MRSA Ist der Kampf noch zu gewinnen? (MR)SA-Steckbrief Staphylokokkus aureus bekannt seit 1874 (Billroth) verursacht vorwiegend: - Wundinfektionen - Harnwegsinfektionen - Atemwegsinfektionen Komplikationen: Sepsis, Carditis, Nierenversagen Lokalisation • Nasenrachenraum, besonders Nasenvorhöfe • Stirn-Haar-Grenze • Axillae und Schweißstraßen • Leisten • Damm Epidemiologie: Staphylokokkus aureus 30 % der Erwachsenen temporär besiedelt [DD: Besiedelung, Kolonisation, Infektion] MRSA • seit 1961 Resistenz gegen Methicillin bekannt, daher MRSA • später vielfach resistent M(ulti)RSA • auch bekannt als ORSA (oxacillinresistent) • bedeutendster Nosokomialkeim in Deutschland Infektkettenhinweis durch Stammtypisierung MRSA ist nicht gleich MRSA! Es existieren verschiedene Stämme mit verschiedenen Resistenzmustern: z. B. - Norddeutscher Epidemiestamm - Hannoveraner Epidemiestamm - Berliner Epidemiestamm - Barnim Epidemiestamm - Süddeutscher Epidemiestamm Resistenzphänotypen von MRSA mit überregionaler Verbreitung in Deutschland Gruppierung gemäß molekularer Typisierung Resistenzphänotyp Norddeutscher Epidemiestamm PEN, OXA, GEN, ERY, CLI, OTE, SXT, RIF, CIP Süddeutscher Epidemiestamm PEN, OXA, ERY, CLI, CIP (GEN, OTE)* Hannoverscher Epidemiestamm PEN, OXA, GEN, ERY, CLI, OTE, SXT, CIP Rhein-Hessen-Epidemiestamm PEN, OXA, ERY, CLI, CMP, CIP Wiener Epidemiestamm PEN, OXA, GEN, ERY, CLI, SXT, CIP, OTE, (FUS) Berliner Epidemiestamm PEN, OXA, CIP, (GEN, ERY, ERY-CLI, SXT) Barnimer Epidemiestamm PEN, OXA, CLI, CIP Andere variabel * Phänotypen in Klammern treten selten auf. CIP = Ciprofloxacin, CLI = Clindamycin, ERY = Erythromycin, FUS = Fusidinsäure, GEN = Gentamicin, OXA = Oxacillin, OTE = Oxytetrazyklin, PEN = Penicillin, RAM = Rifampicin, SXT = Trimethroprim/Sulfamethoxazol Zum Begriff der Resistenz Der Begriff Resistenz bezieht sich nur auf Antibiotika, nicht auf Antiseptika! Alle gängigen Antiseptika wie z. B. PVP-Jod, Alkohol, Chlorhexidin, Octenidin, Polyhexanid sind wirksam! Entwicklung der MRSA-Zahlen in Deutschland MRSA in Prozent aller Staph. aureus-Isolate aus Krankenhäusern (n. Witte u. Heuck 00/05): 1990: 1995: 1998: 1,7 % 8,7 % 15,2 % 2001: 20,7 % 2005: ca. 25,0 % zum Vgl.: Niederlande heute noch Dänemark USA und Japan ≈ 1% ≈ 1% ≈ 50 % Rechtslage MRSA Meldepflicht nach Infektionsschutzgesetz (IfSG) gem. § 6, Abs. 1, Ziff. 5 b ...2 oder mehr gleichartige Erkrankungen mit vermutetem Zusammenhang gem. § 6, Abs. 3 ...das gehäufte Auftreten nosokomialer Infektionen mit vermutetem Zusammenhang Abstriche (Screening) sinnvoll bei Risikopatienten: z. B. - multimorbide, alte Patienten, besonders solche mit Diabetes, unter Immunsupression, mit chronischen Wunden (insbesondere Dekubitus, Ulcus cruris), Blasenkatheter, PEG - Patienten auf Intensiv, Dialyse, Onkologie - Patienten aus Häusern mit bekannt hoher MRSA-Rate - Patienten, die mit MRSA-Patienten das Zimmer teilten Abstriche (Screening) sinnvoll bei Personal - das MRSA-Patienten betreut - bei Verdacht auf Infektketten Kein routinemäßiger All-Personen-Check. cave: An Angehörige des Personals denken! Abstriche (Screening) Wo: nicht an allen Prädilektionsstellen, sondern Nasenvorhof, Leiste plus evtl. vorhandene Wunde: Trefferquote > 90 % Wer bezahlt Abstrich: bei Personaluntersuchungen: der Träger (Betriebsarzt!) bei Patienten/ Bewohnern: die Krankenkasse Achtung: Der (Haus)Arzt braucht keine Angst vor Regreß wegen Budget- oder Richtgrößenüberschreitung haben. Untersuchungen unter Bezug auf das Infektionsschutzgesetz sind budgetbzw. richtgrößenfrei! Ziffer 32006 angeben auf dem Anforderungsschein. Vorschläge für ein einheitliches regionales Vorgehen in Diagnostik, Sanierung/Therapie und Überleitung von MRSA-Risikopatienten Fakten zu MRSA (I) • jährlich 136.000 Patienten mit MRSA in deutschen Krankenhäusern davon sicher im Krankenhaus erworben 38.000 davon behandlungsbedürftig 13.700 (36 %) • Letalität MRSA-Pneumonie 16,9 % (versus 7 %) Faktor 2,4 • Letalität MRSA-Sepsis 16,8 % (versus 6 %) Faktor 2,8 Fakten zu MRSA (II) • 50 % der Patienten mit MRSA-Besiedelung oder 1 – 2/100 Aufnahmen sind bereits bei (Wieder-)aufnahme in das Krankenhaus betroffen! • jeder MRSA-Patient überträgt pro stationärem Krankenhausaufenthalt seinen MRSA auf weitere 1,5 Personen • Trägerstatus dauert bis 40 Monate Verkehrte Welt (I) • Nosokomiale Infektionen sind ein Qualitätsindikator aber Wegsehen wird belohnt! (z.B. § 23 IfSG, KISS, Budgetanrechnung im Therapiefall) • „Screening“ keine Kassenleistung, wohl aber Verdachtsfallabklärung Verkehrte Welt (II) • Abstriche, die nicht mit der Sonderanforderungsnummer 32006 versehen sind, belasten das Budget des niedergelassenen Arztes • Sanierungsprodukte sind nicht verschreibungspflichtig und daher keine Leistung der Krankenkassen • Sanierung wird dem Arzt nicht vergütet Erste Schritte einer Lösung: MRSA-Netzwerk Region Kassel Adressaten: • • • • • • • • Krankenhäuser Altenheime Bezirksärztekammer Kassenärztliche Vereinigung Ambulante Pflegedienste Rettungsdienste Laboratorien ... Koordination: Gesundheitsamt Startpaket: Wir einigen uns auf: • eine einheitliche Verdachtsfallabklärung • eine offene und ehrliche Kommunikation über das Problem • ein einheitliches Sanierungsschema für die Patienten MRSA-Untersuchungen bei Aufnahme des Patienten (I) Chronische Wunden: Die Besiedlung mit multiresistenten Keimen kommt besonders häufig bei chronischen Wunden vor. Um dies rechtzeitig zu erkennen, soll ein Wundabstrich am Tag der stationären Aufnahme, der ambulanten Behandlung oder der Entstehung einer chronischen Wunde erfolgen. Nasenabstrich: Bei Patienten aus Alten- und Pflegeheimen Nasenabstrich durchführen. Chronische Pflegebedürftigkeit: Zusätzlich zum Nasenabstrich bei Patienten mit Dauerkatheter (Uricult), PEG, Tracheostoma Cystofix oder Dialyse bitte bei Aufnahme einen Abstrich auf MRSA abnehmen. MRSA-Untersuchungen bei Aufnahme des Patienten (II) Wiederaufnahme ehemaliger MRSA Patienten: Bei Wiederaufnahme von MRSA Patienten: Abstrich von: Nase, Leiste, ggf. Wunde, Bronchialsekret und Isolierung bis zum Ergebnis der Abstriche. Intensivstation: Zusätzlich Patienten aus anderen Krankenhäuser oder Rehakliniken. Bei Übernahme aus Krankenhaus, wenn dort ≥ 10 Tage stationär. Bei allen Abstrichen MRSA auf dem Untersuchungsantrag ankreuzen. RKI-Indikationsliste (mit Ergänzung) 17.10.2008 (Epidemiologisches Bulletin) Sanierungsschema Wofür ein MRSA-Netzwerk? • wissen, was Sache ist (regionale Epidemiologie) • herausfinden, was hilft (Sanierung und Therapie) • gemeinsam mehr erreichen (MRSA ↓↓) • Ergebnisse für gesundheitspolitische Weichenstellungen nutzen Einladung zur Mitarbeit Wenn Sie sich auf das Startpaket einlassen können und bereit sind es umzusetzen, laden wir Sie herzlich zur Mitgliedschaft im MRSA-Netzwerk Region Kassel ein. Zwischenergebnis Netzwerkteilnahme • • • • • • • • Heime Ambulante Dienste Krankenhäuser Laboratorien Arztpraxen Leitstellen/Rettungsdienst Heimaufsicht Podologische Fachpraxis 14 12 8 2 3 1 1 1 Werra-Meißner-Kreis und Kreis HersfeldRotenburg bereiten eigene Netzwerke in Zusammenarbeit mit Region Kassel vor. Gemeinsam können wir es schaffen! Dem MRSA keine Chance!