Wahrnehmung 10.02.2017 Prof. Dr. Kerstin Dietzel Gliederung 1. 2. 3. 4. Was ist Wahrnehmung? Mit allen Sinnen … Wie nehmen wir wahr? Wahrnehmungsstörung „Messung“ der Wahrnehmungsverarbeitung am Bsp. Rohrschachtest 5. Möglichkeiten der Manipulation und Beeinflussung der Wahrnehmung 1. Was ist Wahrnehmung? Definition der Wahrnehmung Rohracher (1971): „unsere Sinnesorgane erzeugen in uns Empfindungen, die sich mit den bisherigen Erfahrungen zu Wahrnehmungen verbinden, aus denen sich unsere Außenwelt aufbaut.“ Cassels & Green (1995): „impliziert Wahrnehmung die Aufnahme von Informationen über unsere Sinne sowie die anschließende Verarbeitung dieser Information zu inhaltlich bedeutsamen und sinnhaften Sachverhalten“ Wahrnehmung ist: • der Schlüssel zur Welt (tradiert: Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Fühlen; neu Gleichgewichtssinn, Heiß-kalt, Schmerzempfinden) • Albertz (1997) betont die Kluft zwischen naturwissenschaftlicher Betrachtung der Wahrnehmungsprozesse und subjektiver Empfindungen • ein Ordnungsprinzip, welches den zuströmenden Reizen Zusammenhänge verleiht und getrennten Elementen eine sinnvolle Einheit verleiht Reize und Rezeptoren der menschlichen Sinne Zimbardo 1992) Sinn Reiz Sinneskanal Sehen Lichtwellen Auge Hören Schallwellen Ohr Haut Äußerer Kontakt Haut Geruch Geruchstragend Nase Geschmack Lösliche Substanz Zunge Körperbewegung Mechan. Energie Nervenenden Gleichgewicht Mechan. Kraft Muskeln Empfindung (vg. Reize und Rezeptoren der menschlichen Sinne Zimbardo 1992) Sinn Reiz Sinneskanal Empfindung Sehen Lichtwellen Auge Farben, Muster, Texturen Hören Schallwellen Ohr Geräusche, Töne Haut Äußerer Kontakt Haut Berührung, Schmerz, Wärme ... Geruch Geruchstragend Nase Düfte Geschmack Lösliche Substanz Zunge Geschmacksempfindungen Körperbewegung Mechan. Energie Nervenenden Orientierung, Druck, Schmerz Gleichgewicht Mechan. Kraft Muskeln Bewegung im Raum (vg. 2. Mit allen Sinnen … wie nehmen wir wahr? Bei In einem Augenblick: -> 100 Mio Empfindungen von Lichtquellen unserer Umwelt wird über die Netzhaut unserer Augen zum Gehirn weitergeleitet -> Gleichzeitig Empfindungen von Lauten, Geschmack, Geruch … sowie Bedürfnisse, Erfahrungen -> Informationen werden analysiert, organisiert und integriert und führen zu Entscheidungen -> Man schätzt, dass etwa 5 solcher „Entscheidungsbefehle“ innerhalb einer Sekunde vom Gehirn an unsere Muskeln weitergegeben werden. -> Automatisierung der Prozesse, physiologische und psychologische Prozesse funktionieren oft mühelos und „unbewusst“ und sind manchmal trügerisch, z.B. bei optischen Täuschungen Wahrnehmungsprozess Komprimieren, Selektieren, Ordnen Empfindung: • Von einer Reizquelle ausgehend wird physikalische Energie (Licht/ Schallwellen) umgewandelt in neutrale Aktivität der Gehirnzellen Wahrnehmung: • Es wird eine innere Repräsentation des äußeren Reizes vorgenommen, Gehirnprozesse organisieren und modifizieren Informationen (III) Klassifizierung: • Die Eigenschaften des Wahrgenommenen werden in vertraute Kategorien eingeordnet (rund = Apfel, Münze etc. oder III = H, F ), oder in fremde Wahrnehmung - Theorien Figur-Grund-Wahrnehmung Um die Reize bei der Flächenbetrachtung voneinander zu unterscheiden, scheinen wir eine Differenzierung in Figuren vor einem Hintergrund vorzunehmen. Wir sehen also nicht ungeordnete Flächen unterschiedlicher Färbung, sondern können Objekte und Formen unterscheiden. Wahrnehmungsprozess - Theorien Gestalttheorien Ehrenfels (1890), Wertheimer: Das Ganze ist mehr als die Summer seiner Teile. Erst die Gestalt bestimmt, was ein Detail bedeutet. a) OOOOO OOOOO OOOOO a) Gesetz der Nähe b) XOXOXO OXOXOX XXOOOX (näher zusammenliegende Elemente werden als zusammengehörige Gestalt erfasst) b) Gesetz der Ähnlichkeit (es werden die Elemente zusammen interpretiert, die die sich ähnlich sind) c) Gesetz der Geschlossenheit (geschlossene Figuren werden zusammengehörig interpretiert) c) Wahrnehmung - Theorien Mustererkennungstheorie Der Mensch ist befähigt, verschiedene Muster als Vertreter eines Objektes zu erkennen. K K K K K K Wahrnehmung - Theorien Perceptual Set Set als Zusammenwirken von Einstellungen und Erwartungen (Entdecken von Bekanntem, Motivation, Erfahrungen, kultureller Einfluss, Instruktion) 3. Wahrnehmungsstörungen AVWS (Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung) Form: Hörstörung Bei Kindern und Erwachsenen mit AVWS liegt eine Störung der Hörverarbeitung zwischen dem Innenohr und dem Gehirn vor. Die "Ohren" hören genauso gut, wie die eines Normalhörenden, allerdings werden die akustischen Impulse nicht korrekt an das Gehirn weitergeleitet. Auswirkungen: Kinder und Erwachsene mit AVWS haben Schwierigkeiten ... • sich in lauten, geräuschvollen Situationen auf das Hören zu konzentrieren • Straßenlärm, Husten, ein heruntergefallener Bleistift überlagert die Stimme der Eltern oder des Pädagogen • gesprochene Sprache aus dem Störlärm herauszufiltern • bei rein auditiv gestellten Aufgaben ermüden sie schnell • sie können die Richtung aus der ein Geräusch kommt nicht richtig zuordnen • Lautsprecheransagen an Flughäfen und Bahnhöfen werden nicht verstanden (http://www.avws.info/was_ist_avws.html) 4. „Messung“ der Wahrnehmung/Rorschachtest http://www.psych.usyd.edu.au/psyche/rorschach/ror1.JPG Den Rorschachtest (benannt nach Hermann Rorschach) untersucht die Persönlichkeit und Störungen des psychologischen Zustands eines Menschen. Tintenflecke (Tintenkleckse) unverständlicher Formen rufen unterschiedliche Assoziationen hervor, auf deren Grundlage man den psychischen Zustand eines Menschen ermittelt. 5. Möglichkeiten der Manipulation und Beeinflussung der Wahrnehmung Werbung – Initiierung von Bedürfnissen Medien – „Gute“ Darstellung Selbst – Was will ich sehen? Die Dokumentarische Methode als Bildinterpretationsverfahren 1. Formulierende Interpretation: a) Vorikonographische Ebene: Bildvordergrund, Bildhintergrund b) Ikonographische Elemente 2. Reflektierende Interpretation: a) Formale Komposition: Planimetrische Komposition, Szenische, Choreographie, Perspektivische Projektion b) Ikonische Interpretation: Bildbzw. Markenlogo Werbung Bildjournalismus