
80
Woche
Wochenende
70
60
50
40
30
20
10
0
-10
-5
0
5
10
15
20
25 °C
Die hohen Außenluftwechsel der Lüftungsanlage führen in Kombination mit dem begrenzten Wirkungsgrad der Wärmerückgewinnung zu
einem hohen Wärmeverbrauch der Lüftung. Die großen geförderten
Luftmengen bedingen gleichzeitig auch hohen Verbrauch an elektri57
4 - Energieverbrauch
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scher Hilfsenergie. Anpassungen an Sollwerten und Laufzeiten müssen
hier aber auch besonders kritisch im Zusammenhang mit der Sicherstellung des Komforts für die Nutzer gesehen werden. Es darf nicht der
Eindruck entstehen, es müssen Einbußen aufgrund von Optimierungen
des Energieverbrauchs in Kauf genommen werden. Dennoch liegt gerade in der Lüftungsanlage des Sozialtraktes großes Potential für Einsparungen. Speziell die nächtliche Lüftung der Trockenräume verursacht hohen Stromverbrauch und selbst im Sommer Bezug von Heizwärme.
Der Vorschlag, die Lüftung nachts generell Abzuschalten und nur im
Bedarfsfall (Regen) die Lüftung nachts zu aktivieren wurde nicht umgesetzt, da befürchtet wurde, dass ein zuverlässiges manuelles aktivieren
nicht durchführbar sei. Eine weitere diskutierte Alternative war der
Einsatz von dezentralen Entfeuchtern (Kondensationsentfeuchter) in
den Trockenräumen, die ebenfalls nur bei Bedarf eingeschaltet werden. Eine entsprechende Umrüstung ist geplant, wurde aber bisher
nicht ausgeführt.
4.4. Verbrauch elektrische Energie Sozialtrakt
Der Verbrauch elektrischer Hilfsenergie in Sozialtrakt wird dominiert
vom Verbrauch der Lüftungsventilatoren. Durch eine bessere Anpassung der Lüfterlaufzeiten an tatsächliche Nutzung der Räume konnten
Einsparungen bei Strom und Wärme erzielt werden, es besteht jedoch
weiteres Optimierungspotential.
4.4.1. Elektrische Hilfsenergie Lüftung
Hohe Luftwechsel führen zu hohen Lüfterleistungen und damit hohem
Hilfsstromverbrauch im Sozialtrakt.
kWh/m²
14
Stromverbrauch Lüftung Sozialtrakt
12
10
8
6
4
2
0
Mai
Jul
2008
Sep
4 - Energieverbrauch
Nov
Jan
Mrz
Mai
Jul Sep
2009
Nov
Jan
Mrz
Mai
2010
Bild 4.23) Monatlicher Verbrauch elektrischer Hilfsenergie für die Lüftungsanlage des
Sozialtrakts. Bis Sommer 2008
lief die Anlage teilweise ungeregelt mit voller Leistung
durch, diese wurde im August
2008 festgestellt und behoben.
Auch im April 2009 führte ein
Fehler in der Ansteuerung zu
erhöhtem Verbrauch.
Vorgeschlagene Änderungen
zur Reduktion des Verbrauchs
wurden bis zum Ende des
Monitorings vom Betreiber
nicht voll umfänglich umgesetzt.
58
b+tga
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Die Anlage selbst ist mit einer Konstantdruck- Regelung ausgerüstet,
die Luftwechsel der in Bild 4.14 und Bild 4.15 dargestellten Lüftungszonen werden über Volumenstromregler bestimmt. Die Ansteuerung
der Bereiche sah in der ursprünglichen Regelung im Wesentlichen einen Tagbetrieb (Lüftung der Umkleiden und Sanitärräume) und einen
Nachtbetrieb (Spülung der Trockenräume) vor. Das Vorhalten hoher
Luftwechsel deckt sich dabei nur zum Teil mit der tatsächlichen Nutzung der Räume. Eine erste Anpassung der Anlage erfolgte in Form einer Angleichung der Volumentröme an die Nutzung zu normalen Arbeitszeiten. In den Grafiken Bild 4.24 und Bild 4.25 sind ursprünglicher
und geänderter Betrieb schematisch dargestellt.
Bild 4.24) Prinzipielles Zeitschema der Aktivierung einzelner Lüftungszonen im Verlauf
eines Tages.
Anfänglich wurden Zonen wie
Duschen und Umkleiden ganztätig mit hohen Volumenströmen durchspült.
Bild 4.25) In einer ersten
Anpassung wurden die Luftwechsel in Umkleiden und
Sanitärräumen tagsüber an die
tatsächliche Nutzung angepasst.
Umkleide 2. OG
m³/h
10 000
9 000
8 000
7 000
6 000
5 000
4 000
3 000
2 000
1 000
0
Duschen Waschraum WC
2.OG
Duschen / Umkleiden 1.OG
WC /Archiv Verwaltung
Trockenraum 2. OG
Trockenraum F 1. OG
Trockenraum M 1. OG
0
3
6
9
12
15
18
21
24 Uhrzeit
Umkleide 2. OG
m³/h
10 000
9 000
8 000
7 000
6 000
5 000
4 000
3 000
2 000
1 000
0
Duschen Waschraum WC
2.OG
Duschen / Umkleiden 1.OG
WC /Archiv Verwaltung
Trockenraum 2. OG
Trockenraum F 1. OG
Trockenraum M 1. OG
0
3
6
9
12
15
18
21
24 Uhrzeit
Der Nachtbetrieb der Anlage verursacht jedoch nach wie vor einen hohen Stromverbrauch. Ein Abschalten der Anlage und manuelles aktivieren im Bedarfsfall wurde abgelehnt, da man Komforteinbußen befürchtete.
59
4 - Energieverbrauch
b+tga
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Leistung Lüftung Sozialtrakt
00:00
03:00
06:00
09:00
12:00
15:00
18:00
21:00
00:00
03:00
06:00
09:00
12:00
15:00
18:00
21:00
00:00
03:00
06:00
09:00
12:00
15:00
18:00
21:00
kW
8
7
6
5
4
3
2
1
0
Bild 4.26) Gemessene Leistungsaufnahme der Lüftung an
drei Tagen im Juni 2009.
Deutlich sichtbar sind die
Leistungsspitzen morgens und
abends zur Spülung von Umkleiden und Duschen. Es zeigt
sich aber auch, dass die Anlage
vor allem auch nachts durchgehend über 3 kW Leistung
bezieht – ohne einen zwingenden Bedarf.
Wird in den Wintermonaten der Räum- und Streudienst benötigt, sieht
die Regelung ein durchgehendes Vorhalten entsprechender Temperaturen und Luftwechsel vor.
Bild 4.27) Carpet Plot der
Leistungsaufnahme der Lüftung des Sozialtrakts.
Die Nutzungszeiten wurden
anhand des Dienstplans angepasst und mit Indikatoren wie
dem zeitlichen Verlauf der
Warmwasserzapfung abgeglichen. Es zeigen sich die typischen Wochenmuster (Mo –
Do Müllabfuhr, Freitag Straßenreinigung, Wochenende).
Am Sa, 15.05. waren ebenfalls
Kehrmaschinen der Straßenreinigung in Betrieb.
Bild 4.28) Leistungsaufnahme
der Lüftung im Winter
2009/2010. Wird witterungsbeding der Einsatz des Winterdienstes nötig, werden die
Zonen oft ganztätig in Bereitschaft versetzt. Hohe Luftwechsel, die wenig effiziente
Wärmerückgewinnung und
tiefe Außentemperaturen
ziehen dann auch hohe Heizwärmeeinträge nach sich.
4 - Energieverbrauch
60
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4.5. Energieverbrauch Trinkwassererwärmung
Ein weiterer prägender Bedarf des Sozialtrakts ist der hohe Warmwasserverbrauch. Für die Anlagentechnik stellen sich zwei Herausforderungen: an Werktagen ein Verbrauch von 800 bis 1.000 l warmen Wassers, das in einem relative schmalen Zeitfenster gezapft wird. In der
Vorplanung wurde zur Einbindung einer solarthermischen Unterstützung der Trinkwassererwärmung eingehend untersucht und basierend
auf Simulationsstudien ein Vorschlag für ein Anlagenkonzept erarbeitet [MORH05B]. In der Umsetzung wurde jedoch eine andere Anlagentechnik verwendet. Dabei zeigen sich im Betrieb regelungstechnische
Schwierigkeiten, die einen effizienten Einsatz solar gewonnener Wärme in den ersten Betriebsjahren verhindern.
Bild 4.29) Tagessummen der
gezapften Warmwassermengen am Beispiel des Monats
August 2009.
Am Wochenende finde keine
oder nur sehr geringe Zapfung
statt, im Wochenbetrieb
werden 800 bis 1000l warmes
Wasser verbraucht. Damit
decken sich die gemessenen
Verbrauchswerte mit dem in
der Vorplanung angenommenen Bedarf.
Warmwasserzapfung
l/d
1200
1000
800
600
400
200
0
01.08.
08.08.
15.08.
22.08.
29.08.
Bild 4.30) Carpet Plot der
Warmwasserzapfung. Mo bis
Do ist ein deutliches „Verbrauchsband“ zwischen 15:00
und 17:00 Uhr zusehen, freitags liegt der Hauptverbrauch
eher um die Mittagszeit.
Im Bild 4.31 ist die gesamte Wärmemenge zur Trinkwassererwärmung
von Januar 2008 bis Juli 2009 dargestellt. Auffällig sind zwei Phänomene:
61
4 - Energieverbrauch
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Im Verhältnis zum tatsächlichen Nutzwärmeverbrauch des TrinkWarmwassers ist der Anteil von Speicher- und Zirkulationsverlusten
enorm hoch. Nur ein Viertel der in der Trinkwassererwärmung aufgewendeten Energie wird tatsächlich als Nutzwärme verbraucht.
Der solare Deckungsanteil ist sehr gering. Bezogen auf den gesamten
Wärmeverbrauch der Trinkwassererwärmung hat die Solaranlage einen Anteil von 8%, selbst wenn nur der Anteil gezapfter Nutzwärmebetrachtet wird, liegt die solare Deckungsrate umgerechnet bei 34% also weit unter dem geplanten Deckungsanteil von 60%.
Nutzwärme TWW
18,4 MWh
23%
Speicher und
Zirkulationsverluste
6,4 MWh
8%
Anteil Gaskessel
Anteil Solaranlage
74,2 MWh
92%
62,2 MWh
77%
Bild 4.31) Von Januar 2008 bis Juli 2009 wurden 80,6 MWh Wärme in der Trinkwassererwärmung verbraucht. Durch hohe Zirkulationsund Speicherverluste beträgt der Anteil Nutzwärme mit 18,4 MWh nur 23% dieser Wärmemenge (linkes Diagramm). Gedeckt wurde
diese Wärme zu 92% vom Gaskessel, lediglich 8% durch die Solaranlage (linkes Diagramm).
Eine zeitlich höher aufgelöste Analyse einzelner Messpunkte im System der Trinkwassererwärmung zeigt Gründe für die geringen solaren
Erträge – dargestellt in Bild 4.33 und Bild 4.34. Solaranlage und Gaskessel speisen einen gemeinsamen Pufferspeicher, aus dem externe
Wärmeübertrager gespeist werden, die das Trinkwasser im Durchlaufverfahren erwärmen.
Bild 4.32) Anlagenschema der
ausgeführten Anlage. Hier
arbeiten Kessel und Solaranlage auf einen gemeinsamen
Speicher. Durch die Anforderungen an die hohen Speichertemperaturen lädt der Kessel
häufig nach. Im Speicher bildet
sich daher keine ausreichende
Schichtung aus, sodass die
Solaranlage kaum Beiträge
bringen kann.
4 - Energieverbrauch
62
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Bild 4.33) Leistung von Kessel,
(hellblau, linke Achse) Solaranlage (orange, linke Achse)
sowie Einstrahlung(hellorange, rechte Achse) an drei
Tagen (Mo, Di, Mi) im Juni. Erst
bei hohen Einstrahlungswerten
(am 16.06.) liefert die Solaranlage nennenswerte Erträge.
Trotz solarem Beitrag wird der
Speicher auch über den Gaskessel beladen (siehe 16.06.)
Bild 4.34) Temperaturverlauf
der beiden Fühler „oben“ und
„mitte“ des Pufferspeichers.
Der obere Teil des Speichers
wird konstant auf 70°C gehalten, die Energie dazu kommt
fast ausschließlich aus dem
Gaskessel.
Im hier betrachteten Zeitraum
wurde die Ladepumpe des
Kessels von 18:00 bis 24:00 Uhr
deaktiviert. Durch die Wärmeentnahme der Zirkulation fällt
die Speichertemperatur rasch
ab.
kW
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
00:00
°C
80
Leistung Kessel
12:00
15.06.
Leistung Solaranlage
00:00
12:00
16.06.
Speichertemperatur oben
solare Einstrahlung
00:00
W/m²
1000
900
800
700
600
500
400
300
200
100
0
12:00
17.06.
Speichertemperatur Mitte
75
70
65
60
55
50
15.06.
16.06.
17.06.
18.06.
19.06.
20.06.
21.06.
Der bei der Ausführung der Solaranlage zugesicherte Betrieb konnte
bis Abschluss des Monitorings nicht hergestellt werden, was letztendlich zu einem noch andauernden Rechtsstreit mit den ausführenden
Firmen führte.
4.6. Energieverbrauch Garagen
Im alten Bestandsgebäude führte vor allem die Beheizung der Fahrzeughallen zu enorm hohem Wärmeverbrauch. Die Heizwärme ist nötig, da die Garagen durch technische Ausrüstungen verschiedener
Fahrzeuge frostfrei gehalten werden sollen. Im Rahmen der Sanierung
wurde zunächst simulatorisch überprüft, ob die Frostfreihaltung der
betreffenden Bereiche durch das Einblasen der Abluft aus dem Bürotrakt erfolgen kann [MORH05A]. Die Simulation zeigte ein positives Ergebnis, die Maßnahme folglich so umgesetzt. Um die Gefahr von Frostschäden sicher auszuschließen ist im Lüftungskanal der Büro- Abluft
vor dem Eintreten in die Garagen noch ein Heizregister installiert, das
im Bedarfsfall zusätzlich Wärme einbringen kann.
Während der messtechnischen Begleitung war dieses Heizregister allerdings nie in Betrieb, d.h. die Sicherstellung einer frostfreien Fahr-
63
4 - Energieverbrauch
b+tga
Bauphysik und Technische Gebäudeausrüstung
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zeughalle konnte alleine durch die Abluft aus den Büros erreicht werden.
Auch im Winter 2009/2010, in dessen Verlauf deutlich ausgeprägtere
Frostperioden als der Winter des Vorjahres auftraten, zeigten sich keine temperaturbedingten Probleme an den Fahrzeugen, eine zusätzliche messtechnische Überprüfung erfolgte nicht.
5. Nutzung und Komfort
Nach der Bewertung von Anlagentechnik und Energieverbrauch steht
in diesem Kapitel die Sanierung aus Sicht der Nutzer im Vordergrund.
Zum einen wird der Komfort mit Hilfe messtechnisch erfassbarer Größen aufgenommen und bewertet. Zusätzlich fanden auch Nutzerbefragungen statt, um auch das subjektive Empfinden der Mitarbeiter in
den Räumlichkeiten erfassen und auswerten zu können. 2008 wurden
die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu ihrer Bewertung verschiedener Komfortbedingungen am Arbeitsplatz und zum Gebäude allgemein
mittels eines schriftlichen Fragebogens befragt. Für einen jahreszeitlichen Vergleich der raumklimatischen Komfortbedingungen wie Temperatur, Luftqualität oder Lichtverhältnisse fanden die Untersuchungen sowohl im Winter als auch im Sommer statt. Die Datenerhebungen
erfolgten im Rahmen von EnOB durch das Fachgebiet Bauphysik und
Technischer Ausbau des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT, ehemals Universität Karlsruhe).
Die Messungen zum thermischen Komfort beziehen sich ausschließlich
auf den Bürobereich. Neben der Befragung wurde auch die messdatenbasierte Analyse für den Sommer- als auch für den Winterfall
durchgeführt.
5.1. Messungen zum thermischen Komfort
Zunächst erfolgt eine Analyse auf Basis gemessener Parameter, in erster Linie Innenraumtemperaturen und relativer Luftfeuchte in den Büros. Diese werden vor dem Hintergrund des Winter-, bzw. des Sommerfalls mit jeweils geeigneten Bewertungskriterien untersucht.
5.1.1. Thermischer Komfort im Winter
Im Winter 2008 und 2009 wurden in verschiedenen Büroräumen mit
Hilfe dezentraler Messgeräte Raumlufttemperaturen und relative Luftfeuchte gemessen. Die Daten wurden in einem Intervall von 5min aufgenommen und abgespeichert.
5 - Nutzung und Komfort
64
b+tga
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Bild 5.1) Platzierung der Messgeräte beispielhaft am Grundriss des 1. OG. Es wurden
insgesamt 12 Logger verteilt,
vier Geräte pro Etage mit
jeweils zwei Loggern je Ausrichtung.
Die Geräte wurden abseits der
Schreibtische, i.d.R. auf einem
Schrank positioniert.
Durch die aufgenommenen Messwerte soll das Gebäude hinsichtlich
des winterlichen Komforts untersucht werden. Das betrifft in erster Linie die Temperaturen: werden ausreichende Mindestwerte eingehalten bzw. kommt es zu unnötiger Überwärmung von Räumen? Als weiterer Parameter der thermischen Behaglichkeit wurde die relative Luftfeuchte gemessen. Diese dient auch als Indikator für eventuell zu hohe
Luftwechsel und der damit, vor allem im Winter, auftretenden Problematik von zu trockener Luft.
Außentemperaturverlauf und Witterung
Im Winter 2007/08 gab es kaum ausgeprägte Frostperioden. In Bild 5.2
ist der Verlauf der Außentemperatur währen des Messzeitraums dargestellt. Länger anhaltende Temperaturen unter 0°C gab es nur in der
7. sowie in der 13. KW (Woche nach Ostern).
°C
25
Außentemperatur
20
15
Bild 5.2) Verlauf der Außentemperaturen während des
Messzeitraums Anfang 2008.
Es gab nur wenige, kurze
ausgeprägt kalte Perioden.
Minusgrade wurden nur in der
7ten KW, sowie in der Woche
nach Ostern (21.- 24.03.)
erreicht.
10
5
0
08.02.
15.02.
22.02.
29.02.
07.03.
14.03.
21.03.
28.03.
-5
Bild 5.4 zeigt noch einmal die klimatischen Randbedingungen, als Ausschnitt aus der 7. KW. Bei tagsüber recht milden Temperaturen und
hoher Einstrahlung kühlte es nachts bis an den Gefrierpunkt und darunter ab.
65
5 - Nutzung und Komfort
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°C
20
Temperatur
Einstrahlung
W/m²
800
15
600
10
400
5
200
0
-5
0
-200
So 10.02. Mo 11.02. Di 12.02. Mi 13.02. Do 14.02. Fr 15.02. Sa 16.02. So 17.02.
Bild 5.3) Temperatur und
Einstrahlung in der 7. KW2008.
Die 7. KW gehört zu den Abschnitten des Messzeitraums
mit kalten Nächten, aber auch
recht sonnigen Tagen mit
milden Außentemperaturen.
Im Winter 2008/2009 gab es zwar einige ausgeprägte kalte Zeiträume,
die sich jedoch nicht mit dem Messzeitraum überschnitten.
Bild 5.4) Darstellung des Sonnenverlaufs am 13.02.. Um
diese Jahreszeit kommt noch
keine Sonne auf die Nordostfassade, auf der Südwestseite
kann es bei klarem Wetter
durch die tiefstehende Sonne
bereits zu hohen solaren
Einträgen kommen.
Grafik Ecotect, Vers.5.5
5.1.1.1. Das Erdgeschoss
Im Erdgeschoss zeigt sich, dass die Temperaturen recht stark schwanken, d.h. die Büros kühlen nachts teilweise bis 18°C aus. Tagsüber erreichen vor allem die Südwestbüros Temperaturen über 24°C. Bei der
Auskühlung wirkt sich der weniger starke Wärmeschutz im EG aus –
die darunterliegende Kellerdecke wurde nachträglich gedämmt, durch
die beibehaltene Konstruktion des Bestandsgebäudes ergeben sich
jedoch eine Vielzahl von Wärmebrücken. Im Raum E04 konnte bei einer Dichtigkeitsmessung eine Leckage zur daneben liegenden Garage
nachgewiesen werden. Da hierüber auch Abgasgerüche in das Büro
dringen wurde dort verstärkt zusätzlich über die Fenster gelüftet. Die-
5 - Nutzung und Komfort
66
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ser Raum kühlt auch am Wochenende signifikant stärker aus, als die
anderen Räume.
Wie in Kapitel 1.2.2 beschrieben, besteht die Fassade im EG aus einer
Pfosten- Riegel- Konstruktion mit großen Glasflächen und semitransparenten Kunststoff- Mehrfachstegplatten (U-Wert Stegplatten:
1,2 W/m²K). Damit ist der Wärmeschutz deutlich geringer als in den
darüber liegenden Etagen mit vorgesetzter Holz- Leichtbaufassade (UWert opake Fassade Obergeschosse: 0,16 W/m²K). Durch die großen
transparenten Flächen kommt es auch zu höheren passiv-solaren Einträgen.
Bild 5.5) Gemessen Raumlufttemperaturen in Räumen des
Erdgeschosses. Die rötlich
gefärbten Linien sind nach
Süden ausgerichtete Büros, die
blauen nach Norden.
Es fällt auf, dass die Temperaturen in den Räumen nachts
und an Wochenenden deutlich
absinken. Entsprechend muss
morgens stärker nachgeheizt
werden. Baulich unterscheiden
sich die Räume im EG von den
anderen Geschossen durch die
darunterliegenden Garagen
und die Außenwände, die hier
als Pfosten- RiegelKonstruktion mit PolycarbonatMehrfachstegplatten ausgeführt sind.
°C
28
26
24
22
20
18
16
14
12
10
08.02.
Raum E.01
22.02.
07.03.
Raum E.04
21.03.
Raum E.05
04.04.
Raum E.07
18.04.
Bei der Betrachtung eines zeitlichen Ausschnitts werden diese Effekte
noch einmal deutlich (Bild 5.6). Während die Sonne an der Nordostseite um diese Jahreszeit noch nicht zu sehen ist (siehe auch Bild 5.4),
kommt es im Südwesten zu solaren Einträgen. Diese werden an den
Spitzen der Raumlufttemperaturen in den Südwestbüros deutlich.
°C
28
Bild 5.6) Im Wochenverlauf ist
deutlich die Nachabsenkung
des Heizbetriebs zu erkennen.
Die Temperaturspitzen sind auf
solare Einträge zurückzuführen. Wie in Bild 5.3 zu sehen,
gab es an einem Großteil der
Tage recht hohe solare Einstrahlung.
Das starke auskühlen von
Raum E04 kann durch die
Leckage zur angrenzenden
Garage verstärkt werden.
67
Raum E.01
Raum E.04
Raum E.05
Raum E.07
26
24
22
20
18
16
14
12
10
So 10.02. Mo 11.02. Di 12.02. Mi 13.02. Do 14.02. Fr 15.02. Sa 16.02. So 17.02.
5 - Nutzung und Komfort
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5.1.1.2. Das erste Obergeschoss
Im 1. OG schwanken die Temperauren nur ein einem sehr begrenztem
Band. Die Speichermassen reagieren träger auf Temperaturänderungen, die Amplitude der Temperaturschwankungen ist deutlich geringer.
°C
28
26
24
22
20
18
16
14
12
10
08.02.
Raum 1.02
22.02.
Raum 1.14
07.03.
21.03.
Raum 1.03
04.04.
Raum 1.11
18.04.
Bild 5.7) Verlauf der Temperaturen im 1. OG. Hier schwanken die Temperaturen deutlich
weniger, die Räume kühlen im
Absenkbetrieb (nachts, Wochenende) kaum unter 20°C
ab.
Dieses Verhalten wird auch bei der zeitlich höher aufgelösten Betrachtung der 7. KW deutlich (siehe Bild 5.8). Die Ausrichtung hat nur wenig
Einfluss auf die Temperaturen, lediglich in Raum 1.02 erkennt man
Temperaturspitzen, die auf solare Einstrahlung zurückzuführen sein
können.
°C
28
Raum 1.02
Raum 1.14
Raum 1.03
Raum 1.11
26
24
22
20
18
16
14
12
10
So 10.02. Mo 11.02. Di 12.02. Mi 13.02. Do 14.02. Fr 15.02. Sa 16.02. So 17.02.
Bild 5.8) Wie schon im Gesamtverlauf zu sehen, schwanken die gemessenen Lufttemperaturen im 1. OG kaum.
Die Orientierung (Nordost oder
Südwest) zeigt sich in einem
leicht höheren Temperaturniveau auf der Südseite.
5.1.1.3. Das zweite Obergeschoss
Im zweiten OG zeigen sich wieder deutlichere Schwankungen der Lufttemperaturen. Im Verlauf der gesamten Messung (Bild 5.9) sieht man
neben der Tag/Nacht Abfolge auch deutlich die Absenkung im Wochenendbetrieb.
5 - Nutzung und Komfort
68
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Bild 5.9) Im 2. OG schwanken
die Innenraumtemperaturen
wieder stärker, auch hier fallen
Räume, insbesondere am
Wochenende, unter 18°C.
°C
28
26
24
22
20
18
16
14
12
10
08.02.
Raum 2.02
22.02.
07.03.
Raum 2.12
21.03.
Raum 2.01
04.04.
Raum 2.09
18.04.
Da das 2. OG als Leichtbaugeschoss ausgeführt ist, sind hier kaum
Speichermassen, die dämpfend auf den Temperaturamplitude einwirken. Die in die Gipskartonplatten eingearbeiteten Latentspeicher sind
bei diesem Temperaturniveau noch nicht aktiv, sie ‚schalten‘ erst ab
26°C.
Bild 5.10) Temperaturverläufe
im 2.OG. Hier zeigt sich insbesondere in den Südbüros der
Leichtbaucharakter des Geschosses.
°C
28
26
24
22
20
18
16
14
12
10
Raum 2.02
Raum 2.12
Raum 2.01
Raum 2.09
So 10.02. Mo 11.02. Di 12.02. Mi 13.02. Do 14.02. Fr 15.02. Sa 16.02. So 17.02.
5.1.1.4. Untersuchung der Luftfeuchte
Neben der Raumlufttemperatur wurde in den Räumen auch die rel.
Luftfeuchte gemessen. Speziell im Winter kann es durch den Luftaustausch mit frischer, aber wenig Feuchtigkeit enthaltender Außenluft zu
Komfort- Einbußen durch trockene Luft kommen. Unterschreitet die
relative Luftfeuchte über längere Zeiträume Werte von 30% rH, kann
es zu Reizungen der Schleimhäute kommen.
Bei der Betrachtung der Messewerte ist zu beachten, dass die Messgeräte die Luftfeuchte nur bis zu einer Untergrenze von 15% rH messen,
geringere Werte werden also nicht erfasst.
69
5 - Nutzung und Komfort
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Bild 5.11) Einfluss von Temperatur und relativer Luftfeuchte auf das Behaglichkeitsempfinden des Menschen.
Werte unter 30% rH empfinden viele als zu trocken, es
kann zu Komfort- Einbußen
wie Reizungen der Schleimhäute kommen, Grafik
[PIST03]
In Bild 5.12 ist der Verlauf der relativen Luftfeuchte im 2. Obergeschoss exemplarisch dargestellt. Die Messungen in den anderen Geschossen unterscheiden sich in Bezug auf die Luftfeuchte kaum.
Es zeigt sich, dass die Luftfeuchte fast durchgehend unter 40% rH liegt,
auch 30% rH werden häufig unterschritten. Ein Weg, um Problemen
mit zu trockener Raumluft entgegenzuwirken, wäre eine Reduktion des
Luftwechsels. Zum Zeitpunkt der dargestellten Messung wurde aus
den Büros im Tagbetrieb mit 80 m³/h Abluft abgesaugt, die als Außenluft (mit geringem Feuchtegehalt) nachströmt. Dies entspricht einem
Luftwechsel von 1 h-1.
Raum 1.02
rH%
80
Raum 1.03
Raum 1.11
Raum 1.14
70
60
50
40
30
20
10
0
08.02.
22.02.
07.03.
21.03.
04.04.
18.04.
Bild 5.12) Verlauf der relativen
Luftfeuchte in Räumen des 2.
OG. Messungen in den anderen Etagen liefern sehr ähnliche Verläufe.
Das Niveau der rel. Luftfeuchte
liegt fast durchgehend unter
40% rH.
In Bild 5.13 ist die kumulierte Häufigkeitsverteilung der Luftfeuchte als
Mittelwert aus den jeweiligen Geschossen aufgetragen. Hier wird
deutlich, dass sich die relative Luftfeuchte die meiste Zeit in einem
„noch behaglichen“ Bereich befindet. Etwa 60% der Messwerte liegen
5 - Nutzung und Komfort
70
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über 30%rH. Die Zeiträume, in denen extrem geringe Werte erreicht
werden, liegen Anteilig unter 5%.
EG
%rH
70
1.OG
2.OG
60
50
40
30
20
10
Bild 5.13) Häufigkeitsverteilung
der gemessenen Luftfeuchte.
0%
20%
40%
60%
80%
100%
5.1.1.5. Fazit der Messreihen zum winterlichen Komfort
Die Stichprobenhaften Messungen der Lufttemperatur in den Büros
während der Heizperiode zeigen keine unplausiblen Auffälligkeiten.
Im EG wird der im Vergleich zu den anderen Geschossen geringere
Wärmeschutz durch schnellere Auskühlung der Räume deutlich. Im
2.OG zeigt sich der Leichtbaucharakter des Geschosses, während das
1.OG in den Temperaturverläufen deutlich träger reagiert.
Die Temperaturen während der Nutzungszeiten wiesen weder deutliche Über- noch Unterschreitungen der Behaglichkeitsparameter auf.
Dies zeigt sich auch die Ergebnisse der in Kapitel 5.3 beschriebenen
Nutzerbefragung.
Die Messung der Luftfeuchte zeigt jahreszeitentypisch Probleme mit
geringen Luftfeuchten. Durch den nötigen Luftaustausch mit wenig
Feuchte enthaltender Außenluft und Aufheizung dieser Luft auf die geforderten Temperaturen stellen sich geringe relative Luftfeuchten ein.
Der zunächst planerisch vorgesehen Luftwechsel von 1 h-1 pro Büro
wurden im Frühjahr 2009 reduziert. Die Einhaltung von Grenzen zu
Raumluftqualität wurde durch CO2 Messungen überprüft (siehe Kapitel
5.2). Die Änderungen haben dabei vor allem Auswirkungen auf den
Stromverbrauch der Lüftung, siehe auch Kapitel 4.2.1.
71
5 - Nutzung und Komfort
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5.1.2. Thermischer Komfort im Sommer
Im Sommer 2007 und 2008 wurden in verschiedenen Büroräumen des
Verwaltungstraktes der REB Raumlufttemperaturen und relative Luftfeuchte gemessen.
Bild 5.14) Platzierung der
Messgeräte beispielhaft am
Grundriss des 1. OG. Es wurden
insgesamt 20 Logger verteilt,
im EG zwei pro Ausrichtung, in
den Ober-geschossen jeweils
vier Gräte auf jeder Flurseite.
Die Geräte wurden abseits der
Schreibtische, i.d.R. auf einem
Schrank positioniert.
Als Referenz für Außentemperatur und solare Einstrahlung wurde auf
die Temperaturmessungen an der Klima- Messstation der Uni Wuppertal am Standort Haspel, sowie auf die vor Ort installierten Sensoren
zurückgegriffen.
Mit Hilfe der Messung wurde das sommerliche Gebäudeverhalten untersucht, vor allem die Funktionalität der passiven Klimatisierung über
Nachtlüftung. Zu beachten ist, dass in beiden Jahren die Nacharbeiten
zur Verbesserung der Luftdichtheit des Verwaltungstraktes noch nicht
in vollem Umfang durchgeführt waren.
Bei der Planung und Auslegung der passiven Klimatisierung über
Nachtlüftung wurden als Komfortkriterien die Grenzwerte der DIN
1946-2 [DIN1946] herangezogen [MORH05A], die in Abhängigkeit von
der Außentemperatur einen bestimmten „Behaglichkeitsbereich“ definieren. Zur Beurteilung des thermischen Komforts bei der Auswertung
der Messdaten wird die Europäische Norm EN 15251 [EN15251] in
der aktuellen Fassung herangezogen. Im Unterschied zur DIN 1946-2
liegt zur Beurteilung des thermischen Komforts ein adaptives Komfortmodell zu Grunde. Das Modell setzt voraus, dass der Nutzer an
seinem Arbeitsplatz direkten Einfluss auf Lüftung (Fensteröffnung) und
Sonnenschutz hat, sowie sich in gewissen Grenzen in Bezug auf Kleidung an die Temperaturen anpassen kann.
Die gemessenen Temperaturen werden einem gleitenden Tagesmittel
gegenübergestellt, in das auch die Temperaturen der Vortage eingehen. Bei natürlich belüfteten Gebäuden (schließt auch Nachtlüftung
ein) werden drei Komfortklassen definiert, die in Abhängig vom gleitenden Mittel der Außentemperatur eine Aussage über die Nutzerakzeptanz der entsprechenden Raumtemperaturen geben (siehe auch
[BBR07]).
5 - Nutzung und Komfort
72
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Bei der Darstellung der aufgenommenen Messwerte ist zu beachten,
dass die Grenzen nach EN 15251 auf die „operativen Temperaturen“
bezogen sind, die das Mittel aus Raumlufttemperatur und Strahlungstemperatur der umschließenden Flächen definiert ist (auch als „empfundene Temperatur“ bezeichnet). Gemessen wurde nur die Raumlufttemperatur. Die Abweichung ist in gut gedämmten Innenräumen jedoch klein, solange keine direkte solare Einstrahlung die Messung beeinflusst.
Für eine Auswertung der gemessenen Temperaturen werden die meteorologischen Randbedingungen in den Messzeiträumen verglichen.
Die Sommer 2007 und 2008 hatten kaum ausgeprägte, längere Hitzeperioden, stellten also vom Außenklima keine echte Belastung für das
passive Kühlkonzept dar.
Bild 5.15) Darstellung der
Häufigkeitsverteilung von
Stundenmittelwerten der
Außentemperatur, bezogen auf
die Messzeit. Die Jahre 2007
und 2008 unterscheiden sich
kaum – 10% der Temperaturen liegen über 23°C, 26°C
werden an weniger als 4% der
Stunden überschritten.
Zum Vergleich sind Messwerte
aus dem Jahr 2006 eingetragen. In diesem Jahr war der
Sommer wesentlich wärmer –
hier lagen 15% der Messwerte
über 26°C.
°C
34
Häufigkeit Außentemperatur Messzeitraum 2006
Häufigkeit Außentemperatur Messung 2007
30
Häufigkeit Außentemperatur Messung 2008
26
22
18
14
10
0%
20%
40%
60%
80%
100%
Um die Reaktion des Gebäudes auf steigende Außentemperaturen zu
untersuchen, wird zunächst beispielhaft der mittlere zeitliche Temperaturverlauf der Südseiten der jeweiligen Geschosse über mehrere besonders warme Tage dargestellt.
Bild 5.16) Verlauf der Temperaturen im Gebäude (Mittelwerte der Südbüros in den
jeweiligen Etagen) und der
Außentemperatur.
Zum einen wird deutlich, dass
das 1. OG deutlich träger auf
Temperaturänderungen reagiert, es zeigt sich aber auch,
dass wenn nachts kühle Außentemperaturen zur Entwärmung fehlen, sich die Innenraumtemperaturen „hochschaukeln“.
73
°C
35
Außentemperatur
Mittelwerte EG
Mittelwerte 1.OG
Mittelwerte 2.OG
30
25
20
15
10
5
0
29.06.
30.06.
01.07.
02.07.
03.07.
04.07.
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°C
35
30
Außentemperatur
Mittelwerte EG
Mittelwerte 1.OG
Mittelwerte 2.OG
Schmelzbereich PCM
25
20
15
10
5
0
21.07.
23.07.
25.07.
27.07.
29.07.
31.07.
02.08.
Bild 5.17) Das 1. OG reagiert
eher träge auf Änderungen der
Außentemperatur, die beiden
anderen Geschosse zeigen
deutlichere Tagesschwankungen. Im Verlauf der Temperaturen im 2. OG zeigt sich, dass
wenn die Raumlufttemperaturen in den Bereich des
Schmelzpunktes des PCM
Materials kommen, diese
Temperaturen nachts kaum
unterschritten werden, ein
„entladen“ der PCM Platten
also nicht unbedingt gewährleistet ist. Dabei kommt hinzu,
dass die Temperaturschichtung
im Raum eher höhere Temperaturen im Deckenbereich
erwarten lässt.
5.1.2.1. Ergebnisse im Erdgeschoss:
Raumlufttemperaur [ C]
30
Messung 2007
Messung 2008
28
26
24
22
20
gleitendes Mittel der Außentemperatur θrm [ C]
18
10
12
14
16
Raumlufttemperaur [ C]
30
18
20
Messung 2007
22
24
Bild 5.18) Darstellung der
gemessenen Raumlufttemperaturen (Mittelwert aus 2
Räumen) über dem gleitenden
Mittelwert der Außentemperaturen nach EN 15251 für die
Nordseite.
Die Komfortklasse I (entspricht
94 % Akzeptanz) wird an
einigen Tagen überschritten.
Das Unterschreiten der Kennlinie ist auf Stoßlüftung zurückzuführen und für den Sommerfall unkritisch.
Messung 2008
28
26
24
22
20
gleitendes Mittel der Außentemperatur θrm [ C]
18
10
12
14
16
18
20
22
24
Bild 5.19) Darstellung der
Messwerte gemäß EN 15251
für die Südseite im EG (Mittelwerte aus 2 Räumen).
Bei der Nordostfassade ergeben sich vor allem morgens höhere Temperaturen als auf der Südseite. Dies erklärt sich primär durch den Sonnenstand: durch die Ausrichtung kommt es morgens zu deutlichen
solaren Einträgen, die durch die auf der Nordseite installierte Sonnen5 - Nutzung und Komfort
74
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schutzverglasung zwar deutlich reduziert werden, durch die großen
transparenten Flächen (zusätzlich Einträge durch die transparente
Kunststofffassade) jedoch nennenswerte Wärmeeinträge nach sich
ziehen.
Bild 5.20) Zusammen mit den
Temperaturdaten ist die Einstrahlungsleistung auf die
entsprechenden Fassaden
aufgetragen.
Deutlich erkennbar ist die
schnelle Erwärmung der Nordbüros in den Morgenstunden,
während die maximale Strahlungsleistung im Süden deutlich später erreicht wird. Hinzu
kommt, dass die Sonne im
Süden deutlich höher steht –
und hier durch einen außenliegenden Sonnenschutz besser
abgehalten wird.
°C
35
Mittelwert Südseite EG [°C]
Einstrahlung südwest [W/m²]
Mittelwert Nordseite EG [°C]
Einstrahlung nordost [W/m²] W/m²
700
30
600
25
500
20
400
15
300
10
200
5
100
0
0
13.07.
14.07.
15.07.
16.07.
17.07.
18.07.
19.07.
Bild 5.21) Darstellung des
Sonnenverlaufs für ein Jahr.
Der dargestellte Sonnenstand
entspricht dem 15. April um
7:00. Ab etwa dieser Zeit steht
die Sonne morgens lange
genug auf die Nordostfassade,
um nennenswerte solare
Einträge zu bringen.
Grafik: Ecotect, Vers. 5.5
5.1.2.2. Ergebnisse erstes Obergeschoss:
Bei der Betrachtung der gesamten Messperiode fällt auf, dass das erste OG die geringste Schwankungsbreite bei den Messwerten aufweist,
was auf guten Sonnenschutz und große Speichermassen schließen
lässt.
75
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Raumlufttemperaur [ C]
30
Messung 2007
Messung 2008
28
26
24
22
20
gleitendes Mittel der Außentemperatur θrm [ C]
18
10
12
14
16
Raumlufttemperaur [ C]
30
18
20
Messung 2007
22
24
Bild 5.22) Plot der Messdaten
der Nordseite in Anlehnung an
die EN 15251. Die Komfortkriterien der Klasse I werden im
gesamten Zeitraum nicht
überschritten.
Messung 2008
28
26
24
22
20
gleitendes Mittel der Außentemperatur θrm [ C]
18
10
12
14
16
18
20
22
24
Bild 5.23) Darstellung der
Südseite des 1. OG. Auch hier
liegen die Messwerte nie
oberhalb der Grenzen der
Komfortklasse I, wobei die
Schwankungsbreite größer als
auf der Nordseite ist.
Die Maximalwerte der Raumlufttemperatur werden erst in den frühen
Abendstunden erreicht, sie liegen etwa um 18:30 / 19:00 Uhr. Bei der
Betrachtung der reinen Büro- Arbeitszeiten von 6:00 bis 18:00 sind
diese also unkritisch – es findet keine Überhitzung während der Arbeitszeiten statt.
5.1.2.3. Ergebnisse zweites Obergeschoss:
Bei der Betrachtung der Temperaturverläufe im 2. OG fällt auf, dass
die Werte hier wesentlich stärke schwanken, d.h. stärker der Außentemperatur folgen. Da das 2. OG in Leichtbauweise aufgestockt wurde,
fehlen hier die Betonmassen als thermischer Puffer. Aus diesem Grund
wurden hier in der Sanierung PCM Materialien eingebracht – in Gipsfaserplatten eingelagerte Paraffin- Kügelchen schmelzen bei 24-27°C und
nehmen dabei Wärme auf, die Kristallisation und Wärmeabgabe erfolgt bei ca. 24°C.
5 - Nutzung und Komfort
76
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Raumlufttemperaur [ C]
30
Messung 2007
Messung 2008
28
26
24
Bild 5.24) Darstellung der
Messwerte der Nordseite des
2.OG gemäß EN 15251. Die
Komfortkriterien der Klasse I
werden im Messzeitraum
eingehalten.
22
20
gleitendes Mittel der Außentemperatur θrm [ C]
18
10
12
14
16
Raumlufttemperaur [ C]
30
Bild 5.25) Auf der Südseite
kommt es zu deutlichen Überschreitungen der Komfortgrenzen. Diese Übertemperaturen
treten allerdings erst in den
frühen Abendstunden auf. Bei
einer angenommenen Nutzungszeit von 6:00 bis 18:00
reduziert sich die Überschreitung auf 6 Überhitzungsstunden, bzw. einem Anteil von
0,8 %.
18
20
Messung 2007
22
24
Messung 2008
28
26
24
22
20
gleitendes Mittel der Außentemperatur θrm [ C]
18
10
12
14
16
18
20
22
24
Bei der Betrachtung der Messwerte im 2. OG zeigt sich der Leichtbaucharakter des Geschosses. Schaltpunkte und Wärmeaufnahme der
PCM- Platten müssen zusätzlich genauer untersucht werden. Prinzipiell
ergibt sich das Problem, dass nach Aufschmelzen der Paraffinkügelchen die Speicherkapazität der Baukonstruktion stark zurückgeht.
Kann die in den PCM- Materialien gespeicherte latente Wärme über
Nacht nicht abgeführt werden, d.h. bleibt das Wachs in geschmolzenen
Zustand, steht nur ein geringer Puffer als Wärmespeicher zur Verfügung. In der zeitlichen Betrachtung der einzelnen Räume wäre das als
„hochschaukeln“ der Temperaturen dadurch erklärbar (siehe Bild
5.26).
Für genauere Analysen muss das Verhalten der PCM Elemente nachträglich untersucht werden. Wärmeaufnahme, Schalttemperaturen
und Speicherverhalten können mit Hilfe von Temperatur- und Wärmeflusssensoren, sowie Thermografieaufnahmen untersucht werden. Eine entsprechende Messung ist in Vorbereitung.
77
5 - Nutzung und Komfort
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°C
35
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Raum 3.17
Raum 3.18
Raum 3.20
Raum 3.14
Außentemperatur [°C]
30
25
20
15
10
12.07.
13.07.
14.07.
15.07.
16.07.
17.07.
18.07.
19.07.
Bild 5.26) Zeitlicher Verlauf der
Temperaturen in Südwestausgerichteten Räumen des 2.
OG.
Eine quasi isotherme Wärmespeicherung latenter Wärme in
den PCMs ist nicht zu erkennen. Die Räume wärmen sich
immer stärker auf, ein absenken der Temperatur geschieht
morgens durch Fensterlüftung
der Nutzer.
In Bild 5.27 und Bild 5.28 wurde untersucht, wann prozentual am häufigsten die tiefsten Raumlufttemperaturen gemessen wurden. Wäre
dies morgens zwischen 6:00 und 7:00 Uhr, wäre ein hohes Maß an
Nutzereinfluss wahrscheinlich: Öffnen der Fenster und Stoßlüften der
Büros würde das Absinken der Temperatur erklären. Die Minimalwerte
wurden aber am häufigsten um 5:00 Uhr erreicht, waren also eher
Folge der nächtlichen Lüftung.
35%
Häufigkeit Minima EG nord
30%
24:00
Bild 5.27) Häufigkeitsverteilung
des Auftretens der geringsten
Raumlufttemperaturen an
einem Tag, während der
Messung. Die größte Häufung
der Minima liegt bei 5:00 Uhr,
es ist also anzunehmen, dass
das beim Vergleich zur Messung 2007 festgestellte Sinken
der Temperaturminima größtenteils durch die Nachtlüftung
hervorgerufen wird, nicht
durch Fensterlüftung der
Nutzer.
24:00
Bild 5.28) Auch bei den südausgerichteten Büros treten
die geringsten Raumlufttemperaturen am häufigsten um 5:00
Uhr auf. Wobei der Verlauf der
Häufigkeiten zumindest im 1.
und 2. OG nahe legt, dass ein
gehäuftes Auftreten bis 9:00
Uhr durch Fensterlüftung
verursacht wird.
Häufigkeit Minima 1. OG nord
25%
Häufigkeit Minima 2. OG nord
20%
15%
10%
5%
0%
00:00
03:00
06:00
09:00
12:00
15:00
18:00
21:00
35%
Häufigkeit Minima EG süd
30%
Häufigkeit Minima 1. OG süd
25%
Häufigkeit Minima 2. OG süd
20%
15%
10%
5%
0%
00:00
03:00
06:00
5 - Nutzung und Komfort
09:00
12:00
15:00
18:00
21:00
78
b+tga
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5.1.2.4. Vergleich Messung und Simulation
Bei der Bewertung des sommerlichen Komforts ergibt sich auch die
Frage, wie sich die in der Planung durchgeführten Simulationen im
Vergleich zu gemessenen Daten aus dem realen Betrieb darstellen
[MORH05A]. Zur Bewertung des Komforts der Simulationsergebnisse
wurde die mittlerweile zurückgezogene DIN 1946 Teil 2 zurückgegriffen. Ein Vergleich von gemessenen und berechneten Daten erfolgt daher in gleicher Weise: mit Hilfe der Auftragung von Stundenmittelwerten der (operativen) Innentemperaturen über Stundenmitteln der Außentemperatur.
In Tabelle 5.1 sind die Annahmen für interne Gewinne aufgelistet. In
der Simulation wurde mit etwas geringeren internen Gewinnen durch
elektrische Geräte gerechnet, bei der Belegung mit Personen wurde
von einem zweier- Büro ausgegangen. Bei der Bestimmung der tatsächlichen Lasten geht ein Mittelwert aus allen Büros ein – die teilweise nur mit einer Person belegt sind. In Summe sind die internen Gewinne im realen Gebäude im Mittel leicht höher als in der Simulation.
Tabelle 5.1) Vergleich der Annahmen zu internen Gewinnen zwischen Simulation und basierend auf
gemessenen Werte, bzw. realem Betrieb.
Simulation
Wh/m²d
realer Betrieb
Wh/m²d
int. Gewinne Personen
43,1
36,0
int. Gewinne elektr. Geräte
29,5
43,2
Summe int. Gewinne
72,6
79,2
Ein weiterer Unterschied in den Randbedingungen ergibt sich durch
die tatsächliche Einströmtemperatur der Zuluft durch die Fassadenelemente. Hierzu wurden im Rahmen eines ebenfalls am Lehrstuhl
Bauphysik und Technische Gebäudeausrüstung der Bergischen Universität Wuppertal durchgeführten Forschungsprojekts umfangreiche Untersuchungen durchgeführt – unter anderem auch am Gebäude in
Remscheid (siehe nächstes Kapitel).
Aufgrund der in Kapitel 0 beschriebenen Schwierigkeiten bezüglich internen Luftleckagen und Dichtheit der Gebäudehülle ist der Außenluftwechsel in den Büros weniger stark, als in der Simulation angenommen. Diese fußt zusätzlich auf der Annahme, dass zu Betriebsbeginn das Büro durch die Nutzer für 15 min stoßgelüftet wird. Eine Annahme, die aber auch in der Praxis zu finden ist – die meisten Nutzer
geben an, bei betreten des Büros zunächst über die Fenster zu lüften.
79
5 - Nutzung und Komfort
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Raumtemperatur [ C]
28
Messung Nordbüro 1.OG
Simulation Nordbüro
26
24
22
20
Außentemperatur [ C]
18
5
10
Raumtemperatur [ C]
28
15
20
25
Messung Südbüro 1.OG
30
Bild 5.29) Vergleich gemessener Temperaturen und simulierter Werte für ein nach
Norden ausgerichtetes Büro.
Bei der Mittelwertbildung der
Messwerte gehen nur die
Obergeschosse ein, da der
Simulationsaufbau nur diese
Bürotypen abbildet – das EG
mit der Pfosten- Riegelfassade
wurde nicht simuliert.
35
Simulation Südbüro
26
24
22
20
Außentemperatur [ C]
18
5
10
15
20
25
30
35
Bild 5.30) Im Fall der Südbüros
stimmen die gemessenen
Temperaturen (Mittelwerte
aus den Obergeschossen,
Grundlage: Messung 2008)
weitgehend mit den Ergebnissen der Simulation überein.
Ergebnisse aus Simulation und Messung liegen dennoch nahe beieinander, d.h. die prinzipiellen Mechanismen der Reduktion interner und
externer Lasten, deren Pufferung in baulicher Masse sowie die nächtliche Abfuhr der Wärme können im realen Betrieb nachgewiesen werden.
5.1.2.5. Einfluss des Mikroklimas der Fassade auf die Zuluft
Das Mikroklima an einer Fassade ist beeinflusst durch die lokale Einwirkung des Außenklimas (Lufttemperaturen, Windgeschwindigkeiten
und Solarstrahlung) auf die Gebäudehülle sowie durch das Oberflächenmaterial und dessen Farbe. An der Fassade bildet sich eine Temperaturgrenzschicht (i.d.R. ca. 4cm vor der Fassade), aus welcher die
Zuluft bei dezentralen Nachströmöffnungen entnommen wird. Deren
Zustand kann sich signifikant vom in der Umgebung herrschenden
Makroklima unterscheiden und damit Auswirkungen auf das Innenraumklima haben.
Im Rahmen des Forschungsprojektes „Dezentrale Lüftung in Bürogebäuden - Mikroklimatische und Baukonstruktive Einflüsse“ wurde das
Mikroklima an Fassaden in Bezug auf seine Auswirkungen für die dezentrale Zuluftansaugung untersucht. In einer vergleichenden Mess5 - Nutzung und Komfort
80
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reihe unterschiedlicher Verwaltungsbaufassaden war auch das Mikroklima im Bereich der Außenluftdurchlasselemente des REB-Gebäudes
Untersuchungsgegenstand.
Während zweier Messphasen in den Jahren 2008 und 2009 wurden im
Bereich der Außenluftdurchlasselemente Messungen zu Temperatur,
Windgeschwindigkeit und Einstrahlung gemessen. Dabei traten in der
ersten Messphase (10.07. bis 04.08.2008) an 14 der 26 Messtage hohe
solare Wärmeeinträge auf, die sich kritisch auf die Zulufttemperatur
und damit das Innenraumklima auswirken könnten. Die Umgebungslufttemperaturen stiegen selten über 25°C, blieben aber stets unter
30°C. Bei Gesamtstrahlungsintensitäten an der Fassade von 300 bis
400W/m² und Windgeschwindigkeiten zwischen 1 und 2m/s erwärmte
sich die Oberfläche der hell-grünen, transluzenten PolycarbonatMehrfachstegplatten auf bis zu 43°C. Der zeitliche Verlauf der Oberflächentemperaturen korreliert dabei direkt mit dem Verlauf der solaren
Einstrahlung an der Fassade. Ursache hierfür ist die sehr geringe thermische Speicherkapazität des Fassadenmaterials.
Temperaturen [°C]
Luftgeschw. [m/s]
Lufttemp. an Wetterstation
Frischlufttemperatur
Windgeschwindigkeit
Fassadenoberflächentemp.
Grenzschichttemperatur (4cm)
Zulufttemperatur
Globalstr. auf Horizontale
Gesamtstr. auf Süd-Fassade
Solarstr.
[W/m²]
50
1000
45
900
40
800
35
700
30
600
25
500
20
400
15
300
10
200
5
100
0
25.7.08
26.7.08
27.7.08
28.7.08
0
29.7.08
Datum
Bild 5.31) Zeitlicher Verlauf relevanter Messgrößen während einer Schönwetterphase: Bei hohen Globalstrahlungsintensitäten und Windgeschwindigkeiten von 1 bis 2m/s erwärmen sich die Polykarbonat-Mehrfachstegplatten der Südwest-orientieren Fassade auf bis zu 43°C.
Die Grenzschichttemperatur ist 4K und die Ansaugtemperatur bis zu 9K höher als die Umgebungstemperatur. Der geringe Unterschied
zwischen Ansaug- und Umgebungstemperatur am 26.7. ist auf die Verschattung der Ansaugöffnung durch heruntergefahrene Jalousien
zurückzuführen.
Auf Grund des geringen Absorptionsgrades des Fassadenmaterials und
des stetig wehenden Windes, erwärmt sich die Grenzschicht gegenüber der Umgebungsluft lediglich um maximal 4,5K.
Die Außenluft wird durch ein 1m hohes und 7cm breites Lüftungsgitter
in den west-orientierten Fensterlaibungen angesaugt. Von dort wird
sie durch 3 ca. 30cm lange Luftkanäle und ein passives Lüftungselement hinter dem Heizkörper angesaugt und der Raumluft zugeführt
(siehe Bild 5.32).
81
5 - Nutzung und Komfort
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Bild 5.32) Luftansaugung und
Zuluftelement im Rohbau (li).
Luftansaugung und durch
Heizfläche verdecktes Lüftungselement im endgültigen
Montagezustand (re).
Entsprechend der Länge des Weges durch die Fassade ist die thermische Beeinflussung der Luft hoch. Wird das Lüftungselement durchströmt, weicht die Zulufttemperatur von der Ansaugtemperatur um bis
zu 4K ab. Ein direkter Zusammenhang von Mikroklima an der Außenhaut des Gebäude und Büroinnenklima kann somit nur schwerlich hergestellt werden.
Die Luftansaugung in den west-orientierten Fensterlaibungen, die erst
ab ca. 13:30Uhr (Winterzeit) direkt besonnt werden, lässt während
eines Großteils der Büroarbeitszeiten Ansaugtemperaturen auf dem
Niveau der Grenzschichttemperaturen steigen. Ab 13:00 Uhr (Winterzeit) steigen die Ansaugtemperaturen deutlich über die Grenzschichttemperaturen an. Ursache hierfür ist die Aufheizung der dunkel lackierten Lüftungsgitter zunächst in Folge diffuser und ab 13:30 Uhr
auch direkter Solarstrahlung.
Lufttemperaturen [°C]
40
35
30
25
20
15
Frischluft bei Tag
10
Zuluft bei Tag
5
Abluft bei Tag
0
0
5
10
15
20
25
30
Lufttemperatur an der Wetterstation [°C]
5 - Nutzung und Komfort
35
40
Bild 5.33) Lufttemperaturen
am untersuchten Raum in
Relation zur Lufttemperatur
der Umgebung: Bei hohen
solaren Strahlungsintensitäten
ist die aus der Fassadengrenzschicht angesaugte Frischluft
um bis zu 12K wärmer als die
Luft an der Wetterstation.
Beim Durchströmen der Fassade wird die Zuluft um 3 bis 4K
abgekühlt. Nachts sind die
Ansaugtemperaturen etwa
1,5K höher als die Umgebungstemperaturen. Im Lüftungselement wird die Zuluft weiter
um 1K erwärmt, so dass sie mit
einem Temperaturzuwachs von
ca. 2,5K in den Raum einströmt.
82
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Temperaturdifferenz
TZuluft - TAbluft [K]
Bild 5.34) Temperaturdifferenz
zwischen Zu- und Raumluft: Bei
geringer Einstrahlung und
kühler Witterung ist die Zuluft
im Mittel 4K kälter, bei starker
Einstrahlung und hohen Ansaugtemperaturen ist sie bis zu
6K wärmer als die Raumluft.
14
12
10
8
6
4
2
0
-2
-4
-6
-8
-10
-12
-14
-16
R2 = 0,4203
0
100
200
300
400
500
600
700
800
Gesamtstrahlung an der Fassade [W/m²]
Die Temperaturunterschiede zwischen Umgebungs- und Zuluft streuen
im Messzeitraum stark um einen Mittelwert von 3K. Eine Korrelation
zur solaren Einstrahlung an der Fassade ist nicht erkennbar. Hier heben
im Mittel Kühleffekte beim Durchströmen der Fassade den strahlungsbedingten mittleren Temperaturzuwachs zwischen Umgebungs- und
Ansaugtemperatur auf.
Auf Grund der sehr kurzen Wärmeperioden während der Messzeiträume in 2008 und 2009 kann keine genaue Aussage zum Zusammenhanf zwischen Mikrofassadenklima im Bereich der Außenluftdurchlasselemente und Innenraumklima gemacht werden. Hierzu bedürfte
es einer längeren Wärmeperiode durch die die unterschiedlichen
durchströmten Elemente (Lüftungsgitter Luftkanäle, passive Lüftungselemente, Auslasselemente und vor allem angeströmter Heizkörper)
ihre Wärmekapazitäten aufladen könnten.
5.1.2.6. Fazit der Messung zum sommerlichen Komfort
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass je nach Geschoss unterschiedliche Phänomene zu beobachten sind:
Im EG kommt es prozentual gesehen am häufigsten zur Überschreitung
der Komfortklasse I gemäß EN 15251, bedingt durch die höheren solaren Einträge durch größere Fensterflächen. Hier sind die Nordbüros
stärker betroffen als die der Südseite, die (flach stehende) Sonne zieht
im Sommer in den Morgenstunden rasche Temperaturerhöhungen
nach sich.
Im 1. OG werden die Komforttemperaturen weitestgehend eingehalten. Die Büros der Südseite erreichen ihr Temperaturmaximum erst am
frühen Abend, i.d.R. zusammen mit dem Maximum der Außentemperatur. Solaren Wärmeeinträgen könnte durch die Regelung des Sonnenschutzes entgegengewirkt werden, der ab einer gewissen Uhrzeit
83
5 - Nutzung und Komfort
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schließt.
Wärmeeinträge über die abends voll solar bestrahlten ALD werden
derzeit untersucht – durch eine vor kurzem durchgeführte Trennung
der Ansteuerungsmöglichkeit der ALD nach Nord und Süd könnte dem
Effekt im Bedarfsfall entgegengewirkt werden.
Im 2. OG muss sichergestellt werden, dass die PCM Elemente in vollem
Leistungsumfang genutzt werden, d.h. dass die eingespeicherte Wärme nachts auch wieder abgegeben werden kann, da sonst kein ausreichender thermischer Puffer zur Verfügung steht. Dazu werden weitere
Messungen durchgeführt.
Die Auswertung der Temperaturmessung im Sommer 2008 zeigt, dass
bei ähnlicher Witterung wie im Vorjahr, das Temperaturniveau in den
Büros etwas gesenkt wurde. Dies kann auf eine verbesserte Nachtlüftung zurückzuführen sein, eine Überlagerung durch angepasstes Nutzerverhalten ist aber ebenfalls möglich. Die Messungen aus 2008 zeigen insgesamt, bis auf wenige Ausnahmen, keine Probleme mit überhöhten Innenraumtemperaturen. Allerdings stellte auch der Sommer
2008 keine Belastungsprobe für das passive Kühlkonzept dar, da es wie eingangs erwähnt- nur wenige Zeiträume mit hohen Außentemperaturen gab.
Steigen die Außentemperaturen, zeigt sich, dass sich das Erdgeschoss
sowie das zweite Obergeschoss rasch erwärmen. Im Erdgeschoss liegt
dies vermutlich an den größeren transparenten bzw. transluzenten
Flächen. Ein weiterer Einfluss kann der geringere bauliche Wärmeschutz sein - so wie sich auch bei der Wintermessung eine größere
Streuung der Innenraumtemperaturen zeigte (siehe nachfolgendes
Kapitel), so steigen auch im Sommer hier die Temperaturen schneller
als in den übrigen Geschossen. Allerdings funktioniert auch hier die
nächtliche Wärmeabfuhr besser, sodass insgesamt die Komfortkriterien eingehalten werden.
Im zweiten Obergeschoss zeigt sich trotz des Einsatzes der PCMMaterialien der Leichtbaucharakter des Geschosses. Da die PCMPlatten in der Decke unter der Schalttemperatur des Phasenwechselmaterials zwischen 24°C und 26°C nur eine eingeschränkte Speicherfähigkeit haben, erwärmen sich die Räume entsprechend schneller als im
Geschoss darunter. Die prinzipielle Wirkung der Wärmespeicherfähigkeit des Materials konnte durch Messungen nachgewiesen werden, sie
ist jedoch in hohem Maße von der nächtlichen Entwärmung anhängig.
Kann die tagsüber eingelagerte Wärme über Nacht nicht an die Luft
abgegeben und damit aus dem Gebäude heraus getragen werden,
steht nur ein begrenzter Teil der theoretischen Speicherfähigkeit zur
Verfügung.
5 - Nutzung und Komfort
84
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Kritisch bleibt die bei der Nachtlüftung nach wie vor die nicht erreichte
Druckdifferenz zwischen Büros und Außenraum. Durch den geringeren
Differenzdruck strömt die abgesaugte Luft in den Büros nicht wie geplant über die Außenluftdurchlasselemente in der Fensterlaibung nach
und kann in den Büros kein zweifacher Außenluftwechsel sichergestellt
werden, welcher Grundlage bei der Auslegung des passiven Kühlkonzepts war.
5.2. Messungen zu Lüftung und Luftqualität
Da man im EG mit Geruchsbelästigungen durch Abgase der vorbeifahrenden Fahrzeugflotte rechnete, wurde die Lüftung als Zu- und Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung konzipiert. Mit Hilfe der Anlage
wurden die Südbüros im EG, sowie die Flure in EG und den Obergeschossen belüftet. In den Fluren der Obergeschosse strömte die Menge Frischluft nach, die in den WCs (die an die Lüftungsanlage des Sozialtrakts angeschlossen sind) abgesaugt wurde. Die restlichen Büros
sind wie in Kapitel 1.2.4 beschrieben nur an die Abluftanlage angeschlossen, die Nachströmung von Frischluft erfolgt über fassadenintegrierte Überströmöffnungen.
Da es im Winter aufgrund der geringen relativen Feuchte der Raumluft zu negativen Rückmeldungen der Nutzer kam, die dazu führten,
dass einige die Abluftventile in ihren Büros verschlossen, wurde eine
Verringerung des Abluftvolumenstroms in den Büros umgesetzt, um
den Außenluftwechsel zu reduzieren. Zusammen mit der Reduktion
des Abluftvolumenstroms wurde auch die Belüftung der EG Büros und
der Kenbereiche abgestellt, sodass diese nun als Überströmzonen für
die in den WCs vorhandene Abluft dienen. Um die Einhaltung ausreichender Luftwechsel sicherzustellen erfolgte eine Überprüfung der
Raumluftqualität mit Hilfe von CO2 Konzentrationsmessungen als Indikator. Es erfolgten Messungen der Konzentration im Tagesverlauf sowie Luftwechselmessungen mit CO2 als Spurengas nach [VDI 4300].
Bild 5.35) Messung der CO2
Konzentration in zwei verschiedenen Zweier- Büros im
Tagesverlauf. Fenster und Tür
blieben während der Messung
geschlossen.
Trotz reduziertem Volumenstrom der Abluftanlage kann
jederzeit eine gute Raumluftqualität sichergestellt werden.
Halten sich mehr als zwei
Personen im Raum auf, kann
zusätzlich auf Fensterlüftung
zurückgegriffen werden.
85
ppm
1400
Besprechung: drei Personen
anwesend
1200
1000
DIN EN 13779: hohe
Raumluftqualität
800
600
400
200
0
0:00
3:00
6:00
9:00
12:00
15:00
18:00
21:00
0:00
5 - Nutzung und Komfort
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Bei den Konzentrationsmessungen in den Büros zeigen sich keine Beeinträchtigungen der Raumluftqualität. Der Abluftstrom aus den Abluftzonen wie WCs verteilt sich auf die Büros, sodass bei einem auf 5055% reduzierten Volumenstrom der Abluftanlage Büro der Luftwechsel
in den Räumen von 1,0 h-1 auf 0,65 h-1 sinkt.
ppm
2000
Messung Taglüftung
exponentielle Regression
1800
1600
1400
y = 1921.4e-0.11x
n≈0,65 h-1
1200
1000
800
600
14:42
14:52
15:2
15:12
15:22
15:32
15:42
15:52
Bild 5.36) Mit Hilfe der Konzentrations- Abkling- Methode
bei Verwendung von CO2 als
Tracergas ergibt sich ein
mittlerer Luftwechsel von
0,65 h-1, der geringer ist als der
planerisch vorgesehen Luftwechsel von 1,0 h-1. Da CO2
Messungen im Betrieb keine
Beeinträchtigung der Raumluftqualität zeigten, wurde der
reduzierte Betrieb beibehalten.
Bei einer erneuten Messung der relativen Luftfeuchte im Winter 2009
zeigt sich kein wesentlich anderes Bild der relativen Luftfeuchte. Die
geringeren Luftwechsel wurden dennoch positiv bewertet – so gingen
in erster Linie Beschwerden über Zuglufterscheinungen in den Übergangszeiten (in denen die Heizung noch nicht oder nicht mehr aktiv ist)
zurück. Die Änderung der Leistung der Lüftungsanlage macht sich aber
vor allem beim Stromverbrauch der Anlage bemerkbar, siehe auch
Abschnitt 4.2.1.
5.3. Nutzerbefragung
Im Januar und August 2008 fand jeweils eine schriftliche Befragung der
Nutzer statt. Die Befragung wurde, wie zu Beginn des Kapitels erwähnt, am Karlsruher Institut für Technologie (KIT, ehemals Universität
Karlsruhe) vorbereitet, durchgeführt und ausgewertet [SCHAKIB10].
Die Beteiligung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fiel mit 89% (N =
42) im Winter und 75% (N = 34) im Sommer sehr hoch aus. Die Analysen der Angaben der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ergaben überwiegend positive Ergebnisse für die zusammenfassende Bewertung der
meisten Komfortbedingungen am Arbeitsplatz.
Mit den räumlichen Bedingungen zeigten sie sich vorwiegend zufrieden, es ergaben sich aber auch von den Nutzern empfundene Mängel,
beispielsweise in Form von Blendung auf der Nordseite. Hier steht kein
Blendschutz zur Verfügung, durch die leichte Nordost- Orientierung
kann es in den Morgenstunden zu direkter Sonneneinstrahlung kom5 - Nutzung und Komfort
86
b+tga
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men (vergleiche auch Kapitel 5.1.1.1. bzw. Bild 5.21). Ebenso können je
nach Bürogröße und Sonneneinstrahlung das Material und die Farbwahl der Möbel (sehr helle und glänzende Oberfläche, weiße Wände)
zu unangenehmen Effekten führen. Individuell zeigten mögliche freie
Kommentare auch, dass die Glaselemente zum Flur unterschiedlich
bewertet werden und zu Maßnahmen zur Schaffung von mehr Privatsphäre führen. Die Tages- und Kunstlichtverhältnisse wurden besonders positiv bewertet, mit Ausnahme des Sonnen-Blendschutzes
auf der Nordseite.
Auch wenn die messtechnische Auswertung wenig direkten Handlungsbedarf für Änderungsmaßnahmen aufzeigt, werden vor allem im
Bereich raumklimatischer Bedingungen wie Temperatur und Luftqualität sowie bei der der Einflussnahme hierauf Änderungswünsche geäußert. Vor allem im Winter wurde die Luft als zu trocken bewertet. Als
problematisch wurde auch der Aspekt Akustik / Geräuschpegel erlebt,
die Büros sind sehr hellhörig, zudem gibt es Lärm von außen.
5
hoch
Luftqualität
Temperatur
Geräusche
Handlungsbedarf
4
Bild 5.37) Bewertungsmatrix,
die individuelle Wichtigkeit und
empfundenen Handlungsbedarf einander gegenüberstellt.
Bei der Ausleuchtung wird der
geringste Handlungsbedarf
gesehen. Geräusche, Innentemperatur und Luftqualität
werden häufiger als verbesserungswürdig betrachtet.
3
Lichtverhältnisse
2
1
gering
hoch
1
2
3
Wichtigkeit
4
5
Insgesamt wird das Gebäude gut angenommen, im Winter sind deutlich mehr als die Hälfte der Mitarbeiter „zufrieden“ bis „sehr zufrieden“ mit dem ihnen zur Verfügung gestellten Arbeitsplatz. Im Sommer
sinkt der Anteil leicht, er liegt dann bei etwa der Hälfte (siehe Bild
5.38).
Bild 5.38) Zufriedenheit der
Mitarbeiter mit den Gesamtbedingungen am Arbeitsplatz,
getrennt jeweils für den Sommer- und Winterfall.
Während im Winter 69%
zufrieden oder sehr zufrieden
sind, sinkt deren Anteil im
Sommer auf 47%.
%
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
Befragung im Winter
sehr
unzufrieden
87
unzufrieden
Befragung im Sommer
teils/teils
zufrieden
sehr zufrieden
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Der thermische Komfort wird wenig beanstandet, das Temperaturempfinden wird sowohl im Winter als auch im Sommer überwiegend
als „neutral“ bezeichnet.
%
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
Befragung im Winter
Befragung im Sommer
Bild 5.39) Bei der Frage nach
dem Temperaturempfinden
unterscheiden sich Sommerund Winterbefragung nur
wenig.
Die überwiegende Mehrheit
empfindet di Umgebung als
thermisch „neutral“.
kalt
kühl
leicht zu
kühl
neutral
leicht
warm
warm
heiß
Bei der empfundenen Luftqualität weichen Messung und Empfindung
am ehesten voneinander ab. Während Probleme mit geringen Raumluftfeuchten im Winter durch Messungen bestätigt werden konnten
(aber physikalisch ohne aktive Luftbefeuchtung nicht zu vermeiden
sind), konnten im Sommer objektiv keine Defizite festgestellt werden.
Auch die im vorangegangenen Kapitel dargestellten Messungen zur
Luftqualität, bei denen CO2 als Indikator genutzt wurde, zeigten zwar
ausreichende Luftwechsel, die Luftqualität wird von den Nutzern jedoch individuell sehr unterschiedlich bewertet (von sehr gut bis sehr
schlecht).
%
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
Befragung im Winter
Befragung im Sommer
Bild 5.40) Ein etwas häufiger
genannter Kritikpunkt ist die
empfundene Luftqualität.
Speziell im Winter, aber auch
in den Sommermonaten, wird
die Luft tendenziell als zu
trocken empfunden.
sehr trocken
5 - Nutzung und Komfort
trocken
neutral
eher feucht
sehr feucht
88
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%
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
Bild 5.41) Bei der direkten
Frage nach der empfundenen
Luftqualität zeigt sich ein
gemischtes Bild, die individuellen Meinungen gehen hier
weiter auseinander als bei
anderen Parametern.
Befragung im Winter
sehr schlecht
schlecht
Befragung im Sommer
teils/teils
gut
sehr gut
Weitere Felder, in denen die Nutzer Handlungsbedarf sehen, finden
sich vor allem im Bereich Licht/Blendschutz, sowie Akustik. Siehe dazu
[SCHAKIB10].
6. Ökonomische Bewertung
6.1. Investitionskosten
Trotz der umfassenden Modernisierung unter Berücksichtigung einer
starken Steigerung des Nutzerkomforts, sowie der weit über die gesetzlichen Vorschriften hinausgehenden energetischen Zielsetzung
konnte die Sanierungsmaßnahme des REB-Verwaltungsgebäudes in einem kostengünstigen Rahmen gehalten werden. Ca. 3,6 Mio. € netto
umfasst die komplette von 2005 bis 2007 erfolgte Baumaßnahme in
den Kostengruppen 300 Baukonstruktionen (Großteils Sanierungsmaßnahmen) und 400 technische Anlagen (Großteils neue Komponenten) [ACMS].
Tabelle 6.1) Netto Investitionskosten der Sanierungsmaßnahmen nach DIN 276 bezogen
auf die Bruttogrundfläche (BGF) nach DIN 277 in den Kostengruppen 300 und 400
KG 300
480,00
€/m² BGF
KG 400
201,00
€/m² BGF
Summe
681,00
€/m² BGF
Grundlage für die kosteneffiziente Umsetzung im Vergleich zu ähnlich
ausgestatteten Gebäuden war der Erhalt der Altbausubstanz als kostendämpfender Faktor. Im Vorfeld der Sanierungsmaßnahme stellten
die Architekten Berechnungen und Analysen auf, inwieweit ein Kostenvorteil durch die Sanierung gegenüber einem Abriss und anschließendem Neubau entstünde. In der Machbarkeitsstudie wurde unter
Berücksichtigung der KGR 200 bis 700 aufgezeigt, dass ein Neubau mit
gleichem Ausführungsstandard ca. 40 % teurer gewesen wäre (siehe
Kapitel 0).
89
6 - Ökonomische Bewertung
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Des Weiteren führten vor allem die umfangreichen Überlegungen und
Abwägungen im Bereich der Fassadenplanung zu Kostenersparnissen.
Die Fassade wurde in der Umbaumaßnahme alternativ in zwei Ausführungsvarianten geplant und ausgeschrieben. Vor einem identischen
Hinterbau als vorelementierte Holztafelkonstruktion wurden jeweils
gebäudehohe U- Profilbaugläser bzw. Polycarbonat-Mehrstegplatten
geplant. Die Ausführungsvariante mit Polycarbonat-Mehrstegplatten
wurde dabei durchgehend deutlich preisgünstiger angeboten und später entsprechend ausgeführt. Es ergab sich eine mittlere Einsparung in
Höhe von 23% zur alternativ ausgeschriebenen Fassadenvariante
[KUGEL07], [DBU07].
Bild 6.1 zeigt die Kosten der REB im Vergleich zu den Referenzgebäuden und den BKI Werten für „Bürogebäude, mittlerer Standard“
[BKI04]. Zwar fällt ein direkter Vergleich zu diesen Referenzen auf
Grund der besonderen Nutzungskombination der REB (Verwaltung,
Sozialtrakt, Wagenhalle) schwer, doch kann als Tendenz eine vergleichsweise kostengünstige Umsetzung ausgemacht werden. Die Kosten liegen sowohl für die KGR 300 als auch KGR 400 im unteren Bereich
nach BKI und auch im Vergleich zu Gebäuden mit ähnlichem Ausführungsstandard [KUGEL07].
2000
KGR 300
Kosten brutto in €/m² NGF
KGR 400
1750
1500
1250
1000
750
500
250
0
BKI 2004 BKI 2004
"von"
"bis"
REB
BOB Lindenberg Lindenberg Barnim Barnim
wie gebaut Referenz Dezernat I Landrat
Bild 6.1) Gegenüberstellung
der Erstellungskosten der
Kostengruppen 300 und 400 für
REB in Remscheid, und die
ebenfalls im Eyob Programm
untersuchten Referenzgebäude
Balanced Office Building BOB
in Aachen, Werkstätten für
Menschen mit Behinderung in
Lindenberg und Dienstleistungs- und Verwaltungszentrum Barnim in Eberswalde
sowie nach Baukosteninformationszentrum BKI „von“ „bis“ ,
Quelle [KUGEL07]
6.2. Baunutzungskosten
Neben den reinen Investitionskosten für Erstellung bzw. Sanierung
sind im Bereich des Verwaltungsbaus die verbrauchsabhängigen und
betriebsbedingten Nutzungskosten eine entscheidende ökonomische
Größe. Die Kosten für Strom, Wärme, Wasser und Abwasser sowie
Hausmeister, Reinigung, Winterdienst, Wartungen und Instandsetzungen sind Gegenstand des Forschungsprojektes EnOB:MONITOR Begleitforschung zu den Demonstrationsprojekten innerhalb des Förderkonzepts Energie Optimiertes Bauen. Sie werden nach einer ano6 - Ökonomische Bewertung
90
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nymisierten Baunutzungskostenanalyse nach DIN 18960 [DIN18960] in
einer exklusiven Erstveröffentlichung mit dem Titel „Energiekonzepte
und ihre Auswirkungen auf ausgewählte Nutzungskosten von EnOBBürogebäuden“ zum 3. Internationalen Facility Mangement Kongress
am 25./26. November 2010 an der TU Wien veröffentlicht.
Im monetären Bereich wird der Aspekt der Nutzerqualität kaum berücksichtigt. Die Attraktivität der neu geschaffenen Büro- und Sozialräume hätte direkten Einfluss auf ein Mietausfallrisiko, bzw. Leerstände der Immobilie, wenn diese nicht Eigentum der Stadt Remscheid und
direkt durch stadteigene Betriebe genutzt werden würde. Durch die
Sanierung wurde die Nutzqualität erheblich gesteigert (siehe Kapitel
5.3).
Ein ebenfalls nicht monetär bewertbarer Effekt ist die große Öffentlichkeitswirkung der Sanierung, einerseits durch die hohe architektonische Qualität und die in diesem Zusammenhang gewonnenen Preise,
aber auch die Signalwirkung durch die hohe Zielsetzung bei der energetischen Qualität des Gebäudes. Für den Betreiber, die Stadt Remscheid und den Nutzer, die städtischen Entsorgungsbetriebe ist dies
auch unter dem Hintergrund der in Kapitel 1.2 formulierten Ziele zur
Imagepflege ebenfalls ein wichtiger Faktor.
6.3. Lebenszykluskosten
Im Rahmen des Masterschwerpunktes Ressourcen optimiertes Bauen
im Architekturstudium der Universität Wuppertal wurde im Jahrgang
2007 „Optimierung von ökonomischen und ökologischen Bauwerkslebenszyklen“ auch das Gebäude der REB untersucht. Ziel einer Abschlussarbeit mit dem Titel „Lebenszyklusbetrachtungen als ökonomisches und ökologisches Einsparpotential in der Gebäudeplanung und bewirtschaftung“ war es, eben diese Einsparpotentiale durch eine Gesamtbewertung über den vordefinierten Lebenszyklus von 80 Jahren
am Beispiel der REB aufzuzeigen.
In diesen Betrachtungen sind neben den üblichen Betriebsgrößen Senkung des Primärenergiebedarfs im Gebäudebetrieb, damit einhergehende Kosteneinsparung und Minderung der CO2-Emissionen auch Aspekte wie Gebäudeerstellung, Instandsetzung, Reinigung und Wartung
sowie der Abriss des Gebäudes einbezogen.
91
6 - Ökonomische Bewertung
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Herstellung
Baustoffe
Abbau
Rohstoffe
Erstellung
Gebäude
Recycling
Nutzung
Instandsetzung
Beseitigung
Deponierung
Rückbau
Abriss
Bild 6.2) Lebenszyklus eines
Gebäudes vom Abbau der
Rohstoffe bis zur
Beseitigung oder Alternativ
dem Recycling, Quelle
[KUGEL07]
6.3.1. Analyse der Lebenszykluskosten
Mittels der Analysesoftware Legep und der sirAdos-Baudatenbank
(siehe www.legep.de) wurde die Evaluierung von Kosten, nicht erneuerbarer Primärenergie und klimarelevanter Treibhausgase (CO2 äq.
Emissionen) erfasst und ausgewertet. Die Analysen des Verwaltungsgebäudes REB und aller Kostenbereiche über den Lebenszyklus von
angenommenen 80 Jahren zeigten auf, dass die Kosten außerhalb der
Erstellung nahezu 80% betragen. Aus Bild 6.3 werden die einzelnen
Verteilungen ersichtlich.
5.000
Kosten brutto in €/m² NGF
4.000
3.000
2.000
1.000
10% Energiebezug
0
0
10
20
30
40
Nutzungsjahre
50
Bild 6.3) Der Lebenszyklus und
dessen Kosten dargestellt über
Betrieb ohne
64% Betrieb ohne 64%
80 Jahre. Die Kosten für ErstelEnergiebezug
lung
(KGR 300 +400) liegen bei
Energiebezug
20%. Der Energiebezug weist
aufgrund des guten Energiestandards lediglich 10% aus.
Dies setzt sich aus Wärmeer20% Erstellung
zeugung,
Warmwasserbedarf
21%
Erstellung
undEnergiebezug
elektrischen Strom für
10%
Beleuchtung, Geräte sowie
Rückbau
6% Rückbau 6%
Hilfsenergien (nach [Din
18599])
zusammen. Der Abriss
60
70
80
am Ende der Lebensdauer
macht 6% der Gesamtlebenszykluskosten aus. Der Betrieb
ohne Energiebezug beläuft sich
auf 64% der Kosten.
Quelle: [KUGEL07]
Größter Belastungspunkt ist dabei der „Betrieb ohne Energiebezug“,
bestehend aus Instandsetzung, Reinigung und Wartung. Er beläuft sich
auf 64% der Gesamtkosten und wurde daher genauer betrachtet: Die
6 - Ökonomische Bewertung
92
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Instandsetzungskosten der Kostengruppen 300 und 400 machen einen
Großteil der Baunutzungskosten aus. Dies ist abhängig von der Lebensdauer der eingesetzten Materialien. Nach jeweils 25 Jahren ist ein
starker Kostenanstieg durch die komplette Erneuerung der Fassadenstegplatten, Sonnenschutz, Dachabdichtungen, Brennwertkessel samt
Abgasanlage, Solaranlage, Sanitärgegenstände und Elektroinstallationen zu verzeichnen. Darüber hinaus fallen weitere Kosten für die Instandsetzungen von Türblättern und Trockenbauwänden mit einer Lebensdauer von 50 Jahren an.
Den größten Aufwand im Bereich der technischen Anlagen (KGR 400)
weisen die Starkstromanlagen auf, während im Bereich der Baukonstruktionen (KGR 300) ein Großteil auf die Außenraffstores zurückzufällt. Weitere Instandhaltungskosten entfallen auf Fenster, Außentüren
und Dachabdichtungen.
Die Reinigungskosten sind bedingt durch die Nutzung als Entsorgungsbetriebe und die großen sanitären Einrichtungen, wie Duschen,
Waschbereiche, Umkleiden und WCs mit sowohl Fliesen- als auch
Kautschukböden sehr hoch. Hinzukommen die Kosten für die Reinigung der übrigen Bodenbeläge außerhalb der sanitären Einrichtungen
sowie der Kunststofffassade plus Fenstern.
Reinigung
Sanitärbereich
26%
Reinigung übrige
Bereiche sowie
Fassade 14%
Wartung 5%
Instandsetzung
KGR 300 und 400
55%
93
Bild 6.4) Aufstellung der
unterschiedlichen Kostenpunkte in der Lebenszyklusbetrachtung.
6 - Ökonomische Bewertung
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Bild 6.5) Verhältnis von
Erstellung, Betrieb (Instandsetzung, Reinigung und Wartung),
Energiebezug und Rückbau
über den Lebenszyklus von 80
Jahren. Es werden die einzelnen Instandsetzungszyklen
gezeigt (alle 25 Jahre eine
größere Sanierung) – bedingt
durch die Lebensdauer vieler
Bauteile und technischer
Anlagen. Die Kosten für den
Rückbau von auszutauschenden Elementen wurden der
Instandsetzung angerechnet
(ohne Anrechnung siehe dünne
Linie), da dies unmittelbar
zusammenhängt. Die Abrisskosten des Gebäudes werden
durch den kleinen Sprung nach
80 Jahren wiedergegeben.
Kosten brutto KGR 300 und
400, Quelle [KUGEL07]
Die Kosten für Instandsetzungen liegen nach 50 Jahren über der Summe, die für die Erstellung aufgebracht wurde. Hier sollte erstmals darüber nachgedacht werden, ob das Gebäude noch weitere 25 Jahre
betrieben werden soll, da sich ein vorzeitiger Abriss nach 5 oder 10
Jahren nicht rentieren würde. Der dargestellte Instandsetzungsaufwand bei 75 Jahren ist genauso kritisch zu hinterfragen.
Anhand dieser prägnanten Preisverläufe wird deutlich, wie wichtig
eine detaillierte Betrachtung aller über einen Lebenszyklus anfallenden
Kosten und die Bestimmung der Dauer des Lebenszyklus ist [KUGEL07].
6.3.2. Alternativen zum Erreichen einer Kostensenkung
Die Nutzungen innerhalb des REB-Baus lassen vor allem im Bereich der
sanitären Einrichtungen kaum Änderungen und Einsparpotenziale erkennen. Geprägt werden die Kosten der REB jedoch auch durch Erstellung, Instandsetzung und Reinigung der großen Flächenanteile der
Fenster- und der Polykarbonat-Mehrfachstegplatten. Da zumindest die
Glasflächen anhand mehrerer Kriterien bestimmt (optimale Tageslichtausbeute, solare Einstrahlung) wurden, können auch hier keine pauschalen Kostenoptimierungen angesetzt werden. Lediglich die Außenwandverkleidungen mit Stegplatten als Wetterschutz könnten zu Einsparungen im Bereich Erstellung, Instandsetzung und Reinigung führen. Hierzu wurde die Alternative eines Wärmedämmverbundsystems
(WDVS) mit Mineralwolle berechnet.
6 - Ökonomische Bewertung
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€/m² NGF
1500
Rückbau
Betrieb
Erstellung
Wartung
Reinigung
Instandhaltung
1250
Bild 6.6 Gegenüberstellung
der Lebenszykluskosten der
beiden Fassadenvarianten. Der
graue Bereich zeigt die Unterteilung des Betriebs, bei dem
die Instandhaltung wie auch
bei den Gesamtkosten den
größten Unterschied ausmacht.
1000
750
500
250
0
Mehrfachstegplatten
WDVS Mineralwolle
Die Instandsetzungskosten der Außenwände mit WDVS sind deutlich
günstiger, als bei der Ausführung mit Holzständerkonstruktion und
Stegplatten. Dies ist auf höhere Erstellungskosten in Kombination mit
einer kürzeren Lebensdauer zurückzuführen. Während das WDVS in 80
Jahren nur einmal komplett erneuert wird, werden die Stegplatten
dreimal ausgetauscht. Einen weiteren Kostenfaktor stellt die Reinigung
der Stegplatten dar, welche bei WDVS nahezu entfällt. Lediglich für
den Rückbau fällt die Ausführung mit dem WDVS teurer aus. Die Diskrepanzen beginnen erst infolge des ersten größeren Instandsetzungszyklus’ nach 25 Jahren. Mit jedem weiteren Instandsetzungssprung
nach weiteren 25 Jahren steigt die Differenz und lässt die Vorteile langlebiger Materialien bei langer Nutzung des Gebäudes offensichtlich
werden.
Allerdings ist hier der nicht monetäre Vorteil der gewählten Fassade
entgegen zu stellen (siehe Kapitel 6.2).
Bild 6.7 Lebenszyklus kumuliert 80 Jahre KGR 300 und 400
– Vergleich Variante mit Stegplatten und mit WDVS Mineralwolle – Kosten brutto.
[KUGEL07]
Über die Überlegungen von Bauerstellungskosten im Bereich der Fassadenbekleidung hinaus wurden Möglichkeiten zur Senkung der Betriebskosten angestellt. Der Einsatz einer 3-fachWärmeschutzverglasund (WSG) an Stelle des 2-fach-WSG, eine Solarstromanlage, der Bezug von „Grünem“ Strom und ein möglicher Emis95
6 - Ökonomische Bewertung
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sionshandel im Gebäudesektor erwiesen sich auch im Hinblick auf die
Wechselwirkungen zwischen ökologischen und ökonomischen Motiven
als interessant.
Die Optimierung von 2-fach auf 3-fach WSG würde, bedingt durch den
verbesserten Energiestandard, bei einem Kostenmehraufwand von ca.
40 € brutto/m²NGF (ca. 16%) eine Einsparung im Energiebezug (70 €
brutto/m²NGF) erzielen. Über den Lebenszyklus betrachtet könnten
parallel rund 15% Einsparungen sowohl bei Primärenergie als auch bei
den CO2 Emissionen erzielt werden.
Die reine Investition in eine Solarstromanlage ohne finanzielle Gutschriften der Einspeisevergütung (Umlage der Kosten der PV-Anlage
auf Bereiche außerhalb der Investitionsgrenzen) stellt die unwirtschaftlichste der analysierten Maßnahmen dar. Der Kostenaufwand zum
vollständigen Ausgleich aller im Lebenszyklus anfallenden Emissionen
(324 kWp-Anlage) liegt bei knapp 50% der Gesamtlebenszykluskosten
des Gebäudes ohne Solarstromanlage und wäre dabei rein aus Marketing oder Imagegründen oder ihm Rahmen eines contractings interessant.
Der Umstieg vom städtischen Strommix zu „Grünem“ Strom stellt indessen eine kostengünstige Maßnahme dar. Bei einem Kostenmehraufwand gegenüber dem üblichen Strommix von einem Cent brutto je
kWh lägen die hieraus resultierenden Einsparungen für die Primärenergie und den CO2 Emissionen bei ca. 30%. Kosteneinsparung könnten jedoch nicht erzielt werden.
€/m²NGF
2.100
1.600
1.100
600
40
100
-400
15
-360
WDVS
3-fach WSG
PV-Anlage
Grüner Strom
Bild 6.8 Mehrkosten brutto in
€/m²NGF der Maßnahmen über
den Lebenszyklus von 80 Jahren.,
[KUGEL07]
6.3.3. CO2-Vermeidungskosten
Um die untersuchten Maßnahmen ökologisch und ökonomisch einordnen zu können, wurde das Hilfsmittel der CO2-Minderungskosten
eingesetzt. Mehrkosten für eine Maßnahme zur Vermeidung von Energieaufwand und damit bedingten CO2-Emissionen wurden durch die
eingesparte Menge an CO2 dividiert. Die Analyse hat gezeigt, dass eine
genaue Betrachtung der Materialien über einen gesamten Lebenszyk6 - Ökonomische Bewertung
96
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lus Kosten senken und zugleich ökologische Einsparungen erzielen
kann. Darüber hinaus ist es deutlich einfacher, Einsparungen im Energiebezug zu erzielen, um Umweltbelastungen zu reduzieren.
€/t CO2
1000
890
800
Bild 6.9 CO2Vermeidungskosten brutto in
€/t CO2 der betrachteten
Maßnahmen. Das WDVS ist
aufgrund von Kosteneinsparungen (negativen Kosten)
nicht darstellbar.
[KUGEL07]
600
400
200
0
negativer Wert
nicht darstellbar
130
WDVS
3-fach WSG
20
PV-Anlage
Grüner Strom
Der Einsatz eines Wärmedämmverbundsystems stellt von den betrachteten Maßnahmen die weitaus kosteneffizienteste Maßnahme dar.
Hierdurch könnten sowohl Kosten als auch CO2-Emissionen vermieden
werden. Doch wie eingangs bei den Sanierungsmaßnahmen beschrieben, waren neben den Kostenüberlegungen auch weitere Faktoren von
Bedeutung (siehe Kapitel 1.2.1 und 6.2). Imagegründe fanden ebenso
eine Betrachtung wie ästhetische und funktionale Aspekte.
Eine Unterzeichnung eines neuen Stromliefervertrages verlagert den
Handlungsbedarf auf einfache Weise auf andere. Sie erzeugt zudem
die geringsten CO2-Vermeidungskosten ohne Einfluss auf die architektonische Gestalt.
Die Optimierung von 2-fach auf 3-fach WSG zeigt großes Einsparpotential im Energiebezug auf. Würden für die abgebildeten Maßnahmen die
Kosteneinsparungen beim Energiebezug mitberücksichtigt, könnten
die Einsparungen den Kostenmehraufwand über den Lebenszyklus
ausgleichen. Darüber hinaus könnten monetär nicht quantifizierbare
Faktoren, wie eine größere Behaglichkeit durch besser gedämmte
Fenster einen weiteren Vorteil bringen.
Bei Betrachtung der PV-Anlage wird offensichtlich, dass diese Investition die weitaus unwirtschaftlichste Maßnahme darstellt. Dies ist auf die
nicht eingerechneten Gutschriften aus der Einspeisevergütung zurückzuführen. Der symbolische Hintergrund, ein nachhaltiges Image zu
wahren, kann nicht monetär bilanziert werden. Im Gegensatz zur Nutzung von Grünem Strom, wird hier der Handlungsbedarf nicht auf andere verschoben. Die zur Verfügung stehende Fläche des REBVerwaltungsbaus (Dach und/oder Fassade) würde jedoch zudem nicht
ausreichen, um die nötige Leistung von 324 kWp zu installieren. Es
könnten lediglich 41 kWp Platz finden.
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Als Fazit dieser Betrachtungen lässt sich ableiten, dass Lebenszyklusbetrachtungen und das Abwägen von Alternativen ökologische und ökonomische Vorteile birgt. Erst die Betrachtung aller Parameter von der
Wiege bis zur Bahre zeigt den wirklichen „Fußabdruck“ des Gebäudes
und die finanziellen Gesamt-Auswirkungen auf und lässt ein die einzelnen Abhängigkeiten sichtbar und folglich anpassbar werden.
6 - Ökonomische Bewertung
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7. Publikationen und Wissenstransfer
Vorträge:
Frankfurt 2008: Energy Focus 2008 – Deutscher Energieberatertag:
Sanierung eines Bürogebäudes zum Niedrigenergiehaus mit Passiver Kühlung, REB Remscheid
Dresden 2008: EnOB Symposium: auf dem Weg zu Nullenergie- Gebäuden:
Remscheider Entsorgungsbetriebe: Sanierung eines Bürogebäudes zum Niedrigenergiehaus
mit Passiver Kühlung
Bad Staffelstein 2008: 2. Internationales Anwenderforum Energetische Sanierung von Gebäuden: Sanierung eines Bürogebäudes zum Niedrigenergiehaus mit Passiver Kühlung, REB
Remscheid
Bad Staffelstein 2009: 3. Internationales Anwenderforum Energetische Sanierung von Gebäuden: Remscheider Entsorgungsbetriebe, Sanierung eines Bürogebäudes zum Niedrigenergiehaus mit Passiver Kühlung (Posterpräsentation)
Berlin 2009: 30th AIVC Conference: Trends in High Performance Buildings and the role of
Ventilation”: Office Building with Passive Cooling, REB Remscheid
Frankfurt 2010: IEECB’10 - Improving Energy Efficiency in Commercial Buildings:
Retrofit of an Office Building with Passive Cooling – REB Remscheid
Publikationen und Artikel:
Metamorphose: Projekt 03: Blau statt grau, Verwaltungs- und Betriebsgebäude der Remscheider Entsorgungsbetriebe, Ausgabe 01/08; Konradin Medien GmbH LeinfeldenEchterdingen
Deutsche Bauzeitschrift: Umbau als Maßanzug; Verwaltungs- und Betriebsgebäude aus den
60er Jahren, Remscheid, Ausgabe 01/2010 - Energie Spezial; Bauverlag BV GmbH Gütersloh
deutsche bauzeitung; von 440 auf 160 – Energieeffizienz von Nichtwohngebäuden, Ausgabe
07/2010; Konradin Medien GmbH Leinfelden-Echterdingen
Bauphysik-Kalender 2010: Schwerpunkt: Energetische Sanierung von Gebäuden; Energetische Sanierung von Gebäuden – Beispielhafte Erfahrungen und Ergebnisse aus Demonstrationsprojekten des Nichtwohnungsbaus; Wilhelm Ernst & Sohn Verlag Berlin
99
7 - Publikationen und Wissenstransfer
b+tga
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8. Literatur und Quellenangaben
[ACMS]
[ACMS08]
[BBR07]
[BKI04]
[DBU07]
[DIN18599]
[DIN18960]
[DIN1946]
[DIN4108T2]
[DIN4108T7]
[DVGW04]
[EN13829]
[EN15251]
[EN7730]
Architektur Contor Müller Schlüter; Hofaue 55,
42103 Wuppertal
Müller, Michael und Schlüter, Christian; REB Remscheider Entsorgungsbetriebe, Umbau und Sanierung eines Bürogebäudes
aus den 60er Jahren; Wuppertal, 2008
Voss, Karsten und Pfafferoth, Jens; Energieeinsparung contra
Behaglichkeit; Schriftenreihe des Bundesamts für Bauwesen und
Raumordnung, Nr. 121; Bonn, 2007
Baukostenindex BKI; Baukosteninformationszentrum Deutscher
Architektenkammern GmbH; Stuttgart, 2004
Müller, Michael et al. ; Ökologische/ökonomische Bewertung
zweier Fassadenkonzepte - Glasfassade versus Kunststofffassade
- zur Sanierung eines Verwaltungsgebäudes der 1960er Jahre;
Deutsche Bundestiftung Umwelt; Osnabrück, 2007
Energetische Bewertung von Gebäuden – Berechnung des NutzEnd- und Primärenergiebedarf für Heizung, Kühlung, Lüftung,
Trinkwarmwasser und Beleuchtung; Beuth Verlag; Berlin, Februar 2007
Nutzungskosten im Hochbau; Beuth Verlag GmbH; Berlin, Februar 2008
DIN 1946 Teil 2, Raumlufttechnik: Gesundheitliche Anforderungen; Beuth Verlag; Berlin, Januar 1994.
Wärmeschutz und Energieeinsparung in Gebäuden, Teil 2: Mindestanforderungen an den Wärmeschutz; Beuth Verlag; Berlin
2001.
Wärmeschutz und Energieeinsparung in Gebäuden, Teil 7: Luftdichtheit von Gebäuden; Beuth Verlag; Berlin 2001.
Planung, Errichtung, Betrieb und Sanierung von Trinkwasser
Installationen : Arbeitsblatt W 551: Technische Maßnahmen zur
Vermeidung des Legionellenwachstums; Deutsche Vereinigung
des Gas- und Wasserfaches e. V.; Bonn, April 2004
Bestimmung der Luftdurchlässigkeit von Gebäuden; BeuthVerlag, Berlin, 2000
Eingangsparameter für das Raumklima zur Auslegung und Bewertung der Energieeffizienz von Gebäuden – Raumluftqualität,
Temperatur, Licht und Akustik; Beuth Verlag; Berlin, August
2007
Analytische Bestimmung und Interpretation der thermischen
Behaglichkeit durch Berechnung des PMV‐ und des PPD Indexes
und der lokalen thermischen Behaglichkeit; Beuth Verlag; Berlin,
2003.
8 - Literatur und Quellenangaben
100
b+tga
Bauphysik und Technische Gebäudeausrüstung
Prof. Dr.-Ing. Karsten Voss
[ENE08]
[ENEV09]
[ENOB10]
[KAUF09]
[KUGEL07]
[MIPS]
[MORH05A]
[MORH05B]
[PIST03]
[RIEDEL06]
[RIEHLE]
[SCHAKIB10]
[VOß05]
101
Ennovatis EnEV+. EDV-Berechnungswerkzeug für die DIN 18599;
Ennovatis-Energiemanagement-Systeme, ennovatis GmbH;
Großpösna, 2008
Verordnung über energiesparenden Wärmeschutz und energiesparende Anlagentechnik bei Gebäuden; Berlin, Oktober 2009
Voss, Karsten, et al.; Ergebnisbericht über die Anwendung des
Nachweisverfahrens nach DIN V 18599 an acht ausgewählten
EnOB-Demoprojekten; Karlsruhe, Juli 2010
Kaufhold, A. und Froese, S.; Für die Zukunft fit gemacht - Bewertung der DIN V 18599 in ihrer Anwendung im Rechenwerkzeug
Ennovatis EnEV+ am Beispiel der Remscheider Entsorgungsbetriebe; Researcharbeit im Masterstudiengang Architektur; Bergische Universität Wuppertal, Lehrgebiet Bauphysik und Technische Gebäudeausrüstung; Wuppertal, 2009
Kugel, Daniela; Lebenszyklusbetrachtungen als ökonomisches
und ökologisches Einsparpotential in der Gebäudeplanung und –
bewirtschaftung, Masterarbeit; Bergische Universität Wuppertal, Lehrgebiet Bauphysik und Technische Gebäudeausrüstung;
Wuppertal, 2007
Mips Haus Institut GmbH Hofaue 55, 42103 Wuppertal
Dr. Morhenne, Joachim; Überprüfung der Wagenhallen auf
Frostfreiheit, Bestimmung des sommerlichen Wärmeschutzes im
Verwaltungsbereich und Bewertung von Maßnahmen zur Verbesserung des Komforts – Abschlussbericht; Wuppertal, 2005
Dr. Morhenne, Joachim; Auslegung der solartechnischen Anlage,
Bauvorhaben REB Remscheid; Wuppertal, 2005
Pistohl, Wolfram; Handbuch der Gebäudetechnik, Band 2, 4.
Auflage; Werner Verlag; München, 2003
Riedl, Dirk; Energieausweis nach DIN V 18599 für das REB Gebäude, Remscheid, Masterarbeit; Bergische Universität Wuppertal, Lehrgebiet Bauphysik und Technische Gebäudeausrüstung;
Wuppertal, 2006
Riehle, Tomas; Fotodesigner BFF DFA DWB, Gemarkenweg 4,
51467 Bergisch-Gladbach
Schakib-Ekbatan, Karin; NutzerInnenzufriedenheit im sanierten
Bürogebäude der Remscheider Entsorgungsbetriebe; Karlsruher
Instituts für Technologie, Lehrgebiet Bauphysik und Technischer
Ausbau; Karlsruhe, Juli 2010
Voß, Tjado und Voss, Karsten; Wärmeverluste durch Lüftungsgitter in der Fassade, Aktennotiz Sanierung Remscheider Entsorgungsbetriebe; Bergische Universität Wuppertal; Wuppertal,
2005
8 - Literatur und Quellenangaben
b+tga
Bauphysik und Technische Gebäudeausrüstung
Prof. Dr.-Ing. Karsten Voss
9. Anhang
I)
Experimental Results and Experience from the Retrofit of an Office Building with Passive Cooling – REB Remscheid, 30th AIVC Conference: Trends in High Performance
Buildings and the role of Ventilation”, Berlin 2009
II)
Sanierung eines Bürogebäudes zum Niedrigenergiehaus mit Passiver Kühlung – REB,
Remscheid, 2. Internationales Anwenderforum Energetische Sanierung von Gebäuden,
Bad Staffelstein 2008
III)
Retrofit of an Office Building with Passive Cooling – REB Remscheid, IEECB’10 - Improving Energy Efficiency in Commercial Buildings, Frankfurt 2010
IV)
Energetische Sanierung von Gebäuden; Energetische Sanierung von Gebäuden – Beispielhafte Erfahrungen und Ergebnisse aus Demonstrationsprojekten des Nichtwohnungsbaus, Bauphysik-Kalender 2010, Berlin, 2010
V)
Referenzwerte aus bisherigen Feldstudien des Fachgebietes für Bauphysik und Technischer Ausbau (fbta) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
VI)
INKA - Instrument für NutzerInnenbefragungen zum Komfort am Arbeitsplatz, Ergebnisse für die Remscheider Entsorgungsbetriebe
9 - Anhang
102
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