Zusammenfassungen der Vorträge ()

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Jahrestagung und Mitgliederversammlung
von ICOM Deutschland
DIE ETHIK DES SAMMELNS
23. – 25. September 2010
Leipzig, GRASSI Museum
Zusammenfassungen der Vorträge
Inhalt
Kulturelles Erbe im Spannungsfeld öffentlicher und privater Verantwortung
Isabel Pfeiffer-Poensgen
Ethische Fragen bei Förderentscheidungen
der Kulturstiftung der Länder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .1
Michael Franz
Transparenz und Dokumentation –
Der Auftrag der Koordinierungsstelle Magdeburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .2
Karl M. Arnold
Ethik und Auktionsmarkt. Ein Widerspruch? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .3
Sammeln als Verantwortung für die materielle Überlieferung
Andreas Scholl
Die Erwerbungs- und Leihpolitik der Berliner Antikensammlung
im internationalen Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .4
Matthias Wemhoff
Von der Grabung ins Museum? Fundmengen als
Herausforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .5
Regina Barunke
Vom Atelier ins Archiv. Wohin mit Künstlernachlässen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .6
Ansammeln und Entsammeln
Hans Lochmann
Weiter endlos sammeln? – Wege zu einer Empfehlung zur
Sammlungsqualifizierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .7
Anette Rein
Originale oder Dubletten? Versuche, Vielfalt zu retten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .8
Volker Mosbrugger
Wem gehört die Natur? – Auf dem Weg zu einer „Ethik des
Sammelns“ in einer globalisierten Naturforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
Eine Frage der Deutungshoheit? Private und öffentliche Kunstsammlungen
Uwe M. Schneede
Gekaufte Kunstgeschichte? Das Museum und die Sammler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
Thomas Olbricht
Mein Weg als Sammler. Leidenschaft – Verantwortung – Zukunft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
Neue Sammlungskonzepte: Strategien für das 21. Jahrhundert
Udo Gößwald
Die Erbschaft der Dinge.
Über die subjektiven Bedeutungen von Sammlungsstücken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
Eva Fägerborg
Contemporary collecting in Sweden: Experiences of Samdok . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
Matthias Henkel
Ausgesammelt? Strategische Überlegungen des museologischen
Sammlungsmanagements zwischen Kollaps, Konkurrenz und
Kooperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
Friedemann Malsch
Alte Aufgaben mit neuen Methoden erfüllen. Der Erwerb der
Sammlung Ricke durch drei Museen aus drei Ländern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
Markus Walz
Zwischen Sammlungsqualifizierung, Sammeln 2.0 und
Verkunstung – neue konzeptuelle Tendenzen und der ethische
Anspruch einer wissenschaftlichen Institution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
Kulturelles Erbe im Spannungsfeld öffentlicher und privater Verantwortung
Isabel Pfeiffer-Poensgen
Ethische Fragen bei Förderentscheidungen
der Kulturstiftung der Länder
Der Vortrag beschäftigt sich mit der Begutachtung von Kunstwerken und Kulturgütern und
ethischen Fragen bei Förderentscheidungen seitens der Kulturstiftung der Länder. 1987 gegründet, ist es der satzungsgemäße Auftrag der Kulturstiftung der Länder, Kunst und Kultur
von nationaler Bedeutung für deutsche Museen, Bibliotheken und Archive zu sichern. Als
länderübergreifende Institution gelingt es der Stiftung – auch binnen kürzester Zeit –, national
bedeutende Zeugnisse für Deutschland zu bewahren, öffentliche Sammlungen durch Ankäufe zu stärken und schmerzliche Lücken durch Rückführungen zu schließen.
Die Förderentscheidungen der Kulturstiftung der Länder werden von Fragestellungen zur
Qualität der Objekte, zur Provenienz, zur Bedeutung für die Sammlung und/oder die Region
und zum Preis getragen. Der Vortrag widmet sich insbesondere dem breiten Spektrum an
Provenienzfragen, die die Stiftung vor jedem Ankauf prüft: vom einfachen Diebstahl über NSverfolgungsbedingt entzogene Kulturgüter und „entartete“ Kunst bis hin zu Kriegsverlusten
und Enteignungen in der Sowjetischen Besatzungszone von 1945 bis 1949. Darüber hinaus
beschäftigt sich der Vortrag mit dem Schutz national bedeutender Kulturgüter in privatem
Besitz und beleuchtet Handhabung und Eintragungspraxis des Verzeichnisses national wertvollen Kulturgutes.
Isabel Pfeiffer-Poensgen: geboren 1954 in Aachen, studierte Geschichte und Kunstgeschichte in Aachen sowie Rechtswissenschaften an den Universitäten Bonn, Lausanne und
Freiburg. 1983–1988 folgten Tätigkeiten in der Hamburger Kultur- und Wissenschaftsverwaltung. 1989 wurde sie zur Kanzlerin der Hochschule für Musik Köln ernannt. Von 1999 bis 2004
war sie Beigeordnete für Kultur und Soziales der Stadt Aachen. Seit dem 1. November 2004 ist
Isabel Pfeiffer-Poensgen Generalsekretärin der Kulturstiftung der Länder. Sie ist Mitglied im
Kuratorium der Peter und Irene Ludwig Stiftung sowie des Sparkassen-Kulturfonds, des Stiftungsbeirats der Kulturstiftung des Bundes, des Stiftungsbeirats der Stiftung Schloss Friedenstein, des Kuratoriums der Akademie Schloss Solitude, des Kuratoriums der Stiftung Genshagen und des Universitätsrats Heidelberg.
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Kulturelles Erbe im Spannungsfeld öffentlicher und privater Verantwortung
Michael Franz
Transparenz und Dokumentation –
Der Auftrag der Koordinierungsstelle Magdeburg
Die Koordinierungsstelle Magdeburg ist die zentrale deutsche, vom Bund und allen Ländern
finanzierte, öffentliche Serviceeinrichtung für Kulturgutdokumentation beim Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt. Die 1994 gegründete Stelle dokumentiert NS-verfolgungsbedingt entzogene und kriegsbedingt verbrachte Kulturgüter über ihre Internet-Datenbank
www.lostart.de. Damit stellt sie im Sinne der Grundsätze der Washingtoner Konferenz vom Dezember 1998 in Bezug auf Kunstwerke, die von den Nationalsozialisten beschlagnahmt wurden
und der deutschen Gemeinsamen Erklärung von Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden zur Auffindung und Rückgabe von NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgütern, insbesondere aus jüdischem Besitz, von 1999 national und international Transparenz her. Dabei
umfasst www.lostart.de als frei zugängliches Wissensportal nicht nur zahlreiche nationale und
internationale Such- und Fundmeldungen zu NS-verfolgungsbedingt entzogenen und kriegsbedingt verbrachten Kulturgütern, sondern auch meldungsübergreifende Informationen.
Neben dieser Dokumentation, die die Grundlage zu zahlreichen Identifizierungen und Rückgaben bildete, berät die Koordinierungsstelle die kulturgutbewahrenden Einrichtungen und
realisiert Serviceinstrumente; hierzu zählen etwa Veranstaltungen, die 2001 begründete Buchreihe der Koordinierungsstelle und Checklisten zu NS-Raubkunst und Beutekunst. Weiterhin
fungiert die Koordinierungsstelle als Geschäftsstelle für die Beratende Kommission für die
Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter. Schließlich nimmt die Koordinierungsstelle die Fachadministration der neuen Bund-Länder-Website www.kulturgutschutzdeutschland.de wahr.
Dr. iur. Michael Franz: Geboren am 08. Oktober 1966; 1994 Erstes Juristisches Staatsexamen,
1995 Promotion („Zivilrechtliche Probleme des Kulturgüteraustausches“), 1997 Zweites Juristisches Staatsexamen. 1998 Rechtsanwalt; Gutachter für das Bundesministerium des Innern
(Thema: Internet-Datenbank kriegsbedingt verbrachter Kulturgüter). Seit 1999 Leiter der Koordinierungsstelle Magdeburg. Seit 2006 Mitglied im wissenschaftlichen Beirat der Zeitschrift
für Kunst und Recht (KUR); seit 2008 Mitglied im Beirat der Arbeitsstelle für Provenienzrecherche/-forschung Staatliche Museen zu Berlin. 2009 Gutachter für das österreichische Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung (Förderprogramm „forMuse – Forschung an Museen“).
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Kulturelles Erbe im Spannungsfeld öffentlicher und privater Verantwortung
Karl M. Arnold
Ethik und Auktionsmarkt. Ein Widerspruch?
Im geplanten Beitrag kann nicht die Frage erläutert werden, ob das Handeln mit Kunst überhaupt vertretbar ist oder nicht, werden damit doch verschiedenste menschliche Bedürfnisse
abgedeckt – von der einfachen Befriedung des Urinstinkts des (An)sammelns, über das Schaffen finanzieller Reserven bis hin zur Erhöhung des eigenen Ansehens durch andere. Diese
Bedürfnisse einer normativen Beurteilung zu unterziehen kann an dieser Stelle nicht geleistet
werden.
Unser Ansatz muss demnach lauten: Wenn Kunst schon vermarktet wird, dann sollte dies
möglichst transparent geschehen, so dass alle Marktteilnehmer die Chance haben, den Vermarktungsvorgang zu kontrollieren und Einfluss darauf zu nehmen.
Die Fragen nach den ethischen Grenzen des heutigen Auktionsmarkts und nach den zur Verfügung stehenden Mechanismen der Kontrolle stehen somit im Mittelpunkt des Vortrages.
Karl M. Arnold: geboren am 6. September 1960 in Frankfurt/Main; 1981–1985 Ausbildung in
den Auktionshäusern Meyer / Hamburg (Industrieverwertung), Sotheby‘s / München und
Sotheby‘s/London; Studienaufenthalt in Nordamerika; 1983 Erteilung der Versteigerererlaubnis durch das Ordnungsamt Frankfurt / Main; seit 1985 tätig im Auktionshaus Arnold in Frankfurt / Main; 1987 Vereidigung zum öffentlich bestellten und vereidigten Auktionator; 1990 Ausbildung zum Gemmologen und Diamantgutachter am Deutschen Gemmologischen Institut
in Idar-Oberstein; 1997–2001 Ehrenamtlicher Verwaltungsrichter am Verwaltungsgericht Frankfurt am Main; seit 2001 Handelsrichter am Landgericht Frankfurt am Main; seit 2009 Vorstandsmitglied des Frankfurter Kunstgewerbevereins.
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Sammeln als Verantwortung für die materielle Überlieferung
Andreas Scholl
Die Erwerbungs- und Leihpolitik der Berliner Antikensammlung
im internationalen Kontext
[Der Text lag bei Redaktionsschluss noch nicht vor.]
Prof. Dr. Andreas Scholl: geboren 1959, ist seit 2004 Direktor der Antikensammlung der
Staatlichen Museen zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz. Nach dem Studium der Klassischen
Archäologie in Münster und London wurde er 1989 mit einer Arbeit über die kleinformatigen
Grabreliefs im spätklassischen Athen promoviert, erhielt das Reisestipendium des Deutschen
Archäologischen Instituts und war anschließend als wissenschaftlicher Assistent an den Universitäten Münster, Köln und Bonn tätig. 1998 habilitierte er sich in Bonn mit einer Arbeit über
die Votive aus geometrischer und archaischer Zeit von der Athener Akropolis und wechselte
im Jahre 2000 als Kustos der Sammlung antiker Skulpturen an die Berliner Antikensammlung.
Er ist korrespondierendes Mitglied des Deutschen Archäologischen Instituts und Honorarprofessor an der Freien Universität Berlin.
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Sammeln als Verantwortung für die materielle Überlieferung
Matthias Wemhoff
Von der Grabung ins Museum? Fundmengen als
Herausforderung
Die Sammlung archäologischer Landesmuseen hat sich in den letzten Jahrzehnten gravierend
verändert. Auf der Basis der Denkmalschutzgesetze hat sich die Zahl der Grabungen seit den
80er Jahren deutlich erhöht und die Fundmengen haben sich – nicht zuletzt durch die Mittelalterarchäologie – geradezu potenziert. Es ist nun eine besonders schwierige Aufgabe, die
Fundmengen angemessen zu magazinieren und zu erfassen. Diese Aufgabe ist in einigen
Bundesländern durch die Errichtung neuer Magazine beispielhaft gelöst worden. Allerdings
fehlt häufig das Personal für die angemessene Betreuung und Erfassung. Besonders schwer
ist es, diese Erfassung nach Museumsstandards so durchzuführen, dass Leih- und Rechercheanfragen schnell und sachgerecht bearbeitet werden können.
Ein großes Nadelöhr ist dabei die Restaurierung. Die Werkstätten sind häufig personell extrem
unterbesetzt, die dringendsten Restaurierungsarbeiten können kaum geleistet werden. Dies
gilt gerade auch für Objekte, deren Erhaltungszustand nach der Auffindung besonders problematisch ist. Auch Museumsobjekte leiden unter dieser Überlastung, da Restauratoren, die
die Sammlung betreuen und auch die museale Präsentation regelmäßig kontrollieren, nicht
überall vorhanden sind.
Es bedarf daher auch Kriterien, um zu entscheiden, welche Objekte dauerhaft bewahrt werden sollen und können. Ein eigenes, auch ethisch zu bewertendes Sammlungsgut sind die
vielen menschlichen Gebeine, die bei Grabungen gerade in Städten geborgen und immer
stärker als wissenschaftliche Quelle genutzt werden.
Prof. Dr. Matthias Wemhoff : geb. 1964 in Münster, Studium der Vor- und Frühgeschichte,
Mittlere Geschichte und Kirchengeschichte in Bamberg und Freiburg, 1992 Leiter des Museums in der Kaiserpfalz in Paderborn und seit 2002 des Westfälischen Landesmuseums für
Klosterkultur in Kloster Dalheim. Seit 2008 Direktor des Museums für Vor- und Frühgeschichte
der Staatlichen Museen zu Berlin und Landesarchäologe von Berlin. Honorarprofessor an der
Freien Universität Berlin.
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Sammeln als Verantwortung für die materielle Überlieferung
Regina Barunke
Vom Atelier ins Archiv. Wohin mit Künstlernachlässen?
Das Archiv für Künstlernachlässe der Stiftung Kunstfonds hat im Mai dieses Jahres eröffnet.
Sein Schwerpunkt liegt auf den künstlerischen Werken von Kunstschaffenden aus Deutschland
ab 1950/60 bis heute, begleitet von Künstler- und Skizzenbüchern, Recherchematerial und
ausgewählten Korrespondenzen, die Aufschluss über den jeweiligen Werkprozess ermöglichen. Diese kostbaren, der Fachöffentlichkeit zugänglichen Primärquellen sind eine wichtige
Grundlage für Forschungsarbeiten, Publikationen und die Konzeption von Ausstellungen,
indem sie beispielsweise als Leihgaben zur Verfügung gestellt werden. Das Archiv umfasst
derzeit sechs Nachlässe mit mehr als fünftausend Werken deutscher Kunstschaffender ab
1960 bis heute. Weitere Nachlässe sind in vertraglicher Verhandlung, andere zugesagt und
warten auf den Transport. Das Gros jedoch sammelt sich in Hängeordnern und Kisten zu den
jährlichen Bewerbungsrunden und mit ihm auch das Bangen der Einzelnen, was eine Absage
für den Wert des jeweiligen künstlerischen Lebenswerks bedeutet und welche Konsequenzen
daraus abzulesen sind. Wohin also mit Nachlässen bzw. was soll von ihnen bleiben und was
ist der Nachwelt zumutbar? Ein Archiv, das sich dementsprechend der Zukunft zugewiesen
weiß, muss – und das versucht der Vortrag zu zeigen – darüber nachdenken, wie es vorgeht.
Der Vortrag gibt nicht nur Einblicke in Ateliers und Werkkonvolute einzelner Nachlasskünstler.
Auf dem Weg vom Atelier ins Archiv durchläuft er zahlreiche Stationen, so auch die Fragestellung, was geschieht, wenn Kunst auf ein Archiv trifft, Kunst, die sich doch gerade dadurch
auszeichnet, den konventionellen Ordnungspraktiken fremde Formen oder gar Unordnung
zu entwickeln. Der Vortrag bewegt sich durch das komplexe und unstete Spannungsfeld von
Zielsetzungen und Aufgabenstellungen versus Erwartungshaltung und Verantwortung gegenüber Künstlern, Kunstgeschichte und Kunstgegenwart.
Regina Barunke: geb. 1974. Studium der Kunstgeschichte und Anglistik an der Universität
zu Köln und dem Goldsmiths College London. Kuratorische Assistenz und Sammlungsbetreuung am Museum für Moderne Kunst, Frankfurt am Main. Galerieassistenz bei Jablonka
Galerie und Galerie Sprüth-Magers, Köln. Mehrjährige Künstlerassistenz von Andreas Gursky.
Kuratorenstipendium der Kulturstiftung NRW mit Ausstellungen am Wilhelm-LehmbruckMuseum Duisburg und Museum Kurhaus Kleve. Reisestipendium für Kuratoren des GoetheInstituts. Zahlreiche kuratorische Projekte, darunter Leitung von „Projects in Art & Theory“,
Köln. Seit 2009 Leiterin des Archiv für Künstlernachlässe der Stiftung Kunstfonds.
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Ansammeln und Entsammeln
Hans Lochmann
Weiter endlos sammeln? – Wege zu einer Empfehlung zur
Sammlungsqualifizierung
Vorgestellt wird der Diskussionsstand zu dem Anfang Mai 2010 vom Deutschen Museumsbund
im Internet veröffentlichten Positionspapier „Nachhaltiges Sammeln“. Über zwei Jahre hat eine
Arbeitsgruppe des Museumsbundes an einer Weiterentwicklung des DMB-Positionspapiers
zur Abgabe von Sammlungsgut von 2002 gefeilt.
Im Sinne einer Sammlungsqualifizierung brauchen Museen Regeln zum Sammeln und korrespondierend dazu auch Regeln für den Ausnahmefall einer Abgabe. Vorrangiges Ziel ist die
Initiierung bzw. Fortsetzung der Diskussion aktueller Sammlungsstrategien in allen Fachsparten und die Entwicklung von Sammlungskonzepten in den Museen. Unterschiedliche Aspekte
der Entscheidung für oder gegen die Aufnahme in eine Sammlung müssen stärker mit Argumenten untermauert werden. Die Verantwortung der Museen für das von ihnen bewahrte
Sammlungsgut ist groß und kostet personelle und finanzielle Ressourcen. Mit klar strukturierten Sammlungskonzepten können Museen ihre Position in einer Kernaufgabe stärken. In
diesem Zusammenhang kann das Thema Abgabe von Sammlungsgut nicht länger tabuisiert
werden. Der Diskussionsprozess hierzu ist in der deutschen Museumswelt noch nicht abgeschlossen.
Dipl.-Geol. Hans Lochmann: geboren 1955 in Frankfurt am Main; Studium der Geographie,
Soziologie und Politik in Frankfurt am Main und Gießen; 1980–1986 Tätigkeit in der Erwachsenenbildung; seit 1980 Tätigkeit an verschiedenen Museen, u. a. Oberhessisches Museum Gießen und Freilichtmuseum Hessenpark, Neu-Anspach; seit 1987 Leiter der Geschäftsstelle des
Museumsverbandes für Niedersachsen und Bremen in Hannover; Vorstandsmitglied im Deutschen Museumsbund (1995–2007); Mitwirkung an Handreichungen des DMB: Standards für
Museen (2006), Bürgerschaftliches Engagement (2008), Nachhaltiges Sammeln (2010); Lehrauftrag am Seminar für Volkskunde der Uni Göttingen (2002); Redaktionelle Tätigkeit u. a. Museumsführer Niedersachsen und Bremen 5., 6. u. 7. Auflage, Mitherausgeber „Abenteuer mit
Marie und Max – Museumsführer für Kinder Niedersachsen und Bremen“ (vier Bände) 2002;
Jurymitglied VGH-Preis Museumspädagogik seit 2002; Projektleitung Museumsregistrierung
Niedersachsen/Bremen (seit 2006); Mitglied der AG „Forschung in Museen“, Wissenschaftliche
Kommission Niedersachsen (2009/10); museologische Veröffentlichungen zu verschiedenen
Themen.
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Ansammeln und Entsammeln
Anette Rein
Originale oder Dubletten? Versuche, Vielfalt zu retten
Ethnografika, Dinge aus nicht-europäischen Kulturen, finden sich seit Jahrhunderten in europäischen Sammlungen. Unter dem Aspekt der Seltsamkeit mitgebracht wurden sie zunächst
nach ihrer materiellen Beschaffenheit in die Kuriositätenkabinette einsortiert. Lebenszusammenhänge der Anderen blieben bis in die Neuzeit größtenteils unberücksichtigt.
Erst nach der Etablierung der Ethnologie wurden seit dem 19. Jh. Objekte vor dem Hintergrund
wissenschaftlicher Forschungen für Völkerkundemuseen gesammelt, dokumentiert und ausgestellt. Neben interdisziplinären Sammelreisen blieben weiterhin auch Missionare, Händler
und andere Reisende beauftragt, Objekte zu bringen und Fragebögen über andere Kulturen
auszufüllen. Noch bis ins 20. Jh. war man davon überzeugt, dass sich die Bedeutung eines
Objekts und der ursprüngliche Gebrauchszusammenhang aus dem Objekt selbst erschließen
würden. Das Wissen indigener Hersteller und Nutzer blieben unberücksichtigt. Systematische
Sammelreisen wurden erst seit Mitte des 20. Jh. unternommen. Diese fanden zu ausgewählten
Themen statt oder mit dem Versuch so genannte „geschlossene“ Sammlungen zu erstellen,
die Beispiele der gesamten materiellen Kultur einer Ethnie erfassen sollten. Es herrschte die
Besorgnis, dass die anderen Völker in absehbarer Zeit verschwinden würden. Museen versuchten zu retten was noch zu retten war. Noch bis in die 1960er Jahre wurden deshalb z. B. am
Frankfurter Museum der Weltkulturen viele Objekte des gleichen Typs als „Dubletten“ zum
möglichen Tausch mit anderen Museen gesammelt.
Die über Jahrhunderte hinweg erworbenen Dinge stellen einen Reichtum an materiellem
Welterbe dar – dessen immaterielles Spektrum in vielen Fällen erst noch erhoben werden
muss. Wenn wir der Frage nachgehen, welche sozialen Beziehungen sich um die Artefakte
ranken, und welche wechselnden Rollen den Dingen während ihres Lebenszyklusses zugewiesen werden, stellen wir den etablierten wissenschaftlichen Bewertungskriterien neue Dimensionen der Analyse zur Seite. Mit der Erfassung und Darstellung sozialer Netzwerke von
Menschen rund um Museumsobjekte – unabhängig von Herkunft, Alter und Geschlecht –
stellen wir die Verbundenheit von Menschen mit Museumsdingen in einer globalen Dimension dar und erschließen neue Wege der Erkenntnis über das immaterielle Welterbe. Eine
Reduktion ethnographischer Sammlungen – nach welchen Kriterien auch immer – schmälert
die Möglichkeiten eines inter- und transkulturellen dialogischen Austauschs.
8
Ansammeln und Entsammeln
Dr. Anette Rein: geboren 1955; Studium an der FU-Berlin Ethnologie, Altamerikanistik Soziologie und Erwachsenenbildung. Magister 1984. 1985–1987 und im folgenden Jahrzehnt Feldforschungen auf Bali zu traditionellen Tänzen; Promotion 1994. Von 1976–1985 Freie Mitarbeiterin am Museum für Völkerkunde Berlin (Ethnologisches Museum), Abteilungen Europa
und Altamerika. Von 1988–2000 Lehre im Fach Ethnologie an den Universitäten Mainz, Kupang (Timor) und Leipzig. Von 2000–2008 Direktorin des Museums der Weltkulturen in Frankfurt am Main. Seit 2008: Wissenschaftliche Projektleiterin zur Entwicklung eines Konzepts für
ein Wissenschaftszentrum im Rhein-Main-Gebiet, Lehrbeauftragte an den Universitäten in
Frankfurt am Main, Mainz und Bayreuth. Gutachterin für die Reinwardt Akademie in Amsterdam
im Studiengang Museologie (Master-Arbeiten); Wissenschaftsmoderatorin; Autorin; Mitglied
im Vorstand von ICOM Deutschland und im Vorstand des International Committee for Museums and Collections of Ethnography (ICME). Vertreterin von ICOM Deutschland im Deutschen
Kunstrat und im Deutschen Kulturrat (Fachausschüsse Bildung und Kulturfinanzierung). Über
90 Vorträge im In- und Ausland und über 40 Publikationen u. a. zu folgenden Themenbereichen: Museum, (lm)materielle Kultur, Tanzethnologie, Ritual- und Gender forschung, Anthropologie des Körpers, Menschenrechte und Indonesien.
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Ansammeln und Entsammeln
Volker Mosbrugger
Wem gehört die Natur? – Auf dem Weg zu einer „Ethik des
Sammelns“ in einer globalisierten Naturforschung
Die Ursprünge der Naturforschung sind vermutlich so alt wie der Mensch selbst: Als Teil der
Natur war der Mensch wohl immer darauf angewiesen, seine Umwelt zu erforschen und so
gut es eben geht zu verstehen und zu nutzen. Die moderne Naturforschung hat ihre Wurzeln
jedoch in der Renaissance, erlebte im 18. und 19. Jahrhundert ihre erste Blütezeit und ist
heute wesentlich eine „Erdsystemforschung“: Sie erforscht und dokumentiert die natürliche
und anthropogene Dynamik des „Systems Erde“, also der belebten und unbelebten Natur.
Sammlungen waren seit jeher und sind nach wie vor eine zentrale „Forschungsinfrastruktur“
der Naturforschung. Sie halten das „Typus-Material“ für die bisher beschriebenen Minerale,
Gesteine und Organismen vor, die gewissermaßen als „Urmeter“ für Vergleichs- und Bestimmungszwecke notwendig sind, und sie repräsentieren „Archive der Natur“, die natürliche und
anthropogene Veränderungen des Erdsystems dokumentieren und erforschbar machen. Eine
Naturforschung ohne Sammlungen kann es daher nicht geben. Zunehmend rückt heute
aber auch der ökonomische Wert von naturkundlichen Objekten und Sammlungen in den
Blick. Dabei spielen einerseits (Schwarz-)Märkte für Fossilien, Tier- und Pflanzenarten eine
Rolle, vor allem aber geht es um die (potentielle oder reale) kommerzielle Nutzung genetischer
Ressourcen. Mehr und mehr Staaten schützen sich heute durch rigorose Regelwerke vor
einem Ausverkauf ihrer Natur und vor „Biopiraterie“, unterstützt durch internationale Konventionen wie das Washingtoner Artenschutzabkommen oder die Konvention zum Schutz der
Biologischen Vielfalt. Hintergrundgedanke ist dabei, dass die jeweiligen Staaten ein Anrecht
auf ihre Natur und deren Nutzung haben. Andererseits gilt aber auch: die Natur ist streng genommen ein „Welt-Naturerbe“ der gesamten Menschheit und kann nicht in staatlichen Dimensionen gedacht und erforscht werden. Es gibt daher auch ein Anrecht der Menschheit auf
eine nicht-kommerzielle „open-access-Naturforschung“, die ihre Erkenntnisse und Sammlungsobjekte jedermann für weiterführende wissenschaftliche Arbeiten zur Verfügung stellt.
Prof. Dr. Dr. h.c. Volker Mosbrugger: Generaldirektor der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung in Frankfurt, die mit fünf Instituten, mehreren Forschungsstationen und insgesamt rund 700 Mitarbeitern weltweit Naturforschung betreibt sowie in Frankfurt, Dresden und
Görlitz bekannte Naturmuseen unterhält. Er leitet auch das neu gegründete Forschungszentrum Biodiversität und Klima, das von Senckenberg und der Goethe-Universität gemeinsam
getragen wird. Volker Mosbrugger studierte Biologie und Chemie in Freiburg i.Br. und Montpellier (F) und war von 1990 bis 2005 Professor für Paläontologie an der Universität Tübingen,
bevor er dann zu Senckenberg wechselte. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Wechselwirkung und Entwicklung von Vegetation und Klima sowie die Evolution der Landpflanzen.
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Eine Frage der Deutungshoheit? Private und öffentliche Kunstsammlungen
Uwe M. Schneede
Gekaufte Kunstgeschichte? Das Museum und die Sammler
Angesichts ihrer akuten Schwäche – und wegen der hohen Preise auf dem Kunstmarkt – gerieten, heißt es vielfach in der Kritik, die öffentlichen Museen in die Fänge von Privatsammlern.
So verlören sie ihre ureigene Unabhängigkeit. Wie ist der Stand? Und was wäre zu tun? Einige
Thesen vor historischem Hintergrund.
Prof. Dr. Uwe M. Schneede: Geboren 1939. Nach dem Studium der Kunstgeschichte 1967/68
Assistent an der Kunsthalle Düsseldorf, 1968–1984 nacheinander Leiter der Kunstvereine in
Stuttgart und Hamburg. 1985–1990 Professor für die Kunstgeschichte der Moderne an der
Ludwig-Maximilians-Universität in München. 1991 bis 2006 Direktor der Hamburger Kunsthalle. 2010 Gastkurator der Ausstellung „Das schönste Museum der Welt“ im Museum Folkwang Essen.
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Eine Frage der Deutungshoheit? Private und öffentliche Kunstsammlungen
Thomas Olbricht
Mein Weg als Sammler. Leidenschaft – Verantwortung – Zukunft
Nach 57-jähriger Sammlertätigkeit, die in früher Kindheit begann und sich, angefangen mit
Briefmarken, Jugendstil-Objekten, Afrikana bis hin zur zeitgenössischen Kunst mit Werken in
allen Medien und Etablierung einer Wunderkammer erstreckt, hat der Sammler Thomas Olbricht sich entschlossen in die Öffentlichkeit zu gehen und einen Ausstellungsraum für seine
Sammlung in Berlin eröffnet.
Das Ausstellungskonzept für die nächsten drei Jahre soll neben der Präsentation aktueller
zeitgenössischer Kunst verschiedener internationaler Künstler und unterschiedlichster Medien auch Gegenüberstellungen alter und neuer Kunst sowie die Präsentation anderer, ausländischer Sammlungen in einem viermonatigen Turnus zeigen. Zusätzlich wird eine Wunderkammer im Stil der Renaissance und Barockzeit fest installiert.
Das vom Sammler angestrebte Ziel ist es, im Sinne experimenteller Kunstausstellungsprojekte
und in einer Form Kunstlaboratorium, neue Wege der Kunstpräsentation zu finden, die in einem musealen Umfeld aus kunsthistorischen, konservatorischen und betriebswirtschaftlichen Gründen nicht verwirklicht werden können.
Über die spezifische Entstehung der Sammlung, die über Jahre gewonnenen Erfahrungen in
der Zusammenarbeit mit Museen bei Leihgaben und Ausstellungen, sowie die eigenen Vorstellungen über künftige Ziele des privaten Sammlers wird sehr persönlich berichtet.
Prof. Dr. Thomas Olbricht: 1948 geboren in Wernesgrün im Vogtland; 1974 Promotion zum
Doktor der Naturwissenschaften/Chemie (Studium in Marburg / Bochum); 1979 Promotion
zum Doktor der Medizin (Studium in Essen); 1989 Privatdozent für Innere Medizin und Endokrinologie; 1992–2003 Mitglied im Aufsichtsrat der Firma Wella AG, 2002 / 2003 Vorsitzender
des Aufsichtsrates; 1994 Ernennung zum Professor für Innere Medizin an der Universität Gesamthochschule Essen; 1994 Gründung der ersten Praxis für das Spezialfach Endokrinologie
im Ruhrgebiet (Essen), tätig bis 2002; seit 1986 Sammler im Bereich Bildende Kunst mit
Schwerpunkt Zeitgenössische Kunst und anderen Bereichen.
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Neue Sammlungskonzepte: Strategien für das 21. Jahrhundert
Udo Gößwald
Die Erbschaft der Dinge.
Über die subjektiven Bedeutungen von Sammlungsstücken
In meinem Vortrag zeige ich, dass die subjektiven Dimensionen von Sammlungsstücken einen kulturellen und damit gesellschaftlichen Wert darstellen, der ebenfalls im musealen Raum
bewahrt werden sollte. Es wird dabei auf eine andere museale Praxis verwiesen, die davon
ausgeht, dass die Dinge spezifische Bedeutungen mitbringen, bevor sie deponiert oder exponiert werden. Das vergessene Menschliche in den Dingen wird so trotz seiner Mutation
zum Museumsobjekt bewahrt. Durch die Bewahrung dieser Erbschaft wird es möglich, etwas
von dem Versprechen, das den Dingen anhaftet, an die Museumsbesucher weiterzugeben.
Dr. phil. Udo Gößwald: Jg. 1955, Studium der Politischen Wissenschaften und Europäischen
Ethnologie, leitet seit 1985 das Museum Neukölln. Schwerpunkte seiner Arbeit am Museum
Neukölln sind regionale Sozial- und Kulturgeschichte, Migration und Stadtkultur im europäischen Vergleich. Von 2005 bis 2007 war er Vorstandsmitglied von ICOM Deutschland und
ist seit 2005 Präsident von ICOM Europe. 2008 hat er mit der Arbeit „Die Erbschaft der Dinge.
Eine Studie zur subjektiven Bedeutung von Dingen der materiellen Kultur“ am Institut für Europäische Ethnologie der Humboldt Universität zu Berlin promoviert.
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Neue Sammlungskonzepte: Strategien für das 21. Jahrhundert
Eva Fägerborg
Contemporary collecting in Sweden: Experiences of Samdok
Swedish museums of cultural history have since more than three decades worked together in
Samdok, a network for contemporary studies and collecting. Its primary mission was to
support and organize the museums’ collecting of contemporary objects, but the task soon
developed to documenting present day life in Sweden by means of field work and methodological pluralism. This contextual collecting has resulted in rich and varied collections of
material in the museums – field observations, interviews, objects, photographs, sound and
video recordings, and different kinds of documents.
My paper gives a brief account of Samdok’s aims and operational nature during these years,
how it has changed due to changes in society, politics and academic standpoints as well as
to changing agendas and working conditions for museums. One major change is the temporal orientation, from collecting for the future under the slogan “today for tomorrow” to
viewing collecting also as a part of processes in contemporary society. One aspect of collecting, therefore, is its role as an arena for dialogue between museum professionals and people
in the society.
Still, museums have the power to select and legitimate what is to be included in the collective
memory of society. Therefore museum professionals must reflect continuously on the impact
and consequences of our work – what images, narratives and knowledge are we creating and
conveying? That kind of discussions is also a part of Samdok’s work and in the course of time
Samdok, besides remaining as network for documenting contemporary life, has also become
a forum for discussions on contemporary culture and society, a forum for professional development and reflections on cultural heritage as a product of research and collecting.
In my paper I also discuss the need to develop Samdok’s work with new media – ICT – and
with international dialogue and cooperation. In a Samdok perspective, there are mainly three
aspects of ICT that are important: life on the web as a field for contemporary studies and
collecting, the web as a tool for collecting, and the web as means of communicating research
and collecting.
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Neue Sammlungskonzepte: Strategien für das 21. Jahrhundert
Today museums must include global perspectives in their collecting, so working for extended
and intensified international dialogue and collaboration is clearly a new mission for Samdok.
The conference Connecting Collecting 2007 was the first step, resulting in an international
collecting network, with the aim to stablish an international ICOM committee for collecting.
The committee, COMCOL, is now established and the international museum community has
a new forum for sharing experiences and develop collecting theoretically, methodologically,
and as museum practise.
Eva Fägerborg, Ph D (European Ethnology): curator at Samdok Secretariat, Nordiska museet,
Stockholm, Sweden. Specialized in field research and contemporary collecting. Since 2003
responsible for the Samdok Secretariat, but have, in different positions, been involved in
Samdok since the early 1980s.
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Neue Sammlungskonzepte: Strategien für das 21. Jahrhundert
Matthias Henkel
Ausgesammelt? Strategische Überlegungen des museologischen
Sammlungsmanagements zwischen Kollaps, Konkurrenz und
Kooperation
Seit frühen Tagen beschäftigt sich der Homo Sapiens mit dem Sammeln – nicht umsonst
werden unsere Vorfahren als „Jäger und Sammler“ umschrieben. Zunächst auf den engeren
Bereich der Lebenserhaltung konzentriert, wird schon bald auch zu übergeordneten Zwecken
gesammelt und bewahrt worden sein. Künstlerische Äußerungen zählen schließlich schon
früh zur Phänomenologie des menschlichen Daseins. Der Mensch entwickelte sich zu einem
wahren Spezialisten des Sammelns seiner eigenen kulturellen Äußerungen. Die Museen erfreuen sich heute, als Orte der (gesammelten) Originale, stetiger Beliebtheit. Mit dem Zeitalter
der Aufklärung wurde die Leidenschaft des Sammelns stark forciert. Auf diese Weise entstand
in den zurückliegenden zwei Jahrhunderten mit der Museologie eine weltweite Struktur des
Bewahrens.
Seit kurzem steht nun das gezielte Ent-Sammeln im wissenschaftlichen Diskurs. Der DMB
publizierte kürzlich ein entsprechendes Positionspapier. Vor dem Hintergrund der aktuellen
Wirtschaftskrise wird finanzielles Engagement im kulturellen Bereich von den kommunalen
und staatlichen Trägern als „freiwillige Leistung“ apostrophiert. Dadurch ergibt sich für das
Thema des Sammelns und Bewahrens ein völlig neues Szenario des Schreckens.
Wie können Sammlungen gerettet werden, die ihr institutionelles Dach verloren haben? Wie
ist mit privaten Sammlungen zu verfahren, die eine institutionelle Heimat suchen? Wie kann
verhindert werden, dass durch radikales Ent-Sammeln kulturelle Lücken der Überlieferung
entstehen, die in einer entmusealisierten Zukunft nicht mehr geschlossen werden können?
Sammeln hat mit Wahrung des Besitzstandes zu tun. Der Mensch ist ein zutiefst territoriales
Wesen – Abgrenzung gegenüber Anderen ist uns entwicklungsgeschichtlich in die Wiege
gelegt. Zur Entwicklung zukunftsfähiger Lösungsmuster bedarf es offensichtlich einer kulturellen Evolution des Sammelns.
Dr. Matthias Henkel: Geboren am 15.03.1962 in Kassel; 1983–1996 Magister / Promotion
Volkskunde, Ur- und Frühgeschichte, Botanik, Anthropologie, Uni. Göttingen; 1992–1996 Stipendiat, Zweckverband Weserrenaissance-Museum, Lemgo; 1991/92 wiss. Mitarbeiter, Uni
Göttingen; 1992 /94 Volontär, Weserrenaissance-Museum, Lemgo; 1994/95 Assistent, Uni Göttingen; 1995/96 Freiberufliches Projekt: „Die Tasse...“; 1996–2001 Ltr. Öffentlichkeitsarbeit und
pers. Referent des Generaldirektors, Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg; 2001–2008
Ltr. Presse, Kommunikation, Sponsoring Generaldirektion Staatliche Museen zu Berlin; seit
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Neue Sammlungskonzepte: Strategien für das 21. Jahrhundert
1.1.2009 Direktor der Museen der Stadt Nürnberg; 1991–93 Dozent für Wirtschaftsinformatik;
seit 2005 Beirat für Kultur / Deutscher Fachjournalistenverband; 2005/2007 Lehrauftrag FHVR,
Berlin / FHTW, Berlin; 2009 Jurymitglied Wissenschaftsjahr, BMBF; seit 2009 Mitglied im Beirat
Geschichtsmuseen des DMB; SS 2010 Lehrauftrag, Universität Erlangen/Nürnberg; seit 2010
Mitglied im Kuratorium der Museumsstiftung Post und Telekommunikation.
Friedemann Malsch
Alte Aufgaben mit neuen Methoden erfüllen. Der Erwerb der
Sammlung Ricke durch drei Museen aus drei Ländern
Eine wesentliche Aufgabe der Sammeltätigkeit öffentlicher Museen ist es, die künstlerischen
und kulturellen Erzeugnisse der Gemeinschaften für die Nachwelt zu erhalten. Angesichts des
schwindenden finanziellen Engagements der öffentlichen Träger in den letzten zwei Jahrzehnten für die Erweiterung der Sammlungsbestände ist eine akute Gefährdung für die
Erfüllung dieser Aufgabe entstanden. Die durch finanzielle Notlage brach liegende Erwerbstätigkeit der Museen wird durch die Entgegennahme von Leihgaben aus Privatbesitz notdürftig überbrückt. Zugleich lässt die Schenkungsbereitschaft von privater Seite nach. Der
Erwerb der Sammlung Ricke durch drei Museen stellt in dieser Situation ein neues Modell dar,
wie trotz schwacher finanzieller Ausstattung der Museen private Sammlungen von herausragender Signifikanz für die Entwicklung der Kunst (in diesem Falle der USA und Europas seit
1960) vor der Auflösung geschützt und zugleich dauerhaft für die Nachwelt gesichert werden
können. Dass dies auch über Staatsgrenzen hinweg möglich ist, zeigt das Beispiel, das vom
Kunstmuseum St. Gallen, dem Kunstmuseum Liechtenstein, Vaduz, und dem Museum Moderner Kunst in Frankfurt / Main 2006 in die Tat umgesetzt wurde. Darüber hinaus ist es ein Beispiel
ungewöhnlicher Kollegialität unter Museen.
Dr. phil. Friedemann Malsch: geboren 1955 in Bielefeld, verheiratet, zwei Kinder; Studium
der Kunstgeschichte, Geschichte, Romanistik, Soziologie und Städtebau in Freiburg, Bonn
und Paris. Dissertation in Kunstgeschichte an der Universität Bonn, zum Thema „Künstlermanifeste“; 1983–93 Freier Kunstkritiker und Ausstellungsmacher in Köln; 1990–1993 Freier Mitarbeiter des Kölnischen Kunstvereins für Video-Kunst, Lehrauftrag an der École Régionale des
Beaux-Arts, Nancy; 1993–96 Kustos für Zeitgenössische Kunst am Musée d’Art Moderne et
Contemporain de la Ville de Strasbourg; Lehrauftrag an der École Nationale des Arts Décoratifs, Strassburg; 1996–2000 Konservator der Liechtensteinischen Staatlichen Kunstsammlung,
Vaduz. Gründungsdirektor des Kunstmuseum Liechtenstein; seit 2000 Direktor des Kunstmuseum Liechtenstein, Vaduz.
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Neue Sammlungskonzepte: Strategien für das 21. Jahrhundert
Markus Walz
Zwischen Sammlungsqualifizierung, Sammeln 2.0 und
Verkunstung – neue konzeptuelle Tendenzen und der ethische
Anspruch einer wissenschaftlichen Institution
Dieser Beitrag akzentuiert drei konzeptuelle Ansätze als wesentlich für Sammlungstätigkeit
deutscher Museen, soweit man das verbreitete passive Sammeln und auch das mangels Magazinkapazitäten eingestellte Sammeln übersehen mag: Sammlungsqualifizierung als retrospektive Neubewertung vorhandener Sammlungen, Anwendungen des aktuellen Inklusionsund Partizipationsparadigmas auf die Sammlungstätigkeit („Sammeln 2.0“) sowie die wachsende Umdeutung von Museumsaufgaben zu künstlerischen Aktionen – diese mit der
Wortschöpfung „Verkunstung“ belegte Tendenz ist hinsichtlich des Ausstellens bereits akademische verankert, breitet sich in der personalen Vermittlung aus und ist inzwischen auch
beim Sammeln und Erforschen feststellbar.
Allen drei Ansätzen ist gemeinsam, dass sie – notgedrungen (Sammlungsqualifizierung mangels sekundärer Dokumentardaten) oder absichtsvoll – Sammeln nicht als fachwissenschaftliche Aufgabe auffassen. Die in allen Museumsorganisationen von fachwissenschaftlich qualifizier ten Personen dominierte Fachdiskussion berechtigt zu fragen, inwiefern sich besagte
Tendenzen mit Wissenschaftsethik vereinbaren lassen.
Auffassung des Referenten ist, dass alle drei Tendenzen ethische Komplikationen hervorrufen:
Sammlungsqualifizierung erfüllt jede epistemische Verantwortung, verletzt aber Interessen
der – letztlich auch als Finanzier auftretenden – lokalen Gesellschaft; Sammeln 2.0 wird vielfach mit Verantwortung gegenüber der Gesellschaft (genauer: gegenüber einzelnen, oft minoritären Gruppen) begründet, kollidiert dafür mit dem Ethos der betreffenden Fachwissenschaft, da nur noch die Repräsentation eines Sachverhalts der Forschung zugänglich wird;
Verkunstung gestaltet neue Bewegungsmöglichkeiten für die Kunstfreiheit zulasten von Wissenschaft und Forschung, verletzt so das wissenschaftliche Standesethos und verkehrt einen
Grundgedanken der Ethik: Statt nach der Verantwortung für die Menschheit zu fragen, überträgt sie dieser die Entscheidung, ob Kunst oder Wissenschaft zur Bearbeitung eines Problems
geeignet ist.
Prof. Dr. Dr. Markus Walz: Studium der Kunstgeschichte, Volkskunde und Erziehungswissenschaft in Bonn, Promotionsstudium der Geschichte in Osnabrück. Volontariat am Landesmuseum Koblenz. Referent am Westfälischen Museumsamt des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe, Münster. Aktuell: Professor für Bibliotheks- und Museumsmanagement an der
Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig; dort seit 2003 Studiendekan des Studiengangs Museologie.
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Gefördert aus Mitteln des
Wenn sich Museen im Spannungsfeld zwischen Etatknappheit und ungesteuertem Objektzustrom bewegen, geraten die Grundsätze des Sammelns, einer musealen Kernaufgabe, zur
Herausforderung. Die ethische Dimension des Sammelns resultiert aus der Verantwortung
sowohl gegenüber dem Sammlungsgegenstand als auch gegenüber der Gesellschaft, zu
deren Nutzen gesammelt wird. Sammeln heißt, Erinnerung zu bewahren, aber auch ein Bild
von der Vergangenheit zu gestalten.
Wegen der großen Bedeutung der Sammlungstätigkeit für die Ausbildung von Geschichtsbewusstsein, Kultur- und Naturverständnis müssen Museen ihre grundsätzliche Haltung zum
Sammeln, die Voraussetzungen dafür und die Konsequenzen daraus ständig überprüfen. Die
Tagung soll unter dem Aspekt der musealen Verantwortung ethische Fragen und neue Konzepte zur Diskussion stellen.
Kontakt
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Tel.: +49 30 6950 4525
Fax: +49 30 6950 4526
[email protected]
www.icom-deutschland.de
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