mikrobiologe

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DER
MIKROBIOLOGE
MITTEILUNGEN DES BERUFSVERBANDES
DER ÄRZTE FÜR MIKROBIOLOGIE UND INFEKTIONSEPIDEMIOLOGIE E.V.
14. Jahrgang, Heft 3
Inhalt
Juni 2004
Seite
EDITORIAL .................................................................................................................................................... 81
ÜBERSICHT
J. Rupp, W. Solbach, M. Maaß
Chlamydia pneumoniae –
intrazellulärer Erreger respiratorischer und vaskulärer Erkrankungen ......................................................... 82
Roswitha Füssle und A. Sziegoleit
Infektionen im Alter – eine Übersicht .......................................................................................................... 89
ENTWICKLUNGSTRENDS
Andreas Podbielski, Rostock
Zukünftige Trends in der mikrobiologischen Diagnostik............................................................................. 105
AUS DEM BERUFSVERBAND
Aktuelle Information: Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichtes ....................................... 118
Herrn Professor Dr. med. Friedrich Burkhardt, Erlangen, zum 80. Geburtstag........................................... 119
Komplettes Inhaltsverzeichnis auf der nächsten Seite
INHALTSVERZEICHNIS
EDITORIAL ........................................................................................................................................... 81
ÜBERSICHT
J. Rupp, W. Solbach, M. Maaß
Chlamydia pneumoniae –
intrazellulärer Erreger respiratorischer und vaskulärer Erkrankungen ................................................ 82
Roswitha Füssle und A. Sziegoleit
Infektionen im Alter – eine Übersicht ........................................................................................................ 89
ENTWICKLUNGSTRENDS
Andreas Podbielski, Rostock
Zukünftige Trends in der mikrobiologischen Diagnostik........................................................................... 105
FALLBERICHT
Pietro Nenoff 1, Kathrein Wichmann 2 & Jürgen Herrmann 1
Giardia lamblia – seltene Ursache eines therapierefraktären Analekzems ................................................. 103
QUALITÄTSSICHERUNG
Udo Reischl, Norbert Lehn, Hans Wolf
"Bakteriengenom-Nachweis PCR / NAT":
Auswertung des aktuellen Ringversuchs von INSTAND e.V. zur externen Qualitätskontrolle molekularbiologischer Nachweisverfahren in der bakterio-logischen Diagnostik ............................................. 106
BUCHBESPRECHUNGEN ................................................................................................................... 87, 93, 102
TAGUNGSBERICHT
Kurs „Grundlagen antibakterieller Empfindlichkeitsprüfung“ ............................................................ 116
FORTBILDUNGSVERANSTALTUNGEN ....................................................................................................... 118
AUS DEM BERUFSVERBAND
Aktuelle Information: Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichtes ..................................... 118
Herrn Professor Dr. med. Friedrich Burkhardt, Erlangen, zum 80. Geburtstag......................................... 119
TAGUNGSKALENDER ................................................................................................................................ 120
BEZUGSQUELLEN ...................................................................................................................................... 120
IMPRESSUM .................................................................................................................. dritte Umschlagseite
EDITORIAL
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
mit der Wahl bei der letzten Mitgliederversammlung in Potsdam haben Sie mich mit der Aufgabe
des Vorsitzenden unseres Berufsverbandes in
Nachfolge für den Kollegen Blenk betraut. Ich
bedanke mich für Ihr Vertrauen und hoffe, gemeinsam mit dem neu gewählten bzw. in ihrem Amt
bestätigten Kollegen des Vorstandes Ihren Erwartungen in möglichst allen Belangen gerecht werden
zu können.
Gleichzeitig möchte ich nochmals, auch in Ihrer
aller Namen dem scheidenden Vorsitzenden, Herrn
Kollegen Prof. Dr. Blenk unseren ganz herzlichen
Dank für die in den letzten 6 Jahren geleistete,
hervorragende Arbeit aussprechen. Er hat mit viel
Einsatz und taktischem Geschick in einer schwierigen Phase – es seien nur erwähnt Änderungen in der Gebührenordnung, Weiterbildungsordnung, oder Einführung
von DRG – die berufspolitischen Interessen unseres Berufsstandes vertreten.
Lassen Sie mich Ihnen nachfolgend kurz vorstellen:
Aufgewachsen bin ich Karlsruhe, habe Medizin in Heidelberg, Montpellier und Freiburg studiert und begann meine
akademische Laufbahn 1983 unter dem zum 1. Juli diesen Jahres in Ruhestand getretenen Prof. Dr. Sonntag am Hygiene-Institut der Universität Heidelberg. 1988 erwarb ich die Facharztbezeichnung Hygiene und Umweltmedizin,
ein Jahr später die für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie. Im gleichen Jahr habilitierte ich mich in beiden
Fächern mit dem Thema Klinische Infektiologie. 1989-90 war ich als Stipendiat der Walter-Marget-Stiftung am
Dept. of Internal Medicine unter Prof. Wenzel in Iowa City und übernahm nach meiner Rückkehr nach Heidelberg
im Hygiene-Institut eine Oberarztposition. 1999 wurde ich Leiter der neu geschaffenen Sektion Infektiologie am
Hygiene-Institut in Heidelberg und gleichzeitig stellvertretender Abteilungsleiter. Im Jahr 2003 erwarb ich das Zertifikat „Infektiologe DGI“. Seit 7 Jahren bin ich in der DGHM Vorsitzender der Fachgruppe bzw. jetzt Ständige Arbeitsgruppe „Klinische Mikrobiologie und Infektiologie“ und arbeite seit vielen Jahren im DIN-Ausschuss NAMed
AA E10 „Chemotherapeutische Untersuchungsmethoden“ aktiv mit. Mitglied des Berufsverbandes bin ich seit über
15 Jahren und war dabei lange Zeit Vorsitzender der Arbeitsgruppe Krankenhaushygiene.
Wie Sie aus meinem Tätigkeitsprofil leicht erkennen, liegt mein Schwerpunkt auf dem Gebiet der Klinischen Mikrobiologie, Infektiologie und Krankenhaushygiene, und ich vertrete seit Beginn meiner Ausbildung die Idee der engen
Anbindung der mikrobiologischen Diagnostik mit der direkten Krankenversorgung und versuche, das „missing link
between bench and bedside“ zu beleben. In diesem Sinne sehe ich auch eine Hauptaufgabe meiner Tätigkeit als Vorsitzender unseres Berufsverbandes: für die Zukunft einen Weg zu finden, der die Eigenständigkeit unseres Fachgebietes der Medizinischen Mikrobiologie sicherstellt, ein Weg, der uns mit Sicherheit von der einseitigen Ausrichtung auf die reine Labortätigkeit wegführen muss, hin zum Spezialisten für Infektionskrankheiten. Ein interdisziplinär orientierter Spezialist mit einem gründlichen Wissen bei der Auswahl und Durchführung angemessener
diagnostischer Verfahren sowie deren Interpretation unter Berücksichtigung des klinischen Bildes. Ein Spezialist,
der letztendlich aus diesen Erkenntnissen heraus in enger Zusammenarbeit mit dem klinischen Kollegen rationale
Therapiekonzepte erstellen kann. Ich bin mir sehr wohl bewusst, dass dies ein Spagat ist, der bei vielen von uns eine
gewisse Neuorientierung erfordert, der aber letztendlich unser Fach als ärztliche Disziplin hochinteressant macht.
In diesem Sinne hoffe ich, während meiner Amtsperiode Anregungen geben und Neuentwicklungen anstoßen zu
können. Selbstverständlich werden die berufs- und standespolitischen Probleme in bewährter Weise weiterhin ein
Schwerpunktthema unserer gemeinsamen Vorstandstätigkeit sein.
Mit besten Grüßen
Ihr
H. K. Geiss
MIKROBIOLOGE 14.Jg. 2004
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ÜBERSICHT
Chlamydia pneumoniae –
intrazellulärer Erreger respiratorischer und vaskulärer Erkrankungen
J. Rupp, W. Solbach, M. Maaß
Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene, Universität zu Lübeck
Einleitung
Chlamydia (Chlamydophila) pneumoniae ist neben C.
psittaci und C. trachomatis die dritte erwiesen humanpathogene Chlamydienspezies. Im Gegensatz zu den lange
bekannten Erregern urogenitaler und okulärer Erkrankungen (C. trachomatis) und der durch Vögel übertragenen
Psittakose (C. psittaci), wurde C. pneumoniae erst 1986
als Erreger respiratorischer Infektionen des oberen Respirationstraktes identifiziert. Die zunächst synonym zu C.
pneumoniae gebräuchliche Bezeichnung „TWAR“-Stamm
leitet sich her aus den beiden Erstisolaten von einem Kind
aus Taiwan (TW-183) und einem Studenten der University
of Washington mit akuten respiratorischen Symptomen
(AR-39) (1).
C. pneumoniae ist ein gram-negatives, obligat intrazelluläres Bakterium, das den für alle Chlamydien charakteristischen Replikationszyklus (Abb. 1) durchläuft. Die Infektion erfolgt durch metabolisch inaktive chlamydiale Elementarkörperchen, die an den Wirtszellen adhärieren.
Durch Endozytose-ähnliche Mechanismen wird der Erreger internalisiert und beginnt, durch eine Vakuole vor
lysosomaler Verdauung im Cytoplasma der Wirtszelle
geschützt (2), mit der Ausbildung metabolisch aktiver
Retikularkörperchen (Abb. 2A). In der Anzucht macht
man sich die Affinität des Erregers zu respiratorischen
Epithelzellen zunutze, in denen sich der Erreger nach einer
Adaptationsphase an die artifiziellen Kulturbedingungen
mit hoher Effizienz repliziert (3). Die Isolation von nicht
Kultur-adaptierten Wildstämmen ist allerdings weiterhin
Abb. 1 Charakteristischer Replikationszyklus der humanpathogenen Chlamydienspezies nach Internalisierung in die Wirtszelle: Innerhalb von 24h bilden sich aus den inerten, metabolisch-inaktiven Elementarkörperchen (EBs) große chlamydiale
Einschlüsse, die sogenannten Retikularkörperchen (RBs). Nach weiteren 24- 48h füllen die Einschlüsse die Wirtszellen nahezu komplett aus, und führen letztlich zur Lysis der Zelle und Freisetzung infektiöser EBs.
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A
B
Abb. 2 HEp-2 Zellen 72h nach Infektion mit dem respiratorischen C. pneumoniae Stamm CWL029; Immunfluoreszenzmikroskopie.
A) Ein oder mehrere große Einschlüsse als Zeichen der akuten, replikativen Infektion lassen sich darstellen. B) Unter subinhibitorischen
Antibiotika-Konzentrationen entstehen dagegen kleine, persistierende Einschlüsse.
problematisch. Als potentielle Wirtszellen konnte man in
den letzten Jahren auch glatte vaskuläre Muskelzellen,
Endothelzellen, Fibroblasten, monozytäre Zellen sowie
Lymphozyten identifizieren (4,5). Der genaue Mechanismus, der die Replikation von C. pneumoniae innerhalb der
Zelle initiiert, ist bislang weitgehend ungeklärt. C. pneumoniae ist ähnlich den anderen humanpathogenen Spezies
auf energiereiche Substrate der Wirtszelle angewiesen. So
steigt innerhalb von 24 h nach Infektion epithelialer Zellen
durch C. pneumoniae sowohl der Umsatz von Adenosintriphosphat als auch von Glucosemetaboliten drastisch
an (6). Darüber hinaus ist die Ausbildung der Einschlüsse
eng an die Verfügbarkeit von Tryptophan gebunden. Entzieht man Tryptophan, z. B. durch IFNγ-induzierte Inhibierung des Enzyms Indol-2,3-dioxygenase (IDO), Eisendepletion oder subinhibitorische Antibiotika-Konzentrationen, wird der Replikationszyklus unterbrochen, und es
bilden sich Persistenzformen mit morphologisch aberranten Einschlußkörperchen aus (Abb. 2B) (7). Diese persistierenden Erreger stellen offenbar auch die pathologische Grundlage der chronischen Infektion dar. Weiterhin
unklar ist die Bedeutung von Mediatoren der Wirtszelle,
die die Chlamydienreplikation durch Veränderung des
intrazellulären Milieus verändern können. So findet man in
monozytären Zellen grundsätzlich nicht die für hohe replikative Aktivität charakteristischen großen Einschlüsse,
sondern vielmehr die kleinen, kondensierten Einschlüsse,
die Anzeichen der persistierenden Chlamydien-Infektion
sind (Abb. 3) (8).
Epidemiologie und Diagnostik
Die Erstinfektion mit C. pneumoniae erfolgt in industrialisierten Ländern meist im Jugendalter, wobei der Verlauf
überwiegend asymptomatisch ist (9). 60 - 80% der Erwachsenen weisen Antikörper gegen C. pneumoniae auf.
Es ist anzunehmen, dass sich nahezu jeder Mensch im
Laufe seines Lebens mindestens einmal mit diesem Erreger auseinandersetzt. Seroepidemiologische Studien zeigen im Mittelmeerraum eine höhere Durchseuchung als in
skandinavischen Ländern (10). Aufgrund der hohen
o
Abb. 3 In Blutmonozyten entstehen spontan nach Infektion mit
C. pneumoniae aberrante persistente Einschlüsse (kardiovaskulärer Stamm CV-6, 72h nach Infektion, Immunfluoreszenz).
Durchseuchungstiter gibt es jedoch Schwierigkeiten, serologische Testsysteme in der Diagnostik respiratorischer
oder gar kardialer Infektionen beim Erwachsenen einzusetzen. Empfehlungen zur Standardisierung der C. pneumoniae- Diagnostik sehen allein für den Mikroimmunfluoreszenz-Test eine Berechtigung, insbesondere unter Berücksichtigung hoher IgG-Titer bei akuter und, bei stärker
eingeschränkter Aussagekraft, persistierender IgA-Titer
bei chronischer Infektion (11,12). Allein bei der Erstinfektion sind regelhaft deutlich erhöhte IgM-Titer und eine
starke Reaktion in der KBR zu erwarten.
C. pneumoniae ist ein etablierter Erreger von Infektionen
des oberen und unteren Respirationstraktes, und wird
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pathogenetisch mit der Entstehung der Atherosklerose in
Zusammenhang gebracht. Aufgrund der bisher nur spärlich
vorliegenden Untersuchungen zur kausalen Bedeutung
einer C. pneumoniae Infektion bei neurologischen Erkrankungen, soll auf eine eingehende Betrachtung dieser Thematik hier verzichtet werden (13).
C. pneumoniae und respiratorische Erkrankungen
In über 80 % verläuft die Infektion mit C. pneumoniae bis
zum Erwachsenenalter asymptomatisch oder mit dem
klinischen Bild einer Pharyngitis mit trockenem Reizhusten. Aufgrund der epitheltoxischen Wirkung von C. pneumoniae beginnt jedoch auch die klinisch relevante Infektion der unteren Atemwege zumeist mit einer ähnlichen
Symptomatik, die sich im Laufe von 1-2 Wochen zu einer
vorwiegend interstitiell lokalisierten Pneumonie mit subfebrilen Temperaturen und unproduktivem Husten entwickelt. Neben einer Bedeutung als Wegbereiter eitriger
Superinfektionen, kann C. pneumoniae insbesondere bei
Kindern, Immunsupprimierten und älteren Patienten mit
hoher Komorbidität zu schweren pulmonalen Infektionen
mit deutlich erhöhter Mortaliät führen (14,15,16). Dabei
gehört C. pneumoniae neben S. pneumoniae, H. influenzae
und M. pneumoniae zu den häufigen Ursachen einer ambulant erworbenen Pneumonie (community-acquired
pneumonia, CAP) (17). C. pneumoniae wurde in größeren
Studien zu 7- 13,5 % als Ursache einer ambulant erworbenen Pneumonie beschrieben (18,19). Anhand klinischer
Kriterien ist eine therapiebedürftige Pneumonie durch C.
pneumoniae im Anfangsstadium häufig nicht von Pneumokokken-Pneumonien zu unterscheiden, die in der Regel
einen deutlich schweren Verlauf nehmen (20).
Eine Assoziation zwischen serologisch diagnostizierter C.
pneumoniae-Infektion und dem Vorliegen einer reversiblen, bronchialen Obstruktion wurde erstmals 1991 von
Hahn et al. aufgezeigt (21). Cook et al. fanden signifikant
häufiger eine serologisch abgelaufene Infektion mit C.
pneumoniae bei Patienten mit chronischem Asthma bronchiale gegenüber Kontrollpatienten (34,8 % gegenüber
12,7 %) (22). Eine direkte Verbindung zwischen respiratorischer C. pneumoniae-Infektion und akuten Exazerbationen eines nicht-atopischen Asthma bronchiale konnte in
einer Studie an 108 Schulkindern aufgezeigt werden, in
der eine signifikante Korrelation zwischen der Konzentration von C. pneumoniae-spezifischem IgA und der Exazerbationsrate (mit deutlicher Verschlechterung der pulmonalen Obstruktion) über einen Zeitraum von 13 Monaten nachgewiesen werden konnte (23). Dabei scheinen die
sekretorischen IgA-Antikörper bei Patienten mit Asthma
bronchiale insbesondere gegen chlamydiales heat shock
protein 60 (cHSP60) gerichtet zu sein (24). In einer finnischen Studie fand man erhöhte IgA-Antikörperspiegel
gegen cHSP60 insbesondere in der Gruppe asthmatischer
Patienten mit mittleren bis schweren Atemwegsbeschwerden (25).
Des weiteren konnte in seroepidemiologischen Studien ein
Zusammenhang zwischen erhöhten Chlamydien-IgG Titern und akuten Exazerbationen (acute exacerbation in
chronic bronchitis, AECB) bei Patienten mit chronisch
obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) nachgewiesen
werden (26). Einzelne Autoren fanden in 18-22 % eine C.
pneumoniae Infektion als Ursache von AECB in Patienten
mit besonders stark ausgeprägter Beeinträchtigung der
Atemfunktion (27,28). Die Rolle von C. pneumoniae als
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Erreger chronisch-respiratorischer Infektionen ist weiterhin unklar. So konnten Smieja et al. in einer Studie an 100
Patienten mit klinisch stabiler COPD C. pneumoniae-DNA
mittels PCR besser im Blut als im Sputum, und insbesondere bei Rauchern und in den Wintermonaten nachweisen
(29). Blasi et al. fanden bei COPD Patienten mit C. pneumoniae-DNA im Sputum eine vermehrte bakterielle Kolonisation des oberen Respirationstraktes sowie häufigere
Verschlechterung der pulmonalen Symptomatik gegenüber
COPD Patienten ohne Chlamydiennachweis (30). In eigenen Untersuchungen fanden wir in 13 % der Patienten mit
stabiler COPD ohne klinischen oder laborchemischen
Hinweis auf eine floride respiratorische Infektion C.
pneumoniae-DNA in operativ entnommenem Lungengewebe mittels in situ Hybridisierung und Immunhistologie
(31).
C. pneumoniae und Atherosklerose
In den vergangenen Jahren hat sich das Verständnis der
Entstehung atherosklerotischer Läsionen beim Menschen
grundlegend geändert. Atherosklerose wird nun als chronisch-entzündlicher Prozess angesehen, der durch vermehrte Expression inflammatorischer und angioproliferativer Faktoren gekennzeichnet ist (32). Neben etablierten
Risikofaktoren wie Hypertonus, Hyperlipidämie, Diabetes
mellitus und Nikotinabusus werden auch Infektionen mit
persistierenden bakteriellen (C. pneumoniae, H. pylori)
und viralen (HSV, CMV) Erregern als neuer Pathomechanismus diskutiert (33). Seroepidemiologische Studien
haben in 10 – 65 % der Fälle einen Zusammenhang zwischen IgG-Antikörpern gegen einen oder mehrere Erreger
und der Entstehung der Atherosklerose aufgezeigt (34),
wobei die Stärke der Assoziation bei multiplen Infektionen
zunehmen soll (pathogen burden Konzept). Bislang wurde
jedoch allein das obligat intrazelluläre Bakterium Chlamydia (Chlamydophila) pneumoniae lebend aus atherosklerotisch veränderten Gefäßen isoliert und kultiviert (35). Da
selbst der Nachweis lebender Chlamydien in atherosklerotischen Läsionen eine ätiologische Rolle des Erregers in
der Entstehung der Atherosklerose nicht beweist, ist die
Klärung der pathogenetischen Relevanz vaskulärer Infektionen mit C. pneumoniae von großer Bedeutung (36). Da
die Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen auf dem
Konzept der Reduktion aller beteiligten Risikofaktoren
beruht, wäre die Eliminierung chronischer vaskulärer
Infektionen bei erwiesener ätiologischer Relevanz ein
zentraler präventivmedizinischer Angriffspunkt. Im Falle
der chronischen vaskulären C. pneumoniae Infektion wird
dieser potentielle therapeutische Ansatz jedoch durch die
offenbar Antibiotika-refraktäre Persistenzform der Erreger,
wie sie im Gefäßsystem vorzuliegen scheint, zusätzlich
erschwert (38).
Durch Aktivierung des Transkriptionsfaktors NF-κB in C.
pneumoniae infizierten Endothelzellen und glatten Muskelzellen werden inflammatorische und pro-koagulatorische Mediatoren (tissue factor, plasminogen activator
inhibitor 1) in vitro sezerniert, die die Entstehung der
Atherosklerose bekanntermaßen direkt fördern (37,38).
Angioproliferation in atherosklerotisch veränderten Läsionen stellt neben den chronisch-entzündlichen Prozessen
die zweite Säule in der Pathogenese der Atherosklerose
dar. Ein zentraler Transkriptionsfaktor in der Regulation
von Zellteilung und Differenzierung ist das early growth
response gene-1 (Egr-1) aus der Gruppe der „immediate
early genes“ (39), das auch vermehrt in atherosklerotischen Plaques exprimiert wird (40). Man nimmt an, dass
durch die Induktion angioproliferativer Signaltransduktionsfaktoren die charakteristische Proliferation von Endothelzellen in der Initialphase und die Proliferation von
glatten Muskelzellen in der Spätphase der Atherosklerose
getriggert wird (41). Wir konnten zeigen, dass die Infektion von vaskulärem Endothel und glatten Gefäßmuskelzellen mit C. pneumoniae zu einer raschen und statistisch
signifikanten Zunahme der Expression von Egr-1 mRNA
führt, und dass durch die kurzfristige Aktivierung von Egr1 die Proliferation von Endothelzellen und glatten Muskelzellen stimuliert wird (42).
Bei der systemischen Dissemination von C. pneumoniae in
der Zirkulation und der Übertragung chlamydialer Infektion auf Gefäßwandzellen scheinen monozytäre Blutzellen
eine zentrale Rolle zu spielen (8,43). Darüberhinaus fungiert chlamydiales LPS zugleich als Stimulus für die Ausbildung von lipidbeladenen Schaumzellen, einem wesentlichen zellulären Bestandteil atherosklerotischer Plaques
(44,45). Die Infektion von Maus-Makrophagen mit C.
pneumoniae steigert wiederum über Egr-1 Aktivierung die
Sekretion von tissue factor und die koagulatorische Aktivität (46). In Experimenten mit humanen Blut-Monozyten
konnten wir durch C. pneumoniae Infektion eine gesteigerte Egr-1 mRNA Expression induzieren, die mit vermehrter
Sekretion des vascular endothelial growth factor (VEGF)
einherging (47). Egr-1 könnte somit eine zentrale Bedeutung in der Verbindung von Infektion und der Pathogenese
der Atherosklerose zukommen.
Therapeutische Aspekte
Klinische Isolate von C. pneumoniae zeigen sich in vitro
empfindlich gegenüber Makroliden, Tetrazyklinen, Fluorchinolonen und Rifampicin (48,49,50), wobei in der klinischen Anwendung die meisten Daten zur Effektivität der
Makrolidtherapie vorliegen (51,52). Auch für das Telithromycin aus der Gruppe der Ketolide konnte in vitro
eine starke Aktivität gegenüber C. pneumoniae nachgewiesen werden (53).
In der Therapie respiratorischer Infektionen mit C. pneumoniae stellen Azithromycin und Clarithromycin derzeit
die Therapie der Wahl dar. In den Richtlinien internationaler Gesellschaften wie der American Thoraxic Society zur
Therapie ambulant-erworbener Pneumonien und akuter
Exazerbationen bei Patienten mit COPD wird diesem
Umstand Rechnung getragen (54,s.a. 55). Bei Patienten
mit Asthma bronchiale konnte darüber hinaus bei vorliegendem C. pneumoniae Nukleinsäure-Nachweis in der
bronchoalveolären Lavageflüssigkeit eine Abnahme der
pulmonalen Obstruktion durch eine 6-wöchige Therapie
mit Clarithromycin erzielt werden (56).
Durch langdauernde Makrolidbehandlung lassen sich
experimentell allerdings deutlich höhere MHK-Werte für
C. pneumoniae erzielen. Neuere Untersuchungen deuten
darauf hin, dass therapierefraktäre Formen von C. pneumoniae im Gefäß und pulmonal persistieren können. Hohe Dosen von Azithromycin (4-fache MHK) können eine
Infektion von Blut-Monozyten mit C. pneumoniae weder
eradizieren noch die Generierung chlamydien-spezifischer
mRNA vollständig unterdrücken (8). Sogar die Isolierung
von C. pneumoniae aus Blutmonozyten bei Patienten unter
experimenteller Azithromycintherapie wegen Koronarskle-
rose war möglich. Damit könnte der therapierefraktäre
Persistenzzustand eine mögliche Ursache dafür sein, dass
in den größeren der bisher durchgeführten Therapiestudien
bei Patienten mit koronarer Herzerkrankung und Nachweis
einer C. pneumoniae Infektion keine deutliche klinische
Besserung durch eine mehrtägige Makrolidtherapie nachgewiesen werden konnte (57). Genetische Grundlage für
die Persistenz ist möglicherweise ein ineffizienter Tryptophan-Metabolismus, der für vaskuläre Isolate charakteristisch ist (58). Überraschend weisen aber die lipidsenkenden Statine, Standardtherapie atherosklerotischer Erkrankungen, einen deutlichen positiven Effekt auf C.
pneumoniae infizierte Zellen auf. Zwar wirken diese Substanzen nicht direkt antibiotisch aber sie reduzieren die
Übertragung der Infektion von Monozyten auf Gefäßwandzellen und üben eine starke antiinflammatorische
Wirkung aus. Statine reduzieren über eine Beeinflussung
der Signaltransduktion über GTPase Zyklen die Aktivierung von NFκB und damit die Produktion proinflammatorischer Mediatoren (38,59). Damit greifen die Statine
direkt in einen der Hauptpathomechanismen der Atherosklerose ein, bei dem eine Infektkomponente plausibel
ist.
Trotz der bestehenden Probleme in der Diagnostik, die in
der Regel den Direktnachweis mittels PCR erforderlich
machen, konnte der neu entdeckte Erreger C. pneumoniae
schnell als wichtige Ursache ambulant erworbener Pneumonien etabliert werden. Die akute pulmonale Infektion
wird entsprechend auch gut mit gängigen Therapiestandards erfasst. Problematischer ist die Assoziation des Erregers zur Atherosklerose. Während die pathogenetischen
Konzepte für die chronische vaskuläre Infektion im atherosklerotischen Gefäß in den letzten Jahren wesentlich
klarer wurden und eine Infektkomponente der Atherosklerose plausibel erscheinen lassen, steht ein absoluter Kausalitätsnachweis weiter aus. Hauptproblem ist hier nach wie
vor das Fehlen eines Systems zur genetischen Rekombination von Chlamydien. Aus dem therapierefraktären Persistenzzustand der Chlamydien im Gefäß folgt, dass ein
Antibiotika-Einsatz in der Therapie der Atherosklerose
ohne Beleg der Wirksamkeit im Tiermodell derzeit nicht
indiziert ist.
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Korrespondenzadresse
Prof. Dr. med. M. Maaß
Institut für Med. Mikrobiologie und Hygiene
Universität zu Lübeck
Ratzeburger Allee 160
23538 Lübeck
Tel.: 0451- 500/2822
Fax.: 0451- 500/2808
E-mail.: [email protected]
BUCHBESPRECHUNG
Carbohydrate-Based Drug Discovery
Chi-Huey Wong (Hrsg.). 947 Seiten, multiple, teils farbige Abbildungen, harter Einbanddeckel. 2 Bände: Band 1: XXXII,
Seiten 1-459; Band 2: XXIV, Seiten 461-947. Wiley-VCH Verlag
GmbH & Co. KGaA, Weinheim, 2003. ISBN 3-527-30632-3
(Gesamtwerk). EUR 349,00.
Wohl kaum ein Therapiesegment lebt von derartig vielen neuen
Therapieansätzen und Neuzulassungen von Arzneimitteln wie
die antimikrobielle Chemotherapie. Sie ist ein echtes „Intermediat“ zwischen der Pharmakologie und der Medizinischen Mikrobiologie und kann wegen ihrer Komplexizität - der Ansicht des
Rezensenten entsprechend - als begründeterweise eigenes Fachgebiet, nämlich der „Pharmazeutischen Mikrobiologie“, angesehen werden. Somit wird der Medizinische Mikrobiologe und
Infektionsepidemiologe derartige, neue antiinfektive Therapieansätze immer mit Spannung verfolgen und in dem hier besprochenen Buch manchen ermutigenden und richtungsweisenden Ansatz entdecken können.
Von den drei Hauptklassen an „Biomolekülen“, Proteine, Nuk-
leinsäuren und Kohlenhydrate, haben wir bezüglich der detaillierten Bedeutung der Kohlenhydrate für die Vorgänge des Lebens bis jetzt noch den geringsten wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn zu verzeichnen. Wir wissen zwar, dass Kohlenhydrate
beispielsweise eine zentrale Rolle bei der Ätiopathogenese von
Infektionskrankheiten, metabolischen Prozessen, Zellinteraktionen und Tumorpathologie, entzündlichen Erkrankungen, und in
der Infektabwehr beispielsweise als „Botenstoffe“/Mediatoren
spielen. Jedoch sind diese Vorgänge bis heute bei weitem noch
nicht so klar molekularbiologisch identifiziert und definiert wie
dieses beispielsweise für Proteine und Nukleinsäuren der Fall ist.
Dieser Sachverhalt hat nicht zuletzt auch dazu geführt, dass der
Forschungsschwerpunkt „kohlenhydratassoziierte Arzneimittel“
in den letzten Jahren vergleichsweise mit einer gewissen Reserviertheit vorangetrieben wurde, da manche erforderliche grundlegende Erkenntnis im Vorfeld fehlt und/oder fehlte. Außerdem
steckt die praktische Methodologie der Kohlenhydrat-Chemie,
zum Beispiel synthetische und analytische Ansätze, deutlich
mehr „in den Kinderschuhen“ als bezüglich der Protein- und
Nukleinsäuren-Chemie/Biochemie/Molekularbiologie. Somit
steht diese komplexe Substanzklasse der Kohlenhydrate auch
weiter – oder gerade besonders - im Mittelpunkt des pharmazeu-
MIKROBIOLOGE 14.Jg. 2004
87
tischen Interesses im Hinblick auf neue, innovative Therapieansätze, wenngleich dieses – zumindest immer noch - ein sehr ambitioniertes Ziel ist. Außerdem werden manche KohlenhydratVerbindungen im Hinblick auf neue Pharmazeutika wegen ihrer
teilweise unerwünschten Eigenschaften – zum Beispiel Stabilitätsfragen – auch heute noch von einigen Wissenschaftlern und Entwicklern mit gewisser Zurückhaltung betrachtet und behandelt.
Manche dieser Probleme können überkommen werden durch
beispielsweise die Entwicklung neuer synthetischer und analytischer Methoden, wo das hier besprochene Buch konkrete Wege
aufzeigt. Ferner zeigt das Buch, dass komplementär zu „Genomics“ und „Proteonomics“ die „Glycobiologie“ eine durchaus
„gleichwertige Wissenschaft“ darstellt, die es zu vertiefen gebührt, um neue Einsichten, Erkenntnisse und wissenschaftliche
Quantensprünge im Verständnis kohlenhydratgesteuerter biologischer Prozesse zu erzielen.
Das hier besprochene zweibändige Handbuch zeigt die neuesten
Erkenntnisse und Tendenzen in der genuinen KohlenhydratChemie auf, wobei besonderes Augenmerk auch auf die spezifischen biologischen Funktionen der entsprechenden Substanzgruppen und ihrer Derivate gelegt wird. Somit stehen Kohlenhydrat-Derivate mit pharmazeutischem Potential eindeutig im
Hauptfokus dieses Werkes. Damit wird ein breiter Bogen der
Kohlenhydrat-Chemie, von der Synthese, KonformationsAnalyse und Saccharid-Sequenzierung, über Target-Enzyme, bis
hin zur Synthese und Erprobung kohlenhydratbasierender Vakzinen und Arzneimittel gespannt. Unter anderem werden auch
bereits beschrittene therapeutische Ansätze ausführlich „gereviewed“ und dargestellt.
Das Werk ist in 35 Kapitel unterteilt. Im Folgenden findet sich
zur besseren Information des potentiellen Lesers der Inhalt beider Bände aufgelistet:
Band 1 (16 Kapitel): Synthetic methodologies (C. Saotome et
al.); Complex carbohydrate synthesis (M. Kiso et al.); The chemistry of sialic acid (G.-J. Boons et al.); Solid-phase oligosaccharide synthesis (P.H. Seeberger); Solution and polymersupported synthesis of carbohydrates (S.-I. Nishimura); Enzymatic synthesis of oligosaccharides (J. Zhang et al.); Glycopeptides
and glycoproteins: Synthetic chemistry and biology (O. Seitz);
Synthesis of complex carbohydrates: Everninomicin 13,384-1
(K.C. Nicolaou et al.); Chemical synthesis of asparagine-linked
oligosaccharides: Recent examples (Y. Ito et al.); Chemistry and
biochemistry of asparagine-linked protein glycosylation (B.
Imperiali et al.); Confirmational analysis of C-Glycosides and
related compounds: Programming confirmational profiles of Cand O-Glycosides (P.G. Goekjian et al.); Synthetic Lipid A
antagonists for sepsis treatment (W.J. Christ et al.); Polysialic
acid vaccines (H.J. Jennings); Synthetic carbohydrate-based
vaccines (S.J. Keding et al.); Chemistry, biochemistry, and
pharmaceutical potentials of glycosaminglycans and related
saccharides (T. Islam et al.); A new generation of antithrombotics based on synthetic oligosaccharides (m: Petitou et al.).
Band 2 (18 Kapitel): Sequencing of oligosaccharides and glycoproteins (S.M. Haslam et al.); Preparation of heterocyclic 2Desoxystreptamine aminoglycoside analogues and characterization of their interaction with RNAs by use of electrospray ionisation mass spectrometry (R.H. Griffey et al.); Glycosylation
analysis of a recombinant P-Selection antagonist by high-pH
anion-exchange chromatography with pulsed electrochemical
detection (HPAEC/PED) (M.R. Hardy et al.); Analytical techniques for the characterization and sequencing of glycosaminoglycans (R. Sasisekharan et al.); Thermodynamic models of the
multivalency effect (P.I. Kitov et al.); Synthetic multivalent
carbohydrate ligands as effectors or inhibitors of biological
processes (L.L. Kiessling et al.); Glycosyltransferase inhibitors
(K.-H. Jung et al.); RNA-aminoglycoside interactions (H.
Weizman et al.); Glycosylated natural products (J.S. Thorson et
al.); Novel enzymatic mechanisms in the biosynthesis of unusual
sugars (A. Wong et al.); Neoglycolipids: Identification of functional carbohydrate epitopes (T. Feizi et al.); A preamble to aglycone reconstruction for membrane-presented glycolipid mimics (
M. Mylvaganam et al.); Small molecule inhibitors of the sulfotransferases (D.E. Verdugo et al.); Carbohydrate-based treatment of cancer metastasis (R. Kannagi); N-Acetylneuraminic
88
MIKROBIOLOGE 14.Jg. 2004
acid derivatives and mimetics as anti-influenza agents (R. Thomson et al.); Modified and modifying sugars as a new tool for the
development of therapeutic agents – the biochemically engineered N-Acyl side chain of sialic acid: Biological implications and
possible uses in medicine (R. Horstkorte et al.); Modified and
modifying sugars as a new tool for the development of therapeutic agents – glycosidated phospholipids as a new type of antiproliferative agents (K. Danker et al.); Glycoside primers and inhibitors of glycosylation (J.R. Brown et al.); Carbohydrate-based
drug discovery in the battle against bacterial infections: New
opportunities arising from programmable one-pot oligosaccharide synthesis (T.K. Ritter et al.).
Das Inhaltsverzeichnis für beide Bände findet sich jedem Band
vorangestellt. Im ersten Band findet sich ferner neben dem Vorwort vorangestellt eine alphabetische Listung der beitragenden
Autoren mit jeweiliger Kontaktadresse. Der zweite Band enthält
am Ende das Inhaltsverzeichnis für beide Bände.
Die einzelnen Kapitel dieses Buches stellen in sich abgeschlossene Einheiten dar und sind im Stil den Anforderungen der
jeweiligen Thematik didaktisch geschickt angepasst. Durchgehend führt eine recht knapp gehaltene Einleitung direkt zu den
Kerninhalten des jeweiligen Kapitels. Viele Kapitel enthalten
zum Schluss eine kurze Zusammenfassung des dargestellten
Inhaltes und weisen auf Perspektiven in der weiteren potentiellen
Entwicklung auf dem jeweiligen Fachgebiet hin. Bestechend
sind ferner die Literaturverweise zur Primärliteratur, die auch
durchschnittlich sehr knapp gehalten sind und sich nahezu ausschließlich wirklich nur auf zentrale und neuere, beziehungsweise neueste Publikationen fokussieren. Leider werden bei den
Literaturverweisen – wahrscheinlich aus Platzgründen – die Titel
der Originalpublikationen nicht angegeben. Der Rezensent ist
der Ansicht, dass man hier letztendlich ein bisschen am falschen
Ende mit dem Platz gespart hat.
Zusammenfassend stellt dieses Werk einerseits eine nahezu
unerschöpfliche Quelle für den Chemiker und Forscher/Entwickler in der Pharmazeutischen Industrie dar. Andererseits zeigt es aber auch dem Mediziner, Pharmazeuten und
Naturwissenschaftler neue, innovative Wege und Tendenzen
beispielsweise auch im Rahmen der Arzneimittelentwicklung
auf. Einen unbestrittenen Schwerpunkt bietet hierbei auch vor
allem das sich rasch entwickelnde Therapiefeld der Antiinfektiva. Außerdem stößt es einen Bewusstmachungsprozess an, dass
es neben den derzeit „alleinig Heiligen Kühen“ von „Genomics“
und „Proteonomics“ auch noch andere zentrale und wichtige
„Tummelwiesen“ in den biomedizinischen Wissenschaften gibt.
An den zwei Bänden haben über 80 international ausgewiesene
und herausragende Wissenschaftler auf dem Gebiet der Kohlenhydrat-Chemie mitgewirkt. Für das exzellente und einheitliche
Editieren einen besonderen Glückwunsch an den wissenschaftlich extrem ausgewiesenen und kompetenten Herausgeber (u.a.
ehemals Massachusetts Institute of Technology, The Skaggs
Institute for Chemical Biology), Prof. Dr. Chi-Huey Wong,
derzeit: Ernest W. Hahn Chair in Chemistry, The Scripps Research Institute, La Jolla, CA, USA. Professionalität und ein
gutes wissenschaftliches Netzwerk zahlen sich für die Qualität
eines derartig innovativen Werkes einer noch etwas „stiefmütterlich“ behandelten Wissenschaftsrichtung nachhaltig aus.
Vor den Hintergründen des doch in der Anzahl vielleicht etwas
begrenzten Leserkreises, des hohen und extrem aktuellen Informationsgehaltes, wie auch der exzellenten Aufmachung ist der
Preis für dieses zweibändige Werk in den Augen des Rezensenten als äußerst gerechtfertigt anzusehen.
Aufgrund der doch relativ kurzen „Halbwertszeit des Wissens“
auf diesem spezialisierten Gebiet mit hohem „Forschungs-Input“
und schnell wachsenden neuen Erkenntnissen, bedarf dieses
äußerst gelungene Werk jedoch sicherlich einer sorgfältigen
„Pflege“ mittels revidierter und ergänzter Neuauflagen in adäquaten Zeitintervallen.
Weiterführende bibliographische Informationen über dieses Werk
sind unter anderem auch über „Die Deutsche Bibliothek/Deutsche
Nationalbibliografie“ (http://dnb.ddb.de) zugängig.
A. Schmidt, Witten/Herdecke
ÜBERSICHT
Infektionen im Alter – eine Übersicht
Roswitha Füssle und A. Sziegoleit
Institut für Medizinische Mikrobiologie, Universitätsklinikum Giessen
Zusammenfassung
Der Anteil älterer Menschen nimmt in unserer Gesellschaft
zu. Geriatrische Erkrankungen, einschließlich Infektionen,
gewinnen daher immer mehr an Bedeutung. Ursachen für
die erhöhte Infektionsgefährdung im Alter sind die abnehmende Organ- und Abwehrfunktion, disponierende
Grunderkrankungen oder Medikamente. Die häufigsten
Infektionen betreffen die Atem- und Harnwege, sowie
Haut und Weichteile. Da ältere Patienten öfter stationär
behandelt werden müssen, steigt das Risiko nosokomialer
Infektionen; Heimpatienten kommen häufiger mit multiresistenten Keimen in Kontakt. Bei der Diagnose und Therapie von Infektionen im Alter müssen neben dem spezifischen Erregerspektrum die pharmakokinetischen Besonderheiten, Organfunktionen wie Niereninsuffizienz und die
Compliance der Patienten berücksichtigt werden. Zur
Infektionsprophylaxe kommen Impfungen gegen Pneumokokken und Influenza-Viren besondere Bedeutung zu.
Schlüsselwörter: Infektionen – Geriatrie – Pneumonie –
Harnwegsinfektionen – Dekubitalulzera- Antibiotikatherapie
Einführung
Infektionen sind bei älteren Menschen (>65 Jahre) 2-5 mal
häufiger als bei jungen und nehmen oft einen fataleren
Verlauf (1,8,19,25). Etwa 30 % der Krankenhausaufnahmen älterer Personen erfolgt wegen einer Infektion. Ursachen für die erhöhte Infektionsanfälligkeit sind altersbedingte Funktionsveränderungen wie verminderter Hustenreflex, reduzierte mucociliare Clearance, mangelhafte
Gewebedurchblutung, schlechtere Wundheilung sowie
eine Abnahme der Aktivität humoraler und zellulärer Abwehrleistungen (4,7,25). Wesentlich sind disponierende
Grunderkrankungen der oft multimorbiden Patienten. In
Heimen lebende Personen sind einem häufigeren Kontakt
mit Infektionserregern ausgesetzt. Da ältere Menschen
öfter stationär behandelt werden müssen, steigt das Risiko
nosokomialer Infektionen mit multiresistenten Keimen
(19,22). Weil sich Infektionen bei alten Menschen häufig
untypisch präsentieren, wird die Diagnose oft verschleppt.
Zum Beispiel machen sich Harnwegsinfektionen mitunter
lediglich durch Harninkontinenz bemerkbar, bei Fieber
kann Verwirrtheit, bei Pneumonie eine Herzinsuffizienz
im Vordergrund stehen. Fieber und Leukozytose verlaufen
diskret, eine Erhöhung der Blutsenkung ist im Alter physiologisch (25).
Etwa 80 % der Infektionen bei älteren Patienten betreffen
die Harnwege, Atemwege und Weichteile (bei Bettlägerigkeit Dekubitalulzera). Seltener treten infektiöser Durch-
fall, Herpes zoster, Cholezystitis, Divertikulitis, Bakteriämien, bakterielle Arthritiden, Bakterielle Endokarditis,
Meningitis, Tuberkulose auf (1,8).
Harnwegsinfektionen (HWI)
Die Häufigkeit von Bakteriurien (>105 Keime/ml Urin)
nimmt mit dem Lebensalter zu (21). Die Prävalenz beträgt
für Frauen >80 Jahre 20-30 %, für Männer 10 %. Begünstigt wird eine Bakteriurie durch geringe Flüssigkeitsaufnahme oder gestörten Harnabfluss, so dass Keime schlechter ausgeschwemmt werden. Harnabflussstörungen (bei
Männern oft durch Prostatahyperplasie) und Restharn
spielen eine entscheidende Rolle (21,26). Wichtigster
Risikofaktor bei Pflegepatienten sind transurethrale Blasenkatheter, die nach Möglichkeit vermieden werden sollten (22).
Das Keimspektrum hängt davon ab, wo die Infektion erworben wurde. Bei nicht-hospitalisierten Patienten überwiegt E. coli, wie auch bei jüngeren Personen. Bei hospitalisierten Patienten nimmt jedoch die Häufigkeit von Klebsiella spp., Proteus spp. oder Pseudomonas aeruginosa zu.
Auch treten häufiger Mischinfektionen mit mehreren Erregern auf. Bei nosokomialen Infektionen und wiederholter
Antibiotikatherapie steigt das Risiko resistenter Keime
(1,19,26).
Bei asymptomatischer Bakteriurie ist keine Antibiotikatherapie notwendig. Symptomatische HWI sollten in jedem
Fall mit Antibiotika behandelt werden. Bei der unkomplizierten Zystitis von Frauen ist die 1-3-tägige Gabe
(Cotrimoxazol, Aminopenicillin/Betalaktamase-Inhibitor,
Chinolon) ausreichend, Männer sollten wegen der meist
komplizierten HWI 7-10 Tage lang behandelt werden. Bei
Pyelonephritis, komplizierter oder nosokomial erworbener
HWI sollte die Therapie nach Erregernachweis und Resistenztestung erfolgen (1,23,26). Bei akuter Pyelonephritis
je nach Schweregrad evtl. Beginn i. v., nach Besserung
orale Sequenztherapie (siehe Tab. 1). Neben der Antibiotikatherapie ist es wichtig, ggf. einen ungehinderten Urinabfluss zu gewährleisten.
Atemwegsinfektionen
Chronische und obstruktive Lungenerkrankungen nehmen
im Alter zu. Im Anschluss an virale Bronchitiden treten
bei alten Patienten öfter bakterielle Sekundärinfektionen
durch Streptococcus pneumoniae, Haemophilus influenzae, Moraxella spp. oder Enterobakterien auf, die im Gegensatz zu den selbstlimitierenden Infektionen bei jüngeren Patienten eine Antibiotikatherapie erfordern (Aminopenicillin/Betalaktamase-Inhibitor, orales Cephalosporin 2.
Generation, Makrolid). Die akute Exazerbation der
MIKROBIOLOGE 14.Jg. 2004
89
Tab. 1 Erreger und Antibiotika bei Harnwegsinfektionen
Infektionen
Erreger
Antibiotika
Therapiedauer
unkomplizierte Zystitis 70-80 % E.coli, 20-30 % Enterokokbei Frauen
ken, Staph. saprophyticus, < 5 %
Klebsiellen, Proteus u.a. Enterobakterien
Cotrimoxazol;
Aminopenicillin/BLI;
Chinolon
1-3 Tage
komplizierte/rezidivierende HWI
70-80 % E. coli, 20-30 % Enterokokken, < 5 % Klebsiellen, Proteus,
andere Enterobakterien
Chinolon;
Cotrimoxazol;
Aminopenicillin/BLI
7-10 Tage
HWI Männer
70-80 % E. coli, 20-30 % Enterokokken, < 5 % Klebsiellen, Proteus,
andere Enterobakterien
Chinolon;
Cotrimoxazol
7-10 Tage
akute Pyelonephritis
E. coli, Klebsiellen,
Proteus, Enterobacter u.a. Enterobakterien
Chinolon; Aminopenicillin/BLI ;
Cephalosporin 2. oder 3. Generation (z.B.
Cefuroxim, Cefotaxim);
Piperacillin plus Sulbactam oder Tazobactam;
evtl. Beginn i.v., danach orale Sequenztherapie;
evtl. Aminoglykosid für 3 Tage
7-10 Tage bzw. bis
3-5 Tage nach
Entfieberung
nosokomiale HWI
40-50 % E.coli,
20 % Enterokokken, Rest Proteus,
Klebsiellen, andere Enterobakterien,
Pseudomonas aeruginosa
nach Erregernachweis, z.B. Chinolon;
Aminopenicillin/BLI; Cotrimoxazol;
Cephalosporin
7-10 Tage
Aminopenicillin/BLI = Aminopenicillin/Betalaktamase-Inhibitor (Ampicillin/Sulbactam, Amoxicillin/Clavulansäure); Chinolon (Ofloxacin, Levofloxacin, Ciprofloxacin)
chronischen Bronchitis (AECB) hat je nach Schweregrad
ein unterschiedliches Erregerspektrum (24). Während
anfangs Pneumokokken, H. influenzae, Moraxella spp.,
Staphylococcus aureus dominieren (Therapie wie oben für
5-7 Tage), wächst mit zunehmendem Schweregrad der
Anteil von Gramnegativen. Entsprechend erfordert die
Therapie von Schweregrad III und IV breiter wirksame
Antibiotika, z.B. Moxifloxacin, Ciprofloxacin, Cephalosporine 3. Generation, Piperacillin/BetalaktamaseInhibitor, jeweils für 10-14 Tage (23,24).
Die Inzidenz ambulant erworbener Pneumonien steigt bei
alten Menschen stark an: Patienten >65 Jahre sind doppelt
so häufig, >75jährige zehnmal so häufig betroffen wie
junge Menschen (9). Disponierend sind Bettlägerigkeit
und Immobilität mit verminderter Ventilation, Mangelernährung, neuromuskuläre Erkrankungen, Schluckstörungen, Aspiration, chronische Lungenerkrankungen. Leitsymptom ist eine Tachypnoe, typische Symptome wie
Husten und hohes Fieber können fehlen (11). Die Patienten fallen oft nur durch Schwäche, Exsikkose, Verwirrtheit, Hypotonie, Herzinsuffizienz auf. Die Erreger sind
vorwiegend Pneumokokken, H. influenzae, Moraxella
spp., Staphylococcus aureus, bei Aspiration Anaerobier.
Gramnegative Erreger sind häufiger als bei jungen Erwachsenen aber der Anteil beträgt < 5 % (1,9). Die Therapie richtet sich nach dem Schweregrad und der Verfassung
der Patienten (siehe Tab.2 ); Therapiedauer 7-10 Tage.
Interstitielle Pneumonien durch Mycoplasma pneumoniae
sind seltener als in jungen Jahren, Makrolide oder Doxycyclin sind daher von untergeordneter Bedeutung (23,24).
Bei nosokomialen oder in Pflegeheimen erworbenen
Pneumonien und bei Patienten mit chronisch obstruktiven
Lungenerkrankungen mit wiederholten Behandlungen mit
90
MIKROBIOLOGE 14.Jg. 2004
Antibiotika ist häufiger mit gramnegativen Erregern zu
rechnen.
Eine Krankenhausaufnahme ist nicht in jedem Fall erforderlich, außer bei Atemfrequenz >20/Minute, Herz- oder
Nierenerkrankungen, Diabetes mellitus, Malignomen,
chronische Lungenvorerkrankung, Immundefizienz,
schlechter Compliance (9).
Alte, abwehrgeschwächte, mangelernährte Patienten gehören auch zu der Risikogruppe für Tuberkulose (Neuinfektion oder Reaktivierung). Bei refraktären Pneumonien
muss daher eine Tuberkulose in die Diagnostik einbezogen
werden (8).
Haut- und Weichteilinfektionen/Dekubitalulzera
Mangelhafte Hautdurchblutung, arteriosklerotische Gefäßveränderungen und Diabetes mellitus begünstigen die
Entstehung von Haut- und Weichteilinfektionen. In Pflegeheimen beträgt nach 1 Jahr Aufenthalt die Prevalenz von
Dekubitalulzera 10,4 % (5). Die Geschwüre und Nekrosen
der Haut treten als Folge chronischer lokaler Druckwirkung und der daraus resultierenden Ischämie auf (10). Bei
den Erregern handelt es sich meist um aerobe/anaerobe
Mischinfektionen (Staphylokokken, Enterokokken, Enterobakterien, Pseudomonas, Peptokokken, Bacteroides,
Clostridien).
Druckentlastung, Wundtoilette und Entfernung der Nekrosen sind die wichtigsten therapeutischen und prophylaktischen Maßnahmen. Bei schweren Infektionen mit der
Gefahr einer Bakteriämie sollte eine systemische Antibiotikatherapie nach Erregernachweis erfolgen. Zur kalkulierten Therapie, z. B. Aminopenicillin/Betalaktamase-
Tab. 2 Therapie der ambulant erworbenen Pneumonie
Patientenfaktoren
(Alter >60 Jahre)
Erreger
Antibiotika (Therapiedauer 7-10 Tage)
leichte bis mittelschwere
Pneumonie, ohne Grunderkrankung
Pneumokokken, Haemophilus
influenzae, <5 % Enterobakterien
Aminopenicillin/BLI;
Cephalosporin 2. Generation (Cefuroxim, Loracarbef) oder 3.
Generation (Cefotaxim, Ceftriaxon, Cefpodoxim);
Moxifloxacin
leichte bis mittelschwere
Pneumonie, mit Grunderkrankung (COPD, Asthma,
Diabetes u.a.)
Pneumokokken, Haemophilus
influenzae, Moraxella, Enterobakterien, Staphylococcus
aureus
Aminopenicillin/BLI;
Cephalosporin 2. Generation (Cefuroxim, Loracarbef) oder 3.
Generation (Cefotaxim, Ceftriaxon, Cefpodoxim);
Moxifloxacin
Interstitielle Pneumonie
Chlamydia pneumoniae, seltener Mycoplasma pneumoniae
Makrolid;
Doxycyclin;
Moxifloxacin
Schwere Pneumonie, mit
Grunderkrankung
Pneumokokken, Haemophilus
influenzae, Enterobakterien,
Staphylococcus aureus, Legionellen, selten Pseudomonas
Cephalosporin 3. Generation (Cefotaxim, Ceftriaxon) evtl. plus
Makrolid oder Clindamycin;
Pipercillin plus Sulbactam oder Tazobactam evtl. plus Makrolid;
Ciprofloxacin plus Clindamycin;
Moxifloxacin;
Carbapenem (Imipenem, Meropenem) evtl. plus Makrolid
Aminopenicillin/BLI = Aminopenicillin/Betalaktamase-Inhibitor (Ampicillin/Sulbactam, Amoxicillin/Clavulansäure)
Inhibitor, Cefuroxim, Clindamycin, bei fortgeschrittenen
Stadien Chinolon oder Cephalosporin 3. Generation (Cefotaxim, Ceftriaxon) plus Clindamycin oder Metronidazol.
Therapiedauer 1-2 Wochen, bei Osteomyelitis mehrere
Wochen (1)
Auch das rezidivierende Erysipel ist eine im Alter häufigere Hauterkrankung, da die trockene, rissige Altershaut
das Eindringen der ß-hämolysierenden Streptokokken
begünstigt. Therapie: Penicillin für 2 Wochen, bei Rezidiv
für 6 Wochen. Herpes zoster mit heftigen Schmerzattacken ist ebenfalls besonders häufig im Alter (8).
dominelle Organe (Divertikulitis, Cholezystitis) und die
Lunge (8). Die Erreger entsprechen den Ausgangsorganen
(siehe dort). Die Therapieschemata entsprechen denen
jüngerer Sepsis-Patienten, z.B. Cephalosporin 3. Generation (Cefotaxim, Ceftriaxon, Cefepim, Ceftazidim) evtl.
plus Clindamycin und Aminoglykosid; Acylureidopenicillin/Betalaktamase-Inhibitor oder Carbapenem evtl. plus
Aminoglykosid (23). Bei der Anwendung von Aminoglykosiden muss die im Alter nachlassende Nierenfunktion
berücksichtigt werden (16).
Bakterielle Endokarditis
Infektiöser Durchfall
Die Hälfte aller Todesfälle durch Diarrhoe tritt bei Patienten >74 Jahren auf (14). Ältere Patienten tragen ein höheres Risiko an Salmonellen zu erkranken, bedingt durch
Achlorhydrie, gastrointestinale Grunderkrankungen, medikamentenbedingte Störung der Darmmotilität. Sie sind
neben Kleinkindern die Patienten mit der höchsten Letalität bei Salmonella-Infektionen. Sie gehören daher zu den
Risikopatienten, bei denen bei gastrointestinalen Infektionen mit invasiven Erregern wie Salmonellen, Yersinien,
Campylobacter außer einer symptomatischen Behandlung
mit Flüssigkeits- und Elektrolytersatz eine Antibiotikatherapie (z.B. bei Salmonellen Ciprofloxacin) in Betracht zu
ziehen ist (8). In Alten- und Pflegeheimen wurden auch
Endemien mit Norwalk-ähnlichen Viren oder Rotaviren
beschrieben (3). Auch Cryptosporidien wurden als Erreger
bei älteren Patienten beobachtet (17). Händedesinfektion
auf der Toilette vermag eine Ausbreitung der Erreger zu
unterbinden.
Bakteriämie
Die infektiöse Endokarditis hat sich in den letzten Jahren
zu einer Erkrankung älterer Menschen entwickelt (20).
Seit den 80er Jahren sind über 50 % der EndokarditisPatienten älter als 60 Jahre (8). Die Ursachen dafür sind
ein Rückgang rheumatischer Herzerkrankungen bei Jüngeren, längere Überlebensdauer von Patienten mit Herzklappenerkrankungen sowie eine Zunahme künstlicher Herzklappen und anderer implantierter Materialien. Die Symptome sind oft unspezifisch: Schwäche, Krankheitsgefühl,
Gewichtsverlust, Verwirrtheit, Splenomegalie. Gelenkbeschwerden und Herzgeräusche werden oft als physiologische Alterserscheinungen missdeutet. Die Erreger sind
neben Vergrünenden Streptokokken (Ausgangsquelle
Mundhöhle) vor allem Enterokokken (von den Harnwegen
ausgehend), Streptococcus bovis (vom Darmtrakt ausgehend, oft assoziiert mit Colon-Karzinom); nach Klappenersatz auch Koagulase-negative Staphylokokken. Die Therapie erfolgt am besten entsprechend in Blutkulturen
nachgewiesener Erreger (20). Prophylaktisch bedeutsam
für Risikopatienten ist die strikte Einhaltung einer Endokarditis-Prophylaxe mit Antibiotika bei allen medizinischen Eingriffen mit der Gefahr einer Bakteriämie.
Bei morbiden Patienten sind Bakteriämien häufiger und
nehmen öfter einen tödlichen Ausgang. Ausgangsquelle
sind in absteigender Reihenfolge die Harnwege, intraab-
MIKROBIOLOGE 14.Jg. 2004
91
Das Erregerspektrum einer Meningitis unterscheidet sich
bei älteren Personen wesentlich von dem bei jungen Menschen. Während Viren nur eine untergeordnete Rolle spielen, sind die häufigsten bakteriellen Erreger Pneumokokken, Listeria monocytogenes, Mycobacterium tuberculosis
(8). Wichtig für die Diagnose und Therapie ist der Erregernachweis in Liquor und Blutkulturen. Zur kalkulierten
Therapie sollte ein Drittgenerations-Cephalosporin (Cefotaxim, Ceftriaxon) kombiniert werden mit Ampicillin
(wegen des Risikos von Listerien, gegen die Cephalosporine unwirksam sind), und evtl. einem Aminoglykosid
(23). Infektionen durch L. monocytogenes betreffen vor
allem Patienten mit T-Zell-Defekten oder Alkoholabusus.
Dekubitus, Blasenkatheter oder anderen invasiven Maßnahmen. Die Patienten müssen über die MRSAKolonisation und entsprechende Verhaltensregeln aufgeklärt werden. Vor Verlassen des Zimmers ist eine Händedesinfektion notwendig. Körper- und Bettwäsche sollten
täglich gewechselt werden. Das Personal sollte Einmalhandschuhe und einen besonderen Schutzkittel tragen, der
im Patientenzimmer verbleibt; nach jedem Patientenkontakt und vor Verlassen des Zimmers ist eine Händedesinfektion durchzuführen. Kontrolluntersuchungen der betroffenen Körperregion und des Nasen-Rachen-Raumes werden wöchentlich empfohlen. Sind die Abstriche dreimal im
Abstand von mindestens 2 Tagen negativ, können die
besonderen Hygienemaßnahmen aufgehoben werden (2,
18).
Septische Arthritis
Antibiotikatherapie in der Geriatrie
Ein Viertel der Patienten mit septischer Arthritis ist >60
Jahre alt. Septische Arthritis steht häufig in Zusammenhang mit Rheumatoider Arthritis, Gelenkprothesen, degenerativen Gelenkerkrankungen, Grunderkrankungen wie
Diabetes mellitus, Tumoren oder einer Cortisontherapie.
Die Patienten klagen über schmerzhafte, geschwollene
Gelenke. Am häufigsten betroffen ist das Kniegelenk,
gefolgt von Handgelenk und Schulter. Überwiegender
Erreger ist S. aureus, gefolgt von gramnegativen Stäbchenbakterien (8). Die Therapie sollte nach Erregernachweis erfolgen.
Physiologische Organveränderungen beeinflussen im Alter
die Pharmakokinetik. Bedeutsam ist die nachlassende
Nierenfunktion. Um Überdosierungen und evtl. toxische
Nebenwirkungen zu vermeiden, muss die Dosierung von
Antibiotika an die Nierenfunktion angepasst werden.
Grundlage für die Nierenfunktion ist die KreatininClearance (nicht das Serum-Kreatinin). Antibiotika sollten
nach der empfohlenen Normaldosierung, angepasst an die
Nierenfunktion, dosiert werden. Niedrigdosierungen sind
wegen der eingeschränkten Immunabwehr zu vermeiden
(6,13). Zu beachten sind Nebenwirkungen und Interaktionen von Antibiotika mit anderen Medikamenten. Beispielsweise können Makrolide die Wirksamkeit von Theophyllin oder Digitalis beeinflussen, Aminopenicilline oder
Cephalosporine erhöhen die Blutungsneigung von Antikoagulantien oder Thrombozyten-Aggregationshemmern.
Chinolone können zentralnervöse Störungen hervorrufen,
Metronidazol, Clindamycin und Amoxicillin/ Clavulansäure beeinflussen die Leberfunktion, Metronidazol führt zu
einer Alkoholunverträglichkeit (13). Bei oraler Gabe ist
die Compliance der Patienten wichtig. Gut verträgliche
Stoffe, die z.B. einmal täglich und unabhängig vom Essen
eingenommen werden können, erhöhen die Akzeptanz.
Meningitis
Besiedelungen mit MRSA in Alten- und Pflegeheimen
Patienten in Altenpflegeeinrichtungen tragen ein höheres
Risiko der Kolonisation oder Infektion mit multiresistenten Keimen, bedingt durch das enge Zusammenleben,
wiederholte stationäre Behandlungen oder Antibiotikatherapien (2). In Pflegeheimen betreute Patienten sind häufiger mit MRSA (methicillin-resistente S. aureus) besiedelt
als Personen in häuslicher Umgebung (10). In einer Studie
von Heuck et al. an 31 Alten- und Pflegeheimen in
Deutschland wurde eine MRSA-Besiedelungsrate von 2,4
% ermittelt (12). Eine antibiotische Therapie ist nur bei
klinisch manifesten Infektionen notwendig (2). Da MRSA
gegen alle Betalaktam-Antibiotika und viele andere Wirkstoffgruppen resistent sind, stehen zur Therapie oft nur
Glykopeptide (Vancomycin, Teicoplanin), Oxazolidinone
(Linezolid), Fosfomycin, Quinupristin/Dalfopristin, oder
Kombinationen mit Rifampicin zur Verfügung. Besiedelungen können durch lokale Dekontamination vermindert
werden (bei nasaler Besiedelung lokale Anwendung von
Mupirocin-Nasensalbe, bei Hautbesiedelungen Waschungen mit antiseptischen Lösungen). Bei KrankenhausAufnahme von Patienten aus Alten- und Pflegeheimen
sollte ein Screening zum Nachweis von MRSA (Nase,
Rachen, Wunden, evtl. Perinealregion) durchgeführt werden, um Besiedelungen frühzeitig zu erkennen und eine
Weiterverbreitung der Keime zu verhindern (18). Bei
Verlegung von MRSA-kolonisierten Patienten in Rehabilitationszentren oder Pflegeeinrichtungen ist die Einrichtung
darüber zu informieren. Die MRSA-Besiedelung ist kein
Hinderungsgrund für eine Verlegung von Patienten in o.a.
Einrichtungen. Jedoch sollten auch dort entsprechende
Hygienemaßnahmen beachtet werden: eine Unterbringung
im Einzelzimmer ist anzustreben aber nicht zwingend
erforderlich, außer bei Patienten mit Wundinfektionen,
92
MIKROBIOLOGE 14.Jg. 2004
Impfungen bei geriatrischen Patienten
Bei Patienten >65 Jahren ist eine Schutzimpfung gegen
Influenza (jährlich im Herbst) und Pneumokokken zu
empfehlen, außerdem die notwendigen Auffrischungsimpfungen für Tetanus (15).
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Korrespondenzadresse:
16. Morike K., Schwab, M., Klotz, U.: Use of aminoglykosides in
elderly patients. Drugs Aging 10 (1997) 259-277
Prof. Dr. Roswitha Füssle
Universitätsklinikum Giessen
Medizinische Mikrobiologie
Frankfurter Strasse 107
35392 Gießen
Tel.: (0641) 99 41271
Fax: (0641) 99 41259
e-mail: [email protected]
17. Neill M.A., Rice, S.K., Ahmad, N.V. Flanigan, T.P.: Cryptosporidiosis: An unrecognized cause of diarrhea in elderly hospitalized patients. Clin. Infect. Dis. 22 (1996) 168-170
18. Richtlinie Krankenhaushygiene: Empfehlung zur Prävention und
Kontrolle von Methicillin-resistenten Stapyhlococcus aureus
(MRSA)-Stämmen in Krankenhäusern und andreen medizinischen
Einrichtungen. Urban u. Fischer Verlag, München, Jena (2000) 1-10
BUCHBESPRECHUNG
Mikrobiologisches Praktikum
Versuche und Theorien
herausgegeben von Alexander Steinbüchel und Fred B. Oppermann-Sanio. 449 Seiten, 207 Abbildungen, 106 Tabellen, inkl.
CD-Rom, gebunden. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New
York, 2003. ISBN 3-540-44383-5. Euro 39,95.
Das Buch wird in einer ersten Auflage vorgelegt. Herausgeber
und Mitarbeiter sind an dem Institut für Mikrobiologie des Fachbereiches Biologie der Universität Münster tätig. Es wurde
konzipiert im Hinblick darauf, daß über die klassischen Einsatzgebiete der naturwissenschaftlichen und medizinischen Mikrobiologie hinaus mikrobiologische Methoden auch in zahlreichen
anderen Arbeitsgebieten inzwischen unentbehrlich geworden
sind, z.B. in der Biochemie, Molekularbiologie, Biotechnologie.
Ökologie, der Pharmazeutischen Forschung usw. So ist also ein
Grundpraktikum Mikrobiologie für Studierende vieler Hauptund Nebenfächer eine wichtige Voraussetzung für ihre spätere
berufliche Tätigkeit. Das Buch möchte die Vielfalt der Mikroorganismen und ihrer Eigenschaften, insbesondere ihrer Stoffwechselleistungen, veranschaulichen, wobei vorzugsweise Beispiele gewählt werden, die unmittelbaren Bezug zum alltägli-
chen Leben haben. Es wendet sich u.a. an Studierende von
Hochschulen, Fachhochschulen, Ausbildungsstätten für technische Berufe bis hin zu Teilnehmern an Leistungskursen an
Gymnasien. Die Autoren machen Vorschläge für die Gestaltung
der Inhalte und für den Ablauf von Praktika in den verschiedenen Bereichen. Jeder Einzelabschnitt wird mit einer Erfolgskontrolle abgeschlossen, der aus einem Katalog von 20 Fragen
besteht. Die beiliegende CD-ROM enthält alle Abbildungen,
Graphiken Tabellen und zusätzliches Anschauungsmaterial, das
in dem Buch selbst nicht vorhanden ist, einschl. Videosequenzen, die manche Sachverhalte besser verdeutlichen, als der gedruckte Text. Ihr Inhalt ist sowohl für die Studierenden als auch
für die Dozenten gedacht. So ist z.B. die Übernahme von Abbildungen durch Kopie in Powerpoint-Präsentationen möglich.
Der Inhalt gliedert sich wie folgt: Überblick über die Mikroorganismen, Vorschriften und Gesetze im Zusammenhang mit mikrobiologischen Arbeiten, Versuche (= ein umfangreicher Hauptteil), Exkursionen und Demonstrationen von Mikroorganismen
an natürlichen Standorten, in Umweltproben und in der Industrie, Methoden (Kultivierung, einfache taxonomische verfahren,
molekulargenetische Methoden, Quantifizierung von Zellen und
Medienbestandteilen, chromatographische und elektrophoretische Methoden), Chemikalien, Nachweisreagenzien und Medien,
MIKROBIOLOGE 14.Jg. 2004
93
Modulare Zusammenstellung von Versuchen für unterschiedliche Zielgruppen, Inhalt und Nutzung der Lehr-CD, Stichwortverzeichnis. Die einzelnen Abschnitte werden durch ein Verzeichnis weiterführender Literatur ergänzt. Die einzelnen Versuche werden nach folgendem Konzept beschrieben: theoretischer
Hintergrund, Versuchsziel, Versuchsdurchführung, Kontrollfragen. Die Anleitungen sind anschaulich und verständlich, das
benötigte Material wird angegeben. Selbstverständlich wären im
Detail auch andere exemplarische Versuche denkbar, aber dies
kann in jeder lehrenden Einrichtung nach Bedarf ergänzt bzw.
modifiziert werden. Die Exkursionen und Demonstrationen
bieten ein interessantes Angebot, um prägende Eindrücke von
der Vielfalt der Mikroorganismen und ihres Wirkens in der
Natur, in Anlagen und in der Industrie zu erhalten.
Insgesamt handelt es sich um ein äußerst sorgfältig erarbeitetes
Werk, aus dem große Erfahrung mit der Lehre und Ausbildung
spricht. Der Text ist gut lesbar und folgerichtig strukturiert. Die
Abbildungen, Tabellen, Graphiken und schematischen Darstellungen ergänzen in vorbildlicher Weise den Text. Hier sei noch
einmal der Hinweis auf die CD gestattet, da eine Reihe von
Abbildungen, die im Druck nur schwarzweiß erscheinen, hier
farbig angelegt sind. So kann das Buch mithelfen, Studenten und
anderen Interessierten den Zugang zur faszinierenden Welt der
Mikroorganismen zu erleichtern und grundlegendes methodisches Rüstzeug zu vermitteln. Insofern kann es auch für ärztlich
geleitete mikrobiologische Einrichtungen interessant sein, z.B.
bei der praktischen Aus- und Weiterbildung medizinischtechnischer Assistenten. Für die primär angesprochene Zielgruppe kann es uneingeschränkt empfohlen werden. Druck, Papier
und sonstige Ausstattung sind einwandfrei, der Preis ist angemessen.
F. – B. Spencker, Leipzig
Infektionsschutz und Seuchenrecht
Kommentar zum Infektionsschutzgesetz
und Sammlung deutscher und internationaler Vorschriften
(früherer Titel „Deutsche Seuchengesetze“ - Sammlung des
gesamten Bundesseuchenrechts sowie Kommentar zum BundesSeuchengesetz und Sammlung des allgemeinen Gesundheitsrechts in Bund und Ländern)
Begründet von F. Etmer und P.V. Lundt(†), fortgeführt von P.V.
Lundt(†) und P. Schiwy. Loseblattsammlung in 4 Ordnern.
208. Ergänzungslieferung; 213 Seiten; Stand: 01. Sept. 2003.
Starnberg: R.S. Schulz, 2003. ISBN 3-7962-0312-4. Euro 85,00.
209. Ergänzungslieferung; 250 Seiten; Stand: 15. Sept. 2003.
Starnberg: R.S. Schulz, 2003. ISBN 3-7962-0312-4. Euro 87,00.
210. Ergänzungslieferung; 206 Seiten; Stand: 01. Nov. 2003.
Starnberg: R.S. Schulz, 2003. ISBN 3-7962-0312-4. Euro 72,00.
Die 208. Lieferung enthält im Bundesrecht u.a.:
- Approbationsordnung für Ärzte vom 27.06.2002 (Neufassung)
- Krankenpflegegesetz vom 16.07.2003
- Hebammengesetz, Psychotherapeutengesetz und MTAGesetz (jeweils Änderungen vom 16.07.2003): Die Änderungen
betreffen insbesondere die Anerkennung einer Ausbildung in der
EU oder in Drittländern (§§2).
- Lebensmittelkennzeichnungs-VO
(Änderung
vom
23.07.2003)
Die 209. Lieferung enthält im Bundesrecht u.a.:
- Gesetz über die Berufe in der Altenpflege (Altenpflegesetz)
vom 25.08.2003 (Neuaufnahme)
- Verordnung über die Verbrennung und die Mitverbrennung
von Abfällen (17. Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetz) vom 14.08.2003 (Neuaufnahme)
- Fleischhygienegesetz (Berichtigung vom 30.06.2003)
94
MIKROBIOLOGE 10.Jg. 2000
Die 210. Lieferung enthält im Bundesrecht u.a.:
- Krankenhausfinanzierungsgesetz
(Änderungen
vom
12.06.2003 und 16.07.2003)
- Rückstandshöchstmengen-VO (Änderung vom 05.11.2003):
insbesondere auch „Probennahme und Analysemethoden“ (§4):
Korrektur der Gliederungsnummer der Amtlichen Sammlung
von Untersuchungsverfahren nach §35 LMBG für Rückstände
von Pflanzenschutzmitteln.
- Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und
den Schutz gegen ihre Gefahren (Atomgesetz; Änderung vom
21.08.2002)
Aus dem Landesrecht sind in den Lieferungen, neben Zuständigkeitsregelungen und abfallwirtschaftlichen Bestimmungen, u.a.
enthalten ([] = Nr. der Lieferung):
Baden-Württemberg:
- Verordnung des Sozialministeriums über die ärztlichen
Kosten bei sexuell übertragbaren Krankheiten und Tuberkulose
vom 01.08.2003 [209]: „In den Fällen des §19 Abs. 2 Nr. 2 IfSG
kann die behandelnde Ärztin … die Genehmigung einer kostenlosen Untersuchung und Behandlung beantragen. (…) Die ärztliche Untersuchung und Behandlung kann beginnen, ohne die
Entscheidung des Gesundheitsamtes abzuwarten.“
Bayern:
- Gesundheitsdienst- und Verbraucherschutzgesetz vom
24.07.2003 [209]: regelt „die Aufgaben und Befugnisse der
Behörden für Gesundheit, Veterinärwesen, Ernährung und
Verbraucherschutz“ im Freistaat Bayern
- Bestattungsgesetz (Änderung vom 24.07.2003) [209]
Brandenburg:
- Öffentlich empfohlene Schutzimpfungen für das Land Brandenburg. Runderlaß vom 28.05.2003 [208]: Für Personen, die
die nachfolgenden Impfungen wünschen, gelten folgende Sonderregelungen gegenüber STIKO-Empfehlungen: Influenzaschutzimpfung für Personen > 18 Jahre ohne Einschränkung
empfohlen; Hepatitis-B-Impfung ohne Einschränkung empfohlen.
Hamburg:
- TSE-Verhütungsverordnung vom 03.06.2003 [208]: gilt „ für
im Rahmen der Ausübung der Heilkunde selbst hergestellte und
angewendete Arzneimittel aus tierischem Ausgangsmaterial oder
Arzneimittel, die tierisches Ausgangsmaterial enthalten.“
Mecklenburg-Vorpommern:
- Richtlinie Hygieneprogramm Schwein vom 25.06.2003
[209]: freiwilliges Verfahren für ein Gesundheitskontrollprogramm gemäß Schweinehaltungshygieneverordnung.
Saarland:
- Saarländisches Heilberufekammergesetz vom 02.06.2003
[208]
Sachsen:
- Verwaltungsvorschrift Schutzimpfungen vom 04.06.2003
[208]: enthält öffentliche Empfehlungen zu Regelschutzimpfungen, passiver Immunprophylaxe durch Gabe von Immunglobulinen und Chemoprophylaxe.
Die 209. Ergänzungslieferung enthält außerdem im Internationalen Recht: Richtlinie 93/42/EWG des Rates der Europäische
Gemeinschaften über Medizinprodukte.
E. Kniehl, Karlsruhe
ENTWICKLUNGSTRENDS
Zukünftige Trends in der mikrobiologischen Diagnostik
Andreas Podbielski, Rostock
Wesentliche Teile des Artikels wurden im Rahmen eines Vortrags auf dem 11. klinisch-mikrobiologischinfektiologischen Symposium am 6. Dezember 2003 in Berlin präsentiert.
Einleitung
Die Anspannung des Tagesgeschäfts lässt den verantwortlichen Ärztinnen und Ärzten medizinisch-mikrobiologischer Labors selten Zeit, sich Gedanken zum Inhalt der
eigenen Arbeit über die unmittelbare Zukunft hinaus zu
machen und gestaltende Konzepte für die Zukunft des
eigenen Labors oder gar der Diagnostischen Mikrobiologie
in der Region zu entwickeln. Zudem werden sie wie alle
anderen Leistungserbringer im Gesundheitssystem durch
häufig wechselnde gesundheits- und standespolitische
Vorgaben getrieben und zu in der Regel nur kurzfristigen
Problemlösungen gezwungen. Entsprechend selten findet
man in den Fachjournalen Veröffentlichungen, die sich mit
der Zukunft der Medizinischen Mikrobiologie auseinandersetzen. Vor diesem Hintergrund stachen zwei kürzlich
erschienene Artikel amerikanischer und französischer
Fachkollegen (Dunne et al., 2002; Rottmann & Gaillard,
2003) zur langfristigen Zukunft unseres Faches heraus und
gaben den Anstoß für die im Folgenden zusammengefassten Gedanken.
In Form von Science-Fiction Kurzgeschichten entwarfen
beide Autorenteams Szenarien für die tägliche Arbeit von
amerikanischen Fachkollegen und französischen Fachkolleginnen (!) in der klinisch-diagnostischen Mikrobiologie
im Jahr 2025. Dabei antizipieren sie nicht nur eine Reihe
von technischen Neuerungen, sondern auch Änderungen
im prinzipiellen Tätigkeitsfeld der Medizinischen Mikrobiologen, in der Struktur einzelner Labore sowie in der
Organisation und Zuständigkeit aller Fachlabore einer
Region.
Die Artikel stimmen prinzipiell optimistisch, da grundsätzlich von einer Existenz und vielfältigen Tätigkeit Diagnostischer Mikrobiologen im Jahr 2025 ausgegangen wird.
Wie im weiteren ausgeführt, ist dies angesichts einiger
technischer und struktureller Entwicklungen in der näheren Zukunft nicht unbedingt selbstverständlich. Diese
wahrscheinlichen oder zumindest möglichen Entwicklungen sowie die daraus abgeleiteten Herausforderungen an
das Fachgebiet der Medizinischen Mikrobiologie werden
in diesem Artikel skizziert. Dabei kommen sowohl technische als auch organisatorische Fortschritte zur Sprache.
Abschließend werden einige Vorschläge zur Argumentation in eigener Sache gemacht.
Technische bzw. organisatorische Neuerungen und
Rahmenbedingungen
Veränderungen in unserem Fach und in unseren Tätigkeiten ergeben sich aus:
a) den technischen Neuerungen der ortsgebundenen, d.h.
auf ein Fachlabor beschränkten Diagnostik in den „klassischen“ Methodenfeldern der Medizinischen Mikrobiologie, nämlich der Mikroskopie, Kulturverfahren, Serologie
und Nukleinsäuredetektion;
b) technischen Neuerungen wie der Array-Technologie,
die zur partiellen Aufhebung der Grenzen zwischen den
klassischen Methodenfeldern führen werden;
c) technischen Neuerungen, die die Diagnostik ortsunabhängig machen werden (Stichwort Point-of-Care-Testing,
= POCT);
d) organisatorischen Neuerungen im Gefolge der technischen Neuerungen, die zu Umverteilung von Aufgaben
und Zuständigkeiten zwischen Labors z.B. im Krankenhaus- und im niedergelassenen Bereich, aber auch zwischen der Medizinischen Mikrobiologie und anderen medizinischen Fachsparten führen werden; und schließlich
e) ökonomischen Entwicklungen sowie politischen Vorgaben, die über die Möglichkeiten zur Einführung der unter
a) bis c) genannten technischen Neuerungen entscheiden
oder von sich aus Restrukturierungen erzwingen. Alle fünf
Punkte werden im Folgenden anhand von Beispielen beleuchtet.
Technische Neuerungen in der ortsgebundenen Diagnostik
Die Anwendung mikroskopischer Methoden steht seit den
ersten Tagen der Mikrobiologie häufig am Beginn eines
Untersuchungsgangs. Dies kann auch noch lange Zeit
Bestand haben, da die Methoden aussagekräftig, von Seiten der Sachkosten günstig und seitens der technischen
Entwicklungsmöglichkeiten keinesfalls ausgereizt sind. So
wurde in neuester Zeit mit der „Fluoreszenz-in-situHybridisierung“ (FISH) eine überaus vorteilhafte Färbemethode eingeführt (Rüssmann, 2003). Zur halbautomatisierten, qualitativen und quantitativen Auswertung des
mikroskopischen Aspekts kommen gegenwärtig hochempfindliche CCD Kameras gepaart mit elektronischen Bildauswerteprogrammen zur Anwendung (Hughes & Roebuck, 2003; Utagawa et al., 2002). Lediglich die weiterhin
nicht mechanisierte Materialaufarbeitung macht die mikroskopischen Methoden arbeitsaufwendig und damit für
einen noch breiteren Einsatz zu wenig ökonomisch ver-
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nünftig (Kim et al., 2003; Körtje, 2003).
Die potentiell zukunftsträchtige Bedeutung der FISH sei
an dieser Stelle herausgehoben. Die Stärken dieser Methode liegen in der sensitiven, ggf. auch quantitativen simultanen Detektion von zurzeit bis zu 8 kultivierbaren oder
schlecht bzw. nicht kultivierbaren Erregern (Satokari et al.,
2003). Damit wird ein für viele Fragestellungen ausreichender Multiplexansatz möglich (Strefford, 2003). Prozessierungszeiten von wenigen Stunden, die Möglichkeit,den Bezug der Erreger auch zu benachbarten Wirtsstrukturen sichtbar zu machen, die relative geringfügige
Kontaminationsanfälligkeit durch die optische Kontrolle
des Ergebnisses und schließlich die bereits verfügbare
automatisierte quantitative Resultaterfassung mittels Bildauswertesysteme (Pernthaler et al., 2003) sind unbestreitbare Pluspunkte. Nachteilig sind die ausgedehnten „handson“ Zeiten und eine gegenwärtig nicht angebotene Automatisierung für die Prozessierung der Proben. Die Methode ist im Zusammenhang mit schweren Infektionen oder
nur aufwendig nachzuweisenden Erregern zur Untersuchung invasiv gewonnener Materialien sinnvoll einsetzbar.
Allerdings heißt sinnvoll nicht auch ökonomisch – der
bereits kommerziell vertriebene Helicobacter-FISHNachweis wurde wieder vom deutschen Markt genommen.
Abb. 1: Schematische Darstellung einer Fluoreszenz-in-situHybridisierung (FISH)
Eine FISH wird am Beispiel des Nachweises von Streptococcus pyogenes (Trebesius et al., 2000) bzw. von
Eubakterien aus Tonsillenmaterialien erläutert. Die in
Abstrichmaterialien bzw. Spülflüssigkeiten aus Tonsillen enthaltenen Bakterien werden auf Objektträger aufgebracht und dort fixiert. Danach wird die Zellwand
und Zellmembran der Bakterien mittels Detergentien
und Enzymwirkung soweit permeabilisiert, dass diese
Strukturen durchlässig für mit Fluoreszenzfarbstoffen
markierte Oligonukleotide werden. Typischerweise gegen die 16 S rRNA gerichtete Oligonukleotidsonden
werden per Diffusion in die Bakterien eingebracht und
unter stringenten Bedingungen an die einzelsträngige 16
S rRNA hybridisiert. Nach Waschschritten und einer
optionalen Färbung der doppelsträngigen DNA der
Bakterien oder der auch vorhandenen Wirtszellen mit
dem DAPI-Farbstoff wird die in-situ-Hybridisierungsreaktion unter Licht geeigneter Wellenlänge sowie mit
geeigneten Filtern im Fluoreszenzmikroskop inspiziert.
Durch simultane Verwendung verschieden markierter
und gegen verschiedene rRNA-Abschnitte gerichteter
Sonden lassen sich mehrere Bakterienarten in parallele
nachweisen.
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Mehr als die Hälfte des Arbeits- und WirtschaftsAufwands im mikrobiologisch-diagnostischen Labor fließt
gegenwärtig in die Kultur-gestützte Diagnostik. Dies geschieht nicht nur, weil diese Diagnostik das klassische
Tätigkeitsfeld unseres Fachgebietes darstellt, sondern auch
weil sie genaue Antworten auf ungezielte Fragestellungen
liefert. Damit kommt sie den aus verschiedenen Gründen
eingeschränkten Möglichkeiten der klinisch tätigen Kollegen zur Spezifizierung ihrer Untersuchungsaufträge entgegen.
Die Mechanisierungsreserve für dieses Methodenfeld ist
mit den im ersten Schritt der Diagnostik einsetzbaren Blutund TB-Kulturautomaten sowie nach Vereinzelung der
angezüchteten Bakterien den im dritten Schritt hilfreichen
Differenzierungs- und Resistenztestungsautomaten weitgehend ausgeschöpft.
Ein entscheidender Flaschenhals für die weitere Automatisierung der Kulturverfahren ist die Verschiedenartigkeit
des eingehenden Materials, das entsprechend divergierende Entscheidungen und Techniken zur anfänglichen Prozessierung erfordert und sich damit einem Automatenformat weitgehend verschließt. Entwicklungshemmend ist
auch das Problem der Mindestmenge an Reinkulturen der
zu untersuchenden Mikroorganismen für die rationelle
Nutzung der Automaten des dritten Schritts. Dies setzt
zwei und mehr Passagen dieser Mikroorganismen voraus –
mit ebenfalls zurzeit nicht zu automatisierenden Arbeitsschritten bei der Vereinzelung aus den initialen Gemischen
und einer nicht zu verkürzenden Zeitspanne, die sich aus
der spezifischen Wachstumsgeschwindigkeit der zu differenzierenden und zu testenden Mikroorganismen ergibt.
Veränderungen scheinen hier eher auf qualitativer und
wirtschaftlicher Ebene erreichbar. Bisher nicht oder nur
langsam kultivierbare Mikroorganismen werden in Zukunft nach Analyse der vollständigen Genomsequenzen in
axenischen Medien anzüchtbar werden. Die Entwicklung
eines entsprechenden Mediums für die Kultur von Tropheryma whipplei anhand der aus dem Genom dieser Bakterien ableitbaren Defizite bei der Aminosäuresynthese ist
dafür ein gutes Beispiel (Renesto et al., 2003). Für anspruchsvolle oder diffizile Mikroorganismen, deren Genomsequenzen (noch) nicht zur Verfügung stehen, stellen
kostengünstig zu haltende Insekten- oder Froschzellkulturen neue „Universalmedien“ zur Anzucht dar.
Serologische Untersuchungen als weiteres klassisches
Methodenfeld scheinen bezüglich der Möglichkeiten ihrer
technischen Weiterentwicklung und Mechanisierung schon
seit geraumer Zeit auf dem Scheitelpunkt angelangt zu
sein. Hier stehen in nächster Zeit eher wirtschaftlich ausgerichtete Restrukturierungen an, die über die Spezialisierung und Fokussierung einzelner Labors zu größeren Serienlängen führen.
Ein Flaschenhals für die Weiterentwicklung der serologischen Methoden ist die Notwendigkeit einer sehr spezifischen Fragestellung des klinisch tätigen Kollegen bei
seinem Auftrag zur Materialuntersuchung. Mittelfristig
können einige Array-Technologien (s. u.) zu sprunghaften
Vereinfachungen hinsichtlich der Zulässigkeit auch unspezifischer Fragestellungen und zum Verschmelzen serologischer Methoden mit anderen Methodenfeldern beitragen.
Abb. 2: Schematische Darstellung der Array-Technologie.
In diesem Beispiel wird die Anwendung eines DNA-Arrays demonstriert. Die Arrays (z.B. Glasobjektträger) werden vom Hersteller mit Nukleinsäuresonden in einem festgelegten Muster bestückt. Die Sonden können Oligonukleotide oder denaturierte PCR-Produkte sein und sich gegen eine Vielzahl von Allelen eines Gens (z.B. 16 S
rDNA) oder von Genen eines Mikroorganismus richten. Für den Nachweis von Mikroorganismen werden die in
einem Material enthaltenen Nukleinsäuren quantitativ freigesetzt. Je nach zu erreichender Sensitivität und gewünschtem Nachweis (Vorhandensein von Genen versus Expression von Genen) wird die Zielnukleinsäure mittels PCR oder RT-PCR amplifiziert und währenddessen auch mit Fluoreszenzfarbstoffen markiert. Die denaturierten markierten Amplifikationsprodukte werden mit den Sonden auf dem Array hybridisiert. Nicht und unspezifisch gebundene Nukleinsäuren werden durch stringente Waschschritte entfernt. Der hybridisierte Array wird in
einem auf das Auftragsmuster der Sonden eingestellten Fluoreszenzphotometer quantitativ durchgemessen. Die
Fluoreszenzsignale werden mittels geeigneter EDV ausgewertet. Durch simultane Hybridisierung unterschiedlich
markierter Amplifikationsprodukte auf einem Chip sind direkte Vergleiche zu Referenznukleinsäuren möglich.
Sofern die Chips mit verschiedenen Oberflächenstrukturen versehen oder mit definierten Peptiden bzw. Antikörpern beschichtet werden, können solche Chips auch zur quantitativen Bindung von speziellen Substanzen aus
komplexen Gemischen genutzt werden. Die Analyse der gebundenen Substanzen erfolgt noch im Zustand der
Bindung z.B. über Leitfähigkeitsänderungen oder nach Ablösung durch nachgeschaltete Verfahren wie z.B. die
Kapillarelektrophorese, GC/MS oder MALDI-TOF (Jackson et al., 2003)
Die Nukleinsäureamplifikation zur Detektion nicht kultivierbarer oder langsam wachsender Mikroorganismen
bzw. jeglicher Mikroorganismen aus einem Gemisch sehr
verschiedener Organismen und Wirtszellen ist inzwischen
für ziemlich jeden Mikroorganismus, von dem spezifischen Gensequenzen bekannt sind, versucht worden. Für
den Nachweis einiger wichtiger Viren sowie weniger Bakterien und Pilze sind auch validierte und qualitätsgesicherte Kits kommerziell verfügbar.
Den unbestreitbaren Vorteilen dieser Methode, nämlich
der Kultivierungs-Unabhängigkeit, Sensitivität und hohen
Geschwindigkeit, stehen ebenso unbestreitbare Nachteile
gegenüber. Dazu zählen zunächst einige Faktoren, die sich
massiv auf die Kosten auswirken, wie der umfassende
Patentschutz, der technische Weiterentwicklungen jeweils
nur für die Patentinhaber attraktiv macht und die Kompatibilität zwischen den Systemen verschiedener Anbieter
verhindert, die sehr beschränkte Multiplex-Fähigkeit und
damit zwingend erforderliche spezifische Fragestellung
bzw. der daraus resultierenden Notwendigkeit, mehrere
Ansätze in parallele zu untersuchen und die relativ begrenzte Lagerfähigkeit der Reagenzien. Nachteile auf
Seiten der Anwendbarkeit sind die uneinheitliche TemplatePräparationstechniken, die Kontaminations- und Inhibitoranfälligkeit sowie die Umständlichkeit und geringe Reproduzierbarkeit bei Messungen der Genexpression. Gerade im
Rahmen des zuletzt genannten Problems gilt zurzeit, dass
keine Therapieentscheidung auf der Basis der amplifizierenden Messung der Expression eines Antibiotika-Resistenzgens verantwortungsvoll getroffen werden kann.
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Auch die inzwischen angebotenen Bestecke zur kombinierten Materialabnahme, -Transport und -Aufarbeitung,
die apparativen Paketlösungen zur automatisierten Materialaufarbeitung und Messung sowie ein verbreitertes Angebot der konfektionierten Testparameter können an den
genannten Nachteilen zunächst nichts ändern.
Hybridisierung. Entsprechend diesem Beispiel sind auch
Kombinationen zwischen einer ungezielten (Kurz-)Kultur
und nachfolgender Amplifikation, Array-Hybridisierung
oder FISH denkbar, offenbar aber noch nicht nahe an der
Einführung auf dem Diagnostika-Markt (Buhlmann et al.,
2003).
Schließlich wirft die hohe Sensitivität der Nukleinsäureamplifikation auch Fragen nach dem pathogenetischen
Grundverständnis von Infektionen auf. So ist nach der
Detektion von Mikroorganismen in bisher als steril angesehenen Materialien gesunder Patienten (Nikkari et al.,
2001) erneut zu beantworten, ob es nicht-infektiöse Mengen von „obligat pathogenen“ Bakterien gibt und wie sich
die infektiösen Mindestmengen in Gemischen aus mehreren oder vielen Mikroorganismen, d.h. der physiologischen Standortflora, verändern.
Die Array-Technologie ist vor ca. 6 Jahren erstmalig zur
Anwendung gekommen. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass auf dieser Basis bisher noch kein geprüftes und
durch gute Publikationen validiertes Testverfahren zum
Nachweis von Infektionen zu einem vernünftigen Preis
kommerziell verfügbar ist. Entsprechend können im Moment auch noch keine kompatiblen Verfahren erwartet
werden, die Bezug von Geräten oder Reagenzien von
verschiedenen Herstellern ermöglichten. Neben diesen
offenkundigen Nachteilen kämpft die Array-Technologie
zurzeit auch noch mit einer eher mäßigen Sensitivität des
Substanznachweises.
Technische Neuerungen außerhalb der traditionellen Methodenfelder
Zurzeit wird die Array-Technologie als vielversprechendste technische Neuerung außerhalb der traditionellen Methodenfelder angesehen (Anthony et al., 2001; Kricka,
2001). Besonders bearbeitete Oberflächen von Trägermaterialien („Chips“) ermöglichen die simultane, spezifische
Bindung von mehreren Tausend Substanzen aus Mikroorganismen oder aus dem infizierten Wirt. Eine qualitative
und quantitative Analyse der gebundenen Substanzen
schon im Chip-gebundenen Zustand oder nach selektiver
Ablösung vom Chip führt dann zur diagnostischen Aussage.
Die hohe Zahl an parallel zu erfassender Analyten ist der
maßgebliche Vorteil der Array-Technologie. So können
(zunächst nur theoretisch) ein Vielfaches der Sepsiserreger
- nämlich z.B. alle nicht kultivierbaren Bakterien - nachgewiesen werden, die auch mit einer Blutkultur erfasst
werden. Damit kommen Nachweisverfahren auf der Basis
der Arraytechnologie wieder der typischen Situation des
Diagnostikalltags entgegen, in der vom Kliniker Material
mit wenig spezifischen Fragestellungen und häufig nur
minimaler Begleitinformation zur Untersuchung eingesandt wird. Für die Zukunft ist zu erwarten, dass die Chipgestützte Erfassung nicht nur von Erreger-spezifischen
Genen / Substanzen sondern auch Virulenz- und Antibiotikaresistenz-spezifischen Genen / Substanzen zusätzlich
zu Aussagen über das prinzipielle Vorliegen einer Infektion auch Aussagen über den aktuellen Schweregrad und
weiteren Verlauf zulassen wird. Die Messungen als Basis
dieser Aussagen benötigen mittels der Array-Technologie
nur einen Bruchteil der Zeit, die dazu mittels Kulturverfahren notwendig wäre (Call et al., 2003).
Weitere besondere Stärken der Array-Technologie sind ihr
Beitrag zur Miniaturisierung und damit zur Mobilisierung
der Diagnostik (s. u.) sowie zur Kombination der anderen
traditionellen Methodenfelder der Mikrobiologischen
Diagnostik.
Als praxisnahes Beispiel für das kombinierende Potential
der Chip-Technologie ist das im 3. oder 4. Quartal 2004 zu
erwartende Sepsiserreger-Diagnostik-Kit der Firma Roche
zu sehen. Dieses fußt auf einer initialen allgemeinen
Amplifikation von Bakterien- und Pilz- rDNA-Genen in
der neuen Light-Cycler Generation und einer nachfolgenden Differenzierung der Amplifikationsprodukte mittels
ca. 40 verschiedene Ziel-Nukleinsäuren erfassender Array-
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Diese und weitere „Flaschenhälse“ erschweren im Moment eine breite Anwendung der Chips in der Diagnostik.
Dem Problem des hohen Preises versuchen die Hersteller
durch Massenproduktion und Reduktion der auf dem Chip
gebundenen Sonden/Targets auf eine für die Fragestellung
angepasste Anzahl zu begegnen („low density chips“)
(Zammatteo et al., 2002). Für die Lösung des Problems
einer uneinheitlichen Materialaufarbeitung werden die
Methoden eingesetzt, die schon für die Nukleinsäureamplifikation genutzt werden, oder es wird auf die Detektion anderer Indikatorsubstanzen ausgewichen (s. u.).
Die Ablesung der auf dem Chip gebundenen Moleküle
wird z.B. durch eine elektronische Detektion der nachzuweisenden Komplexe beschleunigt und von einer teuren
Nasschemie unabhängig gemacht (Brandenburg et al,
2002).
Am weitesten entwickelt ist im Moment die ArrayTechnologie für Chips mit Nukleinsäuresonden auf ihrer
Oberfläche. Mit diesen Sonden wird im Rahmen einer
Hybridisierung die Existenz komplementärer Nukleinsäurefragmente im Untersuchungsmaterial nachgewiesen.
Die Array-Technologie ermöglicht allerdings einen weitaus breiteren Spielraum für die an die Oberflächen der
Chips zu koppelnden Sensormaterialien und für die Interaktion mit Zielmolekülen. So existieren bereits kommerziell verfügbare Antikörperchips für eine Antigendetektion
und Peptidchips, die sich zumindest theoretisch für eine
spezifische Antikörperdetektion eignen (z.B. Immun-oMat). Beide Arten von Chips können die serologischen
Nachweisverfahren in kurzer Zeit revolutionieren. Genauso sind Chips mit verschiedenen anorganischen und organischen Oberflächen erhältlich, an die Proteine und Polysaccharide aus dem Untersuchungsmaterial je nach Art des
Lösungsmittels binden bzw. wie bei einer Chromatographie nach einer eher unspezifischen Bindung spezifisch abgelöst werden. Eine Bestimmung der so gereinigten Analyten erfolgt dann per mit dem Chip gekoppelten
Massenspektrometer (z.B. Fa. Caliper, Fa. Ciphergen, Fa.
Sequenom). Schließlich können auch ganz Zellen auf den
Chips gebunden werden (z.B. Fa. Cytion, Fa. LabChip;
D’Orazio, 2003) und die elektrophysiologische Reaktion
einzelner Zellen in Gegenwart einzelner Analyten gemessen werden. Diese Zellchips werden bereits für das Massenscreening potentieller Neuropharmaka oder für die
Bestimmung des Einflusses elektromagnetischer Felder
auf die Zellintegrität kommerziell genutzt.
Die zukunftsweisende Bedeutung der Array-Technologie
durch die Kombination traditioneller Methodenfelder der
Mikrobiologischen Diagnostik sei abschließend noch an
einem weiteren Beispiel verdeutlicht. So gelang es mehreren Arbeitsgruppen in parallele, durch umfassende Chipgebundene Messungen der Expression der angeborenen
Wirtsabwehr nicht nur Infektionen klar von anderen inflammatorischen Reaktionen abzugrenzen, sondern auch
das exprimierte Muster an Entzündungsparametern spezifisch bestimmten Patienten- und Erregergruppen zuzuordnen (Huang et al. (2001) Science 294: 870-5; Boldrick et
al. (2002) PNAS 99: 972-9; Whitney et al. (2003) PNAS
100: 1896-901). Sofern sich diese Ergebnisse auf ein ausreichend großes Panel relevanter Erreger ausweiten ließen
und anstelle der astronomisch teuren humanen Gesamtgenomchips günstigere low-density-Arrays verwendbar wären, hätte diese Art der Diagnostik ein realistisches Nutzungspotential, das die gesamte heute bekannte Mikrobiologische Diagnostik in Frage stellen könnte.
In der Medizinisch-Mikrobiologischen Diagnostik gibt es
einfache Formen des POCT als „chair-side“ Teste z.B. im
Rahmen der Nachweise von Atemwegsinfektionserregern
(Legionellen-, Pneumokokken-, RSV-, Streptococcus
pyogenes-Antigenteste), Urogenitaltraktinfektionserregern
(Chlamydia trachomatis-, Neisseria gonorrhoeae-, Streptococcus agalactiae-Antigenteste) und schließlich Parodontitis-Erregern (Tannerella forsythensis-, Porphyromonas gingivalis-, Treponema denticola –Arylaminopeptidase-Nachweis).
Technische Neuerungen zur ortsungebundenen Diagnostik
Der unmittelbaren und breiten Einführung der POCTTechnologie stehen im Moment die Hindernisse entgegen,
die auch die breitere Verwendung der Nukleinsäureamplifikation und Array-Technologie behindern. Neben der
uneinheitlichen und noch unvollkommen automatisierten
Materialaufarbeitung sind dies zu teure Chips und Geräte
für die Reaktionsauswertung. Die Überwindung dieser
Probleme im Zuge einer infektiologischen Diagnostik ist
nicht trivial und / oder (zurzeit) so wenig materiell lohnend, dass die entsprechenden POCT-Geräte trotz zeitweilig anderslautender Ankündigungen seitens der Hersteller
(z.B. Motorola) in nächster Zukunft noch nicht auf dem
Markt erscheinen werden (Vernon et al., 2003).
Ein bereits jetzt im Bereich der klinischen chemischen
Diagnostik mächtiger Trend wird sich in den nächsten
Jahren auch in der Medizinischen Mikrobiologie auswirken, nämlich die Miniaturisierung der diagnostischen
Apparaturen, die deren Einsatz direkt am Krankenbett und
auch in den Händen von Nicht-Fachärzten und NichtMikrobiologen ermöglicht (Boldt, 2003; Fermann & Suyama, 2002).
Die technologische Entwicklung zu dieser als Point-ofCare-Testing (POCT) bezeichneten Diagnostik erhält ihren
Vortrieb aus verschiedenen Richtungen. Für Untersuchungen in der Klinischen Chemie gibt es schon längere Zeit
kleinere Laborgeräte und die passende „Trockenchemie“,
die solche Untersuchungen auch in ambulanten Praxen
ermöglichen. Hier eröffnen die Chiptechnologie mit den
daran gekoppelten neuen Analysegeräten die Chance zur
weiteren Miniaturisierung und möglicherweise auch Beschleunigung der Diagnostik und damit auch der Marktausweitung hin zu kleineren Krankenhäusern, die selber
kein Labor vorhalten. Dieser Trend trifft im asiatischen
Wirtschaftsraum auf eine rasch wachsende Zahl von Menschen, die sich eine aufwendige medizinische Versorgung
leisten können und dabei auf Krankenhäuser angewiesen
sind, in denen nur wenig Laborinfrastruktur und nur unzureichende Transportwege zu anderen gut ausgerüsteten
Institutionen vorhanden sind. In dieser Situation erscheint
es ökonomisch vernünftiger, bei einer verfügbaren POCTTechnologie, vorzugsweise überschaubare Geldmengen in
diese anstatt in den Aufbau sehr viel teuerer Großlabors zu
investieren.
Daneben gibt es auch von medizinfremden Seiten wie der
des (amerikanischen) Militärs handfeste Interessen zur
Weiterentwicklung dieser Technologie. Hier besteht der
politische Auftrag, sich auf biologische Angriffe einzustellen. Zu deren Erkennung und Abwehr bedarf es diagnostischer Apparaturen, die unter Feldbedingungen funktionieren und von unbedarften Laien bedient werden können.
Als „spin-off“ solcher mit massiven finanziellem Aufwand
betriebenen Entwicklungen ist die Nutzung der resultierende Geräte („hand-held devices“) und Technologien
auch auf dem zivilen Markt zu erwarten.
Die gegenüber diesen konventionellen Tests technisch
avancierten miniaturisierten Diagnostikgeräte werden am
schnellsten die Methodenfelder der Serologie und der
Nukleinsäure-Nachweise erfassen. Beide Methodenfelder
stehen technologisch und prozesstechnisch der Klinischen
Chemie besonders nahe. In der Mehrzahl der mit diesen
Methoden bearbeiteten Fälle besteht der diagnostische
Prozess in einer spezifischen Fragestellung, die auf ein
Material angewendet wird, eine spezielle Methode benutzt
und zu einem Ergebnis kommt.
Unter der Voraussetzung einer genügend hohen Rendite
steht aber zu erwarten, dass die Probleme von interessierten Firmen gelöst werden. So wird z.B. für die Probenaufbereitung die „lab-on-a-chip“ Technologie, d.h. die Verkapselung des Vorrats der für die Aufbereitung notwendigen Chemikalien im Nanomaßstab auf dem Chip, etabliert
(Figeys, 2002; Heigl & Hedine, 2002; Huikko et al.,
2003). Die in der angestrebten Gebrauchsversion „Handy“-große Geräte und entsprechend adaptierte Chips existieren bereits für humangenetische Fragestellungen.
Bei aller Euphorie über die technischen Möglichkeiten
wirft das POCT auch bisher ungelöste Probleme auf. Diese
betreffen die Sensitivität (Vickerman et al., 2003), Qualitätssicherung sowie die Relation zwischen ökonomischen
Nutzen und Zeitgewinn. So ist zusätzlich zu den üblichen
Qualitätsbestätigungen der eigentlichen Messungen für die
Prozessierung des Untersuchungsmaterials direkt am Patientenbett ein gesonderter Nachweis der Validität und Reproduzierbarkeit zu erbringen. Die Argumente eines ökonomischen Vorteils und / oder Zeitgewinns durch die
Messung direkt am Patientenbett sind mit Vorsicht zu
betrachten, da diese nur gelten, wenn die POCT-Geräte
einen dem Labor vergleichbaren Messparameterumfang
aufweisen und auch jeder Station bzw. Praxis ein solches
Gerät zur Verfügung steht.
Organisatorische Neuerungen im Gefolge der technischen Entwicklungen
Der Einsatz der neuen Technologien ist einerseits in Form
besonders leistungsfähiger aber ortsgebundener Großgerä-
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te und andererseits in Form der POCT-Geräte vorstellbar.
Die Anschaffung der Großgeräte erfordert hohe Investitionen bzw. auf den Untersuchungspreis umzulegende Mieten. Die Kosten für die Anschaffung einzelner POCTGeräte (Motorola-Stückpreis z. Zt. ca. 8.000,- bis 10.000,€) sind vergleichsweise günstig, summieren aber zu im
Moment noch nicht ansatzweise zu bemessenden Größenordnungen auf, wenn die Geräte an allen passenden
Einsatzorten vorrätig gehalten werden sollen. Im ersten
Fall sind die Kosten von den Diagnostischen Labors zu
tragen, im letzten Fall sind sie anderen Einrichtungen
innerhalb des Medizinischen Versorgungssystems zuzurechnen.
Ein sinnvolles und unter den Labors der Universitätskliniken schon länger erprobtes Prozedere zum Auffangen
hoher Diagnostikkosten ist die Spezialisierung im Rahmen
der seltener durchgeführten Untersuchungen. Dieses Verfahren kann sehr wohl auf alle MikrobiologischDiagnostischen Labore ausgedehnt werden.
Prinzipielle Voraussetzung dafür ist die Erarbeitung und
Einhaltung gleicher Qualitätsstandards in solcher Art arbeitsteilig organisierten Laboren. Hierzu sind die Grundstrukturen durch die Mikrobiologisch-Infektiologische
Qualitätsstandards (MIQ) -Schriftenreihe, die Qualitätssicherungs- und Leitlinien-Arbeitskreise der DGHM und
durch die Laborakkreditierung gelegt. Ferner sind Material- und Fragestellungs-adäquate Transportzeiten zu garantieren. Dies schließt zurzeit einige Materialien von einer
arbeitsteiligen Untersuchung aus. Mit einem zunehmenden
Anteil Kultur-unabhängiger Untersuchungsverfahren kann
die Bedeutung dieses Problem in den Hintergrund treten.
Schließlich sind angesichts weitreichender Spezialisierungen einzelner Labors die Weiterbildungsrichtlinien für die
Facharztqualifikation zu überdenken oder organisatorische
Strukturen z.B. im Rahmen von vertraglich geregelten
Ausbildungsverbünden zu schaffen, die die umfassende
Qualifizierung der angehenden Fachkollegen ermöglichen.
Die genauso notwendige breite Kommunikation und ein
entsprechender Datentransfer zwischen arbeitsteilig organisierten Labors stellt bereits heute keine besondere technische Schwierigkeit mehr dar. Hier sind eher zwischenmenschliche Qualitäten wie Offenheit und Vertrauen gefragt, die z.B. durch bindende Verteilungsregelungen und
Verträge auf standespolitischer Ebene gefördert werden
können.
Die Aussicht, dass die POCT-Diagnostik in JahrzehntFrist mikrobiologische Untersuchungen gänzlich in die
Hände von Nicht-Mikrobiologen außerhalb jeglicher Labors bringen könnte, sollte für die Labors Grund genug
sein, interne Zwistigkeiten hintanzustellen und sich um
eine sachlich, d.h. im Sinne einer optimalen Patientenversorgung gerechtfertigte Zukunftssicherung zu kümmern.
Die Aufstellung von Blutkulturautomaten in internistischen Kliniken und das Weiterreichen nur noch der im
Automaten positiv gemessenen Kulturen geben den ersten
Vorgeschmack auf das zu Erwartende. Die Situation wird
durch die ab sofort gegebene Möglichkeit des Erwerbs
einer Zusatzbezeichnung „Infektiologie“ ausschließlich für
Internisten und Pädiater nicht einfacher.
Tragende Argumente für den Verbleib der Mikrobiologischen Diagnostik in den Händen der dafür ausgebildeten
Spezialisten sind:
a) die Erfahrung mit der Qualitätssicherung bei Messun-
100
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gen jeglicher Art,
b) eine auch bei Medizinischen Mikrobiologen vorhandene
und gepflegte klinisch-differentialdiagnostische Kompetenz,
c) die Präsenz vor Ort, d.h. auch außerhalb der Internistischen und Pädiatrischen Kliniken,
d) das Angebot einer integrativen Beratung nicht nur zur
Diagnostik und anti-infektiösen Therapie sondern auch zur
umfassenden Prävention z.B. im Sinne der Krankenhausund Umwelthygiene sowie
e) entsprechende Kontroll- und Task-Force-Einsätze.
Ferner ist beim Einsatz der POCT-Diagnostik zu hinterfragen, inwieweit diese tatsächlich einen Zeitvorteil für die
Versorgung einzelner Patienten sowie einen ökonomischen Vorteil für das gesamte Gesundheitsversorgungssystem bringt.
Einfluss ökonomischer Grenzen und politischer
Vorgaben auf die Mikrobiologische Diagnostik
Wie bisher auch muss bei zukünftig im Labor einzuführende Diagnostikmethoden geprüft werden, inwieweit
diese Methoden selbst flexibel gegenüber verschiedenen
Materialien und Fragestellungen sowie unterschiedlichen
Serienlängen sind, robust bezüglich Bedienungsfehlern,
Kontaminationen, Lagerbedingungen und störenden Umgebungsparametern sind und ferner kosteneffizient, also
z.B. einfach bedienbar, wenig zeitaufwendig, in jedem
Schritt automatisierbar sowie Elektronik- statt Chemiebzw. Optik-basiert sind. Schließlich ist auch zu beurteilen
inwieweit sich die zugehörigen Apparaturen und die Datenverarbeitung bequem in das bestehende System der
Arbeitsverteilung zwischen dem Personal und den einzelnen Arbeitsplätzen, der vorhandenen apparativen Struktur
und der EDV in dem speziellen Labor einpassen lassen. In
Zukunft wird auch die Kompatibilität mit papierlosen
Anforderungs- („order-entry“) Systemen und mit der direkten EDV-Datenübermittlung an den auftraggebenden
Fachkollegen - beides zentrale Faktoren zur Beschleunigung der Auftragsbearbeitung - eine wichtige Rolle bei der
Entscheidungsfindung spielen.
Bei vielen dieser Entscheidungen bestand bisher die Möglichkeit, zwischen Angeboten kommerzieller Unternehmen
und Eigenentwicklungen zu wählen. Im Bereich der
Nukleinsäureamplifikation wurden einigen Labors beim
Einsatz von Eigenentwicklungen von bestimmten Anbietern Lizenzgebühren abverlangt bzw. mit patentrechtlichen
Konsequenzen gedroht. Das seit Dezember 2003 geltende
Medizinproduktegesetz weitet die rechtliche Gratwanderung beim Einsatz von kostensparenden Eigenentwicklungen aus, weil die dadurch generierten Diagnosen im Rahmen der „Disease-related grouping“ (DRG) -Regelung (s.
u.) gegenüber den Krankenkassen kostenwirksam sind.
Jegliche so wirksamen Messverfahren in der Patientenversorgung bedürfen seit Dezember 2003 laut dem Medizinproduktegesetz einer von einzelnen Labors nicht leistbaren CE-Zertifizierung. Gleichzeitig werden viele inzwischen wohlerprobte Eigenentwicklungen nicht von
kommerzieller Seite übernommen und weiterentwickelt,
weil die Diagnostikafirmen zu Recht oder Unrecht einen
unzureichenden Ertrag erwarten. Hier wirkten bisher die
finanzverteilenden Institutionen im Gesundheitswesen als
Bremse, indem über ungenügende Abrechnungsmöglich-
keiten mögliche Investitionen für Diagnostikahersteller
unattraktiv blieben, dabei aber auch keine Konkurrenzsituationen mit preismindernden Effekten aufkamen.
Allerdings stellen sich angesichts der aktuellen Reduktionen der Krankenhausfinanzierung durch die Krankenkassen und weiterer zu erwartender Finanzierungseinbrüche
für die Laborleistungen von bis 40 % bei vollständigem
Wirksamwerden der DRG-Regelung in absehbarer Zukunft nicht die Entscheidungsprobleme, welche neue
Technologie eingeführt werden könnte, sondern welche
der etablierten und bewährten Methoden trotz besseren
Wissens abzuschaffen sein wird.
Womöglich wird diese akute ökonomische Zwangslage
rascher zu einer Klärung der Aufgabenverteilung zwischen
einzelnen Labors bzw. zwischen Labors und Kliniken
führen, als dies durch auch an medizinischen Notwendigkeiten orientierte Verhandlungen bewirkt werden könnte.
Trotzdem sollte es das konstante Bestreben der Mikrobiologischen Diagnostik sein, die Prinzipien der Evidenzbasierten Medizin jederzeit auch auf die eigene Tätigkeit
anzuwenden. Noch gibt es viel zu wenige Studien, die sich
mit dem Benefit der Patienten von einer fundierten, rasch
erbrachten und mit kompetenten Empfehlungen arbeitenden Mikrobiologischen Diagnostik beschäftigen. Auch die
Auswirkung einer solchen Diagnostik auf die Gesamtkosten kleinerer und größerer Gesundheitsversorgungseinheiten und die Prävention von Infektionskrankheiten in kleineren und größeren Arealen bedürfen einer forcierten
wissenschaftlichen Auswertung.
Dabei könnten solche Studien an einigen Stellen das eigene Weltbild zurechtrücken, wenn wir erkennen, dass einige der für unverzichtbar gehaltenen und lieb gewonnenen
diagnostischen Leistungen den kranken Patienten nicht im
notwendigen Maße profitieren lassen. Mit den tatsächlich
verzichtbaren und unverzichtbaren Anteilen unserer Arbeit
vor Augen lässt es sich in den primär Kosten-bestimmten
Auseinandersetzungen um die Notwendigkeit der Mikrobiologischen Diagnostik erst Recht überzeugend argumentieren und für die Einführung des geschilderten technischen Fortschritts im Sinne der Patienten kämpfen.
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Korrespondenzadresse:
Professor Dr. med. Dr. rer. nat. Andreas Podbielski
Institut für Med. Mikrobiologie, Virologie & Hygiene
Universitätsklinik Rostock
Schillingallee 70
18057 Rostock
Tel.: 0381 - 494 5900, Fax: 0381 - 494 5902
e-mail: [email protected]
MIKROBIOLOGE 14.Jg. 2004
101
BUCHBESPRECHUNG
HIV Infection and the Cardiovascular System
herausgegeben von Guiseppe Barbaro als Vol. 40 in der Reihe
„Advances in Cardiology“, Herausgeber J.S. Borer. 248 Seiten,
24 zum Teil farbige Abbildungen, 25 Tabellen, gebunden. Karger Verlag, Basel – Freiburg – Paris – London – New York –
Bangalore – Bangkok – Singapore – Tokyo - Sydney, 2003. ISBN
3-8055-7606-4. Euro 135,50.
Von der Entdeckung des HIV und der Erkrankung AIDS bis
heutzutage, hat das Krankheitsbild AIDS, wie auch unterschiedliche Stadien der HIV-Seropositivität, einen großen Wandel
durchlaufen. Dieses liegt nicht zuletzt an der Tatsache, dass sich
letztendlich an der HIV-Infektion per se eigentlich die wenigsten
Krankheitssymptome festmachen lassen. Opportunistische Folgeerkrankungen prägen das klinische Bild und oft auch den
letztendlich möglicherweise fatalen Ausgang. Aufgrund therapeutischer Fortschritte, sowohl bezüglich der opportunistischen
Begleiterkrankungen, wie auch der Fortschritte in der antiviralen
Chemotherapie der HIV-Erkrankung, nimmt diese oft epidemiologisch, über die Zeit betrachtet, eine chamäleonartige Gestalt
an. So ist es nicht verwunderlich, dass auch das kardiovaskuläre
System betroffen sein kann. Diesem speziellen Aspekt widmet
sich das hier besprochene Buch.
Neuere Erkenntnisse belegen, dass eine HIV-Infektion auch
Auswirkungen auf das Herz-/Kreislaufsystem haben kann, wie
beispielsweise Kardiomyopathien, Koronare Herzkrankheit,
kardiale Neoplasien, sowie Endo- und/oder Perikarditiden. Außerdem haben neue, innovative und effiziente Therapieansätze
der HIV-Infektion („Highly Active Antiretroviral Therapy“ /
„HAART“) oft kardiale und metabolische Nebenwirkungen, die
sich insbesondere als Lipodystrophien, Lipoatrophien, Dyslipidämien und zudem mit erhöhter Insulinresistenz präsentieren.
Dieses hat über die oft lange Dauer der Therapie selbstverständlich Auswirkungen auf das kardiovaskuläre System mit beispielsweise einem Anstieg der Häufigkeit von apoplektischen
Insulten und Koronarer Herzkrankheit.
Was HAART betrifft: Was wirkt, wirkt leider oft auch neben;
wie ein „alter“ Lehrer der Pharmakologie dem Rezensenten
schon vor Jahrzehnten im Medizinstudium bereits „predigte“.
Die Ursachen von Kardiomyopathien sind vielfältig und häufig oft
noch nicht hinlänglich bekannt. Neben unterschiedlichen anderen
„kardiomyotropen Viren“ (z.B. Coxsackie-, Echo-, Adeno-, Cytomegalie und Epstein-Barr-Virus) gerät das HIV-(1) Virus zunehmends in das „Rampenlicht“ potentieller „kardiomyotroper Viren“.
Hinzu kommen aus kardiologischer Sicht erschwerend die kardiovaskulären Nebenwirkungen der HAART, so dass jeder HIVpositive-/AIDS-Patient als Patient mit signifikant erhöhten kardialen Risikofaktoren angesehen werden muss.
Das Hauptaugenmerk legt dieses Buch auf direkt mit der HIVInfektion assoziierten kardiovaskulären Erkrankungen, wie auch
auf kardiovaskuläre und metabolische Komplikationen, die mit
den aggressiven, chemotherapeutischen Ansätzen der innovativen HIV-Therapie (HAART) verbunden sind.
Im ersten Teil dieses Buches werden die Epidemiologie, Pathogenese und molekularbiologische Rationale HIV-assoziierter,
kardiovaskulärer Erkrankungen, die pulmonale Hypertonie,
Lipodystrophie und HAART-assoziierte, metabolische Krankheitsbilder besprochen. Der zweite Teil des Buches beschäftigt
sich vornehmlich mit klinischen und therapeutischen Ansätzen
bezüglich HIV/HAART-assoziierter Atherosklerose, Koronarer
Herzkrankheit, apoplektischen Insulten, Vaskulitiden und pulmonaler Hypertension. Ein besonderes Augenmerk wird hierbei
auch auf die Pädiatrie gelegt, Besonderheiten kardiochirurgischer Interventionen bei HIV-positiven Patienten, sowie auf die
Vorsorge und Begleitung HAART-assoziierter Krankheitsbilder.
Außerdem werden Arzneimittelwechselwirkungen zwischen
HAART und häufig, im kardiovaskulären Therapiesegment
eingesetzten Arzneimitteln klinisch und pharmakologisch analysiert und aufgezeigt.
Das Buch besteht aus 17 Kapiteln zuzüglich Vorwort, sowie
Autoren- und Inhaltsverzeichnis und ist in die zwei oben genann-
102
MIKROBIOLOGE 14.Jg. 2004
ten Hauptteile unterteilt. Zur besseren Information des Lesers
findet sich im Folgenden die Auflistung der einzelnen Kapitel
dieses Buches:
ALLGEMEINE ÜBERSICHT: HAART and cardiology – Current controversies and consequences (C. Hoffmann, H. Jaeger).
EPIDEMIOLOGY, PATHOGENESIS AND MOLECULAR
BIOLOGY: Evolution of the involvement of the cardiovascular
system in HIV infection (G. Barbaro); Cardiovascular pathology
in AIDS (E.C. Klatt); Pathogenesis of HIV-associated cardiovascular disease (G. Barbaro); The pathogenesis of HIV-associated
pulmonary hypertension (E.S. Klings, H.W. Farber); Pathogenesis of the HAART-associated metabolic syndrome (G.M.N.
Behrens, M. Stoll, R.E. Schmidt); HIV-associated lipodystrophy:
pathogenesis and clinical features (G. Barbaro).
CLINICAL AND THERAPEUTIC INSIGHTS: Assessment of
autonomic and cardiovascular function in HIV disease (K.A.
Brownley, B.E. Hurwitz); Atherosclerosis and HIV infection:
Diagnosis and treatment (V. Mooser); Coronary heart disease in
HIV-infected individuals (D. Vittecoq, L. Escaut, M. Merad, E.
Teicher, J.J. Monsuez, G. Chironi); Coronary artery disease and
stroke in HIV-infected patients: Prevention and pharmacological
therapy (F. Boccara, A. Cohen); Vasculitis syndromes in HIVinfected patients (G. Barbaro); HIV-associated pulmonary hypertension: Diagnosis and treatment (K.M. Burkart, H.W. Farber);
HIV-associated cardiovascular complication in HIV-infected
children (D. Bonnet); Cardiac surgery in the patient with Human
Immunodeficiency Virus (R.W.M. Frater, M. Comacho, M.
Frymus, R. Soeiro, B.S. Zingman); Guidelines for the prevention
and management of cardiovascular complications in HIVinfected patients receiving HAART: The Pavia Consensus
Statement.
APPENDIX: Interactions between antiretroviral agents and
drugs commonly used to treat cardiovascular diseases according
to the Pavia Consensus Statement (G. Barbaro).
Das Buch wurde von international ausgewiesenen Experten der
einzelnen Fachgebiete erstellt, wobei der Herausgeber dieses
Bandes, Giuseppe Barbaro (Rom), ebenfalls viele exzellente
Beiträge leistete. Prima vista ästhetisch eventuell nicht jeden
direkt ansprechend, möglicherweise leicht „chaotisch“ und etwas
gewöhnungsbedürftig ist vielleicht das Titelbild auf dem Einband-Deckel. Eine Abbildung eines Sektionspräparates des
Herzens, eine histopathologische Abbildung in saftig sattem
Grün und ein biochemisch/molekularbiologisches „flow-chart“:
Alle drei ineinander geschachtelt. Hier wird der große Bogen von
der Sektion bis hin zur molekularen Genese gespannt, aber das ist
es auch. Dieses, vom Rezensenten persönlich als etwas unglücklich
ausgewählt angesehene „Titelbild-Ragout“ erscheint dem einen
oder anderen Leser vielleicht etwas lustig, was dieses absolut
exzellente Buch an sich jedoch in keinerlei Hinblick berührt.
Zusammenfassend ist das Buch absolut „up to date”, füllt ein
wissenschaftlich und klinisch hoch relevantes „Nischenthema“,
und ist im Hinblick auf wissenschaftliche, wie auch direkt klinisch relevante Aspekte sehr ausgewogen.
Es richtet sich als umfassendes „Übersichtswerk“ einerseits an
Wissenschaftler der biomedizinischen Wissenschaften, die mit
diesem interdisziplinären Themenkomplex betraut sind. Zudem
ist es eine wertvolle, interdisziplinäre Informationsquelle für den
Kardiologen, allgemeinen Internisten, Infektiologen und Medizinischen Mikrobiologen und Infektionsepidemiologen. Da pharmakologischen Aspekten in vielen Kapiteln ebenfalls eine zentrale Bedeutung zukommt, hat dieses Buch auch einen hohen
Wert für die Pharmakologie. Ferner: Bei der exzellenten Aufmachung - das Buch enthält sogar mehr als zehn, didaktisch gut
ausgewählte Farbabbildungen -, kann dieses Buch neben seiner
hohen Aktualität und Relevanz auch vom PreisLeistungsverhältnis her wirklich dem oben skizzierten Leserkreis
nur empfohlen werden! Aufgrund der relativ kurzen „Halbwertszeit des Wissens“ auf diesem Gebiet mit stetig neuen Erkenntnissen bezüglich der Kardiomyotropie von HIV sowie der Fortschritte im HAART-Regime, erscheint dem Rezensenten eine
revidierte und ergänzte Neuauflage dieses Bandes mittelfristig
gesehen als empfehlenswert und relevant.
A. Schmidt, Witten/Herdecke
FALLBERICHT
Giardia lamblia – seltene Ursache eines therapierefraktären Analekzems
Pietro Nenoff 1, Kathrein Wichmann 2 & Jürgen Herrmann 1
1
Laboratorium für Medizinische Mikrobiologie, Mölbis
2
Hautarztpraxis, Leipzig
Zusammenfassung
Einleitung
Ein 36jähriger Mann litt an einem therapierefraktären,
stark juckenden Analekzem. Eine Stuhluntersuchung auf
Pilze erbrachte als zufälligen Nebenbefund massenhaft
vegetative Formen des Darmparasiten Giardia lamblia
sowie die hochinfektiösen Lamblienzysten. Eine Behandlung mit Metronidazol per os war - im Gegensatz zu allen
vorausgehenden frustranen Lokaltherapien - erfolgreich.
Das Analekzem ist eine sehr häufige proktologische Erkrankung. Es handelt sich nicht um eine Krankheit sui
generis, sondern letztlich um eine Begleiterscheinung
unterschiedlicher dermatologischer, allergologischer mikrobiologischer und proktologischer Zustände bzw. Faktoren (19). Dazu zählen das allergische Kontaktekzem –
neuerdings gefunden auch auf Toilettenpapier -, irritativtoxische oder kumulativ-toxische Ekzeme – hier ist u. a.
auch an eine Irritation durch Stuhl bei Inkontinenz zu
denken -, atopisches Ekzem, das vulgäre Ekzem bei Hämorrhoiden, Psoriasis inversa, anale Kandidosen und die
perianale Streptokokkendermatitis durch ß-hämolysierende
Streptokokken der Gruppe A.
Lamblien (Giardia lamblia/Giardia intestinalis) verursachen in der Regel eine akute oder chronische Diarrhoe.
Kutane Manifestationen sind extrem selten, wenn, dann
treten sie als Folge eines infektallergischen oder allergologischen Geschehens im Sinne einer Urtikaria, von Pruritus
und auch eines atopischen Ekzems auf. Bisher nicht beschrieben wurde die Verursachung eines therapierefraktären chronischen Analekzems durch Lamblienbefall des
Intestinums. Auf einen kausalen Zusammenhang zwischen
intestinaler Parasitose und Analekzem muss hier aufgrund
des mikroskopische Nachweises von Lamblienzysten
sowie von Giardia lamblia-Antigen im Stuhl mittels Elisa
und ex juvantibus wegen des Therapieerfolges mit Metronidazol geschlossen werden.
Summary
A 36 years old man presented with a strongly pruritic anal
eczema without any response to different ointment preparations. Examination of the faeces for yeast colonization
surprisingly revealed the occurrence of Giardia cysts and
Giardia trophozoite forms. Treatment was given in the
form of metronidazole per os 250 mg three times daily for
7 days, and the cutaneous lesions of the anal eczema resolved in a few weeks.
Giardia lamblia (Giardia intestinalis) are enteroparasites
and produce gastrointestinal symptoms such as acute and
chronic diarrhoea. Cutaneous manifestations which are
associated with giardiasis occur extremely rarely. Hitherto,
the following signs have been described: urticaria, angioedema, mouth ulcers, pruritus, and atopic dermatitis. Until
now, there is no further report on anal eczema caused by
intestinal giardiasis.
We considered that the here described cutaneous manifestation of an anal eczema was secondary to the associated
gastrointestinal infection due to Giardia lamblia cysts and
trophozoite forms, as they cleared with specific treatment
by metronidazole.
Giardia (G.) lamblia oder G. intestinalis ist ein intestinaler
begeißelter Parasit, ätiologisch bedeutsam für eine mit
Diarrhoe einhergehende Enteritis. Bisher wurde noch nie
über den Zusammenhang einer intestinalen Giardose und
eines Analekzems berichtet.
Patientenbeschreibung
Anamnese
Der 36jährige Mann litt seit mehr als einem Jahr an einem
chronischen Analekzem sowie einer Proktitis. Es bestand
eigenanamnestisch keine atopische Hautdiathese, darüber
hinaus gab es keinen Hinweis auf eine Rhinitis allergica
oder ein allergisches Asthma bronchiale.
Die dermatologische Behandlung umfasste die lokale
Verabreichung von glukokortikoidhaltigen Externa, u. a.
Prednicarbat (Dermatop), jedoch auch Clotrimazol/Betamethason-17,21-dipropionat-(Lotricomb) sowie
E. coli-Extrakt (Posterisan) und einem Kombinationspräparat aus Hamamelisrinden-Fluidextrakt, basischem
Bismutgallat und Benzocain (Eulatin-Salbe). Trotz leichter Linderung persistierte die juckende Dermatose im
Sinne eines chronischen Analekzems.
Befund
Perianal waren erythematöse, exkoriierte Papeln erkennbar, speziell in der Rima ani erschienen die Läsionen erosiv-nässend, z. T. jedoch auch schuppend. Der Juckreiz
trat schubweise auf, unabhängig von der Tageszeit.
Labordiagnostik
Kleines sowie Differenzialblutbild: Thrombozyten 382
Gpt/l (NB 100-350 Gpt/l), sonstige Parameter inklusive
MIKROBIOLOGE 14.Jg. 2004
103
Eosinophile im Normbereich.
Diskussion
Eine Stuhluntersuchung ursprünglich mit dem Zielauftrag
auf Pilze wurde im Labor, da das Material auffällig, sprich
dünnflüssig war, erweitert in Hinblick auf Würmer,
Wurmeier und Parasitenzysten mittels einfachem LugolPräparat sowie dem speziellen parasitologischen Anreicherungsverfahren, der sog. MIFC (Merthiolate-IodineFormaldehyde-Concentration)-Methode. Neben Sprosspilzen fielen massenhaft 10 bis 14 µm im Durchmesser
betragende ovoide, z. T. auch runde dünnwandige Zysten
auf. Diese hatten – nicht durchgehend gut erkennbar – in
der Regel vier Zellkerne (Abb.1).
Giardia lamblia (Lamblien) ist ein begeißeltes Protozoon
mit weltweitem Vorkommen, jedoch mit Schwerpunkt in
tropischen und subtropischen Ländern. Dessen ungeachtet
ist auch in Deutschland mit diesem einzelligen Darmparasiten zu rechnen. So wurden dem Robert-Koch-Institut in
Berlin für das Jahr 2001 insgesamt 3901 Patienten mit G.
lamblia-Infektion (Enteritis) gemeldet (5). Eine beträchtliche Dunkelziffer ist unbedingt zu berücksichtigen.
Die vegetative Form der Lamblien stellen die drachenoder birnenförmigen Trophozoiten dar, welche sich mit
ihrer konkaven Bauchseite bzw. der sog. Haftplatte an den
Mikrovilli der Darmepithelien anheften (12). Diese vegetative Form der Lamblien kann im Freien, außerhalb des
Wirtes, nicht überleben. Der Trophozoit, welcher charakteristischerweise zwei große, augenähnliche Kerne sowie
acht Geißeln aufweist, entzystiert im Darm. Die vier Kerne
enthaltenden infektiösen Zysten werden mit dem Stuhl
ausgeschieden. Demzufolge kommt es zur Verbreitung der
Parasitenzysten durch fäko-orale Übertragung, u. a. auch
indirekt über kontaminiertes Trinkwasser.
Eindrucksvoll ist ein soeben erschienener Bericht über die
hohe Lamblien-Durchseuchung von Kindern, die im südamerikanischen Kolumbien nach einem Erdbeben in provisorischen Camps unter schlechten hygienischen Verhältnissen untergebracht sind. Infektionsweg war dort kontaminiertes Wasser, wobei interessanterweise die Lamblien
durch Chlorierung des Wassers nicht abgetötet werden
(10).
Abbildung 1: Zysten von Giardia lamblia im Stuhl bei einem
Patienten mit Analekzem. Birnenförmige
Lamblienzyste mit vier Zellkernen. Anreicherungsverfahren aus Stuhl zum Parasitennachweis: MIFC (Merthiolate-Iodine-FormaldehydeConcentration)-Methode.
Zusätzlich war mit dem Enzymimmunoassay Ridascreen®
Giardia (Firma r-biopharm GmbH Darmstadt) G. lambliaAntigen im Stuhl nachweisbar mit einer stark positiven
Reaktion.
Kulturell ließ sich geringes Wachstum sowohl von Candida albicans, als auch Geotrichum candidum auf Sabouraud
4%-Glukose-Nährboden feststellen.
Therapie
Nach Kenntnis des parasitologischen Befundes wurde per
os mit Metronidazol (Vagimid 250-Tbl., 3 x täglich 250
mg über 7 Tage) behandelt. Lokal wurde wiederum wie
zuvor Lotricomb-Creme verwendet. Unter dieser kombinierten antiparasitologischen und lokal antientzündlichen
und antimykotischen Therapie heilte das Analekzem innerhalb von wenigen Tagen dauerhaft ab. Die begleitende
leichte Diarrhoe sistierte ebenfalls.
Bei Kontrolluntersuchungen nach Behandlung waren keine Lamblien mehr nachweisbar.
104
MIKROBIOLOGE 14.Jg. 2004
Eine aktuelle „Case-control study“ aus dem Südwesten
Englands weist Risikofaktoren für eine sporadisch auftretende Giardiasis auf: verschlucktes Wasser beim
Schwimmen, Kontakt zu frischem Wasser bei Freizeitaktivitäten, Trinken von behandeltem Leitungswasser sowie
Salatessen waren signifikant assoziiert mit einer Darminfektion durch Lamblien (17).
Des Weiteren sind Schmierinfektionen zwischen Kindern
oder vom Kind über die Windel zur Mutter möglich. Nicht
zuletzt kommt es bei genitoanalen Sexualpraktiken ebenfalls zur Übertragung.
Die G. lamblia-Enteritis ist durch unspezifische Abdominalbeschwerden gekennzeichnet, u. a. kommt es nach einer
Inkubationszeit von wenigen Tagen bis mehreren Wochen
zu Abgeschlagenheit, Übelkeit, krampfartigen Bauchschmerzen, Auftreibungen des Abdomens, Flatulenz sowie
Diarrhoen wechselnder Intensität. Die Stuhlbeschaffenheit
variiert von wässrig, voluminös bis schaumig, ist jedoch
nicht eitrig und selten blutig. Lora-Suarez et al. (10) fanden eine signifikante Assoziation zwischen nachgewiesenen Zysten und Schleim im Stuhl. Die Infektion kann in
ein chronisches Stadium übergehen mit dauerhafter, zumindest über Wochen und Monate anhaltender Ausscheidung der hochinfektiösen Lamblienzysten. Die Enteritis
wird gelegentlich von einer Proktitis begleitet.
Eine perianale Dermatitis bei intestinaler GiardiaInfektion lässt sich einerseits durch die direkte Parasiteneinwirkung, andererseits jedoch auch durch Mazeration
der perianalen Hornschicht mit Mazeration und Schädigung der epidermalen Barriere aufgrund der wiederholten,
teils dünnflüssigen, teils schleimigen Durchfälle erklären
(13). Durch die antiparasitäre Behandlung mit Metronidazol in der empfohlenen Dosierung von 250 mg dreimal
täglich über sieben Tage wurde anhaltende Beschwerdefreiheit erreicht. Zum Therapieerfolg hat wahrscheinlich
auch die lokale Applikation der Betamethason/ Clotrimazol-haltigen Creme beigetragen. Es soll jedoch unterstrichen werden, dass diese alleinige Behandlung bereits
zuvor keinen Erfolg hatte.
Intestinale Parasiten kommen auch als Auslöser von Juckreiz der Haut sowie Urtikaria in Frage. Pönnighaus et al.
(14) berichteten über einen afrikanischen Patienten aus
dem Senegal mit Pruritus ohne zugrundeliegende Hauterkrankung infolge einer Infestation durch Hakenwürmer
(Ancylostoma duodenale bzw. Necator americanus), bestätigt durch einen Behandlungserfolg mit Mebendazol.
Dem entspricht auch die Erfahrung und Praxis der Fokussuche bei chronisch-rezidivierender Urtikaria in Bezug auf
intestinale Parasiten, hier vor allem Würmer, wie Madenwürmer bzw. Oxyuren (Enterobius vermicularis) oder
Spulwürmer (Ascaris lumbricoides).
Kutane Läsionen im Zusammenhang mit einer LamblienInfektion wurden selten beschrieben, wenn, dann als Folge
eines infekt-allergischen Geschehens bzw. einer IgEvermittelten Reaktion. Bierman sah eine Assoziation von
Varizellen-förmigem Ausbruch, Vaskulitis, spontanem
Abort; Lamblieninfektion sowie Eosinophilie (1).
Kürzlich berichteten Sánchez-Carpintero und VázquezDoval (15) über zwei Patienten mit Giardien-Infektionen
und dadurch bedingten Hauterscheinungen. Einmal kam es
zu generalisiertem Pruritus und papulovesikulären Läsionen mit histologisch nachweisbarer subepidermaler Spalt-,
respektive Blasenbildung, vorzugsweise am Abdomen, den
Leisten und dem Skrotum, jedoch auch vereinzelt an Oberschenkeln und Oberkörper. Zum anderen entwickelte sich
bei einem 26jährigen eine Spätmanifestation eines atopischen Ekzems an den Prädilektionsstellen (Beugen), außerdem trat perianaler Pruritus, jedoch ohne ekzematöse
Veränderungen auf.
Weitere in Assoziation mit G. lamblia beschriebene kutane
Manifestationen sind Urtikaria und möglicherweise ein
Angioödem (2, 3, 8, 9, 18). Darüber hinaus wurden berichtet: Mundschleimhautulzerationen (7), Pruritus (6, 16) und
atopisches Ekzem (11).
Eine Studie aus dem Jahr 1997 von Di Prisco et al. (4)
belegt den möglichen Zusammenhang zwischen G. lamblia und allergischen Symptomen. So ist es wahrscheinlich,
dass eine derartige Protozoeninfektion die Sensitivität
gegenüber Nahrungsallergenen verstärkt, was letztlich auf
einer Steigerung der Antigenpenetration durch die
Lamblien-geschädigte Darmschleimhaut beruht.
Lamblien verursachen eine akute oder chronische Diarrhoe, können jedoch auch – wie bei dem vorgestellten
Patienten – wenngleich selten, ein therapierefraktäres
chronisches Analekzems unterhalten. Auf einen kausalen
Zusammenhang zwischen intestinaler Parasitose und Analekzem kann hier aufgrund des Therapieerfolges mit
Metronidazol geschlossen werden.
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Anschriften der Verfasser
Priv.-Doz. Dr. med. Pietro Nenoff
(Korrespondenzadresse)
Laboratorium für medizinische Mikrobiologie
(Partnerschaft)
Dr. rer. nat. Jürgen Herrmann und Priv.-Doz. Dr. med.
Pietro Nenoff
Straße des Friedens 8, D-04579 Mölbis
Tel.: 034347/50 323, Fax: 034347/50 123
e-mail [email protected]
Dr. med. Kathrein Wichmann
Hautärztin/Allergologie
Funkenburgstraße 2
D-04105 Leipzig
Tel. 0341-9802632
MIKROBIOLOGE 14.Jg. 2004
105
QUALITÄTSSICHERUNG
"Bakteriengenom-Nachweis PCR / NAT":
Auswertung des aktuellen Ringversuchs von INSTAND e.V. zur externen
Qualitätskontrolle molekularbiologischer Nachweisverfahren in der bakteriologischen Diagnostik
Udo Reischl, Norbert Lehn, Hans Wolf
Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene, Klinikum der Universität Regensburg
Eberhard Straube
Institut für Medizinische Mikrobiologie, Klinikum der Friedrich-Schiller Universität Jena
Nachdem die erste Runde dieser neuen Ringversuchs-Serie
im April 2003 sehr erfolgreich verlaufen ist, wollen wir
hier auch für Kolleginnen und Kollegen, die noch nicht an
diesen Ringversuchen teilgenommen haben, die Ergebnisse der aktuellen Ringversuche für den NAT-gestützten
Nachweis von Chlamydia trachomatis, Bordetella pertussis, Helicobacter pylori, EHEC / STEC, sowie Borrelia
burgdorferi sensu lato darstellen und kurz diskutieren.
Für nähere Informationen über die Zusammensetzung der
Ringversuchsproben, dem Sinn und Zweck dieser neuen
Möglichkeit zur externen Qualitätskontrolle im Umfeld
der Nukleinsäurediagnostik sowie zu den Eckdaten unseres dynamischen Ringversuchskonzepts sei hier auf unsere
Veröffentlichung in der August-Ausgabe dieser Zeitschrift
verwiesen (13. Jahrgang, Heft 4, Seiten 149-156). Gerne
werden wir hier auch weiterhin in regelmäßigen Abständen und in ähnlicher Form über die Auswertung und Analyse der zukünftigen Ringversuche berichten.
Wie bei allen anderen Ringversuchen erfolgt die Anmeldung zu ausgewählten Teilen der Reihe "BakteriengenomNachweis (PCR / NAT)" über das Institut für Standardisierung und Dokumentation im Medizinischen Laboratorium
(INSTAND e.V.), Düsseldorf (www.instand-ev.de). Nach
Abschluss des jeweiligen Ringversuchs werden die Ergebnisse der einzelnen Teilnehmer dort zentral erfasst und
anhand von individuellen Bewertungskriterien werden die
schriftlichen Zertifikate erstellt. Eine Analyse der Ringversuchsergebnisse in ähnlicher Form ist bereits jedem der
angemeldeten Teilnehmer als Anlage zu diesem Zertifikat
zugegangen. Zusätzlich stehen für diesen und für alle
folgenden Ringversuche eine Reihe weiterer Informationen (wie die anonymisierten Ergebnisse der einzelnen
Sollwertlaboratorien oder die entsprechenden Ergebnisse
unserer quantitativen real-time PCR Testsysteme) auch im
Internet unter “www.udo-reischl.de“, Unterpunkt
"INSTAND-Ringversuche (PCR / NAT)", als pdf-Files
zum download bereit.
Wie bereits im Vorfeld dieses Ringversuchs allen registrierten Teilnehmern von INSTAND e.V. mitgeteilt wurde,
werden wir ab April 2004 unser ursprüngliches PCR /
NAT-Ringversuchs-Programm auf vielfachen Wunsch aus
dem Kollegenkreis zusätzlich um die folgenden 3 Parameter erweitern:
106
MIKROBIOLOGE 14.Jg. 2004
RV 430: Neisseria gonorrhoeae & Chlamydia trachomatis
RV 436: Legionella pneumophila
RV 437: Salmonella enterica
RV 438: Listeria spp.
Bereits im Rahmen der aktuellen Ringversuchs-Runde
haben wir RV 430, RV 436, RV 437 und RV 438 als "Studie" mitgeführt um bei der Konfektion des Probenmaterials schon etwas Erfahrung gewinnen zu können.
Nach den durchwegs positiven Erfahrungen mit den Proben des ersten Ringversuchs wollten wir bei der Konzeption der weiteren Probensets auch ein paar Proben mit relativ niedriger Menge an den entsprechenden Zielorganismen einschließen. Diese zum Teil sogar als "grenzwertig
positiv" zu bezeichnenden Proben sollten aber lediglich
orientierenden Charakter haben und wurden bei der endgültigen Ringversuchsauswertung zur Erteilung der Zertifikate diesmal nicht als "falsch negativ" bewertet. Als
Richtwert für die Bewertung von Ringversuchsergebnissen
gilt nach wie vor das 50- bis 100-fache der unteren Nachweisgrenze durchschnittlich sensitiver PCR-Protokolle
unter Standardbedingungen (50 µl Reaktionsansätze, 35
PCR-Zyklen, gut evaluierte Primersequenzen). Um die
Leistungsfähigkeit von diagnostischen Testsystemen zum
Bakteriengenomnachweis mittels PCR oder anderen
Nukleinsäureamplifikationstechniken (NAT) darzustellen
ist jedoch auch bei den zukünftigen Ringversuchen ein
gewisses "Herantasten" an die unteren Nachweisgrenzen
von einzelnen Methoden geplant.
In diesem Zusammenhang stehen jetzt jedenfalls für B.
pertussis (Probe #32202), H. pylori (Probe #32302), B.
burgdorferi (Probe #32503), L. pneumophila (Probe
#32601) und für Salmonella enteritidis (Probe #32702)
standardisierte Probensets zur Verfügung, die zumindest
im Rahmen der Testentwicklung bzw. Testoptimierung als
wertvolle Sensitivitätsmarker dienen können. Bei Bedarf
können Sie Rückstellproben dieser Probensets gerne über
den Ringversuchsleiter nachbestellen (natürlich nur solange unser Vorrat reicht).
In bewährter Form werden im Folgenden die Ergebnisse
der jeweiligen erregerspezifischen Ringversuche dargestellt. Tabelle 1 zeigt dabei jeweils die Probenzusammensetzung und das erwartete Ergebnis. Die von den einzelnen
Teilnehmern mitgeteilten Ergebnisse werden in Tabelle 2
nach der Häufigkeit der Mitteilung von positiven oder
negativen Ergebnissen und in Tabelle 3 nach der absoluten
Anzahl der richtig positiven und richtig negativen Ergebnisse sowie deren prozentualem Anteil (Befundhäufigkeit)
je Amplifikationssystem bzw. Testkonzept aufgeschlüsselt.
Eine weitergehende Aufschlüsselung nach den einzelnen
Kategorien der DNA-Extraktion, Amplifikation, Detektion
sowie den jeweils verwendeten Zielsequenzen erschien bei
diesem Ringversuch aufgrund der relativ hohen Richtigkeitsquote unter den positiven Proben wenig sinnvoll. Die
individuellen Angaben der einzelnen Teilnehmer zur Testdurchführung werden jedoch systematisch erfasst und
bleiben für retrospektive Analysen verfügbar.
Erwartungsgemäß waren auch im Rahmen des hier diskutierten Ringversuchs einige Auffälligkeiten hinsichtlich
der Spezifität und Sensitivität von bestimmten Testkonzepten und der für den Nachweis verwendeten Zielsequenzen zu beobachten. Diese Aspekte sind bei der Auswertung des jeweiligen Ringversuchs aufgeführt und auch
kurz diskutiert.
RV 430: Neisseria gonorrhoeae & Chlamydia trachomatis
Auf vielfachen Wunsch haben wir unser RingversuchsProgramm um ein STD-Panel, d.h. eine Kombination aus
Gonokokken und Chlamydia trachomatis erweitert. Die
relativ hohe Menge an Zielorganismen in den positiven
Proben und die Verfügbarkeit gut evaluierter und z.T.
automatisierter NAT-gestützter Analysesysteme für beide
Zielorganismen führte hier zu hohen Richtigkeitsquoten
sowohl für positive als auch für negative Befunde. Inhibitionsereignisse wurden nur von einem Teilnehmer bei
einer der 4 Proben beobachtet. Unter den von 47 Teilnehmern mitgeteilten 188 NAT-Ergebnissen fanden sich für
Chlamydia trachomatis insgesamt 13 falsch-positive Ergebnisse (die vermutlich durch laborinterne Kontaminationsereignisse hervorgerufen wurden) und nur 1 falschnegatives Ergebnis. Im Rahmen des NAT-gestützten Gonokokken-Nachweises wurden insgesamt 8 falsch-positive
Ergebnisse und 11 falsch-negative Ergebnisse mitgeteilt.
Aufgrund der relativ hohen Erregermenge von beiden
Zielorganismen in den jeweiligen Ringversuchsproben
sind falsch-negative Ergebnisse hier nicht mit "marginalen" Sensitivitätsproblemen der einzelnen Testsysteme zu
begründen. Sie sind vielmehr als ernstzunehmender Hinweis auf signifikante Mängel innerhalb einzelner Komponenten des laborspezifischen diagnostischen Protokolls
anzusehen.
Bei den ermittelten Richtigkeitsquoten für Teilnehmer mit
dem COBAS Amplicor System muss berücksichtigt werden, dass die Probleme hier vor allem auf Seiten des Gonokokken-Nachweises lagen. Für den PCR-gestützten
Nachweis von C. trachomatis allein wurden mit diesem
kombinierten Testsystem Richtigkeitsquoten von 100 %
für die positiven Ergebnisse und 82 % für die negativen
Ergebnisse beobachtet. Die in Tabelle 3 aufgeführten 11
falsch-negativen Ergebnisse (die von Teilnehmern mit
dem COBAS Amplicor System mitgeteilt wurden) lagen
alle auf Seite des Gonokokken-Nachweises. Auffällig war
auch das durchwegs gute Abschneiden von Teilnehmern
mit eigen entwickelten NAT-Protokollen.
PCR-/NAT GO & Chlamydia trachomatis (RV 430) November 2003
64
32003
++ / Ø
63
32004
Ø/+
61
Escherichia coli K12
Neisseria gonorrhoeae
5
(~ 1x10 CFU/mL)
Chlamydia trachomatis
5
(~ 5x10 IFU/mL)
Positiv CT
Positive CT
& GO
9
2
2
45
38
6
3
1
Positive GO
0
0
35
1
Negativ
Fraglich/
Questionable
0
39
7
0
0
0
0
0
n.d.
nein
/ no
Ja /
yes
32004
Ø/Ø
32003
32002
Befund
Result
32002
62
Inhibition
32001
+ / ++
Probennummer
(Sample no.)
n = 47
32003
32001
Probenzusammensetzung /
Sample composition
Neisseria gonorrhoeae
4
(~ 5x10 IFU/mL)
Chlamydia trachomatis
(~ 2x106 IFU/mL)
32002
Erwartet
expected
32001
Gruppe A
Tabelle 2: Häufigkeit der Mitteilung verschiedener Befunde
Absolute numbers of reported individual results.
32004
Tabelle 1: Probenzusammensetzung und erwartetes Ergebnis. Sample composition and expected results.
3
3
3
3
44
44
44
43
0
0
0
1
Tabelle 3: Häufigkeit richtig positiver und richtig negativer NAT-Befunde bei Anwendern verschiedener Methoden.
Absolute numbers and relative frequency of reported true positive and true negative results among various NAT methods.
NAT-Methode
[Code] (total number *)
NAT richtig positiv
True positive results
Absolut
Absolute
Relativ
Relative
49 / 60
1)
NAT richtig negativ
True negative results
%
Absolut
Absolute
Relativ
Relative
%
81
48
48 / 60 2)
80
COBAS Amplicor Ct [23] (n = 20)
49
In house PCR assay [28] (n = 8)
24
24 / 24
100
21
21 / 24
87
BD ProbeTec Ct [24] (n = 4)
12
12 / 12
100
12
12 / 12
100
Roche Amplicor Ct [22] (n = 5)
9
13 / 15
86
13
13 / 15
86
Other commercial tests [27] (n = 3)
8
8/9
88
7
7/9
77
Andere / other [29] (n = 5)
15
15 / 15
100
15
15 / 15
100
* Durch Mehrfachnennung oder fehlende Angabe kann die absolute Zahl der Ergebnisse (Tab. 2) von der Anzahl der Teilnehmer abweichen.
Due to reporting results of multiple assay systems or missing specifications, the effective numbers are not correlating with the numbers of participants.
MIKROBIOLOGE 14.Jg. 2004
107
RV 431: Chlamydia trachomatis
Nicht zuletzt aufgrund der relativ hohe Menge an Zielorganismen in den beiden positiven Proben und der Verfügbarkeit gut evaluierter und zum Teil automatisierter NATgestützter Analysesysteme wurden hier, wie auch bereits
beim vorhergegangenen Ringversuch, hohe Richtigkeitsquoten sowohl für die positiven als auch für die negativen
Befunde ermittelt. Inhibitionsereignisse wurden nur von 7
der insgesamt 86 Teilnehmer und auch nur bei 2 der 4
ausgesandten Proben beobachtet. Hinsichtlich dieser vermeintlichen Inhibition bestand jedoch kein Zusammenhang mit der Verwendung eines spezifischen NATTestsystems (3 x COBAS Amplicor CT, 1 x ProbeTec Ct,
2 x Abbott LCx Ct, 1 x in house PCR assay).
Unter den 344 mitgeteilten NAT-Ergebnissen fanden sich
lediglich 2 als "fraglich" eingestufte und 2 falsch-negative
Ergebnisse Im vorhergegangenen Ringversuch fanden sich
noch 8 falsch-negative unter insgesamt 512 Ergebnissen wobei diesmal die Erregermenge in den einzelnen Proben
sogar noch etwas geringer gewählt wurde. Ein Teil der
insgesamt 14 falsch-positiven Ergebnisse ist vermutlich
auf (vermeidbare) laborinterne Kontaminationsereignisse
bei der Abarbeitung der relativ stark positiven Ringversuchsproben zurückzuführen. Acht der 14 falsch-positiven
Ergebnisse wurden mit dem COBAS Amplicor Ct und 3
mit dem manuellen Amplicor Ct System beobachtet. Ansonsten waren auch im Rahmen dieses Ringversuchs keine
auffälligen Unterschiede hinsichtlich Sensitivität und Spezifität zwischen den kommerziellen und den selbst entwickelten in house-Testsystemen zu beobachten.
PCR-/NAT Chlamydia trachomatis (RV 431) November 2003
+
61
32103
Ø
62
Escherichia coli K12
32104
Ø
62
Escherichia coli K12
Befund
Result
Positiv
84
85
9
5
Negativ
1
1
69
74
Fraglich
Questionable
1
0
1
0
n.d.
nein
no
ja
yes
32104
32102
32103
61
32102
++
Inhibition
32101
32101
Probennummer
(Sample no.)
32104
n = 86
32102
Probenzusammensetzung /
Sample composition
Chlamydia trachomatis
(~ 2x106 IFU/mL)
Chlamydia trachomatis
(~ 5x105 IFU/mL)
32101
Erwartet
Expected
Gruppe A
Tabelle 2: Häufigkeit der Mitteilung verschiedener Befunde
Absolute numbers of reported individual results.
32103
Tabelle 1: Probenzusammensetzung und erwartetes Ergebnis. Sample composition and expected results.
4
4
4
4
82
82
75
75
0
0
7
7
Tabelle 3: Häufigkeit richtig positiver und richtig negativer NAT-Befunde bei Anwendern verschiedener Methoden.
Absolute numbers and relative frequency of reported true positive and true negative results among various NAT methods.
NAT-Methode
[Code] (total number *)
NAT richtig positiv
True positive results
Absolut
Absolute
Relativ
Relative
NAT richtig negativ
True negative results
%
Absolut
Absolute
Relativ
Relative
%
COBAS Amplicor Ct [23] (n = 30)
59
59 / 60
98
46
46 / 54
85
In house PCR assay [28] (n = 16)
32
32 / 32
100
28
28 / 30
93
Abbott LCx Ct [25] (n = 4)
8
8/8
100
4
4/4
100
BD ProbeTec Ct [24] (n = 9)
17
17 / 18
94
16
16 / 16
100
Roche Amplicor Ct [22] (n = 10)
20
20 / 20
100
17
17 / 20
85
Other commercial tests [27] (n = 9)
18
18 / 18
100
18
18 / 18
100
GenProbe AMPLIFIED [21] (n = 2)
4
4/4
100
4
4/4
100
Andere / other [29] (n = 4)
8
8/8
100
8
8/8
100
* Durch Mehrfachnennung oder fehlende Angabe kann die absolute Zahl der Ergebnisse (Tab. 2) von der Anzahl der Teilnehmer abweichen.
Due to reporting results of multiple assay systems or missing specifications, the effective numbers are not correlating with the numbers of participants.
RV 432: Bordetella pertussis
Das aktuelle Set an Ringversuchsproben enthielt je eine
Probe mit hoher Menge an Zielorganismen (#32201), mit
geringer Menge (#32202), ohne Zielorganismen (#32203),
sowie eine Probe mit hoher Menge an einer mit dem Zielorganismus eng verwandten Spezies (#32204). Die Verfügbarkeit von gut evaluierten NAT-gestützten Analysesystemen für den Nachweis von B. pertussis DNA führte
auch diesmal zu hohen Richtigkeitsquoten bei der relativ
stark positiven und bei der negativen Probe. Die relativ
geringe Menge an B. pertussis in der Probe #32202 war
jedoch zumindest mit den in den Sollwertlaboratorien
etablierten PCR-Testsystemen eindeutig nachweisbar.
Fünf der insgesamt 38 Teilnehmer dieses Ringversuchs
108
MIKROBIOLOGE 14.Jg. 2004
berichteten hier ein negatives Ergebnis, 3 Teilnehmer
klassifizierten das Ergebnis als "fraglich". Wie in der Einführung bereits kurz erwähnt, kann ein positiver Nachweis
von B. pertussis DNA in der Probe #32202 als Qualitätskriterium für hohe Sensitivität des eingesetzten PCRTestsystems betrachtet werden. Aufgrund der geringen
Menge an Zielorganismen wurden hier für die Erstellung
des Ringversuchs-Zertifikats negative Ergebnisse nicht als
falsch-negativ bewertet – sie sollten aber dennoch Anlass
zur Überprüfung bzw. Optimierung des jeweiligen PCRTestsystems geben. Aufgrund der üblicherweise in klinischen Untersuchungsmaterialien mit Ausnahme von Säuglingen recht geringen Anzahl von Zielorganismen ist speziell bei der Diagnostik der Pertussis eine hohe Empfindlichkeit wünschenswert.
Auffällig war beim aktuellen Ringversuch auch eine hohe
Rate an "falsch-positiven" Ergebnissen für die Probe
#32204, die diesmal nennenswerte Mengen an Bordetella
holmesii enthielt. Bei der Verwendung von IS481 als "B.
pertussis-spezifische" Zielsequenz ist diese Kreuzreaktion
jedoch ganz einfach zu erklären: auf dem Genom aller
bisher untersuchten B. holmesii-Isolate befinden sich einige Kopien der bakteriellen Insertionssequenz IS481. Kopien der Insertionssequenz IS481wurden auch gelegentlich
bei B. bronchiseptica gefunden. Dieser Umstand führte bei
25 der 38 Teilnehmer zwangsläufig zu "falsch-positiven"
PCR-Ergebnissen für die Probe #32204. Dies schlägt sich
auch in den sehr niedrigen Richtigkeitsquoten für die negativen Ergebnisse nieder (Tabelle 3).
Die Inzidenz von B. holmesii und B. bronchiseptica in
klinischen Materialien von Menschen dürfte jedoch (zumindest hierzulande) eher gering sein. Daher erscheint es
auch vertretbar, die Sequenz IS481, für die eine Vielzahl
von Validierungsdaten vorliegt, auch weiterhin zur NATgestützten Diagnostik einer Infektion mit B. pertussis
einzusetzen. Bemühungen zu einer internationalen Stan-
dardisierung der Bordetella-PCR im real-time Format sind
auf dem Wege und sollten im kommenden Jahr abgeschlossen sein. Im Rahmen dieses Ringversuchs wollten
wir lediglich auf diese potentielle Kreuzreaktion aufmerksam machen und bei Verwendung der IS481-Zielsequenz
wurde ein positives Ergebnis für Probe #32204 daher nicht
als Fehler bewertet.
Inhibitionsereignisse wurden von keinem der Teilnehmer
beobachtet und unter den insgesamt 152 NAT-Ergebnissen
wurden (abgesehen von der zuvor diskutierten Kreuzreaktion mit B. holmesii) nur 5 falsch-negative und 3 fragliche
Ergebnisse für Probe #32202 mitgeteilt. Wie auch beim
vorhergehenden Ringversuch verwendete die überwiegende Anzahl der Teilnehmer selbst entwickelte (in house)
Testsysteme mit Inhibitions- und/oder Positivkontrollen
zum NAT-gestützten Nachweis von B. pertussis. Aufgrund
der derzeit noch sehr geringen Verbreitung von kommerziellen bzw. konfektionierten Testkits für den Nachweis
von B. pertussis DNA können im Rahmen dieses Ringversuchs keine seriösen Vergleiche zwischen den einzelnen
Testsystemen geführt werden.
PCR-/NAT Bordetella pertussis (RV 432) November 2003
Tabelle 2: Häufigkeit der Mitteilung verschiedener Befunde.
Absolute numbers of reported individual results.
32203
Ø
62
32204
(+++)
62
Befund
Result
Positiv
38
30
0
25
Negativ
0
5
38
13
Fraglich
Questionable
0
3
0
0
Escherichia coli K12
Bordetella holmesii
6
(~ 1x10 CFU/mL)
n.d.
nein
no
ja
yes
32204
61
32203
+
Inhibition
32202
32202
Probennummer
(Sample no.)
32201
61
Bordetella pertussis
6
(~ 1x10 CFU/mL)
Bordetella pertussis
4
(~ 1x10 CFU/mL)
32204
+++
n = 38
32203
32201
Probenzusammensetzung /
Sample composition
32202
Erwartet
expected
Gruppe A
32201
Tabelle 1: Probenzusammensetzung und erwartetes
Ergebnis.
Sample composition and expected results.
5
5
5
5
33
33
33
33
0
0
0
0
Tabelle 3: Häufigkeit richtig positiver und richtig negativer NAT-Befunde bei Anwendern verschiedener Methoden.
Absolute numbers and relative frequency of reported true positive and true negative results among various NAT methods.
NAT richtig positiv
True positive results
NAT-Methode
[Code] (total number *)
In house PCR assay [28] (n = 35)
NAT richtig negativ
True negative results
Absolut
Absolute
Relativ Relative
%
Absolut
Absolute
Relativ
Relative
%
65
65 / 70
92
47
47 / 70
67 1)
-
AmpliWell Pertussis [21] (n = 0)
-
-
-
-
-
Other commercial tests [27] (n = 0)
-
-
-
-
-
-
Andere / other [29] (n = 3)
6
6/6
100
3
3/6
50 1)
* Durch Mehrfachnennung oder fehlende Angabe kann die absolute Zahl der Ergebnisse (Tab.2 ) von der Anzahl der Teilnehmer abweichen.
Due to reporting results of multiple assay systems or missing specifications, the effective numbers are not correlating with the number of participants.
RV 433: Helicobacter pylori
Die Verfügbarkeit gut evaluierter NAT-gestützter Analysesysteme und die relativ große Menge an Zielorganismen
in der positiven Probe #32304 führte beim Nachweis von
H. pylori zu relativ hohen Richtigkeitsquoten für die Proben #32301 und #32304. Probe #32202 enthielt diesmal
eine relativ geringe Menge an H. pylori, die aber zumindest mit den PCR-Testsystemen von 6 der insgesamt 11
Teilnehmer eindeutig nachzuweisen war. Die Richtigkeitsquote der negativen Befunde wurde durch 7 falschpositive Ergebnisse für Probe #32303 sehr stark gedrückt.
Diese Probe enthielt Helicobacter mustelae und 4 der 7
Teilnehmer mit falsch-positivem Ergebnis gaben hier die
Verwendung eines ribosmomalen Gens (16S rDNA, 28S
rDNA oder ITS) als Zielsequenz für Ihre H. pylorispezifischen PCR-Testsysteme an. Offensichtlich weisen
diese Testkonzepte gewisse Mängel hinsichtlich ihrer
Spezies-Spezifität auf. Interessanterweise wurden auch bei
3 der 5 Teilnehmer, die H. pylori-spezifische Teile des
Urease-Gens als Zielsequenz gewählt haben, falschpositive Ergebnisse für die Probe #32303 bzw. eine Kreuzreaktion mit H. mustelae DNA beobachtet. Eine eventuelle
MIKROBIOLOGE 14.Jg. 2004
109
Kontamination des ausgesandten Probenmaterials mit H.
pylori DNA kann in diesem Zusammenhang aufgrund
unseres speziellen Produktionsprozesses jedoch weitgehend ausgeschlossen werden.
Alle Teilnehmer verwendeten zum NAT-gestützten Nachweis von H. pylori selbst entwickelte (in house) Testsysteme mit Inhibitions- und/oder Positivkontrollen und bei
keiner der untersuchten Proben wurden signifikante Inhibitionsereignisse beobachtet.
Wie in der Beschreibung des Ringversuchs 433 vermerkt,
konnten die Teilnehmer auf freiwilliger Basis auch die
vermeintliche Clarithromycin-Resistenz der untersuchten
H. pylori Isolate mitteilen. Diese Spezialuntersuchung zur
molekularbiologischen Resistenztestung erfolgt in der
Regel über die Amplifikation und Sequenzierung von
charakteristischen Bereichen innerhalb der H. pylori 28S
rDNA. Korrekte Ergebnisse wurden hier bei 3 von 3 Teilnehmern mitgeteilt.
PCR-/NAT Helicobacter pylori (RV 433) November 2003
Tabelle 1: Probenzusammensetzung und erwartetes
Ergebnis.
Sample composition and expected results.
32304
Ø
++
62
61 / 71
32304
32303
Helicobacter pylori
(~ 1x104 CFU/mL);
Clarithromycin susceptible
(wildtype 28S rDNA sequence)
Helicobacter mustelae
5
(~ 1x10 CFU/mL)
Helicobacter pylori
(~ 1x105 CFU/mL)
Clarithromycin resistant
(GAG mutation in 28S rDNA)
32303
61 / 72
32302
+
Befund
Result
32301
32302
Escherichia coli K12
32304
62
32303
Ø
Inhibition
32302
32301
Probennummer
(Sample no.)
n = 11
Probenzusammensetzung /
Sample composition
32301
Erwartet
Expected
Gruppe A
Tabelle 2: Häufigkeit der Mitteilung verschiedener Befunde
Absolute numbers of reported individual results.
Positiv
0
6
7
10
n.d.
0
0
0
0
Negativ
10
4
3
0
nein
no
11
11
11
11
Fraglich
Questionable
1
1
1
1
ja
yes
0
0
0
0
Tabelle 3: Häufigkeit richtig positiver und richtig negativer NAT-Befunde bei Anwendern verschiedener Methoden.
Absolute numbers and relative frequency of reported true positive and true negative results among various NAT methods.
NAT richtig positiv
True positive results
NAT-Methode
[Code] (total number *)
In house PCR assay [28] (n = 11)
Andere / other [29] (n = 0)
*
NAT richtig negativ
True negative results
Absolut
Absolute
Relativ
Relative
%
Absolut
Absolute
Relativ
Relative
%
18
18 / 22
82
15
15 / 22
68 1)
-
-
-
-
-
-
Durch Mehrfachnennung oder fehlende Angabe kann die absolute Zahl der Ergebnisse (Tab. 2) von der Anzahl der Teilnehmer abweichen.
Due to reporting results of multiple assay systems or missing specifications, the effective numbers are not correlating with the number of participants
.
RV 434: EHEC / STEC
Aufgrund vielfacher Rückfragen aus dem Kreis der Ringversuchsteilnehmer hier vorab eine kurze Anmerkung zur
Definition von "EHEC / STEC" von Herrn Dr. habil. Peter
Gallien (Nationales Veterinärmedizinisches Referenzlabor
für E. coli, Dessau):
Shigatoxin-produzierende Escherichia coli (STEC)
(ältere Bezeichnung: Verotoxin-bildende Escherichia
coli (VTEC) gehören zur Gruppe intestinaler pathogener E. coli. Sie alle besitzen Shigatoxingene und somit
die Fähigkeit, entsprechende Shigatoxine zu bilden.
Die enterohämorrhagischen Escherichia coli (EHEC)
sind eine Untergruppe der STEC, die beim Menschen
Krankheiten, wie HUS, HC oder TTP hervorrufen
können.
110
MIKROBIOLOGE 14.Jg. 2004
Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind nicht alle Faktoren und Mechanismen bekannt, die einen STEC zum
EHEC machen. Somit muss jeder STEC (z.B. isoliert
aus Lebensmitteln, die vom Tier stammen oder Kot)
als potentieller EHEC angesehen werden.
Wie bei den zuvor diskutierten erregerspezifischen Ringversuchen, so führte auch beim NAT-gestützten EHECNachweis die relativ hohe Menge an Zielorganismen in
den positiven Proben und die Verfügbarkeit gut evaluierter
Analysesysteme zu hohen Richtigkeitsquoten bei allen 4
Proben. Bei diesem Ringversuch spiegelt sich in der hohen
Menge an Zielorganismen jedoch gewissermaßen die Routinesituation wider, da diese NAT-Testsysteme in der
Regel zur molekularbiologischen Analyse von Übernachtkulturen von Stuhl- oder Lebensmittel-Proben eingesetzt
werden.
Die eigentliche Herausforderung bei diesem diagnostischen Ringversuch besteht daher nicht so sehr in dem
gezielten Nachweis sehr geringer Mengen an Zielorganismen sondern vielmehr in der differenzierten Analyse unterschiedlicher Shiga-Toxin Gene und anderer putativer
Pathogenitätsfaktoren (wie Intimin oder Enterohämolysin)
von EHEC / STEC Isolaten. Aus diesem Grund werden bei
der Probenkonfektionierung von uns auch nicht die klassischen "Prototyp" EHEC-Stämme (wie z.B. O157:H7)
sondern willkürlich 2 Routineisolate aus einer Sammlung
von stx-positiven E. coli ausgewählt. Im Rahmen des aktuellen Ringversuchs wurde die eine der beiden positiven
Proben (Probe #32401; O157:H-; stx2-positiv, eae- und
hlyA-positiv) von 29 Teilnehmern und die andere positive
Probe (Probe #32404; O26:H11; stx1-positiv, eae-positiv,
hlyA-negativ) von 27 der insgesamt 30 Teilnehmer zuverlässig als EHEC identifiziert.
Bis auf ein einzelnes falsch-positives Ergebnis für Probe
#32403 (diese Probe enthielt lediglich E. coli K12) wurden
erfreulicherweise von jedem Teilnehmer für die beiden
negativen Proben dieses Ringversuchs auch richtig-
negative Ergebnisse mitgeteilt.
Alle Teilnehmer haben dabei selbst entwickelte (in house)
Testsysteme mit Inhibitions- und/oder Positivkontrollen
zum NAT-gestützten Nachweis von EHEC verwendet und
bei keiner der ausgesandten Proben wurden signifikante
Inhibitionsereignisse beobachtet. Die Vielfalt an Kombination verschiedener E. coli Serotypen, Shiga-Toxin Subtypen sowie die Unterschiede in der Intimin- und Enterohämolysin-Produktion von EHEC-Isolaten garantiert auch
noch für die kommenden Ringversuche Herausforderungen an die individuellen Testsysteme und eine spannende
Auswertung der Ergebnisse.
Zudem wurden von 22 der 30 Teilnehmer, zumindest in
gewissem Umfang, die Ergebnisse der molekulargenetischen Shiga-Toxin Subtypisierung sowie des Nachweises
von Intimin- (eae) und/oder Enterohämolysin (hlyA)Genen mitgeteilt. Wenn auch die Typisierung nicht immer
vollständig durchgeführt wurde, so waren doch bei 21 der
22 Teilnehmer die Angaben in dem mitgeteilten Umfang
korrekt.
PCR-/NAT EHEC / STEC (RV 434) November 2003
Tabelle 1: Probenzusammensetzung und erwartetes Ergebnis.
Sample composition and expected results.
Erwartet
expected
Gruppe A
Tabelle 2: Häufigkeit der Mitteilung verschiedener Befunde
Absolute numbers of reported individual results.
Probennummer
(Sample no.)
n = 43
Probenzusammensetzung /
Sample composition
Inhibition
62
32404
++
61 / 71,77
32404
Ø
32403
32403
32402
62
32401
Ø
Befund
Result
32404
32402
EHEC (~ 1x10 CFU/mL)
(O157:H-; stx-2; eae; hlyA)
Escherichia coli K12
(negative for eae and hlyA)
Escherichia coli K12
(negative for eae and hlyA)
5
EHEC (~ 1x10 CFU/mL)
(O26:H11; stx-1; eae)
32403
61 / 73,77,78
32402
++
32401
5
32401
Positiv
29
0
1
27
n.d.
4
4
4
4
Negativ
1
30
29
3
nein
no
26
26
26
26
0
ja
yes
0
0
0
0
Fraglich
Questionable
0
0
0
Tabelle 3: Häufigkeit richtig positiver und richtig negativer NAT-Befunde bei Anwendern verschiedener Methoden.
Absolute numbers and relative frequency of reported true positive and true negative results among various NAT methods.
NAT richtig positiv
True positive results
NAT-Methode
[Code] (total number*)
*
NAT richtig negativ
True negative results
Absolut
Absolute
Relativ Relative
%
Absolut
Absolute
Relativ
Relative
%
In house PCR assay [28] (n = 26)
48
48 / 52
92
51
51 / 52
98
Other commercial tests [27] (n = 1)
2
2/2
100
2
2/2
100
Andere / other [29] (n = 3)
6
6/6
100
6
6/6
100
Durch Mehrfachnennung oder fehlende Angabe kann die absolute Zahl der Ergebnisse (Tab. 2) von der Anzahl der Teilnehmer abweichen.
Due to reporting results of multiple assay systems or missing specifications, the effective numbers are not correlating with the number of participants.
RV 435: Borrelia burgdorferi
Ein zentrales Problem der NAT-gestützten BorrelienDiagnostik sind nach wie vor die starken Schwankungen
vieler etablierter Testsysteme hinsichtlich ihrer Sensitivität
und Spezifität bei der Erfassung von unterschiedlichen
Borrelia Genotypen, die, zumindest außerhalb den Vereinigten Staaten von Amerika, mit relativ hoher Inzidenz
gefunden werden. Diese Situation spiegelt sich auch in
gewissem Umfang bei der Auswertung dieses Ringversuchs zum Nachweis von Borrelien-DNA wider. Wie beim
vorhergegangenen Ringversuch so wurden auch diesmal
bei der Konzeption der einzelnen Ringversuchsproben
absichtlich keine "Prototyp"-Isolate von Borrelia burgdorferi sensu stricto ausgewählt, sondern vielmehr die in
Europa häufig beobachteten Stämme von Borrelia garinii
und Borrelia valaisiana versandt. Diese beiden Borrelia
MIKROBIOLOGE 14.Jg. 2004
111
Spezies sind bekanntermaßen von hoher pathogener Relevanz und unterscheiden sich innerhalb einiger populärer
PCR-Zielgene auf Nukleinsäureebene in gewissem Umfang von Borrelia burgdorferi sensu stricto.
Probe #32501 enthielt eine relativ hohe Menge an Borrelia
valaisiana, die von 38 der insgesamt 46 Teilnehmer als
positiv getestet wurde. Probe #32503 enthielt diesmal eine
relativ geringe Menge an Borrelia garinii (was hier in
gewisser Weise die Situation bei der Untersuchung von
einigen Arten klinischen Probenmaterials widerspiegelt) die zumindest mit den PCR-Testsystemen von 35 der 46
Teilnehmer noch zuverlässig und eindeutig nachzuweisen
war. Von einem Teilnehmer wurde das Ergebnis mit Probe
#32503 als "fraglich" klassifiziert.
Bis auf 3 Teilnehmer haben alle selbst entwickelte (in
house) Testsysteme mit Inhibitions- und/oder Positivkontrollen zum NAT-gestützten Nachweis von BorrelienDNA verwendet und eine signifikante Inhibition der PCRReaktion wurde von keinem der Teilnehmer beobachtet.
Die insgesamt 6 falsch-positiven Ergebnisse lassen sich
wohl am ehesten mit Kontaminationsereignissen während
der individuellen Probenaufarbeitung oder im Fall der
Probe #32502 (Treponema phagedenis; 4 falsch-positive
Ergebnisse) auch mit mangelnder Spezifität der eingesetzten Testsysteme erklären.
Wie bereits bei der Auswertung des vorhergegangenen
Ringversuchs ist auch hier vor allem die hohe Rate an
falsch-negativen Ergebnissen für die relativ stark positive
Probe #32501 (Borrelia valaisiana) auffällig. Die falschnegativen Befunde sind hier wohl nur durch "Spezifitäts-
lücken" bestimmter Testsysteme für einige der Genospezies innerhalb Borrelia burgdorferi sensu lato zu erklären
und als echter diagnostischer Mangel zu betrachten. Bei
den betroffenen Teilnehmern besteht daher gewisser
Handlungsbedarf, denn eine effektive Menge an Zielorganismen von ca. 1x105 Erregeräquivalenten pro ml Probenmaterial liegt wohl noch deutlich über der Erregermenge, die in einigen klinischen Proben zu erwarten ist und
dort auch sicher nachgewiesen werden sollte.
Hinsichtlich der für die PCR-Reaktion verwendeten Zielgene besteht auch diesmal offensichtlich kein Zusammenhang mit einer mangelhaften analytischen Sensitivität: 4
der 8 Teilnehmer mit falsch-negativem Ergebnis für Probe
#32501 verwendeten ospA und 2 Teilnehmer das Flagellin-Gen (fla) als Zielsequenz für ihr Borrelien-spezifisches
in house-Testsystem.
Von den 10 Teilnehmern mit falsch-negativem Ergebnis
für Probe #32503 (die aufgrund der relativ geringen Menge an Zielorganismen im Probenmaterial bei der Erstellung
der Ringversuchs-Zertifikate von der Bewertung ausgenommen wurde) gaben 4 Teilnehmer die Verwendung des
Flagellin-Gens, einer die Verwendung des ospA Gens und
3 Teilnehmer die Verwendung von "anderen" Zielsequenzen an.
Aufgrund der geringen Anzahl von "kommerziellen Testsystemen" im Teilnehmerfeld lassen sich auch im Rahmen
dieses Ringversuchs keine seriösen Vergleiche zwischen
kommerziellen und selbst entwickelten (in house) Testsystemen hinsichtlich Sensitivität, Spezifität oder Kontaminationsanfälligkeit führen.
PCR-/NAT Borrelia burgdorferi (RV 435) November 2003
32503
+
61
32504
Ø
62
Positiv
38
4
35
2
Negativ
8
42
10
44
Escherichia coli K12
Fraglich
Questionable
0
0
1
0
n.d.
nein
no
ja
yes
32504
62
32503
Ø
Befund
Result
32502
32502
Borrelia valaisiana (VS116)
(~ 1x105 organisms /mL)
Treponema phagedenis
6
(~ 1x10 organisms/mL)
Borrelia garinii (OspA-Typ 4)
(~ 1x104 organisms /mL)
Inhibition
32501
61
32504
++
n = 46
32503
32501
Probennummer
(Sample no.)
Probenzusammensetzung /
Sample composition
32502
Erwartet
expected
Gruppe A
Tabelle 2: Häufigkeit der Mitteilung verschiedener Befunde
Absolute numbers of reported individual results.
32501
Tabelle 1: Probenzusammensetzung und erwartetes Ergebnis.
Sample composition and expected results.
2
2
2
2
44
44
44
44
0
0
0
0
Tabelle 3: Häufigkeit richtig positiver und richtig negativer NAT-Befunde bei Anwendern verschiedener Methoden.
Absolute numbers and relative frequency of reported true positive and true negative results among various NAT methods.
NAT richtig positiv
True positive results
NAT-Methode
[total number *] (Code)
*
NAT richtig negativ
True negative results
Absolut
Absolute
Relativ
Relative
%
Absolut
Absolute
Relativ
Relative
%
In house PCR assay [28] (n = 42)
67
67 / 84
79
79
79 / 84
94
Other / commercial tests [27] (n = 3)
5
5/6
83
5
5/6
83
Durch Mehrfachnennung oder fehlende Angabe kann die absolute Zahl der Ergebnisse (Tab. 2 ) von der Anzahl der Teilnehmer abweichen.
Due to reporting results of multiple assay systems or missing specifications, the effective numbers are not correlating with the number of participants.
112
MIKROBIOLOGE 14.Jg. 2004
RV 436: Legionella pneumophila
Ein möglichst sensitiver und spezifischer Nachweis von
Legionella pneumophila ist sowohl im Rahmen der mikrobiologischen Patientendiagnostik als auch in der Umwelthygiene (Wasseranalytik) von besonderem Interesse. Die
relativ hohe Menge an Zielorganismen und die Verfügbarkeit gut evaluierter NAT-gestützter Analysesysteme führte
bei der positiven Probe #32602 und der negativen Probe
#32603 zu hohen Richtigkeitsquoten innerhalb des Teilnehmerfeldes. Probe #32601 enthielt diesmal eine sehr
geringe Menge an L. pneumophila, die aber zumindest mit
einigen PCR-Testsystemen noch eindeutig nachzuweisen
war. Vier der Teilnehmer mit richtig-positivem Ergebnis
für Probe #32601 verwendeten dabei ein ribosomales Gen
und ein Teilnehmer das mip Gen als L. pneumophilaspezifische Zielsequenz. Wie in der Einführung bereits
kurz erwähnt, kann ein positiver Nachweis von L. pneumophila DNA in der Probe #32601 als Qualitätskriterium
für hohe Sensitivität des eingesetzten PCR-Testsystems
betrachtet werden. Aufgrund der geringen Menge an Zielorganismen wurde aber bei der Erstellung des Zertifikates
ein negatives Ergebnis hier nicht als falsch-negativ bewertet – bei Ringversuchsteilnehmern mit hohem Anspruch an
die individuelle Testsensitivität sollten falsch-negative
Ergebnisse bei Probe #32601 aber gegebenenfalls Anlass
zur Optimierung des jeweiligen PCR-Testsystems geben.
Die Probe #32604 des aktuellen Sets enthielt eine nennenswerte Menge an Legionella gormanii, die erfreulicherweise bei der Mehrzahl der Teilnehmer nicht zu
falsch-positiven Ergebnissen führte. Nur bei 8 der insgesamt 25 Teilnehmer zeigten sich offenkundige Spezifitätsprobleme bei den eingesetzten PCR-Testsystemen.
Bis auf 3 Teilnehmer haben alle selbst entwickelte (in
house) Testsysteme mit Inhibitions- und/oder Positivkontrollen zum NAT-gestützten Nachweis von L. pneumophila eingesetzt und bei keiner der untersuchten Proben wurden signifikante Inhibitionsereignisse beobachtet.
Nach Auswertung dieser ersten Studie sind wir durchaus
optimistisch, dass auch die kommenden "offiziellen" Ringversuchsrunden eine gewisse Herausforderung an die
jeweiligen Testsysteme zum NAT-gestützten Nachweis
von L. pneumophila darstellen werden. Um zukünftig auch
einem breiteren Kreis an Teilnehmern das Erfolgserlebnis
eines komplett bestandenen Ringversuchs zu ermöglichen
werden wir versuchen, die schwach positiven Proben jeweils mit einer (im Vergleich zu Probe #32601) etwas
höheren Menge an Zielorganismen zu versetzen. Dabei
soll die Zusammensetzung der einzelnen Probenmaterialien stets praxisorientiert bleiben und es werden sicherlich
keine nennenswerten Abstriche bei dem individuellen
Schwierigkeitsgrad bzw. der Seriosität des Ringversuchs
gemacht werden.
PCR-/NAT Legionella pneumophilia (RV 436) November 2003
61
32602
+++
61
Positiv
6
22
3
8
32603
Ø
62
Escherichia coli K12
Negativ
19
3
22
17
62
Legionella gormanii
6
(~ 1x10 CFU/mL)
Fraglich
Questionable
0
0
0
0
32604
Ø
n.d.
nein
no
ja
yes
32604
+
32603
32601
32604
Befund
Result
Inhibition
32603
Legionella pneumophila SG1
(~ 1x103 CFU/mL)
Legionella pneumophila SG1
(~ 1x106 CFU/mL)
Probennummer
(Sample no.)
32602
n = 25
32601
Probenzusammensetzung /
Sample composition
32602
Erwartet
Expected
Gruppe A
Tabelle 2: Häufigkeit der Mitteilung verschiedener Befunde
Absolute numbers of reported individual results.
32601
Tabelle 1: Probenzusammensetzung und erwartetes Ergebnis.
Sample composition and expected results.
0
0
0
0
25
25
25
25
0
0
0
0
Tabelle 3: Häufigkeit richtig positiver und richtig negativer NAT-Befunde bei Anwendern verschiedener Methoden.
Absolute numbers and relative frequency of reported true positive and true negative results among various NAT methods.
NAT richtig positiv
True positive results
NAT-Methode
[total number *] (Code)
Absolut
Absolute
Relativ
Relative
%
Absolut
Absolute
Relativ
Relative
%
In house PCR assay [28] (n = 22)
25
25 / 44
56
33
33 / 44
75
Other / commercial tests [27] (n = 3)
3
3/6
50
6
6/6
100
-
-
-
-
-
Andere / other [29] (n = 0)
*
NAT richtig negativ
True negative results
-
Durch Mehrfachnennung oder fehlende Angabe kann die absolute Zahl der Ergebnisse (Tab. 2 ) von der Anzahl der Teilnehmer abweichen.
Due to reporting results of multiple assay systems or missing specifications, the effective numbers are not correlating with the number of participants.
MIKROBIOLOGE 14.Jg. 2004
113
RV 437: Salmonella enterica
Die relativ hohe Menge an Zielorganismen und die Verfügbarkeit von gut evaluierten selbst entwickelten bzw.
kommerziellen NAT-gestützten Analysesystemen führte
bei den beiden positiven Proben #32701 (Salmonella agona, ~104 CFU/ml), #32703 (Salmonella enteritidis, ~106
CFU/ml) und bei der negativen Probe #32704 zu sehr
hohen Richtigkeitsquoten. Probe #32702 enthielt eine
relativ geringe Menge an S. enteritidis, die aber zumindest
mit den PCR-Testsystemen von 5 der 10 Ringversuchsteilnehmer noch eindeutig nachzuweisen war. Auch
hier kann der positive Nachweis von Salmonella-DNA in
Probe #32702 zweifellos als Qualitätskriterium für hohe
Sensitivität des eingesetzten PCR-Testsystems betrachtet
werden. Aufgrund der "grenzwertig" geringen Menge an
Zielorganismen in Probe #32702 wurden bei der Erstellung der Ringversuchszertifikate negative Ergebnisse nicht
als falsch-negativ bewertet. Wenn im Rahmen des NATgestützten Salmonellen-Nachweises jedoch eine sehr hohe
Sensitivität angestrebt wird, dann sollte ein falschnegatives Ergebnis bei Probe #32702 gegebenenfalls Anlass zu einer Optimierung des jeweiligen Testsystems sein.
Zusammenfassend wurden im Rahmen dieser Ringversuchs-"Studie" zum NAT-gestützten Nachweis von Salmonellen von den insgesamt 10 Teilnehmern nur 1 falschpositiver und kein falsch-negativer Befund für die Proben
#32701, #32703 und #32704 mitgeteilt. Für die schwach
positive Probe #32702 wurden 3 falsch-negative sowie 2
als "fraglich" eingestufte Befunde mitgeteilt. Zwei von 2
Teilnehmern, die die Verwendung eines "kommerziellen
Testsystems / Kit" angaben, berichteten dagegen richtigpositive Ergebnisse für Probe #32702. Offensichtlich be-
stehen bei einigen der selbst entwickelten (in house) Testsysteme noch gewisse Defizite innerhalb einzelner Komponenten des laborspezifischen diagnostischen Protokolls.
Es wird interessant sein zu verfolgen, inwieweit sich solche Unterschiede in der analytischen Sensitivität von
selbst entwickelten und kommerziellen Testsystemen im
Laufe der nächsten Ringversuchsrunden bestätigen werden.
Acht der 10 Teilnehmer verwendeten Testsysteme mit
Inhibitions- und/oder Positivkontrollen und bei keinem der
ausgesandten Probenmaterialien wurden Inhibitionsereignisse beobachtet.
Der falsch-positive Befund für Probe #32704 (E. coli)
stammte dabei von einem Teilnehmer, der ein ribosomales
Gensegment als Zielsequenz angegeben und bei allen 4
Proben ein positives Ergebnis für Salmonella enterica
mitgeteilt hat. Entweder handelte es sich hier um eine
"banale" Kreuzkontamination bzw. Verschleppung von
Salmonellen-DNA bei der Probenaufarbeitung oder um
eine Kreuzreaktion des verwendeten PCR-Testsystems.
Basierend auf den Erfahrungen mit dieser ersten Ringversuchs-"Studie" werden wir uns bemühen, dass auch die
kommenden "offiziellen" Ringversuchsrunden eine gewisse Herausforderung an die jeweiligen Testsysteme zum
NAT-gestützten Nachweis von Salmonellen darstellen. In
enger Abstimmung mit den Sollwert-Laboratorien soll
dabei auch zumindest eine der 4 Proben mit einer solchen
Menge an Zielorganismen versetzt werden, die im Rahmen
der gesetzlichen Vorschriften und/oder Richtlinien der
einzelnen Fachgesellschaften als untere Nachweisgrenze
für den NAT-gestützten Salmonellen-Nachweis gefordert
wird.
PCR-/NAT Salmonella enterica (RV 437) November 2003
61
32703
+++
61
32704
Ø
62
Positiv
10
5
10
1
Negativ
0
3
0
9
Escherichia coli K12
Fraglich
Questionable
0
2
0
0
n.d.
nein
no
ja
yes
32704
+
Befund
Result
32703
32702
Salmonella agona; group O:4(B)
(~ 1x104 CFU/mL)
Salmonella enteritidis; grp. O:9 (D1)
(~ 1x103 CFU/mL)
Salmonella enteritidis; grp. O:9 (D1)
(~ 1x106 CFU/mL)
32702
61
Inhibition
32701
++
n = 10
32704
32701
Probennummer
(Sample no.)
Probenzusammensetzung /
Sample composition
32703
Erwartet
expected
32702
Gruppe A
Tabelle 2: Häufigkeit der Mitteilung verschiedener Befunde
Absolute numbers of reported individual results.
32701
Tabelle 1: Probenzusammensetzung und erwartetes Ergebnis.
Sample composition and expected results.
2
2
2
2
8
8
8
8
0
0
0
0
Tabelle 3: Häufigkeit richtig positiver und richtig negativer NAT-Befunde bei Anwendern verschiedener Methoden.
Absolute numbers and relative frequency of reported true positive and true negative results among various NAT methods.
NAT richtig positiv
True positive results
NAT-Methode
[total number *] (Code)
*
Absolut
Absolute
Relativ
Relative
In house PCR assay [28] (n = 8)
19
Other / commercial tests [27] (n = 2)
6
Andere / other [29] (n = 0)
-
NAT richtig negativ
True negative results
%
Absolut
Absolute
Relativ
Relative
19 / 24
79
7
7/8
87
6/6
100
2
2/2
100
-
-
-
-
-
Durch Mehrfachnennung oder fehlende Angabe kann die absolute Zahl der Ergebnisse (Tab. 2 ) von der Anzahl der Teilnehmer abweichen.
Due to reporting results of multiple assay systems or missing specifications, the effective numbers are not correlating with the number of participants.
114
MIKROBIOLOGE 14.Jg. 2004
%
RV 438: Listeria spp.
Listerien kommen ubiquitär in unserer Umwelt vor und
können als potentielle Kontaminanten auch in Lebensmitteln (wie z.B. Räucherlachs, Rohmilchkäse oder Schnittsalaten) präsent sein. Daher muss für viele Lebensmittel die
vom Gesetzgeber geforderte Abwesenheit von L. monocytogenes geprüft und bestätigt werden. Neben L. monocytogenes sind auch eine Reihe weiterer Listerienspezies mit
humanpathogenem Potential bekannt, für die inzwischen
einige selbst entwickelte und kommerzielle NAT-gestützte
Nachweisverfahren zur Verfügung stehen. Aus diesem
Grund wollen wir uns bei der Konzeption der Proben für
RV 438 nicht nur auf L. monocytogenes beschränken, und
bei den kommenden Ringversuchen werden auch andere
Listerien-Spezies in der einen oder anderen Probe zu finden sein.
Die Verfügbarkeit gut evaluierter selbst entwickelter bzw.
kommerzieller NAT-gestützter Analysesysteme führte bei
diesem Ringversuch zumindest bei der relativ stark positiven Probe #32801 (Listeria monocytogenes, ~105 CFU/ml)
und der negativen Probe #32804 zu relativ hohen Richtigkeitsquoten. Lediglich die etwas schwächer positive Probe
#32802 (Listeria monocytogenes, ~103 CFU/ml) und der
Nachweis der Spezies Listeria innocua in Probe #32803
bereitete einigen der Teilnehmer offensichtlich Schwierigkeiten. Von den insgesamt 14 Teilnehmern wurden für die
schwach positive Probe #32802 hier jeweils 5 falschnegative Befunde sowie ein als "fraglich" eingestuftes
Ergebnis mitgeteilt. Die mit einer nennenswerten Menge
an Listeria innocua versetzte Probe #32803 wurde lediglich von 3 der 14 Teilnehmer als positiv getestet. Unter
den 10 falsch-negativen Ergebnissen für die Probe mit
Listeria innocua befand sich einer von 2 Teilnehmern, die
die Verwendung eines "kommerziellen Testsystems / Kit"
angaben, und 9 von 12 Teilnehmern mit selbst entwickelten (in house) Testsystemen. Bei letzterer Gruppe war
jedoch kein offensichtlicher Zusammenhang zwischen der
Spezifitätslücke und der jeweils verwendeten PCRZielsequenz zu erkennen.
Von allen 14 Teilnehmern wurden Testsysteme mit Inhibitions- und/oder Positivkontrollen verwendet und nur von
einem Teilnehmer wurde bei einer der 4 ausgesandten
Probenmaterialien ein vermeintliches Inhibitionsereignis
beobachtet.
Da dieser Ringversuch bewusst nicht nur auf den Nachweis von L. monocytogenes abzielt, und L. innocua zugegebenermaßen eine der selteneren aber dennoch humanpathogenen Spezies darstellt (J. Clin. Microbiol., 2003,
11:5308-5309), sollten die betroffenen Teilnehmer diese
Ergebnisse zum Anlass nehmen, ihre verwendeten Testsysteme hinsichtlich offenkundiger Defizite bei der analytischen Sensitivität und der Speziesabdeckung zu analysieren. Auch im Fall des NAT-gestützten ListerienNachweises wird es interessant sein zu verfolgen, inwieweit sich die durchschnittliche analytische Sensitivität und
Spezifität bei den selbst entwickelten und den kommerziellen Testsystemen im Laufe der nächsten Ringversuchsrunden verbessern wird. Es bleibt zu hoffen, dass die einzelnen Teilnehmer sich nicht aus Frustration über zu viele
falsch-negative Ergebnisse von der Teilnahme an weiteren
Ringversuchsrunden abhalten lassen. Zudem besteht speziell bei diesem Ringversuch explizit die Option einer
differenzierten Befundmitteilung. Hält ein Teilnehmer
lediglich ein L. monocytogenes-spezifisches NATVerfahren vor, so kann er dies über einen Zusatzcode im
Ergebnisfeld angeben - für die Erstellung des individuellen
Zertifikats werden dann auch nur die L. monocytogenesspezifischen Ergebnisse bewertet.
PCR-/NAT Listeria spp. (RV 438) November 2003
32803
++
61
32804
Ø
62
Positiv
12
8
3
1
Negativ
2
5
10
13
Escherichia coli K12
Fraglich
Questionable
0
1
0
0
n.d.
nein
no
ja
yes
32804
61
32803
+
Befund
Result
32802
32802
Listeria monocytogenes ATCC 7644
(~ 1x105 CFU/mL)
Listeria monocytogenes ATCC 7644
(~ 1x103 CFU/mL)
Listeria innocua
4
(~ 1x10 CFU/mL)
Inhibition
32801
61
32804
+++
n = 14
32803
32801
Probennummer
(Sample no.)
Probenzusammensetzung /
Sample composition
32802
Erwartet
expected
Gruppe A
Tabelle 2: Häufigkeit der Mitteilung verschiedener Befunde
Absolute numbers of reported individual results.
32801
Tabelle 1: Probenzusammensetzung und erwartetes Ergebnis.
Sample composition and expected results.
0
0
0
0
14
14
13
14
0
0
1
0
Tabelle 3: Häufigkeit richtig positiver und richtig negativer NAT-Befunde bei Anwendern verschiedener Methoden.
Absolute numbers and relative frequency of reported true positive and true negative results among various NAT methods.
NAT richtig positiv
True positive results
NAT-Methode
[total number *] (Code)
Absolut
Absolute
Relativ
Relative
%
Absolut
Absolute
Relativ
Relative
%
18
18 / 36
50
11
11 / 12
91
Other / commercial tests [27] (n = 2)
5
5/6
83
2
2/2
100
Andere / other [29] (n = 0)
-
-
-
-
-
-
In house PCR assay [28] (n = 12)
*
NAT richtig negativ
True negative results
Durch Mehrfachnennung oder fehlende Angabe kann die absolute Zahl der Ergebnisse (Tab. 2 ) von der Anzahl der Teilnehmer abweichen.
Due to reporting results of multiple assay systems or missing specifications, the effective numbers are not correlating with the number of participants.
MIKROBIOLOGE 14.Jg. 2004
115
AUSBLICK
Bei der Konzeption der ersten Sets von NATRingversuchsproben wurden wir seitens INSTAND gebeten, keine extrem hohen Herausforderungen an die Teilnehmer zu stellen. Auch wenn das Gesamtbild dieses
Ringversuchs durch einige falsch-positive Ergebnisse (die
vermutlich zum Großteil auf Kontaminationsereignisse
während der Probenaufarbeitung und Amplifikation zurückzuführen sind) etwas getrübt wurde, so fiel die Unterscheidung zwischen den stark positiven und den negativen
Proben wieder sehr deutlich aus. Dies spiegelt sich nicht
zuletzt in den relativ hohen Richtigkeitsquoten für die zur
Erstellung der Zertifikate bewerteten Proben wider.
Einige der erregerspezifischen Probensets enthielten diesmal jedoch auch eine Probe mit relativ geringer Anzahl an
entsprechenden Zielorganismen. Da diese Proben von
einer Vielzahl an unterschiedlichen Testsystemen nicht
mehr als positiv detektiert werden konnten, wurden sie
gerechterweise bei der Erstellung der Ringversuchszertifikate nicht bewertet.
Betrachten Sie diese Proben mit geringer Erregermenge
bitte nicht als "Schikane" sondern vielmehr als wertvollen
Indikator für die Leistungsfähigkeit ihres individuellen
Testkonzepts im internationalen Maßstab. Um bei unseren
PCR / NAT-Ringversuchen diesem Anspruch auch in
Zukunft gerecht werden zu können, sind gewisse Herausforderungen an die Sensitivität und Spezifität der jeweiligen Testsysteme auch für die zukünftigen Runden (jeweils
im April und September jedes Jahres) fest eingeplant.
Natürlich erfolgt das Design und die Konfektionierung der
einzelnen Ringversuchsproben in sehr enger Abstimmung
mit unseren zahlreichen Sollwert- und Referenzlaboratorien. Darüberhinaus sind wir auch weiterhin für alle konstruktiven Kommentare aus dem Teilnehmerkreis dankbar
und stets bemüht, diese Anregungen auch in Ihrem Sinne
umzusetzen.
An dieser Stelle möchten wir uns recht herzlich bei allen
Kollegen in den zahlreichen nationalen und internationalen
Sollwertlaboratorien sowie bei den Kollegen und Mitarbeitern in Jena, Berlin und Regensburg bedanken, die nach
wie vor hoch motiviert an der praktischen Umsetzung
unseres gemeinsamen Vorhabens zur externen Qualitätssicherung mitarbeiten.
Zugleich hoffen wir auf einen reibungslosen Ablauf der
zukünftigen Ringversuchsrunden.
Korrespondenzadresse:
Dr. Udo Reischl
Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene
Universitätsklinikum Regensburg
Franz-Josef-Strauß-Allee 11
D-93053 Regensburg, Germany
Tel: +49-(0)941-944-6450
Fax: +49-(0)941-944-6402
e-mail: [email protected]
116
MIKROBIOLOGE 14.Jg. 2004
TAGUNGSBERICHT
Kurs „Grundlagen antibakterieller Empfindlichkeitsprüfung“
Im mikrobiologischen Alltag steigt der Bedarf an breitem
praktischen und theoretischen Wissen ständig an. Insbesondere stellt die Interpretation von Ergebnissen der Antibiotikaempfindlichkeitstestung angesichts der sich ausbreitenden Resistenzen eine erhebliche Herausforderung an
den diagnostischen Mikrobiologen. Denn immer mehr
wird erkannt, wie wichtig die Beratung der klinischen
Kollegen bei der Auswahl von Antibiotika bei der Behandlung nicht nur nosokomialer Infektionen ist. Das Auftreten
immer neuer Resistenzmechanismen macht diese Aufgabe
zunehmend schwerer. Aus diesem Grunde werden Weiterbildung und Wissensauffrischung für die im Labor Tätigen
auf diesem Gebiet immer wichtiger. In folgendem Beitrag
sollen die Erfahrungen des Kurses "Grundlagen antibakterieller Empfindlichkeitsprüfung", organisiert von der Firma Becton Dickinson, dargestellt werden.
Kursleiter war Herr Dr. Hartmut Erichsen, der als Mikrobiologe auf eine Ausbildung und langjährige Tätigkeiten
an der Universität Kiel, in der Industrie und schließlich als
Mitarbeiter in einem großen niedergelassenen Diagnostiklabor zurückblicken kann. Seine Mitarbeit im DINAusschuss NaMed 10 weist ihn gleichfalls als Experten
auf dem Gebiet der Empfindlichkeitstestung aus. Organisatorin und ständig hilfsbereite Ansprechpartnerin im Kurs
war Frau Ulrike Kunert, Scientific Affairs Managerin der
Firma Becton Dickinson. Der insgesamt 3-tägige Kurs
fand in den Vorlesungsräumen bzw. Laboren von Becton
Dickinson in Heidelberg statt und umfasste einen gelungenen Mix aus Theorie und Praxis. Die 16 Teilnehmer aus
dem gesamten Bundesgebiet sowie Österreich setzen sich
aus Technischen Assistenten und Ärzten aus Krankenhauslaboren und niedergelassenen Praxen zusammen.
Wichtig war auch, vor allem für die ärztlichen Teilnehmer,
dass dieser Kurs von der Landesärztekammer BadenWürttemberg mit 20 Fortbildungspunkten zertifiziert wurde.
Der Kursinhalt am ersten Tag umfasste die Grundlagen der
Empfindlichkeitstestung mit Darstellung der einzelnen
Antibiotikaklassen, ihren zellbiologischen Wirkmechanismen, sowie Begriffen wie natürliche oder erworbene
Resistenzen. Zum Verständnis der Wirkung von Antibiotika spielen heute auch zunehmend die Erkenntnisse auf den
Gebieten der Pharmakokinetik und Pharmakodynamik eine
bedeutende Rolle, weshalb Dr. Erichsen diesem Thema
auch sehr breiten Raum einräumte.
Nach Darstellung der unterschiedlichen Testmethoden von
Agardiffusionstests bis zu den modernen automatisierten
Verfahren, führten die Teilnehmer die verschiedenen
Testverfahren selbst durch, um z. B. die Unterschiede des
Agardiffusionstests nach DIN und NCCLS zu demonstrieren.
Am zweiten Kurstag ging Dr. Erichsen ausgehend von der
Klarstellung einzelner Resistenzmechanismen auf die
Auswertung und Interpretation der Resistogramme ein.
Schwerpunkt waren hier die im klinischen Alltag am häufigsten vorkommenden Resistenzmechanismen wie
MRSA, VRE, MLSB-Resistenz bei Grampositiven oder
ESBL-bildenden Enterobakterien. Die Theorie wurde am
Nachmittag ergänzt durch die Ablesung und Bewertung
der am Vortag selbst angefertigten Empfindlichkeitstests.
Der letzte Tag galt den automatisierten Testverfahren,
wobei insbesondere die in Deutschland am meisten verbreiteten Systeme (BD Phoenix und VITEK 2, BioMérieux ) ausgiebig besprochen wurden. Neben dem Ver-
gleich der technischen Details lag der Schwerpunkt vor
allem bei der Darstellung und den Prinzipien der Expertensysteme, die neben den Kriterien Automatisierung,
Standardisierung und Reproduzierbarkeit den besonderen
Wert dieser Systeme ausmachen.
Zusammenfassend bot der Kurs eine wahrhaft erschöpfende Übersicht über die Grundlagen und Probleme der bakteriellen Empfindlichkeitsprüfung. Herrn Dr. Erichsen gelang es, vor allem aufgrund seiner langjährigen Erfahrung
auf diesem Gebiet, das gesamte Thema interessant und
praxisnah darzustellen. Er zeichnete sich auch in der Diskussion und bei kritischen Fragen als kompetenter und vor
allem geduldiger Kursleiter aus. Besonders wertvoll war
der Kurs insofern, als er nicht nur der reinen Wissensvermittlung diente, sondern auch genug Zeit ließ für Diskussionen und Fragen, die in der täglichen Arbeit immer wieder auftauchen. Die umfangreichen und übersichtlichen
Kursunterlagen sind mit Sicherheit für die Teilnehmer eine
gute Grundlage für die Umsetzung des Gelernten in der
täglichen Arbeit.
Abgerundet wurde der Lehrgang durch ein perfekt organisiertes Begleitprogramm, das zeigte, dass sich ein Besuch
in Heidelberg nicht nur wegen des Kurses lohnt. Die
Kursgebühr von € 870,- war aus Sicht aller Teilnehmer
eine mehr als lohnenswerte Investition in die persönliche
Wissenserweiterung und berufliche Weiterbildung.
Uta Küsters, Heidelberg
MIKROBIOLOGE 14.Jg. 2004
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FORTBILDUNGSVERANSTALTUNGEN
HYGIENEAKADEMIE BAD KISSINGEN
Hygienebeauftragte/r in der Pflege
Grundkurs in vier Stufen
● Keime und Recht
● Hygieneplan in der Praxis
● Mitarbeiterschulung und Dokumentation
● Vom Hygieneplan zum Qualitätsmanagement Hygiene
Termin: Start Kursreihe D am 21. Juni 2004
Ort:
Bad Kissingen
Gebühr: Euro 415,00 je Stufe
Hygieneakademie Bad Kissingen
Aufbaukurs Krankenhaushygiene
Termin: 02. bis 04. Juli 2004
Gebühr: Euro 195,00
„Qualitätsmanagement und Hygiene in Einrichtungen
des Gesundheitswesens“
Für Mitarbeiter oder Hygienebeauftragte in Krankenhäusern, Einrichtungen der Altenpflege, Arztpraxen und ambulanter Pflege, die die Zertifizierung beabsichtigen.
Termin: 15. bis 16. September 2004
Gebühr: Euro 195,00
Aufbaukurs Hygienebeauftragte/r in Rehaklinik und
Sanatorium
Termin: 30. September bis 01. Oktober 2004
Gebühr: Euro 195,00
Stationsleiterlehrgang
Weiterbildung für die Leitung einer Station, Pflegegruppe
oder Funktionseinheit gemäß DKG-Richtlinie – berufsbegleitend (720 Stunden) in 9 mehrtägigen Blöcken in Vollzeitunterricht
Termin: Start 18. Oktober 2004
Gebühr: Euro 3.000,00
Grundkurs Hygiene in der Dialyse
Gem. Richtlinie RKI
für Dialyseeinrichtungen und Hygienefachkräfte
Termin: 21. bis 22. Oktober 2004
Gebühr: Euro 215,00
Aufbaukurs Hygienebeauftragte/r in Rehaklinik und
Sanatorium
Termin: 30. September bis 01. Oktober 2004
Gebühr: Euro 195,00
Auskunft: Hygieneakademie Bad Kissingen, Sparkassenpassage 4, 97688 Bad Kissingen, Tel.: 0971 –
785 07 66 und -785 29 84, Fax: 0971 – 785 07
64, e-mail: [email protected], Internet:
http://www.hygieneakademie.de
Bitte Termin vormerken:
14. Frühjahrstagung
des Berufsverbandes der Ärzte für
Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie.
vom 07. bis 09. April 2005
in Kloster Banz, Staffelstein
Thema: Grundkurs: Der Hygienebeauftragte
Termin:
Montag, 27.09.2004 von 10.00 Uhr - 17.00
Uhr
Dienstag, 28.09.2004 von 9.00 Uhr - 16.00
Uhr
Referenten: PD Dr. med. S. W. Lemmen und Mitarbeiter
Ort:
Universitätsklinikum Aachen, Pauwelsstraße
30, 52074 Aachen
Kursleiter: PD Dr. med. S. W. Lemmen
Leiter des Zentralbereichs für Krankenhaushygiene, Universitätsklinikum Aachen
Auskunft: Sekretariat M. Riedel, Tel.: 0241 – 8089843,
Fax: 0241 – 8082540,
e-mail: [email protected]
AUS DEM BERUFSVERBAND
Aktuelle Information
Das Bundesverfassungsgericht hat die vom Bundesverband der Pathologen eingelegte Verfassungsbeschwerde
gegen das Urteil des BGH bezüglich der Minderung nach
§6a GOÄ nicht angenommen. Die anwaltliche Stellungnahme folgt. Der Berufsverband empfiehlt daher allen
Mitgliedern, Klinikrechnungen vorerst um 15% zu mindern.
Anwaltliche Stellungnahme:
Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichtes zu § 6 a GOÄ
In dieser Angelegenheit haben wir vor einigen Tagen die
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes – 1 BvR
1319/02 – vom 19.03.2004 erhalten, wonach die von Pathologen eingelegte Beschwerde gegen die vom BGH
vorgenommene Auslegung von § 6 a GOÄ nicht zur Entscheidung angenommen wurde.
Das Bundesverfassungsgericht führt auf 11 Seiten auf, dass
die für die niedergelassenen Ärzte ungünstige Auslegung
des § 6 a GOÄ, wonach nunmehr stets die Gebühren bei der
Behandlung von stationär untergebrachten Patienten zu
mindern seien, verfassungsrechtlich unbedenklich ist.
Wir bedauern die Entscheidung sehr, zumal deren Begründung inhaltlich durchaus angreifbar ist. Leider jedoch
bestehen keine rechtsbehelflichen Möglichkeiten mehr,
gegen diesen Nichtannahmebeschluss vorzugehen, so dass
die Frage um die Minderungspflicht als grundsätzlich
gegen die Ärzte entschieden zu sein scheint.
Dennoch hat es in jüngster Zeit gerade erst wieder eine
Entscheidung des Amtsgerichtes Fürth gegeben, in dem
trotz des rechtskräftigen BGH-Urteils der Amtsrichter den
Mut zur eigenen Rechtsmeinung bewiesen hat, in dem er
(auch aus unserer Sicht zu Recht) keinen Minderungsfall
angesehen hat. Es steht jedoch nicht unbedingt zu erwarten, dass sich dieser Haltung die überwiegende Anzahl der
Instanzgerichte anschließen wird.
Dirk Griebau, Rechtsanwalt, Fürth
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MIKROBIOLOGE 14.Jg. 2004
Herrn Professor Dr. med. Friedrich Burkhardt,
Erlangen, zum 80. Geburtstag
Macht in wissenschaftlichen oder ärztlichen Gremien,
politischer Einfluss oder Medienpräsenz waren nie Ziele,
an die Sie, lieber Friedrich Burkhardt, Zeit und Arbeitskraft verschwendet haben. So ist es fast folgerichtig, dass
Ihnen Ehrungen und öffentliche Anerkennung Ihrer Leistungen durch die einschlägigen wissenschaftlichen Fachgesellschaften und Berufsverbände versagt blieben und Sie
Ihren 80. Geburtstag am 14. Januar 2004, unbemerkt und
unbeachtet von der organisierten Fachwelt, im Kreise Ihrer
Familie gefeiert haben. Dabei haben Sie wie kaum ein
anderer Vertreter Ihrer und nachfolgender Generationen
medizinischer Mikrobiologen die Fächer Medizinische
Mikrobiologie und Hygiene in ihrer Entwicklung beeinflusst und den wissenschaftlichen und ärztlichen Nachwuchs in Denken, Handeln und Selbstverständnis geprägt.
Ihr beeindruckender beruflicher Werdegang legt dafür
ebenso beredtes Zeugnis ab wie die Projekte zur Weiterentwicklung der Medizinischen Mikrobiologie in Deutschland, die Sie auf den Weg gebracht und dann mit großem
Einsatz und nachgerade unendlicher Geduld umgesetzt
und vollendet haben.
Ihr Medizinstudium haben Sie nach mehreren, teils schweren Verwundungen im Kriegseinsatz unmittelbar nach
Kriegsende in englischer Gefangenschaft an der „Medical
Academy for German Prisoners“ begonnen, in Wien und
Erlangen fortgesetzt und in Erlangen 1951 mit dem
Staatsexamen abgeschlossen. Zum „Dr. med.“ wurden Sie
1952 von der Universität Erlangen promoviert. Ihre Hinwendung zum Fach „Hygiene“ im klassischen, umfassenden Sinne begann bereits 1952 als wissenschaftlicher Assistent an der Staatlichen Bakteriologischen Untersuchungsanstalt in Erlangen, die nach dem 2. Weltkrieg aus
dem Hygiene-Institut der Universität hervorgegangen war.
1956 wurden Sie Oberarzt an demselben Institut, und 1974
erfolgte die Ernennung zum Obermedizinaldirektor und
Bestellung zum Leiter der Staatlichen Bakteriologischen
Untersuchungsanstalt München. 1975 übernahmen Sie die
Leitung des Fachbereichs Medizin des Landesuntersuchungsamtes für das Gesundheitswesen Nordbayern, dem
seit 1980 die vorher selbständigen Schwesterinstitute in
Würzburg und Regensburg angeschlossen waren. Inzwischen zum Leitenden Medizinaldirektor ernannt, wurden
Sie 1981 vom Bayerischen Staatsminister für Unterricht
und Kultus, Professor Hans Maier, zum Honorarprofessor
an der Universität Erlangen-Nürnberg bestellt. Am 1.
Januar 1986 sind Sie in den wohlverdienten Ruhestand
getreten.
Diese Professur – und das Bundesverdienstkreuz – sind
nach meinem Wissen die einzigen offiziellen Zeichen der
Anerkennung Ihrer wissenschaftlichen und ärztlichen
Leistungen in Deutschland. Ihre umfassenden und stets auf
neuestem Stand gehaltenen ärztlichen Fachkenntnisse
hatten Sie durch Teilnahme an Kursen (Abwasserbiologischer Kurs der Bayerischen Biologischen Versuchsanstalt
1954, Tropenmedizinischer Kurs der Universität München
1957) sowie durch verschiedene Praktika im In- und Ausland (am Robert-Koch-Institut Berlin 1966, am Indian
Institute for Biochemistry and Experimental Medicine
Calcutta 1966, am SEATO Cholera Research Institute
Dacca 1966) auf eine besonders breite Basis gestellt und
dabei gerade dem Erwerb eigener praktischer Kenntnisse
und Erfahrungen unter Anleitung international ausgewie-
sener Wissenschaftler einen hohen Stellenwert eingeräumt.
Ihr Ruf als ausgezeichneter Arzt und Mikrobiologe hat
Ihnen mehrfach Aufgaben im Rahmen der deutschen Entwicklungshilfe eingetragen: 1960 und 1961 haben Sie sich
in Somalia, zunächst in Mogadishu, dann in Gelib und
Margerita, aufgehalten, um im Auftrag der Bundesregierung „Möglichkeiten einer deutschen medizinischen Entwicklungshilfe für Somalia“ zu erkunden. Dabei haben Sie
in dortigen Krankenhäusern und Leprosorien an der mikrobiologischen Diagnostik mitgewirkt und bei der Bekämpfung von Ruhrepidemien unter der Landbevölkerung
und der Schistosomiasis geholfen.
Nach einem Thailand-Aufenthalt zur Begutachtung eines
deutschen Entwicklungshilfeprojektes 1966 waren Sie
dann zwischen 1967 und 1970 als Leiter einer siebenköpfigen Arbeitsgruppe für den Aufbau des „Public Health
Research Institute Bangkok“ des Ministry of Public Health
von Thailand verantwortlich und haben in diesem Rahmen
verschiedene seuchen- und klinisch-bakteriologische Laboratorien eingerichtet und zu optimaler Funktionsfähigkeit geführt, was vom damaligen Gesundheitsminister
Thailands durch Verleihung des „Public Health Pin“ in
Gold gewürdigt wurde. 1972 haben Sie das Institut erneut
zur Überprüfung und Ergänzung der eingeführten Labortechnik besucht und damit die seit 1970 bestehende Partnerschaft zwischen mit dem Erlanger Landesuntersuchungsamt vertieft.
Im Jahr 1979 haben Sie ein „Seminar on Laboratory Technology“ am Theodor Bilharz Institute in Kairo ausgerichtet, das neben Methoden der bakteriologisch-serologischen
Diagnostik vor allem parasitologisch-diagnostische Verfahren unter besonderer Berücksichtigung der Schistosomiasis zum Inhalt hatte.
So wertvoll Ihr Engagement in der medizinischen Entwicklungshilfe auch gewesen sein mag, lieber Herr Burkhardt, Ihre Verdienste um die Medizinische Mikrobiologie
in Deutschland sind hinsichtlich ihrer in die Zukunft reichenden Wirkung sicherlich noch deutlich höher zu bewerten:
Auf Ihre Anregung hin hatte sich der Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie
(DGHM) bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt entschlossen, ein System zur externen Qualitätssicherung in
der Medizinischen Mikrobiologie in Deutschland zu entwickeln und einzuführen. Sie wurden mit dieser Aufgabe
betraut und haben seit 1972 mit großem Einsatz und überragendem Fachwissen nicht nur die wissenschaftliche und
organisatorische Basis für ein solches System geschaffen,
sondern zugleich mit Beharrlichkeit und unendlicher Geduld die vielfältigen Widerstände in den betroffenen wissenschaftlichen Gesellschaften und Berufsverbänden und
in der Bundesärztekammer überwunden, ohne Ihre Qualitätsvorstellungen preiszugeben. Dass Sie am Ende auch
die Akzeptanz dieser Qualitätssicherungsmaßnahmen
durch die allermeisten Fachkollegen erreichen konnten,
zeugt neben Ihrer Fachkompetenz nicht zuletzt auch von
Ihrer Geradlinigkeit, Ihrer Unbestechlichkeit und Ihrem
Gerechtigkeitssinn. Auf der Grundlage, die Sie gelegt
haben, war es für mich leicht, Ihre Arbeit auf diesem Gebiet weiterzuführen und die Anforderungen schrittweise zu
steigern.
MIKROBIOLOGE 14.Jg. 2004
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Eine weitere Grundlage für die Hebung des Qualitätsniveaus der mikrobiologisch-diagnostischen Leistungen in
Deutschland war Ihre Tätigkeit als Leiter der DGHMKommission für Verfahrensrichtlinien. Die Publikation der
ersten Serie dieser Verfahrensrichtlinien haben Sie als
Herausgeber betreut und als Obmann zweier Arbeitsausschüsse inhaltlich und formal geprägt. Die Notwendigkeit
einer Aktualisierung und Erweiterung dieser Richtlinien,
die ich vor einigen Jahren dem damals amtierenden
DGHM-Vorstand nur mit Mühe verständlich machen
konnte, hat, vor allem durch den unermüdlichen Einsatz
des Kollegen Harald Mauch aus Berlin, zu der außerordentlich nützlichen Reihe der Qualitätsstandards in der
mikrobiologisch-infektiologischen Diagnostik (MiQ) geführt.
Lieber Herr Burkhardt, ich habe mit großem Bedauern von
Ihrer Gattin erfahren, dass sich Ihr Gesundheitszustand
seit Januar leider erheblich verschlechtert hat. Auch deshalb halte ich es für vordringlich, Ihnen den längst schuldigen Dank und die Anerkennung für Ihre großen Verdienste um die deutsche Hygiene und Medizinische Mikrobiologie öffentlich auszusprechen. Und wenn das schon
nicht durch die offiziellen Repräsentanten der einschlägigen Fachgremien geschieht, nehmen Sie bitte diesen Dank
von jemandem entgegen, der Sie wegen Ihrer beeindruckenden Fachkompetenz, Ihrer Kollegialität und Ihrer
Prinzipientreue immer außerordentlich geschätzt hat und
der sich gerne an viele Jahre vertrauensvoller Zusammenarbeit mit Ihnen und nie getrübter freundschaftlicher Kontakte zurückerinnert.
Die nachhaltigste Wirkung auf die Entwicklung der Medizinischen Mikrobiologie haben Sie, lieber Herr Burkhardt,
aber eindeutig durch Ihre Buchveröffentlichungen erzielt.
Neben einem englischsprachigen Laborhandbuch „Bacteriological and Serological Standard Methods of the Department of Medical Sciences“ der Thamasat Universität
Bangkok (1968) haben Sie zusammen mit Herrn Hallmann
1974 das Handbuch „Klinische Mikrobiologie“ (Thieme,
Stuttgart) verfasst und 1980 zusammen mit Herrn Steuer
„Infektionsprophylaxe im Krankenhaus“ (Thieme, Stuttgart) herausgegeben. Größte Verbreitung und einhellige
Anerkennung hat aber insbesondere das 1992 im ThiemeVerlag erschienene Handbuch „Mikrobiologische Diagnostik“ gefunden, dessen Vollständigkeit, Praxisbezug,
Fehlerarmut und Aktualität zum Erscheinungsdatum das
Buch bis heute zum unverzichtbaren Ratgeber in jedem
mikrobiologischen Laboratorium im deutschen Sprachraum gemacht haben. Ihre gar nicht hoch genug einzuschätzende Leistung, die Sie mit seiner Veröffentlichung
nach Überwindung vielfältiger Schwierigkeiten, mit dem
Verlag wie mit manchen Autoren, und nach Jahren mühevoller Arbeit erbracht haben, wird nicht zuletzt auch daran
kenntlich, dass sich bisher niemand gefunden hat, der
Fachkompetenz, Einsatzbereitschaft, Durchsetzungsvermögen und Selbstlosigkeit in einer Weise in sich vereint,
dass ein analoger Erfolg der längst fälligen Neuauflage mit
ausreichender Sicherheit gewährleistet wäre.
Ich wünsche Ihnen und Ihrer Gattin Kraft, um die Bürde
der Gebrechen tragen zu können, und grüße Sie herzlich,
auch in persönlicher Dankbarkeit,
stets Ihr
BEZUGSQUELLEN
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MIKROBIOLOGE 14.Jg. 2004
Klaus P. Schaal
TAGUNGSKALENDER
Baden-Baden: 04. bis 10. Juli 2004 – 31. Seminarkongress für ärztliche Fort- und Weiterbildung (MEDcongress).
Auskunft: MEDICA Deutsche Gesellschaft zur Förderung der Medizinischen Diagnostik e.V., Postfach 70 01 49, 70571 Stuttgart, Tel.: 0711 –
72 07 12-0, Fax: 0711 – 72 07 12-29, e-mail: [email protected],
website: http://www.mediacongress.de
Bangkok (Thailand): 11. bis 16. Juli 2004 – XV International AIDS
Conference.
Auskunft: IAS Conference Secretariat, e-mail: [email protected]
Quebec (Canada): 12. bis 14. Juli 2004 – 23rd Annual Scientific Meeting of the American Society for Virology.
Auskunft: Sidney E. Grossberg, Secretary-Treasurer, American Society
for Virology, Department of Microbiology and Molecular Genetics,
Medical Colledge of Wisconsin, 8701 Watertown Plank Road, Milwaukee, WI 53226-0509, USA, Fax: +1-414-456-6566, e-mail:
[email protected]
Lemgo: 14. bis 16. Juli 2004 – 4. Lemgoer Symposium „Schnellmethoden und Automatisierung in der Lebensmittel-Mikrobiologie“
Auskunft: Prof. Dr. Barbara Becke, Tel.: 05261 - 702296, Fax: 05261 702404, e-mail: [email protected]
ference „Advances against Aspergillosis“
Auskunft: Complete Conference Management, Tel.: 001 – 619 – 2996673, Fax: 001 – 619 – 299-6675, e-mail: [email protected],
website: http://www.advancesagainstaspergillos.org
Wildbad Kreuth: 22. bis 24. Juli 2004 – 1. EHEC Workshop
Auskunft: Dr. U. Busch, Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Tel.: 089 – 31 560 234, e-mail: [email protected]
Münster: 26. bis 29. September 2004 – 56. DGHM-Tagung
Auskunft: , Tel.: , Fax: , e-mail: @, website: http://www.dghm.org
Würzburg: 25. bis 28. Juli 2004 – Leopoldina International Symposium „Threat of Infection“ – Microbes of high pathogenic potentialstrategies for detection, control and eradication.
Auskunft: Prof. Dr. Juttas Schnitzer-Ungefug, Deutsche Akademie der
Naturforscher Leopoldina, Postfach 11 05 43, 06019 Halle, Tel.: 0345 –
472 3911/12, Fax: 0345 – 472 3719, e-mail: [email protected]
Bonn: 06. bis 09. September 2004 – 17. Internationales Symposium
für Reinraumtechnik
Auskunft: VDI KundenCenter, Postfach 10 11 39, 40002 Düsseldorf,
Tel.: 0211 – 6214-650, Fax: 0211 – 6214-575, e-mail:
[email protected], website: http://www.icccs2004.de
San Francisco (USA): 9. bis 11. September 2004 – International Con-
Friedrichshafen: 01. bis 02. Oktober 2004 – 41. Kongress der Südwestdeutschen Gesellschft für Innere Medizin.
Auskunft: MedCongress GmbH, Postfach 70 01 49, 70571 Stuttgart, Tel.:
0711 – 72 07 12-0, Fax: 0711 – 72 07 12-29, e-mail:
[email protected], website: http://www.mediacongress.de
Charleston (South Carolina/USA): 24. bis 27. Oktober 2004 – 11th
International Symposium on Staphylococci and Staphylococcal
Infections.
Auskunft: website: http://www.uemeded.com/event/839919370420
Washington DC (USA): 30. Oktober bis 2. November 2004 – 44th
Interscience Conference on Antimicrobial Agents and Chemotherapy
(ICAAC).
Auskunft: ASM, 1752 N Street, NW, Washington, DC 20036-2904,
USA, website: http://www.icaac.org
BERUFSVERBAND DER ÄRZTE FÜR MIKROBIOLOGIE UND INFEKTIONSEPIDEMIOLOGIE E.V.
Bundesvorsitzender: Prof. Dr. med. H. K. Geiss, Hygieneinstitut der Universität, MUA, Im Neuenheimer Feld 324,
69120 Heidelberg, Tel.: 06221 - 568317, Fax: 06221 - 563688, e-mail: [email protected]
Stellv. Vorsitzende: Prof. Dr. med. Gottfried Mauff, Laborärztliche Gemeinschaftspraxis, Dr. Kramer und Kollegen,
Lauenburger Strasse 67, 21502 Geesthacht, Tel. 04152 – 803 147, Fax: 04152 – 803 347, e-mail:
[email protected]
Prof. Dr. med. Dieter Neumann-Haefelin, Institut für Med. Mikrobiologie und Hygiene, Abteilung
Virologie, Hermann-Herder-Str. 11, 79008 Freiburg, Tel.: 0761/203-6600,-6601, Fax: 0761/2036626, email: [email protected]
Schriftführerin:
Dr. med. Waltraud Römmler, Gemeinschaftspraxis Dr. I. Kragenings, Dr. W. Römmler und Koll.,
Sonnenstraße 19, 80331 München, Tel.: 089 - 55 143-0, Fax: 089 - 55 143-240
e-mail: [email protected]
Schatzmeister:
Dr. med. Dr. rer. nat. A. Hartinger, Institut für Med. Mikrobiologie und Immunologie, Städt. Krankenhaus München-Harlaching, Sanatoriumsplatz 2, 81545 München, Tel.: 089 - 6210 2480, Fax:
089 - 6210 3024, e-mail: [email protected]
Impressum:
Herausgeber:
DER MIKROBIOLOGE
Berufsverband der Ärzte für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie e.V.
Bundesvorsitzender: Prof. Dr. med. H. K. Geiss, Hygieneinstitut der Universität, MUA, Im Neuenheimer Feld 324, 69120 Heidelberg, Tel.: 06221 - 568317, Fax: 06221 - 563688, e-mail:
[email protected]
Schriftleiter:
Prof. Dr. F.- B. Spencker, Scheffelstraße 31a, 04277 Leipzig, Tel.: 0341 - 3012523, Fax: 0341 3081640, e-mail: [email protected]
Redaktionsmitglieder: Dr. med. Frank Berthold, Frankfurt/Oder; Prof. Dr. med. Holger Blenk, Fürth; Prof. Dr. med. vet.
Roswitha Füssle, Gießen; Dr. med. Dr. rer. nat. Anton Hartinger, München; Prof. Dr. med. Manfred
Kist, Freiburg; Dr. med. Eberhard Kniehl, Karlsruhe; Dr. med. Paul C. Lück, Dresden; Prof. Dr.
med. Axel Schmidt, Witten/Herdecke
Verlagsservice:
Büro-, Verlags- und Tagungsservice Dagmar Strebel, Belfortstraße 10, 76133 Karlsruhe
Tel.: 0721 - 920 3436, Fax: 0721 - 920 3437, e-mail: [email protected]
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Erscheinungsweise: Zweimonatlich (6 Hefte jährlich)
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Bestellungen:
Büro-, Verlags- und Tagungsservice Dagmar Strebel, Belfortstraße 10, 76133 Karlsruhe
Fax: 0721 - 920 3437, e-mail: [email protected]
Das Abonnement verlängert sich jeweils um ein Jahr, sofern nicht eine Abbestellung bis zum
30. September des laufenden Jahres erfolgt.
ISSN 0943-674X
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