Anleitung Medizinerpraktikum - mpraktikum.hiskp.uni

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Versuchsbeschreibungen
zu den Veranstaltungen
Praktische Übungen in Physik
”
für Mediziner, Zahnmediziner und
Biologen
Physikalische Übungen
für Pharmazeuten“
Praktikumsdokumentation
angefertigt für das
Helmholtz-Institut für Strahlen- und Kernphysik
der
Rheinischen Friedrich-Wilhelms–Universität
Bonn
im September 2014
Diese Kurzdokumentation sollte alle für die Versuchsdurchführung relevanten
Informationen enthalten. Eine umfangreichere Fassung mit zusätzlichen Hintergrundinformationen finden Sie auf der Homepage des Praktikums:
http://www.mpraktikum.hiskp.uni-bonn.de/
Für Ihre persönliche Vorbereitung auf die Versuche ersetzt allerdings auch diese
kein Lehrbuch.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
2
Hinweise zur Versuchsdurchführung
4
Protokollführung
5
0 Einführungsversuch
7
1 Masse- und Dichtebestimmung
9
2 Messung der Zähigkeit von Flüssigkeiten
13
3 Gasgesetze / spezifische Wärmekapazität
17
4 Linsen / Mikroskop
21
5 Ohmsche Widerstände
25
6 Beugung am Gitter / Prismenspektroskop
29
7 Wechselstromwiderstände und Schwingkreis
33
8 Röntgenstrahlen
39
9 Radioaktivität
45
10 Ultraschall
49
11 Polarisation des Lichts
53
A Größen, Dimensionen und Einheiten in der Physik
57
B Messunsicherheiten und Fehlerrechnung
61
C Umgang mit dem Oszilloskop
70
D Griechisches Alphabet
74
1
Einleitung
Hinweise zur Organisation
Die praktischen Übungen finden im Allgemeinen Verfügungszentrum I (AVZ) der
Universität Bonn, Bonn, Endenicher Allee 11-13, Erdgeschoss - rechter Flügel statt. Je 10 Praktikanten gehören zu einer Gruppe. Für jede Gruppe ist der betreffende Versuch 5 mal aufgebaut, so dass jeweils zwei Praktikanten den Versuch
gemeinsam durchführen. Jeder Praktikant protokolliert seine Messergebnisse und
Auswertungen jedoch in ein eigenes Protokollheft. Die Zuordnung Gruppe – Versuch – Tag ergibt sich aus der beigefügten Versuchsmatrix. In den oberen Zeilen
sind die Gruppenbuchstaben, in den Spalten darunter die Nummern der Versuche
angegeben, die an den jeweils links stehenden Tagen durchgeführt werden.
Weitere Informationen sowie wichtige Ankündigungen erfahren Sie
während des Semesters auf der Internetseite des Praktikums unter
http://www.mpraktikum.hiskp.uni-bonn.de
Voraussetzungen und Vorbereitung
Unabdingbare Voraussetzung für eine erfolgreiche Vorbereitung und Durchführung
der Versuche ist, dass der Praktikant über physikalische Grundkenntnisse in dem
Umfange, wie sie in der Vorlesung Physik für Mediziner und Pharmazeuten“
”
im 1. Fach-Semester angeboten werden, verfügt. Dazu gehören notwendigerweise
mathematische Kenntnisse zur Handhabung, Interpretation und Auswertung physikalischer Sachverhalte und Messergebnisse. Damit verbunden müssen Kenntnisse über die in der Physik gebräuchlichen Einheiten sein, insbesondere über die
internationalen SI-Einheiten“, die zum größten Teil seit 1.1.1978 gesetzlich vor”
geschrieben sind. Vor Beginn des Praktikums sollten Sie daher die Anhänge A
und B studiert haben.
Unabhängig von diesen allgemeinen Voraussetzungen muss jeder Versuch einzeln
vorbereitet werden. Die in diesem Heft befindlichen Kurzbeschreibungen der Versuche geben Ihnen einen Anhaltspunkt für die Themenauswahl zur Vorbereitung.
Selbstverständlich müssen alle physikalischen Begriffe, auf die man bei der Vorbereitung stößt, verstanden sein (z.B. der Begriff Drehmoment“ bei der Vorbe”
reitung auf das Thema Waage“ (Versuch 1)) und erklärt werden können.
”
2
Einleitung
Zur Vorbereitung eignen sich die meisten Oberstufenbücher des Schulfaches Physik.
Die verfügbaren Lehrbücher, die sich explizit an Nebenfächler richten (auch dann
wenn der eigene Studiengang nicht explizit im Titel aufgeführt ist), unterscheiden sich zum Teil deutlich im Umfang, Tiefgang, Anschaulichkeit und Anspruch.
Das beste Lehrbuch ist meist jenes, mit welchem Sie am besten arbeiten können.
Wir empfehlen ihnen daher, z.B. in der Universitätsbibliothek und anhand eines
ausgewählten Themas, einen vergleichenden Blick in mehrere Bücher zu werfen.
Aus der großen Fülle der in den letzten Jahren erschienenen Physikbücher für Mediziner, Biologen, Pharmazeuten usw. finden wir insbesondere folgende empfehlenswert (nicht-wertende Sortierung nach Nachnamen des Autors, ohne Anspruch
auf Vollständigkeit):
• Harms:
Physik: ein kurz gefasstes Lehrbuch für Mediziner und Pharmazeuten
HARMS Verlag, 18. Auflage 2010
• Harms:
Übungsbuch Physik: für Mediziner und Pharmazeuten
HARMS Verlag, 9. Auflage 2010 (Aufgabensammlung)
• Harten:
Physik für Mediziner
Springer-Verlag, 14. Auflage, Oktober 2014
• Kamke, Walcher:
Physik für Mediziner
B.G. Teubner Stuttgart
• Seibt:
Physik für Mediziner
Thieme, 6. Auflage 2009
• Trautwein, Kreibig, Hüttermann:
Physik für Mediziner, Biologen, Pharmazeuten
de Gruyter, 8. Auflage 2014
Auch sehr gut geeignet, wenn auch nicht explizit an Nebenfächler gerichtet, sind
u.a.:
• Meschede (Hrsg.)
Gerthsen Physik
Springer-Verlag, 24. Auflage 2010
• Tipler, Mosca:
Physik: für Wissenschaftler und Ingenieure
Springer / Spektrum Akademischer Verlag, 6. Auflage 2009
3
Einleitung
Hinweise zur Versuchsdurchführung
Zum Praktikum sind außer dem Testatzettel mitzubringen: zwei Protokollhefte DIN A4 kariert (fest, keine Einzelblätter oder Schnellhefter), mm-Papier
(DIN A4), Kugelschreiber oder Füller, Bleistift, durchsichtiges Lineal von 30 cm
Länge, Klebstoff, Taschenrechner; Logarithmenpapier wird gestellt.
Zu Beginn eines jeden Versuchs überzeugt sich der Assistent, dass die physikalischen Grundkenntnisse vorhanden sind. Ins Protokollheft sind die Versuchsergebnisse, Zwischenrechnungen, Tabellen, graphische Darstellungen, Lösungen der
Aufgaben und Endergebnisse mit knappem Begleittext einzutragen. Es ist besonders darauf zu achten, dass die zugehörigen Maßeinheiten, auch bei Zwischenrechnungen, nicht vergessen werden. Das Protokoll muss während des Praktikums fertiggestellt werden und ist am Ende des Versuchs dem Assistenten
vorzulegen.
Bei einigen Versuchen finden sich Aufgaben, die schon vor Beginn des Versuches
zu lösen sind. Diese sind durch große Buchstaben gekennzeichnet (z.B. Aufgabe
1.A). Die sorgfältige Bearbeitung dieser Aufgaben dient der Vorbereitung und ist
eine der Voraussetzungen zum Verständnis des Versuchsablaufs.
Aufgaben, die im Verlauf der Versuchsdurchführung zu lösen sind, werden durch
kleine Buchstaben gekennzeichnet (z.B. Aufgabe 1.a) und sind ebenfalls schriftlich im Protokoll zu beantworten.
Alle protokollierten Messergebnisse müssen aus den an diesem Versuchstagen
stattgefundenen Messungen oder den Angaben des Assistenten stammen.
Auf Fremdprotokolle darf nicht zurückgegriffen werden.
Alle Beschädigungen an Versuchsgeräten sind sofort dem zuständigen Assistenten
zu melden. Die Praktikanten sollen nicht versuchen, Apparate selbst zu reparieren. Bei elektrischen Versuchen dürfen die Leitungsdrähte erst an die Spannungsquellen angeschlossen werden, nachdem die Schaltung vom Assistenten geprüft
wurde. Auch kurzdauerndes Einschalten bei falscher Anordnung führt leicht zur
Zerstörung von Geräten. Für die Beschädigung von Geräten, die durch Nichtbeachten dieser Vorschrift entsteht, können die Praktikanten voll haftbar gemacht
werden. Nach Beendigung des Versuchs sind die Arbeitsplätze aufzuräumen.
4
Einleitung
Protokollführung
Das während des Versuchstages anzufertigende Protokoll soll folgende Angaben
enthalten:
1. Datum, Versuchsnummer und -name
2. Kurze Erklärung der Aufgabe
3. Prinzip der Messung in wenigen Sätzen, eventuell mit Versuchsskizze
4. Antworten zu den Aufgaben, die vor Versuchsbeginn zu lösen sind
5. Angabe der Messbeziehung (d.h. der Ausgangsformel(n), die bekannte und
zu messende Größen enthalten). Alle verwendeten physikalischen Größen
müssen erklärt werden!
6. Angabe derjenigen Größen, die bereits in irgendeiner Form vorgegeben
sind, eventuell umgerechnet in die entsprechenden SI-Einheiten
7. Angabe der zu messenden Größe(n) mit entsprechenden Einheiten
8. Tabellen, in denen die Messwerte festgehalten werden; hierbei ist auf
Übersichtlichkeit zu achten. Um die Lesbarkeit des Protokolls zu erhöhen
empfiehlt es sich eine Tabelle ausschließlich mit Messdaten anzufertigen und
die nach der Messung durchgeführte Auswertung in einer getrennten Tabelle
zu behandeln.
9. Graphische Darstellung der Messdaten inklusive Fehlerbalken, wenn dies
zur Versuchsdurchführung erforderlich ist. Achten Sie darauf, dass die Achsenskalierung den Wertebereiche der Messdaten nicht wesentlich überschreitet.
10. Auswertung; schrittweise und nachvollziehbare Berechnung des Endergebnisses aus den Daten der Tabellen bzw. Diagrammen; möglichst alle Zwischenrechnungen ins Protokollheft!
11. Fehlerbetrachtung und -berechnung, siehe Anhang B
12. Ergebnis mit Fehlerangabe in ein bis zwei Sätzen
Eine ausführliche schriftliche Darstellung der theoretischen Grundlagen des Versuchs gehört nicht ins Protokollheft. Insbesondere ist ein Reproduzieren der gesamten Versuchsanleitung nicht notwendig.
Unabhängig von der genauen Ausführung des Protokolls müssen die allgemeinen
Prinzipien guter wissenschaftlicher Praxis eingehalten werden. Es ist darauf zu
achten, dass das Protokoll wahrheitsgemäß, vollständig, unverändert und nachvollziehbar ist.
5
Einleitung
Lageplan der Versuche im AVZ I
Nußallee
3/9
4/6
8
2 / 11
Endenicher Allee
5 / 10
1/7
Treppenhaus
Halle
Eingang
Die Versuche
Die Versuche gliedern sich in zwei Gruppen, die nacheinander im Semester durchgeführt werden.
Eine besondere Rolle nehmen dabei die Versuche 10 und 11 ein; Versuch 11 (Polarisation) wird lediglich von den Pharmazeuten durchgeführt, der Versuch 10
(Ultraschall) von den übrigen Studenten.
6
0 Einführungsversuch
Grundkenntnisse
Physikalische Größen und Einheiten, Messfehler und Fehlerrechnung; Masse (schwere Masse, träge Masse); Geschwindigkeit, Beschleunigung, WegZeit-Diagramme,
Geschwindigkeits-Zeit-Diagramme,
Beschleunigungs-ZeitDiagramme; Newtonsche Axiome; Gewichtskraft, Erdbeschleunigung; gleichmäßig
beschleunigte Bewegungen, freier Fall
0.1 Bestimmung der Reaktionszeit
Dieser Versuch soll Sie zur Einführung in das physikalische Praktikum mit der
Dokumentation und Auswertung Ihrer Messergebnisse, dem Aufbau eines Protokolls und der Anwendung der Fehlerabschätzung und Fehlerfortpflanzung bekannt
machen. Ihr Versuchsassistent wird Sie dabei schrittweise durch den Versuch und
die Anfertigung des Protokolls führen.
Alle diese Erkenntnisse werden in den übrigen Versuchen vorausgesetzt und nicht
mehr getrennt angesprochen.
Voraufgabe 0.A: Welche Abhängigkeit ergibt sich für die Wegstrecke s in
Abhängigkeit von der Zeit t für eine konstante Beschleunigung a? Wie bestimmt man bei Kenntnis der Beschleunigung a und Strecke s die Zeit t, die
vergangen ist?
Voraufgabe 0.B: Ein Auto beschleunigt (~a ist konstant) von 0 km/h auf 50 km/h
innerhalb von 5 Sekunden. Nach ca. 280 m Fahrt mit konstanter Geschwindigkeit muss der Fahrer an einer Ampel anhalten. Dazu wird mit einer
Bremsbeschleunigung von - 4,5 m/s2 abgebremst.
Wie verändern sich die Größen Beschleunigung, Geschwindigkeit und die
zurückgelegte Wegstrecke vom Anfahren des Autos bis zum vollständigen
Stillstand? Tragen Sie dazu jeweils in ein eigenes Diagramm auf:
1. die Beschleunigung a des Autos gegen die Zeit t
2. die Geschwindigkeit v des Autos gegen die Zeit t
3. die zurückgelegte Wegstrecke s des Autos gegen die Zeit t
Aufgabe 0.a: Dieses Experiment führen Sie gemeinsam mit Ihrem Praktikumspartner durch. Einer von Ihnen (der Einfachheit halber Person A genannt)
hält ein 30 cm langes Lineal an der 30 cm Markierung zwischen Daumen
und Zeigefinger fest. Der andere (Person B genannt) hält seinen Daumen
7
0 Einführungsversuch
und Zeigefinger auf der Höhe der 0-cm-Markierung in geringer Entfernung
von Lineal.
Zu einem unbestimmten Zeitpunkt lässt Person A das Lineal los und Person B versucht es durch Zusammenführen von Daumen und Zeigefinger zu
fangen. Dieser Vorgang sollte möglichst ohne Vorwarnung“ ablaufen.
”
Am Lineal kann nun die Fallstrecke s und daraus die Reaktionszeit bestimmt
werden.
Dieser Versuch wird zunächst fünfmal durchgeführt. Danach werden fünf
weitere Messungen mit vertauschten Rollen durchgeführt. Aus den Messungen wird dann die Reaktionszeit von Person A und Person B bestimmt.
8
1 Masse- und Dichtebestimmung
Grundkenntnisse
Vektorbegriff, Vektoraddition und -produkt; Kraft, Drehmoment, Hebelgesetz,
Balkenwaage; Schwerpunkt, träge Masse ↔ schwere Masse, Gewichtskraft; Auftriebskraft, Archimedisches Prinzip, Dichte von Flüssigkeiten und Gasen, Temperaturabhängigkeit der Dichte, Aräometer (Senkspindel); Anomalie des Wassers
Physikalische Größen und Einheiten, Messfehler und Fehlerrechnung; Graphische Darstellung
von Messungen und deren Auswertung mit Hilfe von Ausgleichskurven, lineare Regression
1.1 Massenbestimmung mit einer Balkenwaage
Ziel dieses Versuchsteils ist die Bestimmung einer unbekannten Masse m1 durch
Vergleich mit einer geeichten und bekannten Masse m2 mit Hilfe einer Analysenwaage (Balkenwaage, (siehe Abb. 1.1)).
Die bekannte Masse m2 wird dabei solange variiert, bis eine bestmögliche Gleichheit der beiden Massen m1 und m2 erreicht wird. Eine danach noch vorhandene
Massendifferenz ∆m = m1 − m2 lässt sich aus dem Ausschlag des Waagebalkens,
d.h. dem Winkel α, direkt bestimmen:
∆m =
α
.
(1.1)
Hierbei ist die Empfindlichkeit der Waage, die bei jeder genauen Wägung bestimmt werden muss. Die unbekannte Masse m1 ergibt sich damit aus der bekannten Masse m2 und der Messgröße ∆m:
m1 = m2 + ∆m .
(1.2)
Voraufgabe 1.A: Welche Drehmomente greifen an den Waagebalken an? Was gilt
für ihre Summe?
Voraufgabe 1.B: Was gilt für eine Balkenwaage, wenn sie eine Empfindlichkeit
von = 3 Skt/mg hat?
9
1 Masse- und Dichtebestimmung
Der Wägevorgang
αu und αb und damit α sind in der Regel so gering, dass ein Ablesen mit bloßem
”
Auge“ keine genauen Ergebnisse liefern würde. Die Bestimmung der Ruhepunkte
αu und αb der unbelasteten bzw. belasteten Waage geschehen daher bei schwingender Waage aus den Mittelwerten einer ungeraden Anzahl von leicht ablesbaren
Zeigerumkehrpunkten αn (n = 1,2, . . .).
Zunächst werden die Mittelwerte der Ausschläge links und rechts errechnet:
αl =
α1 + α3 + · · · + α2n+1
n+1
und αr =
α2 + α4 + . . . α2n
n
(n = 2,3, . . . ) .
(1.3)
Achtung: Die Anzahl der Umkehrpunkte ist 2n + 1.
Auf der linken Seite wird eine ungerade Anzahl von Umkehrpunkten und rechts
eine gerade Anzahl gemessen. Damit wird gewährleistet, dass die Mittelwerte αl
und αr zum gleichen Zeitpunkt bestimmt werden.
Aus beiden ergibt sich der Ruhepunkt:
αRP =
αl + αr
2
.
(1.4)
◦
90
+
−~l
α
D
m1~g
~l
~s
α
S
◦
90
−
α
mW ~g
Zeiger
m2~g
Abbildung 1.1: Funktionsprinzip einer Balkenwaage, an der drei Drehmomente angreifen. Auf der linken Seite befindet sich das Wägegut unbekannter Masse m1 und auf
der rechten Seite die geeichten Gewichtsstücke mit der bekannten Gesamtmasse m2 . Da
∆m nach Gleichung (1.2) als m1 − m2 definiert ist, wird ein Zeigerausschlag zur Seite
auf der sich m1 befindet (hier links) negativ und zur Seite auf der sich m2 befindet (hier
rechts) positiv gewertet. ∆m ist in dieser Abbildung negativ, da die bekannte Masse
m2 größer als die unbekannte m1 ist. Der Schwerpunkt S der Wägevorrichtung wird um
den Drehpunkt D um den Winkel α ausgelenkt und bewirkt ein Rückstelldrehmoment
~s × F~W . Die Masse der Wägevorrichtung wird hier mit mW bezeichnet.
10
1.2 Dichtebestimmung mit einer Dichtewaage nach Kern
a)
b)
m1
500
200 100 50
20
10
Abbildung 1.2: Gewichte: a) unbekannte Masse m1 ; b) Form und Gewicht (in Milligramm)
der kleinen Masseplättchen
Aufgabe 1.a: Versuchsdurchführung
Im einzelnen verfährt man bei der Wägung also folgendermaßen:
1. Ausrichten der Waage mit Hilfe der angebrachten Wasserwaagen
2. Ruhepunktbestimmung der unbelasteten Waage: αu
3. Austarieren des zu wiegenden Gegenstandes durch Auflage von Massestücken der Gesamtmasse m2 und Bestimmung von αb . Protokollieren
Sie dabei jeden Schritt (Tabelle).
Die kleinen Masseplättchen sind an ihrer Form (siehe Abb. 1.2) oder
dem eingestanzten Wert zu erkennen.
4. Bestimmung der Empfindlichkeit der belasteten Waage durch Verschieben des 10 mg schweren Reiters auf den Waagebalken. Für etwa sechs verschiedene Reiterpositionen wird der Zeigerausschlag gegen
den Bruchteil δm der Reitermasse auf Millimeterpapier aufgetragen.
Aus der Steigung der Ausgleichsgeraden durch die Messwerte wird die
Empfindlichkeit bestimmt.
5. Die Differenz α = αb − αu bilden (Einheit: Skalenteile). Man beachte
die Vorzeichenkonvention nach Abbildung 1.1. Mit Hilfe von Gleichung
(1.1) wird ∆m bestimmt. Achten Sie auf das Vorzeichen von α.
6. Bestimmung der unbekannten Masse m1 gemäß Gleichung (1.2). Hier
ist auf das Vorzeichen der Korrekturmasse ∆m zu achten. Im Protokoll
ist das Vorzeichen von ∆m ausführlich zu begründen.
1.2 Dichtebestimmung mit einer Dichtewaage nach Kern
Die Dichtewaage nach Kern ist ähnlich wie die eben verwendete Balkenwaage ein
zweiarmiger Hebel und nutzt den Vergleich der Drehmomente auf beiden Hebelarmen. In Flüssigkeiten wirkt durch die Auftriebskraft ein zusätzliches Drehmoment
entgegen der Erdanziehung, welches mit Schiebegewichten kompensiert werden
kann. Wegen der geschickt gewählten Skala kann dann die Dichte der Flüssigkeit
direkt abgelesen werden.
11
1 Masse- und Dichtebestimmung
Reiterbahn
D
Senkkörper
Grobjustierung
ausgeglichen
Zusatzgewicht
Feinjustierung
Abbildung 1.3: Dichtewaage nach Kern
Voraufgabe 1.C: Skizzieren Sie die auf den in der Flüssigkeit ruhenden Senkkörper wirkenden Kräfte im Protokoll.
Aufgabe 1.b: Versuchsdurchführung
Bei diesem Versuch soll die Dichte dreier Alkohole bestimmt werden. Da diese gesundsheitsschädlich sein können, stehen im Versuchsraum Schutzbrillen
und Schutzhandschuhe zur Verfügung. Mit angehängtem Senkkörper wird
zunächst eine Nullpunkteinstellung der Waage durchgeführt (ohne Flüssigkeit). Dann wird die Dichte durch vollständiges Eintauchen des Senkkörpers
in die Flüssigkeit bestimmt. Überlegen Sie sich, wie Sie den Fehler der Messung geeignet abschätzen können.
1.3 Dichtebestimmung mit einem Aräometer
Die Dichte von Flüssigkeiten kann auch mit einem Aräometer (Senkspindel)
gemessen werden. Abb. 1.4 zeigt ein solches Aräometer, das in einer Flüssigkeit
schwimmt.
Voraufgabe 1.D: Ändert sich der Auftrieb auf das
Aräometer, wenn es in Flüssigkeiten unterschiedlicher
Dichte schwimmt? Wie ändert sich die Eintauchtiefe
des Aräometers mit der Dichte?
Voraufgabe 1.E: Warum ist die Dichteanomalie von Wasser in der Natur bedeutsam?
S
S
Aufgabe 1.c: Versuchsdurchführung
Die Dichte von Wasser wird mit einem Aräometer in
Abhängigkeit von der Temperatur gemessen. Die ge1.4:
messenen Dichten werden in einem Diagramm gegen Abbildung
Aräometer
die Temperatur aufgetragen.
(Schema)
12
2 Messung der Zähigkeit von Flüssigkeiten
Grundkenntnisse
Viskosität, Temperaturabhängigkeit der Viskosität, laminare und turbulente
Strömung; Volumenstromstärke, Hagen-Poiseuillesches Gesetz; Kontinuitätsgleichung, Bernoulli-Gesetz, hydrostatischer Druck.
Auftrieb und Archimedisches Prinzip, Gewichtskraft, Reibungskraft nach dem Stokesschen Gesetz.
Definition und Einheit von Spannung (Zug und Druck), Elastizitätsmodul, Hookesches Gesetz, Spannungs-Dehnungs-Diagramm, Druck in elastisch gedehnten
Gefäßen; reversible und irreversible Prozesse; 2. Hauptsatz der Thermodynamik
Physikalische Größen und Einheiten, Messfehler und Fehlerrechnung; Graphische Darstellung
von Messungen
2.1 Viskositätsbestimmung durch Messung der
Stromstärke in einer Kapillaren
Die Viskosität einer Flüssigkeit, hier Wasser, wird durch Messung der Volumenstromstärke in einer Kapillaren bestimmt.
Nach Hagen und Poiseuille gilt bei laminarer Strömung durch ein Rohr:
I=
π r4 1
∆V
= ·
· · ∆p .
∆t
8 l η
(2.1)
Als Wasserreservoir wird dazu eine Mariottesche Flasche verwendet (Abb. 2.1).
Mit deren Hilfe wird bei geöffnetem Ventil ein konstanter Überdruck ∆p = %g∆h
(mit der Flüssigkeitsdichte % und der Erdbeschleunigung g) an der Eintrittsöffnung
der Kapillaren erzielt. Die Höhe ∆h hängt von der Eintauchtiefe des nach außen
offenen Rohres ab.
Voraufgabe 2.A: Wie hängt der hydrostatische Druck von der Gefäßform ab?
Voraufgabe 2.B: Weshalb wird in diesem Versuch eine Mariottesche Flasche
benutzt und nicht ein nach oben offenes Vorratsgefäß?
Aufgabe 2.C: Stellen die Formel des Hagen-Poiseuilleschen Gesetzes nach η um
und fassen Sie die konstanten Größen und die Messgrößen in separate Terme
zusammen.
13
2 Messung der Zähigkeit von Flüssigkeiten
offenes Rohr
Ventil
Thermometer
Unterdruck
h3
Äußerer Luftdruck
h2
h
h1
l
Mariottesche Flasche
mit Wasser
Messzylinder
Kapillare (Innendurchmesser d=2r )
Abbildung 2.1: Kapillarviskosimeter: schematischer Aufbau
Aufgabe 2.a: Versuchsdurchführung
Messen Sie den Volumenstrom durch eine Kapillare für 2 verschiedene
Druckunterschiede (d.h. Eintauchtiefen des Rohres in der Mariottschen Flasche) und bestimmen sie beide Male die Viskosität von Wasser.
Dabei soll die Zeit ∆t für den Durchfluss von ∆V ≈ 100 ml gemessen werden. Bei jeder Messung muss ∆p bestimmt und die Wassertemperatur T
abgelesen werden. r und l sind an der jeweiligen Apparatur angegeben.
2.2 Bestimmung der zeitabhängigen Durchflussrate einer
Elastomerpumpe
Eine Elastomerpumpe ist in der Anwendung eine Infusionspumpe, deren Vorratsgefäß aus einem elastischen Ballon besteht. Ist der Ballon gefüllt und damit
ausgedehnt, bringt er durch sein Bestreben, wieder in den nicht-gedehnten Ausgangszustand zu gelangen, die zur Infusion benötigte Pumpleistung auf.
Aufbau und Versuchsbeschreibung
Dies lässt sich messen, indem das abgeflossene Flüssigkeitsvolumen mit der Zeit
gemessen wird. Aus der Änderung dessen von einem zum nächsten Messpunkt
lässt sich bestimmen, wie sich die Volumenstromstärke I = ∆V /∆t über die gesamte Abgabezeit ändert. Da eine Messung des geflossenen Volumens hier zu ungenau wäre, wird dieses indirekt aus dem Gewichtsverlust der Elastomerpumpe
bestimmt.
14
2.3 Bestimmung der Viskosität mittels eines Kugelfallviskosimeters
Durchflussbegrenzer
Einfüllstutzen
mit
Rückschlagventil
Ballon im leeren
Zustand
Ballon mit
Flüssigkeit
~
FZug ges
~
FZug 1
~
FZug 2
~
FFl
Abbildung 2.2: Elastomerpumpe: Schematischer und sehr vereinfachter Aufbau.
Voraufgabe 2.D: Warum und wie ändert sich die Flussrate der verwendeten Elastomerpumpen bei Wiederbefüllung?
Voraufgabe 2.E: Warum kann man mit einer Waage die Flussrate bestimmen?
Aufgabe 2.b: Bestimmen Sie die Dichte der verwendeten Flüssigkeit.
Aufgabe 2.c: Fertigen Sie ein Diagram der Flussrate der Elastomerpumpe über
die gesamte Abgabezeit an. (Füllung 275 ml; Zeitauflösung 1 Minute; Digitalwaage).
Aufgabe 2.d: Vergleichen Sie Ihr Ergebnis mit dem der anderen Gruppen und
den im Versuchsraum aushängenden Diagrammen. Versuchen Sie dabei herauszufinden, inwiefern sich aus dem unterschiedlichen Verhalten der Pumpen
ableiten lässt, wie lange diese schon in Gebrauch sind.
2.3 Bestimmung der Viskosität mittels eines
Kugelfallviskosimeters
Die Viskosität einer Flüssigkeit soll aus der Sinkgeschwindigkeit einer Kugel in
einem Fallrohr bestimmt werden.
Für die Reibungskraft FR einer Kugel mit Radius r, welche sich mit der Geschwindigkeit v in einer laminaren Strömung der Viskosität η bewegt, gilt das
Stokessche Gesetz:
FR = 6π rηvβ .
(2.2)
15
2 Messung der Zähigkeit von Flüssigkeiten
β ist dabei ein Korrekturfaktor, der bei einem
engen Fallrohr mit Radius R den Einfluss der
”
Wand des Gefäßes berücksichtigt:
Fallrohr
Start
FA
Kugel
β = 1 + 2,1 ·
FR
FG
r
R
(2.3)
Nach kurzer Fallstrecke bildet sich ein Gleichgewichtszustand zwischen beschleunigender und
abbremsender Kraft aus (vgl. Abb. 2.3):
s
FG − FA − FR = 0
(2.4)
Nach dem ersten Newtonschen Axiom bewegt sich die Kugel dann mit konstanter Fallgeschwindigkeit weiter.
Stop
Klebeband
Damit lautet die Bestimmungsgleichung für η
Abbildung 2.3: Kugelfallviskosimeter: schematischer Aufbau
η=
(m − %V )g
.
6πrvβ
(2.5)
Voraufgabe 2.F: Leiten Sie mit Hilfe der Gl. 2.2 und 2.4 die Abhängigkeit der
Sinkgeschwindigkeit vom Kugelradius her.
Hinweis: Machen Sie sich klar, welche Größen in Gl. 2.2 und 2.4 vom Kugelradius abhängen. Nehmen Sie β = 1 an (großes Becken).
Versuchsaufbau
Am Boden des mit Rizinusöl gefüllten Fallrohrs (s. Abb. 2.3) befindet sich eine
kleine Eisenkugel, die mit Hilfe eines Magneten an das obere Ende des Fallrohrs
gezogen werden kann.
Aufgabe 2.b: Versuchsdurchführung
Beim Versuch wird die Zeit gemessen, die die Eisenkugel zum Durchfallen
der vorgegebenen Strecke s im Fallrohr benötigt. Hierbei ist besonders darauf zu achten, dass die Kugel in der Mitte des Fallrohres fällt, damit die
Voraussetzungen für die Gültigkeit von Formel 2.3 erfüllt sind. Ebenfalls ist
darauf zu achten, dass sich keine Luftblasen im Fallrohr befinden.
Die Viskositätsbestimmung aus der Geschwindigkeitsmessung soll in einer
Messreihe von drei Durchgängen erfolgen.
Die
m
V
R
16
vorgegebene Größen
=
3,985 mg
4
=
π r3
3
=
1,4 cm
sind hierbei:
r =
0,5 mm
g =
9,81 m s−2
% =
0,96 g cm−3 .
3 Gasgesetze / spezifische Wärmekapazität
Grundkenntnisse
Gasgesetze:
Ideales Gas, Thermische Zustandsgrößen (Druck, Volumen und Temperatur), Allgemeine Zustandsgleichung idealer Gase, p-V-Diagramm, Unterschiede zwischen
realen und idealen Gasen; Avogadrosche Zahl, Begriff Stoffmenge (Einheit: mol);
Temperatur (Celsius- und Kelvinskala);
Elektrolyse, Faraday-Gesetz und Faraday-Konstante (Zusammenhang zur Elementarladung und Avogadro-Zahl);
Hydrostatischer Druck, Prinzip kommunizierender Röhren, Barometer.
Spezifische Wärmekapazität:
Wärmekapazität und spezifische Wärmekapazität, Wärmeenergie und elektrische Energie, elektrische Leistung, Joulesche Wärme; Temperatur, Kalorimeter,
Wärmetransportmechanismen; elektrischer Strom, Stromstärke und Spannung;
Amperemeter, Voltmeter.
Physikalische Größen und Einheiten, Messfehler und Fehlerrechnung; Graphische Darstellung
von Messungen und deren Auswertung mit Hilfe von Ausgleichskurven, lineare Regression
3.1 Bestimmung der allgemeinen Gaskonstante
Die allgemeine Gaskonstante R soll unter Verwendung eines realen Gases, das einem idealen Gas möglichst nahe kommt, bestimmt werden. Eine einfache Methode,
ein solches Gas zu erzeugen, ist Gewinnung von Wasserstoff (H2 ) durch Elektrolyse von verdünnter Schwefelsäure. Die Stoffmenge des gebildeten Gases kann dabei
nicht direkt gemessen werden, sondern wird indirekt aus der bei der Elektrolyse
geflossenen Ladungsmenge nach dem Faradayschen Gesetz bestimmt.
Nach der Zustandsgleichung für ideale Gase
p·V =n·R·T
(3.1)
sind die drei Zustandsgrößen Druck p, Volumen V , Temperatur T und die Stoffmenge n (in mol) des Gases zu bestimmen. Die Stoffmenge n des gebildeten Wasserstoffes lässt sich nach den Faradayschen Gesetzen
I ·t=w·n·z·F .
(3.2)
durch die Messung der transportierten Ladungsmenge bei der Elektrolyse bestimmen. Dabei ist zu beachten, dass sich nach der Elektrolyse je zwei Wasserstoffatome zu einem H2 -Molekül vereinigen.
17
3 Gasgesetze / spezifische Wärmekapazität
H1
H2
H2 O + H2 SO4
Vorratsgefäß
Ionenleitung
S
A
RV
U0
Abbildung 3.1: Skizze des Versuchsaufbaus zur Bestimmung der allgemeinen Gaskonstante: Zur Elektrolyse der verdünnten Schwefelsäure sind im U-Rohr
zwei Elektroden angebracht, die über eine Spannungsquelle, einen regelbaren Widerstand RV und
einen Schalter S verbunden sind.
In der Formel 3.2 bedeuten:
I
t
w
n
z
F
=
=
=
=
=
=
Stromstärke, Einheit: A
Zeit
Anzahl der Atome pro Gasmolekül
Stoffmenge, Einheit: mol
Wertigkeit der Ionen (Zahl der Ladungen pro Ion)
Faraday-Konstante (F = 9,6484 · 104 As/mol) .
3.1.1 Versuchsaufbau und -durchführung
Im Versuch wird eine bestimmte Gasmenge V von H2 durch Elektrolyse verdünnter
Schwefelsäure im rechten Teil des U-Rohres bei geschlossenem Hahn H(2) und
geöffnetem Hahn H(1) erzeugt (s. Abb. 3.1). Zur Bestimmung der Stromstärke ist
noch ein Amperemeter seriell in dem Stromkreislauf integriert.
Die Temperatur wird mit Hilfe eines Thermometers an der Wand bestimmt.
Zunächst wird bei geöffnetem Hahn H(2) durch Regelung des Widerstandes RV
eine Stromstärke I von etwa I = 300 mA eingestellt. Der Schalter S wird dann
geöffnet und H(2) geschlossen; H(1) bleibt geöffnet.
Das Volumen V im U-Rohr setzt sich aus dem Anfangsvolumen V0 und dem bei
Stromfluss erzeugten Volumen Ṽ zusammen.
18
3.2 Bestimmung der spezifischen Wärmekapazität von Wasser
Nach jeder Stromflussperiode wird durch Absenken des Vorratsbehälters ein
Druckausgleich hergestellt. Damit ist der Druck p im rechten Rohr gleich dem
äußeren Luftdruck, der an einem Barometer abgelesen wird.
Erst nach dem Druckausgleich wird das bis dahin erzeugte gesamte Gasvolumen
abgelesen. Das gebildete H2 wird akkumuliert, also nicht nach jeder Stromflussperiode abgelassen.
Voraufgabe 3.A: Wenn die Pole der Spannungsquelle nicht beschriftet sind, kann
man die Elektrolyse zunächst mit geschlossenen Hähnen H(1) und H(2) beginnen. Man sieht dann, dass sich in den beiden Steigrohren unterschiedlich
viel Gas bildet. Um welches Gas handelt es sich dabei jeweils, und welcher
Hahn muss folglich geöffnet werden?
Voraufgabe 3.B: Wieso wird der Druckausgleich durchgeführt und wie erkennt
man wann dieser erreicht ist?
Aufgabe 3.a: Versuchsdurchführung
Messen Sie das bei der Elektrolyse gebildete Gasvolumen für sechs jeweils
zweiminütige Stromflussperioden.
Die gemessenen Volumina werden in einem Diagramm gegen die Zeit t (Dauer des Stromflusses) aufgetragen. Es ergibt sich eine Gerade, deren Steigung
s = δV /δt graphisch zu ermitteln ist. Mit der Zustandsgleichung idealer Gase
und dem Faradayschen Gesetz kann damit nun die allgemeine Gaskonstante
R berechnet werden.
3.2 Bestimmung der spezifischen Wärmekapazität von
Wasser
Die spezifische Wärmekapazität c von Wasser soll hier direkt gemessen werden.
Dazu wird eine bestimmte Menge Wasser der Masse m in einem wärmeisolierten
Gefäß (Kalorimeter, siehe Abb. 3.2) erwärmt. Die aufzubringende Wärme (=Bewegungsenergie der Wassermoleküle) wird als Joulesche Wärme Q in einer elektrischen Heizvorrichtung erzeugt:
Q=P ·t=U ·I ·t .
(3.3)
P ist die elektrische Leistung, U die Spannung, I die Stromstärke und t die Zeit.
Dabei ist darauf zu achten, dass durch die zugeführte Wärmemenge Q nicht nur
das Wasser, sondern auch das Kalorimeter erwärmt wird:
Q = c · m · ∆T + W · ∆T .
(3.4)
W ist die Wärmekapazität des Kalorimeters, auch Wasserwert“ genannt.
”
Voraufgabe 3.C: Wieso isoliert das Kalorimeter die Wärme im Inneren gegen die
Umgebung?
19
3 Gasgesetze / spezifische Wärmekapazität
Thermometer
U0
A
V
Rührvorrichtung
Kalorimeter
(Dewar)
Heizdraht
Abbildung 3.2: Skizze des Versuchsaufbaus zur Bestimmung der spezifischen Wärmekapazität
von Wasser. Zur Erwärmung des Wassers
im Kalorimeter ist in diesem ein Heizdraht
montiert. Zur Bestimmung der abgegebenen
Wärmemenge wird mit einem Voltmeter die
Spannung parallel, die Stromstärke mit einem Amperemeter seriell zu dem Heizdraht
gemessen. Die verstrichenen Zeit wird mit
einer Stoppuhr ermittelt. Die entsprechende Temperaturerhöhung des Wassers kann an
dem Thermometer abgelesen werden. Damit
das Wasser möglichst gleichmäßig erwärmt
werden kann, ist in dem Kalorimeter eine
Vorrichtung zum Durchmischen des Wassers
integriert.
Voraufgabe 3.D: Wieso muss während des Experimentes das Wasser sorgfältig
durchmischt werden? Wieso müssen Strom und Spannung während der Messung konstant bleiben?
Aufgabe 3.b: Versuchsdurchführung
Bauen Sie zunächst die Schaltung nach Abb. 3.2 auf und füllen Sie 200 ml
Wasser (Messzylinder!) in das Kalorimeter. Schalten Sie die Spannungsquelle
ein und messen Sie die Spannung und Stromstärke. Schalten Sie die Spannungsquelle nun wieder aus (Wichtig! Nicht vergessen!) und entfernen
das Amperemeter aus der Schaltung; dieses verträgt die hier fliessenden
Stromstärken nur kurzfristig. Nur die elektrische Spannung des Heizdrahtes
wird während der Messung weiter überprüft.
Während der Messung muss das Wasser ständig gut durchmischt werden.
Etwa zehn Minuten lang wird in Abständen von 30 Sekunden die Temperatur bei eingeschalteter Spannungsquelle gemessen und in ein Diagramm
gegen die verstrichene Zeit t aufgetragen. Aus der Steigung der sich ergebenden Geraden liest man das Verhältnis ∆T /t ab. Daraus errechnet man
die spezifische Wärmekapazität.
20
4 Linsen / Mikroskop
Grundkenntnisse
Stoffabhängigkeit der Lichtgeschwindigkeit, Brechungsindex und Snelliussches
Brechungsgesetz; Brennweiten und Brechkräfte von Linsen; Umkehrbarkeit des
Lichtweges, Bildkonstruktion, Abbildung durch Sammel- und Zerstreuungslinsen,
Abbildungsgesetz für Linsen, Linsenkombination; Linsen- und Abbildungsfehler;
Hauptebenen von Linsen, Besselverfahren; Lupe, Mikroskop; Auflösungsvermögen
(Definition und Bestimmung).
Physikalische Größen und Einheiten, Messfehler und Fehlerrechnung
4.1 Linsen
Voraufgabe 4.A: Ein Gegenstand wird in verschiedenen Abständen g zu einer
Sammellinse aufgestellt. Was lässt sich über das jeweils entstehende Bild
sagen? Die Tabelle 4.1 ist ausgefüllt (!) in das Protokoll zu übertragen und
soll erklärt werden können.
Die Brennweite einer Sammellinse bestimmt man am einfachsten aus Gegenstandsund Bildweite, indem man das Bild eines leuchtenden Gegenstandes auf einem
Schirm auffängt und die entsprechenden Abstände zur Hauptebene der Linse
misst.
Gegenstand
Lage
Lage
Größe
Bild
virtuell/reell?
g > 2f
f < b < 2f
B<G
reell
Stellung
umgekehrt,
seitenvertauscht
g = 2f
f < g < 2f
g=f
g<f
Tabelle 4.1: Tabelle zu Voraufgabe 4.A
21
4 Linsen / Mikroskop
Das Verfahren hat experimentell den Nachteil, dass dazu die Lage der Hauptebene
exakt bekannt sein muss. Zur Vermeidung dieser Schwierigkeit benutzt man das
Besselverfahren. Bei fest vorgegebenem Abstand a = b + g (mit a > 4 · f )
von Gegenstand G und Bildschirm B existieren zwei Positionen der Linse (siehe
Abb. 4.1), in denen der Gegenstand vergrößert bzw. verkleinert scharf auf dem
Bildschirm abgebildet wird. Der Abstand dieser beiden Linsenstellungen ist dann
e = g−b. Durch Substitution von g und b in der Linsengleichung wie in Voraufgabe
4.B erhält man:
a2 − e 2
f=
.
(4.1)
4a
Voraufgabe 4.B: Leiten Sie Gleichung (4.1) her!
Hinweis: Substituieren Sie b und g in der Linsengleichung mit Hilfe der
Gleichungen b + g = a und g − b = e.
Der Abstand a muss etwas größer als 4f sein, d.h. a > 4f , um das Besselverfahren anwenden zu können. Warum gilt diese Bedingung?
Aufgabe 4.a: Sammellinse
G
f
f
g1
b1
B
G
f
f
g2
b2
B
e
a
Abbildung 4.1: Prinzip des Besselverfahrens. Bei festem a befinden sich die Positionen der
Linse aufgrund der Symmetrie gerade so, dass g1 = b2 und b1 = g2 gilt.
22
4.2 Mikroskop
Die Brennweite fs einer Sammellinse soll für zwei verschiedene Abstände a
mit Hilfe des Besselverfahrens bestimmt werden.
Achten Sie vor der Durchführung darauf, dass nur die Sammellinse montiert
ist!
Aufgabe 4.b: Zerstreuungslinse
Die Brennweite fz einer Zerstreuungslinse wird mit Hilfe des Besselverfahrens aus der Brennweite fk einer Linsenkombination bestimmt.
1
1
1
'
+
.
fk
fs fz
(4.2)
Die Linsenkombination besteht aus der Sammellinse, deren Brennweite fs
im ersten Versuchsteil bestimmt wurde, und der Zerstreuungslinse, deren
Brennweite gemessen werden soll; dabei muss die Brennweite der Linsenkombination fk > 0 sein.
Voraufgabe 4.C: Warum kann bei dieser Messung die Zerstreuungslinse nicht
alleine, sondern nur in Kombination mit der Sammellinse benutzt werden?
Was bedeutet das Vorzeichen der Brennweite?
4.2 Mikroskop
Ein Mikroskop dient zur Vergrößerung kleiner Objekte, indem es den Sehwinkel
weitet, unter dem ein betrachteter Gegenstand erscheint. Es besteht aus mindestens zwei Sammellinsen: dem Objektiv, dem Okular und gegebenenfalls einer
Feldlinse, welche der Gesichtsfeldvergrößerung dient.
Auflösungsvermögen
Das Auflösungsvermögen A kennzeichnet den kleinsten Abstand d zweier Punkte,
der bei Betrachtung durch das Mikroskop noch als getrennt wahrgenommen wird.
Es errechnet sich nach
1
n sin α
NA
A= =
=
,
(4.3)
d
λ
λ
wobei α der halbe Öffnungswinkel des Objektivs ist. Mit n wird die Brechzahl
des Mediums zwischen Objekt und Objektiv bezeichnet (für Luft: n = 1). Die
Numerische Apertur N A = n · sin α ist ein Maß für die Auflösung des verwendeten Mikroskops und wird meist zu diesem angegeben. Sie kann nicht wesentlich
über den Wert 1 hinausgehen, so dass die kleinstmöglichen, von einem Mikroskop
auflösbaren Distanzen in der Größenordnung der verwendeten Wellenlänge liegt.
Voraufgabe 4.D: Skizzieren Sie den Strahlengang und die Bildentstehung in einem Mikroskop ohne Feldlinse (orientieren sie sich dabei an der Bildkonstruktion aus 4.1).
23
4 Linsen / Mikroskop
(a) Objektmikrometer
(b) Strichgitter
Abbildung 4.2: Hilfsmittel zu den Versuchsteilen 4.d und 4.e
Voraufgabe 4.E: Berechnen Sie das Auflösungsvermögen des benutzten Mikroskops für die Wellenlängen λ = 400 nm, 600 nm und 800 nm. Verwenden Sie
als Größe der numerischen Apertur NA = 0,13.
Aufgabe 4.c: Strahlengang
Mit Hilfe einer Mattscheibe soll der Strahlengang im Mikroskop untersucht
werden. Um den Strahlengang besser zu verstehen, wird das Mikroskop ohne
Okular verwendet (Die Mattscheibe ist am Ende eines Kupferrohres angebracht). Um paralleles Licht zur Beleuchtung des Objektes zu erhalten, ist
eine relativ weit entfernte Lichtquelle (Leuchtstoffröhre) mit Hilfe des ebenen Spiegels (nicht des Hohlspiegels) zur Beleuchtung zu verwenden; das
Bild der Lichtquelle ist mit Hilfe der beiliegenden Mattscheibe etwa in der
Brennebene des Okulars als Abbildung eines auf die Leuchtstoffröhre geklebten Objektes zu finden. Durch Entfernen der Feldlinse ist deren Wirkung
(Gesichtsfeldvergrößerung) zu untersuchen.
Aufgabe 4.d: Objektgröße
Die Größe eines Objektes ist mit Hilfe eines Messokulars und eines Objektmikrometers (siehe Abb. 4.2a) zu bestimmen. Das Objektmikrometer
mit bekannten Ausmaßen dient zur Kalibrierung des Messokulars mit unbekannter Skalierung. Die Größe des Objekts wird dann mit dem Messokular
bestimmt und mithilfe der Kalibrierung berechnet.
Aufgabe 4.e: Auflösungsvermögen
Das Auflösungsvermögen des Mikroskops soll durch Vermessung mehrerer
Strichgitter (siehe Abb. 4.2b) mit verschiedenen Gitterabständen untersucht
und mit dem aus Gleichung (4.3) berechneten Wert verglichen werden. Bestimmen Sie die mögliche Ober- und Untergrenze des Auflösungsvermögens
anhand der gerade noch erkennbaren oder gerade nicht mehr erkennbaren
Strichmuster.
24
5 Ohmsche Widerstände
Grundkenntnisse
elektrische Ladung, Ladungsträger, Elementarladung; El. Strom als bewegte Ladung, Stromstärke; el. Spannung als Potentialdifferenz; Amperemeter, Voltmeter,
Gleichstromspannungsquellen; el. Leistung und Energie; el. Leiter, elektrischer
Widerstand, Leitwert, Resistivität; Ohmsches Gesetz; Kirchhoffsche Gesetze
(Maschenregel, Knotenregel), Spannungsteilung, Messung von Widerständen, Innenwiderstände von Ampere- und Voltmeter. Wheatstonesche Brückenschaltung und deren Bezug zu den Kirchhoffschen Gesetzen, Temperatur (Celsiusund Kelvinskala); Leiter, Halbleiter und Isolator; Heiß-, Kaltleiter (Temperaturabhängigkeit).
Physikalische Größen und Einheiten, Messfehler und Fehlerrechnung; Exponentialfunktion und
deren physikalische Aussage, natürlicher bzw. dekadischer Logarithmus und Überführung der
Exponentialfunktion in eine lineare Funktion durch Logarithmieren; Graphische Darstellung von
Messungen in Koordinatensystemen mit linear und logarithmisch geteilten Achsen und deren
Auswertung mit Hilfe von Ausgleichskurven; lineare Regression;
5.1 Bestimmung eines Ohmschen Widerstandes
Für die Messung eines Ohmschen Widerstandes wird eine der in Abbildung 5.1
wiedergegebene Schaltungen aufgebaut. Mit Hilfe des Potentiometers P wird von
einer vorgegebenen Festspannungsquelle U0 eine beliebige Teilspannung U abgegriffen. Mit dem Voltmeter V wird die Spannung U und mit dem Amperemeter A
die Stromstärke I gemessen. In einem Diagramm wird U gegen I aufgetragen. Aus
der Steigung der so erhaltenen Kennlinie wird der Widerstandswert ermittelt.
Voraufgabe 5.A: Betrachten Sie in Abb. 5.1(a) nur die Parallelschaltung des
Voltmeters V und des unbekannten Widerstandes Rx . Erläutern Sie hieran
die Kirchhoffschen Regeln.
Voraufgabe 5.B: Erläutern Sie den prinzipiellen Unterschied zwischen den beiden Schaltungen in den Abbn. 5.1(a) und 5.1(b) anhand der Kirchhoffschen
Regeln. Wie lassen sich die systematischen Fehler berücksichtigen?
Aufgabe 5.a: Versuchsdurchführung
Nehmen Sie mittels einer der Potentiometerschaltungen Abbn. 5.1(a) und
5.1(b) die Kennlinie eines Ohmschen Widerstandes auf und ermitteln Sie
graphisch aus der Steigung der Kennlinie den Widerstandswert! Berücksichtigen Sie den systematischen Fehler entsprechend.
25
5 Ohmsche Widerstände
U0
U0
P
P
variabler
Abgriff
Rx
A
variabler
Abgriff
Rx
A
V
V
(a) Schaltung 1
(b) Schaltung 2
Abbildung 5.1: Potentiometerschaltung: Bei entsprechender Berücksichtigung der Besonderheiten der Schaltungen 1 und 2 sind diese äquivalent.
5.2 Ermittlung der Temperaturabhängigkeit eines
NTC-Widerstandes
Die Temperaturabhängigkeit eines NTC-Widerstandes (Halbleiterwiderstand mit
einem Negative Temperature-Coefficient) soll mit Hilfe einer Wheatstoneschen
Brückenschaltung vermessen werden (Abb. 5.2), bei der der unbekannte Wider-
UNTC
UVergleich
NTC (ϑ )
RVergleich
INTC
IG
P
R1
I1
IVergleich
G
R2
U1
U2
I2
U0
Abbildung 5.2: Wheatstonesche Brückenschaltung zur Bestimmung eines NTCWiderstandes.
26
5.2 Ermittlung der Temperaturabhängigkeit eines NTC-Widerstandes
stand RNTC mit einem bekannten Widerstand RVergleich verglichen wird. Hierzu
wird wiederum eine Spannungsquelle U0 mit einem Potentiometer (R1 + R2 ) verbunden. RNTC und RVergleich werden über eine Brücke, die ein empfindliches Mikroamperemeter (Galvanometer) enthält, mit dem Mittelabgriff des Potentiometers
verbunden. Durch Verschieben des Mittelabgriffes können über R1 und R2 genau
die Teilspannungen U1 und U2 abgegriffen werden, bei denen der Strom durch die
Brücke Null wird. Man nennt die Brücke dann abgeglichen“.
”
Mit den Kirchhoffschen Gesetzen lässt sich zeigen, dass genau für diesen Fall
eine einfache Verhältnisgleichung für die vier beteiligten Widerstände gilt:
R1
RNTC
=
RVergleich
R2
=
|{z}
=
Draht
l1
.
l2
(5.1)
Das letzte Gleichheitszeichen in Gl. 5.1 gilt, wenn R1 und R2 Teilstücke mit den
Längen l1 und l2 des gleichen Drahtes sind.
Voraufgabe 5.C: Diskutieren Sie den Einfluss auf die Messung, wenn durch einen
ungenauen Abgleich die Stromstärke durch die Brücke nicht Null ist.
5.2.1 Temperaturabhängigkeit von Widerständen
Grundsätzlich sind alle Widerstände temperaturabhängig. Je nachdem, ob der
Widerstandswert mit steigender Temperatur größer oder kleiner wird, unterscheidet man zwischen Kaltleitern (PTC-Widerstand) oder Heißleitern (NTCWiderstand).
Die Abhängigkeit von der absoluten Temperatur T wird beim hier verwendeten
NTC-Widerstandstyp näherungsweise durch folgende Gleichung bestimmt:
b
RNTC (T ) = R0 · e T .
(5.2)
Hierbei sind R0 und b charakteristische Konstanten.
Wenn man den natürlichen Logarithmus von Gleichung (5.2) betrachtet, ergibt
sich:
RNTC
R0
1
ln
= ln
+b· .
(5.3)
1Ω
1Ω
T
Voraufgabe 5.D: Beschreiben Sie, wie sich PTC- und NTC-Widerstand in einem
Stromkreis verhalten a) unmittelbar nach dem Einschalten und b) nach einiger Zeit. Beachten Sie dabei die auftretende Joulesche Wärme.
Aufgabe 5.b: Versuchsdurchführung
Messen Sie RNTC für fünf verschiedene Wassertemperaturen zwischen 20 ◦ C
und 80 ◦ C durch Abgleichen der Wheatstoneschen Brücke. Tragen Sie
die gemessenen Werte als Funktion der Temperatur in einem Diagramm auf
normalem mm-Papier auf und diskutieren Sie die Temperaturabhängigkeit!
27
5 Ohmsche Widerstände
Aufgabe 5.c: Auswertung
Bilden Sie die Größe ln (RNTC /1Ω) und tragen Sie sie gegen 1/T auf normalem mm-Papier auf! Die Steigung der resultierenden Geraden ist dann
die Größe b.
ln (R0 /1Ω) entspräche dem Schnittpunkt der Ausgleichsgerade mit der Ordinatenachse. Da dieser aber weit außerhalb des Messbereichs (markierter
Bereich in Abb. 5.3) liegt, kann dieser nicht zeichnerisch bestimmt werden.
Berechnen Sie R0 nach Gl. 5.3 indem Sie für ln (RNTC /1Ω) und T1 einen
beliebigen Punkt ihrer Ausgleichsgerade einsetzen.
14
12
ln(RNTC /Ω)
10
8
6
4
2
0
0
0, 5
1
1, 5
2
2, 5
3
3, 5
4
333
286
250
1/T [10−3 K−1 ]
2000
1000
667
500
400
Temperatur [K]
Abbildung 5.3: Temperaturabhängigkeit des NTC-Widerstandes.
28
6 Beugung am Gitter / Prismenspektroskop
Grundkenntnisse
Entstehung und Ausbreitung von Schwingungen (transversal, longitudinal); elektromagnetische Wellen; Energie und Intensität einer e.-m. Welle; mathematische Beschreibung von Wellen; Frequenz, Kreisfrequenz, Wellenlänge, Ausbreitungsgeschwindigkeit (Vakuum, Medium), Zusammenhänge dazwischen; Huygensches Prinzip, Überlagerung von Wellen, Phase, Interferenz und Interferenzkriterien; Huygenssches Prinzip, Beugung am Doppelspalt und am Gitter, Wellenlängenabhängigkeit des Beugungswinkels; Stoffabhängigkeit der Lichtgeschwindigkeit, Brechungsindex und Snelliussches Brechungsgesetz, Prisma (minimaler
Ablenkungswinkel, Dispersion).
Physikalische Größen und Einheiten, Messfehler und Fehlerrechnung; Graphische Darstellung
von Messungen und deren Auswertung mit Hilfe von Ausgleichskurven.
6.1 Beugung am Gitter
6.1.1 Einführung
Bei der Beugung am Gitter beobachtet man bei bestimmten Winkeln α ausgeprägte Intensitätsmaxima. Die Winkel α, unter denen diese Hauptmaxima beobachtet werden, lassen sich aus geometrischen Bedingungen ableiten. Wenn der
Gangunterschied s zwischen den elementaren Kugelwellen benachbarter Spalte
ein ganzzahliges Vielfaches der Wellenlänge λ ist, beobachtet man ein Hauptmaximum, d.h. konstruktive Interferenz. Die geometrische Bedingung hierfür kann
man aus Abbildung 6.1 ablesen:
s = d · sin α = m · λ
mit m ganzzahlig.
(6.1)
d
α
s
·
α
Abbildung 6.1: Beugung am Gitter: Die Geometrie ergibt s/d = sin α.
29
6 Beugung am Gitter / Prismenspektroskop
violett blau
türkis
grün gelb
(Doppellinie)
(Doppellinie)
Abbildung 6.2: Beispiel für das Spektrum einer Quecksilberlampe.
Daraus folgt:
m·λ
(6.2)
d
Hierbei ist s der Gangunterschied, d die Gitterkonstante, d.h. der Abstand zwischen benachbarten Spalten, α der Beugungswinkel, m die Ordnungszahl des Beugungsmaximums und λ die Wellenlänge des Lichtes.
sin α =
Für eine Spektraluntersuchung von Licht ist das Auflösungsvermögen eines Beugungsgitters wichtig. Zwei Spektrallinien lassen sich mit Hilfe eines Gitters trennen, wenn sich ihre Hauptmaxima nicht überlappen. Das Auflösungsvermögen
eines Beugungsgitters ist definiert mit
A :=
λ
= mN .
|∆λ|
(6.3)
Dabei ist |∆λ| die kleinste noch trennbare Wellenlängendifferenz zweier Linien, die
beide nahe bei der Wellenlänge λ liegen. Das Auflösungsvermögen ist proportional
zur Anzahl der beleuchteten Spalte N (die Schärfe der Interferenzmaxima nimmt
mit ihr zu) und proportional zur Ordnung m.
Voraufgabe 6.A: Es sollen die beiden gelben Linien (589,00 nm und 589,59 nm)
einer Natriumdampflampe getrennt werden. Wie viele Spalte müssen mindestens beleuchtet werden, damit die Linien im Beugungsmaximum erster
Ordnung aufgelöst werden können?
Aufgabe 6.a: Messung
1. Das Beugungsspektrum erster und zweiter Ordnung von Hg-Licht ist
an einem Strichgitter mit der Gitterkonstanten d = 10 µm aufzunehmen, indem der Beugungswinkel für die verschiedenen Spektralfarben
des Hg-Lichts ausgemessen wird (Abb. 6.2). Beachten Sie, dass sich die
Spektren benachbarter Ordnungen überschneiden können.
Wieviele Ordnungen lassen sich insgesamt beobachten?
2. Aus den gemessenen Werten der Beugungswinkel α sind die Wellenlängen der Spektrallinien von Hg zu bestimmen.
30
6.2 Prismenspektroskop
Prisma
Linse2
Linse1
Spalt
Schirm
rot
blau
Abbildung 6.3: Strahlengang im Prismenspektroskop (ohne Okular). Das Prisma ist so justiert, dass für die gelbe Hg-Linie die Ablenkung minimal ist. Damit der Effekt in dieser
Abbildung gut sichtbar wird, wurden die tatsächlichen Brechungsindexunterschiede um
einen Faktor 10 verstärkt.
6.2 Prismenspektroskop
6.2.1 Einführung
Während der Gitterspektrograph eine räumliche Trennung von Strahlen mit unterschiedlichen Wellenlängen über die wellenlängenabhängige Beugung und Interferenz an einem Gitter erreicht, nützt der Prismenspektrograph die Dispersion
dn/dλ des Brechungsindex n(λ) aus.
Weißes Licht lässt sich mit Hilfe eines optisch dichten Mediums (z.B. eines
Glasprismas) in seine Farbkomponenten zerlegen. Der langwellige (rote) Anteil
wird dabei weniger stark gebrochen als der kurzwellige (blaue) Anteil (siehe Abbildung 6.3).
Auch für den Prismenspektrographen lässt sich das Auflösungsvermögen bestimmen. Bei maximaler Ausleuchtung des Prismas gilt:
A :=
dn
λ
≈b·
,
|∆λ|
dλ
(6.4)
d.h. das Auflösungsvermögen des Prismas ist näherungsweise das Produkt aus
seiner Basisbreite b und seiner Dispersion dn/dλ. Die Höhe des Prismas spielt
dabei keine Rolle.
Voraufgabe 6.B: Versuchen Sie, den Strahlengang im Prismenspektroskop (Abb.
6.3) nachzuvollziehen!
Warum ist die Winkelablenkung des blauen Lichtes größer als die des roten
Lichtes?
31
6 Beugung am Gitter / Prismenspektroskop
Aufgabe 6.b: Messung
Mit dem Prismenspektroskop sollen zwei Wellenlängen des Cäsiumspektrums ausgemessen werden.
1. Der Spektralapparat ist mittels der gelben Hg-Linie optisch günstig zu
justieren. Dazu wird darauf geachtet, dass beim Drehen des Prismas
um seine Längsachse (senkrecht zur Zeichenebene in Abb. 6.3) bei einer bestimmten Orientierung die Ablenkung ein Minimum hat. Dann
ist der Verlauf des gelben Hg-Lichtes symmetrisch zum Prisma (der
Strahlengang ist umkehrbar).
Hinweis: Bei Drehung des Prismas findet man das Minimum der Ablenkung dadurch, dass die Ablenkung immer weiter abnimmt und
beim Weiterdrehen über den Punkt der minimalen Ablenkung hinaus
zunächst nur schwach anwächst.
2. Das Spektrometer ist mit den Linien des Hg-Spektrums zu kalibrieren.
Dazu werden die nun bekannten Wellenlängen der Hg-Linien (6.a) gegen den Ablenkwinkel im Spektrometer aufgetragen.
(Die genauen Wellenlängen der Hg-Linien werden vom Assistenten bekannt gegeben.)
3. Die Wellenlängen der beiden blauen Cs-Linien werden aus der Eichkurve ermittelt.
Voraufgabe 6.C: Welche Auswirkung hat die Stellung des Prismas im Minimum
der Ablenkung auf das Experiment und wieso wird diese mit der gelben
Spektrallinie eingestellt? Wie müsste man bei einer genaueren Messung vorgehen?
32
7 Wechselstromwiderstände und Schwingkreis
Grundkenntnisse
mathematische Beschreibung von Wellen; Frequenz, Kreisfrequenz, Wellenlänge,
Amplitude, Phase; elektrische Ladung, Ladungsträger, Elementarladung; El.
Strom als bewegte Ladung, Stromstärke; el. Spannung als Potentialdifferenz; Amperemeter, Voltmeter, Gleichstromspannungsquellen; el. Leistung und Energie; el.
Leiter, elektrischer Widerstand, Leitwert, Resistivität; Effektiv-, Momentan- und
Mittelwerte von Wechselstrom und Wechselspannung; Kondensator (Kapazität),
Spule (Koeffizient der Selbstinduktion, alt: Induktivität); Impedanzen, Phasenverschiebung zwischen Spannung- und Stromstärke, Abhängigkeit der Impedanzen von der Frequenz der Wechselspannung, Parallel- und Serienschaltung von
Impedanzen, Schwingkreise, Resonanzfrequenz)
Physikalische Größen und Einheiten, Messfehler und Fehlerrechnung; Graphische Darstellung
von Messungen und deren Auswertung mit Hilfe von Ausgleichskurven, lineare Regression; Funktionsweise und Umgang mit dem Oszilloskop; Bestimmung von Periodendauern und Amplituden
von Schwingungen mit dem Oszilloskop.
7.1 Wechselstromwiderstände
Wenn ein sinusförmiger Wechselstrom I = I0 · sin(ωt) durch einen Wechselstromwiderstand Z fließt, beobachtet man in der Regel eine Phasenverschiebung ϕ zwischen der Wechselspannung U (t) und dem Wechselstrom I(t):
I(t) = I0 · sin(ωt) ,
U (t) = U0 · sin(ωt + ϕ) .
(7.1)
(7.2)
Hierbei ist U0 die Spannungsamplitude, ω die Kreisfrequenz (Einheit: rad · s−1 ),
die mit der Frequenz ν und der Schwingungsdauer (Periode) T verknüpft ist:
2π
.
(7.3)
T
Der Wechselstromwiderstand Z (Impedanz) ist definiert als das Verhältnis der
Spannungsamplitude U0 zur Stromamplitude I0 .
ω = 2πν =
Z=
U0
.
I0
(7.4)
33
7 Wechselstromwiderstände und Schwingkreis
7.1.1 Kapazitiver Widerstand
Für einen Kondensator mit der Kapazität C (Einheit 1 F = 1 C/V, F = Farad)
ist:
RC =
1
ωC
,
ϕ = − π2 (=
ˆ − 90◦ ) .
(7.5)
Voraufgabe 7.A: Begründen sie physikalisch anschaulich und kurz(!), warum die
Spannung am Plattenkondensator dem Strom folgt.
Wie verhält sich der Kondensator, wenn statt Wechselstrom ein Gleichstrom
anliegt?
7.1.2 Induktiver Widerstand
Für eine Spule mit der Induktivität L (Einheit 1 H = 1 Vs/A, H = Henry) erhält
man:
π
ˆ + 90◦ )
(7.6)
RL = ωL , ϕ = + (=
2
Voraufgabe 7.B: Erläutern Sie kurz und physikalisch anschaulich wie sich das
magnetische Feld der Spule und I(t) mit der Zeit t ändern und gegenseitig
beeinflussen.
Wie verhält sich die Spule, wenn statt Wechselstrom ein Gleichstrom anliegt?
7.1.3 Parallelschaltung von Kondensator und Spule
Für die Impedanz Z und die Phasenverschiebung ϕ ergeben sich:
1
1 1
=
−
Z RL RC ϕ=
+90◦ , wenn RC > RL
.
−90◦ , wenn RL > RC
(7.7)
(7.8)
Die Frequenz ω0 , bei der die beiden Leitwerte 1/RL und 1/RC den gleichen Betrag
haben, ergibt sich aus der Gleichung:
1
ω0 C
1
=⇒ ω0 = √
.
LC
RL = RC =⇒ ω0 L =
(7.9)
(7.10)
Dies ist die Resonanzfrequenz des aus RL und RC gebildeten Schwingkreises.
34
7.2 Versuchsanleitung
Voraufgabe 7.C: An einer Parallelschaltung aus einem kapazitiven und einem
induktiven Widerstand (Parallelschwingkreis, Schaltung c in Abb. 7.2) liege
ein sinusförmiger Wechselstrom an. Was schwingt“ bei diesem Schwingkreis
”
und wie kommt diese Schwingung zustande?
Hinweis: Beachten Sie das Verhalten von Kondensator und Spule in
Abhängigkeit von I(t) und U(t).
Wie verhält sich der Schwingkreis, wenn statt Wechselstrom ein Gleichstrom
anliegt?
7.1.4 Serienschaltung von Kondensator, Spule und Ohmschem
Widerstand
Bei einer Serienschaltung von kapazitivem, induktivem und Ohmschem Widerstand lässt sich der Wechselstromwiderstand Z und die Phasenverschiebung ϕ
mit Hilfe der folgenden Gleichungen berechnen:
q
q
2
2
2
+ (ωL − 1/ωC)2
(7.11)
Z = RΩ + (RL − RC ) = RΩ
tan ϕ =
RL − RC
.
RΩ
(7.12)
Die Kreisfrequenz, bei der der Wechselstromwiderstand Z den kleinsten Wert einnimmt, berechnet sich wie die Resonanzfrequenz des Parallelschwingkreises und
stellt auch hier die Resonanzfrequenz dar.
ω0 = √
1
LC
(7.13)
Voraufgabe 7.D: In Abb. 7.1 befindet sich in den Skizzen ein Lautsprecher in einer einfachen elektrischen Schaltung. Wäre weder ein Kondensator noch eine
Spule in der Schaltung, würde die Frequenz des anliegenden Wechselstromes
als akustisches Signal gleicher Frequenz auf dem Lautsprecher ausgegeben.
Begründen Sie kurz, welche der (schematisch vereinfachten) Schaltungen
einen einfachen Tiefpass und welche einen einfachen Hochpass darstellt.
7.2 Versuchsanleitung
Es sollen charakteristische Eigenschaften verschiedener Impedanzen bestimmt
werden.
In den Aufgaben 7.a – 7.d werden die Widerstände der vier vorgestellten Schaltungen (siehe Abb. 7.2) in Abhängigkeit von der Frequenz gemessen.
Am Anfang jeder Messung ist die Spannung am Sinusgenerator so einzustellen,
dass ihr Scheitelwert 1 V beträgt.
In den vier Schaltungen ist jeweils die Phasenverschiebung zwischen
Strom und Spannung zu protokollieren.
35
7 Wechselstromwiderstände und Schwingkreis
RC
RL
(a) Vereinfachter Tiefpass
(c) Vereinfachter Tiefpass
U∼
RL
Lautsprecher
RC
U∼
(b) Vereinfachter Hochpass
Lautsprecher
U∼
Lautsprecher
Lautsprecher
U∼
(d) Vereinfachter Hochpass
Abbildung 7.1: Schematische Darstellung von Tief- und Hochpässen.
Anmerkungen zu 7.a – 7.c:
• Nutzen Sie den ganzen Frequenzbereich aus!
• Für fünf verschiedenen Frequenzen werden die Amplituden der anliegenden
Wechselspannung U0 , des durchfließenden Stroms I0 sowie die Schwingungsdauer T des Wechselstroms mit Hilfe des Zweikanal-Oszilloskops ermittelt.
Die Schwingungsdauer T ist auf die Kreisfrequenz ω gemäß der Beziehung
ω = 2π/T umzurechnen.
Aufgabe 7.a: Kapazitiver Widerstand:
Der Kehrwert des Widerstandes (Leitwert) I0 /U0 wird gegen die Kreisfrequenz ω aufgetragen und aus der Steigung der Geraden die Kapazität des
Kondensators ermittelt.
Aufgabe 7.b: Induktiver Widerstand:
Der Widerstand U0 /I0 wird gegen die Kreisfrequenz aufgetragen und aus
der Steigung der Geraden der Koeffizient L der Selbstinduktion bestimmt
(Selbstinduktivität).
36
7.2 Versuchsanleitung
Oszilloskop
U
I
a)
b)
c)
d)
RΩ
1Ω
Sinusgenerator
ν = 60 Hz − 600 Hz
U∼
RC
RL
RC
RL
RC
RL
(a) Schema des Versuchsaufbaus
Frequenz
U∼
min
max
Stromstärke
Spannung
min
max
Spannung
(b) Frontansicht (Schema) der Versuchsapparatur
Abbildung 7.2: Versuchsaufbau.
Aufgabe 7.c: Gesamtwiderstand einer Parallelschaltung von C und L:
Der Leitwert I0 /U0 wird gegen die Kreisfrequenz aufgetragen. Aus der Graphik ist die Resonanzfrequenz ωres abzulesen und mit dem aus Gleichung
(7.10) berechneten Wert zu vergleichen.
Aufgabe 7.d: Gesamtwiderstand einer Serienschaltung von RΩ , C und L:
Bei fest vorgegebener Frequenz (z.B. ωres ) soll der Gesamtwiderstand Z
(Wechselstromwiderstand oder Impedanz) der Serienschaltung auf zwei Arten bestimmt werden:
p
2
1. Nach der Formel Z = RΩ
+ (RL − RC )2 .
2. Durch Messung von U0 /I0 .
37
8 Röntgenstrahlen
Grundkenntnisse
Entstehung und Ausbreitung von Schwingungen (transversal, longitudinal); elektromagnetische Wellen; Energie und Intensität einer e.-m. Welle; mathematische
Beschreibung von Wellen; Frequenz, Kreisfrequenz, Wellenlänge, Ausbreitungsgeschwindigkeit (Vakuum, Medium), Zusammenhänge dazwischen; Huygensches
Prinzip, Überlagerung von Wellen, Phase, Interferenz und Interferenzkriterien;
Aufbau der Atomhülle und des Atomkerns; Proton, Neutron, Elektron,
Kernladungs- und Massenzahl; Schalenaufbau der Atome, Bohrsches Atommodell;
Aufbau einer Röntgenröhre, Glühelektrischer Effekt, Beschleunigung von Ladung,
Erzeugung von Röntgenstrahlen, Spektrum der Röntgenstrahlung, Bremsstrahlung und deren Energieverteilung, Grenzwellenlänge, Charakteristische Strahlung
und deren Ursprung
Aufnahme eines Röntgenspektrums: Welle-Teilchen-Dualismus, Beugung am Kristall, Bragg-Gleichung
Nachweis von ionisierender Strahlung: Ionisierung, ionisierende Strahlung, Ionisationskammer, Zählrohr, Szintillationszähler, Dosis, Dosisleistung; Reichweite
und Abschirmung ionisierender Strahlung, Schwächungseffekte von ionisierender
Strahlung: Photoeffekt, Rayleigh-Streuung, Compton-Streuung, Paarbildung,
Abschwächungskoeffizienten, Abhängigkeit der Schwächung vom Absorbermaterial und dessen Dicke
Physikalische Größen und Einheiten, Messfehler und Fehlerrechnung; Exponentialfunktion und
deren physikalische Aussage, natürlicher bzw. dekadischer Logarithmus und Überführung der
Exponentialfunktion in eine lineare Funktion durch Logarithmieren; Graphische Darstellung von
Messungen in Koordinatensystemen mit linear und logarithmisch geteilten Achsen und deren
Auswertung mit Hilfe von Ausgleichskurven; lineare Regression;
8.1 Grundlagen bildgebender Verfahren mit
Röntgenstrahlung
Für einen dicken Absorber mit homogener Zusammensetzung lautet das
Schwächungsgesetz:
I(x) = I0 · e−µx mit I0 = Intensität der auftreffenden Quanten
x = Dicke des Materials.
(8.1)
39
8 Röntgenstrahlen
2θ
θ
Abbildung 8.1: Skizze zur Beugung von Röntgenstrahlen an einem Einkristall.
Aufgabe 8.a: Röntgenbilder
Ein geschlossener Holzwürfel, in dessen Inneren sich an festen Stellen zwei
Schraubenmuttern und ein Hohlraum befinden, wird in den Strahlgang gebracht und die Projektion entlang einer Achse dieses Würfels betrachtet. In
Zweiergruppen wird dabei jeweils eine Projektion entlang einer anderen Achse durchgeführt und dokumentiert. Im Anschluss soll in einer Gruppenarbeit
aus diesen zweidimensionalen Projektionen die Lagen und Orientierungen
der Muttern und des Hohlraums im Würfel bestimmt werden.
Voraufgabe 8.A: Beim Durchleuchten des Holzwürfels mit Röntgenstrahlung der
Energie 30 keV ist der Unterschied zwischen der Abschwächung an Holz und
den Hohlräumen (Luft) relativ schwer erkennbar, der Unterschied zwischen
der Abschwächung an Holz oder Eisen jedoch relativ leicht.
Berechnen Sie nach Gl. 8.1 die Abschwächung I/I0 für eine Dicke von jeweils
5 mm dieser Materialien. Verwenden Sie dazu folgende Schwächungskoeffizienten:
µ/ρ(Luft) = 0,35 cm2 /g, µ(Holz) = 0,2 cm−1 , µ/ρ(Eisen) = 8,2 cm2 /g.
Erklären Sie damit die erwähnte experimentelle Beobachtung.
8.2 Spektrum einer Molybdän-Röntgenröhre
Es soll das von der Molybdän-Röntgenröhre ausgesandte Spektrum (Intensitätsverteilung der Wellenlänge) mittels der Bragg-Reflexion in seine spektralen Anteile zerlegt werden (Abbildung 8.1).
8.2.1 Bragg-Reflexion an den Gitterebenen eines Einkristalls
Die Bragg-Reflexion eines nahezu parallelen Röntgenstrahles an den Gitterebenen eines Einkristalls beruht auf der Interferenz elastisch gestreuter Röntgenquanten. Die elastische Streuung findet an den Elektronen der Atome statt. Aufgrund
der periodischen Anordnung der Atome in dem Einkristallgitter kommt es zu einer kohärenten (d.h. mit fester Phasenbeziehung) Überlagerung der Streuwellen.
40
8.2 Spektrum einer Molybdän-Röntgenröhre
A
F
UA
B
hν
e−
A
K
W
UA
UH
F
B
W
K
:
:
:
:
:
:
:
Anode
Kathode
Wehneltzylinder
Anodenspannung
Heizspannung
Fenster
Blende
UH
Abbildung 8.2: Aufbau einer Röntgenröhre
d
θ
θ
· 21s
1
s
2
Netzebene
Abbildung 8.3: Zwischen den Reflexionen an zwei Netzebenen eines Kristalls herrscht ein
Gangunterschied von s = 2 · d sin Θ.
41
8 Röntgenstrahlen
Der Winkel Θ, unter dem die Bragg-Reflexion beobachtet wird, hängt von der
Wellenlänge λ und dem Netzebenenabstand d ab.
Der Detektor zum Nachweis der gestreuten Röntgenstrahlung muss so nachgeführt
werden, dass der Winkel zwischen dem einfallenden Strahl und dem gestreuten
Strahl gleich dem doppelten Glanzwinkel ist, d.h. Θdet = Θ (Abbildung 8.1).
Damit sieht der Detektor stets nur das für eine bestimmte Wellenlänge λ charakteristische Intensitätsmaximum. In dem Versuch wird das Beugungsmaximum
erster Ordnung, d.h. n = 1, beobachtet. Damit ergibt sich für die Wellenlängen λ
die Beziehung
λ = 2d · sin Θ,
(8.2)
d.h. es lässt sich aus dem Winkel Θ direkt die Wellenlänge λ berechnen.
Mit den elementaren Beziehungen
EPhoton = h · ν , c = λ · ν
(8.3)
lässt sich die Energie EPhoton jener Photonen berechnen, welche konstruktive
Interferenz unter dem Winkel Θ zeigen. Hierbei ist c die Lichtgeschwindigkeit
(c = 3,0 · 108 m/s), h das Plancksche Wirkungsquantum (h = 6,63 · 10−34 Js =
4,14 · 10−15 eVs).
8.2.2 Grenzwellenlänge λg , Grenzfrequenz νg , Grenzenergie Eg
Die maximale Energie (Grenzenergie Eg ) der Photonen ist jene Energie, welche
sich bei vollständiger Umwandlung von Ekin der Elektronen in EPhoton ergäbe.
Photonen höherer Energie können im Spektrum prinzipiell nicht auftreten. So
lässt sich nach Gl. 8.3 auch die kleinstmögliche Wellenlänge der Strahlung (die
Grenzwellenlänge λg ) bzw. die größtmögliche Frequenz (die Grenzfrequenz νg )
berechnen:
e · UA
c·h
, νg =
.
(8.4)
Eg = e · UA , λg =
e · UA
h
Voraufgabe 8.B: Berechnen Sie die Grenzwellenlänge λg bei einer vorgegebenen
Anodenspannung von UA = 35 kV.
8.2.3 Versuchsdurchführung
Es wird das Spektrum in erster Ordnung mit einem NaCl-Einkristall
(d = 281,97 pm, 1 pm = 1·10−12 m) aufgenommen. Der Winkel Θ wird zunächst in
größeren Schritten (0,5◦ ) von 3◦ bis 10◦ variiert. Die Lage der beiden charakteristischen Mo Kα - und Mo Kβ -Linien wird hiernach von den Praktikanten abgeschätzt
und der entsprechende Bereich mit höherer Genauigkeit in 0,2◦ -Schritten erneut
gemessen. Für den Impuls-Zähler eignet sich eine Messzeit von 10 s.
42
8.3 Halbwertsdicke von Aluminium
Aufgabe 8.b: Spektrum der Röntgenröhre
Die Intensität, d.h. die gemessene Zahl der gestreuten Röntgenquanten pro
Sekunde, wird gegen den Winkel Θ auf Millimeterpapier aufgetragen.
Die Energien der beiden charakteristischen Mo Kα - und Mo Kβ -Linien sind
in der Einheit keV aus den entsprechenden Winkeln zu berechnen (Gln. 8.2
und 8.3). Wie ist die erhaltene Kurvenform zu interpretieren?
Aufgabe 8.c: Grenzwellenlänge
Vergleichen Sie den Grenzwellenlänge aus dem Spektrum (Interpoliere!) mit
der in Aufgabe 8.B berechneten.
8.3 Halbwertsdicke von Aluminium
Es soll die Halbwertsdicke von Aluminium bei der Schwächung der verwandten
Röntgenstrahlen bestimmt werden.
Unter der Halbwertsdicke dH wird die Schichtdicke eines Absorbermaterials verstanden, nach deren Durchlaufen die Intensität der einfallenden Strahlung auf die
Hälfte abgefallen ist. Sie ergibt sich aus Gleichung (8.1):
I(dH ) ≡
ln 2
I0
= I0 · e−µdH ⇐⇒ dH =
.
2
µ
(8.5)
Voraufgabe 8.C: Ein dicker Absorber wird mit Röntgenstrahlung der Intensität
I0 und der mittleren Energie E0 bestrahlt. Wie äußert sich der Einfluss (i)
der Photoabsorption und (ii) der Compton-Streuung auf die Intensität I und
die mittlere Energie E der durchgelassenen Strahlung hinter dem Absorber?
8.3.1 Versuchsdurchführung
Es werden Al-Bleche verschiedener Dicke als Absorber benutzt. Die Intensität der
durchgelassenen Strahlung wird durch die Zahl der registrierten Pulse eines Zählrohres in 40 Sekunden bestimmt. Zur Darstellung der exponentiellen Abhängigkeit
zwischen der gemessenen Intensität und der Dicke x wird halblogarithmisches Papier verwandt, dessen Ordinatenabschnitte dem Logarithmus der aufzutragenden
Größe (hier der Intensität) entsprechen. Bei Verwendung dieses Papieres ergibt
sich in der Zeichnung also bereits eine Gerade, wenn direkt die gemessenen Werte
eingetragen werden , aus deren Verlauf die Halbwertsdicke dH direkt abgelesen werden kann. Um den Einfluss des Probenhalters auf das Ergebnis zu berücksichtigen
wird zusätzlich eine Messung ohne Probe (entsprechend d = 0 mm) durchgeführt.
Aufgabe 8.d: Halbwertsdicke
Wie groß sind die Halbwertsdicke dH und der damit nach Formel 8.5 zu
berechnende lineare Schwächungskoeffizient µ?
43
8 Röntgenstrahlen
8.4 Absorption von Röntgenstrahlung in Abhängigkeit
von der Ordnungszahl Z und der Energie der
Röntgenstrahlung
Nicht nur die Dicke eines Materials hat Einfluss auf die Absorption, auch die
Ordnungszahl Z (und damit das Material selber). Es soll hier die Absorption von
Röntgenstrahlung in Abhängigkeit von der Ordnungszahl Z qualitativ untersucht
werden (8.e.)
Gleichzeitig zeigt sich die bereits angesprochene Energieabhängigkeit der Absorption auch für verschiedene Materialien in verschiedenem Ausmaß. An zwei Beispielen soll auch dies untersucht werden. (8.f )
Aufgabe 8.e: Auswertung der Z-Abhängigkeit
Es werden Absorber aus verschiedenem Material mit konstanter Dicke (d =
0,5 mm) benutzt. Das Material und die jeweilige Ordnungszahl Z sind auf der
Blende vermerkt. Die Intensität der durchgelassenen Strahlung wird durch
die Zahl der registrierten Pulse eines Zählrohres in 40 Sekunden bestimmt.
Um den Einfluss des Probenhalters auf das Ergebnis zu berücksichtigen wird
zusätzlich eine Messung ohne Probe (entsprechend Z=0) durchgeführt.
Wie ist der Verlauf der Werte zu erklären?
Aufgabe 8.f: Diskussion der Energieabhängigkeit
Für zwei Materialien wird je eine zusätzliche Messung mit reduzierter Beschleunigungsspannung UA = 25 keV durchgeführt. (Auch hier ist eine Nullmessung ohne Probe nötig.) Diskutieren Sie die unterschiedliche Absorption
der beiden Materialien bei unterschiedlicher Röntgenenergie.
44
9 Radioaktivität
Grundkenntnisse
Aufbau des Atomkerns; Proton, Neutron, Kernladungs- und Massenzahl, Systematik des Kernaufbaus, Isotope; Radioaktivität, α,β + ,β − ,γ-Strahlung, radioaktives Zerfallsgesetz, Aktivität, Zerfallskonstante, Halbwertszeit; Nachweis von
ionisierender Strahlung: Ionisierung, ionisierende Strahlung, Ionisationskammer,
Geiger-Müller-Zählrohr, Szintillationszähler; Statistik: Häufigkeitsverteilungen, Mittelwert, Fehler des Mittelwertes, Standardabweichung.
Physikalische Größen und Einheiten, Messfehler und Fehlerrechnung; Exponentialfunktion und
deren physikalische Aussage, natürlicher bzw. dekadischer Logarithmus und Überführung der
Exponentialfunktion in eine lineare Funktion durch Logarithmieren; Graphische Darstellung von
Messungen in Koordinatensystemen mit linear und logarithmisch geteilten Achsen und deren
Auswertung mit Hilfe von Ausgleichskurven; lineare Regression;
9.1 Radioaktiver Zerfall
Der radioaktive Zerfall ist ein statistischer Prozess, d.h. für einen Atomkern ist
nicht voraussagbar, wann er zerfallen wird. Untersucht man jedoch eine große
Menge Atome, lässt sich feststellen:
N (t) = N0 · e−λt mit N (t) : Zahl der Nuklide zur Zeit t
N0 :
Zahl der Nuklide zur Zeit t = 0
λ:
Zerfallskonstante.
(9.1)
Daraus ergibt sich die Halbwertszeit t1/2 = ln 2/λ, d.h. die Zeit, nach der die Hälfte
aller Atomkerne zerfallen ist.
9.2 Bestimmung eines unbekannten Isotopes durch
Aufnahme seines γ-Spektrums
Ein unbekanntes radioaktives Isotop soll anhand seines γ-Spektrums bestimmt
werden. Durch Vergleich dieses Spektrums mit dem Spektrum eines zuvor aufgenommenen bekannten Isotopes kann das unbekannte Isotop identifiziert werden.
Voraufgabe 9.A: Wieso ist das gemessene Spektrum kein ideales Linienspektrum?
45
9 Radioaktivität
Aufgabe 9.a: unbekanntes Isotop
1. Nehmen Sie zunächst das Spektrum des Eu-Präparates auf!
2. Weisen Sie den Kanälen des Vielkanalanalysators γ-Energien zu und
führen Sie die Energiekalibration durch (siehe Tabelle 9.1)!
3. Nachdem das Präparat vor dem Szintillationszähler gewechselt worden
ist, nehmen Sie ein Spektrum des unbekannten Isotops auf!
4. Identifizieren Sie das Isotop anhand der Linientabelle! Worum handelt
es sich?
9.3 Statistische Schwankungen
Mit der Messanordnung von Versuchsteil 9.2 wird mehrmals unter gleichen Voraussetzungen die Zahl der Ereignisse einer oder mehrerer γ-Linien über eine vorgegebene Zeit gemessen.
Aufgabe 9.b: Auswertung
Nach Ende der Messreihe soll der Mittelwert x̄, die Standardabweichung σ
und der absolute statistische Fehler des Mittelwertes δx̄ nach den Gleichungen B.5 bis B.8 im Anhang B.3 ermittelt werden.
Aufgabe 9.c: Vergleich
Vergleichen Sie die Standardabweichung mit den Messfehlern der Einzelmessungen und ermitteln Sie, welcher Teil der Messwerte außerhalb der Standardabweichung um den Mittelwert liegt!
Voraufgabe 9.B: Wovon hängen bei dieser Messung der Mittelwert x̄, die Standardabweichung σ und der absolute statistische Fehler des Mittelwertes δx̄
ab? Wie ändern sich diese mit der Anzahl der Messungen?
9.4 Messung von Halbwertszeiten
Die Halbwertszeiten T1/2 (108 Ag) und T1/2 (110 Ag) der Radionuklide 108 Ag und 110 Ag
sollen bestimmt werden. Aufgrund ihrer kurzen Halbwertszeit müssen diese Nuklide durch Neutronenbestrahlung vor Ort hergestellt werden. Die Neutronen werden
in einer sogenannten Radium-Beryllium-Quelle erzeugt. Beim Betazerfall der so
erzeugten Ag-Isotope geschieht folgende Kernumwandlung:
108
47 Ag
110
47 Ag
−→
−→
108
48 Cd
110
48 Cd
+ e− + ν̄e
+ e− + ν̄e .
Mit einem Geiger-Müller-Zählrohr wird nun die Anzahl der Zerfallsereignisse
(bestimmbar durch nachweisbare ionisierende Teilchen, hier Elektronen) in einem
bestimmten Zeitintervall, bei laufender Zeitmessung in Abhängigkeit von der Zeit
46
9.4 Messung von Halbwertszeiten
105
4
Z(t)
10
103
102
0
100
200
300
400
t(s)
500
Abbildung 9.1: Graphik zur Ermittlung der
Halbwertszeit von 110 Ag und 108 Ag.
Es wird Z gegen t auf halblogaritmischem Papier aufgetragen. Die
Halbwertszeit des kurzlebigen Isotopes wird bestimmt, indem zunächst
von der Anzahl Ereignisse jener Teil
abgezogen wird, der zu den langlebigen isotopen gehören sollte.
t gemessen. Bedingt durch die natürliche Radioaktivität der Umgebung und die
kosmische Strahlung ist die vom Zählrohr gelieferte Zahl der registrierten Ereignisse auch ohne Quelle nicht Null. Dieser sogenannte Untergrund Z0 muss separat
gemessen werden. Nach Abzug des Untergrundes ist die Zahl der registrierten Zerfallsereignisse Z(t) − Z0 ein direktes Maß für die im Präparat noch vorhandene
Zahl N (t) der aktiven Kerne.
Trägt man ln(Z) gegen t auf, würde man bei Vorhandensein nur eines Isotopes
eine Gerade erhalten (Warum? Hinweis: Ermitteln Sie die Geradengleichung!).
Da das hier zu vermessende Präparat aber aus zwei Isotopen mit verschiedenen Zerfallskonstanten besteht, ergibt seine Zerfallskurve auch auf halblogarithmischem Papier keine Gerade. Unterscheiden sich die Werte der beiden Halbwertszeiten so deutlich voneinander, dass nach einer gewissen Zeit die Aktivität des kurzlebigeren Isotopes abgeklungen ist, kann man durch rückwärtige Verlängerung des
geraden Endes der Kurve (Zerfallskurve des langlebigeren Isotopes) und Subtraktion dieser Geraden von der gemessenen Kurve die Zerfallskurve des kurzlebigeren
Isotopes ermitteln. Aus den erhaltenen beiden Geraden lassen sich die Halbwertszeiten T1/2 (108 Ag) und T1/2 (110 Ag) graphisch bestimmen (siehe Abb. 9.1).
Aufgabe 9.d: Halbwertszeiten
1. Messen Sie ohne Probe den Untergrund. (Protokollieren!)
2. Messen Sie, sobald das Ag-Präparat vor dem Zählrohr liegt, über 20
gleichbleibende Zeitintervalle die Anzahl der Ereignisse in Abhängigkeit
von der Zeit (Protokollieren!).
3. Bestimmen Sie graphisch die Halbwertszeiten der beiden Silberisotope,
indem Sie Z gegen t auf halblogaritmischen Papier auftragen (siehe
Anhang ?? und Abb. 9.1)! Der statistische Fehler ist als Fehlerbalken
zu jedem Messpunkt mit einzutragen.
47
9 Radioaktivität
152
Eu
Energie[keV] rel. Intensität
121,8
5
244,7
3
344,3
4
411,1
1
443,9
1
778,9
3
964,1
3
1085,8
3
1112,0
3
1408,0
4
134
Cs
Energie[keV] rel. Intensität
475,3
2
563,2
4
604,7
5
795,8
4
801,9
2
1038,6
1
1167,9
1
1365,1
1
131
Energie[keV]
80,2
284,3
364,5
636,9
722,9
I
rel. Intensität
2
2
5
2
1
Nur Linien oberhalb von
75 keV sind angegeben.
Nur Linien oberhalb von 100 keV sind angegeben.
133
Ba
Energie[keV] rel. Intensität
80,0
1
81,0
5
276,3
2
302,9
3
356,0
5
383,9
2
60
Co
Energie[keV] rel. Intensität
1173,3
5
1332,5
5
Ba∗
Energie[keV] rel. Intensität
661,6
5
137
Nur Linien oberhalb von 100 keV sind angegeben.
Nur Linien oberhalb von
75 keV sind angegeben.
Tabelle 9.1: γ-Spektrum einiger radioaktiver Isotope: 5 = sehr starke Linie, 1 = gerade noch
sichtbar, wenn freistehend. 137 Ba∗ ensteht durch β-Zerfall aus 137 Cs und hat eine Halbwertszeit von 3 Minuten. Falls dieses Isotop gefunden wird, kann man auf das Vorhandensein von 137 Cs schließen (Halbwertszeit 30 Jahre).
48
10 Ultraschall
Grundkenntnisse
Entstehung und Ausbreitung von Schwingungen (transversal, longitudinal); mathematische Beschreibung von Wellen; Frequenz, Kreisfrequenz, Wellenlänge, Ausbreitungsgeschwindigkeit, Zusammenhänge dazwischen; Phasengeschwindigkeit,
Gruppengeschwindigkeit; Überlagerung von Wellen, Phase, Interferenz und Interferenzkriterien, stehende Welle; Eigenschwingung, Resonanz; Eigenschaften von
Schallwellen; piezoelektrischer Effekt, Erzeugung von Ultraschall; Echolotverfahren.
Physikalische Größen und Einheiten, Messfehler und Fehlerrechnung; Graphische Darstellung
von Messungen und deren Auswertung mit Hilfe von Ausgleichskurven, lineare Regression; Funktionsweise und Umgang mit dem Oszilloskop; Bestimmung von Periodendauern und Amplituden
von Schwingungen mit dem Oszilloskop.
10.1 Bestimmung der Wellenlänge einer Ultraschallwelle
sowie der Schall-(Phasen-)geschwindigkeit in Luft
In diesem Versuchsteil soll über den Zusammenhang c = λν die Schallphasengeschwindigkeit in Luft bestimmt werden. Hierzu werden in einem ersten Schritt
die Resonanzfrequenzen des Ultraschallwandlers bestimmt. Dann wird durch Verschiebung des Empfängers die Wellenlänge ermittelt, so dass die Schallgeschwindigkeit berechnet werden kann.
Voraufgabe 10.A: Was passiert, wenn man ein schwingungsfähiges System mit
seiner Eigenfrequenz anregt?
Zur Durchführung der Versuche stehen zwei piezoelektrische Ultraschallwandler
zur Verfügung, die sowohl als Sender als auch als Empfänger benutzt werden
können. Der Sender wird über einen Funktionsgenerator angesteuert, der wahlweise im Dauerbetrieb eine gleichförmige Sinusschwingung liefert oder im Pulsbetrieb im Abstand von 80 ms einen Schallimpuls von 0,2 ms Dauer aussendet. Das
Signal des Empfängers ist sehr schwach und muss zur Darstellung am Oszilloskop verstärkt werden. Daher wird das Oszilloskop nicht direkt an den Empfänger
angeschlossen, sondern es wird ein Verstärker zwischengeschaltet.
49
10 Ultraschall
Sender
S
ch1 ch2
Empfänger
in
out
T
Abbildung 10.1: Versuchsaufbau zur Bestimmung der Resonanzfrequenzen der Ultraschallwandler sowie der Wellenlänge der Schallwelle.
Versuchsdurchführung
Die beiden Wandler, von denen der eine als Sender und der andere als Empfänger
dient, werden auf Stativhaltern montiert und im Abstand von ca. 50 cm zueinander
ausgerichtet. Der Funktionsgenerator wird auf Dauerbetrieb geschaltet. Das Signal
des Funktionsgenerators (bzw. dessen Triggerausgangssignal) wird auf Kanal 1
(CH 1) des Oszilloskops gelegt (Einstellung des Oszilloskops: 2 V/Div., 5 µs/Div.,
Trigger: intern, AUTO, CH 1.).
Das Signal des Empfängers wird auf Kanal 2 (CH 2) des Oszilloskops beobachtet
(Einstellung ca. 0,5 V/Div.).
Aufgabe 10.a: Resonanzfrequenzen der Ultraschallwandler
Die Wandler haben im Frequenzbereich zwischen 35 und 50 kHz zwei Resonanzfrequenzen, die bestimmt werden sollen. Dazu variiert man die Frequenz
des Funktionsgenerators solange, bis das Signal des Empfängers auf dem Oszilloskop maximale Amplitude zeigt. Die zugehörige Frequenz lässt sich dann
aus der am Oszilloskop abgelesenen Schwingungsdauer berechnen.
Aufgabe 10.b: Schallwellenlänge und Schall-Phasengeschwindigkeit
Bei Variation des Abstandes zwischen Sender und Empfänger beobachtet
man eine Verschiebung des Empfängersignals relativ zum Signal des Senders. Der Empfänger wird solange verschoben, bis eine Phasenverschiebung
von wenigstens 10 vollen Schwingungen beobachtet werden kann. Aus der
Verschiebungsstrecke errechnet man die Wellenlänge und mit der im vorigen
Teil gemessenen Frequenz die Phasengeschwindigkeit der Welle.
10.2 Bestimmung der Schall-(Gruppen-)geschwindigkeit
nach dem Echolot-Verfahren
Ein Schallimpuls, der eine Laufstrecke s zurücklegt, benötigt dazu eine Laufzeit t.
Die Schallgruppengeschwindigkeit ist dann durch c = s/t gegeben.
50
Sender
S
d
T
ch1 ch2
in
Empfänger
Reflexionsplatte
10.2 Bestimmung der Gruppengeschwindigkeit per Echolot-Verfahren
out
Abbildung 10.2: Versuchsaufbau zur Bestimmung der Schall-(Gruppen-)geschwindigkeit nach
dem Echolot-Verfahren.
Sender und Empfänger werden nebeneinander aufgebaut und auf eine Reflexionsplatte im Abstand d ausgerichtet.
Versuchsdurchführung
Beim Aufbau ist darauf zu achten, dass der Abstand von Ultraschallsender und
-empfänger etwa 10 cm beträgt. Der Funktionsgenerator wird auf Impulsbetrieb
umgeschaltet und bleibt mit dem Sender verbunden. Der Ausgang des Funktionsgenerators wird auf Kanal 1 des Oszilloskops gelegt (Einstellung des Oszilloskops:
2 V/Div., 1 ms/Div., Trigger: intern, CH 1, norm(level!)).
Das Empfängersignal wird auf Kanal 2 des Oszilloskops eingespeist (Einstellung
des Oszilloskops: 0,1 V/Div.).
Das Signal ist um die Laufzeit t für die Strecke s = 2d zeitverschoben.
Voraufgabe 10.B: Welche Informationen kann man mit einem Echolot über Beschaffenheit und Menge des Materials gewinnen, das sich vor dem Gerät
befindet (ein medizinisches Ultraschallgerät nutzt das gleiche Prinzip)?
Hinweis: Die Langfassung dieser Anleitung beinhaltet eine Abbildung, in der
einige der Effekte zu sehen sind, die auch bei einem Echolot- bzw. Ultraschallgerät auftreten können.
Aufgabe 10.c: Schall-(Gruppen-)Geschwindigkeit
Durch Messung von d (Abstand Sender – Reflektor) und t (Laufzeit, am
Oszilloskop abzulesen) ist die Gruppengeschwindigkeit c festgelegt. Diese
Messung wird für 5 verschiedene Abstände d durchgeführt und grafisch ausgewertet.
51
10 Ultraschall
S
µA
Reflexionsplatte
(höhenverstellbar)
T
Abbildung 10.3: Versuchsaufbau zur Bestimmung der Schallwellenlänge durch Interferometrie.
10.3 Bestimmung der Schallwellenlänge durch
Interferometrie nach Pierce
Lässt man die von einem Ultraschallsender erzeugte Schallwelle senkrecht auf eine
Platte im Abstand D fallen und reflektieren so kann sich zwischen der Stirnfläche
des schwingenden Quarzes und der Reflektorplatte eine stehende Schallwelle ausbilden, wenn der Abstand D der Bedingung D = (2n+1)·λ/4 genügt. Die stehende
Welle hat am Sender einen Schwingungsbauch, an der reflektierenden Platte einen
Knoten. Unter dieser Bedingung verbraucht der Sender besonders viel Strom, was
mittels eines zwischengeschalteten Mikroamperemeters beobachtet werden kann.
Voraufgabe 10.C: Warum steigt die Leistung des Senders an, wenn er in einem
Schwingungsbauch steht? Überlegen Sie sich hierzu, was passiert, wenn die
ausgesendete Welle am Sender mit der reflektierten Welle zusammentrifft.
Der Sender wird mit einem zwischengeschalteten Amperemeter an den Funktionsgenerator angeschlossen. Er wird über einer Reflexionsplatte montiert, die mit
einem Hebetisch in der Höhe verstellt werden kann.
Aufgabe 10.d: Versuchsdurchführung
Der Funktionsgenerator steht wieder auf Dauerbetrieb. Die im ersten Versuchsteil bestimmte Resonanzfrequenz νRes muss sehr genau eingestellt sein,
damit der Effekt gut sichtbar ist. Zwischen Funktionsgenerator und Wandler wird das Mikroamperemeter geschaltet. Der Ultraschallwandler wird so
dicht wie möglich über der in der Höhe voll ausgefahrenen horizontalen Reflektorplatte montiert. Der Abstand Platte – Wandler wird kontinuierlich
vergrößert.
Von jeweils einem Strommaximum zum nächsten wird der Abstand d an der
Skala des Hebetisches abgelesen und hieraus die Wellenlänge λ bestimmt.
Es soll über 4 bis 5 Maxima gemessen werden. Begründen Sie etwaige Abweichungen.
Aus νRes und λ wird die Phasengeschwindigkeit c bestimmt. Das Ergebnis
wird mit dem von Aufgabe 10.b verglichen.
52
11 Polarisation des Lichts
Grundkenntnisse
Entstehung und Ausbreitung von Schwingungen (transversal, longitudinal); elektromagnetische Wellen; Energie und Intensität einer e.-m. Welle; mathematische
Beschreibung von Wellen; Frequenz, Kreisfrequenz, Wellenlänge, Ausbreitungsgeschwindigkeit (Vakuum, Medium), Zusammenhänge dazwischen; Huygensches
Prinzip, Überlagerung von Wellen, Phase, Interferenz und Interferenzkriterien;
Polarisation, elektrisches und magnetisches Feld, Erzeugung von linear polarisiertem Licht durch Reflexion und Doppelbrechung, Brewstersches Gesetz, optische
Aktivität, Rotationsdispersion, Polarimeter; Monochromator.
Physikalische Größen und Einheiten, Messfehler und Fehlerrechnung; Graphische Darstellung
von Messungen und deren Auswertung mit Hilfe von Ausgleichskurven, lineare Regression
11.1 Rotationsdispersion von Quarz
Die Schwingungsebene von linear polarisiertem Licht wird beim Durchgang durch
eine optisch aktive Substanz gedreht. Die Abhängigkeit des Drehwinkels von der
Wellenlänge λ nennt man Rotationsdispersion. Bei Verwendung eines Polarisators und Analysators können die Spektralfarben des Lichtes je nach Stellung des
Analysators getrennt beobachtet werden1 .
Hat die durchstrahlte Substanz die Dicke d, so gilt für den Drehwinkel α(λ):
α(λ) = α0 (λ) · d .
(11.1)
α0 (λ) gibt den für die Substanz typischen Drehwinkel pro mm Dicke bei der Wellenlänge λ an. α0 (λ) ist dabei eine wellenlängenabhängige Größe; diese Abhängigkeit lässt sich in guter Näherung beschreiben mit
α0 (λ) =
m
α(λ)
≈ 2
d
λ ·d
(11.2)
wobei m hier lediglich einer Proportionalitätskonstante entspricht.
Voraufgabe 11.A: Leiten Sie mit Hilfe von Gl. 11.2 her, wie α0 (λ) von der Frequenz und der Energie des Lichts abhängt.
1
Dies wird in beiden Versuchsteilen sogar als Hilfsmittel genutzt.
53
11 Polarisation des Lichts
Polarisator
Küvette (11.2)
Analysator
Lichtquelle
Doppelquarz
Monochromator
(11.1)
(rechtsdrehend!)
(a) Schematischer Versuchsaufbau
Abbildung 11.1: Aufbau des Polarimeters
Versuchsdurchführung
Im Versuch (siehe Abbildung 11.1) ist für vier verschiedene Wellenlängen die Drehung der Schwingungsebene von linear polarisiertem Licht beim Durchgang durch
einen 3,75 mm dicken Quarz zu messen. Dieser Quarz besteht aus zwei Stücken,
die so gegeneinander verdreht sind, dass das Licht den Quarz einmal in Richtung
der ausgezeichneten Kristallachse durchläuft und einmal entgegen dieser Achse.
Entsprechend wird die Polarisationsebene des Lichts einmal im Uhrzeigersinn,
einmal gegen den Uhrzeigersinn gedreht. Welches dieser Stücke die rechts- und
welches die linksdrehende Hälfte ist, kann man dadurch feststellen, dass man linear polarisiertes weißes Licht (ohne Monochromator) verwendet und die bereits
erwähnte Farbenfolge durch Drehung des Analysators beobachtet. Die rechtsdrehende Hälfte ist diejenige, bei der durch Rechtsdrehung des Analysators (Blick
gegen die Strahlrichtung, Drehung im Uhrzeigersinn) die Farbenfolge
grün – blau – violett – rot – orange – gelb – grün – blau · · ·
beobachtet wird; bei der linksdrehenden Hälfte muss sich die gleiche Farbenfolge
bei Linksdrehung (Drehung gegen den Uhrzeigersinn) des Analysators beobachten
lassen. Nun stellt man mit Hilfe eines Interferenzfilters als Monochromator einfarbiges Licht her. Man stelle ohne Quarz den Analysator auf 180◦ oder 0◦ (Nullstellung) und den Polarisator dazu senkrecht (→ maximale Dunkelheit). Dann bringt
man den Doppelquarz in den Strahlengang und dreht den Analysator soweit nach
rechts, bis die rechtsdrehende Hälfte des Quarzes maximal dunkel ist (Stellung
des Analysators βR ), und anschließend von der Nullstellung aus nach links (βL ),
bis die linksdrehende Hälfte maximal dunkel ist. Der Drehwinkel α(λ) ergibt sich
dann zu
|βR (λ) − βL (λ)|
α(λ) =
.
2
Ein Beispiel, wie βR , βL und die Messunsicherheiten ∆βR und ∆βL bestimmt
werden, zeigt Abbildung 11.2.
54
11.1 Rotationsdispersion von Quarz
Aufgabe 11.a: Messung und Auswertung
1. Stellen Sie ohne Monochromator und ohne Quarz den Polarisator so
ein, dass die Nullstellung (maximale Dunkelheit) bei einer Analysatorstellung von 0◦ oder 180◦ liegt.
2. Bringen Sie den Quarz in den Strahlgang und finden Sie aufgrund der
beschriebenen Farbfolge heraus, welcher Teil des Quarzes die rechtsund welcher die linksdrehende Hälfte darstellt.
3. Bringen Sie einen der verwendeten Monochromatoren in den Strahlgang und bestimmen Sie wie oben und in Abb. 11.2 beschrieben den
Drehwinkel α(λ) dieser Wellenlänge λ. Wiederholen Sie dies bis sie α(λ)
für insgesamt vier verschiedene Wellenlängen bestimmt haben.
4. Tragen Sie α(λ) gegen 1/λ2 in ein Diagramm auf und bestimmen Sie
die Wellenlängenabhängigkeit von α0 (λ) nach Gl. 11.2. Bestimmen Sie
dazu m mit einer graphischen Auswertung.
340
40
20
40
20
0
200
30
30
280
180
280
260
0
24
160
2
12
0
12
0
0
260
1 = βR − ∆βR
2 = βR + ∆βR
100
100
40
2
80
80
14
22
0
160
180
0
200
(a) Zur Bestimmung von βr und βL
β
R
1
60
60
0
3
βR
β
R
0
·∆
βL
20
2
0
32
0
22
340
0
R −β
L
14
β
(b) Zur Messunsicherheit von βR und βL
Abbildung 11.2: Abb. 11.2(a): Ohne Quarz findet man in diesem Beispiel den Bereich maximaler Dunkelheit bei Stellung des Analysators auf 18◦ (Nullstellung). Mit Quarz stellt
sich dies hier bei der rechtsdrehenden Hälfte des Kristalls ein, wenn der Analysator
um βR = 34◦ im Uhrzeigersinn gedreht wird. Maximale Dunkelheit der linksdrehenden
Hälfte zeigt sich, wenn der Analysator ausgehend von der Nullstellung um βL = −36◦
(also gegen den Uhrzeigersinn) gedreht wird. Mit |βR − βL | = 70◦ ist in diesem Beispiel
also α(λ) = 35◦ .
Abb. 11.2(b): Im Experiment lassen sich die Winkel nicht beliebig genau bestimmen.
Vielmehr existiert ein ganzer Winkelbereich welcher maximal dunkel ohne weitere Helligkeitsunterschiede erscheint. Es kann dann zunächst nur eine Ober- und eine Untergrenze
für (in diesem Beispiel) βR gegeben werden. βR ist dann der mittlere Winkel in diesem
Bereich, die volle Breite des Bereichs entspricht dann 2 · ∆βR .
55
11 Polarisation des Lichts
Voraufgabe 11.B: Im Beispiel in Abbildung 11.2 stellt sich die maximale Dunkelheit der rechtsdrehenden Hälfte des Quarzes ein, wenn der Analysator
auf die 52◦ -Markierung gedreht ist. Es gibt eine zweite Stellung des Analysators, bei welcher wieder maximale Dunkelheit der rechtsdrehenden Hälfte
beobachtet werden kann. Welche ist das und warum ist dem so?
Voraufgabe 11.C: In einem (nicht existenten) idealen Experiment, würde die Bestimmung von βR oder βL alleine genügen, um den Drehwinkel α zu bestimmen. In der Realität wird die Messung dann aber durch einen systematischen
Fehler unbrauchbar verfälscht. Dieser wird durch die Bestimmung von sowohl βR als auch βL und Verrechnung der beiden Winkel umgangen. Welcher
systematische Fehler ist das?
11.2 Saccharimeter
Im zweiten Teil des Versuches sind die Konzentrationen verschiedener Traubenzuckerlösungen zu bestimmen.
Für eine optisch aktive Substanz, die in einem nicht optisch aktivem Medium
gelöst ist, gilt bei fester Wellenlänge λ des Lichts, dass der Drehwinkel α zur Konzentration c und zu der Strecke d, die das Licht durch die durchstrahlte Substanz
zurücklegt, proportional ist. Während beim Quarzkristall aus Teil 11.1 die Drehung der Schwingungsebene kontinuierlich von der durchdrungenen Dicke abhing,
ist bei gelösten Substanzen also zusätzlich eine Abhängigkeit von der Konzentration zu beobachten.
α = α0 · c · d
(11.3)
dl
. Die KonDer spezifische Drehwinkel α0 von Traubenzucker beträgt 0,5278◦ dm·g
zentration der Lösung wird in der Einheit g/dl (Gramm pro Deziliter) angegeben.
11.2.1 Messung
Der Versuchsaufbau ist in Abbildung 11.1 skizziert. Die Länge d beträgt je nach
Experiment zwischen 28 und 34 cm.
Zuerst wird der Analysator fest auf 0◦ eingestellt. Dann wird bei leerer Küvette
der Polarisator solange gedreht, bis beide Hälften des Doppelquarzes die gleiche rot-violette Farbe zeigen. Bei Küvetten mit eingefüllter Traubenzuckerlösung
wird der Analysator nachgedreht, bis die beiden Hälften wieder den gleichen rotvioletten Farbton zeigen.
Aufgabe 11.b: Auswertung
Man bestimme nach Formel (11.3) die Konzentration von drei verschiedenen
Traubenzuckerlösungen.
56
A Größen, Dimensionen und Einheiten in der
Physik
Unter physikalischen Größen versteht man messbare Eigenschaften physikalischer
Objekte, Vorgänge und Zustände (z.B. Länge, Beschleunigung, Temperatur). Eine
physikalische Größe wird durch die Grundgleichung
physikalische Größe = Zahlenwert × Einheit
quantitativ erfasst.
Das Produkt aus Zahlenwert × Einheit nennt man auch Größenwert (nicht
Größe) einer physikalischen Größe, wenn die quantitative Aussage betont werden
soll. Der physikalische Zusammenhang verschiedener Größen wird durch Größengleichungen beschrieben, z.B.
Geschwindigkeit =
Weg
,
Zeit
v=
s
.
t
Die Größengleichungen gelten unabhängig von der Wahl der Einheiten. Als Grundoder Basisgrößen bezeichnet man voneinander unabhängige physikalische Größen;
sie lassen sich nicht über Größengleichungen durch andere Basisgrößen ausdrücken
(z.B. sind Länge und Zeit Basisgrößen, aber nicht die Geschwindigkeit). Die Wahl
und die Zahl der Basisgrößen in einem Größensystem ist in gewisser Weise
willkürlich. Im neuen Internationalen Einheitensystem“ (SI) hat man die sieben
”
Basisgrößen Länge, Masse, Zeit, elektrische Stromstärke, thermodynamische Temperatur, Stoffmenge und Lichtstärke gewählt. Name und Kennzeichen der zugehörigen SI-Einheiten sowie eine Übersicht über abgeleitete SIEinheiten, atomphysikalische Einheiten etc. sind in den folgenden Abschnitten
wiedergegeben.
Unter der Dimension (Abkürzung für Dimensionsprodukt) einer physikalischen
Größe versteht man das durch eine Größengleichung definierte Produkt aus Potenzen von Basisgrößen. (Ursprünglich wurde das Wort Dimension“ im geometri”
schen Sinn gebraucht, z.B. der Raum ist dreidimensional“). Z.B. ist die Dimension
”
der Leistung
Kraft × Weg
Masse × Weg2
Energie
=
=
Zeit
Zeit
Zeit3
oder kurz: dim (Leistung) = M · L2 · T −3 .
Der Begriff Dimension darf nicht mit dem Begriff Einheit verwechselt werden.
Dementsprechend sollte man auch von Einheitenprobe“ und nicht Dimensions”
”
probe“ bei der Prüfung von Einheitengleichungen sprechen.
57
A Größen, Dimensionen und Einheiten in der Physik
A.1 SI-Einheiten
SI-Einheiten sind
1. die zu den Basisgrößen des Internationalen Einheitensystems“ (SI) festge”
setzten Basiseinheiten des SI:
Basisgröße
Länge
Masse
Zeit
el. Stromstärke
thermodynamische
Temperatur
Stoffmenge
Lichtstärke
Basiseinheit
Meter
Kilogramm
Sekunde
Ampere
Einheitenzeichen
m
kg
s
A
Kelvin
Mol
Candela
K
mol
cd
2. die aus ihnen als Potenzen oder als Potenzprodukte mit dem Zahlenfaktor 1
gebildeten ( kohärent“) abgeleiteten SI-Einheiten (z.B. m2 oder kg/m3 ).
”
Alle aus den Basiseinheiten mit einem von 1 verschiedenen Faktor abgeleiteten Einheiten sind (nach DIN 1301) keine SI-Einheiten, d.h. auch die mit
Vorsätzen für dezimale Vielfache und Teile gebildeten Einheiten sind keine
SI-Einheiten!
Beispiele für abgeleitete SI-Einheiten:
1. ohne besonderen Namen
Größe
Fläche
Geschwindigkeit
Dichte
Einheit
1 m2 = 1 m · 1 m
1 m s−1 = 1 m · 1 s−1
1 kg m−3 = 1 kg · 1 m−3
usw.
2. mit besonderen Namen und Einheitenzeichen
Größe
el. Ladung
Kapazität
Selbstinduktionskoeffizient
Frequenz
Kraft
Arbeit bzw. Energie
Leistung
Druck
el. Spannung
el. Widerstand
el. Leitwert
magn. Fluss
magn. Flussdichte
58
Einheit
Coulomb
Farad
1 C = 1 As
1 F = 1 As/V
Henry
Hertz
Newton
Joule
Watt
Pascal
Volt
Ohm
Siemens
Weber
Tesla
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
H = 1 Vs/A
Hz = 1/s = 1 s−1
N = 1 kg m s−2
J=1Nm=1Ws
W = 1 J/s
Pa = 1 N/m2
V = 1 W/A
Ω = 1 V/A
S = 1/Ω
Wb = 1 V s
T = 1 Wb/m2
A.1 SI-Einheiten
Dezimale Vielfache und dezimale Teile von Einheiten können durch
Vorsätze vor den Namen der Einheit sowie durch Vorsatzzeichen vor Einheitenzeichen bezeichnet werden:
Vielfaches/Teil
das 1012 -fache
das 109 -fache
das 106 -fache
das 103 -fache
das 102 -fache
das 101 -fache
das
das
das
das
das
das
das
das
10−1 -fache
10−2 -fache
10−3 -fache
10−6 -fache
10−9 -fache
10−12 -fache
10−15 -fache
10−18 -fache
Vorsatz
Tera
Giga
Mega
Kilo
Hekto
Deka
dezi
centi
milli
mikro
nano
piko
femto
atto
Vors.Zeichen
T
G
M
k
h
da
d
c
m
µ
n
p
f
a
Beispiel
GW (Gigawatt)
MN (Meganewton)
km
hPa (Hektopascal)
dm
cm
mg
µm
nm
pF (Pikofarad)
fm
Vorgesehen sind ferner: Peta (P) = 1015 -fach und Exa (E) = 1018 -fach.
Der Vorsatz ist ohne Zwischenraum vor den Namen der Einheit, das Vorsatzzeichen ohne Zwischenraum vor das Einheitenzeichen zu setzen. Potenzen bei derart
zusammengesetzten Kurzzeichen müssen sich immer auf das ganze Kurzzeichen
beziehen (cm2 = (cm)2 usw.).
Dezimale Vorsätze“ sind nicht erlaubt bei den Zeiteinheiten Minute, Stunde,
”
Tag und bei den Winkeleinheiten Grad, Minute, Sekunde sowie bei den Einheiten für Flächen und Volumina1 (z.B.: Milli“-Quadratmeter; mm2 bedeutet
”
ausschließlich Quadrat-Millimeter u.ä.).
Atomphysikalische Einheiten sind unabhängig von den SI-Basiseinheiten definierte Einheiten für
Größe
Einheit
Einheitenzeichen
Masse im atomaren Bereich atomare Masseneinheit u
Energie
Elektronenvolt
eV
1
gilt nicht für Liter
59
A Größen, Dimensionen und Einheiten in der Physik
A.2 Umrechnungstabellen
Druckeinheiten bei Gasen, Dämpfen und Flüssigkeiten
(mit 1 Pa = 1 N/m2 ≈
bar
1 bar
1
1 Pa
10−5
1 Torr
0,00133
2
1 kp/m 9,81·10−5
(1/9,81) kp/m2 = 0,102 kp/m2 )
Pa
Torr
kp/m2
105
750
10200
1
0,0075
0,102
133
1
13,6
9,81
0,0736
1
Einheiten von Energie, Arbeit, Wärmemenge
(mit 1 cal = 4,2 J = 4,2 Nm = 4,2 Ws)
J
kJ
kWh
1J
1
0,001
2,78·10−7
1kJ
1000
1
2,78·10−4
3 600
1
1kWh 3 600 000
1 kcal 4 200
4,2
0,00116
kcal
2,39·10−4
0,239
860
1
Einheiten für Leistung, Energiestrom, Wärmestrom
(mit 1 W = 1 Nm/s = 1 J/s und 1 kcal/s = 4190
W
kW
kcal/h
1W
1
0,001
0,860
1 kW
1000
1
860
0,00116
1
1 kcal/h 1,16
1 PS
736
0,736
632
W)
PS
0,00136
1,36
0,00158
1
Einheiten von Temperatur
Umrechnung von Grad Celsius in Kelvin:
T [K] = T [◦ C] + 273,15
Umrechnung von Kelvin in Grad Celsius:
T [◦ C] = T [K] − 273,15
Daraus folgt: Temperaturdifferenzen haben in Grad Celsius und Kelvin den gleichen Zahlenwert. Zum Beispiel: Die Temperatur steigt von 0 ◦ C auf 30 ◦ C. Die
Temperaturdifferenz in Kelvin ist dann:
(273,15 + 30) K − (273,15 + 0) K = 273,15 K + 30 K − 273,15 K − 0 K = 30 K.
Gleiches gilt für Messunsicherheiten. Ist eine Temperatur T nur auf
∆T = ± 1 ◦ C genau bestimmbar, so ist sie natürlich auch nur auf ∆T = 1 K
genau bestimmbar.
60
B Messunsicherheiten und Fehlerrechnung
B.1 Messunsicherheiten
Physikalische Messgrößen und Messergebnisse unterscheiden sich von mathematischen Zahlen (oder exemplarischen Berechnungen) dadurch, dass sie u.A. wegen
apparativer Unvollkommenheiten oder der statistischen Natur der Messgröße prinzipiell nicht beliebig genau“ bestimmt und angegeben werden können. Wie weit
”
der Messwert x maximal vom tatsächlichen Wert abweichen sollte, wird durch die
absolute Messunsicherheit ∆x (umgangssprl.: absoluter Fehler ) angegeben.
Wie fehlerbehaftet“ eine Messgröße ist, hängt dabei stark von der Vorgehenswei”
se und von den verwendeten Apparaturen bei der Messung ab.ist Die Angabe der
ist zwar erlaubt, im Praktikum aber selten sinnvoll.
relativen Messunsicherheit ∆x
x
∆x kennzeichnet ein Intervall von x − ∆x bis x + ∆x, in dem die tatsächliche
Größe liegen sollte. Dieses wird allerdings nie explizit angegeben, sondern immer
nur in der Kurzschreibweise x ± ∆x.
Die Messunsicherheiten ∆x, ∆y, ∆z... der gemessenen Größen x, y, z... werden
prinzipiell abgeschätzt. Dies geschieht nicht willkürlich oder durch Raten sondern
orientiert sich an folgenden Überlegungen:
1. Welche Herstellerangaben sind bzgl. der Genauigkeit der verwendeten
Geräte bekannt?
2. Bis zu welcher Dezimalstelle können Werte vom Gerät mit ausreichender
Genauigkeit abgelesen werden?
3. Bleiben die Werte während der Messung konstant oder zeigen sie eine gewisse
Schwankung?
Eine Ausnahme bilden hier lediglich rein statistische Prozesse:
In rein statistischen Prozessen wie z.B. dem radioaktiven Zerfall ist die
Messunsicherheit
∆N der Anzahl der gemessenen Ereignisse N schon
√
mit ∆N = N gegeben.
Eine unter Verwendung einer fehlerbehafteten Größe durchgeführte Rechnung
kann nun ihrerseits wieder nicht zu einem beliebig exakten Ergebnis führen. Die
Unsicherheiten der verwendeten Größen übertragen sich vielmehr in eine Unsicherheit des Ergebnisses. Inwiefern dies geschieht beschreibt dabei die sogenannte
Fehlerrechnung (Fehlerfortpflanzung).
61
B Messunsicherheiten und Fehlerrechnung
B.2 Signifikante Stellen
Hinweise auf die Messgenauigkeit drückt man schon in der Schreibweise der Messgrößen oder aus den Messgrößen berechneter Ergebnisse aus, indem man alle zuverlässig bekannten Dezimalstellen mitführt; nur die letzte Stelle darf unsicher
sein.
Die zuverlässig bekannten Dezimalstellen nennt man signifikante Stellen.
So weist z.B. die Längenangabe x = 25,5 mm bereits darauf hin, dass die Messgenauigkeit in der Größenordnung der letzten angegebenen Stelle, also von 0,1 mm
liegt (z.B. 0,2 mm). Eine Angabe weiterer Stellen, z.B. durch x = 25,55 mm, wäre
nicht zulässig, da hier eine Messgenauigkeit impliziert wird, die nicht gegeben ist.
Bei der Angabe von Messergebnissen oder Messwerten ist eine Angabe führender
Nullen generell nicht erlaubt. Statt z.B. 0,001 m muss der Wert in wissenschaftlicher Notation mit entsprechendem Zehnerpotenz-Faktor (1 · 10−3 m) oder dem
entsprechenden SI-Präfix (1 mm) angegeben werden (siehe Anhang A.1). Die Messunsicherheiten oder Fehlergrenzen hingegen dürfen führende Nullen besitzen.
Die Angabe abschliessender“ Nullen, z.B. 20 000 m statt 20 km, ist ebenso nicht
”
zulässig. Mathematisch wäre es zwar völlig richtig, als Messgröße aber nicht, da
mit dieser Angabe wieder eine Aussage bezüglich der Genauigkeit getroffen wird,
die nicht gegeben ist. Völlig korrekt wäre auch hier die Angabe 20,0 · 103 m.
Diese Regeln werden im Praktikum nur auf Messwerte und Messergebnisse angewendet. Für Zwischenrechnungen und Nebenrechnungen ist
es meist sinnvoller hiervon abzuweichen.
B.3 Herkunft der Messunsicherheiten
Die Messunsicherheiten ( Fehler“) setzen sich zusammen aus systematischen und
”
zufälligen Fehlerquellen“.
”
Systematische Fehler
Systematische Fehler rühren von der Unvollkommenheit der Apparatur oder auch
von der nur annähernden Gültigkeit der benutzten Beziehung her. Wenn Sie erkannt werden kann man sie zwar im Prinzip beseitigen, aber gewöhnlich nicht mit
den gerade zur Verfügung stehenden Mitteln. Systematische Fehler sind in Vorzeichen und Betrag reproduzierbar und auch durch Wiederholung der Messung
mit der gleichen Apparatur nicht aufzudecken, eher schon durch Vergleich der mit
verschiedenen Apparaturen gewonnenen Ergebnisse.
62
B.4 Bestimmung der Messunsicherheit eines Messergebnis
Statistische (zufällige) Fehler
Statistische (zufällige) Fehler können von Umwelteinflüssen (Erschütterungen,
Temperatur- oder Netzspannungsschwankungen) und von subjektiven Beobachtungsungenauigkeiten herrühren. Sie sind in solchen Fällen im Grunde durch das
Messverfahren bedingt.
Unter die Kategorie der zufälligen Fehler“ fallen auch Abweichungen, die durch
”
die statistische Natur mancher physikalischer Messgrößen bedingt sind, z.B. die
Aktivität (zerfallende Kerne pro Zeiteinheit) eines radioaktiven Präparates.
Statistische Fehler sind nicht reproduzierbar, sondern stochastisch, und können
daher positive und negative Abweichungen verursachen. Bei wiederholter Messung
zeigt sich die Streuung um einen Mittelwert, wobei große Abweichungen seltener
sind als kleine Abweichungen.
Wiederholt man eine Messung mit der gleichen Apparatur immer wieder, so kann
man den statistischen Fehler (im Gegensatz zum systematischen) verringern.
Grobe Fehler
Von den oben genannten Messunsicherheiten deutlich zu unterscheiden sind die
sogenannten groben Fehler. Grobe Fehler entstehen aus Missverständnissen oder
Fehlüberlegungen bei der Bedienung der Messapparatur, aus falscher Protokollierung von Messdaten oder auch aus Fehlern in der Auswertung und dürfen nicht
als Messunsicherheiten betrachtet werden.
In diesen Fällen sind die Messungen und / oder Auswertungen falsch und müssen
wiederholt werden.
Das Vorhandensein grober Fehler erkennt man durch kritisches Überprüfen und
Kontrollieren der Ergebnisse. Vermeiden kann man sie durch sorgfältiges Vorgehen
beim Experimentieren und bei der Auswertung.
B.4 Bestimmung der Messunsicherheit eines Messergebnis
B.4.1 Vorgehensweise
Die Messunsicherheit eines jeden Messwertes beinhaltet Abweichungen aufgrund
von systematischen und von statistischen Fehlern. Der Einfluss aller möglichen
Fehlerquellen auf die Messwerte muss diskutiert und bei statistischen Fehlerquellen
die Größe der resultierenden Abweichungen abgeschätzt werden.
Fast immer wird aus den eigentlichen Messgrößen die gesuchte Größe mittels einer
physikalischen Gesetzmäßigkeit berechnet. Wenn z.B. ein ohmscher Widerstand
R über die Messung der Spannung U und Stromstärke I bestimmt werden soll,
so haben sowohl U als auch I systematische und statistische Messunsicherheiten,
die sich auf die Berechnung von R = U/I übertragen (Fehlerfortpflanzung).
63
B Messunsicherheiten und Fehlerrechnung
B.4.2 Maximalwertabschätzung
Die im Praktikum mindestens durchgeführte Fehlerfortpflanzung geht von der
ungünstigsten Annahme aus, dass alle auftretenden Messunsicherheiten das Messergebnis mit ihrem vollen Betrag verfälschen und sich nicht gegenseitig kompensieren können ( Maximalwertabschätzung“). Diese Annahme ist in der Regel falsch
”
und resultiert prinzipiell in zu großen Fehlerabschätzungen.
Die allgemeine Regel, aus denen diese elementaren Regeln abgeleitet werden
können, lautet für eine Größe z, die funktional von x und y abhängt (z(x,y)):
∂z ∂z ∆y
(B.1)
∆z(x,y) = ∆x + ∂x y ∂y x ∂z
Hierbei ist ∂x
die Ableitung der Funktion z(x,y) nach der Variablen x alleine,
y
wenn y konstant bleibt (partielle Ableitung).
Angewendet aus einfache Beispiele ergibt sich dann:
1. Ist
z =x+y
oder
so folgt
z =x−y ,
∆z = ∆x + ∆y
(B.2)
2. Ist
z =x·y
oder
z=
x
,
y
so folgt
∆z ∆x ∆y =
+
z x y (B.3)
Die Gleichungen B.2 und B.3 gelten auch für Summen (Differenzen) respektive
Produkte (Quotienten) aus mehr als zwei Messgrößen sinngemäß. Die Fehlerfortpflanzung ist dann schrittweise zu verfolgen.
B.4.3 Abschätzung bei teilweiser Kompensation der
Messunsicherheiten
Die eben beschriebene Maximalwertabschätzung geht vom ungünstigsten Fall aus,
dass alle auftretenden Einzelunsicherheiten die Unsicherheit der Größe z maximal
beeinflussen.
Beim Zusammenwirken mehrerer Einzelunsicherheiten können diese sich jedoch
auch teilweise kompensieren. So kann rein zufällig ein zu groß gemessener Durchmesser d durch eine zu klein gemessene Höhe h im Messergebnis kompensiert
werden.
64
B.4 Bestimmung der Messunsicherheit eines Messergebnis
Dies beschreibt die Gaußsche Fehlerfortpflanzung, welche die meistens im
Praktikum verwendete Methode ist.
Die zugrundeliegende allgemeine Regel lautet hierbei:
v"
#2 u 2
u ∂z
∂z
t
∆z =
∆x +
∆y
∂x y
∂y x
(B.4)
Für einfache Zusammenhänge ergeben sich ähnlich elementare Regeln wie bereits
bei der Maximalwertabschätzung:
1. Ist
z =x+y
oder
z =x−y ,
so folgt
∆z =
2. Ist
p
z =x·y
(∆x)2 + (∆y)2
oder
z=
x
,
y
so folgt
s
2 2
∆z ∆x
∆y
=
+
z x
y
B.4.4 Messunsicherheiten bei Messreihen (statistische Behandlung
der Daten)
Wurde eine Messung mehrmals (n-mal) durchgeführt, so streuen die n Einzelergebnisse xi (i = 1,2, . . . ,n) um den Mittelwert
1X
x̄ =
xi .
n i=1
n
(B.5)
Ihre Häufigkeitsverteilung ist bei genügend großer Zahl n von Messungen eine
Gaußsche Glockenkurve mit dem Maximum in x̄. Ein Maß für die Breite der
Verteilungskurve ist die Standardabweichung σ:
v
u
u
σ=t
n
X
1
·
(∆xi )2 .
n − 1 i=1
(B.6)
Hierbei ist die Größe ∆xi die Abweichung der i-ten Einzelmessung vom Mittelwert:
∆xi = xi − x̄ .
(B.7)
65
B Messunsicherheiten und Fehlerrechnung
Das Quadrat der Standardabweichung, d.h. σ 2 , heißt Varianz. Für den statistischen Fehler des Mittelwertes δx (= mittlerer quadratischer Fehler des Mittelwertes) gilt:
v
u
n
X
u
σ
1
t
δx = √ =
·
(∆xi )2 .
n(n − 1) i=1
n
(B.8)
B.5 Lineare Regression ( Ausgleichsgerade“)
”
Besteht ein linearer Zusammenhang zwischen Messgrößen, z.B. y(x) = s·x mit der
unbekannten Größe A, eignet sich zur Bestimmung von A die lineare Regression
mittels einer Ausgleichsgeraden.
Dazu trägt man die gemessene oder berechnete Größe y graphisch gegen x auf.
Die Abmessungen der Abszisse und Ordinate dieses Graphen sollten so gewählt
werden, dass die Wertebereiche von y und x abgedeckt, aber nicht wesentlich
überschritten werden (siehe Abb. B.1).
Zusätzlich zu den Punkten (x,y) werden zu jedem Punkt die Messunsicherheiten
∆x und ∆y als sogenannte Fehlerbalken eingetragen, entsprechend Abweichungen
zu größeren und kleineren Werten, und sind im Falle von ∆x von x − ∆x bis
x + ∆x einzuzeichnen (siehe vergrößerter Ausschnitt in Abb. B.1)
Graphische Bestimmung der Ausgleichsgeraden
Da die exakte mathematische Bestimmung der Regression meist zu aufwändig
wäre, um diese während der Versuchsdauer anzufertigen, wird im Praktikum die
Ausgleichsgerade nach Augenmaß in den Graphen eingezeichnet. Die Lage der
Ausgleichsgerade soll so gewählt werden, dass die Abweichung aller im Graphen
eingezeichneten Punkte von der Geraden möglichst gering wird. Die Steigung
s der Ausgleichsgeraden wird aus dem Steigungsdreieck für zwei beliebige Geradenpunkte (x1 ,y1 ) und (x2 ,y2 ) aus dem Differenzenquotienten bestimmt (s.
Abb. B.1).
y2 − y1
Differenzenquotient s =
x2 − x1
Die Wahl eines zu kleinen Steigungsdreiecks würde den Einfluss von Ablesefehlern
aus dem Graphen auf das Ergebnis erhöhen; daher muss das Steigungsdreieck
möglichst groß gewählt werden.
Unsicherheit der Geradensteigung
Die Unsicherheit der Geradensteigung kann nun wiederum graphisch abgeschätzt
werden. Dazu zeichnet man zwei Linien parallel und im gleichen Abstand zur
Ausgleichsgeraden (gestrichelt in Abb. B.2). Der Abstand sollte so gewählt werden, dass ca. 2/3 der Messpunkte zwischen diesen beiden Linien liegen. Die beiden Hilfslinien werden nun zu einer rechtwinkligen Box ergänzt, die gerade diese
66
0
-1
0
(x1 , y1 )
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
h
y(x) 10−2 m
i
1
∆y
2
3
∆x
4
5
6
7
8
9
10
11
12
Steigung s =
13
14
y2 − y 1
x2 − x1
15
16
17
18
x [s]
(x2 , y2 )
B.5 Lineare Regression ( Ausgleichsgerade“)
”
Abbildung B.1: Zunächst wird der Wertebereich der x- und y-Achse sinnvoll dem Wertebereich
der Messung angepasst. Dann werden die Messpunkte mit Fehlerbalken eingezeichnet.
Die Ausgleichsgerade kann zur Vereinfachung nach Augenmaß in die graphische Darstellung eingezeichnet werden. Die Steigung s wird dann mittels des Differenzenquotienten
eines möglichst großen Steigungsdreiecks“ berechnet.
”
67
17
16
15
14
3
2
1
0
-1
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
h
(xmin 1 , ymin 1 )
y(x) 10−2 m
i
(xmax 1 , ymax 1 )
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
smin =
(xmax 2 , ymax 2 )
ymin 2 − ymin 1
xmin 2 − xmin 1
ymax 2 − ymax 1
smax =
xmax 2 − xmax 1
smax − smin
∆s =
2
18
x [s]
(xmin 2 , ymin 2 )
B Messunsicherheiten und Fehlerrechnung
Abbildung B.2: Die Unsicherheit der Geradensteigung kann graphisch abgeschätzt werden.
Dazu wird eine Box symmetrisch um die Ausgleichsgerade gezeichnet, welche den Wertebereich der Messung nicht nennenswert übersteigt und zudem ca. 2/3 der Messpunkte
beinhaltet. Die Diagonalen dieser Box entsprechen smin ≈ s − ∆s und smax ≈ +∆s.
68
B.5 Lineare Regression ( Ausgleichsgerade“)
”
Messpunkte enthält, d.h. nicht nennenswert über den Wertebereich der Messwerte
hinausgehen.
Von dieser Box werden die beiden Diagonalen eingezeichnet. In guter Näherung
ist die Steigung der steileren Diagonale nun um ∆s größer, jene der flacheren
Diagonale um ∆s kleiner als s.
smax =
ymax 2 − ymax 1
ymin 2 − ymin 1
≈ s + ∆s und smin =
≈ s − ∆s (B.9)
xmax 2 − xmax 1
xmin 2 − xmin 1
erhält man eine Abschätzung für den Minimal- und den Maximalwert der Steigung
und daraus die Unsicherheit der Geradensteigung:
∆s =
smax − smin
2
(B.10)
69
C Umgang mit dem Oszilloskop
Das folgende Unterkapitel beschränkt sich auf den elementaren Umgang mit dem
Oszilloskop. Im Folgenden wird als Beispiel eine Wechselspannung von U0 = 3 V
und einer Kreisfrequenz von ω = 3 kHz auf dem Oszilloskop dargestellt.
C.1 Bestimmung der Frequenz und der Amplitude
Die Periodendauer in Abb. C.1 wird auf dem Bildschirm des Oszilloskops zu
xOs. = 4,25 Div. ± 0,25 Div. bestimmt. Mit 1 Div. (von engl. Division) werden
dabei die größeren Haupteinteilungen der Skala bezeichnet. Da die Periodendauer
hier als Zeitdifferenz zwischen zwei Nulldurchgängen abgelesen wird und jeder der
beiden Nulldurchgänge auf 0,5 Skt. = 0,125 Div. genau bestimmt werden kann,
ergibt sich hieraus die obige Angabe von ∆ xOs. = 0,25 Div.. In der Praxis ist es
oft empfehlenswert nicht den Nulldurchgang des Signals als Anhaltspunkt zu verwenden, sondern die Periodendauer als Zeitdifferenz zwischen zwei Maxima oder
zwei Minima des Signals zu bestimmen. An den obigen Ablesefehlern ändert dies
jedoch nichts.
x-Achse Time / Div.
ms 1 .5 .2 .1
.1
.2
.5
50
20
10
5
2
1
.5
.2
μs
2⋅yosz
s
2
yosz
5
10
20
50
xosz
y-Achse Volts / Div.
50 20 10
mV
5
2
1
1 Div.
V
.1
.2
.5
1
2
1 Div.
Abbildung C.1: Die Achseneinteilung, welche mittels der großen Drehschalter eingestellt wird,
gibt vor welche Zeit (x-Achse) oder Spannung (y-Achse) einer Haupteinteilung der Achsen (1 Div.) entspricht. Die gerade aktive Einstellung muss berücksichtigt werden, soll
z.B. aus dem Ablesewert xOsz. die Periodendauer T des Signals bestimmt werden. Eine
Änderung der Einstellungen des Oszilloskops ändert die Darstellung des Signals, das
Signal selbst aber nicht.
70
C.1 Bestimmung der Frequenz und der Amplitude
In der Abbildung ist die Achseneinteilung des Oszilloskops so gewählt, dass 1 Div.
auf der x-Achse einer Zeit von 0,5 ms entspricht. Die Periodendauer T wird damit
bestimmt zu
T = 4,25 Div. · 0,5 ms/Div. = 2,125 ms
und ∆T = 0,25 Div. · 0,5 ms/Div. = 0,125 ms
=⇒ T = 2,125 ms ± 0,125 ms
Die Kreisfrequenz ω ergibt sich damit zu
2π
ω = 2πν =
= 2957 Hz
T 2π
und ∆ω = − 2 · ∆T = 174 Hz
T
=⇒ ω = 2957 Hz ± 174 Hz
Die Amplitude U0 des Signals wird dem Vorgehen nach genauso auf der y-Achse
bestimmt. In der Praxis ist es oft schwierig, das Signal genau symmetrisch zu
x-Achse auszurichten, was die korrekte Bestimmung von yOsz. erschwert, so dass
es oft sinnvoller ist die doppelte Amplitude 2 · U0 durch das Ablesen von 2 · yOsz.
als Differenz zwischen Minimum und Maximum des Signals (siehe Abb. C.1) zu
bestimmen.
In der Abbildung wird dann 2 · yOsz. mit den gleichen Ableseungenauigkeiten wie
zuvor zu 2 · yOsz. = 6 Div. ± 0,25 Div. bestimmt. Da im Beispiel 1 Div. auf der
y-Achse der Spannung 1 V entspricht, erhält man dann U0 zu:
2 · U0 = 6 Div. · 1 V/Div. = 6 V
∆ (2 · U0 ) = 0,25 Div. · 1 V/Div. = 0,25 V
=⇒ U0 = 3 V ± 0,125 V
Wird kein Spannungssignal, sondern ein Stromsignal auf den Eingang des Oszilloskops gegeben, so erfolgt die Darstellung als Spannungssignal über einem
1 Ω-Widerstand. Die Amplitude I0 des Stromsignals erhält man dann durch Bestimmung von U0 wie zuvor und anschließender Berücksichtigung dieses 1 ΩWiderstandes: I0 = 1UΩ0 .
71
C Umgang mit dem Oszilloskop
C.2 Anpassung der Signaldarstellung
Time / Div.
ms
5
10
20
50
s
.1
.2
.5
.5 .2 .1
2 1
50
20
10
5
2
1
.5
.2
μs
Time / Div.
ms
5
10
20
50
s
.1
.2
.5
.5 .2 .1
2 1
50
20
10
5
2
1
.5
.2
μs
Abbildung C.2: Anpassung der x-Achse: Dargestellt ist zweimal das gleiche Signal mit ω =
3 kHz, wobei einmal (durchgezogene Linie) eine Achseneinteilung von 0,5 ms/Div. und
einmal (gestrichelte Linie) eine Einteilung von 0,2 ms/Div. am Oszilloskop eingestellt
wurde.
Volts / Div.
V
.1
.2
.5
1
2
50 20 10
mV
5
2
1
Volts / Div.
V
.1
.2
.5
1
2
50 20 10
mV
5
2
1
Abbildung C.3: Anpassung der y-Achse: Dargestellt ist zweimal das gleiche Signal mit
U0 = 3 V, wobei einmal (durchgezogene Linie) eine Achseneinteilung von 1 V/Div. und
einmal (gestrichelte Linie) eine Einteilung von 2 V/Div. am Oszilloskop eingestellt wurde
72
C.2 Anpassung der Signaldarstellung
Abbildung C.4: Verschiebung des Signals: Um das Ablesen von Amplitude und Periodendauer im Einzelfall zu vereinfachen, kann das Signal entlang der x-Achse (links)
und entlang der y-Achse (rechts) verschoben werden. Die Achseneinteilungen der x- und
y-Achse bleiben dabei unverändert.
Volts / Div.
V
.1
.2
.5
1
2
50 20 10
mV
5
2
Time / Div.
ms
5
10
20
50
1
s
.1
.2
.5
.5 .2 .1
2 1
50
20
10
5
2
1
.5
.2
μs
Volts / Div.
V
.1
.2
.5
1
2
50 20 10
mV
5
2
1
Abbildung C.5: Darstellung von zwei Eingangssignalen: Wird auf jeden der beiden
Eingänge des Oszilloskops ein Signal gegeben, so kann die y-Achseneinteilungen für
beide Eingänge getrennt eingestellt werden. Hier wird z.B. ein Signal mit U0 = 3 V
und ω = 3 kHz auf Eingang 1 (durchgezogene Linie) und auf Eingang 2 (gestrichelte
Linie) gegeben. Durch die unterschiedliche Wahl der y-Achseneinteilung für Eingang
1 und 2 wird das Signal entsprechend unterschiedlich dargestellt, obwohl sich an den
Eigenschaften des Signals selbst nichts ändert. Eine unterschiedliche Einteilung der xAchse für beide Signale ist bei den verwendeten Geräten nicht möglich.
73
D Griechisches Alphabet
Alpha
Beta
Gamma
Delta
Epsilon
Zeta
Eta
Theta
Iota
Kappa
Lambda
My
74
groß
A
B
Γ
∆
E
Z
H
Θ
I
K
Λ
M
klein
α
β
γ
δ
, ε
ζ
η
θ, ϑ
ι
κ
λ
µ
Ny
Xi
Omikron
Pi
Rho
Sigma
Tau
Ypsilon
Phi
Chi
Psi
Omega
groß
N
Ξ
O
Π
P
Σ
T
Υ
Φ
X
Ψ
Ω
klein
ν
ξ
o
π
ρ, %
σ, ς
τ
υ
φ, ϕ
χ
ψ
ω
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