Die Schlacht bei Cannae - Grundschulmaterial

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Die Schlacht bei Cannae
(Livius, XXII, 45-49)
Während die Zeit mehr mit Streitereien als mit Beratungen verging, ließ Hannibal sein
Heer bis weit in den Tag hinein in Schlachtordnung aufgestellt stehen. Dann nahm er seine
Truppen wieder ins Lager zurück und ließ lediglich die Numider über den Fluss gehen, um
die Wasserholer aus dem kleinen Lager der Römer anzugreifen. Als sie den ungeordneten
Haufen, kaum dass sie am Ufer erschienen waren, auch schon durch ihr Geschrei und das
Durcheinander, das sie anrichteten, verjagt hatten, sprengten sie gleich bis an die vor dem
Walle aufgestellten Posten und fast bis unmittelbar an die Tore heran. Dass durch eine eilig
zusammengeraffte Hilfstruppe sogar schon das römische Lager in Unruhe versetzt wurde,
fanden die Römer so empörend, dass sie unverzüglich den Fluss überschritten und sich zur
Schlacht gestellt hätten, wäre an diesem Tage nicht Paulus der Oberbefehlshaber
gewesen. Daher gab am folgenden Tage Varro, dem durch das Los für diesen Tag das
Kommando zugefallen war, das Zeichen zur Schlacht, ohne seinen Kollegen zu Rate zu
ziehen, und führte die in Schlachtordnung aufgestellten Truppen über den Fluss; Paulus
folgte, weil er dem Entschluss des Oberbefehlshabers eher seine Zustimmung als seine
Unterstützung versagen konnte. Nach dem Übergang über den Fluss zogen sie auch die
Truppen an sich, die sie im kleinen Lager gehabt hatten, und bauten ihre Schlachtreihe so
auf, dass sie auf dem rechten Flügel - der näher am Fluss stand - die römische Reiterei,
anschließend das Fußvolk aufstellten. Auf dem äußersten linken Flügel stand die Reiterei
der Bundesgenossen, weiter nach der Mitte zu ihr Fußvolk, das sich ungefähr im Zentrum
an die römischen Legionen anschloss; aus den Speerschützen der restlichen leicht
bewaffneten Hilfstruppen wurde das erste Treffen gebildet. Die Konsuln befehligten die
Flügel, Terentius den linken, Aemilius den rechten. Geminus Servilius übertrugen sie die
Leitung der Schlacht im Zentrum.
Hannibal ging im Morgengrauen über den Fluss, nachdem er die Baliaren (Balearen) und
die übrigen Leicht bewaffneten vorausgeschickt hatte. Er stellte seine Truppen so auf, wie
er sie hinübergeführt hatte, die gallischen und spanischen Reiter in der Nähe des Flusses
auf dem linken Flügel, der römischen Reiterei gegenüber; der numidischen Reiterei wies er
den rechten Flügel zu, nachdem er durch das Fußvolk ein festes Zentrum aufgebaut hatte,
und zwar so, dass beide Flügel aus Afrikanern bestanden, zwischen die als Kernstück die
Gallier und Spanier eingeschoben wurden. Die Afrikaner hätte man für die römische
Schlachtreihe halten können, so waren sie bewaffnet mit den Waffen, die sie schon an der
Trebia und größtenteils am Trasimenischen See erbeutet hatten. Die Schilde der Gallier
und Spanier hatten fast die gleiche Form, ihre Schwerter hingegen waren ungleich und
verschieden, die gallischen überlang und ohne Spitzen, die der Spanier, die auf ihre
Gegner mehr einzustechen als einzuhauen
pflegen, kurz und handlich und mit einer Spitze versehen. Stärker als bei allen anderen
wirkte das Äußere dieser Völker Schrecken erregend, einmal infolge ihrer Körpergröße,
zum anderen durch ihren Aufzug: die Gallier waren oberhalb des Bauchnabels nackt; die
Spanier waren in purpurbesetzten Leinentuniken angetreten, die in reinstem Weiß
erstrahlten. Die Stärke des gesamten Fußvolkes, das in der Schlachtreihe stand, belief sich
auf 40 000 Mann, die der Reiterei auf 10 000. Der Kommandeur des linken Flügels war
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Hasdrubal, der des rechten Maharbal; das Zentrum befehligte Hannibal selbst mit seinem
Bruder Mago. Da die Römer absichtlich oder durch Zufall mit der Front nach Süden, die
Karthager nach Norden standen, bekamen sie die Sonne von der Seite, was für beide
Parteien gleich günstig war; der Wind, der sich erhob - die Einheimischen nennen ihn
Volturnus -, blies den Römern direkt ins Gesicht, wehte ihnen viel Sand in die Augen und
nahm ihnen die Sicht.
Nachdem man das Kampfgeschrei erhoben hatte, brachen die Hilfstruppen vor, und die
Schlacht eröffneten zuerst die Leicht bewaffneten; danach prallte der linke Flügel der
gallischen und spanischen Reiter mit dem rechten Flügel der Römer zusammen, doch sah
der Kampf einem Reitergefecht ganz unähnlich; die Reiter mussten nämlich frontal
angreifen, da auf beiden Seiten für eine ausholende Bewegung kein Platz war, denn auf
der einen Seite war ihre Bewegungsfreiheit durch den Fluss, auf der anderen durch die
Linie des Fußvolkes eingeschränkt. So stürmten beide geradeaus vor, und als die Pferde
endlich nicht mehr von der Stelle kamen und zu einem Knäuel zusammengedrängt waren,
umklammerte ein Mann den anderen und zog ihn vom Pferde. Schon hatte sich das
Gefecht größtenteils in einen Kampf zu Fuß verwandelt; doch kämpfte man mehr mit
Erbitterung als mit Ausdauer, und schließlich wandten sich die geschlagenen römischen
Reiter zur Flucht. Gegen Ende des Reitergefechts begann die Schlacht des Fußvolkes.
Anfangs trotzten die Reihen der Gallier und Spanier den Angreifern, da die Stärke der
Streitkräfte und der Kampfgeist sich auf beiden Seiten die Waage hielten; aber schließlich
drängten die Römer nach längeren, wiederholten Anstrengungen in gerader Front und dicht
aufgeschlossener Schlachtreihe den feindlichen Keil zurück, der, zu schwach und darum
nicht widerstandsfähig genug, aus der übrigen Schlachtlinie herausragte. Sie blieben den
geschlagenen und sich in Hast zurückziehenden Truppen hart auf den Fersen und drangen
in einem Zuge zuerst durch den Strom der Hals über Kopf fliehenden Truppen hindurch
mitten in die feindliche Schlachtordnung ein und stießen schließlich, ohne Widerstand zu
finden, bis zum Hintertreffen der Afrikaner vor, die links und rechts, die Flügel zurückgebogen, Aufstellung genommen hatten - während das Zentrum, in dem die Gallier und
Spanier gestanden hatten, ein gutes Stück herausgeragt hatte. Als der geschlagene Keil
zuerst die Front begradigte, danach durch das Nachdrängen der Römer im Zentrum sogar
eine Einbuchtung entstand, hatten die Afrikaner bereits auf beiden Seiten spitze Stoßkeile
gebildet und die Flügel der Römer, die unvorsichtig in das Zentrum stürzten, in die Zange
genommen und kurz darauf durch Auseinanderziehung der Stoßkeile den Feind auch vom
Rücken her eingeschlossen. Nun ließen die Römer von den Galliern und Spaniern, in deren
Rücken sie schon eingehauen hatten, ab und begannen, kaum dass sie eine Schlacht,
ohne den geringsten Vorteil errungen zu haben, durchgestanden hatten, gegen die
Afrikaner ein neues, ungleiches Treffen, nicht nur deshalb, weil nun eingekesselte Truppen
gegen sie umklammert haltende Einheiten kämpfen mussten, sondern auch, weil
abgekämpfte Verbände gegen frische und kampfkräftige Truppen standen.
Auch auf dem linken Flügel, wo die Reiterei der Bundesgenossen den Numidern
gegenüberstand, waren die Römer schon in Gefechtsberührung gekommen, doch kam der
Kampf zuerst nur langsam in Gang und wurde gleich mit einer punischen Hinterlist eröffnet.
Etwa 500 Numider, die außer den üblichen Angriffs- und Verteidigungswaffen unter ihren
Panzern Schwerter versteckt hatten, kamen als Überläufer getarnt, die Schilde auf dem
Rücken haltend, von ihrer Seite her angesprengt, sprangen schnell von den Pferden,
warfen ihre Schilde und Wurfspieße den Feinden zu Füßen und wurden daraufhin in die
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römische Schlachtreihe eingelassen und hinter die Front gebracht mit dem Befehle, hinten
zu bleiben. Bis die Schlacht an allen Stellen begann, verhielten sie sich ruhig; als aber alle
ihr ganzes Sinnen und Trachten nur noch auf den Kampf richteten, hoben sie rasch die
Schilde auf, die überall zwischen den Haufen der Erschlagenen verstreut lagen, und griffen
die Schlachtreihe der Römer von hinten an, trafen sie im Rücken, hieben ihnen in die
Kniekehlen und vollbrachten so ein gewaltiges Gemetzel; aber noch größer war die Angst
und die Verwirrung, die sie anrichteten. Während in einigen Kampfabschnitten Schrecken
und Flucht herrschten, in anderen der Kampf, obwohl nur noch geringe Aussichten
bestanden, hartnäckig fortgesetzt wurde, zog Hasdrubal, der in diesem Abschnitt
kommandierte, die Numider aus dem Mitteltreffen heraus, weil sie den Kampf mit dem
Gegner ohne Elan führten, und setzte sie auf die Verfolgung der allenthalben Fliehenden
an; das spanische und das gallische Fußvolk ließ er sich den Afrikanern anschließen, die
das Gemetzel beinahe mehr als der Kampf ermüdet hatte.
Auf der anderen Seite des Schlachtfeldes trat Paulus, obwohl er gleich zu Beginn des
eigentlichen Kampfes von einer Schleuderkugel schwer getroffen worden war, Hannibal
mehrfach mit massierten Truppenverbänden entgegen und stellte an einigen Stellen das
Treffen wieder her. Dabei wurde er von der römischen Reiterei gedeckt, die zuletzt ihre
Pferde stehen ließ, weil der Konsul selbst um sein Pferd zu lenken zu schwach wurde. Zu
dem Melder, der die Nachricht brachte, der Konsul habe die Reiter absitzen lassen, soll
Hannibal gesagt haben: „Noch lieber wäre mir, wenn er sie mir gleich gefesselt brächte."
Das Gefecht der Reiter zu Fuß nahm den üblichen Verlauf eines Kampfes, in dem an dem
Sieg der Feinde schon nicht mehr zu rütteln ist. Die Besiegten wollten lieber auf der Stelle
sterben als die Flucht ergreifen, während die Sieger in ihrer Wut über die, die ihren Sieg
noch verzögerten, alles niedermachten, was sie nicht zurücktreiben konnten. Doch endlich
brachten sie auch die wenigen, die, von Anstrengungen und Wunden ermattet, noch übrig
waren, zum Weichen; und nun zerstreuten sich alle, und wer konnte, suchte wieder zu
seinem Pferd zu kommen, um die Flucht zu ergreifen.
Als der Militärtribun Cnaeus Lentulus im Vorüberreiten den Konsul blutverschmiert auf
einem Steine sitzen sah, sagte er: „Lucius Aemilius, den als den einzigen Unschuldigen an
der heutigen Niederlage die Götter nicht im Stich lassen sollten, nimm das Pferd hier,
solange deine Kräfte noch ausreichen und ich als Begleiter dich hinaufheben und schützen kann. Lass diese Schlacht nicht durch den Tod eines Konsuls zu
einem schwarzen Tag werden. Es gibt auch so schon Tränen und Trauer genug!" Darauf
antwortete der Konsul: „Deine Tapferkeit in Ehren, Cnaeus Lentulus! Aber sieh dich vor,
dass du das bisschen Zeit, das dir noch bleibt, um den Händen der Feinde zu entkommen,
nicht mit nutzlosem Mitleid verbringst. Mach dich fort, bringe den Senatoren von Amts
wegen die Botschaft, sie sollen die römische Hauptstadt in Verteidigungsbereitschaft
setzen und, noch bevor der siegreiche Feind erscheint, durch Truppen sichern; und sage
dem Quintus Fabius von mir persönlich, Lucius Aemilius sei seinen Anweisungen im Leben
wie im Tode treu geblieben. Mich lass hier unter meinen gefallenen Soldaten mein Leben
beschließen, damit ich nicht womöglich nach meinem zweiten Konsulat als Angeklagter
dastehe oder als Ankläger gegen meinen Kollegen auftreten muss, um durch die Anklage
eines anderen meine Schuldlosigkeit zu wahren." Als sie eben ihr Gespräch beendet
hatten, überrannte sie zuerst ein Haufe fliehender Römer, dann die Feinde, die den Konsul,
ohne zu wissen, wen sie vor sich hatten, mit einem Pfeilhagel überschütteten; Lentulus
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entriss in dem Durcheinander sein Pferd der Gefahr. Jetzt erfasste die Flucht das ganze
Heer.
7000 Mann flohen in das kleine, 10 000 in das große Lager, an die 2000 in das Dorf
Cannae selbst; diese wurden sofort von Carthalo und seinen Reitern in das Dorf
eingeschlossen, das keinerlei Verteidigungsanlagen schützten. Der andere Konsul, der sich
zufällig oder absichtlich keinem der Flüchtlingszüge angeschlossen hatte, erreichte mit
etwa 50 Reitern Venusia. Es verlautet, dass 45 500 Fußsoldaten, 2700 Reiter, etwa
gleichviel Bürger wie Bundesgenossen, gefallen sind; darunter beide Quästoren der
Konsuln, Lucius Atilius und Lucius Furius Bibaculus, und 29 Militärtribunen, einige
gewesene Konsuln, Prätoren und Ädilen - unter ihnen Cnaeus Servilius Geminus und
Marcus Minucius, der im Jahre vorher Reiteroberst und einige Jahre zuvor Konsul gewesen
war -, ferner 80 Senatoren oder Männer, die bereits die Magistraturen bekleidet hatten, die
zum Eintritt in den Senat berechtigen, und in den Legionen freiwillig Dienst taten. Die Zahl
der in dieser Schlacht in Gefangenschaft geratenen Soldaten wird mit 3000 Mann zu Fuß
und 1500 Mann zu Pferde angegeben.
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