Internationales Vertriebsmanagement für Industriegüter - Handlungsimplikationen aus dem Blickwinkel internationaler Tochtergesellschaften und Vertretungen DISSERTATION der Universität St. Gallen, Hochschule für Wirtschafts-, Rechts- und Sozialwissenschaften (HSG) zur Erlangung der Würde eines Doktors der Wirtschaftswissenschaften vorgelegt von Christian Schmitz aus Deutschland Genehmigt auf Antrag der Herren Prof. Dr. Christian Belz und Prof. Dr. Torsten Tomczak Dissertation Nr. 3109 Lithofactory, Bonn 2005 Die Universität St.Gallen, Hochschule für Wirtschafts-, Rechtsund Sozialwissenschaften (HSG), gestattet hiermit die Drucklegung der vorliegenden Dissertation, ohne damit zu den darin ausgesprochenen Anschauungen Stellung zu nehmen. St. Gallen, den 30. Juni 2005 Der Rektor: Prof. Ernst Mohr, PhD Meinen Eltern Bernhard und Hedwig Schmitz Vorwort Internationale Vertriebspartner erzielen für Industriegüterhersteller heutzutage häufig mehr als 90 Prozent des jährlichen Umsatzes. Die Professionalität, die Motivation und die Zufriedenheit der Vertriebspartner vor Ort sind deshalb für Herstellerunternehmen von entscheidender Bedeutung. Angesichts verschärfter internationaler Wettbewerbsbedingungen und der zunehmenden Professionalität in der Einkaufsorganisation der Kunden stehen die Flexibilität und Reaktionsgeschwindigkeit der Anbieter in besonderem Masse auf dem Prüfstand. Die vorliegende Dissertation untersucht, welche Strategien und Massnahmen Herstellern zur Verfügung stehen, um die interne Zusammenarbeit in der Vertriebsorganisation zu gestalten. Dazu wurden Komponenten, Wirkungen und Determinanten der „Channel Member Satisfaction“ analysiert. Die Arbeit setzt an einem konkreten Problem der betriebswirtschaftlichen Praxis an und versucht dieses mit Hilfe wissenschaftlicher Theorien und Methoden zu erklären sowie Ansätze zu dessen Lösung zu entwickeln. Damit wurde dem realitätsorientierten Forschungsansatz gefolgt, der fordert, eine Brücke zwischen „praktischer Relevanz“ und „wissenschaftlicher Rigourness“ zu schlagen. Das vorliegende Werk wurde im Juni 2005 als Dissertation an der Universität St.Gallen angenommen und entstand in meiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Marketing und Handel. Mein aufrichtiger Dank gilt einer Reihe von Personen, die einen unmittelbaren Beitrag zu dieser Arbeit geleistet und mich unterstützt haben. Meinem Doktorvater Professor Dr. Christian Belz danke ich sehr für die wertvolle fachliche Unterstützung und seine stets positive, motivierende und konstruktive Zusammenarbeit während der letzten drei Jahre, die ich am Institut für Marketing und Handel verbracht habe. Durch seine fortwährende Beharrlichkeit in der Frage nach der Praxisrelevanz hat er mich zu vielen Überlegungen angeregt, die die gesamte Konzeption meiner Arbeit sowie die Wahl von Methoden beeinflusst haben. Ebenso bedanke ich mich bei Professor Dr. Torsten Tomczak für die Übernahme des Korreferates und das von ihm geprägte, ausgesprochen angenehme Arbeitsumfeld am Institut. Mein Dank gilt weiterhin den Professoren Bernard J. Jaworski (University of Southern California, Los Angeles; Head Markets Chair der Monitor Group) und Robert W. Ruekert (University of Minnesota) für wertvolle Hinweise. Ohne die inhaltliche und finanzielle Unterstützung durch Partner aus der Unternehmenspraxis wäre die Durchführung des vorliegenden Projektes nicht in dieser Form möglich gewesen. Für besondere Beiträge danke ich an dieser Stelle stellvertretend für viele andere Herrn Michael Lappas (BASF AG), Herrn Martin Vogler (Leica Microsystems AG), Herrn Klaus Aarestrup (Gallus Ferd. Rüesch AG), Dr. Robert Sum (Nanosurf AG) und Dr. Loris Scandella (Nanosurf AG). Ebenso danke ich meinen Kollegen am Institut für Marketing und Handel. Dr. Dirk Zupancic danke ich für den grossen Spielraum den er mir in den letzten beiden Jahren für die Umsetzung eigener Ideen und Projekte gewährte. Für die Unterstützung bei Experteninterviews und quantitativen Erhebungen danke ich meinen studentischen Mitarbeitern Herrn Flavio Pellegrini und Frau Julia Bächli. In der ersten Zeit am Institut haben mich meine Kollegen und Freunde Dr. des. Philipp Biermann und Dr. des. Dominik Pfeiffer durch regelmässige Forschungssitzungen und die gemeinsame Asienexkursion herausgefordert und damit einen entscheidenden Anstoss für das vorliegende Projekt gegeben. Darüber hinaus danke ich meinen Freunden und Kollegen Dr. des. Marc Cristofolini und Herrn Dipl.-Oec. Tim Oliver Brexendorf für die angenehme gemeinsame Zeit in St. Gallen und viele spannende Diskussionen. Und auch in den letzten wichtigen Monaten, Wochen und Tagen vor der Abgabe der vorliegenden Arbeit konnte ich auf ein verlässliches Team zurückgreifen, das mich trotz meiner ambitionierten Zeitvorgaben mit höchstem Einsatz beim „Feinschliff“ unterstützt hat. Dr. Michael Reinhold und Herrn Dipl.-Kfm. Daniel Wentzel danke ich für inhaltliche, konzeptionelle und methodische Hinweise. Meiner Tante, Frau StD Monika Schmitz und Herrn Johannes Wirthmüller danke ich für die ausgesprochen gründliche und ausdauernde Korrektur meines Manuskriptes. Mein grösster Dank gebührt den Menschen, die mir am nächsten stehen. Mein ganz besonderer Dank gilt dabei meiner lieben Freundin Doreen Huster. Denn sie hat mir trotz unserer räumlichen Distanz über drei Jahre hinweg den Rücken gestärkt und mir so vieles abgenommen. Meinen Eltern Bernhard und Hedwig Schmitz danke ich dafür, dass sie mich auf meinem bisherigen Lebensweg immer vorbehaltlos unterstützt und bestärkt haben. Ihnen widme ich diese Arbeit. St. Gallen, im Juli 2005 Christian Schmitz Inhaltsverzeichnis I Inhaltsverzeichnis Seite Abbildungsverzeichnis Tabellenverzeichnis VI X Fallbeispielverzeichnis XII Abkürzungsverzeichnis XIII 1 Ausgangslage, Zielsetzung und Aufbau 1 1.1 Ausgangslage im internationalen Industriegütervertrieb 1 1.2 Status Quo bei Vertriebspartnern und Herstellern 1.2.1 Vertriebspartner in vielfältigen Bereichen unzufrieden 1.2.2 Defizite und mangelnde Motivation von Herstellern 3 3 4 1.3 Zielsetzung und Forschungsfragen 6 1.4 Aufbau der Arbeit 7 2 Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 9 2.1 Erläuterung, Abgrenzung und Definition von Begriffen 2.1.1 Internationaler Vertrieb von Industriegütern 2.1.2 Vertriebspartner als dezentrale Aufgabenträger 2.1.3 Zentrale für länderübergreifende Koordination und Unterstützung 9 9 12 15 2.2 Forschungsansatz und theoretische Perspektive 2.2.1 Realitätsorientierter Forschungsansatz 2.2.2 Situativer Ansatz als theoretische Perspektive 17 17 18 2.3 Wissenschaftliche Beiträge benachbarter Forschungsgebiete 2.3.1 Internes und vertikales Marketing im Vertriebssystem 2.3.2 Zufriedenheits- und Konfliktforschung in Distributionskanälen 2.3.3 Organisationale und personelle Interaktionsansätze 2.3.4 Internationales Vertriebs- und Marketingmanagement 2.3.5 Zwischenfazit: Zusammenfassung und Einordnung 20 21 25 29 31 32 2.4 Ergänzende Methoden im Forschungsprozess 2.4.1 Stufenweise Kombination qualitativer und quantitativer Methoden 2.4.2 Details zu den Phasen des Forschungsprozesses 2.4.2.1 Exploration und Forschungskonzept als Ausgangspunkte 2.4.2.2 Quantitativ-empirische Studie ermöglicht Induktion 2.4.2.3 Qualitative Durchdringung durch Fallstudien 34 34 37 37 39 46 II 3 Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 3.1 Wirkungen ungenügender Zusammenarbeit auf Ziele im Vertrieb 3.1.1 Wirtschaftliche, effektivitäts- und potenzialbezogene Vertriebsziele 3.1.2 Art und Ausmass von Wirkungen auf die verschiedenen Ziele 3.2 Kausalbeziehung von Einstellung, Verhalten und Erfolg der Vertriebspartner 3.2.1 Hypothesen zu Einstellung, Verkaufsleistung und Markterfolg 3.2.2 Methodischer Exkurs zur Kovarianzstrukturanalyse 3.2.2.1 Mess- und Strukturmodell der Kovarianzstrukturanalyse 3.2.2.2 Konzeptualisierung, Operationalisierung und Konstruktmessung 3.2.3 Ergebnisse der Parameterschätzung und Interpretation 3.3 Fallstudie LEICA: Zufriedenheit, Zeitverwendung und Markterfolg 49 49 49 51 56 56 60 60 63 68 72 4 Die lokale Situation und ihre Einschätzung durch Hersteller und Vertriebspartner 78 4.1 Die lokale Situation und ihre Kontextfaktoren 4.1.1 Umwelt und Vertriebssystem als externe und interne Komponenten 4.1.2 Systemexterne Kontextfaktoren der lokalen Situation 4.1.2.1 Fremdheitsgrad und Dynamik des allgemeinen Umfelds 4.1.2.2 Anforderungen von Kunden und Wettbewerb 4.1.3 Systeminterne Kontextfaktoren der lokalen Situation 4.1.3.1 Spezifische Eigenschaften der Herstellerorganisation 4.1.3.2 Merkmale der lokalen Vertriebsorganisation 4.1.3.3 Persönlichkeit des lokalen Vertriebsmanagers 78 78 80 80 84 88 88 89 91 4.2 Differierende Einschätzungen der lokalen Situation 4.2.1 Unterbewertung der lokalen Situation durch Hersteller 4.2.2 Überbewertung der lokalen Situation durch Vertriebspartner 94 95 97 4.3 Zwischenfazit: Morphologie zur Diagnose der lokalen Situation 100 5 Dimensionen der Zusammenarbeit mit dem Hersteller und ihre Beurteilung 102 5.1 Konzeptionelle Ansätze zur Systematisierung der Zusammenarbeit 5.1.1 Austauschobjekte als Geschäftsgrundlage 5.1.2 Geschäftsprozesse als Abläufe der Interaktion 5.1.3 Transaktionsatmosphäre als soziale Ebene der Interaktion 102 102 103 106 5.2 Teilaspekte bei der Beurteilung der Zusammenarbeit in der Praxis 107 5.2.1 Vielschichtige Teilaspekte bei der Beurteilung durch Vertriebspartner107 5.2.2 Ergebnisse der Beurteilung Schweizer Industriegüterhersteller 110 Inhaltsverzeichnis III 5.3 Empirische Dimensionen der Beurteilung und ihre Kontextabhängigkeit 5.3.1 Empirische Analyse der Dimensionalität der Beurteilung 5.3.2 Inhaltliche Interpretation der ermittelten Beurteilungsdimensionen 5.3.2.1 Die „Produkt- und Leistungspolitik“ 5.3.2.2 Die „Zuverlässigkeit bei Abwicklung und Lieferung“ 5.3.2.3 Der „Marketing- und Verkaufssupport“ 5.3.2.4 Die „Finanziellen Konditionen“ 5.3.2.5 Die „Soziale Interaktion“ 5.3.2.6 Der „Umgang mit Kultur und Werten“ 5.3.2.7 Das „Informations- und Kommunikationsverhalten“ 5.3.3 Abhängigkeit der Beurteilungsdimensionen von lokalen Kontextfaktoren 5.3.3.1 Lokale Unsicherheit erschwert Vorgehen des Herstellers 5.3.3.2 Hohe Wettbewerbsintensität erfordert finanzielle Spielräume 5.3.3.3 Krisen des Herstellers setzen Vertriebspartner unter Druck 5.3.3.4 Grosse Vertriebspartner stellen höhere Ansprüche 5.3.3.5 Zunehmende Beziehungsdauer bringt Erleichterungen 124 126 128 130 131 133 5.4 Zwischenfazit: Spannungsfeld zwischen Situation und Vertriebsgestaltung 135 6 Ansatzpunkte, Prozess und situative Differenzierung der Vertriebsgestaltung 112 112 116 117 118 119 120 121 122 123 138 6.1 Überblick zu Ansätzen der Vertriebsgestaltung 138 6.2 Strategische Konfiguration der Vertriebsorganisation 6.2.1 Strategische Stellhebel der Konfiguration 6.2.2 Situative Differenzierung der Vertriebskonfiguration 6.2.2.1 Methodischer Exkurs zur moderierten Regression 6.2.2.2 Zentralisierung von Entscheidungen 6.2.2.3 Formalisierung von Strukturen, Abläufen und Regeln 6.2.2.4 Ergebnis- und Prozessorientierung von Führungsstilen 6.2.3 Zwischenfazit: Vertriebskonfiguration und situative Differenzierung 139 139 142 142 146 149 152 158 6.3 Operative Koordination und Unterstützung der Zusammenarbeit 6.3.1 Ansatzpunkte der operativen Vertriebsgestaltung 6.3.2 Ansatzpunkte der Koordination in zentralen Strukturen 6.3.2.1 Internationales Key-Account Management 6.3.2.2 Horizontale Koordination zwischen Geschäftsbereichen 6.3.2.3 Trennung von Koordination und Unterstützung 6.3.2.4 Honorierungssysteme für zentrale Einheiten 6.3.3 Ansatzpunkte der Koordination in vertikalen Strukturen 6.3.3.1 Regionalzentren statt weltweites Vorgehen 6.3.3.2 Verzahnung der Aufgaben des Personalwesens 159 159 162 162 167 171 173 174 174 177 IV 6.3.4 Koordination durch Organisation in Teams 6.3.4.1 Koordinations- und Planungsteams 6.3.4.2 Teamorganisation beim Neuproduktmanagement 6.3.4.3 Integrierte Kundenbetreuung durch Teams 6.3.5 Koordination durch Kultur und soziale Beziehungen 6.3.5.1 Informelle Netzwerke und persönliche Beziehungen 6.3.5.2 Kunden- und serviceorientierte Kultur in der Zentrale 6.3.6 Professionelle Unterstützung durch systematische Differenzierung 6.3.6.1 Segmentierung von Vertriebspartnern 6.3.6.2 Differenzierung nach der Beziehungsdauer 6.3.7 Unterstützung durch zentrale Ressourcen 6.3.7.1 Herstellersupport in Marketing und Vertrieb 6.3.7.2 Technische und betriebswirtschaftliche Weiterbildung 6.3.7.3 Interne Vereinbarungen, Verrechnungspreise und Garantien 6.3.7.4 Zentrale Professionalität und Ressourcenausstattung 6.3.8 Koordination und Unterstützung durch Information 6.3.8.1 Informationslieferung, -austausch und -versorgung 6.3.8.2 Einsatz von IT-Systemen und -Tools 6.3.9 Zwischenfazit: Empirische Ergebnisse zur operativen Vertriebsgestaltung 180 180 183 189 192 193 196 201 201 204 210 210 214 220 227 229 230 236 242 6.4 Prozess einer kontinuierlichen Verbesserung der Zusammenarbeit 6.4.1 Vierphasen-Prozess zur systematischen Verbesserung 6.4.1.1 „Diagnose“: Potenziale identifizieren 6.4.1.2 „Planung“: Massnahmen festlegen 6.4.1.3 „Umsetzung“: Informieren und mobilisieren 6.4.1.4 „Kontrolle“: Zeit- und Organisationsvergleiche 6.4.2 Zwischenfazit: Nachhaltigkeit durch systematisches Vorgehen 247 247 248 251 254 255 258 6.5 Fallstudien zur situativen Vertriebsgestaltung 6.5.1 Zielsetzung und Selektion der Fallstudien 6.5.2 Die Nanosurf AG: Vertriebsgestaltung im Kleinunternehmen 6.5.2.1 Ausgangslage bei Nanosurf 6.5.2.2 Diagnose der Zusammenarbeit 6.5.2.3 Planung und Umsetzung von Lösungen 6.5.2.3.1 Informationen zur Verkaufsunterstützung 6.5.2.3.2 Internetportal für Distributoren 6.5.2.3.3 Umgang mit technischen Spezialanfragen 6.5.2.3.4 Neukonzeption des Reportings 6.5.2.4 Kontrolle und weiteres Vorgehen 6.5.2.5 Zusammenfassung und Ausblick zur Fallstudie 6.5.3 Die Gallus Ferd. Rüesch AG: Vertriebsgestaltung im Mittelstand 6.5.3.1 Ausgangslage bei Gallus Ferd. Rüesch 6.5.3.2 Diagnose der Zusammenarbeit 6.5.3.3 Planung und Umsetzung von Lösungen 259 259 261 261 264 269 269 272 273 274 276 277 278 278 280 283 Inhaltsverzeichnis V 6.5.3.3.1 Bereitstellung von Marktinformationen 283 6.5.3.3.2 Veränderung von Margen und Transferpreisen 284 6.5.3.3.3 Finanzierungsprogramme für Kunden 285 6.5.3.4 Kontrolle und weiteres Vorgehen 285 6.5.3.5 Zusammenfassung und Ausblick zur Fallstudie 286 6.5.4 Die BASF AG: Vertriebsgestaltung im Grosskonzern 286 6.5.4.1 Ausgangslage bei BASF Fine Chemicals Europe 287 6.5.4.2 Diagnose der Zusammenarbeit 291 6.5.4.3 Planung und Umsetzung von Lösungen 292 6.5.4.3.1 Informationsaustausch von Innen- und Aussendienst292 6.5.4.3.2 Planungsgenauigkeit und Warenzuteilung 295 6.5.4.3.3 Beantwortung von Kundenanfragen 299 6.5.4.4 Kontrolle und weiteres Vorgehen 300 6.5.4.5 Zusammenfassung und Ausblick zur Fallstudie 301 6.5.5 Zwischenfazit: Situationsgerechte Differenzierung und beschränkte Handlungsspielräume 302 7 Schlussfolgerungen für Forschung und Praxis 308 7.1 Folgerungen für die betriebswirtschaftliche Forschung 7.1.1 Inhaltlicher, theoretischer und methodischer Erkenntnisbeitrag 7.1.2 Restriktionen der Untersuchung und weiterer Forschungsbedarf 308 308 313 7.2 Folgerungen für die internationale Vertriebspraxis 315 Literaturverzeichnis 324 Anhang 345 VI Abbildungsverzeichnis Seite Druck auf Hersteller rückt Potenziale des Vertriebs in den Vordergrund 2 Abbildung 1-2: Drei Frageblöcke des Dissertationsprojektes 6 Abbildung 1-3: Aufbau der Arbeit 8 Abbildung 2-1: Aufgabenträger und -inhalte im internationalen Industriegütervertrieb 9 Abbildung 1-1: Abbildung 2-2: Auslandsumsätze führender Schweizer Industriegüterhersteller 12 Abbildung 2-3: Aufgabenverteilung im Vertriebsprozess für Industriegüter 14 Abbildung 2-4: Aufgabenverteilung im Vertrieb am Beispiel Schweizer Hersteller 15 Konzept zur Korrespondenz von Situation und Organisationsstruktur 19 Internes und vertikales Marketing im Vertriebssystem des Herstellers 25 Beziehungen von Einstellung, Verhalten und Erfolg von Vertriebsmitarbeitern 27 Zusammenhang zwischen Konfliktniveau und Effizienz des Vertriebssystems 28 Interaktionsansatz und wesentliche Elemente 30 Abbildung 2-10: Die Forschungslücke zwischen benachbarten Forschungsgebieten 33 Abbildung 2-11: Forschungsprozess und eingesetzte Methoden 35 Abbildung 2-12: Umsatzstärkste Schweizer Industriegüterhersteller im Jahr 2002 41 Abbildung 2-13: Merkmalsstruktur der Stichprobe 44 Abbildung 3-1: Ziele im Vertrieb des Herstellerunternehmens 49 Abbildung 3-2: Hypothesensystem zu Kausalbeziehungen zwischen latenten Variablen 60 Abbildung 3-3: Pfaddiagramm mit Hypothesen und Messmodellen 68 Abbildung 3-4: Spezifiziertes Modell mit Schätzwerten für ausgewählte Parameter 70 Zeitverwendung und Zufriedenheit von Distributoren der Leica Microsystems 74 Abbildung 2-5: Abbildung 2-6: Abbildung 2-7: Abbildung 2-8: Abbildung 2-9: Abbildung 3-5: Abbildungsverzeichnis VII Abbildung 4-1: Interne und externe Komponenten der lokalen Situation 79 Abbildung 4-2: Konfliktniveau bei globaler und lokaler Kundenstruktur 86 Abbildung 4-3: Typologie zur Differenzierung zwischen Vertriebspartnern 93 Abbildung 4-4: Verzerrte Einschätzung der lokalen Situation durch Vertriebspartner 98 Abbildung 5-1: Ebenen der Interaktion zwischen Hersteller und Vertriebspartner 102 Abbildung 5-2: Lokale Prozesse des Industriegütervertriebs 104 Abbildung 5-3: Konzeptionelle Ansätze zu den Beurteilungsgegenständen der Zusammenarbeit 108 Abbildung 5-4: Schweizer Hersteller aus Sicht europäischer Vertriebspartner 111 Abbildung 5-5: Bedeutung der Beurteilungsdimensionen für die lokale Geschäftstätigkeit 117 Bedeutung der Beurteilungsdimension „Finanzielle Konditionen“ und Verteilung für verschiedene Fallgruppen 121 Vermuteter Einfluss der Situation auf die Beurteilung durch Vertriebspartner 125 Einfluss der Unsicherheit des lokalen Umfelds auf die Beurteilung des Herstellers 127 Marketingsupport und finanzielle Konditionen als zentrale Ansatzpunkte in umkämpften Märkten 129 Abbildung 5-6: Abbildung 5-7: Abbildung 5-8: Abbildung 5-9: Abbildung 5-10: Einfluss der Profitabilität des Herstellers auf die Zufriedenheit mit den Beurteilungsdimensionen 131 Abbildung 5-11: Beurteilung der Zusammenarbeit für unterschiedliche Grössen der lokalen Vertriebsorganisation 133 Abbildung 5-12: Unterschiede der Beurteilung bei unterschiedlicher Dauer der Beziehung zum Hersteller 134 Abbildung 5-13: Lokale Beurteilung im Spannungsfeld von Situation und Vertriebsgestaltung 136 Abbildung 6-1: Abbildung 6-2: Abbildung 6-3: Abbildung 6-4: Ansatzpunkte, Prozess und situative Differenzierung der Vertriebsgestaltung 139 Vermutete Beziehungen zwischen Regressor, Regressant und Moderatorvariablen 143 Mehrstufiges Vorgehen der hierarchischen, moderierten Regression 145 Ansätze der Vertriebspartner zur Verbesserung der Zusammenarbeit 160 VIII Abbildung 6-5: Verbindung von Lösungspaketen und sieben Beurteilungsdimensionen 162 Transferzahlungen im Rahmen der Preisharmonisierung für internationale Key-Accounts 166 Abbildung 6-7: Geschäftsbereiche und internationale Vertriebsorganisation 168 Abbildung 6-8: Organisatorische Trennung von Koordinations- und Unterstützungsfunktion 172 Objektive und subjektive Kennzahlen zur Beurteilung der Zentrale 174 Abbildung 6-6: Abbildung 6-9: Abbildung 6-10: Geografische Distanzen als Determinante der Besuchshäufigkeiten 194 Abbildung 6-11: Kundenvorteile als Bezugspunkt für den Vertrieb 200 Abbildung 6-12: Bedürfnis- und potenzialbezogene Segmentierungskriterien 202 Abbildung 6-13: Veränderung der Machtbasis über die Zeit 205 Abbildung 6-14: Massnahmenschwerpunkte im Laufe verschiedener Beziehungsphasen 206 Abbildung 6-15: Schalenmodell eines Leistungssystems für Vertriebspartner 211 Abbildung 6-16: Ansätze der Unterstützung von Vertriebspartnern durch den Hersteller 214 Abbildung 6-17: Verrechnungsmodelle für interne Dienstleistungen 223 Abbildung 6-18: Stellhebel zur Konfiguration zentraler Ressourcen 229 Abbildung 6-19: Absender und Adressaten interner Informationen 231 Abbildung 6-20: Instrumente des internationalen Wissenstransfers 237 Abbildung 6-21: Einsatz operativer Gestaltungsansätze bei zufriedenen und unzufriedenen Vertriebspartnern 245 Abbildung 6-22: Einsatz operativer Gestaltungsansätze bei zufriedenen und unzufriedenen Vertriebspartnern (Fortsetzung) 246 Abbildung 6-23: Vierphasen-Prozess zur systematischen Verbesserung der Zusammenarbeit 248 Abbildung 6-24: Teilaspekte der Zusammenarbeit im ZufriedenheitsBedeutungs-Diagramm 251 Abbildung 6-25: Optionen zur Priorisierung und Behandlung von Teilaspekten 252 Abbildung 6-26: Zeit- und Organisationsvergleich für Teilaspekte und Gesamtzufriedenheit 256 Abbildung 6-27: Unternehmensgrösse und Vertriebsformen als Rahmenbedingungen der Fallstudien 260 Abbildung 6-28: Länderpräsenz der Distributoren bei der Nanosurf AG 264 Abbildungsverzeichnis IX Abbildung 6-29: Inhalte und Aufbau des Distributorenmeetings bei der Nanosurf AG 265 Abbildung 6-30: Präsentationsfolie bei der Teambildung für Workshops 268 Abbildung 6-31: Auszug aus der Präsentation zu Wettbewerbsinformationen 270 Abbildung 6-32: Auszug aus der Präsentation der „Success Story FU Berlin“ 271 Abbildung 6-33: Zugriffsgeschütztes Internetportal für Distributoren 273 Abbildung 6-34: Inhalte des alten und neuen quartalsweisen Reportings 276 Abbildung 6-35: Weltweite Vertriebsorganisation bei Gallus Ferd. Rüesch 280 Abbildung 6-36: Ausgewählte Aspekte der Zusammenarbeit bei Gallus 282 Abbildung 6-37: Aktuelle Herausforderungen im Bereich Pharma der BASF FCE 288 Abbildung 6-38: Organisatorische Einordnung des Bereichs FCE Pharma 290 Abbildung 6-39: Unterschiedliche Ansprechpartner in der Kundenorganisation 293 Abbildung 6-40: Ansatzpunkte zur Verbesserung des Informationsaustausches 294 Abbildung 6-41: Bullwhip-Effekt beim Planungsprozess der FCE-Pharma 296 Abbildung 6-42: Beispielhafter Informationsfluss einer Kundenanfrage 300 Abbildung 6-43: Auszug einer Präsentation zur Entwicklung und Umsetzung von Massnahmen 301 Abbildung 7-1: 308 Inhaltlicher Beitrag zu benachbarten Forschungsgebieten X Tabellenverzeichnis Seite Tabelle 1-1: Teilfragestellungen der Untersuchung Tabelle 2-1: Einbeziehung interner und externer Adressaten im internen Marketing 23 Einbeziehung interner und externer Adressaten im vertikalen Marketing 24 Qualitative und quantitative Teilerhebungen im Forschungsprozess 37 Tabelle 2-4: Fragenkreise bei explorativen Einzelinterviews 39 Tabelle 2-5: Test auf Gleichheit der Mittelwerte von „Early Respondents“ und „Late Respondents“ 45 Tabelle 2-6: Steckbrief zur Datenerhebung bei Leica Microsystems 47 Tabelle 2-7: Steckbrief zur Datenerhebung bei Nanosurf, Gallus und BASF 48 Tabelle 3-1: Wirkungen einer ungenügenden vertikalen Zusammenarbeit 53 Tabelle 3-2: Verwendete Gütekriterien und Cut-Off Werte der Konstruktmessung 62 Tabelle 3-3: Ergebnisse zur Güte der gesamten Modellstruktur 69 Tabelle 3-4: Quantilsvergleich für unzufriedene und zufriedene Distributoren der Leica Microsystems 76 Tabelle 4-1: Kontextfaktoren und Variablen der lokalen Situation 80 Tabelle 4-2: Morphologie zur Diagnose von lokalen Vertriebssituationen 101 Tabelle 5-1: Teilaspekte bei der Beurteilung des Herstellers im Wortlaut der Untersuchung 110 Ergebnisse einer explorativen Faktorenanalyse der 23 Zufriedenheitsindikatoren 115 Gütekriterien erster und zweiter Generation für die SALESSAT-Skala 116 Multiple Regression der situativen Einflüsse auf die Dimensionen der Beurteilung 126 Externe Situation und interne Vorteile als Determinanten der Zentralisierung 141 Moderierte Regression zwischen Zentralisierungsgrad und lokaler Zufriedenheit 148 Moderierte Regression zwischen Formalisierungsgrad und lokaler Zufriedenheit 151 Tabelle 2-2: Tabelle 2-3: Tabelle 5-2: Tabelle 5-3: Tabelle 5-4: Tabelle 6-1: Tabelle 6-2: Tabelle 6-3: 7 Tabellenverzeichnis Tabelle 6-4: XI Moderierte Regression zwischen Grad an ergebnisorientierter Führung und lokaler Zufriedenheit 155 Moderierte Regression zwischen Grad an prozessorientierter Führung und lokaler Zufriedenheit 158 Lösungsansätze des Herstellers zur Verbesserung der Zusammenarbeit 161 Tabelle 6-7: Kumulierte Häufigkeiten der Besuche pro Distanzklasse 194 Tabelle 6-8: Stossrichtungen zur Erhöhung der Kunden- und Serviceorientierung 199 Tabelle 6-9: Inhalte der Weiterbildung von Vertriebspartnern 215 Tabelle 6-10: Inhalte und Anwendungen von Formen der Weiterbildung für Vertriebspartner 217 Bivariate Regression zu den Wirkungen der zentralen Ressourcenstärke 228 Tabelle 6-12: Inhalte interner Informationsflüsse 231 Tabelle 6-13: Aspekte der Zusammenarbeit in der Rangreihe ihrer Ratingwerte 267 Bedeutung der Gestaltungsansätze in den drei Unternehmensfällen 303 Tabelle 6-5: Tabelle 6-6: Tabelle 6-11: Tabelle 6-14: XII Fallbeispielverzeichnis Seite Fallbeispiel 1-1: Statements zur Zusammenarbeit mit dem Hersteller 4 Fallbeispiel 1-2: Statements zur Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern 5 Fallbeispiel 3-1: Zufriedenheit und geringere Kosten durch gute Zusammenarbeit bei Emhart Glass S.A. 51 Fallbeispiel 3-2: Auswirkungen von Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit 56 Fallbeispiel 4-1: Reporting und chinesische Geschäftspraktiken bei der Corus Bausysteme GmbH 83 Global Sourcing und M&A bei Kunden der Emhart Glass S.A. 87 Mehrperiodische Entschädigung bei der Hoerbiger-Origa Systems GmbH 165 Fallbeispiel 6-2: Central Sales Administration (CSA) bei Emhart Glass S.A. 170 Fallbeispiel 6-3: Regionalzentrum Asia-Pacific der Bosch Sicherheitssysteme GmbH 176 Fallbeispiel 6-4: „Dual Career Couples“ bei der Royal Dutch/Shell Group 180 Fallbeispiel 6-5: Globale Teamorganisation der Degussa Goldschmidt AG 183 Fallbeispiel 6-6: Innovationstage und Expertengruppen bei der Wampfler AG 186 Fallbeispiel 6-7: Produktumstellungen durch Teams bei der Novozymes AG 189 Fallbeispiel 6-8: Teamselling bei der Mettler-Toledo AG 192 Fallbeispiel 6-9: Segmentierung und modulare Unterstützung bei der Feintool AG 204 Fallbeispiel 4-2: Fallbeispiel 6-1: Fallbeispiel 6-10: Patenschaftskonzept bei der Wampfler AG 208 Fallbeispiel 6-11: Trainingsaufwand bei der Siemens Building Technologies AG 220 Fallbeispiel 6-12: Service-Level Agreements bei der Zement AG 225 Fallbeispiel 6-13: Competition Radar bei der Hilti AG 234 Fallbeispiel 6-14: Support-Tools zur Angebotserstellung bei der ABB AG 242 Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis AGFI Adjusted Goodness of Fit Index bspw. beispielsweise bzw. beziehungsweise CEO Chief Executive Officer CFI Comparative Fit Index CH Schweiz CHF Schweizer Franken CRM-Systeme Customer Relationship Management-Systeme DE Deutschland DEV Durchschnittlich erklärte Varianz df Anzahl der Freiheitsgrade d. h. das heisst EBIT Earnings Before Interest and Taxes EFA Explorative Faktorenanalyse et al. Et alii etc. et cetera EUR Euro f., ff. folgende, fortfolgende F&E Forschung und Entwicklung GFI Goodness of Fit Index ggf. gegebenenfalls ggü. gegenüber HQs Headquarters i. d. R. in der Regel i. S. v. im Sinne von IMP-Group International Marketing and Purchasing Group k. A. keine Angabe KFA Konfirmatorische Faktorenanalyse M&A Mergers and Acquisitions MA Mitarbeiter Mio. Millionen XIII XIV ML-Methode Maximum-Likelihood Methode MNC Multinational Corporation Mrd. Milliarden n Grösse der Stichprobe NACE Klassifizierung der Wirtschaftszweige der Europäischen Union n. s. nicht signifikant o. V. ohne Verfasser p Irrtumswahrscheinlichkeit R2 Bestimmtheitsmass RA Reliabilitätsanalyse RHQs Regionales Headquarters RMR Root Mean Square Residual RMSEA Root Mean Square Error of Approximation S. Seite s. siehe SalesSat Salespartner Satisfaction Skala SLA Service Level Agreement SSC Sales & Supply Center u. a. unter anderem UNO Vereinte Nationen USA Vereinigte Staaten von Amerika USD US-Dollar u. U. unter Umständen VIF-Werte Variance Inflation Factors-Werte vs. versus USD US-Dollar z. B. zum Beispiel zz. zur Zeit Ausgangslage, Zielsetzung und Aufbau 1 1 Ausgangslage, Zielsetzung und Aufbau 1.1 Ausgangslage im internationalen Industriegütervertrieb Internationale Vertriebsaktivitäten gehören für Industriegüterhersteller bereits seit vielen Jahren zum Kern ihrer Geschäftstätigkeit (Belz/Reinhold 1999a, S. 10). Heute erzielen Schweizer Hersteller nur noch wenige Prozent ihres Umsatzes im Inland. Im Jahr 2004 wurden bei führenden Schweizer Industriegüterherstellern wie Georg Fischer, Agie-Charmilles oder Bucher Industries laut Geschäftsbericht lediglich zwischen 4 und 7 Prozent des Umsatzes in der Schweiz gewonnen. Angesichts verschärfter Wettbewerbsbedingungen, zunehmender Deregulierung und vor allem steigender Kundenansprüche müssen sich Hersteller mit ständig steigenden Anforderungen an Qualität, Innovationsgeschwindigkeit und auch Kosten ihrer Produkte auseinandersetzen (Hungenberg 1992, S. 342). Immer mehr Kunden erwarten, dass sich Unternehmen als „Lösungsanbieter“ auf ihre individuellen Bedürfnisse einstellen (Belz/Bieger 2004, S. 221 f.; Meyer/Dullinger 1998, S. 719). Aber auch die zunehmende internationale Professionalisierung in der Einkaufsorganisation von Kunden und in der Vertriebsorganisation von Wettbewerbern stellen Industriegüterhersteller vor neue Herausforderungen. Dies gilt insbesondere in wirtschaftlich angespannten Marktsituationen, in denen die Flexibilität und Reaktionsgeschwindigkeit der Anbieter in besonderem Masse auf dem Prüfstand stehen. In den internationalen Märkten werden Hersteller durch ihre Vertriebspartner vertreten, die aus Sicht der Kunden das Herstellerunternehmen verkörpern (Belz 1999, S. 24). Bereits im Jahre 1982 betonten Behrman/Perreault Jr. (1982, S. 355), dass internationale Vertriebspartner und deren Verkaufsleistung für den Erfolg fast jedes Industriegüterunternehmens unverzichtbar und kritisch seien (Behrman/Perreault Jr. 1982, S. 355). Die heutige Umsatzbedeutung der ausländischen Märkte macht die Verkaufsleistung internationaler Vertriebspartner für das Herstellerunternehmen wichtiger denn je. Die Zusammenarbeit mit internationalen Vertriebsgesellschaften enthält allerdings vielfach Konflikte, bspw. um Entscheidungsfreiheiten, Ressourcen und Kundeninformationen. Lediglich 22.5 Prozent der europäischen Vertriebspartner führender Schweizer Industriegüterhersteller hält die Zusammenarbeit mit dem Stammhaus für „zufrieden stellend“ oder besser (Vertriebsbefragung 2004, s. Anhang F - 1, S. 362). Mängel bei der Abstimmung zwischen Zentrale und Vertriebspartner, destruktive Konflikte und Unzufriedenheit führen dazu, dass Marketing- und Vertriebskonzepte lokal teilweise nicht mehr optimal umgesetzt werden. Die interne Effizienz leidet hier- Kapitel 1 2 durch ebenso wie die Verkaufseffektivität in den Märkten. (Coughlan et al. 2001, S. 245 f.; Klumpp 2000, S. 53) Wettbewerbsvorteile geraten deshalb leicht in Gefahr. Druck auf Herstellerunternehmen Potenziale im internationalen Vertriebsmanagement Höhere Qualität und Flexibilität Konfiguration der Vertriebsorganisation Professionalisierung im Einkauf Internationalisierung der Märkte Wettbewerbsbedingter Kostendruck Systematischer Verbesserungsprozess Koordination internationaler Aktivitäten Vermeidung von Effizienzverlusten Vertriebsmanagement Hersteller Hohe Innovationsgeschwindigkeit Abbildung 1-1: Steigende Individualisierung Angespannte Wirtschaftslage Wettbewerbsvorteile durch Vertriebskompetenz Erhöhung der Effektivität „vor Ort“ Unterstützungskonzepte für Vertriebspartner Druck auf Hersteller rückt Potenziale des Vertriebs in den Vordergrund Obgleich Hersteller unter dem Druck der aktuellen Herausforderungen stärker auf die optimale Abstimmung in der Vertriebsorganisation angewiesen sind als bisher, existieren in der Praxis nur selten systematische Ansätze um dieser „Zerrissenheit“ zu begegnen. Die Wissenschaft beschäftigt sich zwar seit vielen Jahren mit der Gestaltung und der Führung von Vertriebskanälen, doch dominiert dabei seit langem die Fokussierung auf Herstellerunternehmen und die Argumentation aus der Perspektive des TopManagements (s. Li/Cavusgil 1995, S. 253 f.). Um die lokalen Prozesse verstehen und gestalten zu können, die von Vertriebspartnern bisher ohne den Einfluss, teilweise auch gegen den Willen der Zentrale durchgeführt werden, muss sich die Forschung allerdings zunächst auf die lokale Ebene der Vertriebsgesellschaften ausrichten, bevor auf der Ebene des Stammhauses nach Lösungen gesucht wird (s. Gupta/Govindarajan 1994, S. 455). Belz/Reinhold (1999a, S. 221), Renz (1998, S. 79) und Stewart (1995) fordern deshalb, dass sich auch die Forschung „verstärkt auf Tochtergesellschaften fokussieren und aus deren Sicht argumentieren sollte“ (Renz 1998, S. 79). Indem es internationalen Industriegüterherstellern gelingt, die Interessen lokaler Vertriebspartner zu erfassen, zu interpretieren und angemessen zu berücksichtigen, schaffen sie die Voraussetzung dafür, dass Marketingkonzepte vor Ort wirkungsvoll unterstützt und umgesetzt werden (s. Thies 1976, S. 51, 58 ff.). Den Blickwinkel der Ver- Ausgangslage, Zielsetzung und Aufbau 3 triebspartner zu kennen, wird damit zu einem wichtigen Element für die internationale Führung im Stammhaus. Die vorliegende Arbeit untersucht die Bedeutung und die Determinanten des lokalen Blickwinkels und entwickelt Empfehlungen für die Gestaltung der Zusammenarbeit zwischen dem Hersteller und seinen internationalen Vertriebspartnern. 1.2 Status Quo bei Vertriebspartnern und Herstellern 1.2.1 Vertriebspartner in vielfältigen Bereichen unzufrieden Die von Vertriebspartnern geäusserte Unzufriedenheit betrifft vielfältige Bereiche der Zusammenarbeit mit dem Herstellerunternehmen. Um dem Leser diese Vielfalt zu verdeutlichen, sind im Folgenden einige Beispiele für Schwierigkeiten aus Sicht der Vertriebspartner aufgeführt. Sämtliche Statements stammen aus Interviews, die der Autor in den Jahren 2002, 2003 und 2004 mit Vertriebsleitern und Geschäftsführern von Tochtergesellschaften und Vertretungen deutscher und Schweizer Industrieunternehmen geführt hat (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Die Aussagen sind dabei bewusst einseitig ausgewählt, um Defizite in der Zusammenarbeit aufzuzeigen. • „Wenn es um Reklamationen, Servicebereitstellung oder Ersatzteilelogistik geht, stösst man in der Zentrale auf taube Ohren, unklare Zuständigkeiten und fehlende Lieferfähigkeiten. Man hat aber selber den Kunden im Nacken.“ • „Ständig wird von langfristigen Strategien und klaren Vorgaben geredet, die aber von Seite der Zentrale ebenso oft verändert werden oder in die operativ eingegriffen wird.“ • „Man sagt, wir sollen mehr verkaufen, was bei diesen Mondpreisen kaum möglich ist. Häufig passiert es dann, dass Geräte nicht wie versprochen ausgeliefert werden können.“ • „Nach langen erfolglosen Diskussionen haben wir uns bereits vor mehreren Jahren eine eigene CRM-Software zugelegt. Heute will die Zentrale ein neues System einführen, das nicht einmal die Standardfunktionen unserer selbstgestrickten Lösung beherrscht.“ • „Mitarbeiter in der Zentrale haben noch nie einen Kunden gesehen, vielen fehlen sogar einfachste Sprachkenntnisse.“ • „Häufige personelle Veränderungen in der Zentrale führen dazu, dass unsere Betreuung leidet, Zuständigkeiten häufig unklar sind und Absprachen nicht eingehalten werden.“ • „Lokal erhalten wir Informationen meistens zuletzt. Da kann man schon froh sein, wenn die Informationen wenigstens halbwegs vollständig und verständlich sind.“ • „Der Hersteller versucht an Kundendaten heranzukommen um uns zu umgehen und direkt an Kunden heranzutreten.“ • „Auch in dringenden Fällen ist in der Zentrale häufig niemand zu erreichen.“ • „Budgetierung ist bei uns ein absolut politisches Spiel, es geht um die interne Rangordnung und nicht um den Kunden.“ • „Umfangreiches standardisiertes Reporting und spezielle Reportinganfragen kosten Ressourcen und Zeit. Hierbei werden grosse und kleine Vertriebsgesellschaften über einen Kamm geschoren.“ 4 Kapitel 1 • „Vorschläge für neue Produkte werden nicht geschätzt und nicht eingeführt. Stattdessen verbrennt man Ressourcen damit, indem man Produkte einführt, die offensichtlich nie eine Chance hatten.“ Fallbeispiel 1-1: Statements zur Zusammenarbeit mit dem Hersteller (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37) 1.2.2 Defizite und mangelnde Motivation von Herstellern Schwierigkeiten und Konflikte in der Zusammenarbeit belasten Zentrale und Vertriebspartner in unterschiedlichem Masse. Zwar sind in der Zentrale Defizite bei der Zusammenarbeit bekannt. Allerdings besitzen Verantwortliche in der Zentrale fachliche und disziplinarische Weisungsbefugnisse und haben meist die Möglichkeit, Unstimmigkeiten durch Machtausübung zu lösen, bspw. indem sie androhen, Stellen neu zu besetzen oder tatsächlich neu besetzen. Führungskräfte aus der Zentrale müssen sich seltener für ihre Entscheidungen verantworten, die sie bezüglich der Zusammenarbeit treffen. Konflikte spielen aus Sicht der Hersteller deshalb nur dann eine Rolle, wenn sie nicht durch hierarchische Macht und Druck gelöst werden können, wie es häufig in den Beziehungen zu unabhängigen Vertretungen der Fall ist. Ebenso problematisch scheint es, dass Zentralen mit hoher Weisungsbefugnis die Probleme häufig als gelöst ansehen oder einfach ignorieren. Die Weisungsbefugnis führt somit nicht automatisch zu optimalen Lösungen, sondern ist vielleicht gerade die Ursache für massive Probleme des Vertriebs. Selbst in Fällen, in denen aus Sicht des Herstellers ein Handlungsbedarf in der Zusammenarbeit erkannt wird, scheitern weitere Schritte vielfach an mangelnden Ressourcen. Belz/Reinhold (1999a, S. 94) fanden heraus, dass die Ressourcen für die Betreuung in der Industriegüterbranche häufig keine aktive Führung der Niederlassungen zulassen. So betreuen einzelne Vertriebsverantwortliche des Herstellers häufig mehr als 40 verschiedene Vertretungen und Tochtergesellschaften (Belz/Reinhold 1999a, S. 94). Viele der in Interviews befragten Vertriebsverantwortlichen der Herstellerunternehmen erhalten täglich zwischen 60 und 70 E-Mails (Explorative Interviews, Tabelle 2-3, S. 37). Mitarbeiter aus der Zentrale werden damit häufig zu „Trouble Shooters“, die lediglich selektive Notfallunterstützung für die dringendsten Fälle leisten können (Belz/Reinhold 1999a, S. 95). Eine aktive Führung und Unterstützung ist somit kaum möglich. Das Lösungsvermögen und der Entwicklungsstand in Bezug auf Konflikte in der Zusammenarbeit kann sich zwischen Unternehmen stark unterscheiden. Wichtige Ursachen für diese Unterschiede liegen in der Unternehmensgrösse und der Finanzkraft, Ausgangslage, Zielsetzung und Aufbau 5 der Art der Produkte und in der Vertriebserfahrung des Herstellers. Die Interviews des Autors mit vertriebsverantwortlichen Managern in der Metall-, Chemie- und Maschinenbauindustrie zeigen, dass Konflikte in direkten und indirekten Vertriebskanälen der befragten Unternehmen zur Tagesordnung gehören und dort erheblichen Einfluss auf die Geschäftstätigkeit nehmen (Explorative Interviews, Tabelle 2-3, S. 37). Beispielhafte Auswirkungen von Konflikten sind: Ein wichiger Kunde der Corus Bausysteme GmbH beklagt seine Unzufriedenheit, die auf interne Unstimmigkeiten mit dem spanischen Vertriebspartner zurückzuführen ist. Die Hilti AG verliert beinahe einen globalen Kunden, weil Vertriebspartner die „Global Agreements“ nicht akzeptieren wollen. Die Wirtgen GmbH investiert jährlich in die kostspielige Rekrutierung und Schulung neuer Führungskräfte für ausländische Vertriebsgesellschaften, weil diese wegen Unstimmigkeiten ausgewechselt werden. Sämtlichen Vertriebs- und Niederlassungsleitern, die an explorativen Interviews teilnahmen (Explorative Interviews, Tabelle 2-3, S. 37), waren Probleme in der Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern sehr wohl bekannt. Wichtige Herausforderungen bezüglich der Zusammenarbeit aus Sicht der Zentrale sind: • „Die Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern ist auf einer persönlichen Ebene unbefriedigend, häufig sind keine sachlichen Diskussionen möglich.“ • „Das Engagement der Vertriebspartner ist unzureichend, viele Vertriebspartner kümmern sich ungenügend um unsere Produkte.“ • „Trotz vieler Anstrengungen machen unsere Produkte bei vielen Vertriebspartnern nur einen geringen Umsatzanteil aus.“ • „Tochtergesellschaften zeigen mehr Initiative als Vertretungen.“ • „Die Vertriebspartner kennen die Kundenbedürfnisse genau, informieren uns aber unzureichend über Bedürfnisse und Entwicklungen bei Kunden.“ • „Vertriebspartner sehen die Kunden als ihren Besitzstand an und geben Kundendaten nicht weiter.“ • „Vertriebspartner vernachlässigen strategische Ziele zugunsten kurzfristiger Umsatzprovisionen.“ • „Die steigende Zahl von Neuprodukten überfordert den Vertrieb zunehmend.“ • „Um die zahlreichen Niederlassungen sinnvoll betreuen zu können, fehlen im Stammhaus die notwendigen Ressourcen.“ • „Die Professionalisierung des Einkaufs erfordert insbesondere bei international tätigen Kunden eine bessere Abstimmung zwischen zentralem und dezentralem Vorgehen.“ • „Zusammenschlüsse von Kundenunternehmen führen zu einer höheren Abhängigkeit. Bei diesen Kunden dürfen wir uns keine Fehler leisten.“ Fallbeispiel 1-2: Statements zur Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37) Kapitel 1 6 1.3 Zielsetzung und Forschungsfragen Die in Abschnitt 1.1 (S. 1 f.) erarbeitete Ausgangslage deutet bereits an, dass die Wissenschaft bislang keine ausreichenden Lösungen bereitstellt, mit deren Hilfe der Blickwinkel der internationalen Vertriebspartner zur Zusammenarbeit erklärt werden kann, obgleich verschiedene Forscher die Beschäftigung mit diesem Themenbereich fordern (s. auch Absatz 2.3.4, S. 31 ff.). In der Praxis sind Probleme in der Zusammenarbeit zwar bekannt, jedoch weitgehend ungelöst (s. Abschnitt 1.2, S. 3 ff.). Defizite in der Praxis und in der Forschung markieren damit eine Forschungslücke, anhand der die generelle Zielsetzung der vorliegenden Arbeit wie folgt definiert werden kann: Ziel der Arbeit ist es, die Bedeutung und die Determinanten der Zusammenarbeit zwischen Herstellerunternehmen und Vertriebspartnern im internationalen Industriegütervertrieb zu beschreiben und zu erklären, um eine Vertriebsgestaltung ableiten zu können, die optimal dazu beiträgt, die marktund organisationsbezogenen Ziele des Herstellers zu erreichen. Die Zielsetzung enthält drei inhaltliche Frageblöcke (s. Abbildung 1-2, S. 6), an denen sich die Methoden im Forschungsprozess und der Aufbau dieser Arbeit ausrichten müssen. Zunächst ist die Bedeutung des Blickwinkels und der Zufriedenheit von Vertriebspartnern zu untersuchen. Dazu wird geprüft, welche Wirkungen die Zufriedenheit auf das Erreichen der Unternehmensziele hat. Dadurch wird gleichzeitig die Relevanz des Themas ermittelt. Bedeutung Determinanten Gestaltung Welche Bedeutung besitzt die Zufriedenheit der Vertriebspartner? Welche Faktoren determinieren die Zufriedenheit der Vertriebspartner bezüglich der Zusammenarbeit mit dem Hersteller? Durch welche Strategien und Massnahmen gelingt es, die Zufriedenheit mit der Zusammenarbeit zu fördern? Frageblock 1 Frageblock 2 Frageblock 3 Abbildung 1-2: Drei Frageblöcke des Dissertationsprojektes In einem zweiten Schritt sind die Determinanten zu identifizieren, zu beschreiben und zu erklären, die die Zufriedenheit bei der Zusammenarbeit mit dem Herstellerunternehmen massgeblich beeinflussen. Hierbei werden besondere Untersuchungsschwerpunkte auf die lokale Situation der Vertriebspartner und die Gestaltung des Vertriebsmanagements durch den Hersteller gelegt. In einem letzten Schritt sollen schliesslich Ausgangslage, Zielsetzung und Aufbau 7 handlungsleitende Implikationen entwickelt werden, die der Vertriebsgestaltung des Herstellers dienen, um die Perspektive der lokalen Vertriebspartner besser zu verstehen, zu integrieren und um die lokale Kompetenz des Vertriebs zu erhöhen. Zu den in Abbildung 1-2 dargestellten Frageblöcken lassen sich folgende Teilfragestellungen formulieren, um die Untersuchungsziele weiter zu konkretisieren (s. Tabelle 1-1). Frageblock 1: Bedeutung der Zufriedenheit von Vertriebspartnern • Welche Wirkung hat die lokale Zufriedenheit auf markt- und organisationsbezogene Ziele des Herstellerunternehmens? • Welche Wirkung hat die Zufriedenheit mit der Zusammenarbeit auf die Qualität der Marktleistung und die Zufriedenheit der Kunden? • Welche Wirkung hat die Zufriedenheit mit der Zusammenarbeit auf die Einstellung, die Verkaufsleistung und den Markterfolg von Vertriebspartnern? Frageblock 2: Determinanten der Zufriedenheit von Vertriebspartnern • Welche internen und externen Kontextfaktoren bestimmen die lokale Situation der Vertriebspartner? • Welche Teilaspekte sind Gegenstand der Beurteilung durch die Vertriebspartner? • In welcher Weise beeinflussen lokale Kontextfaktoren die Beurteilung durch die Vertriebspartner? Frageblock 3: Gestaltung der Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern • Inwiefern muss sich die Vertriebsgestaltung an der Situation vor Ort ausrichten? • Wie lassen sich die Massnahmen von Herstellerunternehmen auf die jeweilige Situation der Vertriebspartner abstimmen und bis zu welchem Grad ist eine solche Abstimmung vorteilhaft? • Welche Ansätze stehen dem Hersteller zur Verfügung, um die Zusammenarbeit mit seinen Vertriebspartnern zu verbessern? Tabelle 1-1: Teilfragestellungen der Untersuchung 1.4 Aufbau der Arbeit Die vorliegende Arbeit gliedert sich in sieben Kapitel (s. Abbildung 1-3, S. 8), deren Inhalte nachfolgend knapp dargestellt werden. Kapitel 1 liefert zunächst einen Überblick, indem die Problemstellung und deren Relevanz für die Praxis veranschaulicht werden. Zielsetzung und Forschungsfragen geben einen Bezugspunkt für die gesamte Arbeit. In Kapitel 2 wird ein konzeptioneller Rahmen entwickelt. Dazu werden zentrale Begriffe für die Arbeit definiert sowie der vom Autor vertretene Forschungsansatz dargelegt. Das Untersuchungsobjekt wird bezüglich der Erklärungsbeiträge benachbarter Forschungsgebiete eingeordnet und der zur Beantwortung der Forschungsfragen he- Kapitel 1 8 rangezogene quantitativ-qualitative Methodenmix erläutert. Die detaillierte Beschreibung der Datenbasis und der Erhebungsmethoden, die bereits in Abschnitt 2.4 (S. 34 ff.) vorgenommen wird, ermöglicht es, empirische Ergebnisse nach inhaltlichen Bezügen fortlaufend in die Diskussion einzubringen. Kapitel 3 beschäftigt sich mit der Bedeutung der Zufriedenheit bezüglich der Zusammenarbeit mit dem Hersteller. Durch konzeptionelle und empirische Ansätze werden verschiedene Wirkungsbereiche der Zufriedenheit herausgestellt. Kapitel 4 und 5 untersuchen interne und externe Kontextfaktoren der lokalen Situation und deren Wirkung auf die Beurteilung der Zusammenarbeit durch die Vertriebspartner. Es werden sieben inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit von Hersteller und Vertriebspartner identifiziert und eingehend diskutiert. Das Kapitel 6 richtet den Fokus auf die Alternativen der Vertriebsgestaltung unter besonderer Berücksichtigung der Zufriedenheit mit der Zusammenarbeit. Dabei werden die strategische Konfiguration sowie operative Ansätze der Koordination und Unterstützung unterschieden. Sämtliche Alternativen werden im Hinblick auf ihre situative Eignung analysiert, um schliesslich Empfehlungen für die Vertriebsgestaltung geben zu können. Eine dynamische Betrachtung zeigt Prozessschritte zur nachhaltigen Verbesserung der Zusammenarbeit auf. Abschliessend werden die Inhalte und Massnahmen anhand von Fallstudien inhaltlich vertieft und veranschaulicht. In Kapitel 7 werden Schlussfolgerungen aufgezeigt und diskutiert, die sich aus dieser Arbeit für die betriebswirtschaftliche Forschung und für die Vertriebspraxis ergeben. Einleitung Einleitung Konzeptioneller Konzeptioneller Rahmen Rahmen Bedeutung Bedeutung Problem Begriffe Konzeptionelle Betrachtung Praktische Relevanz Forschungsansatz Forschungsfragen Stand der Wissenschaft Aufbau Methodenmix Kapitel Kapitel 11 Kapitel Kapitel 22 Abbildung 1-3: Gestaltung Gestaltung der der Zusammenarbeit Zusammenarbeit SchlussSchlussfolgerungen folgerungen Interne Kontextfaktoren Strategische Konfiguration Folgerungen für die Forschung Kausalanalytische Betrachtung Externe Kontextfaktoren Operative Koordination und Unterstützung Folgerungen für die Praxis Fallstudie Leica Dimensionen der Beurteilung Prozess der Vertriebsgestaltung Determinanten Determinanten Fallstudien Nanosurf, Gallus, BASF Kapitel Kapitel 33 Aufbau der Arbeit Kapitel Kapitel 44 und und 55 Kapitel Kapitel 66 Kapitel Kapitel 77 Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 9 2 Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 2.1 Erläuterung, Abgrenzung und Definition von Begriffen Im Folgenden werden die für die vorliegende Arbeit wichtigsten Begriffe kurz erläutert, abgegrenzt und zweckmässig definiert. Der Aufgabe nach ist der „Vertrieb“, insbesondere der „internationale Vertrieb von Industriegütern“, zu beschreiben und abzugrenzen. Nach den Trägern der Aufgaben sind „Vertriebspartner“ und „Zentrale“ als die dezentralen und zentralen Organisationseinheiten zu beschreiben und abzugrenzen, die gemeinschaftlich die Aufgaben des Vertriebs wahrnehmen. Abbildung 2-1 gibt einen ersten strukturierenden Überblick zu den im Folgenden vorgenommenen Abgrenzungen. Inland Ausland Aufgabenträger Zentrale Vertriebspartner Aufgabeninhalte Koordination und Unterstützung Akquisitorische und logistische Aufgaben Abbildung 2-1: Kundenunternehmen Aufgabenträger und -inhalte im internationalen Industriegütervertrieb 2.1.1 Internationaler Vertrieb von Industriegütern Der „Vertrieb“ ist ein schillernder Begriff, der in der Wissenschaft und Praxis mit vielfältigen Bedeutungsinhalten belegt wird (Belz/Reinhold 1999a, S. 10; WeinholdStünzi 1994, S. 2 f.; Winkelmann 2003, S. 14 f.). Unterschiedliche Begriffsverständnisse ergeben sich u. a. aus der Abgrenzung vom Marketing sowie der organisatorischen und aufgabenbezogenen Einordnung (Weinhold-Stünzi 1994, S. 3). An dieser Stelle wird darauf verzichtet, die unterschiedlichen Begriffsverständnisse ausführlich zu diskutieren. Hierzu wird auf Winkelmann (2003, S. 14 ff.) verwiesen, der zehn verschiedene Auffassungen des Vertriebsbegriffs nennt und voneinander abgrenzt. Das dieser Arbeit zu Grunde liegende Verständnis des Begriffs „Vertrieb“ setzt bei den Aufgaben an, die im Rahmen der Vertriebsfunktion zu erfüllen sind. Nach Weinhold-Stünzi (1994, S. 2 ff.) beinhaltet der Vertrieb alle Entscheidungen und Aktivitäten, die zur Überwindung der verschiedenartigen Distanzen zwischen Anbietern und Nachfragern getroffen werden. Die zu überwindenden Distanzen sind dabei nicht nur geografischer, sondern u. a. auch zeitlicher, psychologischer, soziologischer, recht- 10 Kapitel 2 licher und politischer Natur (Weinhold-Stünzi 1994, S. 2). Allgemeiner formuliert kann die Aufgabe des Vertriebs folglich darin gesehen werden, alle Aktivitäten, die den Weg der Leistungsübertragung zum Kunden sicherstellen, zu definieren und umzusetzen (Backhaus 2003, S. 376). Dabei lassen sich eine akquisitorische und eine logistische Dimension des Vertriebs unterscheiden (Backhaus 2003, S. 377; Belz/Reinhold 1999a, S. 10). Die akquisitorische Dimension beinhaltet alle Aktivitäten, die zur Gewinnung neuer oder der Festigung und der Ausschöpfung bestehender Kundenbeziehungen beitragen. Dazu gehören zum einen Managementaufgaben auf den verschiedenen Ebenen der Vertriebsorganisation. Zum anderen zählen aber auch operative Aktivitäten z. B. die Verkaufsförderung und Werbung, der persönliche Verkauf und Verhandlungen, die Angebotserstellung sowie der Kundendienst und andere After-Sales Services zur aquisitorischen Dimension des Vertriebs (s. Backhaus 2003, S. 377; Rosenbloom 1999, S. 411; Belz/Reinhold 1999a, S. 10). Die logistische Dimension des Vertriebs umfasst hingegen solche Aktivitäten, die darauf gerichtet sind, Raum und Zeit durch Transport und Lagerung zu überbrücken (Backhaus 2003, S. 377; s. Belz/Reinhold 1999a, S. 120 ff.; Rosenbloom 1999, S. 411), wie z. B. die Auftragsabwicklung, die Anlieferung und die Installation. Die Vertriebsaufgabe besteht dabei in der Koordination und Sicherstellung von logistischen Anforderungen, die aus Kundensicht häufig ein wichtiges Entscheidungskriterium darstellen (Backhaus 2003, S. 399) und nicht unmittelbar in ihrer Durchführung. Marketing und Vertrieb sind eng verzahnt und besitzen deshalb häufig Aufgaben, die sich überschneiden, z. B. im Bereich der Werbung oder der Verkaufsförderung (Krafft/Haase 2004, S. 13 f.; Winkelmann 2003, S. 50 ff.). Wohl daher werden die Begriffe Marketing und Vertrieb insbesondere im Industriegüterbereich oft synonym verwendet (Weinhold-Stünzi 1994, S. 3). In dieser Arbeit wird dennoch zwischen den Aufgaben des Vertriebs und den Aufgaben des Marketing unterschieden. Demnach werden dem Marketing eher strategische Aufgaben zugeschrieben, wie z. B. Marktund Wettbewerbsanalysen, strategische Positionierung, Markenmanagement, Produktentwicklung und die Marktleistungsgestaltung (Krafft/Haase 2004, S. 14 ff.). Vertrieb hingegen ist auf operativer und taktischer Ebene mit der Implementierung von Marketingstrategien betraut, was im Rahmen der genannten Vertriebsaufgaben erfolgt. Im Industriegütersektor besitzt der Vertrieb eine besonders gewichtige Rolle, die u. a. aus der Wichtigkeit des persönlichen Verkaufs und des Kundendienstes resultiert (Backhaus 1991, S. 5 ff.; Homburg/Krohmer 2003, S. 705). Als Industriegüter werden Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 11 solche Leistungen bezeichnet, die von Organisationen beschafft werden, um weitere Leistungen zu erstellen, die nicht für die Distribution an den Endkonsumenten bestimmt sind (Backhaus 2003, S. 9; Belz/Reinhold 1999a, S. 10 f.). Besonderheiten des organisationalen Beschaffungsverhaltens liegen nach Backhaus vor allem in einer abgeleiteten Nachfrage, einem ausgeprägten Phasenbezug im Beschaffungsprozess und in der Multipersonalität im Einkauf der Kundenorganisation. Zudem nennt Backhaus (1991, S. 3 ff.) einen hohen Formalisierungsgrad sowie die hohe Komplexität und Intensität der Kaufprozesse (Backhaus 1991, S. 3 ff.). Belz/Reinhold (1999a, S. 10; ) und Backhaus (2003, S. 4) betonen, dass auch die Internationalität des Vertriebs für Industriegüterunternehmen selbstverständlich und wesensbestimmend sei. Besinnt man sich auf die oben genannte Definition des Vertriebs nach WeinholdStünzi (1994, S. 2), so kann der internationale Vertrieb als die Überbrückung von Distanzen über nationale Grenzen hinweg verstanden werden. Dies stellt Anbieterunternehmen vor neue Herausforderungen. Belz (1994, S. 22) nennt insbesondere die geringere Vertrautheit auf Auslandsmärkten, unterschiedliche Anforderungen geografischer Märkte sowie mentalitätsmässige und räumliche Distanzen, die bei beschränkten Kapazitäten zu überwinden sind. Der internationale Vertrieb spielt in Industriegüterunternehmen oft eine grössere Rolle als der nationale Vertrieb, da der nationale Markt, bspw. für Spezialmaschinen mit einer langen Lebensdauer, im Vergleich zum internationalen Markt ein nur sehr begrenztes Wachstum und geringe Umsatzvolumen ermöglichen würde. Eine Analyse von Geschäftsberichten der zwanzig nach Umsatz grössten Schweizer Industriegüterhersteller zeigt (s. „Geschäftsberichtsanalyse II“ Tabelle 2-3, S. 37), dass diese im Jahre 2003 durchschnittlich mehr als 85 Prozent ihres Umsatzes im Ausland tätigten, bei den meisten der Unternehmen waren es sogar über 93 Prozent (s. Abbildung 2-2, S. 12). Eine grosse Ausnahme stellt der Rüstungskonzern RUAG dar, der wesentliche Umsatzanteile allein mit dem Schweizer Militär gewinnt. In der vorliegenden Arbeit wird davon ausgegangen, dass der nationale Vertrieb nur einen um viele Variablen vereinfachten Spezialfall des internationalen Vertriebs darstellt (Weiber/Adler 2002, S. 331 f.). Der internationale Vertrieb von Industriegütern umfasst demnach alle weltweiten Vertriebsaktivitäten eines Industriegüterherstellers, einschliesslich nationaler Aktivitäten. Kapitel 2 12 Inlandsumsatz Schweiz Ø= 14.8% 4% 2% 4% 2% 7% 96% 98% 96% 98% 93% Auslandsumsatz Ø= 85.2% Gesamtumsatz 20031 52% 25% 40% 5% 6% 95% 94% 75% 18% 100% 50% 82% 60% 48% Georg Fischer SIG Mettler Toledo Sulzer Bucher Industries Ruag Conzetta WMH Leica 3’257 2’8632 2’2043 1’826 1’535 1’221 916 693 689 AgieVon Roll Charmilles 678 0% 676 1) in Mio. CHF, 2) Umgerechnet in CHF, Wechselkurs 1.51 CHF = 1 EUR, 3) Umgerechnet in CHF, Wechselkurs 1.69 CHF = 1 USD Anmerkung: Nicht berücksichtigt wurden Familienunternehmen und Unternehmen ohne Angabe von inländischen Umsätzen (z. B. ABB, Schindler, Rieter, Saurer, Unaxis, Bobst, Bühler, Endress+Hauser, Kardex und Feintool). Abbildung 2-2: Auslandsumsätze führender Schweizer Industriegüterhersteller (Geschäftsberichtsanalyse II, s. Tabelle 2-3, S. 37) 2.1.2 Vertriebspartner als dezentrale Aufgabenträger „Vertriebspartner“ (synonym: Niederlassungen) (s. Belz/Reinhold 1999a, S. 10) sind dezentrale Aufgabenträger im Vertrieb, die gemeinschaftlich mit zentralen Unternehmenseinheiten eines Herstellerunternehmens die Aufgaben des Vertriebs wahrnehmen bzw. deren Erfüllung sicherstellen und damit dazu beitragen, die von Weinhold-Stünzi (1994, S. 2 ff.) angeführten verschiedenartigen Distanzen zu den Kundenunternehmen zu überwinden. Die Partnerschaftlichkeit, die der Begriff „Vertriebspartner“ nahe legt, kann angesichts der aufgezeigten Unstimmigkeiten allenfalls als Maxime der Zusammenarbeit interpretiert werden. Die Fähigkeiten der Vertriebspartner und deren Engagement entscheiden weitgehend darüber, ob sich ein Angebot wirksam bis zum Kunden und Anwender transferieren lässt und ob Unternehmen in spezifischen Regionen und Ländern lokal und kundennah vorgehen können (Belz/Reinhold 1999a, S. 10). In der Literatur zum Vertrieb wird häufig den Eigentumsverhältnissen nach, zwischen herstellereigenen und herstellerfremden Vertriebsorganen unterschieden (s. Ahlert 1996, S. 47 f.; Belz 1999, S. 99 ff.; Homburg/Krohmer 2003, S. 704 f., 710). Diese Unterscheidung findet sich auch in empirischen Studien wieder, in denen meist eine Fokussierung auf einen Vertriebskanal (s. Anderson/Narus 1990; Andersson/Forsgren 1996; Kim/Hsieh 2003, Goodman/Dion 2001) oder der Vergleich zwischen Vertriebskanälen (s. Jackson/d'Amico 1989; Smith/Barclay 1997; Mahajan et al. 1984) vorgenommen wird. Beide Vorgehensweisen bieten sich an, wenn das Kriterium der Eigen- Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 13 tümerschaft in Bezug auf weitere untersuchte Variablen diskriminierend ist. Im ersten Fall wird der Einfluss der Eigentümerschaft eliminiert. Im zweiten Fall wird er als erklärende Variable in die Untersuchung integriert. Der Begriff „Vertriebspartner“ schliesst nach Belz/Reinhold (1999a, S. 10; Reinhold/Belz 2002, S. 40) herstellereigene Tochtergesellschaften sowie herstellerfremde Vertretungen, Untervertretungen und internationale Handelsgesellschaften mit ein (anders: Homburg/Krohmer 2003, S. 721). Die eingangs genannte Definition des „Vertriebspartners“ geht noch etwas weiter, indem sämtliche dezentralen Einheiten einbezogen werden, die Vertriebsaufgaben wahrnehmen. Damit können mögliche Unterschiede, die durch die Eigentumsverhältnisse und die mit diesen verbundenen Konsequenzen zustande kommen, berücksichtigt werden. Eine einseitige Betrachtung herstellereigener oder herstellerfremder Vertriebsorgane wäre für die Bearbeitung des vorliegenden Forschungsobjektes hingegen mit erheblichen Nachteilen verbunden und würde verschiedene Verzerrungen hervorrufen. Dies ist teilweise auf Besonderheiten der Industriegüterbranche und des internationalen Kontextes zurückzuführen. Denn mit der Fokussierung auf einen Vertriebskanal findet gleichzeitig eine Schwerpunktsetzung auf spezifische Länder, Produkt- und Kundensegmente statt, da z. B. für umsatzmässig kleine Ländermärkte (z. B. Norwegen) oder solche mit politisch unruhigen Bedingungen (z. B. Israel) besonders häufig auf unabhängige Distributoren zurückgegriffen wird (s. Jackson/d'Amico 1989, S. 29 f.; Helm 2001, S. 52 f.; Homburg/Krohmer 2003, S. 710). Auch würden solche Produkt- und Kundensegmente in den Vordergrund gerückt, bei denen im Verkauf weniger Komplexität und Erklärungsbedarf besteht, da sie ebenfalls einen Verkauf durch Distributoren begünstigen (s. Jackson/d'Amico 1989, S. 31 f.; Homburg/Krohmer 2003, S. 710). Ein anderer Nachteil besteht in der problematischen Annahme, dass alle Vertriebsaufgaben durch die jeweils betrachtete Vertriebsform wahrgenommen würden. Denn häufig werden die lokalen Teilaufgaben des Vertriebs in den Ländermärkten und Regionen von unterschiedlichen zentralen und dezentralen Organisationseinheiten erbracht (Abbildung 2-3, S. 14). Eine eigentumsbezogene Unterscheidung führt deshalb zwangsläufig zu einer willkürlichen Eingrenzung bei der Betrachtung von lokalen Vertriebsprozessen. Kapitel 2 14 Typischer Vertriebsprozess für Industriegüter, Land Z Marketing Aktivitäten Kontakt/ Verhandlungen Spezifikation Angebots- Auftragserstellung/ abwicklung Verkauf Lieferung Installation After-SalesServices Fähigkeiten • kommerzielle • technische • administrative Aufgabenträger 1. Unabhängiger Distributor 2. Unabhängiger Monteur 3. Unabhängiger Logistiker 4. Lokale Vertriebsgesellschaft 5. Lokale Servicegesellschaft 6. Zentrale Abteilungen Ausmass benötigter Fähigkeiten Sehr hoch Abbildung 2-3: Hoch Eignung von Aufgabenträgern Gering Sehr gering Sehr geeignet Bedingt geeignet Wenig geeignet Aufgabenverteilung im Vertriebsprozess für Industriegüter (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37) Abbildung 2-3 zeigt einen typischen Vertriebsprozess für Industriegüter mit den zu erfüllenden Aufgaben. Auf jeder Prozessstufe werden unterschiedliche Fähigkeiten verlangt, die branchen- und produktabhängig variieren können. Die unterschiedlichen Vertriebsaufgaben in einem Ländermarkt können von verschiedenen lokalen und zentralen Aufgabenträgern gemeinsam wahrgenommen werden (Winkelmann 2003, S. 53 f.). Hierbei sind unterschiedliche Konstellationen denkbar und möglich: Teilweise decken herstellereigene Vertriebsgesellschaften den gesamten Prozess ab, in anderen Fällen werden für verschiedene Teilaufgaben weitere externe und interne Aufgabenträger hinzugezogen. Aus dieser Perspektive betrachtet, scheint es sinnvoll nicht weiter zwischen herstellerfremden und herstellereigenen Vertriebspartnern zu unterscheiden, sondern vielmehr solche Vertriebsorgane zu betrachten, die für die Sicherstellung des Wegs der Leistungsübertragung zum Kunden verantwortlich sind und die Erfüllung der Vertriebsaufgaben lokal koordinieren. Hierbei kommen sowohl herstellerfremde als auch herstellereigene Vertriebsorgane in Frage. Bei der weiteren Diskussion wird auf theoretisch konzeptioneller Ebene deshalb nicht weiter nach den Eigentumsverhältnissen unterschieden, sondern der allgemeinere Begriff „Vertriebspartner“ verwendet. Abbildung 2-4 zeigt die aufgabenteilige Erfüllung des Vertriebsprozesses am Beispiel führender Schweizer Hersteller. Hierdurch wird noch einmal deutlich, dass sich die Einbeziehung verschiedener Aufgabenträger in den Vertriebsprozess sowohl zwischen Firmen, als auch zwischen betrachteten Ländern unterscheidet. Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 15 Vertriebsprozesse Schweizer Industriegüterhersteller Marketing Aktivitäten Beispiele • Bucher, Emhart Glass, Japan Kontakt/ Verhandlungen Angebots- Auftragserstellung/ abwicklung Verkauf Spezifikation Lieferung Installation After-SalesServices 4., 6. 4. (6.) 4., 6. 6. (4.) 6. (4.) 6. (4.) 6. 6. • Bucher, Emhart Glass, Deutschland 4., 6. 4. 4., 6. 6. (4.) 6. (4.) 6. (4.) 6. 6. • Bucher, Emhart Glass, Russland 1., 6. 1., 4. 4. 1., 6. (4.) 6. (4.) 4. (3.) 6., 2. 4., 6. • ABB, Business Unit Minerals, Indien 4. (1., 6.) 4. 4. (3., 6.) 4. (2., 3., 6.) 4. (3.) 4. (3.) 2. (3., 4.) 5. (4.) • ABB, Business Unit Minerals, Iran 6. (1., 4.) 4. 6. (3.) 6. (2., 3., 4.) 6. (3.) 6. (3.) 2. (3., 6.) 5. (6.) 6. 1. (6.) 6. 1., 6. 1., 4. 3. (2.) 2. 1. • RUAG, Aerospace Aircraft, Mittlerer Osten Verantwortliche Aufgabenträger 1. Unabhängiger Distributor 2. Unabhängiger Monteur 4. Lokale Vertriebsgesellschaft 5. Lokale Servicegesellschaft ( ) = Vertriebshelfer mit unterstützender Tätigkeit Abbildung 2-4: 3. Unabhängiger Logistiker 6. Zentrale Abteilungen Aufgabenverteilung im Vertrieb am Beispiel Schweizer Hersteller (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37) Abbildung 2-4 zeigt insbesondere auch Aufgabenträger, wie Logistikdienstleister oder Monteure, die die lokalen Vertriebspartner bei der Erfüllung von Vertriebaufgaben unterstützen. Diese werden im Weiteren als Vertriebshelfer bezeichnet (s. Ahlert 1996, S. 47; Homburg/Krohmer 2003, S. 707 ff.). Darunter fallen dann bspw. auch Agenten, die von Tochtergesellschaften zur Anbahnung von Geschäftsbeziehungen eingesetzt werden (Homburg/Krohmer 2003, S. 709). 2.1.3 Zentrale für länderübergreifende Koordination und Unterstützung In dieser Arbeit werden unter der „Zentrale“ diejenigen zentralen Aufgabenträger verstanden, die durch die Koordination und Unterstützung der dezentralen Vertriebspartner zur Erfüllung der Vertriebsaufgaben beitragen (s. Reckenfelderbäumer 2001, S. 253 f.). Zentrale und Vertriebspartner stellen damit eine Gemeinschaft zur Erfüllung von Vertriebsaufgaben dar (Thies 1976, S. 49 f.). Es muss jedoch nicht zwingend die weltweite Unternehmenszentrale bzw. das Stammhaus gemeint sein, wenn von der „Zentrale“ die Rede ist. Auch das regionale Management oder das divisionale Management kann die Rolle der „Zentrale“ einnehmen, wenn es eine koordinierende oder unterstützende Tätigkeit einnimmt, die zur Aufgabenerfüllung dezentraler Vertriebspartner beiträgt (Pahlberg 1997, S. 456 f.). So werden z. B. bei der BASF AG, der Bosch AG, der Emhart Glass S.A. und der Holcim 16 Kapitel 2 AG weitgehend alle Logistik-, Preis- und Marketingentscheidungen für die Regionen Europa, Nord-, Südamerika und Asien von regionalen Headquarters getroffen. Die Begriffe „Zentrale“ und „Hersteller“ unterscheiden sich in der Praxis durch das Eigentumsverhältnis des Herstellers am Vertriebspartner und reflektieren dessen Sicht: Herstellereigene Vertriebspartner benutzen den Begriff „Zentrale“, während herstellerfremde Vertriebspartner die Ausdrücke „Hersteller“ oder „Lieferant“ verwenden. Da in der vorliegenden Arbeit zunächst nicht zwischen herstellereigenen und herstellerfremden Vertriebspartnern unterschieden wird, können die Begriffe Zentrale, Hersteller, Stammhaus, Headquarters, Herstellerunternehmen und Unternehmenszentrale im Weiteren synonym verwendet werden. Reckenfelderbäumer (2001, S. 253) betont, dass die Zentrale insbesondere Aufgaben der Koordination und der Unterstützung übernimmt (s. Kieser/Walgenbach 2003, S. 298 ff.; Bartlett/Ghoshal 1990, S. 132). Die Koordination durch die Zentrale betrifft dabei verschiedene Mechanismen. Hervorzuheben sind die Zentralisierung, die Formalisierung und die Kontrolle: Eine Zentralisierung wird aus Sicht des Herstellers angestrebt, um Skaleneffekte und Synergien zu nutzen (Kieser/Walgenbach 2003, S. 299). Ein gewisser Grad an Formalisierung bildet die Basis, um eine länderübergreifende Planung inklusive Zielvereinbarungen und Ergebniskontrollen zu realisieren (Kieser/Walgenbach 2003, S. 299; Bartlett/Ghoshal 1990, S. 132). Für ein detailliertes Bild zu den einzelnen Koordinationsmechanismen sei an dieser Stelle auf Kieser/Walgenbach (2003, S. 300) verwiesen. Es bleibt festzuhalten, dass die Wahrnehmung von Koordinationsaufgaben durch die Zentrale zwangsläufig die Autonomie der Vertriebspartner einschränkt (Reckenfelderbäumer 2001, S. 254). Dabei manifestiert sich, dass eine Vertriebsgesellschaft, so bedeutsam sie auch für die Entwicklung der Unternehmung und deren Erfolg sei, aus Sicht der Zentrale nur ein Element im Gesamtsystem ist (Dülfer 1992, S. 384.). Entscheidungen, z. B. über Marketingaktivitäten oder Erweiterungsfinanzierungen, müssen deshalb immer auch die Interessen anderer Elemente (bspw. anderer Vertriebspartner) des Gesamtunternehmens berücksichtigen (Dülfer 1992, S. 384 ff.). Neben der Koordination kommen der Zentrale insbesondere Aufgaben der Unterstützung zu. Hierbei handelt es sich z. B. um die Übernahme verschiedener Sekundäraufgaben, wodurch dezentrale Bereiche entlastet werden können (Reckenfelderbäumer 2001, S. 254). Auch hierbei spielen Synergieeffekte eine Rolle, allerdings verspricht man sich häufig auch eine höherwertige Leistung, als dies bei einer dezentralen Erstellung der Fall wäre (Reckenfelderbäumer 2001, S. 254). Beispiele für die Unterstüt- Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 17 zung sind z. B. die Durchführung von Schulungen, Marktforschungen oder die Bereitstellung von Produktdokumentationen sowie technische oder juristische Hilfestellungen (s. Reckenfelderbäumer 2001, S. 254; Lasserre/Schütte 1995, S. 253 ff.). Zentralbereiche verfügen in Bezug auf ihr Angebot, insbesondere bei unterstützenden Leistungen, häufig über eine innerbetriebliche Monopolstellung, so dass sie keiner unmittelbaren Konkurrenz ausgesetzt sind (Reckenfelderbäumer 2001, S. 257). Mittelbare Konkurrenz kommt bspw. dadurch zustande, dass Leistungen vor Ort selbst erstellt werden oder extern beschafft werden können. Als typisch führt Reckenfelderbäumer (2001, S. 258) an, dass viele Zentralbereiche nur unzureichende und ungenaue Vorstellungen über die qualitativen und quantitativen Bedürfnisse der internen Kunden haben, obwohl der „relevante Markt“ meist relativ eng und abgegrenzt ist (Reckenfelderbäumer 2001, S. 258). Hungenberg (1992, S. 345) betont zudem, dass die Möglichkeit einer zentralen Problembewältigung in internationalen Märkten nur eingeschränkt besteht, was es der Zentrale erschwert, ihre Aufgaben zu erfüllen (Hungenberg 1992, S. 345). 2.2 Forschungsansatz und theoretische Perspektive 2.2.1 Realitätsorientierter Forschungsansatz Nach Tomczak (1992, S. 80 f.) sind die drei Grundelemente empirischer Forschung die Realität, die Theorie und die Methode. Für die wissenschaftliche Betrachtungsweise von Realität ist es typisch, dass in sich widerspruchsfreie Systeme von Aussagen und Theorien aufzustellen sind, deren Entsprechung zur Realität unter Verwendung von Methoden zu überprüfen und zu entwickeln ist. Durch die Methoden soll eine Verbindung zwischen abstrakteren Elementen von Theorie und Realität hergestellt werden, wobei jeder Marketingforscher vor dem Dilemma zwischen qualitativer Gründlichkeit und quantitativer Abstraktion steht (Tomczak 1992, S. 81). Die realitätsorientierte Marketingforschung greift Probleme auf, die aktuell oder künftig für die Praxis relevant sind, und versucht diese auf dem Wege eines theoriegeleiteten Empirismus zu beschreiben, zu erklären und zu lösen. (Belz 1991, S. 9; Tomczak 1992, S. 83; Tomczak 1991, S. 30 ff.) Die praktische Relevanz wird demnach ebenso als Anforderung an ein realitätsorientiertes Forschungsvorhaben gestellt wie die theoretische Fundierung: Einerseits ist also zu untersuchen, welche anderen theoretischen Perspektiven, d. h. erste Strukturierungen oder ausgereifte Theorien bereits zur Verfügung stehen (Tomczak 1992, S. 83). Andererseits ist zu prüfen, ob das Forschungs- 18 Kapitel 2 problem in der Praxis – also bei den Personen, die sich in dem betrachteten Realitätsausschnitt befassen – tatsächlich ein relevantes Problem darstellt (Tomczak 1992, S. 83; Tomczak 1991, S. 26). Im Rahmen dieser Arbeit wurde versucht, beiden Anforderungen in hohem Masse Rechnung zu tragen. Zum einen wurden umfangreiche qualitative und quantitative empirische Untersuchungen vorgenommen, um die Relevanz des Forschungsproblems aus Sicht der befragten Praxisvertreter zu untersuchen (s. Abschnitt 1.2, S. 3 ff.; Abschnitt 2.4, S. 34 ff.). Zum anderen konnten durch ein hermeneutisches Vorgehen die Beiträge grundsätzlicher theoretischer Perspektiven (s. Absatz 2.2.2, S. 18 ff.) und die Beiträge benachbarter Forschungsgebiete (s. Abschnitt 2.3, S. 20 ff.) herausgestellt werden. Sie leisten zur Beantwortung der vorliegenden Forschungsfragen eine wichtige Hilfestellung. Die Methoden, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten des Dissertationsprojektes ihren Einsatz fanden, werden in Abschnitt 2.4 (S. 34 ff.) einzeln vorgestellt und erörtert. 2.2.2 Situativer Ansatz als theoretische Perspektive Es gibt vielfältige Möglichkeiten, sich dem Phänomen Organisation theoriegeleitet zu nähern, und jede Theorie lässt bestimmte Facetten der Organisation in den Vordergrund treten und drängt zugleich andere in den Hintergrund (Kieser/Walgenbach 2003, S. 65). Während bspw. der situative Ansatz eine starke Gestaltungsorientierung aufweist, stehen bei anderen Theorien wie z. B. der verhaltenswissenschaftlichen Entscheidungstheorie in erster Linie die Erklärung oder das Verstehen formaler Organisation im Vordergrund (Kieser/Walgenbach 2003, S. 65). Für eine ausführliche Diskussion und Gegenüberstellung der unterschiedlichen Organisationstheorien sei an dieser Stelle auf Kieser (1999b) verwiesen. Um eine möglichst differenzierte, praxis- und realitätsnahe Betrachtungsweise zu fördern (Staehle 1976, S. 36; Belz 1993, S. 7; Mockler 1971, S. 146), wird als Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit der situative Ansatz gewählt. Diese theoretische Perspektive eignet sich besonders für eine Erklärung der formalen Struktur und führt in hohem Masse zu handlungsleitenden Implikationen (Kieser/Walgenbach 2003, S. 222 f.). Der situative Ansatz ist auch unter dem Begriff „Kontingenzansatz“ bekannt (Scherer/Beyer 1998, S. 334). Es soll damit die Annahme zum Ausdruck gebracht werden, dass Organisationsstrukturen von anderen Grössen abhängig (= kontingent) sind. Der Ansatz geht dabei von konkreten Problemsituationen aus, die durch eine Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 19 Konstellation bestimmter Einflussgrössen (synonym: Kontextfaktoren) definiert werden (Staehle 1976, S. 36; Staehle 1977, S. 112; Mockler 1971, S. 146). Handlungsempfehlungen werden damit relativiert (Tomczak 1992, S. 84; Kieser/Kubicek 1992, S. 50), sie müssen sich an der Situation ausrichten, in der sich die jeweilige Organisation, bspw. der Vertriebspartner, befindet (Kieser/Kubicek 1992, S. 45 f.; Staehle 1977, S. 112; Mockler 1971, S. 147). Die Aufgabe des situativen Ansatzes besteht darin, Handlungsalternativen zu entwerfen, die unter genau zu spezifizierenden Situationen erfolgreicher sind als andere (Staehle 1976, S. 36). Es gibt demnach nicht eine generell gültige optimale Handlungsalternative, sondern mehrere situationsbezogen angemessene (Staehle 1976, S. 36; Staehle 1977, S. 114; Mockler 1971, S. 148). Dabei nimmt der situative Ansatz an, dass das Management durch die Anpassung der Organisationsstruktur an die Situation („Fit“) versucht, die Effizienz der Organisation zu maximieren (Kieser/Walgenbach 2003, S. 222; Jensen 2001, S. 12; Donaldson 2001, S. 12). Kontextfaktor Kontextfaktor Andere Andere Ursachen Ursachen Fit Ergebnisse Ergebnisse Organisationsstruktur Organisationsstruktur Abbildung 2-5: Falls nicht befriedigend: Anpassung Konzept zur Korrespondenz von Situation und Organisationsstruktur (In Anlehnung an Donaldson 2001, S. 12) Abbildung 2-5 (S. 19) zeigt das von Donaldson (2001, S. 12 f.) vorgeschlagene FitKonzept zur Anpassung der Organisationgestaltung an die Kontextfaktoren mit den entsprechenden Ergebniswirkungen, das für die Konzepte und Methoden der vorliegenden Arbeit besondere Impulse gibt. Danach müssen lokale Kontextfaktoren (z. B. die lokale Wettbewerbsintensität) und die jeweils korrespondierenden organisatorischen Gestaltungen (z. B. der Grad an Entscheidungszentralisierung in der Vertriebsorganisation) erfasst und beschrieben werden, um die Eignung der Kombination aus beiden Einflussgrössen anhand ihrer Ergebniswirkungen (z. B. lokaler Erfolg oder lokale Zufriedenheit) beurteilen zu können. 20 Kapitel 2 Wie Scherer (1999, S. 2) betont, „sind Organisationen hochkomplexe soziale Gebilde, in denen viele Probleme auftreten können, die (...) nur schwer unter ein gemeinsames Dach einer wie auch immer gearteten ‚Supertheorie’ zu integrieren sind (...). Hinzu kommt (...), dass jeder dieser Teilaspekte wiederum unter verschiedenen theoretischen Perspektiven beleuchtet werden kann“. Die Perspektive des situativen Ansatzes wird deshalb dort, wo es dem Autor geboten scheint, um andere Betrachtungsweisen ergänzt, soweit diese zur theoretischen Durchdringung des Forschungsobjektes beitragen (s. Homburg 2000, S. 56; Kieser/Walgenbach 2003, S. 45 f., 68). Einen Beitrag leistet der ressourcenbasierte Ansatz, auch als „resource-based view“ bezeichnet, der den spezifischen Wert der effizienten Vertriebsorganisation als einzigartige innerorganisationale Voraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens in den Vordergrund stellt und zu erklären hilft (s. Barney 1986; Penrose 1959; Rasche 1994; Wernerfelt 1984). Die Transaktionskostentheorie leistet einen Betrag, indem das Zustandekommen verschiedener Koordinationsformen zwischen Markt und Hierarchie erklärt wird (s. Picot 1982; Picot/Dietl 1990; Williamson 1975; Williamson 1985; Williamson 1991). Und auch die Perspektive der Principal-Agent Theorie, die neben der Transaktionskostentheorie zu den institutionenökonomischen Ansätzen gehört, kann Beiträge leisten, indem sie den Blick auf Informations- und Interessenunterschiede zwischen den Parteien in der Vertriebsorganisation lenkt, aus denen Probleme in der Zusammenarbeit resultieren können (s. Kieser/Walgenbach 2003, S. 49 ff.). Die Integration nicht vereinbarer theoretischer Perspektiven kann aus wissenschaftlicher Sicht durchaus problematisiert werden. Solange es allerdings keine Möglichkeit gibt, ein objektives Urteil über die Güte der einzelnen Theorien zu fällen, erscheint Kieser/Walgenbach (2003, S. 68) dies der einzige Weg, das Verständnis von Organisationen zu verbessern. Die Perspektiven werden in dieser Arbeit deshalb in Anlehnung an Homburg (2000, S. 56) als komplementär betrachtet und integrierend genutzt. 2.3 Wissenschaftliche Beiträge benachbarter Forschungsgebiete In den folgenden Absätzen wird das Forschungsproblem in den Kontext verschiedener Forschungsgebiete gestellt, in deren Schnittmenge es sich befindet. Es werden jeweils ausgewählte wissenschaftliche Ansätze vorgestellt, die wichtige Beiträge zur Beantwortung der Forschungsfragen der vorliegenden Arbeit leisten. Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 21 2.3.1 Internes und vertikales Marketing im Vertriebssystem In Anlehnung an Rafée (1974, S. 80, S. 111) können unter einem Vertriebssystem sämtliche soziale Einheiten, d. h. Organisationen, Personengruppen und Einzelpersonen verstanden werden, die bei der Planung, Durchführung und Kontrolle von Vertriebsaufgaben mitwirken sowie die Beziehungen, die zwischen diesen sozialen Einheiten bestehen. Das Vertriebssystem schliesst damit sowohl herstellereigene als auch herstellerfremde Vertriebspartner ein, die an der Vertriebsaufgabe des Herstellers mitwirken sollen. Erste konzeptionelle Perspektiven, die systeminterne Austauschprozesse und ihre Gestaltung als Marketingprozesse interpretieren (Kotler 1972, S. 48 f.), waren das „Generic Concept of Marketing“ (Kotler 1972) und das mit ihm verwandte „Exchange Concept“ (Bagozzi 1974; Bagozzi 1975). (Rafée 1974, S. 111) Das weite Marketingverständnis beider Konzepte hat sich allerdings nicht durchgesetzt (Stauss/Schulze 1990, S. 149), da von einigen Wissenschaftlern der „Allzuständigkeitsanspruch des Marketing“ abgelehnt wird (s. Rafée 1974, S. 111; Stauss/Schulze 1990, S. 149; Schütz 1993, S. 194; Rafée/Specht 1982, S. 556 ff.). Dennoch lässt sich bis heute eine Beachtung der systeminternen Dimension des Marketing feststellen (Lings 1999; Conduit/Mavondo 2001; Rafiq/Ahmed 2000), deren Bedeutung sich inzwischen etabliert hat. Zu den internen Themenbereichen des Marketing gehören bspw. Diskussionen über Corporate Identity, Corporate Communication, Behavioral Branding (s. z. B. Tomczak et al. 2005; Tomczak/Brexendorf 2003) sowie internes und vertikales Marketing. Die beiden letzten Konzepte geben für das Forschungsprojekt wichtige Impulse, da sie das klassische Kundenverständnis um interne und (den Kundenunternehmen) vorgelagerte Kundengruppen, wie Tochtergesellschaften und den Handel erweitern. Internes Marketing Internes Marketing ist die „planmässige Gestaltung von Austauschbeziehungen mit internen Systemmitgliedern zu absatzmarktbezogenen Zwecken“ (Stauss/Schulze 1990, S. 155). Es kann als unternehmerische Grundhaltung verstanden werden, nach der alle unternehmerischen Entscheidungen konsequent an den Erfordernissen und Bedürfnissen der Mitarbeiter auszurichten sind (George/Grönroos 1995, S. 66; Rafiq/Ahmed 2000, S. 450 ff.; Stauss/Schulze 1990, S. 150), um deren Zufriedenheit zu erhöhen. Die Mitarbeiterzufriedenheit gilt im internen Marketing als Voraussetzung für die Realisierung ökonomischer Unternehmensziele (Rafiq/Ahmed 2000, S. 450; Kapitel 2 22 Lings 1999, S. 453). Vor allem im persönlichen Verkauf, der im Industriegütervertrieb häufig anzutreffen ist, haben das Personal und dessen Interaktion mit dem Kunden eine wesentliche Bedeutung für den Markterfolg (Lings 1999, S. 453; Stauss/Schulze 1990, S. 151; Grönroos 1985, S. 42). Das interne Marketing dient damit der internen Absicherung einer externen Marketingstrategie (Meyer/Oppermann 1998, S. 993; Stauss/Schulze 1990, S. 156). Das Konzept des internen Marketing bringt also die Relevanz intraorganisationaler Voraussetzungen zum Ausdruck, die für die erfolgreiche Umsetzung absatzorientierter Marketing- und Vertriebskonzepte vorliegen müssen. Als Austauschpartner bzw. Systemmitglieder kommen beim internen Marketing das Personal oder Subsysteme von Unternehmen in Betracht (Stauss/Schulze 1990, S. 155). Obwohl organisationsexterne Adressaten nicht explizit ausgeschlossen werden, liegt der Fokus im internen Marketing auf organisationsinternen Adressaten (Lings 1999, S. 453; Hauser et al. 1996, S. 268 f.; Davis 1992, S. 6; Conduit/Mavondo 2001, S. 12; Rafiq/Ahmed 2000, S. 454 f.). Es existieren bislang keine Untersuchungen, die das interne Marketing auf das Verhältnis der Zentrale zu den Vertriebsgesellschaften beziehen. Nach Stauss/Schulze (1990, S. 155) kommt jedoch ein Unternehmen mit mehreren Betriebsstätten grundsätzlich als System in Betracht (Stauss/Schulze 1990, S. 155; Schütz 1993, S. 194 f.). Dann sind es Subsysteme wie Filialen, Mitglieder von Kooperationen oder Franchise-Nehmer, die mit Hilfe eines abgestimmten Instrumentariums gesteuert und zu absatzstrategisch festgelegtem Verhalten im Sinne der Systemziele bewegt werden müssen (Stauss/Schulze 1990, S. 155). Adressat dieser Variante des internen Marketing ist das jeweilige Subsystem, in erster Linie dessen Leitung, sekundär auch die weiteren Elemente des Subsystems, bspw. Vertriebsmitarbeiter. Diese Variante wird von Stauss/Schulze (1990, S. 155) als „subsystemorientiertes internes Marketing“ bezeichnet. Tabelle 2-1 zeigt noch einmal die Einbeziehung von internen und externen Adressaten beim internen Marketing. Es wurden dazu jeweils einige wichtige Publikationen ausgewählt. Quelle Genannte Adressaten im ursprünglichen Wortlaut Rafiq/Ahmed 2000, S. 454 f. Meyer/Oppermann 1998, S. 992 Stauss 1997, S. 720 Mitarbeiter des Unternehmens, insbesondere Mitarbeiter im Kundenkontakt Organisationsinterne Mitarbeiter Mitglieder einer organisatorischen Unternehmensverbindung, rechtlich Kooperationspartner mit räumlich dezentraler Leistungserstellung, rechtlich Einbezogene Adressaten Externe Interne Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix Bruhn 1995, S. 25 George/Grönroos 1995, S. 65 f. Schütz 1993, S. 194 f. Stauss/Schulze 1990, S. 155 23 unabhängige Teileinheiten Mitarbeiter, Abteilungen, Tochterunternehmen Interne Organisation und interner Mitarbeitermarkt Zentrale Bereiche, Glieder der Wertschöpfungskette, Teilfunktionen im Stammhaus, selbstständige Auslandsgesellschaften und Beteiligungen, Filialen, Franchisenehmer Interne Organisationsmitglieder, Subsysteme, wie Filialen, Mitglieder von Kooperationen, Franchisenehmer Unternehmensinterne Mitarbeitermärkte Grönroos 1985, S. 42 = vollständig einbezogen, = nicht einbezogen, = teilweise einbezogen Tabelle 2-1: Einbeziehung interner und externer Adressaten im internen Marketing Vertikales Marketing Vertikales Marketing basiert auf dem Grundgedanken, dass eine stufenübergreifende Abstimmung von Funktionen und Marketingaktivitäten der vertikalen Partner sowohl eine wirtschaftlichere Prozessgestaltung als auch eine bessere Ausschöpfung der Nachfrage von Endkunden ermöglicht (Engelhardt 1990, S. 11; Pabst 1993, S.11; Pabst/Brettenthaler 1995, S. 48 f.; Schneider 1989, S. 90). Damit soll das vertikale Marketing die Wettbewerbsfähigkeit des Vertriebssystems insgesamt erhöhen (Engelhardt 1990, S. 11; Pabst 1993, S.11; Belz 1989, S. 292 f.) und dazu führen, dass beide Partner ihre Ziele besser erreichen (Ceyp 1996, S. 8; Thies 1976, S. 59; Steffenhagen 1975, S. 63; Belz 1989, S. 251 ff.). Häufig wird vertikales Marketing ausschliesslich auf die Zusammenarbeit mehrerer wirtschaftlich selbstständiger Distributionsstufen bezogen (Thies 1976, S. 52; Pabst 1993, S. 12 f.; Irrgang 1989, S. 12; Schneider 1989, S. 91, Engelhardt 1990, S. 11, Belz 1989, S. 571; Kirsch 1987, S. 20 f.). Das betrifft vor allem die Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Handel oder zwischen Gross- und Einzelhandel (Thies 1976, S. 52; Belz 1989, S. 571; Ceyp 1996, S. 7). Thies (1976, S. 49 ff.) und Tietz/Mathieu (1979, S. 9 ff.) sehen die wirtschaftliche Selbstständigkeit und die reale (nicht nur formale) Möglichkeit zum Austritt aus der Zusammenarbeit sogar als konstitutive Merkmale von vertikalen Marketingsystemen an (Thies 1976, S. 49 ff.; Tietz/Mathieu 1979, S. 9 ff.; Stuke 1974, S. 22). Durch diese enge Sichtweise werden aber die durch Eigentumsrechte abgesicherten Distributionssysteme, bspw. eigene Tochtergesellschaften, im Rahmen des vertikalen Marketing nicht erfasst (Kunkel 1977, S. 22). Die (häufig fehlende) reale Möglichkeit zum Austritt, wie sie bspw. in der Beziehung zu grossen Kapitel 2 24 Handelspartnern durch Machtungleichgewichte besteht, bleibt unbeachtet (Kunkel 1977, S. 22 f.). Auch die De-facto-Unabhängigkeit bzw. grosse Macht, die auch Filialunternehmen und ausländische Vertriebsgesellschaften häufig besitzen, wird nicht berücksichtigt, obwohl sie nach Weinhold-Stünzi (1986, S. 1) massgeblich ist, um von vertikalem Marketing zu sprechen. Kunkel (1977, S. 23) definiert vertikales Marketing deshalb als „eine auf mehrere Marktstufen zielende absatzfördernde Strategie und deren taktische Ausgestaltung durch eine Unternehmung wie auch durch mehrere Unternehmungen“. Das Bemühen um eine weitgehende Koordination der Marketing- und Vertriebsaktivitäten und der jeweils erbrachten Teilleistungen der am Absatzprozess Beteiligten (Kunkel 1977, S. 21) muss sich demnach auf alle Vertriebspartner beziehen, sowohl auf eigene Vertriebsgesellschaften als auch auf selbstständige Vertretungen. Tabelle 2-2 fasst anhand ausgewählter Publikationen den Adressatenbereich des vertikalen Marketing zusammen. Quelle Genannte Adressaten im ursprünglichen Wortlaut Belz 1989, S. 571 Irrgang 1989, S. 12 Schneider 1989, S. 91 Weinhold-Stünzi 1986, S. 1 Vertikal beteiligte Produktions- und Handelsstufen Einbezogene Adressaten Externe Interne Der Absatzmittlerbereich Marktpartner im Distributionskanal Vorgelagerte Stufen beim Vermarkten von Gütern und Dienstleistungen an Abnehmer über Zwischenstufen (Gross- und Einzelhandel) Kunkel 1977, Andere Marktstufen und deren Ausgestaltung S. 23 durch eine Unternehmung wie auch durch mehrere Unternehmungen Thies 1976, Ein wirtschaftlich selbstständig bleibendes UnterS. 52 nehmen auf einer anderen Wirtschaftsstufe = vollständig einbezogen, = nicht einbezogen, = teilweise einbezogen Tabelle 2-2: Einbeziehung interner und externer Adressaten im vertikalen Marketing Fazit: Internes und vertikales Marketing im Vertriebssystem kombinieren Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass sich internes Marketing hauptsächlich auf organisationsinterne Adressaten, vertikales Marketing hingegen auf (externe) Handelsstufen bezieht. Abbildung 2-6 zeigt die Bereiche, in denen das interne und vertikale Marketing Beiträge zur Erklärung und Gestaltung von Vertriebssystemen leisten. Während Typ A eine reine herstellereigene Organisation darstellt, und deshalb in den Geltungsbereich des internen Marketing fällt, beschreibt Typ B das Verhältnis zwi- Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 25 schen Hersteller und externen Distributionspartnern. Hierbei sind Aspekte des vertikalen Marketing zu beachten. Typ C zeigt vereinfachend eine im internationalen Industriegütervertrieb häufig anzutreffende Mischform, bei der internes und vertikales Marketing auf den verschiedenen Stufen bis zum Kundenunternehmen ineinander greifen müssen. Belz/Reinhold (1999a, S. 38) fordern, alle Stufen bis zum Kunden aufeinander abzustimmen, damit die Kundenorientierung vom Hersteller bis zum Kundenunternehmen lückenlos wird (Belz/Reinhold 1999a, S. 38; Belz 1994, S. 22). Vertriebssystem Typ A Hersteller Herstellereigene Vertriebspartner Kundenunternehmen Typ B Hersteller Herstellerfremde Vertriebspartner Kundenunternehmen Typ C Hersteller Herstellereigene Vertriebspartner Herstellerfremde Vertriebspartner Kundenunternehmen Internes Marketing Vertikales Marketing Abbildung 2-6: Internes und vertikales Marketing im Vertriebssystem des Herstellers (In Anlehnung an Belz/Reinhold 1999a, S. 97) Dies unterstreicht die notwendige Verzahnung von internem und vertikalem Marketing. Eine Abstimmung sollte vorgenommen werden, unabhängig davon, ob die Systemmitglieder organisationsintern sind oder nicht (Belz/Reinhold 1999a, S. 38; Schütz 1993, S. 194; Stauss/Schulze 1990, S. 155; Weinhold-Stünzi 1986, S. 1; Kunkel 1977, S. 23). Wichtigstes Ziel ist es, dass alle Mitglieder des Vertriebssystems die Unterstützung bekommen, die sie benötigen, um ihre Aufgaben - insbesondere Aufgaben im Kundenkontakt - zu erfüllen. (Lings 1999, S. 453; Barrett 1994, S. 31) Die Massnahmen im Rahmen einer solchen Kundenorientierung müssen für Tochtergesellschaften ggf. anders ausgestaltet sein als für selbstständige Vertretungen. Herstellereigene und fremde Vertriebspartner werden dabei zu wichtigen Kundengruppen der Zentrale (Belz 1994, S. 22). 2.3.2 Zufriedenheits- und Konfliktforschung in Distributionskanälen Die verhaltenswissenschaftliche Marketingforschung beschäftigt sich bereits seit den 1950er Jahren (z. B. Mack/Snyder 1957) mit Zufriedenheit und Konflikten in Distributionskanälen. In etlichen Partialuntersuchungen (z. B. Boyle/Dwyer 1995; Kapitel 2 26 Frazier/Rody 1991; Gaski/Nevin 1985; Kale 1986; Lusch 1976) sind Teilaspekte der vertikalen Distributionsbeziehungen untersucht und bereits in verschiedenen Metaforschungen zusammengefasst worden (Steffenhagen 1987, S. 551; s. Geyskens et al. 1999; Gaski 1984; Pondy 1989; Pondy 1967). Allein zwischen 1970 und 1996 wurden 71 empirische Studien zur Zufriedenheit in Vertriebskanälen durchgeführt, deren Ergebnisse in führenden amerikanischen Marketingjournalen veröffentlicht wurden (Geyskens et al. 1999, S. 223). Diese Arbeiten beschäftigen sich mit der Frage nach dem Zustandekommen der Einstellung von Vertriebsmitarbeitern sowie ob und welchen Einfluss psychische Faktoren auf das Verhalten der Mitarbeiter, die Arbeitsleistung und damit auf den Unternehmenserfolg haben (Kieser/Walgenbach 2003, S. 37). Die Zufriedenheit von Mitgliedern des Vertriebssystems steht im Mittelpunkt vieler wissenschaftlicher Untersuchungen (z. B. Ping Jr. 2003; Geyskens et al. 1999; Brown/Peterson 1994; Schul et al. 1985; Dwyer 1980; Rosenberg/Stern 1971) und ist bezüglich ihrer Position in der Kausalkette umstritten (s. Michie/Sibley 1985; Schwab/Cummings 1970). Geyskens et al. (1999, S. 224) definieren die „Channel Member Satisfaction“ als emotionalen Zustand, der aus der Beurteilung sämtlicher Aspekte der Zusammenarbeit mit dem Herstellerunternehmen resultiert (Frazier et al. 1989; Gaski/Nevin 1985). Hierbei können drei wesentliche Perspektiven zur Rolle der Zufriedenheit unterschieden werden: 1. die Sicht, dass eine hohe Zufriedenheit von Mitarbeitern deren Leistung und Erfolg erhöhen (s. Schwab/Cummings 1970, S. 410; Herzberg 1968, S. 53 ff.), 2. die Sicht, dass hohe Leistungen und Erfolge von Mitarbeitern zur Zufriedenheit beitragen (s. Lawler III/Porter 1967; Schwab/Cummings 1970, S. 417 ff.), 3. die integrierende Sicht, dass die Beziehungen zwischen Zufriedenheit, Leistung und Erfolg wechselseitig sind (s. Michie/Sibley 1985, S. 189; Robicheaux/El-Ansary 1975, S. 25) und durch verschiedene weitere Variablen beeinflusst werden (s. Schul et al. 1985; Ping Jr. 2003; Dwyer 1980). Nach der zuletzt genannten Sichtweise erzeugt eine hohe Zufriedenheit, die durch weitere Einstellungsvariablen wie z. B. das Vertrauen zum Hersteller, die Verbundenheit und das Konfliktniveau moderiert wird, eine höhere Leistung der Mitarbeiter, die je nach Fähigkeiten und Charakter wiederum zu höheren Unternehmenserfolgen führt. Durch intrinsische und extrinsische (z. B. variables Gehalt) Belohnungen wirkt sich eine Zielerreichung wiederum auf die Zufriedenheit aus (s. Abbildung 2-7). Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 27 Belohnungen Konflikte Zufriedenheit Vertrauen Leistung Markterfolg Verhalten Erfolg Verbundenheit Einstellung Abbildung 2-7: Beziehungen von Einstellung, Verhalten und Erfolg von Vertriebsmitarbeitern Ein Grossteil der wissenschaftlichen Studien betrachtet nicht die gesamte in Abbildung 2-7 dargestellte Wirkungskette, sondern fokussiert die Zusammenhänge zwischen verschiedenen Einstellungsvariablen (s. Andaleeb 1996; Anderson/Narus 1990; Geyskens et al. 1996) und deren Abhängigkeiten von moderierenden Rahmenbedingungen (s. Wood 2001; Ping Jr. 2003; Goodman/Dion 2001). Neben der Zufriedenheit wurden dabei insbesondere Konflikte in Vertriebskanälen untersucht. Konflikte können sowohl Ursache als auch Konsequenz von Unzufriedenheit sein (Geyskens et al. 1999, S. 224). Konflikte stellen eine Situation der Spannung, Frustration und Unstimmigkeit in einer Vertriebsbeziehung dar (Anderson/Narus 1990, S. 65 f.), in der mindestens einer der Interaktionspartner wahrnimmt, dass die andere Partei ihn davon abhält oder daran hindert, seine Ziele zu erreichen (Gaski/Nevin 1985, S. 131 f.; Steffenhagen 1975, S. 23 f.). Sachliche Konflikte sind durchaus gewollt, da sie neue Ideen fördern, Klarheit schaffen und die Basis für Veränderungen darstellen (Schögel 1997, S. 92). Sie können jedoch leicht in Konflikte zwischen Personen umschlagen (Kieser/Walgenbach 2003, S. 155). Bis zu einem bestimmten Niveau scheinen Konflikte keinen wesentlichen Einfluss auf die Effizienz des Vertriebssystems zu nehmen. Rosenbloom (1973, S. 29) betont die effizienzsteigernde Wirkung, die von einem „konstruktiven“ Konfliktniveau ausgehen kann. Er weist jedoch darauf hin, dass Konflikte ab einem bestimmten Niveau die Effizienz des Vertriebssystems mindern können und eine ernsthafte Gefahr für die Zusammenarbeit darstellen (Rosenbloom 1973, S. 27 f.). Für detaillierte Ausführungen zu einzelnen Konflikttypen und -verläufen, die in der Konfliktforschung untersucht wurden, sei an Kapitel 2 28 dieser Stelle auf Steffenhagen (1975, S. 24 ff.; 1987, S. 555 ff.), Pondy (1967, S. 298 ff.), Etgar (1979) und Lusch (1976, S. 383 f.) verwiesen. Abbildung 2-8 zeigt den von Rosenbloom (1973) unterstellten Zusammenhang. hoch Effizienz des Vertriebssystems niedrig niedrig hoch Konfliktniveau Abbildung 2-8: Zusammenhang zwischen Konfliktniveau und Effizienz des Vertriebssystems (In Anlehnung an Rosenbloom 1973, S. 29) Viele der Beiträge zur Konflikt- und Zufriedenheitsforschung in Vertriebskanälen beschäftigen sich mit der Bestimmung und Erklärung der Ursachen sowie der Determinanten, Entwicklungsstufen und der Stärke von Konflikten. Sie geben jedoch nur wenige Hinweise, wie Konflikten im Vorfeld begegnet, wie die Zufriedenheit erfasst oder wie bestehende Konflikte gelöst werden können, um die Zusammenarbeit zu verbessern (anders s. Henderson 1971; Dant/Schul 1992; Steffenhagen 1975, S. 129 ff.; Dant/Schul 1992). Auch geben empirische Studien kaum Hinweise darauf, welche Auswirkungen Zufriedenheit, Konflikte und andere Einstellungsvariablen auf das Verhalten von Mitarbeitern und auf betriebliche Erfolgsgrössen haben (Meinig/Heß 1992; anders s. Meffert et al. 1996). Zudem sind die erklärenden Aussagen, die im Rahmen der Konfliktforschung getroffen werden, meist auf einem abstrakten Betrachtungsniveau. So können konkrete vertriebsspezifische Hinweise nur schwer abgeleitet werden (anders s. Diez et al. 2000; Meinig/Heß 1992; Meffert et al. 1996; Saatkamp 2002). Einen für die vorliegende Arbeit besonders wertvollen Impuls geben die Arbeiten von Diez et al. (2000), Meinig/Heß (1992), Meffert et al. (1996), Kale (1986) und Anderson/Narus (1984; 1990). Die ersten drei (Diez et al. 2000; Meinig/Heß 1992; Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 29 Meffert et al. 1996) untersuchten die Zufriedenheit von (herstellerfremden) vertraglichen Automobilhändlern in der Beziehung zu ihren Herstellerunternehmen. Die Händlerzufriedenheit wird im Rahmen des so genannten „Dealer Satisfaction Check“ an der Forschungsstelle für Automobilwirtschaft (FAW) in Bamberg (Deutschland) jährlich erhoben. Hierdurch erhalten Automobilhersteller Hinweise auf Optimierungspotenziale und Handlungsempfehlungen für die Gestaltung der Zusammenarbeit und die Steuerung der Vertriebspartner (Diez et al. 2000, S. 167). Im Industriegüterbereich, insbesondere für herstellereigene Vertriebsgesellschaften sind dem Autor bislang keine vergleichbaren Untersuchungen bekannt. Die Arbeiten von Kale (1986) und Anderson/Narus (1984; 1990) greifen ebenfalls die Perspektive eines unabhängigen Händlers auf und versuchen, dessen Zufriedenheit, Macht und Einflussstrategien in der Beziehung mit dem Hersteller zu erklären. Hierbei gibt die von den Autoren gewählte „Upstream“-Perspektive für die Problemstellung der vorliegenden Arbeit wichtige Anregungen. 2.3.3 Organisationale und personelle Interaktionsansätze Die Industrial Marketing and Purchasing Group (IMP Group) hat in den frühen 1980er Jahren erstmals ihren Interaktionsansatz vorgestellt (s. Hakansson 1982). Dieser erlaubt es, die Interaktionen von Marktbeteiligten in ihrem sozialen Gruppengefüge und ihrer Umwelt zu analysieren (Backhaus 2003, S. 134). Das allgemeine Interaktionsmodell (s. Abbildung 2-9), bei dem sich die IMP Group an die Interorganisations- sowie an die Neue Institutionentheorie anlehnt, basiert auf vier Variablengruppen (Hakansson 1982, S. 14 f.): „Akteure der Interaktion“ sind die beiden einbezogenen Parteien, aufgefasst als Organisationen und Personen. „Elemente und Prozesse“ beziehen sich auf Austauschobjekte und Abläufe der Interaktion. „Interaktionsumwelt“ beschreibt die Umwelt, in der die Interaktion stattfindet. „Atmosphäre“ steht für die sozialen Aspekte, durch welche die Interaktion beeinflusst wird und die selbst die Interaktion beeinflussen. Der Ansatz untersucht dabei nicht nur die einzelnen Gruppen von Variablen, sondern auch die Beziehungen zwischen diesen Gruppen (Hakansson 1982, S. 15). Der Interaktionsansatz bezieht sich in seiner ursprünglichen Form auf eine KäuferVerkäufer Dyade und damit auf das interorganisationale Zusammenspiel zweier rechtlich unabhängiger Unternehmen (Hakansson 1982, S. 14; Backhaus 2003, S. 134 f.). Es sind bis heute zahlreiche Interaktionsstudien durchgeführt worden, die i. d. R. nur gewisse Teilaspekte der komplexen Austauschprozesse analysieren (Backhaus 2003, Kapitel 2 30 S. 135; Backhaus/Büschken 1997). Auf dem IMP-Modell basierende Studien, in denen die intra-organisationale Interaktion eines Industriegüterherstellers mit einer ausländischen Vertriebsgesellschaft untersucht wird, gibt es bisher nur sehr wenige (s. Fairhead/Griffin 2001; Solberg 2000). Lingenfelder/Rudolph (1990), Rosson (1990) und Ford/Rosson (1982) betrachten Interaktionsparteien auf einer späten Stufe der Wertschöpfungskette: Lingenfelder/Rudolph untersuchen die Interaktionsbeziehung zwischen Hersteller- und Handelsunternehmen, während sich Rosson und Ford/Rosson mit der Beziehung zwischen Industriegüterherstellern und ihren ausländischen Distributoren beschäftigen. Interaktionsumwelt Atmosphäre Partei B Partei A Abteilungen Elemente und Prozesse der Interaktion Abbildung 2-9: Interaktionsansatz und wesentliche Elemente (Hakansson 1982, S. 15) Für eine Untersuchung der Zusammenarbeit zwischen Industriegüterherstellern und deren direkten und indirekten Vertriebspartnern leistet der Interaktionsansatz eine nützliche Strukturierungshilfe. Das Modell muss dazu im Hinblick auf das Untersuchungsziel angepasst und um konkrete Elemente, bspw. um konkrete Zusammenarbeitsprozesse ergänzt werden. Für die Zusammenarbeit zwischen Vertriebspartner und Hersteller scheint eine dyadisch-organisationale Betrachtung geeignet: Es sind zwei Parteien beteiligt (Renz 1998, S.213), bei denen nicht nur die Individuen mit ihren Persönlichkeiten, Motivationen und Erfahrungen betrachtet werden sollen, sondern auch die Abstimmungsprobleme innerhalb der einzelnen Organisationseinheiten, die von Grösse, Struktur und Strategie abhängen können (Renz 1998, S. 216). (Backhaus 2003, S. 135 f.; Lingenfelder/Rudolph 1990, S. 11 f.) Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 31 2.3.4 Internationales Vertriebs- und Marketingmanagement In der Forschung zum internationalen Management dominiert seit langem die Fokussierung von Herstellerunternehmen, resp. „Headquarters“ und die Argumentation aus Perspektive des Top-Managements. Eine Metauntersuchung, die Li/Cavusgil (1995) veröffentlicht haben, scheint dies zu belegen: Sämtliche identifizierte ResearchKlassen, bspw. „Internationalization Process Perspective“, „International Marketing Management“ oder „Market Globalization Perspectives“ wurden aus dem Blickwinkel des Herstellerunternehmens formuliert und erläutert (Li/Cavusgil 1995, S. 253 f.). Stewart (1995) und Gupta/Govindarajan (1994; 1991), die quantitativ-empirische Studien zu den Rollen von Tochtergesellschaften erstellt haben, stellen die Berechtigung einer Dominanz dieser Perspektive in Frage: „...if researchers’ intent is to understand strategic processes within MNCs, the focussing only on corporate „induced“ (i.e. centrally managed) processes would run the risk of overlooking important and directly relevant phenomena. Further, it would seem, that the study of autonomous processes would need to be conducted first at the level of the subsidiary and only secondarily at the level of the parent corporation.“ (Gupta/Govindarajan 1994, S. 455)1 Renz (1998, S. 78) hebt hervor, dass zwischen dem Herstellerunternehmen und dem Kunden ein grundsätzliches Wettbewerbsverhältnis um die Kontrolle eines Vertriebspartners besteht. Diese Problematik wird auch in den Untersuchungen von Williamson (1991;1975) aufgegriffen, der die Vertriebspartner im Spannungsfeld „zwischen Markt und Hierarchie“ einordnet. Eine Untersuchung von Andersson/Forsgren (1996, S. 504) zeigt, dass der Grad der sozialen Verwurzelung einer Vertriebstochter im Markt häufig grösser ist als intern zur Mutter. Tochtergesellschaften empfinden deshalb die Kontrolle durch den Kunden häufig stärker als die Kontrolle durch das Headquarters. Für das internationale Vertriebs- und Marketingmanagement ergibt sich hieraus eine folgenschwere Konsequenz. Multinationale Unternehmen werden insgesamt stärker durch die externen Beziehungen der Vertriebspartner bestimmt, als durch Massnahmen des Headquarters (Renz 1998, S. 79). Belz/Reinhold (1999a, S. 23, S. 221), Renz (1998, S. 79) und Stewart (1995) fordern deshalb, dass sich die Forschung „verstärkt auf Tochtergesellschaften fokussieren und aus deren Sicht argumentieren sollte“ (Renz 1998, S. 79). 1 Die im Zitat erwähnten „autonomen Prozesse auf Ebene der Tochtergesellschaft“ können, wenn man der Argumentation der Autoren folgt, nur als autonom im Sinne von „unabhängig vom Headquarters“ interpretiert werden. Kapitel 2 32 Diese Forderung hatte zwar schon bevor sie erhoben wurde, nämlich vor allem seit Beginn der 1990er Jahre, in der Forschung zumindest teilweise Berücksichtigung gefunden. Insbesondere schwedisch-norwegische Forscherteams um Anders- son/Forsgren, Holm und Birkinshaw haben Markt- und Verhandlungsstrategien, Machtgrundlagen und Rollen von Tochtergesellschaften untersucht (s. Andersson/Forsgren 1996; Astley/Zajac 1990; Birkinshaw 1996; Birkinshaw/Fry 1999; Birkinshaw et al. 2000; Birkinshaw/Ridderstrale 1999; Forsgren et al. 1999; Holm/Person 2000; Jarillo/Martinez 1990; Mudambi 1999; Poynter/White 1985; Roth/Morrison 1992; Taggart 1996). Bei vielen Untersuchungen, bspw. beim „Centres of Excellence Project“ werden jedoch nahezu ausschliesslich Produktions- und F&EBeziehungen mit der Zentrale (s. Holm/Person 2000; Gupta/Govindarajan 1991; Szulanski 1996), häufig auch deren Bedeutung innerhalb eines Netzwerkes (s. Pahlberg 2000; Forsgren et al. 1997) angesprochen. Die Vertriebsfunktion und deren Aktivitäten werden hingegen bisher weitgehend vernachlässigt. Die schwedischnorwegischen Ansätze entwickeln auch Handlungsempfehlungen für Tochtergesellschaften, bspw. Möglichkeiten der Einflussnahme und des Aufbaus von Machtpositionen (s. D´Cruz 1986; Etemad/Dulude 1986; Birkinshaw 1994; Andersson/Forsgren 1996). Es werden aber keine Handlungsempfehlungen für die Zentrale gegeben, wie sie die Anforderungen der Vertriebspartner erfassen und berücksichtigen könnte. Diese Lücke soll durch die vorliegende Arbeit geschlossen werden. 2.3.5 Zwischenfazit: Zusammenfassung und Einordnung In den Absätzen 2.3.1 (S. 21) bis 2.3.4 (S. 31 ff.) wurden vier benachbarte Forschungsgebiete dargestellt, die durch ihre unterschiedliche Perspektive einen Beitrag zur Durchdringung des vorliegenden Forschungsproblems leisten. Die vier Perspektiven sind dabei komplementärer Natur. Dies soll noch einmal durch eine zusammenfassende Darstellung verdeutlicht werden. Abbildung 2-10 (S. 33) zeigt die Forschungslücke dieser Arbeit im Kontext der benachbarten Forschungsgebiete. Die konzeptionellen Perspektiven des internen und vertikalen Marketing fassen das Vertriebssystem und seine Mitglieder als „interne Kunden“ der übergeordneten Instanzen auf (Rafiq/Ahmed 2000, S. 450 ff.; Stauss/Schulze 1990, S. 150). Abteilungen und Vorgesetzte werden damit zu „internen Dienstleistern“ (Hauser et al. 1996, S. 268 ff.). Damit betont die Perspektive, dass eine Ausrichtung an den internen Bedürfnissen der Organisationsmitglieder die Implementierung der Marketingstrategien begünstigt. Zur Theorie des internen und vertikalen Marketing liegen nur wenige empirische Ergeb- Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 33 nisse vor (s. Conduit/Mavondo 2001; Foreman/Money 1995). Jedoch bietet sie einen ausgereiften konzeptionellen Rahmen für die Orientierung an Vertriebspartnern. Diese Orientierung wird in dieser Arbeit als Grundhaltung eingenommen (s. Grönroos 1985, S. 66) und wird stets explizit oder implizit berücksichtigt. Internes und vertikales Marketing Internationales Vertriebsund Marketingmanagement Forschungslücke Zufriedenheits- und Konfliktforschung Interaktionsansatz Abbildung 2-10: Die Forschungslücke zwischen benachbarten Forschungsgebieten Die Zufriedenheits- und Konfliktforschung in Distributionskanälen ist insbesondere von der amerikanischen Forschungsgemeinschaft aufgegriffen und entschieden vorangetrieben worden (s. Mack/Snyder 1957; Rosenbloom 1973; Ping Jr. 2003). Dabei wurden über Jahrzehnte unzählige empirische Arbeiten verfasst, die sich mit der Messung der verschiedenen Einstellungsvariablen wie z. B. Zufriedenheit, Vertrauen und Verbundenheit sowie deren Beziehungen untereinander beschäftigen (s. Geyskens et al. 1999, S. 224). Entscheidende Beiträge dieses Forschungsgebietes liegen deshalb in der Bereitstellung von Messmodellen und den Ergebnissen der empirischen Tests von verhaltenswissenschaftlichen Theorien zu Beziehungen in Distributionskanälen. Der Interaktionsansatz leistet einen konzeptionellen Beitrag zur Schliessung der Forschungslücke. Der Interaktionsansatz in seiner ursprünglichen Form (s. Hakansson 1982) sowie seine zahlreichen Weiterentwicklungen (s. Backhaus/Büschken 1997) liefern einen Bezugsrahmen, der die Interaktion zwischen zwei Organisationseinheiten und deren Elemente erfasst und systematisiert. Zwar liegen inzwischen einige empirische Untersuchungen vor, die am Interaktionsansatz anknüpfen (s. Walter 2003; Biong/Selnes 1995). Die vorliegende Arbeit bedient sich jedoch in erster Linie der konzeptionellen Strukturierungsleistung in Bezug auf die organisationale Interaktion. Die Forschung zum internationalen Vertriebs- und Marketingmanagement beschäftigt sich mit den Determinanten, Aufgaben und Handlungsmöglichkeiten der zentralen 34 Kapitel 2 Organisationseinheiten der Marktorganisation. Auf diesem Forschungsgebiet wurden seit einigen Jahrzehnten konzeptionelle und empirische Arbeiten zu internationalen Marktselektions-, Markterschliessungs- und Marktbearbeitungsstrategien und deren Determinanten entwickelt (s. Belz/Reinhold 1999a, S. 29 f.; Kutschker/Schmid 2002, S. 238 ff.). Wenn in dieser Arbeit eine dezentrale Perspektive zum Vertriebsmanagement eingenommen wird, sind die Erkenntnisse und Strukturierungsleistungen des Forschungsgebietes deshalb ebenso bedeutend wie bei der Konzeption von Handlungsempfehlungen zur Berücksichtigung dieser Perspektive. So bieten z. B. Arbeiten zur Bedeutung von Kultur, rechtlichen Rahmenbedingungen, Führungsstilen oder Instrumenten des internationalen Managements (s. Hofstede 1983; Achrol 1991; Jaworski 1988; Welge 2003) eine breite Grundlage zur Entwicklung von Implikationen für die Koordination und Unterstützung der Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Vertriebspartner. Die theoretischen Bezugspunkte zu den benachbarten Forschungsgebieten liefern damit sowohl bei der Konzeption eines Bezugsrahmens als auch bei der Messung und Interpretation von Ergebnissen sowie bei der Entwicklung von Handlungsimplikationen wichtige Beiträge. In Bezug auf alle drei Forschungsfragen geben sie wichtige Einsichten und beeinflussen das Vorgehen bei der Suche nach Antworten und damit die Forschungsergebnisse wesentlich. Sie sind daher für diese Arbeit von grundlegender Bedeutung. 2.4 Ergänzende Methoden im Forschungsprozess 2.4.1 Stufenweise Kombination qualitativer und quantitativer Methoden “Questions before methods!“ fordert Punch (2000, S. 17, 30) und bringt damit zum Ausdruck, dass sich die Wahl und der Einsatz von Forschungsmethoden an den inhaltlichen Fragestellungen orientieren müssen, die der Forscher zu beantworten versucht (s. auch: Downey/Ireland 1979, S. 630). Der Forschungsprozess im Rahmen der vorliegenden Arbeit muss also zunächst darauf gerichtet sein, die Forschungsfragen möglichst präzise und vollständig zu erfassen und zu formulieren. Ausgangspunkt war im März 2002 deshalb zunächst eine inhaltliche Vertiefung, die auf die Industriegüterbranche und den internationalen Vertrieb fokussiert war (s. Abbildung 2-11; „I“). Auf Basis einer Analyse deutsch- und englischsprachiger Literatur zum Thema sowie Dokumentenanalysen (z. B. Geschäftsberichtsanalysen; „IIa“) und kontinuierlich durchgeführter Einzelinterviews („IIb“, „III“) konnten Forschungsfragen („IV“) identifiziert und Bearbeitungsschwerpunkte festgelegt wer- Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 35 den, um ein Forschungskonzept („V“) zu entwickeln, das die weitere Vorgehensweise bestimmt (s. Absatz 2.4.2.1, S. 37). IIa Literatur- und Dokumentenanalyse V Inhaltliche Vertiefung: Industriegüterbranche und internationaler Vertrieb Schwerpunkte und Forschungskonzept IV Identifikation von Forschungsfragen III Quantitativ-empirische Studie: VIa • Standardisierte, schriftliche Befragung • Befragte: Vertriebspartner von Schweizer Herstellern in Europa VIII VIb • Deskriptive, explorative und konfirmatorische Verfahren der Datenanalyse Qualitativ-empirische Explorative Studie: • Interviews mit Vertriebspartnern • Interviews mit Vertriebsverantwortlichen aus der Zentrale IIb März 2002 Studien: VIIa • Fallstudien in der internationalen Vertriebsorganisation von BASF, Gallus Ferd. Rüesch, Leica Microsystems, Nanosurf Analyse und Interpretation Analyse und VIIb Interpretation • Qualitative und quantitative Analysen • Diskussion der Interpretationen mit Vertretern der Unternehmen Zusammenfassung der Ergebnisse I Austausch mit Praktikern: Diskussion von Zwischenergebnissen Zeitachse Mai 2005 Abbildung 2-11: Forschungsprozess und eingesetzte Methoden Um der Komplexität der Beziehungen zwischen Herstellern und Vertriebspartnern gerecht zu werden, wird eine Kombination verschiedener quantitativer und qualitativer empirischer Methoden („VIa“, „VIIa“) angewandt (s. Jick 1979, S. 602; Aaker et al. 2001, S. 212 f.). Eine quantitativ-empirische Untersuchung („VIa“) liefert einen unternehmensübergreifenden Überblick, zeigt Schwerpunkte und bildet die Basis, um sich mit statistischen Verfahren der Problemstellung zu nähern (Aaker et al. 2001, S. 213; s. Absatz 2.4.2.2, S. 39). Die qualitativen Untersuchungen („VIIa“) hingegen dienen der tiefen inhaltlichen Durchdringung, die auf der Betrachtung des Einzelfalles beruht (s. Jick 1979, S. 603 f.; Belz 1993, S. 5; s. Absatz 2.4.2.3, S. 46). Aus der kritischen Reflexion und dem Vergleich von Ergebnissen quantitativer und qualitativer Teiluntersuchungen („VIb“, „VIIb“) können weitere wichtige Erkenntnisse gewonnen werden. Die „Triangulation“ als Kombination von verschiedenen Methoden kann es zum einen ermöglichen, tiefer in das untersuchte Phänomen einzudringen, neue Dimensionen zu identifizieren und eine umfassendere, ganzheitlichere Erklärung zu liefern (Jick 1979, S. 604; Bonoma 1985, S. 204; Downey/Ireland 1979, S. 630). Zum anderen kann der Einfluss einzelner Methoden auf das Untersuchungsergebnis herausgestellt werden (Jick 1979, S. 602). Jick (1979, S. 602) fordert deshalb, Transparenz über das methodische Vorgehen zu schaffen und genügend Details zu den einzelnen Instrumenten zu liefern. Dem soll in dieser Arbeit Folge geleistet werden. Kapitel 2 36 Die Forschungsfragen im Rahmen dieser Arbeit umfassen nicht allein beschreibende und erklärende Elemente, sondern sind ebenso auf die Ableitung von Handlungsempfehlungen gerichtet (s. Abschnitt 1.3). Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit, Ergebnisse kontinuierlich in Gesprächen mit Praktikern zu diskutieren, um mögliche Lösungen abzuleiten. Abbildung 2-11 (S. 35) zeigt die Elemente des Forschungsprozesses und deren zeitliche Abfolge. In dieser Arbeit werden, wie bereits weiter oben erwähnt, fortlaufend Ergebnisse der verschiedenen qualitativen und quantitativen Teiluntersuchungen eingearbeitet. Um die von Jick (1979, S. 602) geforderte Transparenz herzustellen und eine eindeutige Zurückführung von Forschungsergebnissen auf die einzelnen Teiluntersuchungen zu erleichtern, werden die Teiluntersuchungen bereits an dieser Stelle überblicksartig vorweg gestellt und benannt (s. Tabelle 2-3). Inhaltliche Details zu den einzelnen Teiluntersuchungen und ihre Einordnung in die Phasen des Forschungsprozesses finden sich im folgenden Absatz 2.4.2 (S. 37 ff.). Name der Teilstudie „Explorative Interviews“ „Geschäftsberichtsanalyse I“ „Geschäftsberichtsanalyse II“ „Pretest 2003“ Phase II und III Methodik Erhebungszeitraum 45 teilstrukturierte Einzelinterviews mit Mitarbeitern internationaler Vertriebsorganisationen 2002 bis 2004 I und VIa Analyse der Geschäftsberichte zum Berichtsjahr 2002 2003 I und VIa Analyse der Geschäftsberichte zum Berichtsjahr 2003 2004 Abbildung 2-2, S. 12 2003 Absatz 2.4.2.2, S. 41 2004 Absatz 2.4.2.2, S. 39 ff.; Anhang F - 1, S. 362 2004 Tabelle 2-6, S. 47; Anhang J, S. 374 ff. 2004 Tabelle 2-6, S. 47 2003 Tabelle 2-7, S. 48; Anhang J, S. 374 ff. 2003 Tabelle 2-7, S. 48 2004 Tabelle 2-7, S. 48; Anhang J, S. 374 ff. VIa „Vertriebsbefragung 2004“ VIa „Befragung Leica I“ VIIa „Befragung Leica II“ VIIa „Befragung Nanosurf I“ VIIa „Befragung Nanosurf II“ VIIa „Befragung Gallus I“ VIIa Standardisierte Befragung der Vertriebspartner eines internationalen Kunststoffherstellers (n=21), Qualitative Beurteilung durch Expertenteam (n=7) Standardisierte Befragung europäischer Vertriebspartner Schweizer Industriegüterhersteller (n=240) Vier teilstrukturierte Einzel- und Gruppeninterviews mit Vertriebs-, Geschäftsleitung und Distributoren Standardisierte Befragung internationaler Distributoren (n=54) Fünf teilstrukturierte Einzel- und Gruppeninterviews mit Vertriebsund Geschäftsleitung Standardisierte Befragung internationaler Distributoren (n=13) Vier teilstrukturierte Gruppen- und Einzelinterviews mit Marketingund Vertriebsleitung Weitere Informationen Absatz 2.4.2.1, S. 37 ff.; Anhang A, S. 346 ff. Absatz 2.4.2.2, S. 39 f.; Abbildung 2-12, S. 41; Anhang B - 1, S. 349 Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix „Befragung Gallus II“ „Befragung BASF I“ „Befragung BASF II“ Tabelle 2-3: 37 Standardisierte Befragung internationaler Vertriebs- und Service2004 Tabelle 2-7, S. 48 einheiten (n=61) Dreizehn teilstrukturierte EinzelTabelle 2-7, S. 48; VIIa und Gruppeninterviews in der 2004 Anhang J, S. 374 ff. europäischen Vertriebsorganisation Sechs Einzel- und GruppeninterTabelle 2-7, S. 48; VIIa views in der regionalen Divisions2004 Anhang J, S. 374 ff. und Business-Unit-Leitung Qualitative und quantitative Teilerhebungen im Forschungsprozess VIIa 2.4.2 Details zu den Phasen des Forschungsprozesses 2.4.2.1 Exploration und Forschungskonzept als Ausgangspunkte Ausgangspunkt des Dissertationsprojektes war die Kenntnis darüber, dass die Zusammenarbeit zwischen Industriegüterherstellern und Vertriebspartnern aus den verschiedenen Blickwinkeln häufig unbefriedigend ist sowie das inhaltliche Interesse des Autors an dieser Problematik. Literatur-, Dokumentenanalysen und Experteninterviews schärften das Verständnis des Autors in dieser ersten Phase ebenso wie eine erhöhe Aufmerksamkeit gegenüber der Tagespresse, bei Wirtschaftsnachrichten und in privaten Unterhaltungen (s. Bonoma 1985, S. 204). In einer explorativen Phase hat der Autor die Zusammenarbeit zwischen Herstellern und Vertriebspartnern verschiedener Industriegüterbranchen aus den unterschiedlichen Blickwinkeln der Beteiligten untersucht. Hierzu wurden 45 teilstrukturierte Interviews (s. Aaker et al. 2001, S. 187 f.; Kepper 2001, S. 165 f.) mit Praktikern geführt, die über Expertenwissen zum internationalen Vertrieb verfügen (s. Explorative Interviews, Tabelle 2-3, S. 37 und Anhang A, S. 346). Dazu gehören insbesondere Vertriebsleiter aus der Zentrale und Vertriebsverantwortliche aus Tochtergesellschaften und Vertretungen, so z. B. lokale Geschäftsführer und lokale Vertriebsleiter. Die Interviews wurden in deutscher und englischer Sprache durchgeführt (s. Aaker et al. 2001, S. 190). Auf die qualitative Befragung von Mitarbeitern aus Kundenunternehmen wurde ausdrücklich verzichtet. Der Grund dafür liegt in der Kluft zwischen der Wahrnehmung und dem Wissen des Kunden. Denn obwohl der Kunde und dessen Wahrnehmung die Bezugspunkte für sämtliche Anstrengungen des Unternehmens darstellen, kennt der Kunde die Gründe für eine ungenügende Leistungsqualität kaum. So kann ein Kunde z. B. zwar wahrnehmen, dass ein Liefertermin nicht eingehalten wird. Die Ursachen dessen entziehen sich jedoch meist seiner Beurteilung. Vertriebspartner unterstreichen, Kapitel 2 38 dass sie auf keinen Fall interne Konflikte gegenüber dem Kunden durchscheinen lassen, da hierdurch das Vertrauen des Kunden in ihre Kompetenz und die Professionalität des Anbieters leiden würde (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Um die Auswirkungen der Qualität der Zusammenarbeit auf die Leistung am Markt zu untersuchen, war daher die Befragung von Vertriebspartnern und Herstellern einer Kundenbefragung vorzuziehen. Den Interviewten wurde jeweils einige Tage vor dem Gespräch zur Vorbereitung ein Gesprächsleitfaden zugeschickt. Die Gespräche wurden persönlich oder telefonisch geführt. Jeweils wenige Tage danach erhielten die Befragten ein Gesprächsprotokoll zugesandt. Sämtliche Interviewinhalte, die in diese Arbeit einbezogen wurden, beziehen sich auf die von den Gesprächspartnern korrigierten und ergänzten Protokolle. Bei einigen Unternehmen gelang eine dyadische Betrachtung der Zusammenarbeit durch die Befragung von Mitgliedern der Zentrale und der Vertriebspartner. Es zeigte sich jedoch, dass die Auskunftsfreudigkeit bei den Vertriebspartnern dabei geringer ausfiel, als bei Befragungen unabhängiger Gesprächspartner. Tabelle 2-4 zeigt Fragenkreise (s. Belz 1989, S. 526) der explorativen Einzelinterviews. 1. Bedeutung des internationalen Vertriebs Inhalte: Umsatzbedeutung, Wachstum, Länderpräsenz, Erfahrungen, Zukunftspläne. 2. Organisatorische Gestaltung des internationalen Vertriebs Inhalte: Zentrale-dezentrale Aufgabenteilung, Kennzahlen zur Beurteilung internationaler Vertriebspartner, Unterstützung und Freiräume durch die Zentrale, erforderliche Kompetenzen von Vertriebspartnern und Zentrale, Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Vertretungen und Tochtergesellschaften. 3. Probleme und Herausforderungen in der Zusammenarbeit Inhalte: Kritische Themen in der Zusammenarbeit, Ursachen von Unzufriedenheit und Konflikten, Anforderungen der Zentrale und Anforderungen der Vertriebspartner, Interessenunterschiede, räumliche Trennung, Ursachen für die Trennung von Vertriebsbeziehungen. 4. Konsequenzen einer unbefriedigenden Zusammenarbeit Inhalte: Bedeutung und Wahrnehmung durch den Kunden, interne Effizienz, interne Blockaden, Kundenabwanderung und Wettbewerbsnachteile, emotionale Konsequenzen, finanzielle Konsequenzen, Qualität der Leistung für den Kunden. 5. Lokale Situationen und deren Berücksichtigung Inhalte: Unterschiede in lokalen Situationen, charakteristische „Typen“ von Vertriebspartnern, Unterschiede in benötigtem Support, Fit zwischen Gestaltung der Zentrale und Situation, Subjektivität der Situationseinschätzung. 6. Innovative Lösungsvorschläge zur Verbesserung der Zusammenarbeit Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 39 Inhalte: Zentraler und lokaler Umgang mit Konflikten, Anpassungen der Aufbau- und Prozessorganisation, kultureller Umgang, Führungsprinzipien, Verantwortlichkeiten und Sanktionen, Information und Kommunikation, Mitarbeiterentwicklung und Einstellungspolitik, Programme und Projekte zur Verbesserung der Zusammenarbeit. Tabelle 2-4: Fragenkreise bei explorativen Einzelinterviews Als zentrales Ergebnis der Exploration konnten die in Abschnitt 1.3 (S. 6 ff.) genannten Forschungsfragen konkretisiert werden. Ebenso konnten Strukturierungen vorgenommen (s. Belz 1993, S. 8) und konzeptionelle Schwerpunkte gesetzt werden, wie z. B. die Fokussierung auf den lokalen Blickwinkel. Zur Beantwortung der Forschungsfragen hat der Autor ein Konzept gewählt, das einen an die Exploration anschliessenden, integrierten Einsatz qualitativer und quantitativer Methoden vorsieht (s. Aaker et al. 2001, S. 213). Details zu den eingesetzten Methoden werden in den folgenden Absätzen 2.4.2.2 und 2.4.2.3 erläutert. 2.4.2.2 Quantitativ-empirische Studie ermöglicht Induktion Eine grundsätzliche Entscheidung im Rahmen jeder empirischen Untersuchung stellt die Auswahl einer speziellen Datenerhebungsmethode dar (Homburg 2000, S. 81). Diese ist wiederum von der Zielsetzung der Untersuchung abhängig. Im Rahmen dieser Arbeit sollen sowohl Zusammenhänge zwischen verschiedenen Variablen der Zusammenarbeit entdeckt (exploratives Vorgehen) und andererseits vermutete Zusammenhänge überprüft (konfirmatorisches Vorgehen) werden. Um quantitative Auswertungsverfahren (z. B. die Faktorenanalyse) zur Datenanalyse verwenden zu können, bestand die Notwendigkeit, eine grosse Stichprobe zu generieren. Deshalb wurde auf die standardisierte schriftliche Befragung zurückgegriffen (s. Homburg 2000, S. 81; Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37). Im Folgenden wird das Vorgehen bei Planung, Durchführung und Ergebniskontrolle der Datenerhebung im Rahmen der quantitativ-empirischen Studie detailliert dargestellt und erläutert. Stichprobenbildung und Gewinnung von Adressdaten Zur Beantwortung der Forschungsfragen hinsichtlich der lokalen Situation, der Beurteilung der Zusammenarbeit und der Eignung von Massnahmen sollten nicht Entscheidungsträger aus der Zentrale, sondern die internationalen Vertriebspartner befragt werden. Deshalb schien es vorteilhaft, Schlüsselinformanten („key informants“) in der Organisation der Vertriebspartner zu identifizieren und zu befragen (Homburg 2000, 40 Kapitel 2 S. 82; Kumar et al. 1993, S. 1634), von denen angenommen werden konnte, dass sie Wissensträger in Bezug auf die untersuchten Inhalte sind und die Bereitschaft besitzen, ihr Wissen mitzuteilen (Kumar et al. 1993, S. 1634). Für die Untersuchung musste also eine Person in der lokalen Organisation des Vertriebspartners gefunden werden, die für Vertriebsaufgaben verantwortlich und an der Zusammenarbeit mit dem Herstellerunternehmen insoweit beteiligt ist, dass sie zu deren Beurteilung fähig ist. Das gilt aus Sicht des Autors insbesondere für Geschäftsführer sowie Vertriebs- und Marketingleiter der lokalen Vertriebsorganisation. Branchenmässig wurde ein Schwerpunkt auf die Maschinenbau-, Metall- und Elektroindustrie gesetzt, die nach der gängigen NACE-Klassifizierung der Wirtschaftszweige abgegrenzt wurde und im konkreten Fall die Klassen 27, 28, 29, 31, 34 und 35 beinhaltet (s. Statistisches Bundesamt 2002). Die Information darüber, welche organisatorische Einheit eines Unternehmens als Zentrale fungiert und welche Einheit dezentrale Vertriebsaufgaben übernimmt, ist „von aussen“ nicht sichtbar und auch in möglichen Adressdatenbanken (z. B. Hoppenstedt, WLW, Schober etc.) und Mitgliedsdatenbanken von Branchenverbänden nicht verfügbar. Die Möglichkeit der Konzentration auf einen Ländermarkt und der Befragung aller zur Branche gehörigen Vertriebspartner in diesem Ländermarkt scheitert also an der Zugänglichkeit des Adressmaterials. Zur Adressbeschaffung wurde deshalb der Weg über die Hersteller gewählt, der in der Organisationsforschung häufig für verwandte Problemstellungen beschritten wird (z. B. Oliver/Anderson 1994; Futrell/Parasuraman 1984; Ruekert/Churchill Jr. 1984). Aufgrund der geografischen und persönlichen Nähe der Forschungsinstitution bot es sich an, den Fokus auf Schweizer Industriegüterhersteller zu legen. Dabei wurden durch eine Geschäftsberichtsanalyse die nach ihrem Umsatz im Jahr 2002 grössten zwanzig börsennotierten Industriegüterhersteller ermittelt und in die Untersuchung einbezogen (s. Abbildung 2-12, S. 41). In einem nächsten Schritt wurden sowohl durch Ansprechpartner, die auf DivisionsEbene in den Herstellerunternehmen bestanden, als auch durch Internet- und Datenbankrecherchen geeignete Ansprechpartner bei Vertriebspartnern ermittelt. Um die Komplexität und den Aufwand weiter zu reduzieren, beschränkt sich die Untersuchung auf europäische Vertriebspartner. Diese Fokussierung bietet sich insofern an, weil die Herstellerunternehmen den Geschäftsberichten zufolge im Jahr 2002 durchschnittlich 62 Prozent ihres Umsatzes in Europa erzielen und die europäische Vertriebsregion somit als die mit Abstand bedeutendste gesehen werden kann (s. Anhang B - 1, S. 349). Zur europäischen Vertriebsregion zählen in dieser Arbeit sämtliche Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 41 Länder, die auch von den Herstellern zur Region gehörig behandelt werden, so z. B. auch die Türkei und Russland. Insgesamt konnten die Kontaktdaten von 1'834 Ansprechpartnern in europäischen Vertriebseinheiten ermittelt werden, die als Datengrundlage für das weitere Vorgehen dienten (s. Anhang E - 1, S. 361). Unternehmen Unternehmen Umsatz1) Mitarbeiter 2002 2002 EBIT1) 2002 Umsatz1) 2002 Mitarbeiter 2002 EBIT1) 2002 31’0082) 139’051 6662) Bobst 1’478 5’062 122 Schindler 7’888 40’478 498 Bühler 1’351 6’290 54 Georg Fischer 3’417 13’737 80 Von Roll 1’213 3’844 -152 Rieter 2’976 12’983 201 Endress+Hauser 1’067 5’905 74 SIG 2’8343) 9’402 943) Agie-Charmilles 1’010 3’275 23 Saurer 2’490 10’760 101 Ruag 1’006 4’544 64 Mettler Toledo 2’0572) 8’500 2642) Conzzeta 909 2’831 35 Sulzer 1’946 9’113 136 Leica Geosystems 790 2’887 -38 Unaxis 1’490 6’544 -6 WMH 756 1’740 32 Bucher Industries 1’481 5’994 34 Kardex Remstar 550 2’034 18 ABB 1) in Mio. CHF, 2) Umgerechnet in CHF, Wechselkurs 1.69 CHF = 1 USD, 3) Umgerechnet in CHF, Wechselkurs 1.51 CHF = 1 EUR Abbildung 2-12: Umsatzstärkste Schweizer Industriegüterhersteller im Jahr 2002 (Geschäftsberichtsanalyse I, s. Tabelle 2-3, S. 37) Konzeption und Pretest des Fragebogens Auf Basis der in Absatz 2.4.2.1 (S. 37 ff.) beschriebenen explorativen Phase wurde ein englischsprachiger Fragebogen (s. Anhang D, S. 353) konzipiert. Die englische Sprache schien im Kontext der Befragung gleichsam sinnvoll wie unproblematisch zu sein, da sie nach Angabe der Unternehmen die dominante Sprache im Schriftverkehr darstellt. Verzichtet wurde auf die „Translation-Backtranslation-Methode“ kombiniert mit einer Befragung in Landessprache, da sie aus ökonomischen Gründen eine weitere Eingrenzung der betrachteten Ländermärkte erforderlich gemacht hätte. Da aber gerade der Einfluss verschiedener lokaler Marktsituationen untersucht werden soll, musste ein solches Vorgehen abgelehnt werden. Der Fragebogen enthält vier Themenfelder. Diese beschäftigen sich mit Fragen zur • Person und Organisation des Befragten, • Lokalen Situation in Bezug auf Umwelt, Markt und Organisation, • Zufriedenheit und Einstellung des Befragten bezüglich der Zusammenarbeit mit dem Hersteller und 42 Kapitel 2 • Koordination und Unterstützung durch den Hersteller. Der Autor greift dabei insbesondere bei den latenten Variablen auf bestehende Messkonzepte zurück. Der Fragebogen wurde zweistufig getestet. In einem ersten Schritt wurde er von 21 dezentralen Marketing- und Vertriebsmanagern eines internationalen Kunststoffherstellers ausgefüllt, die gebeten wurden, alle Unklarheiten zu kennzeichnen (s. Pretest 2003, Tabelle 2-3, S. 37). Nach einer Überarbeitung wurde der zu diesem Zeitpunkt bereits 8-seitige Fragebogen (inklusive Deckblatt) noch einmal von einem siebenköpfigen Expertenteam begutachtet. Das Team bestand aus zwei Marketingwissenschaftlern, zwei zentralen Vertriebsleitern, zwei Niederlassungsleitern und einem Unternehmensberater. Neben einzelnen Formulierung wurde von drei Experten die Gesamtlänge des Fragebogens bemängelt, was aber aus inhaltlichen und methodischen Gründen nicht berücksichtigt wurde. Durchführung der Befragung und Rücklauf Am 27. Januar 2004 wurde an 1'458 Ansprechpersonen der insgesamt 1'834 Adresssätze eine E-Mail versendet, um die Befragung anzukündigen (s. Anhang C - 1, S. 350). Bei den verbleibenden 376 Adressen war nicht die persönliche E-Mailadresse sondern ausschliesslich die postalische Anschrift bekannt, jedoch wurde keine postalische Ankündigung verschickt (s. Anhang E, S. 361). Die Ankündigung via E-Mail hatte zwei wesentliche Funktionen: Zum einen konnten fehlerhafte Adressen identifiziert und aus dem Datensatz entfernt werden (302 Adressen). Zum anderen konnten zu diesem Zeitpunkt bereits Ansprechpartner aus dem Datensatz gestrichen werden, die entweder eine Teilnahme verweigerten oder sich selbst als ungeeignete Ansprechpartner bezeichneten (93 Adressen; s. Anhang E, S. 361). Dies führte zu 1'063 brauchbaren E-Mailadressen. Zieht man bei den 376 postalischen Adressen solche ab, die sich als falsch herausgestellt haben oder deren Besitzer die Teilnahme verweigerten (56), so bleiben 320 brauchbare postalische Adressdatensätze. Am 4. Februar 2004 wurde an alle 1'383 verbleibenden Adresssätze der standardisierte Fragebogen (s. Anhang D, S. 353) versandt, im Fall der E-Mailkontakte als Adobepdf-Dokument, bei den postalischen Adressen in Papierform. Dem Fragebogen war in beiden Fällen ein personalisiertes Anschreiben vorangestellt worden, in dem der Autor selbst um die Mithilfe bei der Doktorarbeit bat (s. Anhang C - 2, S. 351). Als Anreiz, sich an der Studie zu beteiligen, wurde den Ansprechpartnern die Teilnahme an einer Buchverlosung und ein Management Summary mit den Ergebnissen der Studie in Aussicht gestellt (s. Larson/Chow 2003). Am 28. Februar 2004 wurde ein von Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 43 Erdogan/Baker (2002, S. 71) empfohlenes „Original Replacement Follow-up“ vorgenommen, indem an beide Adressengruppen via E-Mail und postalisch ein „Reminder“ versendet wurde, dem ebenfalls ein personalisiertes Schreiben vorangestellt und ein Fragebogen beigefügt worden war. Insgesamt konnte damit ein Rücklauf von 247 Fragebögen erzielt werden, was einer effektiven Rücklaufquote von 17.9 Prozent entspricht, die als zufrieden stellend betrachtet werden kann. Um eine Verzerrung der Ergebnisse zu vermeiden, wurden im Weiteren sieben Fragebögen ausgeschlossen, die auf ein inkonsistentes Antwortverhalten hindeuteten. Dies führte zu einem Nettoumfang der Stichprobe von 240 Fragebögen und einer bereinigten Rücklaufquote von 17.4 Prozent. Stichprobenstruktur und Repräsentativität Über die Verteilung von statistischen Merkmalen wie z. B. Mitarbeiteranzahl oder Umsatzhöhe (s. Scheffler 2000, S. 61) in der Grundgesamtheit der Vertriebspartner Schweizer Industriegüterhersteller waren keine Daten zugänglich. Es gibt keine Verbandsorganisation, über die die Tochtergesellschaften und Vertretungen organisiert sind und die etwaige Informationen bereitstellen würde. Es stellt sich generell die Frage nach der Grundgesamtheit, auf deren Merkmalsverteilung Rückschlüsse gezogen werden sollen. In der vergleichenden Organisationsforschung, insbesondere im internationalen Kontext, ist die Schwierigkeit, die relevante Grundgesamtheit zu ermitteln, allerdings allgemein bekannt (Kieser 1999a, S. 183 f.). Obwohl die Annahme einer Zufallsauswahl deshalb streng genommen nicht erlaubt ist (s. Kieser 1999a, S. 183), wird sie in führenden Journalen der organisationalen Marketingforschung, z. B. dem Journal of Marketing, dem Journal of Marketing Research und dem Journal of Retailing weithin bei den verwendeten Analysemethoden unterstellt, allerdings häufig nicht thematisiert. In Ermangelung von Alternativen wird diesem Vorgehen Folge geleistet. Dennoch soll die Struktur der effektiven bereinigten Stichprobe aufgezeigt werden. Abbildung 2-13 beschreibt die Stichprobe in ihrer Merkmalsstruktur bzgl. Ländergruppe, Vertriebsform, Grösse der lokalen Vertriebsorganisation und der Position des Befragten. Von entscheidender Bedeutung für die Beurteilung der Adäquanz der Stichprobe ist die Frage, ob in den Unternehmen die geeignete Ansprechperson gefunden wurde (Homburg 2000, S. 84 f.). Im vorliegenden Fall dominieren Geschäftsführer, Vertriebs- und Marketingleiter mit knapp 90 Prozent der Fälle. Hiermit ist offensichtlich, Kapitel 2 44 dass die Zielsetzung, solche Manager zu befragen, die mit dezentralen Entscheidungen des Vertriebsmanagements betraut sind, erreicht wurde. 100% k. A. 7.5% Süd-Ost Europa 8.3% Ost Europa 13.8% 100% Herstellereigen 76.7% 100% 10.4% 41-400 8.1% 26-40 10.0% 16-25 7.6% 11-15 21.8% 6-10 Zentral Europa 40.8% Süd-West Europa 14.2% Nord Europa 15.4% 23.3% 16.1% Ländergruppen Vertriebsform Grösse Vertriebsorganisation (Anzahl MA) n = 240 Sonstige 5.5% Erfahrener Vertriebs1.2% mitarbeiter 3.8% Produktmanager 100% 38.8% 6.4% 26.1% Vertriebsleiter Marketing Manager 3-5 Herstellerfremd 44.0% Geschäftsführer 1-2 Position des Befragten Abbildung 2-13: Merkmalsstruktur der Stichprobe (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37) Eine weitere Möglichkeit, Verzerrungen in der Stichprobe aufzudecken, liegt in der Betrachtung derjenigen Vertriebspartner, die nicht teilgenommen haben. Durch die Nachfassaktion konnten u. a. folgende Gründe für die Nichtbeantwortung aufgedeckt werden: Die Tochtergesellschaft hat keine Vertriebs-, sondern lediglich Produktionsfunktion, Vertraulichkeitsgründe, Insolvenz des Vertriebspartners oder das firmenweite Verbot, an Befragungen teilzunehmen. Durch die Nachfassaktion konnten noch einmal 81 Personen zu einer Teilnahme bewegt werden. Um Schlüsse dahingehend zu ziehen, ob sich die Personen in der effektiven Stichprobe in ihrer Struktur von denen unterscheiden, die nicht teilgenommen haben („Non-Response-Bias“), wird in der Marketingforschung häufig ein Vergleich zwischen den früh Antwortenden („Early Respondents“) und den spät Antwortenden („Late Respondents“) vorgenommen (s. Armstrong/Overton 1977). Dem liegt die Annahme zu Grunde, dass die „Late Respondents“ den „Non Respondents“ ähnlicher sind als denjenigen, die unverzüglich geantwortet haben („Early Respondents“). Diese Prämisse ist vor allem dann plausibel, wenn es sich bei den Late Respondents um diejenigen Unternehmen handelt, die ohne Nachfassaktion nicht geantwortet hätten (Luthardt 2003, S. 141). Unterschiede zwischen den Early Respondents und den Late Respondents lassen auf eine Verzerrung der Stichprobe schliessen (Armstrong/Overton 1977, S. 399). Um im vorliegenden Fall eine klare Abgrenzung zwischen den Early Respondents und den Late Respondents vorzunehmen, werden zu letzterer Gruppe diejenigen 81 Teilnehmer gezählt, die Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 45 erst durch die Nachfassaktion zur Teilnahme bewegt werden konnten. Zur Gruppe der Early Respondents werden die ersten 81 Antworter gezählt, um eine möglichst gleiche Gruppengrösse zu erzielen. Anhand von t-Tests für zwei unabhängige Stichproben wurden nun die Mittelwerte der im Fragebogen enthaltenen Variablen zwischen den beiden Gruppen verglichen. Lokaler Jahresumsatz Levene-Test der Varianzgleichheit F Signifikanz .028 .868 .047 Lokaler Markterfolg (Multi-Item) .018 .895 -.960 158 .339 Lokale Verkaufsleistung (Multi-Item) .526 .469 -.968 158 .334 Wahrgenommene Unsicherheit des lokalen Umfelds (Multi-Item) .505 .478 .434 158 .665 Dauer der Beziehung mit dem Hersteller 1.906 .170 1.031 140 .305 Geografische Entfernung zum Hersteller (Reisezeit) 2.860 .093 -1.806 137 .073 Ausmass an Konflikten mit dem Hersteller (Multi-Item) .869 .353 .430 158 .668 Gesamtzufriedenheit mit der Zusammenarbeit (Multi-Item) .933 .335 -.048 158 .962 Test bei unabhängigen Stichproben Tabelle 2-5: t t-Test für die Mittelwertgleichheit df Signifikanz (2-seitig) 123 .963 Test auf Gleichheit der Mittelwerte von „Early Respondents“ und „Late Respondents“ Tabelle 2-5 zeigt die Ergebnisse der durchgeführten Analyse für ausgewählte Variablen. Es wurden insbesondere Multi-Item Variablen einbezogen, die für verschiedene Analysen in der vorliegenden Arbeit eine zentrale Rolle einnehmen (s. Anhang G, S. 363 ff.). Es wird deutlich, dass die Nullhypothese („Es bestehen keine Mittelwertunterschiede zwischen der Gruppe der ‚Early Respondents’ und der Gruppe der ‚Late Respondents’“) auf einem Signifikanzniveau von fünf Prozent nicht verworfen werden kann. Zusätzlich zeigen die Ergebnisse des Levene-Tests, dass zwischen den beiden Teilstichproben auch keine signifikanten Unterschiede (auf dem 5-Prozent-Niveau) in den Varianzen der betrachteten Variablen bestehen. Auf dieser Basis kann davon ausgegangen werden, dass im Rahmen der vorliegenden Untersuchung die Bedeutung eines Non-Response-Bias vernachlässigt werden kann. Kapitel 2 46 2.4.2.3 Qualitative Durchdringung durch Fallstudien Nach Belz (1993, S. 5) muss sich empirische Forschung stärker mit den komplexen Situationen in einzelnen Unternehmen und Märkten beschäftigen. Es ist ergiebiger Einzelfälle gründlich und kritisch zu diagnostizieren als mit grossen Stichproben nur kleine und standardisierte Ausschnitte der Wirklichkeit zu erfassen (Belz 1993, S. 5). Downey/Ireland (1979, S. 630) betonen, dass qualitative Daten eine besonders hohe Eignung aufweisen, um die organisationale Umwelt zu untersuchen. Eine qualitative Studie konkreter Fälle unterstützt deshalb insbesondere die situative Betrachtung, da die Variablen erfasst werden können, die z. B. Marketingsituationen bei Vertriebspartnern unterscheiden oder verbinden (Belz 1985, S. 8). Im Folgenden wird zunächst die Bedeutung der Fallstudienforschung für die vorliegende Arbeit erörtert, um anschliessend einen kurzen Überblick zu den Fällen und konkret eingesetzten Methoden zu geben. Im Rahmen der Fallstudien wird jeweils eine Kombination verschiedener Methoden der Datenerhebung eingesetzt. Bedeutung der Fallstudienforschung für die Arbeit Die Fallstudie hat als Lehr- und als Forschungs-Instrument (s. Bonoma 1985, S. 204 f.; Backhaus/Plinke 1977, S. 615) für die vorliegende Untersuchung eine besondere Bedeutung. Die didaktische Bedeutung ergibt sich aus der Erkenntnis, dass es aus Sicht der Marketingpraxis oft zielführender ist, Marketinglösungen aus konkreten Fällen in andere Situationen zu übertragen, als etwas aus allgemeinen Empfehlungen abzuleiten (Belz 1985, S. 8 f.; Belz 1993, S. 5). Deshalb werden in dieser Arbeit zu didaktischen Zwecken auch fortlaufend Fallbeispiele eingesetzt, die allerdings nicht wie Fallstudien zur Gewinnung von Erkenntnissen dienen, sondern Erkenntnisse verdeutlichen (Bonoma 1985, S. 203 f.). Als Forschungsinstrument kann die Fallstudie wichtige Beiträge leisten, um die Forschungsfragen zu beantworten (Backhaus/Plinke 1977, S. 617 f.). Die komplexe Kette vom Hersteller über den Vertriebspartner bis zum Kunden ist nur mit viel Aufwand und, wenn überhaupt, allenfalls sehr eingeschränkt quantitativ zu untersuchen. Die standardisierte schriftliche quantitativ-empirische Untersuchung im Rahmen dieser Arbeit ermöglicht eine Querschnittsbetrachtung über Märkte und Unternehmen hinweg (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37). Für eine Betrachtung hingegen, die verschiedene vertikale Stufen und Abteilungen einbezieht, scheint ein fallbezogenes Vorgehen geeigneter. Mit der Betrachtung der Vertriebsorganisation einzelner Herstellerunternehmen kann die quantitativ-empirische Untersuchung dieser Arbeit Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 47 deshalb um wichtige Perspektiven ergänzt werden (s. Belz 1993, S. 8 f.; Bonoma 1985, S. 202 f.). Im Fallstudienansatz werden dazu verschiedene qualitative Instrumente kombiniert eingesetzt (Belz 1993, S. 9; Bonoma 1985, S. 204), um grundlegende Zusammenhänge zwischen Situationen, Zufriedenheit und Lösungen zu ermitteln und aus verschiedenen Blickwinkeln zu reflektieren (Belz 1985, S. 8). Darüber hinaus bieten die Fallstudien ein vertiefendes Verständnis für konkrete Handlungsempfehlungen und für deren situative Eignung (Belz 1991, S. 9; Belz 1985, S. 10; Tomczak 1991, S. 32). Erhebungsmethoden bei den verwendeten Fällen In der vorliegenden Arbeit werden die internationalen Vertriebsorganisationen der vier Unternehmen „Leica Microsystems“, „BASF AG (RBU FCE)“, „Gallus Ferd. Rüesch AG“ und „Nanosurf AG“ als Fallstudien einer tieferen Betrachtung unterzogen. Die Untersuchungsziele sind bei den einzelnen Fällen verschieden, woraus Unterschiede im Vorgehen und bei den Betrachtungsschwerpunkten resultieren (Bonoma 1985, S. 205). Der Fall „Leica Microsystems“ wird herangezogen, um die in Forschungsfrage 1 aufgeworfene Relevanz des dezentralen Blickwinkels zu durchleuchten. Dabei kommen verschiedene Forschungsinstrumente zum Einsatz, um eine möglichst vollständige Triangulation zu ermöglichen (Jick 1979, S. 602 ff.). Tabelle 2-6 zeigt die Vorgehensweise bei der Datenerhebung im Fall Leica, der im Abschnitt 3.3 (S. 72 ff.) dargestellt ist. Leica Microsystems AG Wetzlar, Deutschland Fokus: Instrumente: Befragte: Inhalte: Zeitraum: Tabelle 2-6: Weltweites Netz von Distributoren • 4 Einzel- und Gruppeninterviews mit Vertriebs- und Geschäftsleitung, • Einzelinterviews mit Distributoren, • Standardisierte schriftliche Befragung (n=54), • Teilnehmende Beobachtung am Distributorenmeeting, • Desk Research. Internationale Distributoren, Vertriebs- und Geschäftsleitung Zeitverwendung der Aussendienstmitarbeiter, Beurteilung der Zusammenarbeit aus Distributorensicht, Unterstützungsleistungen für Distributoren, Gestaltungsansätze aus Herstellersicht, Gestaltungsvorschläge aus Sicht der Distributoren. März bis September 2004 Steckbrief zur Datenerhebung bei Leica Microsystems Bei den Fallstudien „BASF AG“, „Gallus Ferd. Rüesch AG“ und „Nanosurf AG“ soll hingegen das Zusammenspiel von Determinanten und Gestaltung der Zusammenarbeit näher untersucht werden, um dazu beizutragen, die Forschungsfragen 2 und 3 zu be- Kapitel 2 48 antworten. Tabelle 2-7 (S. 48) gibt einen Überblick zur Methodik der Datenerhebung für die Erstellung der drei Fallstudien. Um die konzeptionellen Überlegungen und quantitativ-empirischen Ergebnisse dieser Arbeit durch die Analyse der Fallstudien möglichst gründlich vertiefen zu können, werden letztere erst im abschliessenden Abschnitt 6.5 (S. 259 ff.) dargestellt und diskutiert. Details zur Erhebung Fokus: Instrumente: Nanosurf AG Liestal, Schweiz • • • • Befragte: • • • Inhalte • • • Zeitraum: Tabelle 2-7: Weltweites Netz von Distributoren Fünf Einzel- und Gruppeninterviews mit Vertriebs- und Geschäftsleitung, Einzelinterviews Distributoren, Standardisierte schriftliche Befragung (n=13), Teilnehmende Beobachtung am Distributorenmeeting, Desk Research. Geschäfts- und Vertriebsleiter, Agenten und Distributoren. Gallus Ferd. Rüesch AG St. Gallen, Schweiz BASF AG, RBU FCE Ludwigshafen, Deutschland Weltweite Vertriebs- und RBU Fine Chemicals Serviceorganisation Europa, Afrika, West-Asien • Vier Einzel- und Grup• Dreizehn Einzel- und peninterviews mit MarkeGruppeninterviews in der ting- und Vertriebsleitung, Vertriebsorganisation, • Standardisierte schriftli• Sechs Einzel- und che Befragung (n=61), Gruppeninterviews in der regionalen Divisions- und • Beobachtung und Analyse Business-Unit-Leitung, des elektronischen Schriftverkehrs, • Desk Research. • Desk Research. • Geschäftsführer, Vertriebsleiter, Leiterin Kommunikation, Produktmanager, • Unabhängige Agenten, • Leiter von Vertriebsgesellschaften, • Vertriebsleiter der Heidelberger Vertriebsorganisation. • Regionaler Divisionsleiter, • Regionaler Business-UnitLeiter, • Head of Marketing, Head of Sales, Head of Sales & Supply, • Mitarbeiter technisches und kommerzielles Marketing, Innendienstmitarbeiter, • Aussendienstmitarbeiter. Unterstützung inter• Unterstützung internatio- • Herausforderungen und nationaler Distributoren, naler Vertriebspartner, Ziele der Organisation, Beurteilung und Vor• Beurteilung und • Aufgabenverteilung und schläge der Distributoren, Vorschläge durch benötigte Unterstützung, Vertriebspartner, Gestaltungsalternativen • Beurteilung der Zusamaus Herstellersicht. • Gestaltungsalternativen menarbeit, aus Herstellersicht. • Lösungsvorschläge für Abläufe und Strukturen. April bis Juli 2003 Januar bis August 2004 Februar bis September 2004 Steckbrief zur Datenerhebung bei Nanosurf, Gallus und BASF Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 49 3 Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 3.1 Wirkungen ungenügender Zusammenarbeit auf Ziele im Vertrieb 3.1.1 Wirtschaftliche, effektivitäts- und potenzialbezogene Vertriebsziele Die Frage nach der Relevanz der internen Zusammenarbeit und der Zufriedenheit von Vertriebspartnern mit dieser Zusammenarbeit ist gleichzeitig eine Frage nach den Wirkungen, die die Zusammenarbeit auf die verschiedenen Ziele besitzt, die ein Herstellerunternehmen im Marketing und Vertrieb verfolgt. Um die Frage der Relevanz zu beantworten, müssen deshalb zunächst die Ziele des Herstellers im Marketing und Vertrieb systematisiert und diskutiert werden (s. Abbildung 3-1). Für eine Gegenüberstellung von Zielen des Herstellers und des Handels bzw. der Tochtergesellschaften sei auf Steffenhagen (1975, S. 75) und Bakka (1986, S. 853) verwiesen. Die Ziele im Marketing und Vertrieb leiten sich grundsätzlich aus den Zielen des Gesamtunternehmens ab und sollen als Funktionalziele einen spezifischen Beitrag leisten, alle übergeordneten Unternehmensziele zu erreichen (Homburg/Krohmer 2003, S. 344). Dabei können in Anlehnung an Homburg/Krohmer (2003, S. 345 f.) wirtschaftliche, effektivitäts- und potenzialbezogene Ziele unterschieden werden, die einander in umgekehrter Reihenfolge bedingen. z. B. Umsatz, Vertriebskosten, Deckungsbeitrag, Gewinn, Umsatzrendite (oder nach Bezugsobjekt: z. B. Kunde, Produkt, Mitarbeiter) Wirtschaftliche Ziele Effektivitätsbezogene Ziele Potenzialbezogene Ziele Marktbezogene Ziele Abbildung 3-1: z. B. Absatz, Marktanteil, Kundenzahl und -loyalität, Kauffrequenz, Preisniveau z. B. Mitarbeiterbindung, Innovativität, Prozesseffizienz, Informations- und Kommunikationsverhalten, Einsatz beim Verkauf z. B. Bekanntheitsgrad und Image des Unternehmens/Leistungsangebots, Einstellung der Kunden zum Unternehmen/ Leistungsangebot, Kundenzufriedenheit z. B. Zufriedenheit und Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter, Vertrauen zum Hersteller, Verbundenheit mit dem Hersteller, Mitarbeitermotivation Organisationsbezogene Ziele Ziele im Vertrieb des Herstellerunternehmens Potenzialbezogene Ziele sind solche Ziele, die dem Verhalten von Kunden und Mitarbeitern kausal vorgelagert sind und somit ein Potenzial für die Verkaufs- und Führungseffektivität in den Absatzmärkten und in der Vertriebsorganisation darstellen. So kann bspw. eine hohe Kundenzufriedenheit (potenzialbezogenes Ziel) zu höheren Ver- 50 Kapitel 3 käufen und einer höheren Kundenbindung führen (effektivitätsbezogene Ziele) (s. Homburg et al. 2003; Homburg et al. 1999). Hohe Zufriedenheit und Motivation von Mitarbeitern (potenzialbezogene Ziele) werden gemeinhin als Voraussetzungen für niedrige Fluktuation und hohen Einsatz beim Verkauf (effektivitätsbezogene Ziele) gesehen (s. Futrell/Parasuraman 1984; Homburg/Stock 2001). Effektivitätsbezogene Ziele beziehen sich auf die Realisierung des Potenzials und nicht wie potenzialbezogene Ziele auf dessen Bildung. Das realisierte Potenzial kann durch das tatsächliche Verhalten von Mitarbeitern und Kunden und dessen unmittelbare Resultate abgebildet werden. Realisierte Absatzmengen, der Marktanteil oder die Innovativität gehören bspw. zu den unmittelbaren Konsequenzen aus der Realisierung von kunden- und mitarbeiterbezogenen Potenzialen. Wirtschaftliche Zielgrössen im Vertrieb sind ökonomische Grössen der Kosten-, Umsatz- und Erlösstruktur. Sie sind monetärer Natur und hängen stark, wenn auch nicht ausschliesslich, vom Erreichen der Effektivitätsziele ab. So tragen hohe Marktanteile und ein hoher Einsatz der Verkaufsmitarbeiter dazu bei, dass die Umsatz-, Kostenund Ergebnisziele erreicht werden. Häufig werden wirtschaftliche Zielgrössen wie Umsätze oder Kosten nicht nur aggregiert, sondern auch nach Bezugsobjekten aufgeschlüsselt betrachtet, wie z. B. Umsätze pro Kunde, Verkaufsgebiet, Mitarbeiter oder Produktgruppe. Vereinfachend kann jede der drei Zielebenen dem Bezugsobjekt nach in markt- und organisationsbezogene Ziele unterteilt werden. Bei marktbezogenen Zielen ist das Bezugsobjekt der Gesamtmarkt, eine Marktregion, eine Kundengruppe oder ein Einzelkunde. Organisationsbezogene Ziele haben Bezugsobjekte, die dem Vertriebssystem der Organisation angehören, z. B. Mitarbeiter, Produkte und Prozesse. Dabei sind nicht alleine Kausalbeziehungen in vertikaler Richtung zwischen den Zielebenen, sondern auch horizontal und diagonal zwischen markt- und organisationsbezogenen Zielen zu vermuten, so z. B. zwischen Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit (s. Brown/Chin 2004; George/Grönroos 1995; Heskett et al. 1997; Bruhn 1995). Das Fallbeispiel der Emhart Glass S.A. (S. 51) zeigt die Verflechtungen der Ziele und die daraus resultierende Komplexität von Wirkungen, die von Schwierigkeiten bei der Abstimmung zwischen Zentrale und Vertriebspartner ausgehen. Zufriedenheit und geringere Kosten durch gute Zusammenarbeit Emhart Glass S.A., Cham, Schweiz Die Emhart Glass S.A., eine Tochter der Bucher Industries mit Sitz in Cham (CH), ist ein weltweit führender Hersteller von Maschinen für die Glasbehälterindustrie. Zu ihren Produkten gehören Ma- Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 51 schinen für Glaskonditionierung, zum Formen von Behältern bis zur Konfektion der Flaschen sowie Maschinen für die optische Endkontrolle von Glasbehältern. Die etwa 900 Mitarbeiter erwirtschafteten im Jahr 2003 einen Umsatz von ca. 263.9 Mio. CHF. Jann Hatz, Vice President Marketing, berichtet über die Konsequenzen, die durch ungenügende Zusammenarbeit zwischen Zentrale und ausländischen Vertriebspartnern entstehen können. In der Vergangenheit kam es insbesondere bei der Spezifikation von Produkten zu Schwierigkeiten. Vertriebspartner waren teilweise auf kurzfristige Umsätze fixiert und nicht motiviert, sich ausreichend über Produkte zu informieren und schulen zu lassen. Bei der Zusammenstellung von Produktionsanlagen für Kunden entstanden deshalb Fehler, die vom Kunden gewünschte Problemlösung wurde ungenügend spezifiziert. Dies hatte verschiedene Konsequenzen: Die Spezifikationen mussten teilweise mehrfach zwischen Kunden, Vertriebspartner und Zentrale zur Überarbeitung hin- und hergeschickt werden, woraus zeitliche Verzögerungen resultierten. Ein verbindlicher Preis konnte nicht festgelegt werden, es ergaben sich für den Kunden andere Preise als vorher vereinbart und die geplanten Margen konnten teilweise nicht erzielt werden. Häufig war zu beobachten, dass entweder während oder unmittelbar nach der Installation der Anlage Änderungen vorgenommen werden mussten, die dem Ansehen und dem Vertrauen beim Kunden schadeten und intern zusätzliche Kosten verursachten. Auf die Zentrale kamen in diesem Fall auch Reklamationen des Kunden zu. Dabei schadeten interne Anpassungs- und Reparaturkosten dem Unternehmen ebenso wie die hierdurch entstandenen Imageverluste. Fallbeispiel 3-1: Zufriedenheit und geringere Kosten durch gute Zusammenarbeit bei Emhart Glass S.A. (Einzelinterview Hatz 2002, s. Anhang A, S. 346) 3.1.2 Art und Ausmass von Wirkungen auf die verschiedenen Ziele Eine unzureichende Abstimmung in der Zusammenarbeit zwischen Vertriebspartner und Zentrale wirkt sich auf vielfältige Weise auf die vom Unternehmen verfolgten Ziele aus. Die Wirkungen nehmen unterschiedliche Ausmasse an und können bei allen drei Parteien auftreten: beim Kunden, in der Zentrale und beim Vertriebspartner. Wirkungen betreffen teilweise ausschliesslich eine Partei, teilweise auch mehrere. Es ergibt sich ein komplexes Zusammenspiel zwischen den Parteien. Auf Basis der Interviews, die der Autor mit Führungskräften aus der internationalen Marktorganisation verschiedener Industriegüterhersteller geführt hat (Explorative Interviews“, s. Tabelle 2-3, S. 37 und Anhang A, S. 346), konnten Wirkungen identifiziert und nach ihrer Bedeutung für die verschiedenen Ziele systematisiert werden. Analog zu den Zielen wurden markt- und organisationsbezogene Wirkungen in jeweils drei Ebenen unterschieden, nämlich wirtschaftlich, effektivitäts- und potenzialbezogen. Tabelle 3-1 zeigt die in den Gesprächen identifizierten Wirkungen. Kapitel 3 52 Marktbezogene Wirkungen Organisationsbezogene Wirkungen Wirtschaftliche Wirkungen Höhere Kosten, geringere Umsätze, geringere Rentabilität Effektivitätsbezogene Wirkungen Leistungsqualität leidet • Servicequalität nicht wie gewohnt (z. B. Serviceanfragen werden nicht weitergeleitet), • Kundenreklamationen wg. mangelhafter Produktspezifikationen, • Fehlende Flexibilität insbesondere bei kurzfristigen Kundenanfragen, • Liefertreue und Reaktionszeiten verschlechtern sich, • Schwierigkeiten bei Schulung und Beratung von Kunden zu komplexen Produkten, • Neue Produkte entsprechen nicht den Marktanforderungen. Verkaufszahlen sinken • Kundenabwanderung, Verlust von Aufträgen, Kunde testet alternative Anbieter, Aufnahme von second und third suppliers, • Ineffizienzen in verkauften Tonnen oder Stückzahlen. Destruktives Kundenverhalten • Kunde nutzt Informations- und Koordinationsdefizite aus, • Kunde erhöht Druck auf Margen, • Zentrale und Vertriebspartner (auch mehrere) werden gegeneinander ausgespielt. Ineffiziente Prozesse • Zusätzliche Aufwendungen, wenn Dinge mehrfach überarbeitet werden müssen, • Falsche Versprechen in Logistik müssen über Gutschriften nachgebessert werden, • Wechselkursverluste: Offerten werden stillschweigend verlängert, obwohl Akkreditiv sie nicht mehr absichert, • Anstieg von Krankheitstagen, Mitarbeiterabwanderung, Trennung von Vertriebspartnern. Erschwerte Planung • Unberechenbarkeit von Erfolgen und Verlusten, • Kapazitäten schwer planbar. • • • • • • • • Verhalten von Vertriebspartner und Zentrale Vertikale Konflikte und defensives Verhalten, Blockaden, Diskussionen und Leerläufe, Verschliessen und Abschotten, „Nebenkriegsschauplätze“ werden eröffnet, Informationen werden nicht weitergeleitet um keine Angriffsfläche zu bieten, Geringer Austausch über Neuentwicklungen, Modifikationen, Applikations-Know-how, Machtspiele zwischen Vertriebspartner und Zentrale, Druck wird ausgeübt, Opportunistisches Verhalten, Engagement und Leistung sinken intern und beim Kunden. Potenzialbezogene Wirkungen • Vertrauen des Kunden sinkt, wenn versprochene Dinge nicht gehalten werden und sich eine fehlende Verlässlichkeit von Aussagen der Vertriebspartner herausstellt, • Fehlende Information des Kunden über neue Produkt- und Lösungsvarianten verschliessen Marktpotenziale, • Zentrale wird schlecht vertreten, da Vertriebspartnern die Beratungskompetenz fehlt, • Schlechter Eindruck, wenn Kunde Abstim- • Unzufriedenheit, Misstrauen, Demotivation und Entmutigung bei Vertriebspartnern und Zentrale, • Commitment des Vertriebspartners leidet, teilweise "Innere Kündigung" des Personals, • Bilder und Rollen, die sich bei Vertriebspartnern und der Zentrale verfestigen, • Gefühl nicht ernst genommen und akzeptiert zu werden (z. B. innovative Produktvorschläge, die weder geschätzt noch eingeführt werden), Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner mungsprobleme wahrnimmt, Imageverluste durch uneinheitliches Auftreten, ineffiziente Prozesse und mangelnde Leistungsqualität, • Unzufriedenheit bei Kunden. Tabelle 3-1: 53 • Kompetenzen von Vertriebspartner und Zentrale leiden, da Informationen über Markt und Organisation inkl. Produkten fehlen (z. B. Aussendienst-Mitarbeiter, die nicht wissen, welche Lösungen bereits existieren). Wirkungen einer ungenügenden vertikalen Zusammenarbeit (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37) Unzufriedenheit, die bei den Mitarbeitern einer Vertriebsgesellschaft in Bezug auf die Zusammenarbeit mit dem Hersteller besteht, kann sich auf deren Einstellung zu ihrer Arbeit, zu ihren Vorgesetzten, zum Unternehmen und zu den Kunden auswirken. Das Engagement am Markt leidet darunter und damit die Qualität der Verkaufsleistung. Wenn die interne Zusammenarbeit nicht zufrieden stellend abläuft, verändern Mitarbeiter von Vertriebsgesellschaften und der Zentrale ihr Verhalten. Sie verlieren an Motivation und engagieren sich nicht mehr über ein Mindestmass hinaus. Eigeninitiative leidet, Mitarbeiter setzen sich nicht mehr mit voller Überzeugung für das Unternehmen ein und verhalten sich der anderen Partei gegenüber defensiv. Dies äussert sich bspw. darin, dass nur noch selektive und unverfängliche Informationen weitergeleitet werden und darauf geachtet wird, keine Angriffsfläche zu bieten. Die Zusammenarbeit wird zunehmend von der Machtstruktur in verschiedenen Bereichen (bspw. dem Kundenzugang und den Kundeninformationen) bestimmt, teilweise erhält der Kunde als gemeinsamer Bezugspunkt eine geringere Priorität als interne Machtspiele. Konflikte werden dabei über Nebenkriegsschauplätze ausgetragen. Sie werden meist nicht offen, sondern vorwiegend und ausgiebig intern diskutiert. Unstimmigkeiten und Informationslücken im Unternehmen führen aber auch beim Kunden zu veränderten, oftmals destruktiven Verhaltensweisen. Vertriebsleiter berichten darüber, dass Unstimmigkeiten mit dem lokalen Vertrieb von Kunden ausgenutzt werden. Teilweise werden die Zentrale und ihre Vertriebspartner in den verschiedenen Ländern gegeneinander ausgespielt, indem an mehreren Fronten gleichzeitig verhandelt wird. Das Image des Unternehmens leidet beim Kunden, der bspw. inkonsistente Produktinformationen von Zentrale und Vertriebspartner erhält. Der Kunde merkt ggf., dass die Zentrale zuverlässigere oder aktuellere Informationen besitzt und versucht den Vertriebspartner auszuspielen. Die Wettbewerbsfähigkeit leidet auch unter der abnehmenden Leistungsqualität, die durch eine fehlende Abstimmung verursacht wird. Es sind die Beratungsqualität im Vorfeld der Leistungserstellung sowie die Flexibilität und Zuverlässigkeit bei den Leistungsversprechen, die nicht mehr den Kundenwünschen entsprechend erfüllt wer- 54 Kapitel 3 den können. Neben dem Verlust an Aufträgen und der Abwanderung von Kunden und Mitarbeitern führen Probleme in der Zusammenarbeit zu Planungsunsicherheiten, Doppelspurigkeiten und zusätzlichen Kosten, wie bspw. auch durch die zunehmende Anzahl von Reklamationen im Bereich der Garantiearbeiten und des After-Sales Services. Eine quantitativ-monetäre Bezifferung des Schadens, der durch interne Abstimmungsprobleme entsteht, ist zwar wünschenswert, allerdings schwierig zu errechnen. Insbesondere umsatzseitige Effekte sind nur schwer zu erfassen. Eine aussagekräftige Sensitivitätsanalyse würde umfangreiches internes Datenmaterial zu Prozessen, Kosten und Umsätzen benötigen, das für die vorliegende Untersuchung nicht zugänglich war. Einige Hinweise kann ggf. folgende Aufstellung geben, die auf Angaben von Vertriebsleitern deutscher und Schweizer Industriegüterhersteller beruht (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Kurzbeispiele zu Wirkungen suboptimaler Zusammenarbeit Kosten einer gescheiterten Neuprodukteinführung Hoerbiger-Origa GmbH, Filderstadt (DE): Die Vorleistungen für die Forschung und Entwicklung eines neuen Produktes können je nach Anwendung bis zu 700’000 EUR betragen. Hinzu kommen Kosten für Kommunikation (z. B. Werbung, Mailings, Messestände und Material, Dokumentationen, Verkaufsunterlagen) und Schulungen (z. B. produktbezogene Schulungen, Flüge etc.). Kosten durch Diskussionen und Leerläufe Rechenbeispiel zur Veranschaulichung der Kostenwirkungen von Diskussionen und Leerläufen. 1 Führungskraft * 10 Minuten/Tag * 50 Vertriebspartner * 220 Arbeitstage = 110’000 Minuten = 1’833 Stunden = ca. 230 Tage (à 8 Stunden) = ca. 1 Mann-Jahr Laut der europäischen Kienbaum Vergütungsstudie „Remuneration in Europe 2003“ verdient der Leiter einer europäischen Tochtergesellschaft (Grösse bis 100 Mitarbeiter) im Industriegütergeschäft durchschnittlich ca. 90’000 Euro. Anzumerken bleibt, dass Diskussionen und Leerläufe, die aus Abstimmungsproblemen entstehen, pro Niederlassung mehr als einen Mitarbeiter betreffen können und pro Mitarbeiter leicht über 10 Minuten pro Tag beanspruchen. Im Beispiel wurden 8 Arbeitsstunden pro Tag eingesetzt. Je nach Land können es jedoch wesentlich mehr Arbeitsstunden oder auch weniger sein (bspw. in Frankreich). Die Bewertung der Leerlaufzeiten mit dem Geschäftsführergehalt dienen nur der Veranschaulichung. Diese Kosten sind selbstverständlich nicht abbaubar und damit fix, da sie auf verschiedene Personen verteilt sind. Die Leerläufe könnten jedoch von den Mitarbeitern alternativ verwendet werden und äussern sich ggf. in Qualität, Mehrumsatz oder einem besseren Verhältnis zum Kunden. Umsatzverluste durch Mitarbeiterabwanderung Herr Dr. Meyer, Group Vice President der regionalen Business Unit „Fine Chemicals Europe, Africa, West Asia“ bei der BASF AG in Ludwigshafen, bemüht sich um die Beziehungen zu Mitarbeitern in der europäischen Marktorganisation. Im Zuge weit reichender Kostensenkungsprogramme des Konzerns wurden u. a. für sämtliche Vertriebsverantwortlichen in den europäischen Märkten die administrative Unterstützung zentralisiert, Länderbüros abgebaut und Home-Offices eingerichtet. So auch in Norwegen, wo ein äusserst erfolgrei- Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 55 cher, langjähriger Vertriebsmitarbeiter alleine den Bereich ‚Tierfutter und Hormone’ mit einer EURUmsatzverantwortung im zweistelligen Millionenbereich betreut. Die Zentralisierung von Vertriebsaufgaben und -verantwortlichkeiten hat in einigen Märkten zur Kündigungen von Seiten der Mitarbeiter geführt. Durch seine „Beziehungspflege“ hatte Herr Dr. Meyer erfahren, dass der für Norwegen zuständige Vertriebsverantwortliche ebenfalls höchst unzufrieden mit der Home-Office Lösung war: Als Vater dreier Kinder kam er zu Hause kaum zum Arbeiten. Dr. Meyer konnte schnell eine Lösung finden, indem er ein Büro anmietete. Er bewahrte damit das Unternehmen vor grösseren Umsatzverlusten, die durch eine potenzielle Abwanderung des bedeutenden Vertriebsmannes entstanden wäre. Verluste durch weggefallene Wechselkursabsicherung Die Problematik, dass Offerten durch Devisengeschäfte abgesichert werden müssen, tritt vor allem in Ländern und Regionen mit hoher Inflation auf. Hierzu gehört bspw. Asien, wo Projekte in EUR oder USD verhandelt werden und sich die lokale Währung rasch verändert. Bei Emhart Glass S.A., Cham (CH) gilt eine Offerte deshalb für 90 Tage, danach sollte die Offerte neu erstellt werden. Man versucht bei Emhart Glass das Währungsrisiko in solchen Ländern mehrheitlich zum Kunden zu verlegen. Hierdurch entsteht jedoch die Gefahr, dass der sich das Projekt dann nicht mehr leisten kann und das Geschäft platzt oder verschoben wird. Liegt das Wechselkursrisiko bei Emhart Glass, so können durch eine eingehaltene Offerte, die nicht im abgesicherten Zeitraum abgeschlossen wird, bei starker Inflation erhebliche Verluste entstehen. Rechenbeispiel: 2.5 Mio. CHF (Umsatzvolumen) * 1% (Währungsschwankung) = 25’000 CHF Umsatzpotenziale durch neue Innovation Die Wirtgen GmbH mit Sitz in Windhagen (DE) ist Hersteller von Kaltfräsen, die insbesondere für den Strassenbau eingesetzt werden, um mangelhaften Strassenbelag abzutragen und damit Strassen wieder instand zu setzen. Bei Wirtgen sieht man die funktionierende vertikale Zusammenarbeit zu Vertriebspartnern als Quelle für kontinuierliche Innovation. „Man muss Vertriebspartner fit halten und sich auch auf der persönlichen Ebene gut mit ihnen verstehen. Nur so kann man alle Strömungen des Marktes mitnehmen“, so Peter Bollinger, Vertriebsleiter. Er nennt als Beispiel eine Innovation, die erst kürzlich bei einem Vertriebspartner auf dem amerikanischen Markt „entdeckt“ wurde. Der „Rumples-trip“ fräst mit einem fünfeckigen Rad starke Unebenheiten in den Strassenrand. Verlässt ein Fahrzeug, dessen Fahrer eingeschlafen ist, die reguläre Fahrbahn, wacht der Fahrer sofort auf, sobald er auf den Rumplestripp gerät. Das Gerät wurde zuerst als Spezialanfertigung auf dem amerikanischen Markt nachgefragt. Mittlerweile verkauft das Unternehmen das Produkt aber auch nach Österreich und, so Bollinger, eventuell bald auch in die Schweiz. Umsatzverluste und Kosten durch Kundenabwanderung Projektverlust Emhart Glass S.A., Cham (CH): Ein durchschnittlicher Kundenauftrag hat ein Volumen zwischen 1-5 Mio. CHF. Bei Projektverlust werden diese nicht realisiert. Neuakquisition Hoerbiger Origa GmbH, Filderstadt (DE): Die Neuakquisition eines Kunden verursacht häufig Kosten in Höhe von 15’000 EUR für Prototypenfertigung, Dokumentation und Kundenbesuche. Kostensteigerung durch höhere Anzahl von Reklamationen Garantiekosten Emhart Glass S.A., Cham (CH): Garantiekosten liegen in der Grössenordnung von 1.5 Prozent des Umsatzes. Bereits geringe Schwankung dieses Wertes besitzen damit hohe Kostenwirkungen. Reklamationskosten Hoerbiger Origa GmbH, Filderstadt (DE): Durchschnittliche Reklamationskosten, die durch Fehler in der Beratung etc. entstehen betragen ca. 0.3 Prozent des Umsatzes. Ineffizienzen durch die Mehrfachüberarbeitung von Unterlagen 56 Kapitel 3 Spezifikationsrunden Emhart Glass S.A., Cham (CH): Da die Maschinen in den meisten Fällen individuell nach Kundenwunsch zusammengestellt werden, braucht es meist mehr als eine ‚Runde’, bis die endgültige Spezifikation erreicht ist. Bei einer Spezifikationsrunde nehmen meist zwischen zwei und drei Mitarbeitern aus technischen und kommerziellen Bereichen des Unternehmens für etwa ein bis zwei Tage teil, wodurch pro Runde etwa 2-6 Manntage benötigt werden. In einzelnen Fällen, wenn mit Vertriebspartnern in Verhandlungen keine Einigung erzielt werden kann und Vorarbeiten nicht wie gefordert erledigt wurden, braucht es bis zu acht Runden. Insgesamt braucht der Central Sales ca. die Hälfte seiner Zeit für Requotes und Nachfragen. Das ist jedoch zu einem grossen Teil system- respektive industrie- und produktbedingt. In verschiedenen Fällen werden auch noch Customer Specials gewünscht und im Engineering ausgeführt. Diese Zeit ist nicht eingeschlossen, da sie separat verrechnet wird und deshalb kostenneutral ist. Kosten durch die Neubesetzung von Stellen Rekrutierung und Einarbeitung Emhart Glass S.A., Cham (SA): Die Gewinnung geeigneter Führungskräfte erfolgt teilweise über Headhunter, teilweise über direkte Kontakte innerhalb der relativ übersichtlichen Industrie. Zu den Rekrutierungskosten zählen insbesondere Kosten für Headhunter und der interne Zeitaufwand eigener Mitarbeiter. Headhunter verlangen bei Midlevel-Positionen meist 20 bis 30 Prozent eines Jahresgehaltes. Bei einem Jahresgehalt von 90'000 EUR entstehen hierdurch alleine für das Headhunting Kosten von mindestens 18'000 EUR. Bei Emhart Glass gibt es kaum Fluktuation. Wenn Wechsel anstehen, dann werden die Positionen meist intern oder mit Spezialisten aus der Industrie besetzt. Bei der Besetzung einer Stelle mit einem externen Kandidaten entstehen durch den Zeitaufwand, den das Kennenlernen der Organisation benötigt, die grössten Kosten. Rekrutierung Hoerbiger Origa GmbH, Filderstadt (DE): Die Rekrutierungskosten eines Vertriebsleiters betragen inkl. Headhunter und internen Kosten für Interviews etc. je nach Region etwa ein Jahresgehalt von 60-80’000 EUR. Einarbeitung Hoerbiger Origa GmbH, Filderstadt (DE): Die Kosten für Reisen und interne Ausfallzeiten, die für die Einarbeitung eines neuen Vertriebsleiters anfallen, betragen (ohne Berücksichtigung von Schulungen) in etwa 10’000 EUR. Fallbeispiel 3-2: Auswirkungen von Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37) 3.2 Kausalbeziehung von Einstellung, Verhalten und Erfolg der Vertriebspartner 3.2.1 Hypothesen zu Einstellung, Verkaufsleistung und Markterfolg Die vorangegangenen Überlegungen zu den Wirkungsebenen der Zusammenarbeit legen die Vermutung nahe, dass die Einstellung der Vertriebspartner zur Zusammenarbeit mit dem Herstellerunternehmen weit reichende Wirkungen auf das Verhalten der Vertriebspartner und damit auf den Markterfolg hat (s. Mohr/Nevin 1990, S. 38). Viele Teilaspekte dieser mehrstufigen Kausalbeziehung wurden bereits gezielt oder aber als „Nebenprodukte“ in Partialuntersuchungen benachbarter Forschungsvorhaben quantitativ-empirisch überprüft (einen Überblick bieten z. B. die Arbeiten von Geyskens et al. 1999, Geyskens et al. 1998, Goodman/Dion 2001 und Menon et al. 1996). Ein Modell, das Variablen aller drei Zielebenen erfasst und deren Zusammenhänge integriert untersucht, fehlt jedoch bisher. Die folgende Untersuchung trägt mit Hilfe einer quantitativ-empirischen Analyse dazu bei, diese Lücke zu schliessen. Dazu Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 57 werden im Folgenden neun Hypothesen abgeleitet und auf ihre Entsprechung mit den empirischen Daten überprüft (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37). Die Zufriedenheit von Vertriebspartnern in der Beziehung zum Hersteller ist, wie vermutet wird, als organisationsbezogenes Ziel eine wichtige Basis für die Schaffung weiterer mitarbeiterbezogener Potenziale und deren Realisierung. Sie wird in dieser Untersuchung als unabhängige Variable (latente exogene) betrachtet, um ihre Wirkungen zu untersuchen (s. Mohr/Nevin 1990, S. 37 f.). Mögliche rekursive Beziehungen, wie sie bereits in Abbildung 2-7 (S. 27) aufgezeigt wurden (s. auch Schwab/Cummings 1970, S. 418; Geyskens et al. 1999, S. 225), sind für die Fragestellung nach den Wirkungen der Zufriedenheit von nachrangiger Bedeutung und werden an dieser Stelle deshalb nicht weiter vertieft. Auf die Konstrukte „Zufriedenheit“, „Konflikte“, „Vertrauen“ und „Verbundenheit“ wurde in der Forschung zu Beziehungen in Vertriebskanälen wiederholt Bezug genommen, da sie die Qualität der Beziehung zwischen Vertriebspartner und Hersteller in besonderem Masse charakterisieren (Frazer 1983, S. 68; Mohr/Nevin 1990, S. 38; Geyskens et al. 1999, S. 223). Die Zufriedenheit mit dem Hersteller wurde vielfach als Basis für Vertrauen (John/Reve 1982, S. 518; Ganesan 1994, S. 2; Crosby et al. 1990, S. 70 f.) und die Verbundenheit mit dem Herstellerunternehmen (Mohr et al. 1996, S. 110; Brown/Peterson 1993, S. 64; Ganesan 1994, S. 5; Geyskens et al. 1999, S. 225) identifiziert. Unzufriedenheit mit der Zusammenarbeit führt zu Argwohn und Misstrauen gegenüber dem Hersteller (Ganesan 1994, S. 5). Zufriedenheit hingegen erhöht das Vertrauen zum Hersteller, weil sie als positives Ergebnis von Aufrichtigkeit und Wohlwollen des Herstellers interpretiert werden kann (Ganesan 1994, S. 5). Hieraus folgen die Hypothesen H01 und H02. H01: Je höher die Zufriedenheit des Vertriebspartners mit der Zusammenarbeit, desto stärker ist dessen Vertrauen in den Hersteller. H02: Je höher die Zufriedenheit des Vertriebspartners mit der Zusammenarbeit, desto stärker ist dessen Verbundenheit mit dem Hersteller. Vertriebspartner, die eine hohe Zufriedenheit in der Zusammenarbeit mit dem Hersteller empfinden, sehen die Zusammenarbeit zudem als förderlich, um ihre eigenen Ziele zu erreichen (Geyskens et al. 1999, S. 225). Dies bedeutet, dass Meinungsverschiedenheiten und das Niveau von Konflikten zwischen Vertriebspartner und Hersteller 58 Kapitel 3 bei steigender Zufriedenheit abnehmen (Brown/Day 1981, S. 270 f.; Mohr et al. 1996, S. 108; Brown et al. 1991, S. 16 f.; Dwyer 1980, S. 48 f.; Rosenberg/Stern 1971, S.439 f.; Lusch 1976, S. 382 f.). Es folgt daraus Hypothese H03: H03: Je höher die Zufriedenheit des Vertriebspartners mit der Zusammenarbeit, desto geringer ist das Konfliktniveau zwischen Hersteller und Vertriebspartner. Das Konfliktniveau wird dabei durch die Häufigkeit, die Intensität und die Dauer von Meinungsverschiedenheiten bestimmt (Anderson/Narus 1990, S. 44). Konflikte gelten als Hürde für die Vertrauensbildung zum Hersteller (Anderson/Narus 1990, S. 44; Stern et al. 1973, S. 170), weil sie den Glauben der Vertriebspartner in die Aufrichtigkeit und das Wohlwollen des Herstellers (Kumar et al. 1995, S. 58) schwächen. Hier wird deshalb ein negativer Zusammenhang zwischen Konfliktniveau und dem Vertrauen vermutet. H04: Je höher das vom Vertriebspartner wahrgenommene Konfliktniveau, desto geringer ist das Vertrauen des Vertriebspartners in den Hersteller. Darüber hinaus führen dysfunktionale Konflikte zu veränderten Verhaltensweisen (Menon et al. 1996, S. 299 f.), die einer optimalen Abstimmung zwischen Hersteller und Vertriebspartner entgegenstehen und deshalb zu einem Hindernis für die lokale Verkaufsleistung (Performance) werden (Menon et al. 1996, S. 301; Rosenberg/Stern 1971, S. 441; Schul et al. 1985, S. 10; Lusch 1976, S. 388). Es kann ein negativer Zusammenhang zwischen Konfliktniveau und der Verkaufsleistung vermutet werden. H05: Je höher das Konfliktniveau zwischen Vertriebspartner und Hersteller, desto geringer ist die lokale Verkaufsleistung des Vertriebspartners. Bemerkenswerte konzeptionelle und empirische Bekräftigungen bestehen bezüglich der Annahme, dass die Verbundenheit mit dem Hersteller wie keine andere Einstellungsvariable in Vertriebskanälen durch Zufriedenheit und Vertrauen bestimmt wird (Anderson/Weitz 1992, S. 20; Morgan/Hunt 1994, S. 31). Auf den Zusammenhang Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 59 zwischen Zufriedenheit und Verbundenheit wurde bereits Bezug genommen (s. H02). Das Vertrauen zum Hersteller führt langfristig (Dwyer et al. 1987, S. 19) zu einem stärkeren Verbundenheitsgefühl mit diesem (Morgan/Hunt 1994, S. 23; Andaleeb 1996, S.81 f.; Anderson/Weitz 1989, S. 311; Ganesan 1994, S. 4; Geyskens et al. 1996, S. 307 f.). H06: Je stärker das Vertrauen in den Hersteller, desto stärker ist die Verbundenheit des Vertriebspartners mit dem Hersteller. Vertrauen (Crosby et al. 1990, S. 70; Dahlstrom/Nygaard 1995, S. 342; ) und Verbundenheit (Brown et al. 1995, S. 365; Mohr/Nevin 1990, S. 45; Anderson/Weitz 1992, S. 18) gelten gleichsam als wichtige Voraussetzungen für das Engagement der Mitarbeiter und damit für das Erreichen einer hohen lokalen Verkaufsleistung (Brown/Peterson 1993, S. 64; Morgan/Hunt 1994, S. 22). Ein hohes Vertrauen basiert auf verlässlichen Verhaltenserwartungen, die ein Vertriebspartner bildet und gibt ihm die Möglichkeit genauer zu planen, da er sich auf Absprachen verlassen kann (Crosby et al. 1990, S. 70; Andaleeb 1996, S. 79). Fühlt sich ein Vertriebspartner mit dem Hersteller verbunden, ist er bereit sich über ein erwartetes Mass hinaus einzusetzen (Anderson/Weitz 1992, S. 19; Mohr/Nevin 1990, S. 45; Dwyer et al. 1987, S. 19). Vertrauen und Verbundenheit tragen damit beide zu einer höheren lokalen Verkaufsleistung bei. H07: Je stärker das Vertrauen des Vertriebspartners in den Hersteller, desto höher ist die lokale Verkaufsleistung des Vertriebspartners. H08: Je stärker die Verbundenheit des Vertriebspartners mit dem Hersteller, desto höher ist die lokale Verkaufsleistung des Vertriebspartners. Finanzielle Ziele sind für Unternehmen die Voraussetzung für Wachstum und Fortbestand. Der finanzielle Markterfolg wird durch verschiedene organisations- und umweltbezogene Faktoren bestimmt (Babakus et al. 1996, S. 347). Eine unabdingbare Grundlage für finanzielle Erfolge ist die Verkaufsleistung der Vertriebsmitarbeiter, verstanden als deren tatsächlicher Einsatz bei der Erfüllung ihrer Verkaufsaufgabe (Babakus et al. 1996, S. 347 f.). Kapitel 3 60 H09: Je höher die lokale Verkaufsleistung des Vertriebspartners, desto höher ist dessen finanzieller Erfolg am Markt. Abbildung 3-2 (S. 60) zeigt zusammenfassend die Zusammenhänge der neun abgeleiteten Hypothesen in einem Pfaddiagramm. Die Pfade geben die Kausalbeziehungen zwischen den latenten Variablen an sowie die Richtungen der mehrstufigen Kausalität. Konflikt-Niveau mit Hersteller H05 (-) H03 (-) Lokale Verkaufsleistung H04 (-) Zufriedenheit mit Hersteller H09 (+) H02 (+) H07 (+) H08 (+) H01 (+) Lokaler Markterfolg Vertrauen zum Hersteller Legende: H06 (+) Verbundenheit mit Hersteller = Beziehungspfad (+) = positiv vermuteter Zusammenhang = Latente Variable (-) = negativ vermuteter Zusammenhang H01-H09 = Hypothesen zu Kausalbeziehungen der latenten Variablen Abbildung 3-2: Hypothesensystem zu Kausalbeziehungen zwischen latenten Variablen Das aufgestellte Hypothesensystem soll im Folgenden durch die Analyse des quantitativ empirischen Datenmaterials (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37) getestet werden. Dazu wird in Absatz 3.2.2 (S. 60 ff.) zunächst die Methodik zur Messung der einzelnen Variablen vorgestellt und das kausalanalytische Analyseverfahren zur Bestimmung der mehrstufigen Abhängigkeiten. Nach dem Hypothesentest werden in Absatz 3.2.3 (S. 68 ff.) die Ergebnisse zusammengefasst und interpretiert. 3.2.2 Methodischer Exkurs zur Kovarianzstrukturanalyse 3.2.2.1 Mess- und Strukturmodell der Kovarianzstrukturanalyse Um die in Abschnitt 3.1 (S. 49 ff.) vermuteten Zusammenhänge zwischen potenzial-, effektivitätsorientierten und wirtschaftlichen Zielen weiter zu untersuchen, ist eine Methodik erforderlich, mit der Einstellungszustände, Verhalten und Unternehmenserfolg gleichsam erfasst und analysiert werden können. Als Instrument zur Messung komplexer Konstrukte und der Analyse komplexer Abhängigkeitsstrukturen hat sich in der Marketingforschung seit geraumer Zeit die Kova- Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 61 rianzstrukturanalyse durchgesetzt (s. Homburg/Baumgartner 1995b; Homburg/Giering 1996). Das Verfahren verbindet die Vorteile der konfirmatorischen Faktorenanalyse, nämlich komplexe Konstrukte unter der Berücksichtung von Messfehlern messbar zu machen (Homburg/Pflesser 2000, S. 416), mit den Vorteilen der Strukturgleichungsanalyse. Deren Vorteile liegen in der Möglichkeit, Abhängigkeitsstrukturen von einer Komplexität zu untersuchen, die sich der Behandlung durch ein multiples Regressionsmodell entziehen, so z. B. mehrstufige Abhängigkeiten zwischen Variablen (s. Homburg/Baumgartner 1995b, S. 1092 f.). Im Folgenden werden wichtige methodische Bezüge für die Entwicklung und Beurteilung von Mess- und Strukturmodellen zur Kovarianzstrukturanalyse gegeben. Diese bilden eine wichtige Verständnisgrundlage für die weitere Untersuchung. Messmodell: Messung von komplexen Konstrukten und deren Güte In vielen Teilbereichen der Marketingforschung wird mit komplexen Konstrukten gearbeitet, die sich von vornherein einer einfachen, direkten Messung entziehen (Homburg/Giering 1996, S. 5), so z. B. in der Konsumentenverhaltensforschung und auch in der Organisationsforschung, wo kognitive Zustände wie Einstellungen, Motive und Bedürfnisse erfasst werden. Unter einem theoretischen Konstrukt versteht man nach Bagozzi/Fornell (1982, S. 24) „... an abstract entity, which represents the „true“, nonobservable state or nature of a phenomenon“ (s. Homburg/Giering 1996, S. 6). Zur Messung einer solchen nicht beobachtbaren „latenten Variable“ müssen meist mehrere Indikatoren erfasst werden, da eine Beschreibung des interessierenden Phänomens mittels eines einzelnen Indikators meist keine befriedigenden Ergebnisse liefern kann (Balderjahn 1985, S. 254; Jacoby 1978; Churchill Jr. 1979; Ruekert/Churchill Jr. 1984). Als Ergebnis wird eine höhere Messqualität in Bezug auf die Reliabilität (Zuverlässigkeit) und die Validität (Gültigkeit) angestrebt (Homburg/Giering 1996, S. 6). In der vorliegenden Arbeit wurde auf Messmodelle (synonym: Skalen) zurückgegriffen, die bereits in vorherigen Untersuchungen verwendet und bereits bezogen auf ihre Konzeptualisierung, Operationalisierung und Messsgüte diskutiert wurden. Zur Überprüfung der Reliabilität und der Validität des Messmodells in Bezug auf die vorliegenden empirischen Daten wurden in der Marketingforschung verbreitete Gütekriterien der ersten und zweiten Generation verwendet (s. Tabelle 3-2). Die in dieser Arbeit verwendeten Cut-Off Werte entsprechen den Forderungen in der Literatur (s. Bühner 2004, S. 203 ff.; Homburg/Pflesser 2000, S. 651; Jensen 2001, S. 96). Es bleibt zu betonen, dass im Rahmen dieser Arbeit nicht die simultane Erfüllung aller spezifizierter Kapitel 3 62 Kriterien gefordert wird (Homburg 2000, S. 93), sondern geringfügige Verletzungen einzelner Kriterien akzeptiert werden, solange das Gesamtbild für eine hohe Qualität der Messung spricht (s. Homburg 2000, S. 93; Jensen 2001, S. 96). Für eine vertiefende Diskussion der Gütekriterien und der Cut-Off Werte sei an dieser Stelle auf Homburg (2000, S. 87-95), Jensen (2001, S. 89-96) und Bühner (2004, S. 202-206) verwiesen. Um die Diskriminanzvalidität zu überprüfen wurde nur in solchen Fällen der χ2-Differenztest eingesetzt, in denen das strengere Fornell-Larcker-Kriterium (s. Fornell/Larcker 1981) verletzt worden war (s. Anhang H, S. 370 ff.). Interne Konsistenz- und Konvergenzreliabilität Ebene der Indikatoren • Faktorladung (EFA) • Item-to-Total Korrelation (RA) ≥ .40 ggf. Elimination des Indikators mit dem niedrigsten Wert ≥ .40 ≥ 1.645 • Indikatorreliabilität (RA) • T-Wert der Faktorladung (KFA) Ebene der Konstrukte ≥ .70 • Cronbachsches Alpha (RA) = 1.00 • Anzahl extrahierter Faktoren (EFA) ≥ .50 • Erklärte Varianz (EFA) ≥ .60 • Faktorreliabilität (KFA) • Durchschnittlich erfasste Varianz ≥ .50 ≥ .05 • p-Wert (KFA) ≤ .08 • RMSEA (KFA) 2 ≤ 3.00 • χ /df (KFA) ≥ .90 • GFI und AGFI (KFA) ≥ .90 • CFI (KFA) EFA: Explorative Faktorenanalyse; RA: Reliabilitätsanalyse; Diskriminanzvalidität • Explorative Faktorenanalyse: Faktorladung bezüglich anderer Faktoren < .40 • Fornell-LarckerKriterium: DEV (ξi ) > quadrierte Korrelation (ξi , ξj) für alle i ≠ j • χ2-Differenztest: Differenz ≥ 3.841 KFA: Konfirmatorische Faktorenanalyse Tabelle 3-2: Verwendete Gütekriterien und Cut-Off Werte der Konstruktmessung (Jensen 2001, S. 96) Strukturmodell: Analyse komplexer Abhängigkeitsbeziehungen Die auf Basis von theoretischen Überlegungen vermuteten Beziehungen zwischen den Konstrukten werden im Rahmen der Kovarianzstrukturanalyse in einem so genannten „Strukturmodell“ abgebildet. Als grafische Darstellung in Form eines Pfaddiagramms enthält das Strukturmodell latente unabhängige Variablen (exogene Variablen), latente abhängige Variablen (endogene Variablen) und die vermuteten Zusammenhänge zwischen diesen. Weisen die Gütekriterien der Messmodelle eine zufrieden stellende Qualität auf, können die vermuteten Beziehungen zwischen den Variablen geschätzt werden. Das beim Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 63 Vorliegen von ausreichend normalverteilten Daten am häufigsten verwendete Schätzverfahren ist die Maximum-Likelihood (ML)-Methode (Homburg/Baumgartner 1995b, S. 1101). Als Ergebnis der Parameterschätzung erhält man ein spezifiziertes Modell, das nicht alleine die partiellen Regressionsgewichte, Korrelationen und Signifikanzangaben für diese enthält, sondern darüber hinaus eine umfassende Beurteilung der Güte des Gesamtmodells ermöglicht. Auch hierzu werden der in Tabelle 3-2 (S. 62) dargestellte χ2-Modelltest sowie die Fit-Indizes RMSEA, CFI, GFI und AGFI mit den entsprechenden Toleranzwerten eingesetzt. 3.2.2.2 Konzeptualisierung, Operationalisierung und Konstruktmessung Im Folgenden werden Konzeptualisierung und Operationalisierung der in der Kovarianzstrukturanalyse verwendeten Messmodelle dargestellt und erläutert. Zufriedenheit der Vertriebspartner als latente exogene Variable Die Zufriedenheit von Vertriebspartnern ist als organisationsbezogenes Ziel eine wichtige Basis für die Schaffung und Realisierung mitarbeiterbezogener Potenziale. Die Zufriedenheit der Vertriebspartner kann als wichtigster Beurteilungsmassstab für die Qualität der Zusammenarbeit mit dem Herstellerunternehmen herangezogen werden (Ruekert/Churchill Jr. 1984, S. 226). Sie ist dabei als Resultat eines lokalen Beurteilungsprozesses zu verstehen, bei dem (lehnt man sich an, an die Konzeptualisierung nach dem Confirmation-Disconfirmation Paradigma) die wahrgenommene Ausprägung des Beurteilungsgegenstandes mit der normativ-erwarteten Ausprägung verglichen wird (s. Parasuraman et al. 1985, S. 42; Parasuraman et al. 1991, S. 422). An dieser Stelle sei zunächst der Zufriedenheitsbegriff nach Geyskens et al. (1999, S. 224) näher betrachtet, die „Channel Member Satisfaction“ als einen emotionalen Zustand definieren, der aus der Beurteilung sämtlicher Aspekte der Zusammenarbeit mit dem Herstellerunternehmen resultiert (s. Frazier et al. 1989, S. 57; Gaski/Nevin 1985, S. 131). Es ist also darauf hinzuweisen, dass es sich bei dem Gegenstand der Beurteilung ausschliesslich um Aspekte der Zusammenarbeit mit dem Hersteller handelt (s. Anderson/Narus 1990, S. 45 f.). Aspekte, die nicht unmittelbar aus der Zusammenarbeit folgen, werden also folglich auch nicht in das Zufriedenheitsverständnis mit eingeschlossen. Durch die Einbeziehung sämtlicher Teilaspekte der Zusammenarbeit mit dem Hersteller ergibt sich trotzdem eine inhaltliche Vielschichtigkeit des Begriffes. Eine Single-Item Messung als „Gesamtzufriedenheit“ (s. Hunt/Nevin 1974, S. 189; 64 Kapitel 3 Wilkinson 1979, S. 94; Rosenberg/Stern 1971, S. 438) wird dieser Komplexität kaum gerecht (Ruekert/Churchill Jr. 1984, S. 226 f.). Ruekert/Churchill Jr. (1984, S. 229 f.) gehen von mindestens fünf inhaltlichen Dimensionen aus, Gassenheimer/Ramsey (1994, S. 261) unterscheiden sogar sieben inhaltliche Bereiche der Zufriedenheit mit dem Herstellerunternehmen. Gemeinsam ist beiden Ansätzen, dass sie sowohl finanzielle als auch soziale Aspekte der Beziehung zwischen Vertriebspartner und Herstellerunternehmen als Beurteilungsgegenstände berücksichtigen (s. Ruekert/Churchill Jr. 1984, S. 227; Gassenheimer/Ramsey 1994, S. 260 f.; Geyskens et al. 1999, S. 224; Skinner et al. 1992, S. 179 f.). Für eine tiefer gehende Analyse der inhaltlichen Beurteilungsdimensionen der Zusammenarbeit sei an dieser Stelle auf Absatz 5.3.1 (S. 112 ff.) verwiesen. Bei der Messung der lokalen Zufriedenheit ist neben den zu beurteilenden inhaltlichen Aspekten die Art der verwendeten Skala festzulegen. Stützt man sich auf das Confirmation-Disconfirmation Paradigma, das eine wichtige Konzeptualisierung im Rahmen der Zufriedenheitsforschung im Kundenbereich darstellt, so bestehen zwei grundsätzliche Möglichkeiten für die Messung der Zufriedenheit (Homburg/Rudolph 1998, S. 246). Zum einen kann die Zufriedenheit als Resultat des Vergleichs zwischen Wahrnehmung und Erwartung interpretiert und direkt erfasst werden. Zum anderen besteht die Möglichkeit, die erwartete und wahrgenommene Leistung für jeden einzelnen Bereich differenziert zu erfassen und die Zufriedenheit als deren Differenz zu errechnen. Letzteres Vorgehen scheint aus verschiedenen Gründen weniger vorteilhaft: Babakus/Boller (1992, S. 255 f.) legen nahe, dass die zur Erfassung von Erwartung und Wahrnehmung verwendeten Doppelskalen vermutlich Einflüsse der ersten Antwort auf die der zweiten Frage hervorrufen. Dabei berufen sie sich auf Arbeiten der Psychologie (Babakus/Boller 1992, S. 255 f.). Zudem verlängert sich durch eine Doppelskala der Fragebogen, was die Beantwortungszeit erhöht, die Antwortbereitschaft senkt und die Anforderungen gleichzeitig wesentlich anhebt (Homburg/Rudolph 1998, S. 246). Darüber hinaus haben verschiedene Arbeiten gezeigt, dass die direkte Messung von Zufriedenheit ebenso valide Ergebnisse erzielt (s. Babakus et al. 1993; Homburg/Rudolph 1998; Liljander/Strandvik 1993). In der vorliegenden Untersuchung wird deshalb das Zufriedenheitsurteil direkt erfasst. Dabei wird auf die von Gassenheimer/Ramsey (1994, S. 261) entwickelte Skala zurückgegriffen, die bis zum heutigen Zeitpunkt bereits zum Gegenstand verschiedener Untersuchungen gemacht worden ist (s. Geyskens et al. 1999; Geyskens et al. 1998; Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 65 Joshi/Arnold 1997). Das verwendete Messmodell sowie die Angaben zu der Erfüllung der Gütekriterien finden sich im Anhang G - 1 (S. 363). Konflikte, Vertrauen und Verbundenheit als latente endogene Variablen Neben der Zufriedenheit stellen Konflikte, Vertrauen und Verbundenheit zwischen Vertriebspartner und Hersteller Einstellungszustände dar, denen in der Forschung zu Beziehungen in Vertriebskanälen ausserordentlich grosse Bedeutung zugemessen wurde (s. Frazier 1983, S. 68; Mohr/Nevin 1990, S. 37; Geyskens et al. 1999, S. 225; Geyskens et al. 1998, S. 232). Aufgrund ihrer grossen inhaltlichen Nähe und der Betrachtung ihrer gemeinsamen Abhängigkeit von der Zufriedenheit wird in diesem Absatz die Konzeptualisierung, Operationalisierung und Messung für alle drei latenten, endogenen Einstellungsvariablen „Konflikt“, „Vertrauen“ und „Verbundenheit“ vorgestellt. Die Natur und die Bedeutung verschiedener Konfliktarten wurden bereits an anderer Stelle beschrieben und erläutert (s. Absatz 2.3.2, S. 25 ff.). Für die Messung des Konfliktniveaus wird auf die Arbeit von Mohr et al. (1996) zurückgegriffen (s. Anhang G 3, S. 365). Mohr et al. (1996, S. 110) operationalisieren das Konfliktniveau mit vier Indikatorvariablen, von denen sie schliesslich drei zur Messung heranziehen (Mohr et al. 1996, S. 113). Diese spiegeln das Gesamtmass an Meinungsverschiedenheit zwischen den Parteien (Anderson/Narus 1990, S. 45) ebenso wider, wie die Häufigkeit und Intensität, mit der Vertriebspartner und Hersteller über Beziehungsaspekte diskutieren (Brown/Day 1981, S. 264; Mohr et al. 1996, S. 110). Die Operationalisierung des Konfliktniveaus nach Mohr et al. (1996) schliesst damit sowohl Aspekte der Einstellung zum Hersteller als auch des wahrgenommenen Konfliktverhaltens zwischen Vertriebspartner und Hersteller ein. Das Vertrauen zum Hersteller entsteht langfristig durch die Erfahrungen, die ein Vertriebspartner in der Zusammenarbeit sammelt (Ganesan 1994, S. 5). Vertrauen wird häufig als der Grad beschrieben, in dem ein Vertriebspartner daran glaubt, dass der Hersteller aufrichtig und wohlwollend ist (Kumar et al. 1995, S. 58). D.h., dass der Hersteller seine Versprechen halten wird (Kumar et al. 1995, S. 58) und Interesse am Wohlergehen des Vertriebspartners besitzt (Kumar et al. 1995, S. 58). Vertrauen ist im Beziehungskontext von besonderer Bedeutung, da Vertriebspartner und Hersteller nach vorhersehbarem und verbindlichem Verhalten suchen, das ihnen einen hohen Grad an sicheren Erwartungen gibt (Crosby et al. 1990, S. 70). Ganesan (1994, S. 16) operationalisiert das Vertrauen in den Hersteller mit sieben Indikatorvariablen, die er- 66 Kapitel 3 fassen, in welchem Ausmass ein Hersteller kompetent, ehrlich und verlässlich ist (Bruner II et al. 2001, S. 1611). In der vorliegenden Arbeit wurden nach dem Pretest (s. Absatz 2.4.2.2, S. 39 ff.) die Indikatoren 1 und 3 wegen Verständnisschwierigkeiten der Probanden von der weiteren Analyse ausgeschlossen. Die Ergebnisse der Konstruktmessung finden sich im Anhang G - 2 (S. 364). Die Verbundenheit mit dem Hersteller, auch als „Commitment“ bezeichnet, ist das Streben des Vertriebspartners, die Beziehung zum Hersteller in der Zukunft fortzuführen und die Bereitschaft, auch kurzfristige Einbussen auf sich zu nehmen, um die Beziehung zu pflegen und zu erhalten (Anderson/Weitz 1992, S. 19). Jaworski/Kohli (1993, S. 60) betonen, dass sich Verbundenheit häufig darin äussert, dass Mitarbeiter weit über ihre Pflichten und die an sie gestellten Erwartungen hinaus gehen, um das Wohlergehen des Herstellers sicherzustellen (Jaworski/Kohli 1993, S. 60). Im Gegensatz zum Vertrauen knüpft die Verbundenheit damit stärker am beabsichtigten Verhalten des Vertriebspartners an, das unmittelbar aus dessen Einstellung zum Hersteller folgt. Als Grundlage der Konstruktmessung wurde die von Ganesan/Weitz (1996) weiterentwickelte Operationalisierung verwendet, die auf eine ursprünglich von Mowday et al. (1982) entwickelte Skala zurückgeht. Eine besondere Eignung des Messmodells nach Ganesan/Weitz (1996) ergibt sich aus der kombinierten Erfassung von Aspekten der Einstellung und resultierenden Verhaltensabsichten. Details zur Konstruktmessung und deren Güte finden sich im Anhang G - 4 (S. 365). Lokale Verkaufsleistung und Markterfolg als latente endogene Variablen Als effektivitätsbezogenes Ziel spiegelt die lokale Verkaufsleistung die Realisierung von mitarbeiterbezogenen Potenzialen wider. Die Verkaufsleistung der Mitarbeiter wird als wichtige Basis gesehen, um einen wirtschaftlichen Markterfolg der lokalen Verkaufsorganisation zu erzielen (Behrman/Perreault Jr. 1982, S. 355; Babakus et al. 1996, S. 348; Cravens et al. 1993, S. 49). Babakus et al. (1996, S. 347) betonen, dass die Verkaufsleistung und der Markterfolg zwar in einer Beziehung stehen, jedoch unterschiedliche Konstrukte darstellen. Der wirtschaftliche Markterfolg eines Vertriebspartners wird neben der Verkaufsleistung der Mitarbeiter auch durch weitere organisations- und umweltbezogene Faktoren bestimmt (Babakus et al. 1996, S. 347). In der Literatur besteht nur wenig Einigkeit darüber, ob Leistungs- und Erfolgsgrössen durch subjektive Beurteilungen von Vorgesetzten, Kunden, den Vertriebsmitarbeitern selbst, objektivem Datenmaterial oder eine Kombination dessen (Behrman/Perreault Jr. 1982, S. 356; Churchill Jr et al. 1985, S. 104) vorgenommen werden sollte. Inzwi- Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 67 schen gibt es viele Argumente und empirische Ergebnisse, die für die Angemessenheit einer Selbst-Einschätzung sprechen (s. Lusch/Brown 1996, S. 29; Sujan et al. 1994, S. 42; Oliver/Anderson 1994, S. 60; Behrman/Perreault Jr. 1982, S. 357), indem also Vertriebspartner selbst ihre Leistung und ihren Erfolg einschätzen. Diesem Vorgehen wurde in der vorliegenden Arbeit entsprochen. Die lokale Verkaufsleistung knüpft am Verhalten der Verkaufsmitarbeiter an. Verkaufsmitarbeiter erbringen Leistungen für das Unternehmen, indem sie z. B. neue Kunden und Marktanteile hinzugewinnen, ihre Ziele übertreffen, langfristige Verträge aushandeln und neue Produkte erfolgreich einführen (s. Babakus et al. 1996, S. 348). Die Verkaufsleistung wurde im vorliegenden Fall durch sieben Indikatorvariablen gemessen, die auf eine Operationalisierung von Sujan et al. (1994, S. 47) zurückgeht, die sich wiederum auf eine Konzeptualisierung von Behrman/Perreault Jr. (1982) stützt. Der befragte Vertriebspartner schätzt dabei seine eigene Leistung relativ zur Verkaufsleistung anderer Vertriebspartner des Herstellers ein. Details zur verwendeten Skala und der Güte der Messung finden sich im Anhang G - 5 (S. 366). Der lokale Markterfolg wird teilweise in der Literatur auch als Effektivität der lokalen Verkaufsorganisation bezeichnet (Cravens et al. 1993, S. 49; Babakus et al. 1996, S. 347 ff.). Damit steht der lokale Markterfolg für die finanzielle Zielerreichung der gesamten lokalen Verkaufsorganisation oder aber für Teilbereiche, wie z. B. für Regionen oder Kundengruppen, bei unabhängigen Distributoren auch für den finanziellen Erfolg mit den Produkten eines bestimmten Herstellers (Babakus et al. 1996, S. 347). Der Gesamtumsatz ist der am weitesten verbreitete Indikator zur Messung des wirtschaftlichen Vertriebserfolges (Babakus et al. 1996, S. 347). Jedoch wurden in der Forschung teilweise auch Kosten, Deckungsbeiträge und Profitabilitätskennzahlen zur Beurteilung herangezogen (Cravens et al. 1993, S. 50). Die in dieser Arbeit verwendete Skala zur Messung des lokalen Markterfolges geht auf Cravens et al. (1993, S. 58) zurück und berücksichtigt sowohl umsatz- als auch profitabilitätsbezogene Grössen. Details zum verwendeten Messmodell und der Güte der Messung finden sich wiederum im Anhang G - 6 (S. 367). Zusammenfassender Überblick: Pfaddiagramm mit Hypothesen und Messmodellen Mit der Konzeptualisierung und Operationalisierung der Messmodelle sowie der Formulierung von Hypothesen ist an dieser Stelle die Entwicklung des Untersuchungskonzeptes abgeschlossen. Die aus den theoretischen Überlegungen abgeleiteten Hypothesen lassen sich abschliessend in einem gemeinsamen Hypothesensystem zusam- Kapitel 3 68 menfassen (s. Abbildung 3-3). Das in Abbildung 3-3 (S. 68) dargestellte Pfaddiagramm enthält dabei nicht nur alle in Absatz 3.2.1 (S. 56 ff.) abgeleiteten Hypothesen, sondern ebenfalls die nach dem Vorgehen von Homburg (2000, S. 95 ff.) bereinigten Modelle der Konstruktmessung. ε1 ε2 1 CON1 ζ1 ε3 1 1 CON2 CON3 1 1 Konflikt-Niveau mit Hersteller ζ4 1 δ1 1 δ2 1 δ3 1 SAT3 δ4 1 SAT4 SAT2 H05 (-) H03 (-) SAT1 PER1 1 PER2 Lokale Verkaufsleistung PER3 PER4 Zufriedenheit mit Hersteller ε11 1 ε12 1 ε13 1 ε14 1 ε15 1 ε16 H09 (+) H02 (+) H07 (+) EFF1 H01 (+) 1 Lokaler Markterfolg ζ2 1 1 Vertrauen zum Hersteller TRU1 ζ3 EFF2 1 ζ5 Verbundenheit mit Hersteller H06 (+) 1 EFF3 1 TRU2 COM1 COM2 COM3 1 1 1 1 1 ε4 ε5 ε6 ε7 ε8 COM4 1 ε9 = Beziehungspfad (+) = positiv vermuteter Zusammenhang = Indikatorvariable (-) = negativ vermuteter Zusammenhang = Latente Variable δ1 -δ4 = Messfehler der exogenen Indikatorvariablen H01-H09 = Hypothesen zu Kausalbeziehungen zwischen latenten Variablen Abbildung 3-3: ε10 1 H04 (-) 1 H08 (+) Legende: 1 ε1 -ε16 = Messfehler der endogenen Indikatorvariablen ζ1-ζ5 = Fehlerterme der latenten endogenen Variablen Pfaddiagramm mit Hypothesen und Messmodellen 3.2.3 Ergebnisse der Parameterschätzung und Interpretation Ziel dieses Absatzes ist es, das in Abbildung 3-3 (S. 68) dargestellte Hypothesensystem einer empirischen Untersuchung zu unterziehen. Dazu wird auf die in Absatz 2.4.2.2 (S. 39) beschriebene Datengrundlage sowie die bereits erörterten Messmodelle zurückgegriffen. Es sollen nun die vermuteten Beziehungen zwischen den latenten Konstrukten in Bezug auf ihre Richtung, ihre Stärke und ihre Signifikanz untersucht werden. Darüber hinaus erlaubt die Kovarianzstrukturanalyse nicht nur die Güte einzelner Pfadschätzungen zu bestimmen, sondern darüber hinaus Gütemasse für das Gesamtmodell einzusetzen. Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 69 Parameterschätzung und Beurteilung des spezifizierten Gesamtmodells Zur Parameterschätzung für das in Abbildung 3-3 (S. 68) dargestellte Hypothesensystem wurde die Maximum-Likelihood-Methode (ML) eingesetzt, deren Anwendung eine multivariate Normalverteilung der Daten voraussetzt (Homburg/Baumgartner 1995b, S. 1102). Der Mardia-Test auf multivariate Normalverteilung ergab leichte Abweichungen. Allerdings liegen Schiefe und Kurtosis der Verteilung deutlich innerhalb der von West et al. (1995, S. 61) postulierten Grenzen von Schiefe < 2.0 und Kurtosis < 7.0. Auch wenn die ML-Methode als relativ robust gegenüber leichten Verletzungen der Verteilungsannahme gilt (Luthardt 2003, S. 147), ist im vorliegenden Fall deshalb mit einem leicht erhöhten χ2-Wert zu rechnen (s. Bühner 2004, S. 232). Bevor eine ausführliche Interpretation der Ergebnisse der Hypothesenprüfung erfolgt, wird zunächst die Gesamtstruktur des Modells beurteilt. Dazu kommen die gleichen Gütekriterien zum Einsatz, wie sie bereits zur Beurteilung der Messmodelle verwendet wurden (s. Tabelle 3-2, S. 62). Die vorliegenden Ergebnisse für die ML-Schätzung zeigen eine sehr gute Anpassung der Modellstruktur an den Datensatz (s. Tabelle 3-2): Das Verhältnis zwischen χ2-Wert und Freiheitsgraden liegt mit einem Wert von 1.69 weit unter der geforderten Höchstgrenze von 3.0. Auch die Model-Fit-Indizes weisen auf eine hohe Eignung des Modells hin: Für den CFI und den RMSEA werden mit Werten von .94 und .05 die vorgegebenen Grenzwerte von mindestens .90 bzw. maximal .08 eingehalten. Auch der RMR und der GFI besitzen mit Werten von .05 und .90 die empfohlenen Toleranzhöhen. Lediglich der AGFI verfehlt mit einer Höhe von .87 nur knapp das empfohlene Anspruchsniveau, was aber im Hinblick auf die ausgezeichnete Erfüllung der übrigen Fit-Masse toleriert wird. Globale Gütekriterien Tatsächlicher Wert 2 272.51 (161) χ -Wert (Freiheitsgrade) 1.69 χ2-Wert/df RMSEA .05 RMR .05 CFI .94 GFI (AGFI) .90 (.87) Tabelle 3-3: Ergebnisse zur Güte der gesamten Modellstruktur Geforderter Wert ≤ 3.00 ≤ .08 ≤ .05 ≥ .90 ≥ .90 Interpretation der geschätzten Zusammenhänge Abbildung 3-4 (S. 70) zeigt die sich auf Basis der ML-Schätzung ergebenden standardisierten Pfadkoeffizienten für das Strukturmodell und damit die Ergebnisse der Prüfung der im Absatz 3.2.1 (S. 56 ff.) hergeleiteten Hypothesen. Auf Basis der Parameterschätzung konnten demnach die Hypothesen H04, H05 und H07 nicht bestätigt wer- Kapitel 3 70 den. Aus dem Pfaddiagramm geht weiterhin hervor, dass die direkten Zusammenhänge – bis auf eine Ausnahme – das erwartete Vorzeichen aufweisen. Lediglich der Pfadkoeffizient für die Wirkung des Vertrauens auf die Verkaufsleistung weist nicht das vermutete positive Vorzeichen auf. ε1 ε2 ε3 CON1 CON2 CON3 ζ1 r2=.18 Konflikt-Niveau mit Hersteller δ1 SAT1 δ2 SAT2 δ3 SAT3 δ4 SAT4 ζ4 -.04n.s. Lokale Verkaufsleistung r2=.09 -.42*** -.08n.s. Zufriedenheit mit Hersteller 1 PER1 PER2 PER3 PER4 1 ε10 1 ε11 1 ε12 1 ε13 .65*** .22** -.30*** .29*** r2=.43 .59*** Lokaler Markterfolg ζ2 ζ3 Vertrauen zum Hersteller .35*** ζ5 Verbundenheit mit Hersteller EFF1 ε14 EFF2 ε15 EFF3 ε16 r2=.27 r2=.39 TRU1 TRU2 COM1 COM2 COM3 COM4 ε4 ε5 ε6 ε7 ε8 ε9 n. s.: p > .10, *: p < .10, **: p < .05, ***: p < .01 r2 = Bestimmtheitsmass Abbildung 3-4: Spezifiziertes Modell mit Schätzwerten für ausgewählte Parameter Die vermuteten direkten Wirkungen der Zufriedenheit mit dem Hersteller auf das Vertrauen, das Konfliktniveau und auf die Verbundenheit mit dem Hersteller wurden deutlich bestätigt. Die Zufriedenheit der Vertriebspartner mit der Zusammenarbeit trägt dazu bei, Konflikte zu vermeiden (H03). Ebenso begünstigt die Zufriedenheit der Vertriebspartner den Glauben an das Wohlwollen und die Aufrichtigkeit des Herstellers, wodurch sich Vertrauen herausbilden kann (H01). Wie sich gezeigt hat, erhöhen die Zufriedenheit mit dem Hersteller und das Vertrauen wiederum die Verbundenheit mit dem Hersteller (H02, H06). Dabei fällt der Effekt des Vertrauens stärker aus als der Effekt der Zufriedenheit. Besinnt man sich des langfristigen Charakters, der für die Bildung von Vertrauen und Verbundenheit benötigt wird, so wird deutlich, dass eine Steigerung des Vertrauens ein höheres Gewicht für das Verbundenheitsgefühl erhalten muss als eine Erhöhung der auch kurzfristig zustande kommenden Zufriedenheit. Zwischen dem Konfliktniveau und dem Vertrauen konnte kein signifikanter Zusammenhang festgestellt werden (H04). Ebenso ist der zwischen Konfliktniveau und der Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 71 lokalen Verkaufsleistung geschätzte Zusammenhang (H05) nicht signifikant, obwohl in beiden Fällen die Richtung der Wirkung den Vermutungen entspricht. Mögliche Erklärungen für die fehlende Signifikanz der Beziehung zwischen Konfliktniveau und Verkaufsleistung bietet ggf. die bereits früher (s. Absatz 2.3.2, S. 25 ff.) dargestellte Vermutung von Rosenbloom (1973, S. 29), dass der Zusammenhang zwischen Konfliktniveau und betrieblichen Erfolgsgrössen nicht linear ist, sondern für unterschiedliche Bereiche der Definitionsmenge ebenso unterschiedliche Verläufe annehmen kann. Auch werden verschiedene Arten von Konflikten, wie sie in der Literatur teilweise unterschieden werden, in der verwendeten Konzeptualisierung nach Mohr et al. (1996, S. 113) nicht berücksichtigt. Das Schätzergebnis für die Wirkungen von Vertrauen auf die lokale Verkaufsleistung erstaunt (H07), da es den Vermutungen, die auf Basis verschiedener Untersuchungen entwickelt wurden sowie einer Plausibilitätsbetrachtung auf den ersten Blick entgegensteht. Nach der hoch signifikanten Schätzung führt das höhere Vertrauen zum Hersteller demnach nicht wie vermutet zu einer besseren, sondern zu einer geringeren Verkaufsleistung. Einen Erklärungsansatz für diesen negativen Zusammenhang geben Dahlstrom/Nygaard (1995, S. 352), die in ihrer Untersuchung auf ähnliche Ergebnisse stiessen. Sie führen Leistungsverluste auf Ressourcen zurück, die für den Aufbau und die Festigung von Vertrauen benötigt werden (Dahlstrom/Nygaard 1995, S. 345). In Anlehnung an die vom Autor geführten Einzelinterviews sollte ein weiterer Erklärungsansatz angeführt werden (s. Explorative Interviews, Tabelle 2-3, S. 37). Häufig nämlich wird ein gewisses Misstrauen gegenüber dem Hersteller als begünstigender Faktor für den Erfolg gesehen. Bei Gesprächen mit der Zentrale wurde immer wieder darüber berichtet, dass insbesondere erfolgreiche Vertriebspartner sich das Recht erkaufen, nicht alle Massnahmen zu tragen und nicht alle Kompromisse einzugehen. Sollte der Umkehrschluss gelten und das Misstrauen gegenüber dem Hersteller sowie die daraus folgende freiheitlichere Bestimmung des Vorgehens in den Märkten den Erfolg positiv beeinflussen, so wäre dies ebenfalls eine Erklärung für das negative Vorzeichen des geschätzten Zusammenhangs. Die Verbundenheit des Vertriebspartners hingegen führt, wie in Hypothese H08 vermutet, zu einer höheren Verkaufsleistung. Das bedeutet, dass die Verhaltensabsicht, sich für den Hersteller einzusetzen, auch zu tatsächlich geäussertem Verhalten führt. Letztlich können damit das Konfliktniveau, das Vertrauen und die Verbundenheit mit dem Hersteller neun Prozent der lokalen Verkaufsleistung erklären. Der nicht erklärte Anteil der Streuung kann auf Faktoren wie z. B. die Kompetenz der Vertriebspartner, 72 Kapitel 3 die Attraktivität des Verkaufsgebiets, auf Umweltbedingungen oder andere personalbezogene Vertriebsfaktoren zurückgeführt werden (s. Babakus et al. 1996, S. 347). Die Verkaufsleistung der Mitarbeiter wiederum ist, wie die vorliegende Untersuchung zeigt, eine der wichtigsten Voraussetzungen für den lokalen Markterfolg (H08). Durch die Überprüfung des Hypothesensystems konnten wichtige Beiträge zur Erklärung von Wirkungen der Zufriedenheit geleistet werden. Einschränkend muss zunächst noch einmal betont werden, dass es sich um ein Partialmodell handelt, in dem zum einen nur solche Aspekte in das Zufriedenheitsverständnis einbezogen wurden, die von der Operationalisierung von Gassenheimer/Ramsey (1994, S. 261) abgedeckt werden. Weiterhin wurden nur wenige Einstellungs- und Verhaltensvariablen mit einbezogen, die allerdings zu einem grossen Teil durch die Zufriedenheit erklärt werden können. Im Hinblick auf das Ergebnis, dass Konflikte, Vertrauen und Verbundenheit immerhin neun Prozent der lokalen Verkaufsleistung erklären, sei schliesslich darauf hingewiesen, dass sich hierdurch Rückschlüsse auf die Höhe der Investitionen ziehen lassen, die in Bezug auf die Zufriedenheit und die anderen Einstellungszustände vorteilhaft sind. 3.3 Fallstudie LEICA: Zufriedenheit, Zeitverwendung und Markterfolg Die Fallstudie Leica Microsystems (LMS) dient dazu, die Bedeutung der Zufriedenheit von Vertriebspartnern vertiefend zu analysieren. Der Einzelfall ermöglicht es hierbei, konkretere Einblicke und Hinweise zu geben, als es durch eine allgemeine Analyse möglich wäre. Es wird insbesondere diskutiert, welche Wirkungen die Zufriedenheit auf die Zeitverwendung und den Markterfolg internationaler Distributoren besitzt. Unternehmensportrait: Die Leica Microsystems AG Die Leica Microsystems AG hat sich als internationaler Hersteller von Mikroskopen und wissenschaftlichen Instrumenten aus den traditionsreichen Unternehmen Wild, Leitz, Reichert, Jung und Cambridge Instruments entwickelt. Leica Microsystems (LMS) ist ein weltweit führender Entwickler und Hersteller von optischen High-TechPräzisionssystemen für die Analyse von Mikrostrukturen. In den Bereichen Mikroskopie, Bildanalyse und konfokale Lasermikroskopie, Probenvorbereitung mikroskopischer Objekte, Medizintechnik sowie Systeme für die Halbleitertechnik gehört Leica Microsystems zu den Marktführern. Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 73 Die Basis für den Erfolg von Leica Microsystems sieht Dr. Wolf-Otto Reuter, CEO des Unternehmens in der globalen Präsenz von Vertrieb und Service, in den Systemlösungen und innovativen Technologien, die das Unternehmen mit und für seine Kunden entwickelt sowie in der Qualität und dem Vertrauen, die international mit dem Markennamen Leica verbunden werden. Mit 10 Produktionsstätten in 7 Ländern, Vertriebs- und Servicegesellschaften in 19 Ländern und einem internationalen Netzwerk von Distributoren ist das Unternehmen in mehr als 100 Ländern tätig und erwirtschaftet im Jahr 2003 mit rund 3’600 Beschäftigten einen Umsatz von 540 Mio. Euro, von denen heute ca. 10 Prozent durch den Vertriebskanal „Direct Sales“ erzielt werden. Sitz des internationalen Managements ist Wetzlar in Deutschland. Untersuchung von Zufriedenheit, Zeitverwendung und Markterfolg Ausgangspunkt für die vorliegende Untersuchung war die Überlegung, dass sich Unzufriedenheit und aufkommendes Misstrauen sowie einhergehende Konflikte auf das Verhalten der internationalen Distributoren auswirken. Danach ist zu vermuten, dass sich die Zeitverwendung zwischen zufriedenen und unzufriedenen Vertriebsmitarbeitern unterscheidet. Unzufriedene Vertriebspartner weisen bspw. darauf hin, dass sie durch interne Formalitäten viel Zeit verlieren, die sie stattdessen lieber extern beim Kunden verwenden würden. Dies wird von Seiten der Zentrale bei Leica bestritten, da sich interne Anforderungen, die von Leica gestellt werden, in den Märkten nicht wesentlich unterscheiden. Im Juli 2004 wurde weltweit an 150 unabhängige Distributoren des Unternehmens, das die dazu erforderlichen Kontaktinformationen bereitgestellt hatte, ein vierseitiger Fragebogen versendet, der zu einem zufrieden stellenden Rücklauf von 54 brauchbaren Fragebögen (effektive Rücklaufquote von 36 Prozent) führte. Zur Messung der Zufriedenheit wurde erneut auf die von Gassenheimer/Ramsey (1994, S. 261) entwickelte Skala zurückgegriffen, die anschliessend durch Mittelwertbildung zu einer Gesamtvariablen zusammengefasst wurde. Um die Gruppen der zufriedenen und unzufriedenen Distributoren vergleichen zu können, musste die als quasi-metrisch betrachtete Zufriedenheitsvariable auf ein niedrigeres Skalenniveau transformiert werden. Dazu wurde ein in der Literatur üblicher „Mediansplit“ angewendet, um die Stichprobe nach der Zufriedenheit in zwei möglichst gleich grosse Gruppen zu unterteilen (s. Jaworski/MacInnis 1989, S. 414 f.). Der Median liegt im vorliegenden Fall bei 4.71 von sieben Punktschritten, es ergeben sich zwei Gruppen mit jeweils 27 Fällen. An dieser Stelle sei noch einmal auf den Überblick zu den sonstigen Informati- Kapitel 3 74 onsquellen in Absatz 2.4.2.3 (S. 46 ff.) und Tabelle 2-6 (S. 47) verwiesen, die beim Erstellen der Fallstudie verwendet wurden. Interne Abstimmung als Basis für die Effektivität beim Kunden Die Gegenüberstellung der relativen Zeitverwendung zufriedener und unzufriedener Vertriebspartner erfolgt im vorliegenden Fall auf Basis der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit. Dabei zeigen sich deutliche Unterschiede sowohl in der Höhe als auch in der Verwendung der wöchentlichen Arbeitszeit (s. Abbildung 3-5, S. 74): Unzufriedene Unzufriedene Distributoren Distributoren Gesamtzeit* Reisen 100 % 12 % Zufriedene Zufriedene Distributoren Distributoren Planung 2 % Angebotserstellung 13 % Interne Gesamtzeit* 100 % Reisen 15 % n = 27 Planung 5 % Angebotserstellung 10 % Interne Koordination 15 % Administration 22 % Kunden- Koordination 10 % Administration 21 % Kundenzeit Kunden42 % Service 17 % KundenSchulung 4 % Verkaufs- zeit Kunden33 % Service 12 % KundenSchulung 5 % Verkaufsgespräche 16 % Ì gespräche 21 % 43.61 Stunden 18.32 Stunden Nicht-Kundenzeit 56.47 Stunden Kundenzeit n = 27 18.64 Stunden Nicht-Kundenzeit Kundenzeit *Auf Basis der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit. Abbildung 3-5: Zeitverwendung und Zufriedenheit von Distributoren der Leica Microsystems (Befragung Leica II, s. Tabelle 2-3, S. 37) Zufriedene Distributoren arbeiten durchschnittlich 56.47 Stunden pro Woche und damit 12.86 Stunden mehr als ihre unzufriedenen Kollegen. Inwieweit sich die Mehrarbeitszeit kausal auf die Zufriedenheit zurückführen lässt, ist an dieser Stelle jedoch kaum zu beantworten. Bei ähnlichen Untersuchungen, wie sie z. B. von Mercer Management Consulting durchgeführt wurden (s. MMC 2003b, S. 5 f.), wird der Zeit, die ein Vertriebspartner im unmittelbaren persönlichen oder telefonischen Kundenkontakt verbringt, eine besonders hohe Bedeutung beigemessen. Dies wird mit der Annahme begründet, dass diese „Kundenzeit“ direkt die Verkaufszahlen und dadurch den Umsatz erhöht (MMC 2003b, S. 5). Im Fall Leica verwenden zufriedene und unzufriedene Vertriebspartner absolut gesehen etwa gleich viel ihrer Zeit auf den telefonischen und persönlichen Kontakt zum Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 75 Kunden (s. Abbildung 3-5; „Kundenzeit“). Trotzdem erreichen zufriedene Distributoren eine höhere Effektivität (gemessen nach Cravens et al. 1993, S. 58; s. Anhang G 6, S. 367) und realisieren ein wesentlich grösseres Umsatzvolumen (s. Tabelle 3-4, S. 76) mit den Produkten der Leica Microsystems. Der unterschiedliche Verkaufserfolg kann also nicht durch die Höhe der für den Kunden verwendeten Zeit erklärt werden. Es bleiben zwei Ansätze, um zu erklären, weshalb unzufriedene und zufriedene Distributoren unterschiedlich erfolgreich sind: erstens kann sich die Qualität der mit dem Kunden verbrachten Zeit unterscheiden. So könnten höhere Verkäufe z. B. auf kompetentere Kundengespräche oder förderliches Verhalten im Kundenkontakt zurückzuführen sein. Zweitens können etwaige Unterschiede in der Verwendung der Zeit, die nicht im Kundenkontakt, sondern in dessen Vor- und Nachbereitung verbracht wird, eine Rolle spielen, weshalb sie näher betrachtet werden müssen. Diese zweitgenannte „Nicht-Kundenzeit“ stellt ggf. eine kausale Grundlage für die erstgenannte Qualität der „Kundenzeit“ dar. Die nicht mit dem Kunden verbrachte Zeit erklärt 12.54 Stunden der Mehrarbeitszeit zufriedener Distributoren, die im Gegensatz zu ihren unzufriedenen Kollegen 37.83 Stunden für interne Tätigkeiten und Reisezeiten verbringen (s. Tabelle 3-4, S. 76). Für eine sorgfältige kunden- und marktbezogene Planung setzen zufriedene Distributoren im Vergleich zu ihren unzufriedenen Kollegen etwa zwei Stunden mehr ihrer wöchentlichen Arbeitszeit ein. Erhebliche Unterschiede zeigen sich insbesondere bei der internen Koordination mit anderen Abteilungen und der Zentrale sowie bei der administrativen Abstimmung, z. B. bei der finanziellen und logistischen Abwicklung in Zusammenarbeit mit dem Hersteller Leica. So wenden zufriedene Distributoren 8.47 Stunden für die Koordination mit dem Hersteller auf, während es bei unzufriedenen Distributoren nur 4.36 Stunden sind. Das heisst, zufriedene Distributoren verbringen wöchentlich mehr Zeit im Kontakt mit dem Hersteller, indem sie sich mit diesem oder auch mit anderen internen Abteilungen abstimmen. Die engere Zusammenarbeit der zufriedenen Distributoren mit dem Hersteller macht sich auch in der Dauer der Zusammenarbeit bemerkbar: Diese arbeiten durchschnittlich 14.24 Jahre mit dem Hersteller zusammen, während unzufriedene Distributoren eine mit 4.14 Jahren wesentlich jüngere Beziehung aufweisen. Durch die langjährige Erfahrung mit dem Hersteller können sich bei den zufriedenen Vertriebspartnern realistische Erwartungen herausbilden über das, was der Hersteller leisten kann, will und wird. Hierdurch wird der Unzufriedenheit vorgebeugt. Die lange Beziehungsdauer zu Leica kann als Resultat von Vertrauen und Verbundenheit betrachtet werden, das erst Kapitel 3 76 durch den Glauben in die Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit des Unternehmens und die Bereitschaft, kurzfristig auch Opfer auf sich zu nehmen, ermöglicht wird. Martin Vogler, Vice President Sales betont, dass „allein die Einarbeitung für unsere Art von Produkten, die sehr komplex sind und nur wenige Standardlösungen beinhalten, acht bis zwölf Monate dauert. Auch das Wissen um die Applikation bei den Kunden nimmt einen immer höheren Stellenwert ein. So benötigen Distributoren eine sehr lange Unterstützung und „Aufsicht“, die auch lange nach dem ersten Jahr noch angeboten wird.“ Wahrscheinlich ist die lange Beziehungsdauer aber auch Ursache von Vertrauen und Verbundenheit, die sich erst langfristig herausbilden und festigen können. Vertrauen und Verbundenheit ihrerseits können, wie bereits weiter oben in Absatz 3.2.1 (S. 56) festgestellt wurde, als Basis für die Verkaufsleistung der Vertriebsmitarbeiter gesehen werden. Durch das beschriebene Kausalgeflecht wird, wie es scheint, der Markterfolg der zufriedenen Distributoren begünstigt. Unzufriedene Distributoren Zufriedene Distributoren 111.60 291.11 Effektivität des Verkaufs (nach Cravens et al. 1993, S. 58) 3.20 6.94 Dauer der Zusammenarbeit mit LMS (in Jahren) 4.14 14.24 Anzahl der Tage pro Jahr für Besuche beim Hersteller 10.03 23.24 Anzahl der Tage pro Jahr für Meetings mit anderen (externen) Vertriebsmitarbeitern 7.87 19.91 Anzahl der Tage pro Jahr für Schulung und Weiterbildung 7.07 12.35 Anzahl an Mitarbeitern im Vertriebsinnendienst (gesamt pro Distributor) 2.13 3.29 Jahresumsatz 2003 (in 1'000 EUR) Tabelle 3-4: Quantilsvergleich für unzufriedene und zufriedene Distributoren der Leica Microsystems (Befragung Leica II, s. Tabelle 2-3, S. 37) Für die bedeutende Rolle der starken internen Verzahnung mit dem Hersteller spricht auch die mit grossem Abstand höhere Anzahl von Tagen (pro Jahr), die zufriedene Distributoren aufwenden, um Besuche beim Hersteller vorzunehmen oder andere Distributoren z. B. auf regionalen Sales-Meetings zu treffen (s. Tabelle 3-4). Vielleicht bewegt Leica die zufriedeneren Distributoren deshalb dazu, stärker in ihr Know-How zu investieren, denn sie nutzen mehr Arbeitstage pro Jahr zur eigenen Schulung und Weiterbildung, was ihrem Erfolg ebenfalls förderlich ist. Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 77 Um das Zustandekommen der Unterschiede zwischen zufriedenen und unzufriedenen Distributoren weiter zu untersuchen, wurden weitere Variablen analysiert. Etwas erstaunlich ist das Ergebnis, dass zufriedene Distributoren persönlich stärker in die „Nicht-Kundenzeit“ investieren, obgleich sie durchschnittlich über mehr Ressourcen im Innendienst verfügen als unzufriedene Distributoren. Es konnten keine nennenswerten Unterschiede in der Länderzugehörigkeit, der Verantwortlichkeit in Bezug auf Produktgruppen oder der Grösse des zuständigen Vertriebsteams ermittelt werden. Zufriedenheit als Ursache und Konsequenz enger Zusammenarbeit Es lässt sich festhalten, dass der Vorbereitungszeit und der internen Abstimmung scheinbar eine nicht zu unterschätzende Rolle für die Effektivität beim Verkaufsgespräch zukommt. Eine solide Planung und die Koordination schaffen die Grundlage für erfolgreiche Verkaufsgespräche bei Leica Distributoren. Ebenso scheint die Dauer der Beziehung durch Zufriedenheit begünstigt, die ihrerseits wiederum Vorteile schafft, die zu höherem Verkaufserfolg führen. Aus Sicht des Herstellers Leica scheint es daher vorteilhaft Massnahmen zu ergreifen, um die Zufriedenheit zu fördern. Im Rahmen der Befragung vom Juli 2004 wurden gleichzeitig Verbesserungsvorschläge der Distributoren erfasst, die auf einem mehrtägigen internationalen Distributorenmeeting im September 2004 gemeinschaftlich diskutiert und in Kleingruppen bearbeitet wurden (Befragung Leica II, s. Tabelle 2-3, S. 37). Erste Ansätze zur Verbesserung der Zusammenarbeit bieten die Ergebnisse, die in den Kleingruppen von Distributoren und Herstellern gemeinsam erarbeitet wurden. Martin Vogler betont: „Insgesamt lege ich mit meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern grössten Wert auf die Pflege einer guten Beziehung zu unseren Vertriebspartnern. Verkaufen ist ein ‚Beziehungsdelikt’. Um dieses erfolgreich zu begehen, müssen auch Vertriebspartner Beziehungen aufbauen, sowohl zum Kunden als auch zu anderen Mitgliedern der Vertriebsorganisation.“ 78 Kapitel 4 4 Die lokale Situation und ihre Einschätzung durch Hersteller und Vertriebspartner 4.1 Die lokale Situation und ihre Kontextfaktoren 4.1.1 Umwelt und Vertriebssystem als externe und interne Komponenten Jede Beurteilung, die Vertriebspartner in Bezug auf die Vorteilhaftigkeit der Zusammenarbeit mit dem Hersteller vornehmen, erfolgt vor dem Hintergrund der von ihnen wahrgenommenen lokalen Bedingungen. Es wird unterstellt, dass der situative Kontext die Wirkungen der Vertriebsgestaltung auf Einstellungs-, Verhaltens- und Erfolgsvariablen moderiert (Özsomer/Prussia 2000, S. 27; Jaworski 1988, S. 25). Identische Aktivitäten des Herstellers können danach in einer bestimmten lokalen Situation für den Erfolg des Vertriebspartners als dienlich beurteilt werden, während sie in einer anderen Situation, so z. B. in einem anderen Ländermarkt als unbrauchbar oder sogar hinderlich wahrgenommen werden (s. Kieser/Walgenbach 2003, S. 215). Gelingt es dem Herstellerunternehmen, die Erfordernisse der lokalen Situation zu berücksichtigen, trägt er zur Zufriedenheit der Vertriebspartner und damit der Verkaufsleistung und dem Markterfolg bei. Die lokale Situation von Vertriebspartnern wird durch verschiedene Kontextfaktoren bestimmt. In Abhängigkeit der Zugehörigkeit zum Vertriebssystem (s. Absatz 2.3.1, S. 21) kann zwischen einer systeminternen und einer systemexternen Komponente der Situation unterschieden werden (s. Tomczak 1989, S. 11; Staehle 1977, S. 112 f.; Kieser 1999a, S. 175; Belz 1993, S. 6 f.). Die systeminterne Komponente der Situation betrifft sämtliche Kontextfaktoren die dem Vertriebssystem angehören und im Einflussbereich von Mitgliedern des Vertriebssystems liegen (s. Jaworski 1988, S. 26). Die systemexterne Komponente hingegen umfasst solche Kontextfaktoren, die nicht Elemente des Vertriebssystems sind (s. Abbildung 4-1). Lehnt man sich an bestehende Konzeptualisierungen nach Jaworski (1988, S. 25) und Ruekert et al. (1985, S. 17) an, so gehören zur systeminternen Komponente der lokalen Situation die Personen, die mit dem Management des lokalen Vertriebs betraut sind, die lokale Vertriebsorganisation sowie die Organisation des Herstellerunternehmens, die einen Rahmen für das lokale Vorgehen darstellt. Zur systemexternen Komponente gehören das allgemeine lokale Umfeld sowie die spezifische Markt- und Kundensituation (s. Kieser/Walgenbach 2003, S. 217; Jaworski 1988, S. 25; Ruekert/Walker Jr. 1987, S. 3). Die lokale Situation der Vertriebspartner 79 Manager Manager des des lokalen lokalen Vertriebs Vertriebs „Interne Komponente“ Kontextfaktoren des Vertriebssystems Organisation Organisation des des HerstellerHerstellerunternehmens unternehmens Spezifische Spezifische MarktMarkt- und und Kundensituation Kundensituation Abbildung 4-1: Lokale Lokale VertriebsVertriebsorganisation organisation Situation Situation des des VertriebsVertriebspartners partners „Externe Komponente“ Kontextfaktoren der Umwelt Allgemeines Allgemeines lokales lokales Umfeld Umfeld Interne und externe Komponenten der lokalen Situation Auf Basis der durchgeführten Interviews im Rahmen dieser Arbeit (s. „Explorative Interviews“ in Tabelle 2-3, S. 37) konnten eine Reihe von Variablen identifiziert werden. Diese wurden auf der Grundlage der bestehender Konzeptualisierungen (s. Özsomer/Prussia 2000, S. 30; Gencturk/Aulakh 1995, S. 760; Jaworski 1988, S. 25; Ruekert et al. 1985, S. 17; Ruekert/Walker Jr. 1987, S. 3; Achrol et al. 1983, S. 30) sowie aufgrund von Plausibilitätsüberlegungen (s. Kieser 1999a, S. 175) den fünf oben genannten Kontextfaktoren zugeordnet. Tabelle 4-1 zeigt diese Variablen, welche die interne und externe Komponente der Situation von Vertriebspartnern weiter konkretisieren. Kontextfaktor Manager des lokalen Vertriebs Lokale Vertriebsorganisation Organisation des Herstellerunternehmens Spezifische Markt- und Kundensituation Variablen • • • • • • • • • • • • • • • • • Fähigkeiten, Verbundenheit und Engagement, Erfahrung, Persönlichkeit. Markterfolg, Ressourcen, Dauer der Zusammenarbeit, Rechtliche Zugehörigkeit, Marktphase, Marktverantwortung. Branche, Unternehmensgrösse, Ressourcenausstattung, Internationale Erfahrung, Unternehmenskultur. Wettbewerbssituation, Kundenstruktur und -bedürfnisse. Kapitel 4 80 • Politische, wirtschaftliche, gesellschaftliche und technologische Bedingungen, • Zeitverschiebung, • Geografische Distanz. Kontextfaktoren und Variablen der lokalen Situation Allgemeines lokales Umfeld Tabelle 4-1: Zahl und Benennung der Kontextfaktoren bleiben zwar langfristig konstant, die Ausprägung der Variablen aber, deren relatives Gewicht und Konstellation sind nach Staehle (1977, S. 114) im Zeitablauf variabel. Aus Sicht der Zentrale bedeutet dies, dass regelmässige Situationsanalysen erforderlich sind, um die Handlungskonzepte den Veränderungen der lokalen Situationen anzupassen. Die Variablen der Tabelle 4-1 stammen aus Einzelinterviews und Literaturhinweisen (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Die Variablen können je nach Unternehmen und Schwerpunkt ergänzt oder weiter aufgesplittet werden. Auch die Zuordnung der Variablen zu den Kontextfaktoren sollte sich am jeweiligen Untersuchungszweck ausrichten und wurde im vorliegenden Fall nach eigenen Plausibilitätsüberlegungen vorgenommen (s. Kieser 1999a, S. 175). Alle fünf Kontextfaktoren sind gleichzeitig Forderung und Ansatzpunkt für die Entscheidungen und Massnahmen der Zentrale. Das Top-Management von Tochtergesellschaften fordert, dass sich die Zentrale zunächst mit der lokalen Situation vertraut macht, um „gute“ Entscheidungen treffen zu können (Kim/Mauborgne 1993, S. 11), mit denen sie die lokale Professionalität erhöht. Nach Belz (1994, S. 24) bereitet der Zentrale jedoch bereits allein die Erfassung der lokalen Situation häufig Schwierigkeiten. Dies betont die Notwendigkeit, Aktivitäten und Instrumente zu entwickeln, die einen besseren Informationsstand in den zentralen Stellen ermöglichen. Erst damit wird es möglich, über die situative Eignung von Entscheidungen und die Vorteilhaftigkeit deren potenzieller Anpassung zu urteilen. Im Folgenden werden die systemexternen und -internen Kontextfaktoren näher untersucht, die wichtige Determinanten der lokalen Situation von Vertriebspartnern darstellen. 4.1.2 Systemexterne Kontextfaktoren der lokalen Situation 4.1.2.1 Fremdheitsgrad und Dynamik des allgemeinen Umfelds Das allgemeine lokale Umfeld beschreibt die sozialen, politischen, regulativen, ökonomischen und technologischen Bedingungen der Vertriebspartner (Jaworski 1988, S. 25; s. auch Belz/Reinhold 1999a, S. 55 ff.). Der Fremdheitsgrad dieses Umfelds - im Die lokale Situation der Vertriebspartner 81 Vergleich zum Umfeld des Stammhauses - scheint hierbei von besonderer Bedeutung. Es besteht die Gefahr, dass Probleme und Lösungen der Führung, die im Land der Zentrale erfolgreich sind, ins Gastland übertragen werden und dort versagen. (Dülfer 1992, S. 170 ff.) Der Entscheidungsträger in der Zentrale hat ein Informationsdefizit, d. h. er kann die inhaltlichen Konsequenzen von Umfeldeinflüssen nicht erkennen, da er die entsprechenden Umfeld-Elemente nicht zutreffend zu interpretieren weiss, bzw. „nicht versteht“ (Dülfer 1992, S. 172, 191 f.). Die im Rahmen dieser Untersuchung geführten Interviews untermauern den Hinweis von Dülfer (1992, S. 194), dass es sich aus Sicht der Hersteller um Umstände handelt, „auf die niemand gekommen wäre“ (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Nach Sheth (2001, S. 6 ff.) gleichen sich die Umfeldfaktoren zumindest auf regionaler Ebene immer weiter an, so dass sie immer weniger Differenzierung im Marketing verlangen. Vertriebsleiter berichten darüber, dass sich insbesondere durch die EUbedingten Harmonierungsbestrebungen die technischen, kommerziellen und rechtlichen Anforderungen der Märkte immer mehr angleichen (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Ebenfalls tragen das einheitliche Währungssystem sowie die erhöhte Mitarbeitermobilität in der EU dazu bei, dass länderspezifische Unterschiede an Bedeutung verlieren. Zwischen den Vertriebsregionen wie z. B. zwischen West- und Osteuropa, USA und Asien spielen die allgemeinen Umfeldbedingungen, die durch Währungsunterschiede, die politische Stabilität, die Inflationsrate, das Bildungsniveau der Bevölkerung, oder die verfügbare Infrastruktur beeinflusst werden, nach wie vor eine bedeutende Rolle (Belz/Reinhold 1999a, S. 55). Eine mangelhafte Infrastruktur führt insbesondere in Entwicklungsländern zu einer unzureichenden Verfügbarkeit in den Bereichen Transport, Kommunikation sowie der physischen, finanziellen und Human-Ressourcen (s. Achrol et al. 1983, S. 57 f.). Die unzureichende Verfügbarkeit der Infrastruktur erfordert deshalb zumindest auf regionaler Ebene eine Anpassung des Steuerungsinstrumentariums für Vertriebspartner und der auf externe Kunden gerichteten Marketing-Instrumente (Sheth 2001, S. 5). Nach Aussage von Mitarbeitern internationaler Vertriebsgesellschaften wird die Häufigkeit und das Ausmass von Problemen, die auf die Unkenntnis der fremden Umfeldbedingungen zurückzuführen sind, in den Stammhäusern weder ausreichend und zutreffend wahrgenommen noch genügend berücksichtigt (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Allerdings muss andererseits auch betont werden, dass gerade die Anstrengungen, die in internationalen Konzernen durch die Einrichtung von regiona- 82 Kapitel 4 len Headquarters unternommen werden, dazu beitragen, die Unterschiede zwischen den Regionen zu berücksichtigen. Häufig wird das Umfeld stark reduziert durch die Eigenschaften „Unsicherheit“, „Dynamik“ und „Komplexität“ beschrieben (s. Ruekert et al. 1985, S. 17 ff.; Jaworski 1988, S. 28; Godet 1998, S. 322). Diese Eigenschaften geben den Grad der Instabilität und der Unvorhersehbarkeit des allgemeinen Umfelds an (Jaworski 1988, S. 16). Je unsicherer das lokale Umfeld ist desto mehr Anpassungsfähigkeit und Flexibilität benötigen die lokalen Vertriebspartner (Jaworski 1988, S. 28 f.). Entscheidungen sollten stärker dezentral getroffen werden (Özsomer/Prussia 2000, S. 33), da das Management in der Zentrale in unsicheren, dynamischen Situationen nicht die notwendigen Kenntnisse besitzt, um im lokalen Markt zu operieren. Weiterhin muss die Zentrale auf Veränderungen der lokalen Bedingungen reagieren, indem sie das Ausmass ihrer Unterstützung verändert, wie z. B. bei der Deregulierung von Märkten und dem dadurch entstehenden neuen lokalen Wettbewerbsdruck (Godet 1998, S. 322). Neben der Unsicherheit und Dynamik unterscheidet sich die Situation der Vertriebspartner durch die kulturellen Unterschiede zum Stammhaus. An dieser Stelle liessen sich viele exotische Unterschiede zwischen Landeskulturen nennen. Dülfer (1992, S. 108) definiert kulturelle Unterschiede zwischen Ländern und Regionen als Unterschiede in der Form von „Wissen, Glauben, Kunst, Moral, Recht, Sitte, Brauch und alle(n) anderen Fähigkeiten und Gewohnheiten, die der Mensch als Mitglied einer Gesellschaft erworben hat“. Kulturelle Unterschiede werden in der Literatur jedoch häufig eher in Form von Anekdoten zitiert, als wissenschaftlich untersucht (Sheth 2001, S. 5; anders: s. Hall 1960; Hofstede 1983; Hofstede 1998; Kluckhohn/Strodtbeck 1961). Fallbeispiel 4-1 ist eine von zahlreichen dieser Anekdoten, die dem Autor bei der Durchführung der Interviews geschildert wurden. Europäische Reportinganforderungen und Geschäftspraktiken in China Corus Bausysteme GmbH, Koblenz, Deutschland Im weltweiten Reporting der Corus Bausysteme GmbH werden neben finanziellen Kennzahlen auch andere Grössen, wie z. B. solche aus dem Personalwesen monatlich erfasst. Eine wichtige Grösse ist dabei die Mitarbeiterzahl eines Unternehmensbereichs. In China kam es zu lokalen Schwierigkeiten beim Ausfüllen der elektronischen Formulare, die eine Angabe dieser monatlichen Mitarbeiterzahl vorsahen. Aus Sicht der in Europa ansässigen Zentrale konnte lange Zeit nicht nachvollzogen werden, weshalb die chinesische Tochter nur unregelmässig und teilweise nur schwer nachvollziehbare Angaben bezüglich der Mitarbeiteranzahl meldete. Erst nach einiger Zeit konnte festgestellt werden, dass die lokal üblichen Geschäftspraktiken der Angabe einer monatlichen Mitarbeiterzahl entgegenstanden: In China ist es üblich, so auch bei Corus, dass bei Spitzenauslastungen noch morgens am Werkstor geeignete Mitarbeiter für einen Tag rekrutiert werden. Zum grossen Teil werden diese auch nicht namentlich erfasst, sondern bar ausgezahlt. „Die stehen morgens vor dem Werkstor und da nimmt man so viel Mann, wie man braucht“, so ein Mitarbei- Die lokale Situation der Vertriebspartner 83 ter des Unternehmens. Dies war bei der Entwicklung der Eingabemaske, die nach europäischen Geschäftspraktiken entworfen war, nicht berücksichtigt worden. Fallbeispiel 4-1: Reporting und chinesische Geschäftspraktiken bei der Corus Bausysteme GmbH (Einzelinterview Pritzkow 2002, s. Anhang A, S. 346) Nach Belz (1994, S. 24) sind kulturelle Unterschiede in grundsätzlichen Rahmenbedingungen zwar wichtig, die konkrete Markt- und Unternehmensanalyse sei aber entscheidender (Belz 1994, S. 24). Unterschiede in den Märkten sind durch Unterschiede in der Marktbearbeitung zu berücksichtigen. Aus dem Fremdheitsgrad gegenüber dem Stammhaus ergeben sich allerdings auch Unterschiede für die interne Zusammenarbeit, die bei der Unterstützung und der Koordination durch die Zentrale berücksichtigt werden sollten. Aus gesellschaftlich-kulturellen Bedingungen des Landes resultieren z. B. unterschiedliche Arbeitszeiten-, Werktags- und Feiertagsregelungen zwischen dem Stamm- und Gastland, aus denen Probleme in der telefonischen Kommunikation entstehen können. Es gibt u.U. nur wenige gemeinsame Werktage, wenn z. B. die Ruhetagsregelungen, wie in arabischen Ländern, in denen der Freitag ein Ruhetag ist, wohingegen der Samstag und der Sonntag zur Woche gehören, von denen des Stammlandes abweichen. Ausserdem sind unterschiedliche Feiertage in Zentrale und Niederlassungen häufig nicht bekannt, zumal sie in verschiedenen Gebieten eines Landes von der Religionszugehörigkeit bestimmt werden. Die Zeitverschiebung erschwert die Kommunikation ebenfalls, da bei kurzfristigen und wichtigen Entscheidungen eine telefonische Erreichbarkeit in der Zentrale u.U. nicht immer gegeben ist. Bei einer Zeitverschiebung von neun Stunden wird die telefonische Erreichbarkeit des Schweizer Herstellerunternehmens für einen Vertriebspartner in Kalifornien zum Problem, da nur wenig gemeinsame Arbeitszeit besteht. Um genügend Erreichbarkeit zu garantieren, müssen Hersteller deshalb häufig nicht unwesentliche Ressourcen aufwenden, oder delegieren weitere Entscheidungskompetenzen an Vertriebspartner. Letztlich gehen kulturelle Unterschiede und Unterschiede in der Zeitzone meist einher mit der geografischen Distanz zum Herstellerunternehmen. Mit zunehmender geografischer Distanz entzieht sich der Vertriebspartner dem physischen Einflussbereich des Herstellerunternehmens (z. B. seltenere Besuche, weniger Kontrollmöglichkeiten, teure und zeitaufwendige Flüge). Für unterschriftspflichtige Dokumente wird viel Zeit benötigt. Eine kurzfristige Änderung im Rahmenvertrag mit einem Kunden, der in der Zentrale zur Unterschrift vorgelegt werden muss, verzögert die Zusammenarbeit mit dem Kunden ggf. erheblich. So benötigt ein per Einschreiben versandtes Dokument von Singapur nach Berlin ca. zehn Tage und nach Angaben der Deutsche Post AG für Kapitel 4 84 den Rückweg (per Einschreiben) nach Singapur im Durchschnitt sechs bis acht Tage. Rechnet man für die Bearbeitung des Dokumentes nur ein bis zwei Tage, so dauert allein der Transfer knapp drei Wochen. Auch in diesem Fall können Lösungen wie Vorabbescheide per Fax und E-Mail hilfreiche Unterstützung bieten, die aber in der Zentrale nicht immer akzeptiert werden. 4.1.2.2 Anforderungen von Kunden und Wettbewerb Das operative oder „Aufgaben“-Umfeld umfasst alle für die lokale Aufgabenerfüllung relevanten Parteien wie Kunden, Wettbewerber und lokale Lieferanten (Jaworski 1988, S. 25). Letztere spielen für die Erfüllung lokaler Vertriebsaufgaben eine eher untergeordnete Rolle und werden deshalb nicht weiter einbezogen. Aufgrund ihrer Bedeutung werden an dieser Stelle die folgenden Variablen der Kunden- und Wettbewerbssituation vertiefend erläutert: • Wettbewerbsintensität und -position, • Art und Veränderung von Kundenwünschen, • Struktur aus globalen und lokalen Kunden. Die Wettbewerbsintensität definiert Jaworski als „degree of rivaltry among firms producing products that are close substitutes“ (Jaworski 1988, S. 29). Die Wettbewerbsintensität kann verschiedene Aspekte der Rivalität betreffen, bspw. über Produkte und Leistungen, Preise oder die Kommunikation. Verschiedene Untersuchungen haben gezeigt, dass die Unternehmensführung bei hoher Wettbewerbsintensität dazu neigt, einen Fokus auf „Management by Objectives“ zu legen und nicht etwa auf Prozessvorgaben, die in einem dynamischen Wettbewerb schwieriger zu überwachen sind (Jaworski 1988, S. 26; Ruekert et al. 1985, S. 18). Das Kundenverhalten, ihre Bedürfnisse und lokale Anforderungen an die Produktgestaltung können sich massgeblich vom Stammland unterscheiden. Besonders in der Verhandlungsführung spielen auch Mentalitätsunterschiede eine Rolle (Belz 1994, S. 24), was bspw. die Hilti AG nach einigen Schwierigkeiten dazu bewogen hat, in Asien den Niederlassungsleiter aus dem Gastland statt aus eigenen Reihen zu rekrutieren (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). An dieser Stelle zeigen sich auch die Beziehungen zwischen den Kontextfaktoren. So stellen die kulturellen und gesellschaftlichen Bedingungen des Gastlandes nicht nur für den Anbieter, sondern auch für den Kunden und den Wettbewerb eine wichtige Rahmenbedingung dar. Die lokale Situation der Vertriebspartner 85 Das Headquarters hat im Vertrieb bei fast allen Instrumenten die Möglichkeit, zwischen international standardisierten und damit kosteneffizienten Lösungen einerseits und lokal angepassten effektiven Lösungen andererseits zu wählen. Wenn lokale Bedürfnisse sich stark vom Heimatmarkt unterscheiden und sich der Zielmarkt stark verändert, ist es für Manager im Stammhaus schwierig, die notwendigen Kenntnisse zu haben, um im lokalen Markt angemessen zu reagieren (Özsomer/Prussia 2000, S. 33; Garnier 1982, S. 894). Özsomer/Prussia (2000, S. 33) konnten empirisch belegen, dass deshalb in Märkten mit hohen Anforderungen an die lokale Kenntnis von Kunden und Wettbewerb, die lokal getroffenen Marketingentscheidungen tendenziell zu einer höheren lokalen Performance führen als zentrale Entscheidungen. Sheth (2001, S. 7 ff.) relativiert allerdings die zukünftige Bedeutung von lokalen Kundenbedürfnissen aus zwei Gründen: Erstens geht er von einer Entwicklung von „international differences“ hin zu „transnational similarities“ aus, in der sich die Bedürfnisse durch verschiedene Entwicklungen global immer ähnlicher werden. Zweitens betont er die zunehmende Bedeutung von „Global Accounts“, die für Anbieterunternehmen eine oftmals weltweit ähnliche Bearbeitung bedeuten und lokale Anpassungen entbehrlich machen (Sheth 2001, S. 8). Die Unterscheidung der Kundenstruktur in lokale und globale Kunden („Global Accounts“) wird für den Industriegütervertrieb immer wichtiger. Einerseits verlangen globale Kunden Konzepte, die zwischen verschiedenen Märkten abgestimmt sind. Andererseits treten landesspezifische Besonderheiten der verschiedenen Märkte häufiger in den Hintergrund, desto zentralistischer ein international tätiges Kundenunternehmen geführt wird. In Bezug auf die Zusammenarbeit zwischen Stammhaus und Vertriebspartner stellt die Betreuung international tätiger Kunden indessen eine zentrale Herausforderung dar. Es sind zentrale Konditionenvereinbarungen, Mehrfachanfragen des Kunden in verschiedenen Verkaufseinheiten und Kompetenzverschiebungen bei der Einführung eines Global-Account Managements, die sich zu wichtigen Streitpunkten entwickeln können. Die länderübergreifende Koordination eines Kundenkontaktes bringt zwangsläufig eine Kompetenzverschiebung mit sich, die meist zu Gunsten von zentralen Koordinatoren, bspw. globalen Key-Account Managern erfolgt (Belz et al. 2004, S. 56). Da es sich bei den globalen Accounts meist auch in den einzelnen Ländern um grosse und damit wichtige Kunden handelt, entstehen Interessenskonflikte zwischen Vertriebspartner und Herstellerunternehmen, wenn die Abstimmung zwischen den Ländern Kompromisse seitens der Vertriebspartner erfordert. Diese Aussage wird durch die Analyse der Boxplots in Abbildung 4-2 unterstützt, die auf Basis der „Vertriebsbefragung 2004“ (s. Tabelle 2-3, S. 37) durchgeführt wurde. Kapitel 4 86 Fälle mit Schwerpunkt „Globale Kunden“ (1. Quartil) Fälle mit Schwerpunkt „Lokale Kunden“ (4. Quartil) Arithmetisches Mittel .125 -.134 Median .094 -.433 52 79 hoch 3.0 2.0 1.0 Konfliktniveau 0.0 (z-Werte) -1.0 niedrig -2.0 N Abbildung 4-2: (p < .10) Konfliktniveau bei globaler und lokaler Kundenstruktur (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37) Abbildung 4-2 vergleicht Vertriebspartner, deren Kundenstruktur überwiegend aus international tätigen oder aber aus überwiegend lokal tätigen Kundenunternehmen besteht. Als Vergleichsmassstab dienen Verteilungsparameter des Konfliktniveaus zwischen Herstellerunternehmen und Vertriebspartner. Zur Messung des Konfliktniveaus wurde erneut auf die Operationalisierung nach Mohr et al. (1996) zurückgegriffen (s. Anhang G - 3, S. 365), die z-standardisierte Konfliktwerte liefert. Es sei an dieser Stelle noch einmal darauf hingewiesen, dass sich der Nullpunkt des Konfliktniveaus nicht etwa aus inhaltlichen Aspekten ergibt, sondern aus der Transformation der Gesamtstichprobe in die Standardnormalverteilung. Deren Erwartungswert liegt definitionsgemäss bei Null. Die ursprünglich ordinal skalierte Variable „Kundenstruktur“ wurde für den Gruppenvergleich in eine kategoriale Variable transformiert, weshalb die Quartile jeweils nicht exakt 25 Prozent der Fälle auf sich vereinen. Das erste Quartil entspricht deshalb den Werten „1“ und „2“, das vierte Quartil den Werten „6“ und „7“ der ursprünglichen Skala. Als Ergebnis zeigt sich, dass das arithmetische Mittel bei Vertriebspartnern mit globalen Kunden jenes der Vertriebspartner mit lokalen Kunden übertrifft. Das bedeutet, dass es bei solchen Vertriebspartnern, die eine hohe Anzahl internationaler Kunden haben, die also in verschiedenen Ländern des Anbieterunternehmens tätig sind, zu häufigeren und stärkeren Konflikten mit dem Hersteller kommt. Um eine Zufälligkeit Die lokale Situation der Vertriebspartner 87 der Mittelwertunterschiede auszuschliessen, wurde aufgrund der leichten Abweichung von der Normalverteilung ein nicht-parametrischer Test ausgewählt und durchgeführt. Der U-Test nach Mann und Whitney zeigt, dass eine Zufälligkeit des Ergebnisses auf einem Niveau von 90 Prozent (p<.10) ausgeschlossen werden kann. Weiterhin zeigt Abbildung 4-2 bei den Vertriebspartnern mit lokalem Kundenschwerpunkt eine hohe Konzentration des Konfliktniveaus für Werte unterhalb des Medians. Dies weist darauf hin, dass für eine grosse Anzahl der Fälle mit vorwiegend lokalen Kunden ein sehr niedriges Konfliktniveau zum Hersteller besteht. Allerdings gibt es oberhalb des Medians eine grosse Streuung der Werte. Dies weist auf andere Gründe hin, die ebenfalls Ursache für Konflikte sind, aber die Vertriebspartner in sehr unterschiedlichem Masse betreffen. Es lässt sich festhalten, dass die länderübergreifende Kundenbetreuung eine wichtige Herausforderung für die Zusammenarbeit zwischen Industriegüterherstellern und internationalen Vertriebspartnern darstellt. Das folgende Fallbeispiel zeigt Herausforderungen auf, denen sich die Emhart Glass S.A. durch die Internationalisierung ihrer Kunden stellen muss. Konditionen für multinationale Kunden Emhart Glass S.A., Cham, Schweiz (s. auch Fallbeispiel 3-1, S. 51) Transparenz und niedrigere Preise durch Global Sourcing Ein internationaler Glashersteller mit diversen Gesellschaften in Europa und den USA war Kunde bei Emhart Glass S.A.. In der Vergangenheit wurde der Kunde über viele Jahre hinweg von jedem Verkaufsbüro recht unabhängig bearbeitet. Je nach Grösse und individueller Wichtigkeit der Glashütte wurden für Ersatzteile eigene d. h. lokale Konditionen vereinbart. Im Rahmen eines globalen Sourcing-Projektes des Kundenunternehmens forderte schliesslich die Muttergesellschaft des Kunden eine „globale Preisliste“ an. Im Folgenden hatten die lokalen Verkaufsbüros der Emhart Glass Schwierigkeiten, da nun individuell Rabatte auf Basis der neuen Preisliste verlangt wurden. Neuverhandlungen fanden auf offensichtlich tieferem Niveau statt. Das hatte zur Folge, dass weitere Schwierigkeiten dabei entstanden, die ‚bevorzugten’ Kunden auf ein höheres Niveau zu heben. Die Einführung des Euro behinderte zudem die Möglichkeit, Preisdifferenzen über die Währung zu kaschieren und erschwerte durch die Transparenz weiterhin das lokale Geschäft. Niedrigere Preise durch Mergers&Acquisitions Ein deutscher Glaskonzern, der aus historischen Gründen einen hohen Rabattsatz erhalten hatte, wurde durch eine englische Unternehmensgruppe übernommen. Die englische Gruppe hatte trotz höherem Einkaufsvolumen bis dahin einen geringeren Rabatt erhalten als das deutsche Unternehmen. Durch den Austausch von Einkaufskonditionen mit dem akquirierten Unternehmen forderte die englische Gruppe deshalb eine Anpassung auf das tiefere Niveau. „Verhandlungen laufen zz. noch, wir werden aber vermutlich nicht alles retten können. Zudem entsteht ein Vertrauensverlust, da den Engländern bisher gesagt wurde, dass sie die besten Konditionen hätten.“, so Jann Hatz, Vice President Marketing der Emhart Glass S.A. Fallbeispiel 4-2: Global Sourcing und M&A bei Kunden der Emhart Glass S.A. (Einzelinterview Hatz 2002, s. Anhang A, S. 346) Kapitel 4 88 4.1.3 Systeminterne Kontextfaktoren der lokalen Situation 4.1.3.1 Spezifische Eigenschaften der Herstellerorganisation Die spezifischen Eigenschaften der Herstellerorganisation stellen für Vertriebspartner eine wichtige Rahmenbedingung dar, weil sie für die Zusammenarbeit und das Vorgehen am Markt bestimmend sind. Besonders wichtig für die lokale Situation erscheinen die Branche, die Grösse und die Finanzkraft sowie die Erfahrung des Stammhauses im internationalen Markt. Die Art der Produkte und Leistungen und damit die Branche bestimmen die Anforderungen an die Zusammenarbeit wesentlich (s. Belz/Reinhold 1999a, S. 87 f.): Ein lokaler Verkäufer im Produktgeschäft (bspw. Chemikalien, Bohrmaschinen, Dübel, Fahrzeuge) ist anderen Anforderungen von Kundenseite und damit auch in der Zusammenarbeit ausgesetzt als ein Verkäufer von maschinellen Anlagen, die kundenspezifisch angepasst werden müssen. Der Informationsfluss und die Notwendigkeit einer Abstimmung, ggf. auch die Anzahl der internen Kontakte, die für einen Kundenauftrag notwendig sind, können sich zwischen verschiedenen Branchen grundlegend unterscheiden. Backhaus (2003, S. 305) unterscheidet Geschäftstypen im Industriegüterbereich nach dem Grad der Anonymität und der Spezifität. Beides gibt an, ob Produkte mehrfach vorgefertigt an einen anonymen Markt verkauft oder kundenspezifisch in komplexen Projekten erstellt und vermarktet werden (Backhaus 2003, S. 305 f.). Letzterer Geschäftstyp stellt höchste Anforderungen an die Kompetenz der Vertriebspartner, an die Zusammenarbeit und an die Unterstützung durch die Zentrale. Neben der Branche sind es die Grösse des Gesamtunternehmens und dessen Finanzkraft, die einerseits über Spielräume entscheiden, die in der Zusammenarbeit gewährt werden können. Andererseits wird hierdurch aber auch über den zentralen Professionalitätsgrad entschieden und damit über die Anforderungen an die lokalen Vertriebspartner. Bei den Gesprächen mit Vertriebsleitern stellte sich heraus, dass grössere Unternehmen häufig durch ihre Finanzkraft eine stärkere Kontrolle und Macht über ihre Vertriebspartner haben und diese deshalb straffer führen können (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Hierbei muss allerdings unterschieden werden zwischen der Grösse des Gesamtunternehmens und der Anzahl der für den internationalen Vertrieb zuständigen Mitarbeiter in der Zentrale (s. Belz/Reinhold 1999a, S. 94 f.). Je mehr Mitarbeiter sich in der Zentrale mit dem internationalen Vertrieb beschäftigen, desto häufiger kommt es zu internen Anfragen, Änderungen oder Vorgaben für den lokalen Vertrieb (Belz/Reinhold 1999a, S. 94) und es wird schwieriger, alle Mitarbeiter in der Zentrale mit den lokalen Gegebenheiten vertraut zu machen. Eine höhere Die lokale Situation der Vertriebspartner 89 Mitarbeiterzahl im zentralen Vertrieb ermöglicht aber gleichzeitig eine bessere Erreichbarkeit und Verfügbarkeit bei lokalem Bedarf, bspw. zur Begleitung bei Kundenbesuchen oder aber zur Unterstützung bei anderen kaufmännischen oder technischen Problemen (Belz/Reinhold 1999a, S. 95). Letztlich ist aber auch die Erfahrung des Stammhauses im internationalen Geschäft für die Professionalität der Unterstützung entscheidend (Eriksson et al. 2001, S. 23 ff.; Gencturk/Aulakh 1995, S. 761 f.), die Vertriebspartnern in verschiedenen lokalen Situationen gewährt wird. Es sind die langjährigen Mitarbeiter aus der Zentrale, denen eine zunehmend bessere Einschätzung der lokalen Bedürfnisse gelingt und die Erfahrung über die Eignung verschiedener Handlungsalternativen besitzen (Gencturk/Aulakh 1995, S. 762). Anzumerken bleibt, dass die situative Determinante „Herstellerorganisation“ nur dann zwischen Vertriebspartnern differenziert, wenn Vertriebspartner verschiedener Unternehmen oder verschiedener Unternehmensbereiche miteinander verglichen werden. Für den Vergleich von Vertriebspartnern einer bestimmten Zentrale ist die Determinante hingegen weniger geeignet, da sie in Bezug auf die Finanzkraft, die Organisationsgrösse, die Branche und die Erfahrung für alle die gleiche Rahmenbedingung darstellt. 4.1.3.2 Merkmale der lokalen Vertriebsorganisation Die lokale Vertriebsorganisation zeichnet sich zunächst durch ihre lokalen Ressourcen und Kompetenzen aus. Einige der vom Autor befragten Unternehmen hatten gleichzeitig selbstständige Agenten, Vertretungen und auch mitarbeiterstarke Tochtergesellschaften in ihrem Vertriebspartnerportfolio (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Mit zunehmender Grösse einer Organisationseinheit kann auch ein zunehmender Ressourcenbedarf für die Koordination und Kontrolle unterstellt werden (Ford/Slocum Jr. 1977, S. 565). Bei der Gestaltung des internationalen Vertriebs wird dies häufig nicht beachtet: Trotz der unterschiedlichen Grösse der lokalen Vertriebsorganisationen werden Reportinganforderungen oder die lokal zu verwendenden Marketinginstrumente der Einfachheit und Vergleichbarkeit halber häufig standardisiert. Auf Ressourcenprobleme, die insbesondere kleinere Niederlassungen bei der Erfüllung dieser standardisierten Anforderungen haben, geht die Zentrale häufig nicht ein. Dabei bedeutet ein umfangreiches Reporting für eine Ein-Mann-Vertretung („One-man-Show“) u.U. eine nicht zu bewältigende Aufgabe, während eine fünfundzwanzigköpfige Tochtergesellschaft den Anforderungen durch ihre eigene Finanzbuchhaltung mühelos gerecht werden kann (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). 90 Kapitel 4 Ebenso unterschiedlich wie die lokale Niederlassungsgrösse kann deren Position im lokalen Markt sein, die u. a. durch die Marktphase des Vertriebspartners, aber auch durch andere Kontextfaktoren wie das lokale Wettbewerbsumfeld und lokale Kundenbedürfnisse (i. S. v. Phase im lokalen Produktlebenszyklus) bestimmt wird. Insbesondere im Vergleich zu anderen Vertriebspartnern bestimmt die Grösse der Marktverantwortung über die Bedeutung eines Vertriebspartners aus Sicht der Zentrale. Für Vertriebspartner resultiert hieraus hieraus häufig die Intensität der Betreuung durch den Hersteller. Für manche besonders wichtigen Länderniederlassungen interessiert sich sogar der Vorstand in der Zentrale persönlich, während andere u. U. nicht einmal dem Vertriebsleiter namentlich bekannt sind (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Eine für Zentrale und Vertriebspartner bedeutende Variable der lokalen Situation stellt der finanzielle Erfolg der lokalen Vertriebsorganisation dar. Dieser bildet einen Ausgangspunkt für die Beurteilung aus Sicht der Zentrale und ist gleichsam ein wichtiger Prüfstein für das Vorgehen im Markt. Vermutlich deshalb hängen die Beurteilungen prozess- und ergebnisbezogener Zielgrössen durch die Zentrale miteinander zusammen: Das höchste Mass an Selbstbestätigung erhalten Mitarbeiter aus der Zentrale dann, wenn die Einhaltung ihrer eigenen Vorgaben bei Vertriebspartnern zum lokalen Erfolg führt. Der lokale Erfolg eines Vertriebspartners scheint allerdings auch etwaiges dilettantisches Vorgehen zu heilen. D.h. die Zentrale ist im Falle zufrieden stellender finanzieller Ergebnisse bereit, Verstösse gegen ihre Prozessvorgaben zu akzeptieren (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). In diesem Fall lernen Mitarbeiter der Zentrale von der erfolgreichen Vorgehensweise des Vertriebspartners. Verstösst ein Vertriebspartner jedoch gegen die zentralen Vorgaben ohne erfolgreich zu sein, riskiert er meist Sanktionen durch den Hersteller. Den Sanktionen entgehen die erfolglosen Vertriebspartner hingegen meist dann, wenn sie sich auf die Vorgaben der Zentrale berufen können. Vertriebsleiter aus der Zentrale weisen darauf hin, dass sich manche erfolglosen Vertriebspartner sogar systematisch aus der Verantwortung stehlen, indem sie die Regeln der Zentrale peinlichst genau befolgen (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Es wurde im Rahmen dieser Arbeit bereits mehrfach darauf hingewiesen (s. Absatz 2.1.2, S. 12 ff.), dass in Theorie und Praxis häufig eine pauschale rechtliche Unterscheidung zwischen Tochtergesellschaften und Vertretungen vorgenommen wird (s. Weinhold-Stünzi 1999, S. 342). Diesem Vorgehen wurde in dieser Arbeit nicht vollständig entsprochen, da der Erklärungsbeitrag dieser Differenzierung in Bezug auf die Die lokale Situation der Vertriebspartner 91 Zusammenarbeit mit dem Herstellerunternehmen begrenzt ist. Welche Bedeutung der rechtlichen Abhängigkeit tatsächlich zukommt, muss insbesondere hinterfragt werden, wenn man die Einflussmöglichkeiten der Zentrale betrachtet, durch die eine Bedeutung der Unterscheidung zwischen Tochtergesellschaften und Vertretungen meist begründet wird. In der Praxis ist eine Bandbreite zwischen „quasi-angestelltem“ Agenten, starken Handelsgesellschaften, untergebenen, aber ebenso de-facto unabhängigen Tochtergesellschaften zu beobachten, die sich frei bewegen (Weinhold-Stünzi 1999, S. 342). Häufig ergeben sich Unterschiede auch erst durch unterschiedliche Unterstützung der Zentrale. So schliesst die Zentrale bspw. häufig nur ihre Töchter an Informationssysteme an, lädt diese zu Schulungen ein oder bietet ihnen technische und kaufmännische Hilfestellung an, nicht aber ihren Vertretungen. Die Vermutung liegt nahe, dass unterschiedliches Engagement und unterschiedliche Leistung von Vertriebspartnern in unterschiedlichen rechtlichen Beziehungen zur Zentrale auf das - auch finanzielle - Engagement und das Vertrauen zurückzuführen sind, das die Zentrale selbst zu investieren bereit ist (s. Dülfer 1992, S. 106; Belz 1999, S. 106 f.). Für Vertriebspartner ergeben sich damit aus dem rechtlichen Verhältnis sowie aus dem resultierenden Verhalten der Zentrale Unterschiede. Die Situation von Vertriebspartnern wird weiterhin durch die Dauer ihrer Marktpräsenz und die Dauer der Zusammenarbeit mit dem Hersteller bestimmt. Für Vertriebspartner, die sich in einer frühen Phase der Geschäftstätigkeit befinden, sollte die Zentrale eine Unterstützung bieten, die den Startmoment erleichtert. So müssen bspw. umfangreiche Anstrengungen in den Bereich der Kommunikation investiert, Abläufe festgelegt und geeignete Mitarbeiter eingestellt und geschult werden. Die Unterstützung in späteren Wachstums- und Reifephasen muss hingegen andere Schwerpunkte berücksichtigen, so z. B. Aktivitäten zur Festigung und zum Ausbau von Kundenbeziehungen. Die Unterstützung durch die Zentrale nimmt damit tendenziell im Zeitverlauf ab und verändert sich in den Inhalten je nach dem, wie sich die Bedürfnisse der Vertriebspartner entwickeln. Die Phasenaufteilung und die in den verschiedenen Phasen benötigte Unterstützung unterscheidet sich dabei branchen-, unternehmens- und vertriebspartnerspezifisch. 4.1.3.3 Persönlichkeit des lokalen Vertriebsmanagers Neben der Zeitdimension gibt es viele weitere Einflussgrössen, welche die Situation der Vertriebspartner und damit deren Bedürfnisse in der Zusammenarbeit bestimmen. Die Person des lokalen Vertriebsverantwortlichen scheint eine zentrale Bedeutung ein- 92 Kapitel 4 zunehmen. Dies unterstreichen Vertriebsleiter aus der Zentrale, indem sie häufig nur den Namen des Niederlassungsleiters nennen, wenn Sie von einer bestimmten Länderniederlassung sprechen. (So z. B. „...beim Sanchez...“, statt „...in der Niederlassung Spanien...“. (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37)) Auch Stauss/Schulze (1990, S. 155) betonen in ihren Ausführungen zur internen Kundenorientierung, die Leitung des Subsystems, auf die ein internes Marketing in erster Linie abzielen sollte (Stauss/Schulze 1990, S. 155), also im vorliegenden Fall auf die Leitung der Niederlassung. Lokale Vertriebsverantwortliche unterscheiden sich u. a. in ihren Fähigkeiten, ihrer Erfahrung, ihren Aufgaben und ihren Zielen. Auch die Einstellung zum Unternehmen und zum Beruf sowie das Engagement ist teilweise unterschiedlich. Hierbei wird die Komplexität dieser personenbezogenen Eigenschaften im Begriff der „Persönlichkeit“ zusammengefasst. Stark vereinfachend kann man bezüglich der Zusammenarbeit sämtliche Niederlassungsleiter durch die Dimensionen „Kompetenz“ (Können) und „Verbundenheit“ (Wollen) beschreiben. Die Kompetenz kann dabei als Zusammenspiel verschiedener Fähigkeiten aufgefasst werden. Reinhold/Belz (2002, S. 42 f.; Belz/Reinhold 1999a, S. 181 ff.) identifizieren sieben Fähigkeiten, die für Niederlassungsleiter besonders bedeutend sind. Es lassen sich anhand der Kompetenz und der Verbundenheit mindestens vier verschiedene Typen von Niederlassungsleitern unterscheiden (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37): Der Verwalter, der Landesfürst, der Kleinunternehmer und der Aktionist. Jeder dieser Typen ist unterschiedlich zu behandeln. Die Beziehung zum „erfolgreichen Landesfürsten“ ist geprägt durch Misstrauen, fehlende Offenheit und gegenseitige Vorwürfe. Der Landesfürst verhält sich wie ein nationaler Herrscher. Er hat ein sehr enges Verhältnis zu den Kunden, einen ausserordentlichen Markterfolg und ein hohes Ansehen bei der lokalen Konkurrenz. Häufig wird die Zusammenarbeit dadurch erschwert, dass Landesfürsten den Anschein erwecken, alle Vereinbarungen zu befolgen. Allerdings ist dies keineswegs immer der Fall. In der Zusammenarbeit erweist er sich meistens als schwierig. Die Zentrale traut sich nicht, sich durchzusetzen und einen Personalwechsel vorzunehmen, weil sie Kunden- und Marktanteilsverluste befürchtet. Interveniert die Zentrale dennoch nachdrücklich, so wird der Landesfürst versuchen, der Verantwortung zu entgehen, da er „ja nur getan hat, was die Zentrale verlangt hat“. Der „professionelle Unternehmer“ zeichnet sich im Vergleich zum Dilettanten durch eine hohe Loyalität zum Unternehmen aus. Bei Produktumstellungen, Kompetenzfra- Die lokale Situation der Vertriebspartner 93 gen und Cost-Sharing sind bei diesem Typen oft lange Diskussionen nötig. Letztlich werden aber Lösungen gefunden, die für beide Parteien zufrieden stellend sind. Der professionelle Kleinunternehmer ist aus Sicht von Jann Hatz, Vice President Marketing, Emhart Glass S.A. für die Zentrale am angenehmsten und erfolgreichsten. Oftmals entstehen beim Unternehmer innovative Vorschläge für neue Produkte und neue Services, die dieser bereits erfolgreich am Markt getestet hat, bevor er sie dem Hersteller vorschlägt. Erfolgreicher Landesfürst Professioneller Unternehmer Reaktiver Verwalter Ideenreicher Aktionist Kompetenz hoch gering hoch gering Verbundenheit Abbildung 4-3: Typologie zur Differenzierung zwischen Vertriebspartnern Der „ideenreiche Aktionist“ fühlt sich dem Unternehmen verpflichtet. Er versucht unternehmerisch tätig zu werden und gibt fortlaufend Produkt- und Serviceideen an die Zentrale weiter, die er sich selber ausdenkt oder die von Kundenseite an ihn herangetragen werden. Er versucht mit viel Engagement Ideen umzusetzen und seine Position zu verbessern, hat aber wenig Markt- und Vertriebserfahrung. Häufig bleibt der Aktionist erfolglos. Oft sucht er den Kontakt zur Zentrale, um von neuen Plänen zu berichten. Die Zentrale hat nicht selten Probleme den Aktionisten „einzufangen“, da sich dieser häufig kurzfristig für seine Ideen entscheidet statt langfristige Strategien zu verfolgen. Vertreter der Zentrale empfinden den „reaktiven Verwalter“ als genauso unkompliziert in der Zusammenarbeit, wie auch erfolglos bei den Kunden. Verwalter sind oft im Markt noch nicht so gefestigt. Der Verwalter fügt sich bedingungslos den Entscheidungen der Zentrale und befolgt sämtliche Regeln. Schwierig wird es für die Zentrale immer dann, wenn der Verwalter eine Budgetverantwortung abstreitet, weil er Aktio- 94 Kapitel 4 nen ausgeführt hat, die der Hersteller gewünscht hatte. Dem Markt und dem Geschäft fühlt sich der Verwalter wenig verpflichtet, er ist tendenziell zu wenig flexibel. Jeder der vier Typen benötigt eine unterschiedliche Unterstützung. Bei den Typen „Verwalter“ und „Aktionist“ fehlen Fähigkeiten in der Marktbearbeitung, die durch Schulung, Erfahrungsrunden oder Training on the Job erworben werden können. Darunter fallen z. B. gemeinsame Kundengespräche mit einem erfahrenen Vertriebspartner. Die Kompetenz erhöht sich aber auch auf natürliche Weise mit einer zunehmenden Erfahrung am Markt und durch soziale Adaptionsprozesse mit der zunehmenden Dauer der internen Zusammenarbeit. Ziel der Zentrale muss sein, eine optimale lokale Kompetenz zu erreichen, die als Basis für die lokale Professionalität gesehen werden kann. „Landesfürst“ und „Verwalter“ weisen beide eine geringe Loyalität zum Unternehmen auf, die mit einem verbesserungsfähigen Engagement in der Zusammenarbeit einhergeht. Ziel sollte es sein, beide Typen zu etwas mehr Verständnis für die Belange des Gesamtunternehmens zu bewegen. Ebenso wird es wichtig sein, die Anliegen und Meinungen des Landesfürsten zu verstehen und darauf zumindest mit symbolischen Annäherungen zu reagieren. Der Prozess dorthin ist nur durch häufige und intensive Kommunikation, häufige Besuche und Meetings sowie viel Geduld möglich. Die Gründe für ein fehlendes Engagement sind beim „Verwalter“ und beim „Landesfürst“ unterschiedlich. Der „Landesfürst“ wägt zwischen den Kundenwünschen und den Anforderungen der Zentrale zugunsten ersterer ab. Der „Verwalter“ hingegen zeigt weder auf Kunden- noch auf Unternehmensseite Engagement. Der Hersteller hat hierbei die Wahl, den „Verwalter“ zu einem engagierten Verhalten zu motivieren oder ihn auszutauschen. Der lokale Niederlassungsleiter wird zur Schlüsselfigur der internen Kundenorientierung im internationalen Vertrieb. Von seinen Entscheidungen hängt die Entwicklung der Niederlassung, der Personalentwicklung und der Position auf internationalen Märkten ab. Für die Zentrale stellt der Niederlassungsleiter und dessen Entwicklung deshalb einen zentralen Hebel für das Management von internationalen Vertriebsaktivitäten dar. 4.2 Differierende Einschätzungen der lokalen Situation Im Laufe des zugrunde liegenden Forschungsprojektes konnten auffällige Unterschiede von Vertriebspartnern und Zentrale in Bezug auf die Einschätzung der lokalen Situ- Die lokale Situation der Vertriebspartner 95 ationen festgestellt werden. Während Vertriebspartner wiederholt auf die Komplexität, Einzigartigkeit und hohen Erfordernisse ihrer lokalen Situation hinweisen, betonen Mitarbeiter der Zentrale, dass Unterschiede vielmehr in den Fähigkeiten der Vertriebspartner zu suchen seien als in den lokalen Rahmenbedingungen (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Die Diskussion der moderierenden Bedeutung von lokalen Situationen soll deshalb an dieser Stelle um eine subjektive Komponente ergänzt werden. Diese trägt zum besseren Verständnis der Verhaltensweisen in der Zusammenarbeit bei, die ebenfalls auf subjektiven Einschätzungen basieren. 4.2.1 Unterbewertung der lokalen Situation durch Hersteller Im Rahmen ihrer Koordinations- und Unterstützungsfunktion (s. Reckenfelderbäumer 2001, S. 254) treffen Vertriebsverantwortliche in der Unternehmenszentrale fortlaufend Entscheidungen, bei denen sie die Situation von Vertriebspartnern einschätzen und über deren Berücksichtigung abwägen müssen. Die auch in der Zentrale häufig knappen personellen und finanziellen Ressourcen werden dabei meist auf die aus zentraler Sicht wichtigsten Brennpunkte gerichtet (s. Belz/Reinhold 1999a, S. 94 f.). Aus Sicht von Vertriebspartnern ist die Priorisierung der Zentrale häufig nur schwer nachvollziehbar. Dabei betonen Vertriebspartner die Unkenntnis der Zentrale über die lokalen Gegebenheiten als auch den fehlenden Willen, sich auf die Berücksichtigung situationsspezifischer Erfordernisse einzulassen (Kim/Mauborgne 1993, S. 11). Gewisse Informationsdefizite der Zentrale scheinen bedingt durch die räumliche Trennung systemimmanent. Diese sind durch die Arbeitsteilung sogar gewollt, da sich die Zentrale mit der Koordination und Unterstützung der verschiedenen Vertriebspartner befasst, und nicht mit einzelnen Entscheidungen im lokalen Vertriebsprozess, für welche die Kompetenz der lokalen Vertriebspartner benötigt wird (Belz/Reinhold 1999a, S. 118). Deshalb scheint es eine bedeutende Fähigkeit der Zentrale zu sein, die wesentlichen Informationen über die Situationen in den Märkten zu erfassen, unwesentliche hingegen unberücksichtigt zu lassen. So können auch bei einem unvollständigen Informationsstand gute Entscheidungen getroffen werden. Die Kommunikation mit den Vertriebspartnern und der auch durch Informations- und Berichtssysteme unterstützte Informationsfluss tragen zu besseren Entscheidungen der Zentrale bei. Trotzdem berichten Vertriebsleiter aus der Zentrale darüber, dass ihnen aus Ressourcengründen nicht die Zeit bleibt, um persönliche Besuche oder regelmässige Telefonate mit sämtli- 96 Kapitel 4 chen Vertriebspartnern zu führen. Nach einer Studie, die Walti (1999, S. 53) unter Vertriebsleitern Schweizer Werkzeugmaschinenhersteller durchgeführt hat, verzichten allerdings über 50 Prozent der Hersteller auch auf einen standardisierten Informationsaustausch zu ihren Vertriebspartnern. Zwar wünschen sich die Hersteller nach eigenen Angaben mehr Information aus den Märkten und bekunden damit ihre Mühe, lokale Markt- und Kundendaten zu bekommen (Walti 1999, S. 54). Über 60 Prozent der Befragten geben allerdings an, dass ihre Vertriebspartner Besuchsberichte und Kundendaten nur spärlich bereitstellen (Walti 1999, S. 54). Walti (1999, S. 53) berichtet aber weiterhin auch, dass die erstellten Berichte vom Hersteller häufig gar nicht konsequent ausgewertet werden, weshalb sie auch bei der Entscheidungsfindung ungenügend berücksichtigt werden können. Demnach bereitet der Zentrale bereits allein die Erfassung der lokalen Situation häufig Schwierigkeiten (Belz 1994, S. 24). Durch das Informationsdefizit und die geografische Distanz der Zentrale begünstigt, tritt ein weiteres Phänomen hervor, das der Beurteilung der lokalen Situation entgegensteht und in der Psychologie als „fundamentale Attributionsverzerrung“ bekannt ist (s. Wottawa/Gluminski 1995, S. 174; Kanning et al. 2004, S. 230; Kanning 1999, S. 101 f.). Danach besitzen Beurteiler eine grundsätzliche Tendenz, Handlungen anderer Personen eher auf deren spezifische Personenmerkmale zurückzuführen, als auf situative Faktoren (Wottawa/Gluminski 1995, S. 174). Selbstverständlich kann die personenbezogene Ursachenzuschreibung, also die Ursache im Vertriebspartner zu sehen, in vielen Fällen die Realität zutreffend widerspiegeln (Kanning et al. 2004, S. 230). Dies ist jedoch keineswegs immer der Fall. Immer dann, wenn de facto eine Mischung von situativen und personenbezogenen Ursachen vorliegt, oder gar die situativen Ursachen das lokale Handeln in stärkerem Masse bestimmen als die personenbezogenen, besteht eine erhöhte Gefahr der systematischen Fehlbeurteilung (Kanning et al. 2004, S. 230). Diese Tendenz verstärkt sich insbesondere dann, wenn Gründe für den Misserfolg gesucht werden. Die Informationsdefizite der Zentrale in Bezug auf die lokale Situation tragen dazu bei, die Ursachen für Misserfolge in vertriebsverantwortlichen Personen oder der lokalen Organisation zu suchen, nicht aber in der sie umgebenden Umwelt. Ebenso betonen Kanning et al. (2004, S. 229), dass Fehler in der Beurteilung insbesondere dann auftreten, wenn die Beurteilung unter Belastung vorgenommen wird, so z. B. wenn wenig Zeit besteht. Dies könnte im Fall der Beurteilung durch die Zentrale, angesichts der häufig angeführten knappen Ressourcenausstattung (s. Belz/Reinhold 1999a, S. 94) den angesprochenen Effekt noch verstärken. Attributionsverzerrung nehmen jedoch ab, je mehr psychologische Nähe zwischen dem Betrachteten und dem Die lokale Situation der Vertriebspartner 97 Betrachter besteht (Wottawa/Gluminski 1995, S. 174). Hierdurch erklärt sich zum Teil, warum in den meisten Fällen die geografisch näher gelegenen Vertriebsgesellschaften bevorzugt behandelt werden, über deren Situation die Mitarbeiter der Zentrale häufig bessere Kenntnisse besitzen und zu denen häufig engere soziale Kontakte bestehen (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Im Fall der Beziehung zwischen Hersteller und Vertriebspartner muss ein weiterer Aspekt berücksichtigt werden, der in die Beurteilung hineinspielt und die Konstellation ein wenig abweichen lässt: Die Verantwortung über die Unterstützung und Koordination liegt in der Regel bei der Zentrale (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Eine Ursache für den Erfolg und Misserfolg lokaler Handlungen liegt damit auch in den Entscheidungen der Zentrale selbst und den durch sie veranlassten Massnahmen. Diese selbst stellen aus Sicht der Vertriebspartner eine wichtige Rahmenbedingung dar. Es ist deshalb zu vermuten, dass die Zentrale in jenen Fällen stärker dazu tendieren wird, Ursachen für Misserfolg beim Vertriebspartner zu suchen, in denen das Selbstverständnis und die Kultur in der Zentrale keine Reflexion und Selbstkritik zulassen. Es zeigt sich, dass eine objektive Beurteilung durch die Zentrale eine gleichzeitig wichtige wie herausfordernde Aufgabe darstellt. Um die lokale Situation ausreichend in der Vertriebsgestaltung berücksichtigen zu können, bedarf es einer systematischen Behandlung dieser Beurteilungsfehler. Zusammenfassend lassen sich mehrere Ansatzpunkte für eine Vermeidung von fundamentalen Attributionsverzerrungen ausmachen. Einerseits muss also ein geeignetes Instrumentarium gefunden und eingesetzt werden, mit dem die Informationsasymmetrien abgebaut werden können. Andererseits sind die persönlichen Beziehungen zu den Mitarbeitern der dezentralen Vertriebsorganisation zu vertiefen, um ebenfalls eine ausgewogene Beurteilung zu unterstützen. Eine Kultur, die auf Feedback basiert, Kritik zulässt und konstruktiv aufgreift, unterstützt ebenso eine objektive Beurteilung. Weiterhin kann bereits die Kenntnis der Zentrale über das Zustandekommen möglicher Beurteilungsfehler dazu eingesetzt werden, ihre eigene Reflexion zu verbessern und etwaige Verzerrungen zu vermeiden (s. Kanning 1999, S. 101 f.). 4.2.2 Überbewertung der lokalen Situation durch Vertriebspartner Vertriebspartner beschreiben ihre eigene Situation häufig als ausgesprochen komplex, empfinden diese als einzigartig und weisen auf die hohen Ansprüche hin, die der Umgang mit der Situation an sie stellt (Bakka 1986, S. 853). Weit mehr als die Hälfte der Kapitel 4 98 Vertriebspartner schätzt ihre eigene Situation wettbewerbsintensiver ein, als die der Vertriebspartner in anderen Märkten. Diese Tendenz in der Situationsbeurteilung konnte im Rahmen der vorliegenden Arbeit in verschiedenen Teiluntersuchungen festgestellt werden (Vertriebsbefragung 2004, Befragung Leica II, Befragung Gallus II, s. Tabelle 2-3, S. 37). Um den Einfluss des Non-Response Bias einzugrenzen, der bei einer unternehmensübergreifenden Untersuchung ein ggf. nicht zu unterschätzendes Gewicht besitzen kann, wird das Phänomen hier am Fallbeispiel der bei der Gallus Ferd. Rüesch AG durchgeführten Befragung veranschaulicht (Befragung Gallus II, s. Tabelle 2-3, S. 37). Im Fall der Gallus Ferd. Rüesch AG wurden alle 82 internationalen Vertriebspartner befragt, von denen 61 Vertriebspartner antworteten (74 Prozent). Die Vertriebspartner wurden gebeten, ihre lokale Wettbewerbssituation im Vergleich zu anderen Märkten des Herstellers auf einer neunstufigen Skala einzuschätzen, bei der ein Nullpunkt die gleiche Situation wie in anderen Märkten markierte. Zur Messung der Wettbewerbssituation wurde dabei eine Operationalisierung verwendet, die sich auf die Konzeptualisierung nach Jaworski/Kohli (1993, S. 68) stützt. Abbildung 4-4 zeigt das Ergebnis der Selbsteinschätzung der Vertriebspartner. In Bezug auf alle vier Dimensionen des lokalen Wettbewerbs beurteilen die Vertriebspartner ihre eigene Situation als ungleich herausfordernder im Vergleich zum Durchschnitt der Märkte. Insbesondere ist die Preissituation hervorzuheben, die von 92 Prozent der Befragten stärker bewertet wird als im Durchschnitt aller Märkte. -4 Der Wettbewerb in Ihrem Markt ist gross. Es gibt viele Werbeschlachten in Ihrem Produktbereich. -3 -2 Die Wettbewerber in Ihrem Produktbereich sind sehr stark. 0% -1 0 1 2 3 4 1.56 14% 8% 20% Die Preiskonkurrenz in Ihrem Bereich ist erheblich. Mehr als in anderen Märkten Durchschnittlich Weniger als in anderen Märkten 78% 0.64 27% 53% 2.41 2% 92% 7% 14% 8% 20% 1.32 78% 40% 60% 80% 100% Relative Häufigkeit n = 61 Abbildung 4-4: Weniger als in anderen Märkten (-4, -3, -2, -1) Mehr als in anderen Märkten (+1, +2, +3, +4) Gleich (0) Arithmetisches Mittel Verzerrte Einschätzung der lokalen Situation durch Vertriebspartner (Befragung Gallus II, s. Tabelle 2-3, S. 37) Die lokale Situation der Vertriebspartner 99 Offensichtlich ist damit, dass auch die Einschätzungen der Vertriebspartner verzerrt sind. Schliesslich müsste die durchschnittliche Abweichung vom Mittelwert bei einer fehlerfreien Einschätzung gemäss Definition Null ergeben. Die Verzerrungen der Beurteilung auf der Seite der Vertriebspartner lässt sich wiederum auf verschiedene Ursachen zurückführen. Einerseits liegt auch auf der Seite der Vertriebspartner ein Informationsdefizit vor. Vertriebspartner sind ebenso wie die Zentrale nur eingeschränkt in der Lage, die Situation in anderen Märkten einzuschätzen, die als Referenzmass für die relative Einschätzung ihrer eigenen Situation dient. Dieses Informationsdefizit wird durch die Neigung verstärkt, die Richtigkeit eigener Aussagen überzubewerten und gleichzeitig nur selektiv solche Informationen wahrzunehmen, die das bestehende Urteil bestätigen (Döring/Kanbach 2001, S. 6). Weiterhin können auch auf der Seite der Vertriebspartner Attributionsverzerrungen unterstellt werden, die dem Erhalt und der Erhöhung des Selbstwertes dienen. Bei der Selbstbeurteilung in Leistungssituationen wird Erfolg als persönlicher Verdienst bewertet, während begünstigende Umweltfaktoren weniger starke Beachtung finden (Wottawa/Gluminski 1995, S. 174). Misserfolge hingegen werden tendenziell nicht auf das Verschulden der eigenen Person zurückgeführt, sondern als Folge situativer Ursachen betrachtet (Wottawa/Gluminski 1995, S. 174). Darüber hinaus wird bei der Selbstbeurteilung in Erfolgsfällen häufig auch die hinderliche Wirkung von Situationsvariablen hervorgehoben, um die eigene Leistung als Ursache für den Erfolg noch besser darzustellen und den Selbstwert des Beurteilenden zu erhöhen (s. Kanning 1999, S. 104). Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Vertriebspartner demnach sowohl bei Erfolg wie Misserfolg dazu neigen werden, die Herausforderung der Situation überzubewerten. In Verhandlungssituationen zwischen Zentrale und Vertriebspartner sind über die Fehler in der Selbstbeurteilung hinaus auch Verzerrungen durch das Profilierungsstreben der Vertriebspartner zu erwarten, das eine Grundlage für den Verhandlungserfolg bildet. Zu dem möglicherweise verzerrten Selbsturteil des Vertriebspartners können damit weitere Abweichungen von der Realität entstehen, wenn sich ein Vertriebspartner gegenüber der Zentrale darstellt, um bestimmte Verhandlungsziele zu erreichen. Es ist anzunehmen, dass sich die verzerrte Beurteilung der Situation auch auf die Erwartungen gegenüber der Zentrale auswirkt. Ein Vertriebspartner, der die eigene Situation als ungleich kritischer beurteilt als die Situation in anderen Märkten, wird vermutlich auch besonders hohe Erwartungen an die Unterstützung durch die Zentrale Kapitel 4 100 haben. Da die Zentrale nicht allen Forderungen nachkommen kann, erhöht sich durch die gesteigerten Erwartungen, die nicht erfüllt werden, gleichzeitig die resultierende Unzufriedenheit der Vertriebspartner. Um negative Konsequenzen der Unzufriedenheit zu vermeiden, sollten Beurteilungsverzerrungen deshalb weitgehend abgebaut werden. Psychologen weisen darauf hin, dass diese eine natürliche Schutzfunktion für das Individuum besitzen. Vielleicht sollte im Einzelfall zwischen den Konsequenzen aus der Unzufriedenheit und den Konsequenzen der fehlerfreien Attribution abgewägt werden. Einen wichtigen Beitrag zum Abbau von Fehlbeurteilungen kann eine höhere Transparenz über die Situation in anderen Märkten liefern. Zur Transparenz tragen sowohl subjektive Eindrücke und Berichte der Vertriebspartner anderer Märkte bei als auch objektiv vergleichbare Marktinformationen wie Preisgrössen sowie Wettbewerbsinformationen zu Absatzmengen und Aktionen. Von einigen Herstellern wird der Austausch über die lokalen Situationen bereits auf den jährlichen Vertriebstreffen gefördert (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Die Transparenz über objektiv vergleichbare Grössen, die von den Vertriebspartnern häufig gefordert werden, scheitert allerdings häufig am Widerstand der Zentrale, die ebenfalls in ihren Verhandlungen gerade diese Intransparenz nutzt. 4.3 Zwischenfazit: Morphologie zur Diagnose der lokalen Situation Gestützt auf die recht differenzierten Analysen von allgemeinen Rahmenbedingungen, Kunden und Wettbewerbsverhalten, Herstellerorganisation, lokaler Organisation und Vertriebsverantwortlichen lässt sich zusammenfassend für das Kapitel 4 eine Morphologie der lokalen Vertriebssituationen ableiten. Um eine Übersicht zu erleichtern, werden für die einzelnen Merkmale nur die extremen Ausprägungen und nicht etwa sämtliche mögliche Zwischenstufen einbezogen. Die Kriterien und deren Zuordnung müssen in verschiedenen Situationen überprüft und je nach Unternehmen sowie zeitlich unterschiedlich gewichtet werden. Aus praktischer Sicht ist es für Hersteller kaum möglich und nicht sinnvoll, annähernd alle Situationsvariablen bei der Planung von unterstützenden Massnahmen mit einzubeziehen. Trotzdem kann eine überblicksartige Einschätzung Impulse für ein besseres Verständnis der lokalen Situation geben. 1) Allgemeines lokales Umfeld Gleiches Umfeld wie beim Stammhaus - Fremdes Umfeld verglichen zum Stammhaus Gleiche Währung - Unterschiedliche Währung Die lokale Situation der Vertriebspartner 101 Gute Infrastruktur - Mangelhafte Infrastruktur Hohes Bildungsniveau - Schlechtes Bildungsniveau Vorhersehbare, stabile und nachvollziehbare - Unsichere, dynamische und komplexe Umweltentwicklungen Umweltentwicklungen Ähnliche Kultur - Grosse kulturelle Unterschiede Geografische Nähe - Grosse geografische Distanz Gleiche Arbeitszeiten - Keine gemeinsamen Arbeitszeiten 2) Kunden und Wettbewerb Geringe Wettbewerbsintensität - Hohe Wettbewerbsintensität (Produkte, Preise, Kommunikation) (Produkte, Preise, Kommunikation) Gleiche Kundenbedürfnisse - Völlig verschiedene Kundenbedürfnisse Gleichbleibende Kundenbedürfnisse - Schnelle Veränderung der Kundenbedürfnisse Ausschliesslich lokale Kunden - Ausschliesslich internationale Kunden 3) Herstellerorganisation Standardisiertes Produktgeschäft - Komplexes Anlagengeschäft Grosse Herstellerorganisation - Kleine Herstellerorganisation Finanzstarkes Herstellerunternehmen - Finanzschwaches Herstellerunternehmen Viele Mitarbeiter für internationales Marketing - Wenige Mitarbeiter für internationales Markeund Vertrieb im Stammhaus ting und Vertrieb im Stammhaus Langjährige internationale Erfahrung - Keine internationale Erfahrung des Herstellers Kleine Anzahl internationaler Vertriebspartner - Grosse Anzahl internationaler Vertriebspartner 4) Lokale Vertriebsorganisation Kleine lokale Vertriebsorganisation - Grosse lokale Vertriebsorganisation Tochtergesellschaft - Selbstständige Vertretung Kleines Marktverantwortungsgebiet - Grosses Marktverantwortungsgebiet Verluste: Schlechter finanzieller Erfolg - Finanziell sehr erfolgreich Aufbau einer Marktpräsenz - Bereits langjährige Marktpräsenz Kurze Zusammenarbeit mit Zentrale - Langjährige Zusammenarbeit mit Zentrale 5) Manager des lokalen Vertriebs Grosse Erfahrung in Branche und Geschäft - Keine Erfahrung in Geschäft Hohe Gesamtkompetenz (differenziert nach - Fehlende Kompetenzen (differenziert nach Belz/Reinhold 1999a, S. 181 ff.) Belz/Reinhold 1999a, S. 181 ff.) Im Umgang einfache Persönlichkeit - Komplizierte Persönlichkeit, schwierig im Umgang Hohe Verbundenheit mit dem - Geringe Verbundenheit mit dem Herstellerunternehmen Herstellerunternehmen Tabelle 4-2: Morphologie zur Diagnose von lokalen Vertriebssituationen Kapitel 5 102 5 Dimensionen der Zusammenarbeit mit dem Hersteller und ihre Beurteilung 5.1 Konzeptionelle Ansätze zur Systematisierung der Zusammenarbeit Um sich als Hersteller an den Erfordernissen der Vertriebspartner ausrichten zu können, ist es unerlässlich, die Gegenstände zu kennen, die vom Vertriebspartner zur Beurteilung der Zusammenarbeit herangezogen werden. In der Literatur besteht keinesfalls Einigkeit darüber, welche Elemente für die Beschreibung und Erklärung der Zusammenarbeit zwischen Organisationen heranzuziehen sind (s. Weinhold-Stünzi 1999, S. 343; Homburg/Rudolph 1998, S. 241; Hakansson 1982, S. 14 f.; Diller/Saatkamp 2002, S. 240; Belz/Reinhold 1999a, S. 120 ff.; Renz 1998, S. 216). In dieser Arbeit wird deshalb eine Kombination von sich ergänzenden Perspektiven vorgenommen, um ein möglichst vollständiges Bild zu erhalten. Als Betrachtungsebenen werden die Austauschobjekte, die Geschäftsprozesse und die soziale Atmosphäre der Interaktion herangezogen (s. Abbildung 5-1). Abbildung 5-1 zeigt die Ebenen der Interaktion, die vom Vertriebspartner im Kontext der lokalen Situation beurteilt werden. Austauschobjekte Zentrale Geschäftsprozesse Vertriebspartner Lokale Situation Soziale Atmosphäre Abbildung 5-1: Ebenen der Interaktion zwischen Hersteller und Vertriebspartner 5.1.1 Austauschobjekte als Geschäftsgrundlage Im Mittelpunkt einer Geschäftsbeziehung stehen sicherlich die Austauschobjekte derselben, nämlich Produkte und Leistungen, Finanzströme und Informationen (Weinhold-Stünzi 1999, S. 343; Homburg/Rudolph 1998, S. 241). Sie stellen die Grundlage für die Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Vertriebspartner dar, weil durch sie erst der Vertriebspartner die Verkaufsaufgabe übernehmen kann. Zu den speziellen Charakteristika der Austauschobjekte gehören in aller Regel der Umfang, die Qualität und der Zeitpunkt, so z. B. die Attraktivität der finanziellen Konditionen, der Zeitpunkt der Information oder die Menge der erbrachten Leistungen (s. Homburg/Rudolph 1998, S. 242.). Die Beurteilung von Produkten und Leistungen aus Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 103 Sicht der Vertriebspartner erfolgt also nicht etwa alleine anhand deren Qualitäten und der Gestaltung, sondern ebenfalls anhand der bedarfsgerechten Bereitstellung (Tomczak 1997, S. 281). Finanzströme stellen das Pendant der Warenströme dar, weil durch diese die Wertigkeit der Warenströme ausgedrückt bzw. der Beitrag zu den monetären Zielen des Herstellers bemessen werden kann. Da ein Zahlungsstrom vom Vertriebspartner an den Hersteller für letzteren ganz im Gegensatz zum Vertriebspartner einen positiven Zielbeitrag bedeutet, stellt sich ein Interessenkonflikt ein. Der Wunsch nach besseren Konditionen ist damit mehr oder weniger systemimmanent. Unter Informationen werden in diesem Kontext verbale und nummerische Inhalte verschiedenster Natur verstanden (s. Weinhold-Stünzi 1999, S. 344). Zwischen Hersteller und Vertriebspartner werden insbesondere Informationen zu Anfragen, Bestellungen, Auskünften, Kundenwünschen etc., aber auch Fakturen, Mahnungen, Abrechnungen, Statistiken usw. ausgetauscht (Weinhold-Stünzi 1999, S. 344). Die interne Informationspolitik des Herstellers entscheidet, so z. B. im Vorfeld einer Sortimentsveränderung häufig darüber, wie lokal agiert und welche Schritte beim Kunden geplant werden können. Beim Hersteller ist tendenziell ein Defizit in Bezug auf marktbezogene Informationen zu beobachten, während lokal häufig interne Informationen über aktuelle Herausforderungen, die Strategien und das Vorgehen des Herstellers fehlen. 5.1.2 Geschäftsprozesse als Abläufe der Interaktion Neben den Austauschobjekten sind die Interaktionsprozesse zu betrachten, die als Abläufe die Zusammenarbeit bestimmen (s. Hakansson 1982, S. 14 f.). Aus Sicht des Vertriebspartners ergänzen die Zusammenarbeitsprozesse mit dem Hersteller die eigentlichen lokalen Kernprozesse des Vertriebs (Belz/Reinhold 1999a, S. 118). Aus diesem Grund wird der Vertriebspartner stets beurteilen, wie gut sich die Interaktionsprozesse mit dem Hersteller dazu eignen, die lokalen Prozesse zu unterstützen. Die Vertriebspartner nehmen die Zusammenarbeit mit dem Hersteller dabei vor allem durch die verschiedenen Schnittstellen wahr, die sie in gemeinsamen Prozessen mit der Zentrale verbinden. Allgemein können bei den Interaktionsprozessen permanente Geschäftsprozesse der täglichen Zusammenarbeit unterschieden werden von gemeinsamen Projekten, die mit dem Hersteller durchgeführt werden (Diller/Saatkamp 2002, S. 240; s. Abbildung 5-2, S. 104). Entscheidend ist nach Diller/Saatkamp (2002, S. 240) der Wiederholungszyk- Kapitel 5 104 lus: Permanente Prozesse werden u.U. mehrere tausend Male wiederholt (z. B. Auftragsabwicklung) (Diller/Saatkamp 2002, S. 240), während projektbezogene Prozesse eher selten stattfinden (z. B. Softwareumstellung) und häufig in Projektform organisiert sind (Diller/Saatkamp 2002, S. 240). Lokale Prozesse permanent projektbezogen Vertriebsmanagement Operativer Vertrieb Marktbearbeitung Abbildung 5-2: Auftragsab -wicklung Kunden -service Lokale Prozesse des Industriegütervertriebs Bei den permanenten Vertriebsprozessen, die das lokale Tagesgeschäft darstellen, lassen sich Prozesse des lokalen Vertriebsmanagements und operative Vertriebsaktivitäten unterscheiden. Das lokale Vertriebsmanagement kennzeichnet den Kernprozess der Koordination und Entwicklung sämtlicher Vertriebsaktivitäten innerhalb einer Niederlassung. Hierzu gehört das Rekrutieren und die Entwicklung von Mitarbeitern, die rechtliche Landesvertretung, aber auch die interne und marktbezogene Analyse, Planung, Steuerung und Kontrolle. Häufig liegen Kritikpunkte an der Unterstützung der Prozesse des lokalen Vertriebsmanagement in unzureichenden oder inhaltlich ungenügenden Schulungen durch den Hersteller (Rosson 1977, S. 187) sowie umfangreiche Reportinganforderungen an die Vertriebspartner. Auch Entscheidungen über Erschliessung oder Selektion von Kundensegmenten, Streichung von Marken und Produkten und die Definition neuer Preiskorridore im Rahmen einer internationalen Preisharmonisierung gehören zu den Aufgaben des Vertriebsmanagements, die mit unterschiedlicher Stärke der Beteiligung gemeinsam mit dem Hersteller geplant und umgesetzt werden. Bei den operativen Vertriebsprozessen unterscheiden Belz/Reinhold (1999a, S. 120 ff.) die Marktbearbeitung, die Auftragsabwicklung und den Kundenservice. Insbesondere bei Gewährleistungsfragen entstehen bspw. häufig Schwierigkeiten, weil sich Mitarbeiter in der Zentrale nicht ausreichend engagieren und damit zu Nachteilen für eine weitere Bearbeitung durch den lokalen Vertriebspartner beitragen. Die Bedeutung der einzelnen Teilprozesse kann sich je nach Bran- Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 105 che stark unterscheiden (Belz/Reinhold 1999a, S. 125). So hat der Kundenservice im Anlagengeschäft, wo bspw. ganze Produktionsanlagen geliefert werden eine höhere Bedeutung als im Produktgeschäft. In diesem ist die Marktbearbeitung aus Sicht der Vertriebspartner zentral (Belz/Reinhold 1999a, S. 125 f.). Anders als die permanenten Aktivitäten werden projektbezogene Aktivitäten seltener und in unregelmässigen Abständen (meist in Projekten organisiert) durchgeführt. Eine besondere Bedeutung im Marketing und Vertrieb haben die Auswahl und Implementierung von IT-Systemen und Software, so z. B. zur Unterstützung der Absatz- und Produktionsplanung. Aber auch die Einführung neuer Produkte und Leistungen wird teilweise nicht in der bestehenden Organisation realisiert, sondern je nach der Bedeutung durch spezielle Projektteams begleitet (Ottum/Moore 1997, S. 258). Ottum/Moore (1997, S. 265) bestätigten in ihrer Studie, dass eine gute Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Vertriebspartnern, insbesondere der Informationsfluss zwischen den Beteiligten, die Misserfolgswahrscheinlichkeit einer Markteinführung erheblich senken können. Insgesamt lässt sich festhalten, dass bei den projektbezogenen Aktivitäten aus Sicht der Vertriebspartner insbesondere die Unsicherheit und die Vorteilhaftigkeit von bevorstehenden Veränderungen eine Rolle spielen. Eine ungenügende Betreuung durch den Hersteller in der Lancierungsphase von Projekten wirkt sich nach Belz/Reinhold (1999a, S. 91) fatal aus und ist häufig nicht mehr zu korrigieren. Allerdings muss insbesondere bei den projektbezogenen Aktivitäten darauf hingewiesen werden, dass Schwierigkeiten in der Umsetzung und Misserfolg beim Erreichen der gewünschten Projektziele keineswegs spezifische Probleme von Vertriebsorganisationen darstellen. Vielmehr sind Änderungsresistenz und mangelnde Flexibilität der Mitarbeiter bei der Implementierung organisationaler Veränderungen in sämtlichen Bereichen des Unternehmens zu beobachten (s. Gaßner 1999, S. 2; Hammer/Champy 1994, S. 260). Allenfalls verstärken die geografischen, kulturellen und sprachlichen Distanzen zwischen Hersteller und Vertriebspartner auftretende Probleme. Belz/Reinhold (1999a, S. 91) betonen, dass das Verhältnis zwischen eingeführten und beibehaltenen Neuerungen im internationalen Vertriebsmanagement kritischer ist als in jedem anderen Bereich des Marketing (Belz/Reinhold 1999a, S. 91). So versanden zahlreiche Initiativen, Vorgaben und neue Formen der Zusammenarbeit still (Belz/Reinhold 1999a, S. 91) oder entwickeln sich zu gefährlichen Problem- oder Krisenherden. 106 Kapitel 5 5.1.3 Transaktionsatmosphäre als soziale Ebene der Interaktion Als dritter Typ von Beurteilungsgegenständen sind Merkmale der sozialen Interaktion zu nennen, die im Folgenden unter dem Begriff „Transaktionsatmosphäre“ zusammengefasst werden (s. Renz 1998, S. 216; Hakansson 1982, S. 369; Calaminus 1994, S. 100 ff.). Diesem „weichen“ Faktor kommt bei der Beurteilung ein nicht zu unterschätzendes Gewicht zu, da er als „catch all“ Variable in erheblichem Masse das Urteil über die beiden anderen Ebenen der Interaktion mit beeinflusst und gleichzeitig selbst wesentlich durch diese bestimmt wird (Calaminus 1994, S. 103 f.; Hakansson 1982, S. 21). Die Atmosphäre bezeichnet eine soziale Ebene der Interaktion, die durch Aspekte wie bspw. Macht, Offenheit, Vertrauen und Erwartungen geprägt wird (s. Hakansson 1982, S. 21). Tomczak (1997, S. 277) spricht in diesem Zusammenhang von der Transaktionsatmosphäre, die u. a. darüber entscheidet, wie beide Partner Spielräume nutzen, die ausserhalb der vereinbarten und messbaren Bereiche existieren. Die Atmosphäre wird insbesondere durch die im Laufe der Zeit gesammelten gegenseitigen Erfahrungen und die damit verbundenen Adaptionsprozesse geprägt (Tomczak 1997, S. 277; Hakansson 1982, S. 17 f.). Die Transaktionsatmosphäre fördert damit routinemässige Informationsflüsse und die Bildung verlässlicher Erwartungen (Hakansson 1982, S. 18). In der Beziehung zwischen Industriegüterherstellern und internationalen Vertriebspartnern sind folgende Elemente für die Atmosphäre von besonderer Bedeutung: Die Macht und die Abhängigkeiten, die Konflikte und das Kooperationsverhalten, die Information und die Kommunikation, die Offenheit und das Vertrauen sowie die Nähe, die Verbundenheit und das Zugehörigkeitsgefühl (Hakansson 1982, S. 21). Diese Variablen sind dabei interdependent und können je nach Situation zu vor- und nachteiligen Effekten für die Interaktion führen (s. Hakansson 1982, S. 21). Eine besondere Rolle im Verhältnis zwischen Herstellerunternehmen und internationalen Vertriebspartnern scheint das Zugehörigkeitsgefühl des Vertriebspartners zur Herstellerorganisation oder zum lokalen Markt und den Kunden zu spielen. Andersson/Forsgren (1996, S. 487) fanden bei einer Untersuchung von 78 Tochtergesellschaften schwedischer Unternehmen heraus, dass der Einfluss der Zentrale abnimmt, je höher sich Vertriebspartner ihren Kunden zugehörig („embedded“) fühlen (Andersson/Forsgren 1996, S. 487). Weiterhin zeigte die Untersuchung, dass der Grad der sozialen Verwurzelung einer Vertriebstochter im Markt häufig grösser ist als intern zur Mutter (Andersson/Forsgren 1996, S. 504). Mitarbeiter in Tochtergesellschaften empfinden deshalb die Kontrolle durch den Kunden häufig stärker als die Kontrolle Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 107 durch das Headquarters. Diese Problematik wird auch in den Untersuchungen von Williamson (1991; 1975) aufgegriffen, die den Vertriebspartner im Spannungsfeld „zwischen Markt und Hierarchie“ einordnen (Williamson 1991; Williamson 1975). Für den Hersteller resultiert hieraus ein Zielkonflikt: Einerseits ergeben sich aus der „Embeddedness“ des Vertriebspartners, die auch als Dichte des Netzwerkes im lokalen Markt beschrieben werden kann (Andersson/Forsgren 1996, S. 492), erhebliche Vorteile, so z. B. mehr Verkäufe und höhere Eintrittsbarrieren für die Konkurrenz. Andererseits muss die Zentrale mit zunehmender lokaler Verwurzelung ihrer Niederlassung eine schwindende Einflussmöglichkeit hinnehmen (Andersson/Forsgren 1996, S. 491). Auch sinkt mit steigender Embeddedness das Vertrauen des Vertriebspartners in die Zentrale (Granovetter 1985, S. 490). Benno Birke, Geschäftsführer des HydraulikSystemherstellers Hoerbiger-Origa Systems spricht vom „Kundensumpf“, in dem sich insbesondere ältere Vertriebspartner befinden. Diese stehen der Zentrale häufig nicht gesprächsbereit und offen gegenüber, sondern verstehen sich als „Anwälte des Kunden“. Tomczak (1997, S. 289) beschreibt mögliche Varianten der sozialen Atmosphäre auf einem Kontinuum zwischen der „vertrauensvollen Partnerschaft“ und einer „von Misstrauen geprägten Zweckgemeinschaft“. Je nach Ausprägung der Atmosphäre sind Unterschiede in der Interaktion zu beobachten (Hakansson 1982, S. 21). Im Fall einer „vertrauensvollen Partnerschaft“ werden beide Parteien auf explizite und ausgefeilte Kontroll-, Überwachungs- und Sicherungsmechanismen verzichten. Da eine Übervorteilung der anderen Partei ausgeschlossen wird, kann in der Interaktion auf ständige und langwierige sowie für beide Seiten kostspielige Verhandlungsprozesse verzichtet werden (Tomczak 1997, S. 289). Das Machtverhältnis zwischen den Parteien wird von Tomczak (1997, S. 289) bei diesen Überlegungen nicht explizit eingeschlossen. Nach den Ergebnissen von Gaski (1984) und Geyskens et al. (1999) ist jedoch zu vermuten, dass zwar nicht das Machtverhältnis, jedoch die Ausübung von Macht zu Konflikten führt. Diese senken wiederum das lokale Vertrauen und die Verbundenheit mit dem Herstellerunternehmen (s. auch Coughlan et al. 2001, S. 245; Schögel/Tomczak 1995, S. 45). 5.2 Teilaspekte bei der Beurteilung der Zusammenarbeit in der Praxis 5.2.1 Vielschichtige Teilaspekte bei der Beurteilung durch Vertriebspartner Die konzeptionelle Differenzierung der Beurteilungsgegenstände in Austauschobjekte, Interaktionsprozesse und die soziale Transaktionsatmosphäre zeigt zweierlei. Zum ei- Kapitel 5 108 nen wird deutlich, dass die Beurteilung der Zusammenarbeit durch die Vertriebspartner verschiedene Betrachtungsebenen erfordert und damit eine hohe inhaltliche Komplexität aufweist. Zum anderen kann keine Gruppe von Beurteilungsgegenständen sämtliche Elemente der Zusammenarbeit ausreichend erfassen. Abbildung 5-3 gibt noch einmal einen Überblick über die drei Gruppen von Beurteilungsgegenständen. Austauschobjekte Geschäftsprozesse Soziale Atmosphäre Vertriebsmanagement projektbezogen Operativer Vertrieb Information Marktbearbeitung Auftragsab -wicklung Kunden -service Hersteller Geld Verbundenheit permanent Kulturelle Nähe Offenheit Ehrlichkeit Respekt Sympathie Rollen Macht Misstrauen Vertriebspartner Lokale Prozesse Produkte und Leistungen Verständnis Beurteilung durch die Vertriebspartner Abbildung 5-3: Konzeptionelle Ansätze zu den Beurteilungsgegenständen der Zusammenarbeit Es ist davon auszugehen, dass Vertriebspartner in der Realität alle drei Gruppen in ihre Beurteilung integrieren. Denn bei genauem Hinsehen fällt auch auf, dass die gewählten Perspektiven Überschneidungen zulassen. So sind bspw. informationsbezogene Teilaspekte, wie z. B. „der Zeitpunkt der Information bei Lieferengpässen“ inhaltlich weder eindeutig dem Austauschobjekt „Information“ noch den Prozessen zuzuordnen, so z. B. den Teilprozessen „Auftragsabwicklung“ und „Lieferung“. Zu beiden Gruppen von Beurteilungsgegenständen bestehen also inhaltliche Verknüpfungen. Umso konkreter die Teilaspekte der Zusammenarbeit sind und umso geringer folglich der Abstraktionsgrad ist, desto weniger ist es möglich die Teilaspekte eindeutig zuzuordnen. Soziale Aspekte verschmelzen mit prozessbezogenen Aspekten, da soziale Schwierigkeiten der Betroffenen in den Prozessen der Zusammenarbeit auftreten und wahrgenommen werden. Ebenso werden die Austauschobjekte häufig in dem prozessualen Kontext beurteilt, in dem sie von Bedeutung sind. So beurteilen Vertriebspartner bspw. hohe Preisvorgaben in Bezug auf die Marktbearbeitung negativ, die Zahlungsbedingungen hingegen spielen beim Prozess der Auftragsabwicklung eine entscheidende Rolle. Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 109 Um die Querbeziehungen zwischen den verschiedenen Bezugspunkten der Beurteilung (s. Abbildung 5-3) möglichst vollständig zu erfassen und realitätsnah zu berücksichtigen, wurde auf Interviews von Praktikern zurückgegriffen. Für den Kontext der vorliegenden Untersuchung konnten im Rahmen der explorativen Einzelinterviews (s. Absatz 2.4.2.1, S. 37) 56 Teilaspekte erfasst werden, die in den verschiedenen Unternehmen als wichtige inhaltliche Aspekte der Zusammenarbeit gesehen werden und Gegenstand deren Beurteilung sind. Auf Basis der Arbeit von Ruekert/Churchill Jr. (1984) und den Hinweisen im Rahmen des zweistufigen Pretests (s. Absatz 2.4.2.2, S. 39 ff.) verblieben letztlich 43 konkrete Teilaspekte, welche die Zusammenarbeit konkret beschreiben. Diese sind in Tabelle 5-1 dargestellt und wurden auf Basis inhaltlicher Gemeinsamkeiten zunächst grob strukturiert. Um inhaltliche Verzerrungen auszuschliessen, sind sämtliche Aspekte im englischen Wortlaut aufgeführt. Um den Überblick zu erleichtern, wurden die Teilaspekte verkürzt, die ausführliche Benennung der Indikatoren ist aus dem Fragebogen im Anhang D (S. 353) ersichtlich. Weiterhin wurde versucht, die einzelnen Teilaspekte den Beurteilungsgegenständen zuzuordnen (AO = Austauschobjekt, PR = Prozesse, SA = Soziale Atmosphäre). Hierbei zeigen sich die angesprochenen inhaltlichen Überschneidungen besonders deutlich, - eine eindeutige inhaltliche Zuordnung ist in vielen Fällen nicht möglich. Teilaspekte (englisch) Products and services… New product market opportunities The width of the products and services offered Overall quality and design of products and services Frequency of introducing new products or services Support with manuals, handbooks etc. Promotional and general support… Technical and commercial training offered Sales promotion material and product documentations Internal coordination of marketing-instruments IT-support and access to the manufacturer’s IT-systems Information about competition, market and customers Relationship with the manufac- Gegenstand AO PR SA Teilaspekte (englisch) Order handling... Order handling by the manufacturer Meeting of promised delivery dates Availability of products and parts Handling of damaged products/ warranty cases Social interaction... Overall fairness and honesty of manufacturer Interest of the manufacturer helping to accomplish your goals Overall manner you were treated by manufacturer Clearness of responsibilities and number of contact persons Culture and treating of your values... Dealing with your local customs and values Way of respecting and treating Gegenstand AO PR SA Kapitel 5 110 turer’s sales representative Support during local price wars Financial conditions... Profits generated from manufacturer’s product lines Sales growth potential from manufacturer’s product lines Manufacturer credit policies The manufacturer’s overall paying behavior Customer financing programs Incentive programs (bonuses, contests, trips) Inter-/Intracompany prices of products and services Manner of determining budgets and prices Sharing of joint project costs (tradeshows etc.) Financial reporting required by the manufacturer your culture Understanding your language Similarity of your values and the manufacturer’s Dealing with different time zones and distances Information and communication behavior... Information about bottlenecks Number, design and usefulness of documents/forms Response times to your requests Availability in emergency cases Frequency of exchanging information Informal exchange of information Customer and marketinformation, demanded Timeliness and completeness of information you get Beurteilungsgegenstände: AO = Austauschobjekt, PR = Prozesse, SA = Soziale Atmosphäre Stärke des inhaltlichen Bezugs zu Beurteilungsgegenständen: = Kein Bezug, = Starker Bezug, = Mittlerer Bezug Tabelle 5-1: Teilaspekte bei der Beurteilung des Herstellers im Wortlaut der Untersuchung Die in Tabelle 5-1 aufgelisteten Teilaspekte lassen sich nach inhaltlichen Gesichtspunkten zu sieben Gruppen zusammenfassen. Die Gruppen „Produkte und Services“, „Soziale Interaktion“, „Marketingsupport“ und „Finanzielle Konditionen“ stimmen dabei inhaltlich mit den empirischen Ergebnissen von Ruekert/Churchill Jr. (1984, S. 229) überein. Hinzu kommen eine logistische Gruppe „Auftragsabwicklung“, eine Gruppe „Kultur und Werte“ sowie eine Gruppe mit Aspekten der „Information und Kommunikation“. 5.2.2 Ergebnisse der Beurteilung Schweizer Industriegüterhersteller Auf Basis der in Tabelle 5-1 (S. 110) vorgestellten Teilaspekte der Zusammenarbeit konnte die Zusammenarbeit mit Schweizer Industriegüterherstellern aus Sicht europäischer Vertriebspartner beurteilt werden. Für einen Überblick zu Details der Studie sei an dieser Stelle auf die Darstellung in Absatz 2.4.2.2 (S. 39 ff.; Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37) verwiesen. Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 111 Für die Beurteilung war neben den inhaltlichen Teilaspekten der Zusammenarbeit ein Mass zu finden, das die Entsprechung von Erwartung und Wahrnehmung in Bezug auf die Teilaspekte der Zusammenarbeit aus Sicht der Vertriebspartner erfasst. Dazu wurde wiederum auf eine direkte Zufriedenheitsmessung zurückgegriffen, die als Ergebnis zwischen der erwarteten und der wahrgenommenen Ausprägung des beurteilten Teilaspektes zu interpretieren ist. Eine hohe Zufriedenheit spiegelt also die Situation wider, in der die wahrgenommene Ausprägung die Erwartungen übersteigt. Um weiterhin eine Priorisierung zwischen den Teilaspekten vornehmen zu können, wurde für jeden Teilaspekt die Bedeutung für die lokale Geschäftstätigkeit erfasst. So kann vermieden werden, dass man sich fälschlicherweise auf Teilaspekte konzentriert bei denen zwar eine hohe Unzufriedenheit besteht, die aber für die eigentliche Geschäftstätigkeit eine eher nachrangige Bedeutung besitzen. Abbildung 5-4 zeigt solche Teilaspekte der Zusammenarbeit mit Schweizer Industriegüterherstellern, bei denen diese aus Sicht ihrer europäischen Vertriebspartner besonders stark oder besonders schwach beurteilt wurden. Stärken Stärken Schweizerischer Schweizerischer Industriegüterhersteller Industriegüterhersteller Sehr unzufrieden 1 2 Schwächen Schwächen Schweizerischer Schweizerischer Industriegüterhersteller Industriegüterhersteller Zufriedenheit 3 indifferent 4 5 Fairness und Ehrlichkeit 5.87 des Herstellers. Sehr zufrieden 6 7 5.60 Gesamte Art und Weise, 5.29 in der Sie behandelt werden. 5.42 Sehr unzufrieden 1 2 Zufriedenheit 3 indifferent 4 5 Verrechnungspreise für 5.11 Produkte und Leistungen. Informationspolitik im 5.80 Fall von Engpässen. 4.22 4.09 Qualität und Design von Produkten und Services. 6.18 5.27 Informationen über Konkurrenz und Kunden. 5.36 3.99 Umgang des Herstellers mit Zeitzonen und Distanzen. 4.17 5.19 Incentive-Programme (Boni, Wettbewerbe,...). 4.37 3.91 Angebotsbreite von Produkten und Services. 5.66 1 2 geringe Bedeutung Zufriedenheit Abbildung 5-4: Finanzierungsprogramme 4.24 für Kunden. 5,16 3 4 Bedeutung 5 6 7 hohe 1 2 geringe Stärken: Fünf Teilaspekte mit den höchsten Zufriedenheitswerten Schwächen: Fünf Teilaspekte mit den niedrigsten Zufriedenheitswerten Sehr zufrieden 6 7 3.87 3 4 Bedeutung 5 6 7 hohe n = 240 Schweizer Hersteller aus Sicht europäischer Vertriebspartner (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37) Eine hohe Zufriedenheit besteht bei Aspekten der sozialen Atmosphäre und dem Produkt- und Leistungsangebot. Die Fairness und die Ehrlichkeit sowie die Art und Weise, in der Hersteller ihre Vertriebspartner behandeln, erhalten die höchste Zufriedenheit. Aus Sicht der Vertriebspartner kommt diesen Teilaspekten ebenfalls eine beson- 112 Kapitel 5 ders hohe Bedeutung zu. Die Qualität und das Design von Produkten und Leistungen erhält jedoch von sämtlichen Aspekten die höchste Bedeutung. Gleichzeitig zeigen sich die Vertriebspartner mit diesem Aspekt äusserst zufrieden. Auch mit der Sortimentsbreite der Hersteller besteht eine hohe Zufriedenheit, die aus Sicht der Vertriebspartner ebenfalls für das lokale Geschäft wichtig zu sein scheint. Lediglich dem Aspekt „Umgang mit verschiedenen Zeitzonen und geografischen Distanzen“ kommt aus Sicht der Vertriebspartner eine vergleichsweise geringere Bedeutung zu, während grundsätzlich eine hohe Zufriedenheit besteht. Gründe hierfür können in der Tatsache liegen, dass die Effekte der europäischen Distanzen und der geringen Zeitverschiebung nicht so stark ins Gewicht fallen, wie dies bei amerikanischen und asiatischen Vertriebspartnern der Fall sein könnte. Die Schwächen der betrachteten Industriegüterhersteller bestehen in den Teilaspekten, bei denen die höchste Unzufriedenheit besteht. Hierzu gehören insbesondere Aspekte der Informationspolitik und der finanziellen Konditionen. Der Information im Fall von Engpässen wie Lieferverzögerungen und technischen Schwierigkeiten wird das grösste Gewicht zugemessen. Gründe hierfür liegen sicherlich in der Bedeutung der Liefertreue, die aus Kundensicht häufig wichtiger ist, als die Dauer bis zur Auslieferung. Obwohl die grössten Unzufriedenheiten der Vertriebspartner im Bereich der Finanzierungsprogramme für Kunden und der Incentivierung durch den Hersteller bestehen, messen die Vertriebspartner diesen beiden Teilaspekten eine vergleichsweise geringe Bedeutung zu. Eine besondere Beachtung verdienen die Höhe der Verrechnungspreise. Ihnen kommt aus Sicht der Vertriebspartner eine ausgesprochen hohe Bedeutung zu, jedoch besitzen sie den fünfniedrigsten Zufriedenheitswert aller 43 eingeschlossenen Indikatoren. Allerdings überrascht dieses Ergebnis wenig, da Schweizer Hersteller aufgrund ihrer komparativ hohen Produktionskosten eher auf die Wettbewerbsstrategie der Qualitätsführerschaft setzen, die hohe Preise rechtfertigt und daher im Niedrigpreissegment weniger konkurrenzfähig sind (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). 5.3 Empirische Dimensionen der Beurteilung und ihre Kontextabhängigkeit 5.3.1 Empirische Analyse der Dimensionalität der Beurteilung Bei der qualitativen Analyse der vielfältigen Aspekte, die von Vertriebspartnern zur Beurteilung der Zusammenarbeit herangezogen werden, konnten bereits erste inhaltliche Zusammenhänge zwischen den Teilkriterien der Beurteilung aufgezeigt werden. Ebenfalls wurde in Tabelle 5-1 (S. 110) bereits eine erste inhaltliche Gruppierung vor- Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 113 genommen, die jedoch lediglich auf subjektiven Einschätzungen in Bezug auf die inhaltliche Nähe der Aspekte beruht. Hierauf aufbauend wurde deshalb versucht, die Daten der quantitativ-empirischen Erhebung (s. Absatz 2.4.2.2, S. 39) zu nutzen, um die Dimensionen der Beurteilung durch Vertriebspartner mittels multivariater Analyseverfahren zu errechnen (s. Vertriebsbefragung 2004, Tabelle 2-3, S. 37). Gegenstand waren die in der qualitativen Analyse ermittelten 43 Teilaspekte der Zusammenarbeit (s. Tabelle 5-1, S. 110). Diese wurden durch siebenstufige Ratingskalen und verbal umschriebene Pole („Very dissatisfied“ – „Very satisfied“) in Anlehnung an das Vorgehen von Homburg/Rudolph (1998, S. 250) erfragt. Ziel war es, eine Skala zu entwickeln, mit der die Zufriedenheit der Vertriebspartner (im Weiteren „SALESSAT“ von „SALESpartner SATisfaction“) und deren Dimensionen gemessen werden können. Der erste Schritt, um die Dimensionalität der Beurteilung zu ermitteln, war eine explorative Faktorenanalyse. Im vorliegenden Fall wurde auf eine Hauptachsenanalyse zurückgegriffen, da die Faktoren gefunden werden sollten, die für die Beurteilung der Zusammenarbeit verantwortlich sind (Backhaus et al. 2000b, S. 286). Um die Unabhängigkeit der gesuchten Dimensionen zu sichern, wurde eine rechtwinklige VarimaxRotation durchgeführt. Ergänzend wurde die von Homburg/Rudolph (1998, S. 253) vorgeschlagene schiefwinklige Oblimin-Rotation eingesetzt, um die Methodeninvarianz des Vorgehens zu untersuchen (s. Bühner 2004, S. 166). Bei maximaler Korrelation zwischen den Faktoren (delta = 0) führt diese zur selben Faktorenstruktur wie die rechtwinklige Rotation, allerdings fallen die Faktorladungen nicht so deutlich aus (s. Anhang I, S. 372). Die explorative Faktorenanalyse bestätigte die aus qualitativen Überlegungen postulierte siebendimensionale Struktur, erforderte jedoch die Elimination einer grossen Anzahl von Indikatoren (s. Tabelle 5-2, S. 115). Konnten einzelne Indikatoren keinem Faktor zugeordnet werden oder liessen sie sich nicht eindeutig nur einem Faktor zuordnen, so wurden diese eliminiert (s. Churchill Jr. 1979, S. 69). Als Eliminationskriterium im Rahmen der explorativen Faktorenanalyse sollte eine Faktorladung nicht unter einem Schwellenwert von .50 liegen, bzw. nicht mehr als eine Faktorladung von über .50 bei einem Indikator existieren (Backhaus et al. 2000b, S. 269 f.). Insgesamt wurden bei der Analyse schrittweise eine Anzahl von insgesamt 20 Indikatorvariablen ausgeschlossen. Die Faktorladungsmatrix der verbleibenden 23 Indikatoren weist eine hohe Eignung auf. Lediglich die Indikatorvariable „Manufacturer credit policies“ zeigt eine geringfügige Unterschreitung des von Backhaus et al. (2000b, S. 286) geforderten Kapitel 5 114 Mindestwertes. Jedoch erfüllt diese das so genannte Fürntratt-Kriterium (Fürntratt 1969, S. 66), nach dem ein Item dann einem Faktor zugeordnet werden sollte, wenn die quadrierte Ladung mindestens 50 Prozent der Itemkommunalität erklärt. Dies ist im vorliegenden Fall offensichtlich gegeben. New product market opportunities The width of the products and services offered Quality and design of products and services Frequency of introducing new products or services Order handling by manufacturer Meeting of promised delivery dates Availability of products and replacement parts Support with manuals, handbooks, etc. Sales promotion material and documentations Manufacturer credit policies Customer financing programs Incentive programs (bonuses, contests, trips) Sales support relationship with the sales rep Overall fairness and honesty of manufacturer Interest and concern to help you Overall manner you were treated Dealing with your local customs and values Way of respecting and treating your local culture Understanding your language Similarity of your values and the manufacturer’s Manufacturer's response times to your requests Timeliness of receiving neces- Faktoren und Faktorladungen (nach rechtwinkliger Rotation) 3 4 5 1 2 6 7 .587 .191 .204 .172 .118 .120 .070 .653 .070 .137 -.004 .119 .011 .177 .533 .249 .144 -.089 .124 .057 .260 .572 .043 .077 .158 .181 .024 -.004 .138 .631 .172 .175 .256 .203 .090 .063 .683 -.010 .045 .162 .149 .246 .246 .712 .023 .073 .144 .075 .163 .376 -.036 .651 .044 .149 .098 .245 .255 .146 .644 .140 .176 .085 .091 .031 .049 -.013 .437 .159 .149 .205 .095 .084 .095 .711 .034 .066 .042 .067 .068 .071 .647 .120 .150 .087 .310 .160 .280 .125 .507 .097 .178 .144 .217 .140 .062 .658 .195 .294 .218 .207 .101 .149 .679 .152 .126 .143 .133 .057 .142 .739 .141 .140 .278 .176 -.036 .150 .095 .625 .200 .216 .136 -.079 .099 .335 .712 .274 -.136 .031 .180 .163 .044 .612 -.151 .003 .269 .172 .142 .234 .509 .194 .173 .295 .143 .143 .144 .189 .571 .173 .211 .084 .172 .216 .008 .679 Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit sary information Completeness of information .150 .161 .181 .162 you get Tabelle 5-2: Ergebnisse einer explorativen Faktorenanalyse der 23 Zufriedenheitsindikatoren 115 .292 .142 .577 In einem nächsten Schritt wurde mit Hilfe des Cronbachschen Alphas die Reliabilität jeder einzelnen Dimension separat untersucht. Sämtliche Dimensionen zeigten im Rahmen dieser Reliabilitätsanalyse sehr zufrieden stellende α-Werte, die teilweise deutlich höher lagen als der von Nunnally (1978, S. 245) vorgeschlagene Richtwert von .70. Die anschliessende erneute einfaktorielle explorative Faktorenanalyse ergab bei allen Dimensionen die gewünschte Einfaktorenlösung, die erklärte Gesamtvarianz lag in allen Fällen höher als die von Homburg/Giering (1996, S. 12) geforderten 50 Prozent. Es gab demnach keinen Grund, weitere Indikatoren aus der Analyse auszuschliessen. In einem letzten Schritt schliesslich wurde jede einzelne Dimension noch einmal mit Hilfe der konfirmatorischen Faktorenanalyse untersucht. Der Faktor 3 „Marketingund Verkaufssupport“ musste von dieser Betrachtung ausgeschlossen werden, da eine Anzahl von zwei Indikatorvariablen eine negative Anzahl von Freiheitsgraden besitzt. Für die restlichen Dimensionen kam als Schätzverfahren wiederum die robuste Maximum-Likelihood-Methode zum Einsatz. Bei der Schätzung erwiesen sich sämtliche Regressionsgewichte auf dem 1-Prozent-Niveau als signifikant. Sämtliche Indikatorreliabilitäten lagen deutlich über dem geforderten Wert von .40 (Homburg/Baumgartner 1995a, S. 170). Lediglich die Indikatorreliabilität des Indikators „Similarity of your values and the manufacturer’s“ erreichte nur knapp den geforderten Wert, wurde aber ebenfalls aus Gründen der Inhaltsvalidität beibehalten. Die durchschnittliche erfasste Varianz und die Faktorreliabilitäten erreichten in allen Fällen die Mindesthöhe von .50 bzw. .60 (Jensen 2001, S. 95 f.; Homburg/Baumgartner 1995a, S. 170). Für eine zusammenfassende Darstellung der Gütekriterien erster und zweiter Generation sei an dieser Stelle noch einmal auf Tabelle 3-2 (S. 62) verwiesen. Tabelle 5-3 (S. 116) stellt noch einmal sämtliche Gütekriterien der siebenfaktoriellen SALESSAT-Skala mit den verbleibenden 23 Indikatoren dar. Der Vollständigkeit halber sind auch einige Gütekriterien der ersten Generation aufgeführt. Es bleibt festzuhalten, dass sich die Faktorenstruktur der quantitativen Datenanalyse ausgesprochen gut mit den Vermutungen aus der qualitativen Analyse (s. Tabelle 5-1, S. 110) deckt. Kapitel 5 116 Faktor 1: ”Produkte und Leistungen” Faktor 2: ”Zuverlässigkeit bei Abwicklung und Lieferung” Faktor 3: ”Marketingsupport“ Faktor 4: ”Finanzielle Konditionen“ Faktor 5: ”Soziale Interaktion“ Faktor 6: ”Umgang mit Kultur und Werten“ Faktor 7: ”Informationsund Kommunikationsverhalten“ Indikator New product market opportunities The width of the products and services offered Quality and design of products and services Frequency of introducing new products or services Order handling by manufacturer Meeting of promised delivery dates Availability of products and replacement parts Support with manuals, handbooks, etc. Sales promotion material and documentations Manufacturer credit policies Customer financing programs Incentive programs (bonuses, contests, trips) Sales support relationship with the sales rep Overall fairness and honesty of manufacturer Interest and concern to help you Overall manner you were treated Dealing with your local customs and values Way of respecting and treating your local culture Understanding your language Similarity of your values and the manufacturer’s Manufacturer's response times to your requests Timeliness of receiving necessary information Completeness of information you get IR .53 T 6.13 I/T .57 .46 7.40 .55 .54 8.64 .55 .45 8.41 .49 .55 .59 11.82 12.88 .65 .66 .61 12.53 .67 -* -* .57 -* -* .57 .48 .57 5.99 7.70 .49 .52 .63 6.72 .64 .47 11.20 .61 .52 11.94 .64 .63 .63 .58 13.47 13.42 7.23 .72 .71 .56 .74 4.10 .61 .47 10.42 .61 .35 9.50 .56 .49 10.85 .61 .75 13.49 .70 .48 10.75 .60 CA FR DEF .79 .80 .51 .81 .81 .59 .72 -* -* .78 .79 .56 .84 .84 .57 .82 .82 .54 .79 .80 .57 IR = Indikatorreliabilität, t = t-Wert der Faktorladung, I/T = Item-to-Total-Korrelation, CA = Cronbachsches Alpha, FR = Faktorreliabilität, DEF = Durchschnittlich erfasste Varianz, * Bei zwei Indikatoren ist die Berechnung dieser Masse nicht möglich. Tabelle 5-3: Gütekriterien erster und zweiter Generation für die SALESSAT-Skala 5.3.2 Inhaltliche Interpretation der ermittelten Beurteilungsdimensionen Jede einzelne Dimension der SALESSAT-Skala stellt einen inhaltlichen Schwerpunkt der Zusammenarbeit und damit gleichzeitig einen Ansatzpunkt für mögliche Massnahmen des Herstellers dar. Die SALESSAT-Skala ermöglicht es, die Dimensionen der Zusammenarbeit messbar zu machen und im Zeit- oder Unternehmensvergleich Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 117 einzusetzen. Für den Einsatz im Unternehmensvergleich liegen dem Autor bereits erste Erfahrungen vor. Neben der Zufriedenheitsbeurteilung spielt aus Sicht der Vertriebspartner die unterschiedliche Bedeutung der Dimensionen für die lokale Geschäftstätigkeit eine wichtige Rolle. Die Bedeutung für die lokale Geschäftstätigkeit wurde neben der Zufriedenheit ebenfalls für sämtliche Teilaspekte der Zusammenarbeit erhoben. Auch hierzu wurde auf eine siebenstufige Ratingskala, in diesem Fall mit den Polen „Low importance“ und „High importance“ zurückgegriffen. Faktor 1: „Produkte und Leistungen“ Faktor 2: „Zuverlässigkeit bei Abwicklung und Lieferung“ Faktor 3: „Marketingsupport“ Faktor 4: „Finanzielle Konditionen“ Faktor 5: „Soziale Interaktion“ 4.55 5.56 Faktor 6: „Umgang mit Kultur und Werten“ Faktor 7: „Informations- und Kommunikationsverhalten“ Maximum 7 6 Median 5 4 3 Minimum 2 1 5.59 5.95 5.45 4.91 5.58 Bedeutung für den lokalen Geschäftserfolg (Arithmetischer Mittelwert; 1=gering, 7=hoch) Abbildung 5-5: Bedeutung der Beurteilungsdimensionen für die lokale Geschäftstätigkeit Abbildung 5-5 zeigt die Bedeutung der einzelnen Dimensionen als arithmetischen Mittelwert. Als Information über die Streuung der Einschätzungen sind zusätzlich die Spannweite und der Median eingezeichnet. Die Abbildung wird in den nachfolgenden Absätzen näher erläutert und interpretiert. 5.3.2.1 Die „Produkt- und Leistungspolitik“ Für das lokale Geschäft von enormer Bedeutung ist die Produkt- und Leistungspolitik des Herstellers. Es erstaunt nicht, dass diese aus Sicht des Vertriebspartners eine der wichtigsten Dimensionen darstellt (Arithmetisches Mittel 5.59). Denn die Attraktivität des Vertriebspartners für die Kunden im lokalen Markt wird durch die Fähigkeit bestimmt, dessen Bedürfnisse möglichst gut zu befriedigen. Vertriebspartner sind deshalb in höchstem Masse daran interessiert, durch innovative, marktgerechte Lösungen des Herstellers die Konkurrenz zu überflügeln. Allerdings hat der Wert von Innovation Kapitel 5 118 für manche Kundensegmente auch Grenzen, wenn es um Standardlösungen geht. Andrew Coomber, Sales Manager bei Sulzer Metco UK Ltd., England, betont (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37): “We produce equipment, which can be hard to sell because it is too expensive. We tend to overengineer for some market places.” Neben der Innovativität spielen selbstverständlich, da sie aus Sicht der Kunden kaufbestimmend sind, auch Aspekte der Qualität und des Designs von Produkten und Services eine Rolle sowie die Breite des Sortimentes. Auch die Häufigkeit, in der neue Produkte und Services eingeführt werden, ist aus Sicht der Vertriebspartner bestimmend: Werden nur selten neue Produkte und Services in den Markt eingeführt, erschwert dies den Verkauf, der sich nicht durch Innovation vom Wettbewerb differenzieren kann. Ist die Häufigkeit der Einführung neuer Produkte und Leistungen allerdings zu hoch, entstehen lokal andere Probleme: So belasten „Rüstkosten“, die durch zusätzliche Schulungen, neue Dokumentationen, Verkaufsunterlagen, Konformitätserklärungen und andere Kommunikationsanstrengungen entstehen, das Tagesgeschäft. Auch kann es hierdurch dazu kommen, dass der Einführungsphase für einzelne Produkte nicht die angemessene Aufmerksamkeit gewidmet werden kann, da man sich zwischen Tagesgeschäft und der Vielzahl von Neueinführungen verzettelt. Josef Vilana, Vertriebsmanager bei der Sulzer Metco Europe GmbH in Madrid, Spanien, fordert deshalb (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37): “Manufacturer should better analyze the market needs when designing new products.” 5.3.2.2 Die „Zuverlässigkeit bei Abwicklung und Lieferung“ Als wichtigste Dimension für die Beurteilung des Herstellers gilt bei Vertriebspartnern die „Zuverlässigkeit bei der Abwicklung und bei der Lieferung der Leistung“. Die hohe Bedeutung, die Vertriebspartner dieser Dimension zumessen (Arithmetisches Mittel 5.95), deckt sich mit den Ergebnissen einer Untersuchung von Belz (2002, S. 185) die unter Führungskräften in marktnahen Funktionen (insbesondere Geschäftsführer, Marketing- und Verkaufsverantwortliche) Schweizer, deutscher und österreichischer Unternehmen durchgeführt wurde. Aus Sicht der Vertriebspartner hat die Zuverlässigkeit des Herstellers in dieser „logistischen“ Dimension eine ganz besondere Funktion: Wie aus einer internen Studie der BASF AG hervorgeht, messen Kunden der Zuverlässigkeit der Lieferung häufig eine höhere Bedeutung zu als der Lieferdauer (Befragung BASF II, s. Tabelle 2-3, S. 37). Das Vertrauen, dass die mit dem Vertriebspartner vereinbarten Konditionen eingehal- Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 119 ten werden, ist schliesslich für Kunden die Basis, um eigene Produktionsplanungen und die eigene Lieferfähigkeit wiederum ihren Kunden garantieren zu können. Stefan Aldborg, Sales Manager der ABB Automation Technology AB in Vasteras, Schweden, betont hierzu (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37): „Trust is the name of the game“. Die Zuverlässigkeit des Herstellers entscheidet darüber, ob der Vertriebspartner seine Versprechen gegenüber dem Kunden halten kann und damit das Vertrauen des Kunden sichert, fördert oder aber verliert. Die Zuverlässigkeit des Herstellers erhält aus Sicht des Vertriebspartners die höchste Priorität in dessen Beurteilung. Dies liegt in der Bedeutung dieses Aspektes für den Kunden begründet. Der Kunde und die Beziehung zum Kunden bilden die Grundlage für die Machtposition des Vertriebspartners, die Verkaufszahlen und davon abhängige variable Gehaltsbestandteile. Selbst soziale Nutzen, die ein Vertriebspartner bei hoher Embeddedness unmittelbar aus der Kundenbeziehung bezieht, werden durch eine schlechte Marktleistung gefährdet. Die Bedeutung der Zuverlässigkeit überträgt sich damit vom Kunden auf den Vertriebspartner. 5.3.2.3 Der „Marketing- und Verkaufssupport“ Die Bedeutung des Supports in Marketing und Verkauf (Arithmetisches Mittel 5.45) ergibt sich für Vertriebspartner bereits im Tagesgeschäft: Vor allem produktbezogenes Material, das der Hersteller zur Unterstützung der dezentralen Vertriebsprozesse bereitstellt, führt zu höheren Verkaufserfolgen. Hierbei geht es um Informationen rund um das Produkt, ergänzendes Zubehör und eine klare Beschreibung der komparativen Konkurrenzvorteile. Wolfgang Fleischfresser, Geschäftsführer des Industriegüterhandels HAT Hansa TMP im italienischen Modena (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37): „Often we don’t know where is the strength of a product and where could be its potential in the market.” Rainer Mehrer, Manager Group Marketing and International Field Sales bei der Wampfler AG in Weil am Rhein, Deutschland, sieht grosse Chancen und Umsatzpotenziale, die im Marketing- und Verkaufssupport liegen. Unter der Parole „Easy Buying – Easy Selling“ versucht er, in der Marktorganisation den Vertriebspartnern möglichst schnell die Unterstützung zu geben, die sie brauchen (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Nach seiner Einschätzung versuchen insbesondere Mitarbeiter in unabhängigen Vertretungen die Produkte zu verkaufen, die sie leicht verkaufen können. „Ich muss den Vertriebspartner dazu befähigen, dass er meine Produkte leichter verkaufen kann als die anderer Hersteller“, so Mehrer. Ein guter Support im Marketing und Verkauf erleichtert es dem Verkäufer, mehr zu ver- Kapitel 5 120 kaufen, was zur Erreichung der Ziele des Herstellers beiträgt. Dies bestätigt auch Markus Kistler, Leiter Verkauf und Marketing des Baumaschinenhändlers Probst Maveg SA in Lyss, Schweiz. Er verweist dabei auf vielfältige Vorteile, die sich für Vertriebspartner aus Prospekten in landesüblicher Sprache, umfangreichen Verkaufsunterlagen und Schulungen mit diesen, Informationen zu Produktdetails und Argumentationshilfen ergeben. Sie erleichtern eine Abgrenzung und helfen, den Kunden zu überzeugen (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). So bieten manche Hersteller so genannte „Produkteseiten“ an, auf denen eigene und fremde Produkte anhand der wichtigsten technischen Daten verglichen werden. Hierdurch wird es dem Vertriebspartner erleichtert, vor dem Kunden die richtigen Argumente zu treffen. 5.3.2.4 Die „Finanziellen Konditionen“ Der Faktor „Finanzielle Konditionen“ beinhaltet die Politik des Herstellers in Bezug auf Finanzierungshilfen und Incentivierung. Dazu gehören sowohl Bedingungen, um Ware zu überlassen und zu liefern, als auch Unterstützung von Erweiterungsfinanzierungen. Finanzierungsprogramme für Kunden wie z. B. Leasing und Vorfinanzierung gehören heute zu wichtigen Marketinginstrumenten im Bereich des Pricing und erlauben auch finanzschwachen Kunden den Erwerb der Leistungen, wodurch sich der Markt für den Anbieter vergrössert. Die Unterstützung des Kunden in Finanzierungsfragen spielt insbesondere aus Sicht deutscher und Schweizer Hersteller eine besondere Rolle, da diese aufgrund ihrer Herstellkosten zu höheren Verkaufspreisen anbieten müssen. Zu den finanziellen Konditionen des Herstellers zählen auch die Programme der Incentivierung, die durch attraktive Boni, Verkaufswettbewerbe oder Reisemöglichkeiten wichtige Anreize geben und die Vertriebsmitarbeiter zu höheren Leistungen motivieren können. Der Faktor 4 „Finanzielle Konditionen“ erhält von allen sieben Faktoren mit dem arithmetischen Mittelwert von 4.55 die geringste Bedeutung für das lokale Geschäft. Bei genauer Betrachtung fällt auf, dass diese Dimension aber auch die grösste Streuung aufweist. Mehr als 50 Prozent der Befragten schätzen seine Bedeutung höher ein (s. Abbildung 5-5, S. 117). Eine Detailanalyse (s. Abbildung 5-6, S. 121) zeigt, dass befragte Verkaufsleiter (Arithmetisches Mittel von 4.73) den finanziellen Konditionen ein erheblich höheres Gewicht beimessen als befragte Geschäftsführer (Arithmetisches Mittel von 4.27; Signifikanz des Mittelwertunterschiedes auf dem 1-Prozent-Niveau). Dies mag an der unmittelbaren Betroffenheit liegen: Verkaufsleiter im Kundenkontakt nehmen unmittelbar die Probleme wahr, die aus fehlenden Finanzierungshilfen resul- Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 121 tieren. Ebenfalls richten sich Boni und andere Incentivierungsprogramme des Herstellers vorrangig an die Vertriebsmitarbeiter und machen Verkaufsleiter damit in besonderem Masse betroffen. Bedeutung für lokalen Geschäftserfolg (1=gering, 7=hoch) Geschäftsführer vs. Vertriebsleiter Geschäftsführer Tochtergesellschaften vs. Distributoren Vertriebsleiter Tochtergesellschaften 7 7 6 6 5 5 4 4 3 3 2 2 * 1 Distributoren * 1 Arithm. Mittel N 4.27*** 102 4.73*** 87 Arithm. Mittel N 4.43*** 179 4.97*** 54 ***: p < .01 Abbildung 5-6: Bedeutung der Beurteilungsdimension „Finanzielle Konditionen“ und Verteilung für verschiedene Fallgruppen Eine weitere Analyse zeigt (s. Abbildung 5-6), dass sich auch die Einschätzungen der Mitarbeiter von Tochtergesellschaften von denen unabhängiger Distributoren unterscheiden. Distributoren messen den finanziellen Konditionen eine signifikant (1Prozent-Niveau) höhere Bedeutung (4.97) zu als die Mitarbeiter von Tochtergesellschaften (4.43). Dies scheint die hohe Streuung plausibel erklären zu können, da sich die Beziehung zwischen Hersteller und Distributoren nicht wie bei Tochtergesellschaften durch eine rechtliche Zugehörigkeit, sondern hauptsächlich durch kommerzielle Interessen an einer Zusammenarbeit bestimmt. Das Interesse an finanziellen Aspekten der Zusammenarbeit ist also bei rechtlich unabhängigen Vertriebspartnern gerade die Basis für die Zusammenarbeit mit dem Hersteller. Einen guten Überblick zur Problematik der finanziellen Konditionen für Tochtergesellschaften und Vertretungen findet sich bei Belz/Reinhold (1999a, S. 159 ff.). 5.3.2.5 Die „Soziale Interaktion“ Wie bereits mehrfach erläutert (s. Absatz 5.1.3, S. 106), spielen aus Sicht der Vertriebspartner auch verschiedene Aspekte der „Sozialen Interaktion“ mit dem Hersteller eine wichtige Rolle. Die Dimension „Soziale Interaktion“ erhält in der vorliegenden Kapitel 5 122 Untersuchung allerdings nur eine mittlere Bedeutung (Arithmetisches Mittel 5.56; Rang vier von sieben). Zu den Aspekten der sozialen Interaktion gehören insbesondere die Fairness und Ehrlichkeit des Herstellers, das Interesse und die Sorge, die der Hersteller für die Erreichung der Ziele eines Vertriebspartners zeigt. Aber auch die gesamte Art und Weise, in der ein Vertriebspartner vom Hersteller oder dem regionalen Headquarters des Herstellers behandelt wird, stellt eine wichtige Facette der sozialen Interaktion dar. Die Bedeutung der Dimension „Soziale Interaktion“ ist allerdings nicht unumstritten (s. Abbildung 5-5, S. 117). Der Median weist nach der „Zuverlässigkeit bei Abwicklung und Lieferung“ den höchsten Wert auf (s. Abbildung 5-5, S. 117). Das bedeutet, mindestens 50 Prozent der Befragten messen der Bedeutung dieser Dimension den Wert 5.58 oder höher zu. Das arithmetische Mittel wird also in erheblichem Masse durch die Streuung nach unten beeinflusst. Mit anderen Worten messen die Hälfte der Befragten der sozialen Interaktion einen ausgesprochen hohen Punktwert zu. Es gibt jedoch auch einige Befragte, die eine gänzlich abweichende Einschätzung vertreten und die Aspekte der sozialen Interaktion für unbedeutend halten. Diese wenigen Extremwerte im unteren Wertebereich beeinflussen damit das arithmetische Mittel erheblich. Die Bedeutung der sozialen Aspekte der Interaktion für die Einstellung der Vertriebspartner und das Verhalten gegenüber Kunden und dem Hersteller wurde bereits vertieft (s. Kapitel 3, S. 49 ff.). Henrik Sjöwall, Vertriebsmitarbeiter der UAB Geotronics Vilnius in Vilnius, Litauen, betont noch einmal die Bedeutung der sozialen Aspekte (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37): „There must be a certain ‚feel good factor’ too, since we are no robots. All business is personal in the end.” 5.3.2.6 Der „Umgang mit Kultur und Werten“ Ebenfalls im Kontext der sozialen Beziehungen zwischen Hersteller und Vertriebspartner angesiedelt, befindet sich die Dimension „Umgang mit Kultur und Werten“. Obgleich Aspekte der kulturellen Unterschiede zwischen Ländern und Organisationseinheiten vielfach zum Gegenstand von Anekdoten (s. Absatz 4.1.2.1, S. 80) und wissenschaftlicher Diskussionen gemacht wurde (einen Überblick geben Kutschker/Schmid 2002, S. 655 ff.; Belz/Reinhold 1999a, S. 56 ff.), schenken die Vertriebspartner diesen kulturellen Aspekten auffallend wenig Beachtung (Arithmetisches Mittel 4.91). Zu den beurteilten Teilaspekten gehören etwa der Umgang des Herstellers mit den lokalen Gebräuchen und Werten, die Ähnlichkeit dieser lokalen Werte mit denen des Herstellers, die Art und Weise, in der der Hersteller diese Kultur des Gast- Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 123 landes respektiert und behandelt sowie das Verständnis der lokalen Sprache und Schrift. Gründe für die aus Sicht der Vertriebspartner geringe Bedeutung dieser Dimension liegen einerseits in der schon aufgezeigten zunehmenden Ähnlichkeit der Kulturen im regionalen Kontext. Die Bedeutung der kulturellen Dimension fällt demnach bei einer weltweiten Befragung weit höher aus, als es bei der vorliegenden regionalen Fokussierung der Fall war. Andererseits ist die Bedeutung von kulturellen Aspekten, da diese auf einer wertemässigen, teilweise unbewussten Sinnesebene liegen, nach Ansicht des Autors nur schlecht über eine direkte Befragung erfassbar und den Befragten ggf. gar nicht bewusst. Darüber hinaus ist es möglich, dass die Bedeutung kultureller Aspekte aufgrund der Tendenz zur externen Ursachenattribution teilweise in der Wissenschaft und aus Sicht der Zentrale überschätzt wird, wenn diese das Scheitern einer Marketingimplementierung begründen. 5.3.2.7 Das „Informations- und Kommunikationsverhalten“ “Information is the key, that ‘opens’ all sales channels” unterstreicht Krzysztof Lubowiecki, Sales Manager der ABB in Lodz, Polen (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37). Als letztgenannte Dimension der Beurteilung des Herstellers kommt dem „Informations- und Kommunikationsverhalten“ aus Sicht der Vertriebspartner die drittstärkste Bedeutung zu. Zu wichtigen Teilaspekten dieser Dimension gehören z. B. die Länge der Reaktionszeiten auf Anfragen an den Hersteller, die Zeitigkeit mit der der Hersteller informiert sowie die Vollständigkeit von Informationen die der Vertriebspartner vom Hersteller erhält. Zu den Informationen, die der Hersteller dem Vertriebspartner zugänglich machen kann, gehören insbesondere produkt-, leistungs-, kunden- und wettbewerbsbezogene Informationen. So gewährleistet eine frühe Information über mögliche Lieferengpässe, dass der Kunde ebenso frühzeitig informiert wird und sich dementsprechend einrichten kann. Informationen zu Wettbewerbern und deren Strategien in anderen Märkten unterstützen unmittelbar den Verkauf, wie auch Informationen über das Vorgehen von Kunden in anderen Märkten. Vertriebspartner weisen darauf hin, dass Kunden über Neuprodukteinführungen über andere Kanäle früher und besser informiert sind als die Vertriebspartner selbst. Hierdurch leidet die vom Kunden wahrgenommene Kompetenz sowie das Vertrauen des Kunden in den Vertriebspartner. 124 Kapitel 5 Belz/Reinhold (1999a, S. 147) sprechen sogar von der „Kommunikativen Führung“ der Niederlassungen, wodurch sie die zentrale Bedeutung der Information im Machtgefüge zwischen Hersteller und Vertriebspartner in den Mittelpunkt rücken. Und trotzdem wird dem Stellhebel der Kommunikation in vielen Unternehmen keine ausreichend hohe Aufmerksamkeit geschenkt. So werden zwar häufig Informationssysteme eingeführt, die aber nicht den Möglichkeiten entsprechend genutzt werden (s. auch Absatz 6.3.8.2, S. 236 ff.). Francisco Mesquita, Sales Manager der Handelsgesellschaft Caupel LDA in Porto, Portugal, betont zurecht (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37): „With all the new ways to inform, the manufacturer should provide more and better information about all the new that happens in the company and in the other markets.” 5.3.3 Abhängigkeit der Beurteilungsdimensionen von lokalen Kontextfaktoren Die Vermutung liegt nahe, dass die Beurteilung der Zusammenarbeit selbst unmittelbar durch die Situation beeinflusst wird, in der diese vorgenommen wird (Achrol et al. 1983, S. 55). Zieht man die Zufriedenheit als Beurteilungsmassstab heran, so kann man sich das Zustandekommen eines situativen Einflusses am besten vergegenwärtigen. Denn die Zufriedenheit ist das Ergebnis eines Beurteilungsprozesses, bei dem die wahrgenommene Ausprägung des Beurteilungsgegenstandes mit der normativerwarteten Ausprägung verglichen wird (s. Parasuraman et al. 1985, S. 42; Parasuraman et al. 1991, S. 422). Folglich können situative Unterschiede in der Beurteilung dann entstehen, wenn sich entweder die Erwartungen oder aber die wahrgenommene Ausprägung des Beurteilungsgegenstandes in Abhängigkeit von der Situation ändern. Diese Vermutung wird durch die im Rahmen dieser Untersuchung geführten qualitativen Experteninterviews erhärtet (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Vertriebspartner, die sich in einer besonderen Situation befinden, haben besondere Erwartungen an die Unterstützung durch den Hersteller, so z. B. an die Preisspielräume und finanzielle Konditionen in besonders intensiven Wettbewerbssituationen. Um die vermutete Situativität der Beurteilung quantitativ-empirisch zu überprüfen, wurden stellvertretend für jede der fünf Gruppen von Kontextfaktoren jeweils eine Variable ausgewählt. Als Auswahlkriterien galten dabei inhaltliche Überlegungen, die aus den Interviews resultierten ebenso wie Erkenntnisse ähnlicher wissenschaftlicher Untersuchungen und den dort gewählten situativen Variablen (s. Jaworski/Kohli 1993, S. 55; Kumar et al. 1995, S. 64; Mohr et al. 1996, S. 113). Im Einzelnen werden die Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 125 „Unsicherheit des lokalen Umfelds“, die „lokale Wettbewerbsintensität“, die „Profitabilitätssituation des Herstellerunternehmens“, die „Grösse der lokalen Vertriebsorganisation“ sowie die „Dauer der Beziehung mit dem Herstellerunternehmen“ herangezogen, um die Ausprägung der fünf Kontextfaktoren der lokalen Situation zu erfassen (s. Abbildung 5-7, S. 125). Lokale Kontextfaktoren Variablen Allgemeines Allgemeines lokales lokales Umfeld Umfeld Unsicherheit des Umfeldes, Spezifische Spezifische MarktMarkt- und und Kundensituation Kundensituation Wettbewerbsintensität, Organisation Organisation des des Herstellerunternehmens Herstellerunternehmens Profitabilität des Herstellers, Abbildung 5-7: Lokale Lokale VertriebsVertriebsorganisation organisation Grösse der lokalen Organisation, Manager Manager des des lokalen lokalen Vertriebs Vertriebs Beziehungsdauer zum Hersteller. Lokale Beurteilung „Produkte und Leistungen“ „Abwicklung und Lieferung“ „Marketingsupport“ „Finanzielle Konditionen“ „Soziale Interaktion“ „Kultur und Werte“ „Information und Kommunikation“ Vermuteter Einfluss der Situation auf die Beurteilung durch Vertriebspartner Zur Überprüfung der vermuteten Kausalbeziehungen zwischen den Kontextvariablen und der Beurteilung der Zusammenarbeit wurden sieben multiple Regressionsmodelle errechnet, die Auskunft über die Güte und die Stärke der Beziehungen geben. Eine vor der Durchführung der Regressionsanalyse vorgenommene Überprüfung der Prämissen, insbesondere der Heteroskedastizität, der Autokorrelation sowie der Multikollinearität (s. Backhaus et al. 2000b, S. 33 ff.) deutet auf eine gute Eignung des Datenmaterials hin. Tabelle 5-4 fasst die Ergebnisse der Regressionsmodelle zusammen. Eine ausführliche Erläuterung der Operationalisierung der situativen Variablen und eine Interpretation der Ergebnisse wird in den folgenden Absätzen 5.3.3.1 (S. 126) bis 5.3.3.5 (S. 133) gegeben. Für anschauliche Darstellungen und Erläuterungen zu den Verfahren der Regressionsanalyse und der multiplen Regressionsanalyse sei an dieser Stelle auf Schira (2003, S. 105 ff. und S. 535 ff.) und Backhaus et al. (2000b, S. 1 ff.) verwiesen. Die Güte und die inhaltlichen Ergebnisse der in Tabelle 5-4 dargestellten multiplen Regressionen werden im Folgenden für jede der Kontextvariablen inhaltlich vertieft. Multiple Regression • Unsicherheit Faktor 1 (zSat01) -.06 β (standardisierte Regressionskoeffizienten) Faktor 2 Faktor 3 Faktor 4 Faktor 5 Faktor 6 (zSat02) (zSat03) (zSat04) (zSat05) (zSat06) -.16** -.21*** -.24*** -.23*** -.13** Faktor 7 (zSat07) -.23*** Kapitel 5 126 des Umfelds • Wettbewerbsintensität • Profitabilität des Herstellers • Lokale Anzahl Mitarbeiter • Beziehungsdauer .13** .02 .13** -.10 .06 .07 .03 .26*** .16** .12* .13* .16** .22*** .13** -.15** -.15** -.18*** -.01 -.25*** -.10 -.19*** .10 -.03 .11* .15** .07 .04 .06 .36 .13 6.12 .000 .40 .16 8.22 .000 .31 .10 4.83 .000 .34 .12 6.15 .000 Globale Gütekriterien des Modells R .36 .29 .35 2 R .13 .08 .12 F-Wert 6.62 4.05 6.15 Signifikanz.000 .002 .000 niveau n = 238; n. s.: p > .10, *: p < .10, **: p < .05, ***: p ≤ .01 Tabelle 5-4: 5.3.3.1 Multiple Regression der situativen Einflüsse auf die Dimensionen der Beurteilung Lokale Unsicherheit erschwert Vorgehen des Herstellers Die Forschung in Distributionskanälen hat gezeigt, dass die Unzufriedenheit, die Frustration und Konflikte in der Zusammenarbeit zwischen Herstellern und Vertriebspartnern in unsicheren Umweltbedingungen zunehmen (Achrol et al. 1983, S. 56). Vertriebspartner wollen unter unsicheren Umweltbedingungen ein Höchstmass an Flexibilität erhalten (Dwyer et al. 1987, S. 21 ff.), zeigen weniger Commitment, insbesondere unabhängige Vertretungen glauben weniger an die Fortführung der Beziehung zum Hersteller (Kumar et al. 1995, S. 57). Die Verkaufsergebnisse gehen in solch unsicheren Situationen häufig zurück. Vertriebspartner neigen stärker zu einer externen Ursachenattribution (Kumar et al. 1995, S. 57; s. Absatz 4.2.2, S. 97), da sie wissen, dass die Einflussmöglichkeit des Herstellers geringer ist als in stabilen Situationen, die sie sich aber in dieser Situation stärker wünschen. Zur Messung der Variable „Unsicherheit des lokalen Umfelds“ („Environmental uncertainty“) wird auf ein semantisches Differenzial von Kumar et al. (1995, S. 64) zurückgegriffen. Dieses misst, wie volatil und unvorhersehbar sich das Verkaufsgebiet des Vertriebspartners in Bezug auf die Produkte und Leistungen des Herstellers darstellt (Kumar et al. 1995, S. 59). Mit steigender Unsicherheit sind gesteigerte Erwartungen an den Hersteller und damit eine tendenziell sinkende Zufriedenheit verbunden (s. Abbildung 5-8). Der Vergleich zwischen Vertriebspartnern in Situationen mit hoher Unsicherheit (4. Quartil) mit solchen in Situationen mit geringer Unsicherheit (1. Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 127 Quartil) zeigt den Einfluss der wahrgenommenen Unsicherheit des lokalen Umfelds auf die Beurteilung der Zusammenarbeit des Herstellers deutlich. „Produkte und Leistungen“ (**) 7 „Informations- und Kommunikationsverhalten“ (***) 6 5 5.08 4 „Zuverlässigkeit bei Abwicklung und Lieferung“ (***) 5.12 4.74 5.15 4.25 3 4.57 2 „Umgang mit Kultur und Werten“ (*) 4.92 1 4.56 4.51 5.30 3.99 „Marketingsupport“ (***) 5.17 4.75 Hohe Unsicherheit des Umfelds (4. Quartil, n=69) 5.76 „Soziale Interaktion“ (***) „Finanzielle Konditionen“ (***) Geringe Unsicherheit des Umfelds (1. Quartil, n=46) Achsenbeschriftung: 1 = sehr unzufrieden, ..., 7 = sehr zufrieden n. s.: p > .10, *: p < .10, **: p < .05, ***: p < .01 Abbildung 5-8: Einfluss der Unsicherheit des lokalen Umfelds auf die Beurteilung des Herstellers Bei hoher Unsicherheit fällt das Zufriedenheitsurteil in Bezug auf sämtliche Dimensionen der Zusammenarbeit deutlich geringer aus als im Fall einer geringen wahrgenommenen Unsicherheit. Ein Test auf Mittelwertgleichheit bestätigt das Ergebnis für die einzelnen Dimensionen auf dem jeweils angegebenen Signifikanzniveau (s. Abbildung 5-8). Die stärksten Unterschiede in der Beurteilung liegen bezogen auf das „Informations- und Kommunikationsverhalten“ des Herstellers vor. Aus Sicht des Vertriebspartners trägt gerade die Information über neue Entwicklungen, Innovationen und Strategien des Herstellers dazu bei, Unsicherheiten abzubauen. Besonders deutliche Unterschiede liegen auch in der Beurteilung des „Marketingsupports“ und den „Finanziellen Konditionen“. Beide Aspekte helfen dem Vertriebspartner in besonderem Masse, seine Position im Markt zu stärken und darüber Unsicherheiten zu beseitigen. Die Ergebnisse des Quartilsvergleichs decken sich hinsichtlich der Signifikanz sowie der Richtung und der Stärke der Zusammenhänge mit den Ergebnissen der multiplen Regressionsanalyse in Tabelle 5-4 (S. 126). Lediglich die Signifikanz des eher schwachen negativen Zusammenhanges mit der Beurteilungsdimension „Produkte und Leistungen“ kann bei der multiplen Regression nicht auf dem 10-Prozent-Niveau bestätigt Kapitel 5 128 werden. Da der Mittelwertunterschied dieser Dimension beim Quartilsvergleich auf dem 1-Prozent Niveau signifikant ist, deutet dies darauf hin, dass die Beurteilung der „Produkte und Leistungen“ für einen mittleren Bereich der Unsicherheit (Fälle des 2. und 3. Quartils) keine Assoziation mit der Situation zulässt. Die Unsicherheit als Determinante der Beurteilungsdimension „Produkte und Leistungen“ erhält folglich vor allem in Extremsituationen mit sehr starker oder sehr schwacher Unsicherheit ihre höchste Relevanz. 5.3.3.2 Hohe Wettbewerbsintensität erfordert finanzielle Spielräume Die lokale Wettbewerbsintensität besitzt aus Sicht der Vertriebspartner eine besondere Bedeutung, wie bereits die Ausführungen zu Abbildung 4-4 (S. 98) in Absatz 4.2.2 (97 ff.) gezeigt haben. Die Wettbewerbsintensität erfasst dabei, in wie weit Wettbewerber sich durch ihr Verhalten, ihre Ressourcen und ihre Fähigkeiten im Vergleich zum Anbieter differenzieren können (Jaworski/Kohli 1993, S. 59 f.). Wie Kohli/Jaworski (1990, S. 15 f.) herausfanden, kann eine Vertriebsorganisation bei fehlender oder geringer Wettbewerbsintensität selbst dann gute Ergebnisse erzielen, wenn sie nicht marktorientiert und ihr Produkt- und Leistungsangebot nicht optimal auf Kundenbedürfnisse abgestimmt ist, da die Kunden keine Alternativen besitzen und auf die Produkte und Leistungen des Anbieters angewiesen sind. Im Gegensatz dazu haben Kunden in wettbewerbsintensiven Situationen viele Alternativen, um ihre Bedürfnisse und Wünsche zu befriedigen (Jaworski/Kohli 1993, S. 57). Daraus ergibt sich, dass eine Organisation, die Kundenwünsche nicht so gut wie der Wettbewerb bedient, in wettbewerbsintensiven Zeiten Kunden an Wettbewerber verliert und damit schlechtere Marktergebnisse erzielt (Jaworski/Kohli 1993, S. 57). Die Forderung nach einer stärkeren Orientierung an den Bedürfnissen des Kunden wird von Vertriebspartnern deshalb in wettbewerbsintensiven Situationen mit mehr Nachdruck gestellt. Die zur Messung der Variable „Wettbewerbsintensität“ („Competitive Intensity“) verwendete Operationalisierung entspricht der von Jaworski/Kohli (1993, S. 68) verwendeten Muli-Item Skala. Die multiple Regressionsanalyse in Tabelle 5-4 (S. 126) weist für die unabhängige Variable Wettbewerbsintensität lediglich einen einzelnen signifikanten Zusammenhang auf, der auf dem 5-Prozent-Niveau zur Beurteilungsdimension „Marketingsupport“ besteht. Es erstaunt, dass es sich hierbei um einen positiven Zusammenhang handelt, d. h., die Beurteilung des Marketing-Supports fällt mit steigen- Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 129 der Wettbewerbsintensität tendenziell besser aus. Der Quartilsvergleich mit dem entsprechenden t-Test auf Mittelwertgleichheit führt zum selben Ergebnis. „Produkte und Leistungen“ (n. s.) 7 „Informations- und Kommunikationsverhalten“ (n. s.) 6 5 4.60 4.58 4 „Zuverlässigkeit bei Abwicklung und Lieferung“ (n. s.) 4.75 4.92 4.92 3 4.76 2 1 „Umgang mit Kultur und Werten“ (n. s.) 4.80 4.47 4.67 4.97 3.97 „Marketingsupport“ (**) 5.19 5.24 4.47 Hohe Wettbewerbsintensität (4. Quartil, n=58) „Soziale Interaktion“ (n. s.) „Finanzielle Konditionen“ (**) Geringe Wettbewerbsintensität (1. Quartil, n=58) Achsenbeschriftung: 1 = sehr unzufrieden, ..., 7 = sehr zufrieden n. s.: p > .10, *: p < .10, **: p < .05, ***: p < .01 Abbildung 5-9: Marketingsupport und finanzielle Konditionen als zentrale Ansatzpunkte in umkämpften Märkten Als Erklärung hierfür bieten sich wiederum zwei Ansatzpunkte an. Es ist zu hinterfragen, in welchem Masse sich die Erwartungen in Bezug auf den Marketingsupport verändern. Hier ist sicherlich mit einer steigenden Erwartungshaltung gegenüber dem Hersteller zu rechnen, die allerdings damit das Ergebnis nicht zu erklären hilft. Lenkt man den Blick auf die wahrgenommene Ausprägung des Beurteilungsgegenstandes, die dem Vertriebspartner als Referenzmass für die Beurteilung dient, so erhält man einen weiteren Ansatzpunkt. Hersteller neigen in verschärften Wettbewerbssituationen eher dazu, zusätzlichen Support im Bereich der Verkaufsunterlagen, Präsentationen oder gemeinsamen Kundenbesuchen zu geben. Massnahmen in diesem Bereich sind für den Hersteller mit geringeren Kosten verbunden, als weitgehende Eingeständnisse bei den finanziellen Konditionen. Die von Fredy A. Lienhard, Präsident und Delegierter des Verwaltungsrates, Lista Holding AG, Erlen (Schweiz) aufgezeigten Ansätze für Marketinganstrengungen in turbulenten Zeiten scheinen diese Überlegungen zu bestätigen: „Look for new market niches, no price-war, continue sales promotion and improve tracking of all marketing programs“ (Belz et al. 2003, S. 45). Dies zeigt sich auch im Quartilsvergleich, denn während die Zufriedenheit mit dem Marketingsupport in wettbewerbsintensiven Situationen steigt, sinkt die Zufriedenheit mit den finanziel- Kapitel 5 130 len Konditionen des Herstellers (Signifikanzniveau von 5-Prozent) als Ergebnis einer steigenden Erwartungshaltung des Vertriebspartners. 5.3.3.3 Krisen des Herstellers setzen Vertriebspartner unter Druck In den letzten Jahren waren viele deutsche und Schweizer Industriegüterhersteller in starkem Masse von den negativen konjunkturellen Entwicklungen betroffen. Als Hersteller aus Ländern mit vergleichsweise hohen Herstellkosten, zeigte sich bei diesen eine vergleichsweise geringe Flexibilität, sich den neuen Rahmenbedingungen anzupassen. Als Folge dessen hatten und haben etliche Hersteller erhebliche Schwierigkeiten, ihr Geschäft profitabel zu erhalten und waren gezwungen, umfangreiche Sparmassnahmen und Umstrukturierungen in Gang zu setzen. Prominente Beispiele waren z. B. ABB und Von Roll. Nach einer Studie der Mercer Management Consulting Schweiz waren von 20 führenden Industriegüterherstellern der Schweiz im Zeitraum Juni 2001 bis Juni 2002 17 Hersteller von EBIT-Schrumpfungen von bis zu 100 Prozent betroffen, 15 der 20 Unternehmen mussten zum Teil erhebliche Umsatzrückgänge hinnehmen (MMC 2003a, S. 21). Die Hersteller Sulzer, Saurer, Unaxis, Von Roll, Leica Geosystems und Mikron Holding erzielten im Berichtsjahr 2001 sogar einen negativen EBIT. Im Folgejahr verzeichneten die ABB, Georg Fischer, Unaxis und Bucher Verluste, die teilweise in Rekordhöhe lagen. Die Unsicherheit des Herstellers und die von diesem initiierten Programme zur Verbesserung der finanziellen Lage übertragen sich auch auf seine internationalen Vertriebspartner. Diese sind von geringeren Ressourcen im Stammhaus und resultierenden Knappheiten bei der Unterstützung ebenso betroffen wie durch ambitionierte bis unrealistische Zielvorgaben und Streichungen im Produkt- und Leistungsportfolio. Hersteller gehen bei der Umsetzung von neuen Zielen meist nicht differenziert vor, daher müssen häufig profitable Tochtergesellschaften mit effizienten Strukturen die Massnahmenpakete in gleichem Masse tragen wie Vertriebspartner mit erheblichen Verbesserungspotenzialen. Der Einfluss, den die Profitabilitätssituation des Herstellers auf die lokale Beurteilung hat, wird durch die multiple Regressionsanalyse in Bezug auf alle Dimensionen der Zusammenarbeit signifikant bestätigt. (s. Tabelle 5-4, S. 126). Auch der Gruppenvergleich von Vertriebspartnern, deren Hersteller über eine hohe respektive geringe Profitabilität verfügen, zeigt die resultierende Diskrepanz in der Beurteilung. Die beiden Gruppen der geringen und hohen Profitabilität wurden, da es Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 131 sich bei der vorliegenden Variable um eine ordinale Skala handelt, durch die Zusammenlegung der jeweils extremsten Kategorien gebildet, für die Nennungen vorlagen. Auch hierbei weisen die Mittelwertvergleiche in sämtlichen Dimensionen mindestens auf dem 5-Prozent-Niveau signifikante Unterschiede auf. Der starke Einfluss der Herstellersituation auf die lokale Beurteilung wird damit nachhaltig bestätigt. „Produkte und Leistungen“ (***) 7 „Informations- und Kommunikationsverhalten“ (***) 6 „Zuverlässigkeit bei Abwicklung und Lieferung“ (***) 5.18 5 4 4.93 4.11 4.31 5.13 3 4.30 2 „Umgang mit Kultur und Werten“ (***) 4.99 1 4.43 4.53 5.17 4.90 3.86 Geringe Profitabilität des Herstellerunternehmens (Kategorien „Rather, Mainly und Highly unprofitable“, n=32) 4.54 5.65 „Soziale Interaktion“ (***) „Marketingsupport“ (**) „Finanzielle Konditionen“ (***) Hohe Profitabilität des Herstellerunternehmens (Kategorien Highly und Mainly profitable, n=62) Achsenbeschriftung: 1 = sehr unzufrieden, ..., 7 = sehr zufrieden n. s.: p > .10, *: p < .10, **: p < .05, ***: p < .01 Abbildung 5-10: Einfluss der Profitabilität des Herstellers auf die Zufriedenheit mit den Beurteilungsdimensionen 5.3.3.4 Grosse Vertriebspartner stellen höhere Ansprüche Der Einfluss des situativen Faktors „Organisationsgrösse“ auf die Spezialisierung, die Delegation, den Koordinationsaufwand oder generell die Bürokratisierung einer Organisation wurde bereits vielfach zum Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen gemacht (s. Kieser/Walgenbach 2003, S. 209 ff.; Ford/Slocum Jr. 1977, S. 564 ff.; Weber 1972, S. 551 ff.). Die Grösse einer lokalen Vertriebsorganisation hat, wie es scheint, einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf das Verhältnis zum Herstellerunternehmen. Während grosse lokale Vertriebsorganisationen zusätzliche Anstrengungen im Verkauf selbst schultern können (Mohr et al. 1996, S. 110), so z. B. bei Messeauftritten und bei den Verkaufsunterlagen, fehlen hierzu den kleineren Vertriebspartnern die notwendigen zeitlichen und finanziellen Ressourcen. Andererseits besitzen grosse Vertriebsorganisationen aber aufgrund ihres höheren Spezialisierungsgrades und der grösseren Arbeitsteilung auch eine höhere Professionalität und Formalisierung bei den 132 Kapitel 5 verschiedenen Teilprozessen der Zusammenarbeit (s. Kieser/Walgenbach 2003, S. 210). Grössere lokale Vertriebsorganisationen besitzen in der Regel mehr Erfahrung in der Zusammenarbeit mit verschiedenen Herstellern und kennen die Möglichkeiten, die auf Herstellerseite bestehen. Insgesamt erwachsen deshalb höhere Anforderungen an die Art und den Umfang der Unterstützung durch den Hersteller. Die Organisationsgrösse eines Vertriebspartners wurde in dieser Untersuchung, wie in der Literatur verbreitet, durch die Anzahl der Mitarbeiter in der lokalen Vertriebsorganisation gemessen (s. Mohr et al. 1996, S. 110). Die multiple Regressionsanalyse (s. Tabelle 5-4, S. 126) zeigt negative Zusammenhänge zwischen der Grösse der lokalen Organisation und der Zufriedenheit mit den sieben Beurteilungsdimensionen, jedoch nur für fünf dieser Dimensionen sind die Zusammenhänge auch auf dem 5-Prozent Niveau signifikant. Für die fünf Beurteilungsdimensionen „Produkte und Leistungen“, „Abwicklung und Lieferung“, „Marketing-Support“, „Soziale Interaktion“ und „Information und Kommunikation“ bedeutet dies, dass mit steigender Organisationsgrösse die Differenz zwischen erwarteter und wahrgenommener Leistung zunimmt. Dem Hersteller fällt es also schwerer, die Erwartungen des Vertriebspartners zu erfüllen, je grösser dessen lokale Vertriebsorganisation ist. Am stärksten fallen Erwartung und Leistung in den Bereichen der „Sozialen Interaktion“, der „Information und Kommunikation“ sowie des „Marketing-Supports“ auseinander. Für die Dimensionen „Finanzielle Konditionen“ und „Kultur und Werte“ besitzen die Regressionskoeffizienten keine Signifikanz auf dem 10-Prozent-Niveau. Der Quartilsvergleich zwischen dem ersten und vierten Quartil der Organisationsgrösse bringt erstaunliche Ergebnisse zutage (s. Abbildung 5-11, S. 133). Lediglich für die beiden Dimensionen „Finanzielle Konditionen“ und „Kultur und Werte“ liegen deutliche Mittelwertunterschiede zwischen den Gruppen vor, der Mittelwertunterschied für die Beurteilungsdimension „Kultur und Werte“ ist auf dem 1-Prozent-Niveau hochsignifikant. Für die anderen fünf Dimensionen liegen hingegen weder erkennbare Mittelwertunterschiede vor, noch sind diese auf dem 10-Prozent-Niveau signifikant (s. Abbildung 5-11, S. 133). Dies lässt darauf schliessen, dass der Umgang mit „Kultur und Werten“, wie auch die „finanziellen Konditionen“ gerade für sehr kleine Vertriebsorganisationen eine besondere Bedeutung besitzen. Kleine und grosse lokale Organisation werden durch den Umgang des Herstellers mit „Kultur und Werten“ aussergewöhnlich stark unterschieden (s. Abbildung 5-11), während sich für die Gesamtheit der Fälle (s. Tabelle 5-4, S. 126) weder ein deutlicher noch ein signifikanter Zusammenhang ergibt. Für die ande- Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 133 ren fünf Dimensionen stellt sich dies genau andersherum dar: Für die Gesamtheit der Fälle ist ein signifikanter linearer Zusammenhang zwischen der Organisationsgrösse und der Beurteilung erkennbar (s. Tabelle 5-4, S. 126). Für die Extrema der kleinen und grossen Vertriebsorganisationen (1. und 4. Quartil) sind die Mittelwertunterschiede jedoch nicht signifikant. „Produkte und Leistungen“ (n. s.) 7 „Informations- und Kommunikationsverhalten“ (n. s.) 6 5 4.63 4.60 4 „Zuverlässigkeit bei Abwicklung und Lieferung“ (n. s.) 4.88 4.79 3 4.84 4.84 2 1 „Umgang mit Kultur und Werten“ (***) 5.02 4.45 4.66 5.21 4.97 4.00 „Marketingsupport“ (n. s.) 4.34 5.27 „Soziale Interaktion“ (n. s.) Grosse lokale Organisation (4. Quartil, n=51) „Finanzielle Konditionen“ (n. s.) Kleine lokale Organisation (1. Quartil, n=56) Achsenbeschriftung: 1 = sehr unzufrieden, ..., 7 = sehr zufrieden n. s.: p > .10, *: p < .10, **: p < .05, ***: p < .01 Abbildung 5-11: Beurteilung der Zusammenarbeit für unterschiedliche Grössen der lokalen Vertriebsorganisation 5.3.3.5 Zunehmende Beziehungsdauer bringt Erleichterungen Bereits Hakansson (1982, S. 17) betont, dass die Dauer der Zusammenarbeit zwischen zwei Organisationen durch die Anzahl der persönlichen Erfahrungen im sozialen Austauschprozess wesentlich über das Zustandekommen von Vertrauen und den Erfolg der Geschäftsbeziehung bestimmt. Wie Anderson/Weitz (1989, S. 320) gezeigt haben, erhöht sich das Vertrauen und verbessert sich die Erwartungsbildung in reifenden Beziehungen zwischen Hersteller und Vertriebspartner. Kumar et al. (1995, S. 57) zeigen, dass sich die Gesamtqualität der Beziehung zum Hersteller im Laufe der Zeit erhöht. Frazier (1983, S. 68) und Dwyer et al. (1987, S. 11 ff.) argumentieren, dass rationale Vertriebspartner Beziehungen zu solchen Herstellern vermeiden werden, bei denen sie sich nicht gut behandelt fühlen. Wenn gewünschte Ergebnisse nicht erzielt werden können, kann die Beziehung schnell enden (Kumar et al. 1995, S. 57). Erhalten Vertriebspartner hingegen die gewünschten Ergebnisse aus der Zusammenarbeit Kapitel 5 134 zum Hersteller, bereitet dies den Weg für eine tiefere Zusammenarbeit (Kumar et al. 1995, S. 57). Nach dieser Ansicht besitzt die zufrieden stellende Zusammenarbeit schon in frühen Phasen eine wichtige Bedeutung und ist notwendige Bedingung für eine Ausweitung der Zusammenarbeit. Die Dauer der Beziehung zum Herstellerunternehmen wird, wie von Mohr et al. (1996, S. 113) vorgeschlagen, als Single-Item Indikator gemessen, der erfasst, wie lange der Vertriebspartner bereits die Produkte und Leistungen des Herstellers verkauft (s. Kumar et al. 1995, S. 59). Die multiple Regression der Beziehungsdauer mit den sieben Beurteilungsdimensionen kann lediglich einen Zusammenhang für die Dimensionen „Marketingsupport“ und „Finanzielle Konditionen“ signifikant bestätigen. Demnach steigt mit der Dauer der Beziehung zum Hersteller die Zufriedenheit mit dem Marketing-Support und mit den finanziellen Konditionen (s. Tabelle 5-4, S. 126). Verantwortlich für diesen Zusammenhang ist ggf. die Zuverlässigkeit von Erwartungen, die sich auf Grundlage der langjährigen Erfahrung mit dem Hersteller verbessert. „Produkte und Leistungen“ (n. s.) 7 „Informations- und Kommunikationsverhalten“ (n. s.) 6 5 4 4.57 4.48 „Zuverlässigkeit bei Abwicklung und Lieferung“ (n. s.) 4.88 4.71 4.63 3 4.74 2 „Umgang mit Kultur und Werten“ (*) 4.85 1 4.47 4.49 5.01 4.96 4.02 „Marketingsupport“ (*) 4.27 5.36 „Soziale Interaktion“ (*) Lange Dauer der Beziehung zum Hersteller (4. Quartil, n=63) „Finanzielle Konditionen“ (n. s.) Kurze Dauer der Beziehung zum Hersteller (1. Quartil, n=56) Achsenbeschriftung: 1 = sehr unzufrieden, ..., 7 = sehr zufrieden n. s.: p > .10, *: p < .10, **: p < .05, ***: p < .01 Abbildung 5-12: Unterschiede der Beurteilung bei unterschiedlicher Dauer der Beziehung zum Hersteller Der Quartilsvergleich kommt zu ähnlichen Ergebnissen. Für die Beurteilungsdimensionen „Informations- und Kommunikationsverhalten“, „Produkte und Leistungen“ und „Abwicklung und Lieferung“ kann auch hier kein signifikanter Mittelwertunterschied ermittelt werden. Für die Dimension „Finanzielle Konditionen“ besteht im Quartilsvergleich ebenfalls kein signifikanter Mittelwertunterschied. Im Bereich des „Marke- Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 135 ting-Support“ kann - wie in der Regressionsanalyse - ein signifikanter Unterschied festgestellt werden. Hinzu kommen die Dimensionen „Kultur und Werte“ und „Soziale Interaktion“, für die beim Quartilsvergleich ebenfalls ein deutlicher, wenn auch nur schwach signifikanter Zusammenhang ermittelt werden kann (s. Abbildung 5-12, S. 134). Insgesamt lässt sich damit festhalten, dass der Einfluss der Beziehungsdauer auf die Beurteilung der Zusammenarbeit ausgesprochen schwach ausfällt. Nach der Argumentation der weiter oben aufgeführten Autoren wäre anzunehmen gewesen, dass insbesondere die Dimensionen „Soziale Interaktion“, „Kultur und Werte“ und „Information und Kommunikation“ besonders stark durch die Dauer der Zusammenarbeit beeinflusst würden, da sie direkten Bezug zu den sozialen Aspekten der Zusammenarbeit und den dort agierenden Akteuren aufweisen. Nach den hier vorliegenden Ergebnissen scheint es also, als würde die Bedeutung der Beziehungsdauer zum Hersteller tendenziell überbewertet. 5.4 Zwischenfazit: Spannungsfeld zwischen Situation und Vertriebsgestaltung An dieser Stelle werden die Ergebnisse der Abschnitte 5.1 (S. 102 ff.) bis 5.3 (S. 112 ff.) noch einmal zusammengefasst. Zentrale Ergebnisse der vorangegangenen Abschnitte und Absätze waren: • Die Beurteilung der Zusammenarbeit mit dem Hersteller erfolgt anhand vielfältiger Teilaspekte, die durch bisherige konzeptionelle Ansätze (s. Abschnitt 5.1, S. 102 ff.) nicht vollständig erfasst werden. Die Auswertung der explorativen Interviews, die der Autor in der Vertriebsorganisation internationaler Industriefirmen geführt hat (s. Explorative Interviews, Tabelle 2-3, S. 37), zeigt die Vielfalt der Beurteilungsaspekte in der Praxis (s. Tabelle 5-1, S. 110). Im Rahmen der quantitativen Befragung (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37) wurden die identifizierten Beurteilungsaspekte genutzt, um die führenden Schweizer Industriegüterhersteller aus Sicht der europäischen Vertriebspartner zu beurteilen (s. Absatz 5.2.2, S. 110 ff.). Eine Analyse zeigt, dass Vertriebspartner insbesondere finanzielle Aspekte und die Informationspolitik Schweizer Hersteller bemängeln (s. Abbildung 5-4, S. 111). • Über die exemplarische Beurteilung der Schweizer Hersteller hinaus konnte durch eine mehrstufige Datenanalyse die Dimensionalität der Beurteilung durch die Vertriebspartner ermittelt werden (s. Absatz 5.3.1, S. 112 ff.). Es wurden sieben Beur- Kapitel 5 136 teilungsdimensionen identifiziert, die von Vertriebspartnern zur Beurteilung eines Herstellers herangezogen werden. Die einzelnen Dimensionen sind die „Produktund Leistungspolitik“, die „Zuverlässigkeit bei Abwicklung und Lieferung“, der „Marketing- und Verkaufssupport“, die „Konditionenpolitik“, die „soziale Interaktion“, der „Umgang mit lokaler Kultur und Werten“ sowie das „Informations- und Kommunikationsverhalten“ des Herstellers. Für jede der sieben Dimensionen wurde die relative Bedeutung für den lokalen Geschäftserfolg ermittelt und ausführlich interpretiert (s. Absatz 5.3.2, S. 116 ff. und Abbildung 5-5, S. 117). • Im Weiteren wurde untersucht, inwieweit die Beurteilung durch die Vertriebspartner vom lokalen Kontext abhängt (s. Absatz 5.3.3, S. 124 ff.). Es zeigt sich, dass die einzelnen Kontextvariablen in unterschiedlichem Masse Einfluss auf die verschiedenen Beurteilungsdimensionen besitzen (s. Tabelle 5-4, S. 126). Besonders deutlich wurde der Einfluss der Situationsvariablen „Unsicherheit des lokalen Umfelds“, „Profitabilität des Herstellers“ und „Grösse der lokalen Vertriebsorganisation“ auf die Beurteilung der Zusammenarbeit (s. Absatz 5.3.3.1, S. 126 ff.; Absatz 5.3.3.3, S. 130 ff.; Absatz 5.3.3.4, S. 131 ff.). Bei der Interpretation wurde herausgestellt, dass sich im Kontext der lokalen Situation die Erwartungen an die Leistungen des Herstellers zu ändern scheinen, weshalb sich die Zufriedenheit mit dem Hersteller bei gleich bleibender Unterstützung durch diesen massgeblich verändern kann. Zuverlässigkeit bei Abwicklung und Lieferung Finanzielle Konditionen Produkte und Leistungen Lokale Situation Lokale Lokale Beurteilung Beurteilung Marketingsupport Umgang mit Kultur und Werten Soziale Interaktion Vertriebsgestaltung InformationsInformations- und Kommunikationsverhalten Abbildung 5-13: Lokale Beurteilung im Spannungsfeld von Situation und Vertriebsgestaltung Insgesamt zeigt sich damit, dass die Beurteilung der Zusammenarbeit mit dem Hersteller nicht alleine von dessen Vertriebsgestaltung abhängig ist, sondern ebenso durch die Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit 137 lokale Situation und deren Veränderungen bestimmt wird. Die lokale Beurteilung befindet sich damit im Spannungsfeld zwischen den Einflüssen der lokalen Situation und der Vertriebsgestaltung des Herstellers (Abbildung 5-13, S. 136). 138 Kapitel 6 6 Ansatzpunkte, Prozess und situative Differenzierung der Vertriebsgestaltung 6.1 Überblick zu Ansätzen der Vertriebsgestaltung Vertriebspartner fordern vielfach, mit ihren Anliegen stärker bei der Vertriebsgestaltung des Herstellers berücksichtigt zu werden. Zwar erkennen viele Hersteller die Vorteile, die mit einer besseren Zusammenarbeit verknüpft sind, doch in den wenigsten Unternehmen werden systematisch Lösungen entwickelt, die darauf abzielen, die Zusammenarbeit aktiv zu verbessern. Die Ausführungen in Kapitel 3 (S. 49 ff.) haben bereits gezeigt, dass die Zufriedenheit der Vertriebspartner eine wichtige Voraussetzung darstellt, um mitarbeiter- und marktbezogener Ziele des Herstellers zu erreichen. Um eine hohe Zufriedenheit herzustellen, müssen Hersteller die Situation berücksichtigen, in der sich Vertriebspartner befinden. Die in dieser Arbeit empirisch ermittelten Beurteilungsdimensionen (s. Abschnitt 5.3, S. 112 ff.) und deren situative Ausprägung (s. Absatz 5.3.3, S. 124 ff.) geben Anhaltspunkte für eine Vertriebsgestaltung, die in besonderem Masse der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner Rechnung trägt. Die Relevanz (s. Kapitel 3, S. 49 ff.) und die Determinanten (Kapitel 4, S. 78 ff. und Kapitel 5, S. 102 ff.) der Zufriedenheit unter Vertriebspartnern als zwei von drei zentralen Forschungsfragen dieser Arbeit (s. Abschnitt 1.3, S. 6) wurden bereits eingehend untersucht. Die dritte noch zu beantwortende Forschungsfrage fokussiert die Alternativen, die einem Hersteller zur Verbesserung der Zusammenarbeit zur Verfügung stehen. Zur Beantwortung dieser Forschungsfrage werden mögliche Ansatzpunkte der Vertriebsgestaltung und deren situative Eignung näher untersucht. Es stellt sich die Frage, aus welchen Strategien und Massnahmen der Hersteller generell wählen kann (s. Abschnitt 6.2, S. 139 ff. und 6.3, S. 159 ff.), inwieweit diese die lokale Situation berücksichtigen müssen und in welcher Abfolge der Hersteller sein Vorgehen vorteilhafter Weise organisieren sollte (s. Abschnitt 6.4, S. 247 ff.). Die Unterscheidung in strategische und operative Ansätze wird anhand der Fristigkeit und dem Konkretisierungsgrad der Gestaltungsalternativen vorgenommen. Diese Unterscheidung wird den Ansatzpunkten nicht in jederlei Hinsicht gerecht. Denn bspw. Teamorganisationen (Absatz 6.3.4, S. 180 ff.) oder das Informationsmanagement (Absatz 6.3.8, S. 229 ff. ) besitzen sowohl strategische als auch operative Aspekte. Obgleich die Strukturierung demnach keine absolute Trennschärfe besitzt, ermöglicht sie es zwischen richtungweisenden Grundoptionen und konkreten Stossrichtungen zu unterscheiden. Vertriebsgestaltung des Herstellers 139 Um ein systematisches Vorgehen bei der Um- und Durchsetzung von Aktivitäten zur Verbesserung der Zusammenarbeit zu unterstützen, wird als ergänzender Zugang eine dynamische Betrachtung herangezogen (s. Abschnitt 6.4, S. 247 ff.). Dabei wird ein vierstufiger Managementprozess modelliert und beschrieben, der Hersteller bei der Diagnose der Zusammenarbeit, der Planung und Gestaltung von Massnahmen sowie deren Kontrolle anleitet. Anschliessend erfolgt anhand der erarbeiteten Ansätze in Abschnitt 6.5 (S. 259 ff.) eine Analyse konkreter Unternehmen in Form von Fallstudien. Diese Durchdringung trägt zum besseren Verständnis der situativen Differenzierung der Vertriebsgestaltung bei. Abbildung 6-1 (S. 139) zeigt die gewählten Zugänge zur Vertriebsgestaltung des Herstellers und deren Verzahnung mit der Situation des Vertriebspartners und bildet damit den gedanklichen Rahmen für Kapitel 6. Inhalte Perspektive Statische Betrachtung Dynamische Betrachtung Situative Betrachtung Abbildung 6-1: Abschnitt Strategische Konfiguration Abschnitt 6.2 Operative Koordination und Unterstützung Abschnitt 6.3 Prozess der Vertriebsgestaltung Abschnitt 6.4 Unternehmensfälle Abschnitt 6.5 Ansatzpunkte, Prozess und situative Differenzierung der Vertriebsgestaltung 6.2 Strategische Konfiguration der Vertriebsorganisation 6.2.1 Strategische Stellhebel der Konfiguration In der Literatur zur Organisationstheorie werden verschiedene Konzepte und Masse zur Erfassung und Beschreibung von formalen Organisationsstrukturen vorgeschlagen (s. Kieser/Walgenbach 2003, S. 71 ff.). Hierzu gehören bspw. die Spezialisierung, die Partizipation, die Zentralisierung und die Formalisierung (s. Kieser/Walgenbach 2003, S. 71; Ruekert et al. 1985, S. 15; Dwyer/Welsh 1985, S. 399). Ghoshal/Nohria (1989, S. 325) halten die Zentralisierung und Formalisierung für die wichtigsten Konstrukte bei der Analyse internationaler Marktorganisationen. Ferrell/Skinner (1988, S. 104) heben neben Formalisierung und Zentralisierung die Bedeutung verschiedener „forma- Kapitel 6 140 ler Führungsstile“ hervor, die Marktorganisationen prägen. Zu den formalen Führungsstilen gehören insbesondere ergebnis- und prozessorientierte Führungsstile, die nach Gencturk/Aulakh (1995, S. 757 f.) den internationalen Vertrieb in besonderem Masse kennzeichnen (s. auch Jaworski/MacInnis 1989, S. 407). Auf Basis der von Ferrell/Skinner (1988, S. 104) vorgeschlagenen Auswahl und der Konzeptualisierung von Jaworski/MacInnis (1989, S. 407) werden im Folgenden die Zentralisierung, die Formalisierung und ergebnis- und prozessorientierte Führungsstile herangezogen, um die „strategische Konfiguration“ der internationalen Vertriebsorganisation zu erfassen. Durch den Begriff „strategische Konfiguration“ soll einerseits der allgemeine und in der Regel langfristige Charakter dieser Stellhebel zum Ausdruck gebracht werden. Andererseits wird durch den Begriff der „Konfiguration“ betont, dass es sich um Rahmenbedingungen für Vertriebspartner handelt, die allerdings aus der Perspektive des Herstellers beeinflussbar sind (s. Dwyer/Welsh 1985, S. 400). Der Grad an Zentralisierung bezieht sich auf die hierarchische Ebene, die Entscheidungsautorität besitzt (Ferrell/Skinner 1988, S. 104). Entscheidungen, die an niedrigere Ebenen delegiert werden, bezeichnet man als dezentralisiert, Entscheidungsbefugnisse, die auf Top-Ebene behalten werden, hingegen als zentralisiert (Ferrell/Skinner 1988, S. 104). Ghoshal/Nohria (1989, S. 326) weisen darauf hin, dass durch die Zentralisierung von Entscheidungskompetenz die zentralen Einheiten begünstigt werden, weshalb es insbesondere in der Zusammenarbeit mit starken Vertriebspartnern zu ernsthaften Auseinandersetzungen kommt. Tabelle 6-1 fasst die wichtigsten Gründe zusammen, die Unternehmen bei der Entscheidung zu zentralem oder dezentralem Vorgehen im internationalen Vertrieb antreiben. Wie in Tabelle 6-1 dargestellt, lässt sich einerseits zwischen Faktoren der externen Situation unterscheiden, die zur Zentralisierung oder Dezentralisierung führen und andererseits den Vorteilen, die sich Unternehmen aus der jeweiligen Alternative versprechen. Cavusgil/Myers (2000, S. 56) betonen, dass die Herausforderung darin liegt, die Balance zu halten zwischen der Kostenersparnis und der Erhöhung von Margen auf der einen Seite und der Befriedigung von Kundenbedürfnissen und der Erhaltung der lokalen Wettbewerbsfähigkeit auf der anderen Seite. Gründe Zentrales Vorgehen Dezentrales Vorgehen Externe Situation • Zunehmende Konvergenz im Nachfrageverhalten, • Akzeptanz von globalen Marken, • Harmonisierung von internationalen Standards und Verfahren, • Nationalstaaten und Protektionismus, • Tarifliche und aussertarifliche Handelshemmnisse, • Einzigartige Branchen- und Produktstandards, Vertriebsgestaltung des Herstellers Interne Vorteile • Diffusion einheitlicher Technologien, • Integration nationaler Märkte durch Wirtschaftsunionen, • Internationale Professionalität und Koordiniertheit des Wettbewerbs. • Kostenreduktion, • Synergien in zentralen Aktivitäten, • Zentrales Know-How und zentrale Ressourcen, • Verbesserte und einheitliche Qualität von Produkten und Prozessen, • Stärkere Möglichkeit zur Kontrolle und Überwachung. Tabelle 6-1: 141 • Lokale Markterfordernisse: Kundenbedürfnisse, Wettbewerbssituation, Vertriebsstrukturen, • Kulturelle Differenzen, • Geografische Trennung. • Möglichkeit auf lokale Bedürfnisse einzugehen, • Schnelle Reaktionsmöglichkeiten auf wechselnde Umweltbedingungen, • Nutzung lokaler Talente und Fähigkeiten, • Schaffung von unternehmerischem Geist, Verantwortlichkeitsgefühl und Moral, • Erhöhung der lokalen Wettbewerbsfähigkeit, • Erhalt der Ergebnisverantwortlichkeit lokaler Manager. Externe Situation und interne Vorteile als Determinanten der Zentralisierung (In Anlehnung an Cavusgil/Myers 2000, S. 55 f.) Wie bereits weiter oben erwähnt, wird neben der Zentralisierung häufig die Formalisierung herangezogen, um das Wesen von internationalen Organisationen zu analysieren (Ghoshal/Nohria 1989, S. 325). Formalisierung umfasst die Standardisierung und Dokumentation von Abläufen, Regeln und Rollen sowie deren Umsetzung (Ferrell/Skinner 1988, S. 104). Unter Formalisierung fallen damit alle Ansätze zur Standardisierung von Informations-, Planungs-, Steuerungs- und Kontrollprozessen bei der Entwicklung und Durchsetzung von Massnahmen im Marketing und Vertrieb (Backhaus et al. 2000a, S. 369). Diese unternehmensweite Vereinheitlichung der Vorgehensweise bei der Entscheidungsfindung wird in der Literatur zum internationalen Marketing auch häufig als Prozessstandardisierung bezeichnet (Backhaus et al. 2000a, S. 369). Aus Sicht des Herstellers wird die Formalisierung meist unter Effizienzgesichtspunkten betrachtet. Backhaus et al. (2000a, S. 370) heben die folgenden Vorteile eines formalisierten Vorgehens hervor: • Entlastung von Planungs- und Entscheidungsinstanzen, • Realisierung organisatorischer Rationalisierungspotenziale, • Vereinfachung der Koordination durch Schaffung von Transparenz der Entscheidungsfindung, • Erleichterung länderübergreifender Controllingmassnahmen und • Sicherstellung einer Abstimmung länderspezifischer Massnahmen. Formalisierung bestimmt somit den Grad an Autonomie und den Entscheidungsspielraum eines Vertriebspartners (Dwyer/Oh 1987, S. 356). In der Forschung wird betont, Kapitel 6 142 dass die weitgehenden Befolgung von Regeln und definierten Abläufen häufig negative Folgen für die Betroffenen mit sich bringt (Geyskens et al. 1999, S. 228). Dwyer/Oh (1987, S. 356) nennen bspw. die intrinsische Motivation eines Vertriebspartners, die durch Formalisierung reduziert wird. Als drittes Merkmal zur Beschreibung der formalen Marktorganisation wird der formale Führungsstil des Herstellers herangezogen (s. Jaworski/MacInnis 1989, S. 407). Auf Basis zentraler Forschungsbeiträge zur organisationalen Führung (s. Child 1972; Jaworski 1988; Ouchi 1979) können formale Führungsstile in Anlehnung an Gencturk/Aulakh (1995, S. 757) als „management-initiated mechanisms [Anm. d. Verf.; „verstanden werden,“] that are designed to regulate organizational activities to ensure their conformance to established expectations.“ Dabei können insbesondere ergebnis- und prozessorientierte Führungsstile unterschieden werden (Gencturk/Aulakh 1995, S. 757), die sich in Abhängigkeit von der lokalen Situation der Vertriebspartner unterscheiden können (s. Gencturk/Aulakh 1995, S. 755). So tendieren Hersteller bei erfolgreichen Vertriebspartnern eher zu ergebnisbezogener Kontrolle, während der Hersteller bei weniger erfolgreichen Vertriebspartnern versucht, über ein stärkeres Eingreifen in die Vorgehensweise des Vertriebspartners die Position am Markt zu verbessern (s. auch Absatz 4.1.3.2, S. 89). Damit es dem Hersteller gelingt, eine strategische Konfiguration der internationalen Vertriebsorganisation vorzunehmen, die optimal auf die korrespondierenden Situationen abgestimmt ist, sind nicht nur Kenntnisse über die lokale Situation erforderlich. Vielmehr wird auch die Kenntnis über die Eignung der verschiedenen Konfigurationsalternativen für die verschiedenen Situationen benötigt, um über deren Einsatz zu entscheiden (Gencturk/Aulakh 1995, S. 756; Dwyer/Welsh 1985, S. 401; Stern/Reve 1980, S. 54). An diese Gedanken schliesst Absatz 6.2.2 an, in dem die Wirkungen der vorgestellten Konfigurationsalternativen in verschiedenen Situationen untersucht werden. 6.2.2 Situative Differenzierung der Vertriebskonfiguration 6.2.2.1 Methodischer Exkurs zur moderierten Regression In diesem Absatz werden wichtige methodische Grundlagen erläutert und ein Konzept vorgeschlagen, um die situative Eignung der strategischen Konfigurationsalternativen zu überprüfen. In diesem Zusammenhang können drei Gruppen von Variablen unterschieden werden. Hierzu gehören Variablen der strategischen Konfiguration, der loka- Vertriebsgestaltung des Herstellers 143 len Situation und der lokalen Ergebnisse. Abbildung 6-2 (S. 143) zeigt die drei Variablengruppen und deren Zusammenhänge. Variablen der lokalen Situation • • • • Lokale Unsicherheit, Wettbewerbsintensität, Organisationsgrösse, Beziehungsdauer. Variablen der strategischen Konfiguration Moderierender Effekt • Zentralisierung, • Formalisierung, • Führungsstil. Abbildung 6-2: Direkter Effekt Direkter Effekt Variablen der lokalen Ergebnisse • Zufriedenheit. Vermutete Beziehungen zwischen Regressor, Regressant und Moderatorvariablen Als Variablen der strategischen Konfiguration werden die bereits in Absatz 6.2.1 (S. 139 ff.) vorgestellten Alternativen „Zentralisierung“, „Formalisierung“ und „Führungsstile“ herangezogen. Details zur Messung der jeweiligen Variablen finden sich in den Absätzen 6.2.2.2 (S. 146 ff.), 6.2.2.3 (S. 149 ff.) und 6.2.2.4 (S. 152 ff.). Um die Wirkungen der verschiedenen Konfigurationsalternativen zu erfassen, ist ein Bewertungsmassstab für die lokalen Ergebnisse festzulegen. Als Ergebnisgrössen kommen verschiedene (bereits in Absatz 3.1.1, S. 49 ff. aufgezeigte) wirtschaftliche, effektivitäts- und potenzialbezogene Zielgrössen in Betracht, wie z. B. die lokale Verkaufsleistung oder der wirtschaftliche Markterfolg. In der vorliegenden Untersuchung wird die lokale Zufriedenheit der Vertriebspartner („Channel Member Satisfaction“) als Ergebnisgrösse herangezogen, da untersucht werden soll, ob und wie unterschiedlich die Konfigurationsalternativen in verschiedenen lokalen Situationen aus Sicht des Vertriebspartners beurteilt werden (s. Gencturk/Aulakh 1995, S. 760). Für die Messung der Variablen „Channel Member Satisfaction“ wird hierbei wiederholt auf die von Gassenheimer/Ramsey (1994, S. 261) entwickelte und validierte Skala zurückgegriffen. Das verwendete Messmodell der Variablen „Channel Member Satisfaction“ sowie die Angaben bezüglich der Erfüllung von Gütekriterien erster und zweiter Generation finden sich in Anhang G - 1 (S. 363). Als letzte Gruppe von Variablen sind die Variablen der lokalen Situation zu erfassen, deren moderierende Effekte untersucht werden sollen. Hierzu werden die bereits in Kapitel 6 144 Absatz 5.3.3 (S. 124 ff.) vorgestellten Variablen „Unsicherheit des lokalen Umfelds“, „Lokale Wettbewerbsintensität“, „Grösse der lokalen Organisation“ und „Beziehungsdauer mit dem Hersteller“ verwendet. Die in Absatz 5.3.3 (S. 124 ff.) berücksichtigte Situationsvariable „Profitabilität des Herstellerunternehmens“ wird an dieser Stelle von der Untersuchung ausgeschlossen, da zu vermuten ist, dass sie stark mit der Vertriebsgestaltung des Herstellers assoziiert ist. Die Variable wirkt durch ihren Einfluss auf die Vertriebsgestaltung des Herstellers zwar indirekt auch auf die lokale Situation, allerdings diskriminiert sie damit im vorliegenden Modell nicht ausreichend scharf genug von den Gestaltungsvariablen. Eine klare Zuordnung ist damit nicht möglich. Um die vermuteten Moderatoreffekte der situativen Variablen „Unsicherheit des lokalen Umfelds“, „Wettbewerbsintensität“, „Organisationsgrösse“ und „Beziehungsdauer“ zu testen, wird für jede Konfigurationsalternative eine hierarchische moderierte Regressionsanalyse durchgeführt. Dabei werden sowohl direkte Effekte als auch indirekte Moderatoreffekte berücksichtigt. Das Vorgehen im Rahmen der moderierten Regressionsanalyse wird im Folgenden kurz erläutert. Zunächst sei angenommen, dass die Ergebnisvariable Y eine lineare Funktion der Konfigurationsvariable X sei. (1) y=a+b·x Demnach wird also unterstellt, dass sich die Ergebnisse Y ändern, wenn sich die Konfigurationsvariable X ändert. Weiterhin wird angenommen, dass die Änderungen in Y auf die Veränderungen der Variablen X zurückzuführen sind. Zur Schätzung dieser linearen Beziehung könnte eine einfache Regressionsanalyse herangezogen werden. In Absatz 5.3.3 (S. 124 ff.) wurde bereits erörtert und empirisch überprüft, dass ebenfalls direkte Effekte der Änderungen von Situationsvariablen S auf die lokale Zufriedenheit wirken. Die Gleichung (1) ist dementsprechend um unabhängige Situationsvariablen zu ergänzen. (2) y = a + b1 · x + b2 · s Neben dem direkten Effekt der Variablen S auf die Ergebnisgrösse Y ist ferner davon auszugehen, dass die Stärke der Beziehung zwischen der Konfigurationsvariablen X und der Ergebnisvariablen Y (X Æ Y) durch die Situationsvariable S moderiert wird. Mit anderen Worten ist der Regressionskoeffizient B1 abhängig von der Situationsvariablen S. Daraus ergibt sich Gleichung (3). (3) b1 = c + d · s Vertriebsgestaltung des Herstellers 145 Setzt man Gleichung (3) in Gleichung (2) ein, so ergibt sich neben den direkten Beziehungen von X und S auf Y noch der Interaktionsterm zwischen den Gestaltungsvariablen X und den Situationsvariablen S. Der Interaktionsterm gibt an, inwiefern die situative Variable die Beziehung zwischen den Variablen X und Y moderiert und wird deshalb auch als „Moderatoreffekt“ oder „Interaktionseffekt“ bezeichnet. (4) y = a + (c + d · s) · x + b2 · s = a + c · x + b2 · s + d · s · x = Konstante + direkter Effekt X + direkter Effekt S + Interaktionsterm (X, S) Durch eine hierarchische, moderierte Regressionsanalyse können nun die verschiedenen in Gleichung (4) dargestellten Parameter (direkter Effekt X, direkter Effekt S, Interaktionsterm X, S) in einem „Modell“ geschätzt werden. Dabei werden wie bei der „klassischen“ multiplen Regression Gütemasse für die Qualität des Gesamtmodells sowie der einzelnen Parameter angelegt. Ein besonderes Vorgehen schlagen Sharma et al. (1981, S. 293 f.) für die hierarchische, moderierte Regression vor. Demnach wird in einem vierstufigen Vorgehen zunächst ein Modell geschätzt, das lediglich die direkten Effekte der Gestaltungsvariablen enthält (siehe Gleichung (1); Abbildung 6-3, S. 145 „Modell 1“). Modell 1 Modell 2 Modell 3 Situation Situation DE DE ME Konfiguration DE Ergebnis Konfiguration DE Ergebnis Konfiguration DE Ergebnis DE = Direkter Effekt, ME = Moderatoreffekt Abbildung 6-3: Mehrstufiges Vorgehen der hierarchischen, moderierten Regression In einem zweiten Schritt wird ein erweitertes Modell geschätzt, das die direkten Effekte der situativen Variablen mit berücksichtigt (siehe Gleichung (2) ; Abbildung 6-3, S. 145 „Modell 2“). In einem dritten Schritt werden auch die Interaktionsterme zwischen Gestaltungs- und Situationsvariablen aufgenommen (siehe Gleichung (4) ; Abbildung 6-3, S. 145 „Modell 3“). In einem vierten Schritt wird letztlich die Veränderung der Qualität der Modelle anhand des partiellen F-Tests beurteilt. Dieser gibt an, ob sich die Erklärungskraft des Modells auf den drei Stufen durch Hinzufügen der jeweiligen Va- Kapitel 6 146 riablen erhöht (Krafft 1995, S. 367). Diesem Vorgehen wird in den folgenden Absätzen 6.2.2.2 (S. 146 ff.), 6.2.2.3 (S. 149 ff.) und 6.2.2.4 (S. 152 ff.) gefolgt. Vor der Durchführung der einzelnen Regressionsanalysen wurde die Prämisseneinhaltung überprüft. Die VIF-Werte, die Durbin-Watson-Statistik sowie der KolmogorovSmirnov-Test deuten nicht auf schwerwiegende Verletzungen der Prämissen hin (s. Skiera/Albers 2000, S. 222). Ebenfalls wurden bei jeder der Analysen, die für die vier unterschiedlichen Konfigurationsalternativen durchgeführt wurden, jeweils zwischen zwei und vier Ausreisser eliminiert, wodurch sich die Modellgüte merklich verbesserte. 6.2.2.2 Zentralisierung von Entscheidungen Als erste der vier Konfigurationsalternativen wird die situative Eignung der Variable „Zentralisierung“ untersucht werden. Die Messung der Variable „Grad der Zentralisierung“ wurde in Form einer Multi-Item Skala in Anlehnung an Ferrell/Skinner (1988, S. 107 f.) mit fünf Indikatorvariablen vorgenommen, deren Konzeptualisierung und Operationalisierung wesentlich auf die Arbeit von John (1984, S. 171 ff.) zurückgeht. Die Ergebnisse der Konstruktmessung ergaben für das Konstrukt „Zentralisierung“ eine sehr hohe Eignung. Die Ergebnisse der Messung befinden sich im Anhang G - 7 (S. 367). Wie bereits früher angeführt, zeigen verschiedene Studien, dass Vertriebsbeziehungen, in denen die Entscheidungskompetenz beim Hersteller monopolisiert ist, grundsätzlich zu einer grösseren psychischen Distanz und Frustration gegenüber dem Hersteller führen (s. Geyskens et al. 1999, S. 228; Dwyer/Oh 1987, S. 356; John 1984, S. 279). Wie die Untersuchungen von Geyskens et al. (1999, S. 230) und Dwyer/Oh (1987, S. 353) zeigen, besteht diese negative Assoziation auch zwischen dem Grad der Zentralisierung und der Zufriedenheit der Vertriebspartner. Es stellt sich die Frage, ob und inwiefern sich die Beziehung zwischen der Zentralisierung und deren lokaler Vorteilhaftigkeit und Akzeptanz abhängig von der lokalen Situation verändern. Dwyer/Welsh (1985, S. 401) zeigen, dass unterschiedliche lokale Situationen über die Vorteilhaftigkeit ebenso unterschiedlicher Alternativen der Vertriebsgestaltung bestimmen. Obwohl heterogene Situationen von Vertriebspartnern den Bedarf an spezialisierten Lösungen und dezentralisierten Entscheidungsstrukturen zugunsten einer hohen Effektivität suggerieren, verhindern diese häufig eine Steige- Vertriebsgestaltung des Herstellers 147 rung der Effizienz und wirken damit negativ auf die Unternehmensergebnisse (Dwyer/Welsh 1985, S. 401; siehe auch Tabelle 6-1, S. 141). Trotzdem prägen situative Einflüsse die dyadischen Strukturen und Prozesse in Marketing- und Vertriebskanälen (Stern/Reve 1980, S. 55). Mit Hilfe der Erfassung der „lokalen Unsicherheit“ zeigten Stern/Reve (1980, S. 61) die Interdependenzen zwischen Veränderungen der Situation und korrespondierenden Veränderungen in der Konfiguration der Vertriebskanäle und dem Verhalten der beteiligten Mitarbeiter (s. Stern/Reve 1980, S. 61; Dwyer/Welsh 1985, S. 398). Je grösser die Komplexität eines lokalen Umfelds und je grösser dessen Dynamik ist, desto grösser sind die Schwierigkeiten von zentralen Entscheidungsträgern die relevanten Informationen über die lokale Umwelt zu erfassen und zu berücksichtigen (Dwyer/Welsh 1985, S. 400). Homogene lokale Situationen, mit geringer Unsicherheit, geringer Dynamik und niedriger Wettbewerbsintensität begünstigen hingegen ein zentralisiertes Vorgehen (Dwyer/Welsh 1985, S. 401). Auch die Grösse der lokalen Organisation wurde teilweise als wichtige Determinante bei der Entscheidung für oder gegen ein zentralisiertes Vorgehen herangezogen (s. Ghoshal/Nohria 1989, S. 326). Die lokale Organisationsgrösse bestimmt den Umfang von Aufgaben, die ein Vertriebspartner im Rahmen der Vertriebsziele lokal wahrnehmen kann. Für kleine Vertriebspartner bedeutet die Zentralisierung von Aufgaben und Entscheidungen eine lokale Entlastung. Wie Ghoshal/Nohria (1989, S. 326) betonen, empfinden grosse Niederlassungen die Zentralisierung hingegen als Einschränkung lokaler Kompetenzen. Hersteller tendieren deshalb dazu, Aufgaben und Entscheidungen an grosse Niederlassungen zu delegieren, während sie diese bei kleineren Vertriebspartnern zentral erledigen (Ghoshal/Nohria 1989, S. 326). Im Laufe der Beziehung zum Hersteller erlangen Vertriebspartner nicht nur weit reichende Kenntnisse über die Produkte, Technologien, Ziele und Prozesse des Herstellers, sondern auch tiefgehende Erfahrungen und Wissen über die für den Hersteller relevanten lokalen Marktsegmente und deren Bearbeitung (Bakka 1986, S. 854 f.). Mit zunehmender Beziehungsdauer scheint deshalb die Dezentralisierung, im Sinne einer Verlagerung von Entscheidungskompetenzen hin zu den Vertriebspartnern, aus Sicht von Herstellern und Vertriebspartnern mit Vorteilen verbunden. Tabelle 6-2 (S. 148) zeigt die Ergebnisse der hierarchischen, moderierten Regression sowie lokale und globale Gütekriterien der drei einzelnen Regressionsmodelle. Zur Beurteilung der Modelle müssen zunächst die globalen Gütemasse betrachtet werden. Das R2 ist in allen drei Modellen hoch signifikant. Das bedeutet, dass der Erklärungs- Kapitel 6 148 beitrag der einbezogenen Variablen in allen drei Modellen mit einer Wahrscheinlichkeit von mindestens 99-Prozent von Null verschieden ist. Um zu überprüfen, ob die Veränderung des R2, die durch das Hinzufügen der Situations- und Interaktionsvariablen entsteht, zu einer signifikanten Erhöhung des R2 führt, kann der partielle F-Wert herangezogen werden (Chow 1960, S. 594 f.). Hierbei zeigt sich, dass die Aufnahme der situativen Variablen zu einer signifikanten Erhöhung des R2 führen (Modell 2). Durch das Hinzufügen der Interaktionsterme (Modell 3) wird jedoch keine signifikante Veränderung der Erklärung mehr erreicht (partieller F-Wert = 1.096). Moderierte multiple Regression β (standardisierte Regressionskoeffizienten) Unabhängige Variablen Zentralisierung (zcentra) Unsicherheit des Umfelds (zuncert) Wettbewerbsintensität (zcomp) Grösse der lokalen Organisation (zj05.1_1) Beziehungsdauer zum Hersteller (zj03_1) IE: zcentra * zuncert IE: zcentra * zcomp IE: zcentra * zj05.1_1 IE: zcentra * zj03_1 Globale Gütekriterien des Modells R R2 Korrigiertes R2 Veränderungen im R2 F-Wert Partieller F-Wert Modell 1 -.177*** Modell 2 -.149*** -.228*** .058 -.265*** .080 Modell 3 -.183*** -.219*** .055 -.335*** .093 .107* -.014 -.088 .040 .177 .031 .027 .031 7.625*** 7.625*** .374 .140 .121 .108 7.525*** 7.297*** .395 .156 .122 .016 4.675*** 1.096 n = 240; n. s.: p > .10, *: p < .10, **: p < .05, ***: p ≤ .01; IE = Interaktionseffekt Tabelle 6-2: Moderierte Regression zwischen Zentralisierungsgrad und lokaler Zufriedenheit Auf der Ebene der einzelnen Parameter zeigt sich bereits im Modell 1, dass eine steigende Zentralisierung - wie vermutet - zu einer geringeren Zufriedenheit der Vertriebspartner in der Zusammenarbeit führt. Ebenfalls nehmen die situativen Variablen „Unsicherheit des lokalen Umfelds“ und „die lokale Organisationsgrösse“ einen direkten Einfluss auf die Zufriedenheit mit der Zusammenarbeit (siehe Modell 2). Wie bereits in Absatz 5.3.3 (S.124 ff.) diskutiert und in Tabelle 5-4 (S. 126) für die verschiedenen Dimensionen der Zufriedenheit aufgezeigt wurde, besteht ein negativer direkter Zusammenhang zwischen den beiden oben genannten situativen Variablen und der Zufriedenheit der Vertriebspartner. Diese direkten Beziehungen werden auch in Mo- Vertriebsgestaltung des Herstellers 149 dell 3 bestätigt. Direkte Effekte der situativen Variablen „Wettbewerbsintensität“ und „Beziehungsdauer“ können hingegen nicht bestätigt werden. Ein leichter auf dem 90-Prozent signifikanter Interaktionseffekt zeigt sich zwischen der Situationsvariable „Unsicherheit“ und der Gestaltungsvariable „Zentralisierung“. Dieser positive Interaktionskoeffizient zeigt, dass der negative Effekt der Zentralisierung auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner in unsicheren Situationen abgeschwächt wird. D.h. in unsicheren Situationen führt die Zentralisierung zu einer geringeren Abnahme der Zufriedenheit als bei sicherem lokalem Umfeld. Allerdings dürfen bei dieser Betrachtung die Höhe der direkten Effekte der Situations- und Gestaltungsvariablen nicht unberücksichtigt bleiben. Der standardisierte Regressionskoeffizient des Interaktionsterms fällt nämlich geringer aus als der standardisierte Regressionskoeffizient der Situationsvariable „Unsicherheit des lokalen Umfelds“. Es ist deshalb davon auszugehen, dass eine Erhöhung des Zentralisierungsgrades unabhängig von der Ausprägung der untersuchten Situationsvariablen zu einer Verringerung der lokalen Zufriedenheit führt. 6.2.2.3 Formalisierung von Strukturen, Abläufen und Regeln Aus bereits erläuterten Gründen (s. Absatz 6.2.1, S. 139 ff.) streben Hersteller häufig eine Formalisierung von Abläufen, Regeln und Rollen sowie deren Umsetzung an (Ferrell/Skinner 1988, S. 104). An dieser Stelle soll überprüft werden, ob das Ausmass der Formalisierung über die Zufriedenheit der Vertriebspartner bestimmt und in welchen Situationen die Formalisierung besonders geeignet ist. Die Messung der Variable „Grad der Formalisierung“ wurde dazu nach der Konzeptualisierung und Operationalisierung von Ferrell/Skinner (1988, S. 107) durchgeführt. Ferrell/Skinner (1988, S. 107) erfassen den Grad an Formalisierung mit einer reflektiven Multi-Item Skala, die sechs Indikatorvariablen umfasst. Die Messung des Konstruktes „Formalisierung“ erreichte trotz der Eliminierung einer hohen Anzahl von Indikatoren keine hohe Güte. Die Reliabilität verfehlt mit einem Cronbach’schen Alpha von .60 knapp die vielfach geforderte Höhe von .70. Allerdings ist die schwierige Erfassung der „Formalisierung“ kein spezifisches Problem der vorliegenden Untersuchung, sondern bereits seit langem bekannt. Dwyer/Oh (1987, S. 350) zeigen die Probleme und die unzureichende Ausprägung der Gütekriterien auf, die bei der Messung des Konstruktes „Formalisierung“ aus zahlreichen Untersuchungen hervorgegangen sind (s. John 1984; John/Reve 1982; Spekman/Stern 1979; Phillips 1982). Bei der In- 150 Kapitel 6 terpretation der Analyseergebnisse ist in diesem Fall jedoch eine besonders hohe Sorgfalt geboten. Die Ergebnisse der Messung befinden sich ebenfalls im Anhang G - 8 (S. 368). Das Ausmass der Formalisierung einer Vertriebsorganisation bestimmt den Grad an Autonomie und Kompetenz der Vertriebspartner und reduziert dadurch häufig deren intrinsische Motivation (Geyskens et al. 1999, S. 228; Boyle/Dwyer 1995, S. 196 f.). Eine Meta-Untersuchung von Geyskens et al. (1999, S. 230) zeigt eine geringe, aber negative Assoziation zwischen dem Grad der Formalisierung und der lokalen Zufriedenheit. Ghoshal/Nohria (1989, S. 327) betonen, dass ein hohes Ausmass an Formalisierung häufig zu Interessenkonflikten zwischen Hersteller und Vertriebspartner führt. Nach Dwyer/Welsh (1985, S. 401) begünstigen homogene lokale Situationen, in denen geringe Unsicherheit, wenig Wettbewerb und eine gute Vorhersehbarkeit der zukünftigen Marktentwicklung gegeben sind, ein formalisiertes Vorgehen. Denn bereits die Erfassung relevanter Informationen über die lokale Umwelt wird durch eine solche Situation erleichtert (Dwyer/Welsh 1985, S. 400). In dynamischen Situationen ist es dem Hersteller hingegen nur schwer möglich, ausreichend über die lokalen Vorgänge informiert zu sein und sinnvolle Regeln und Vorgehensweisen zu definieren, da sich die Umwelt häufig ändert (Jaworski 1988, S. 28). Aus diesem Grund tendieren Hersteller im Falle grosser Heterogenität lokaler Situationen zu einem geringeren Grad an Formalisierung von Informationsprozessen und Dokumentationen (Dwyer/Welsh 1985, S. 400). Ghoshal/Nohria (1989, S. 325) betonen, dass sich bei zunehmender Organisationsgrösse die unabhängigen Interessen einer Vertriebsgesellschaft ändern. So erwarten grössere Vertriebspartner eine umfassendere Autonomie in ihrem Vorgehen, was häufig den Interessen der Hersteller widerspricht (Ghoshal/Nohria 1989, S. 325) und einer Formalisierung entgegensteht. Es ist deshalb zu vermuten, dass der negative Zusammenhang zwischen Formalisierung und der lokalen Zufriedenheit bei grösseren Niederlassungen entsprechend stärker ausfällt. Eine wichtige Eigenschaft formalisierter Strukturen ist, dass sie als ein administrativer Mechanismus für den Hersteller nur wenig Aufwand bedeuten und darüber hinaus helfen, den zentralen Aufwand, etwa bei der Auswertung internationaler Ergebnisse, zu reduzieren. Ghoshal/Nohria (1989, S. 327) betonen, dass weder die Institutionalisierung noch die Abwicklung formalisierter Prozesse einen hohen ressourcenmässigen Einsatz für das Management des Herstellers mit sich bringt. Hinzu kommen weitere Vorteile einer Formalisierung, so z. B. dass der Austausch zwischen Vertriebspartner Vertriebsgestaltung des Herstellers 151 und Hersteller auch in Konfliktfällen geregelt weitergeführt wird und dass mit der Zeit eine grosse Vorhersehbarkeit und Planbarkeit durch die Vereinfachung erreicht wird, die durch Routine und Regeln entsteht (Ghoshal/Nohria 1989, S. 328). Es ist deshalb davon auszugehen, dass eine Formalisierung insbesondere in langjährigen Beziehungen zwischen Hersteller und Vertriebspartner zu Vorteilen führt, da sich verlässliche Erwartungen herausbilden können, die auch für den Vertriebspartner zu einer höheren Verlässlichkeit und besseren Planbarkeit führen. Tabelle 6-3 zeigt die Ergebnisse der hierarchischen, moderierten Regression sowie lokale und globale Gütekriterien der drei einzelnen Regressionsmodelle. Moderierte multiple Regression Unabhängige Variable Formalisierung (zform) Unsicherheit des Umfelds (zuncert) Wettbewerbsintensität (zcomp) Grösse der lokalen Organisation (zj05.1_1) Beziehungsdauer zum Hersteller (zj03_1) IE: zform * zuncert IE: zform * zcomp IE: zform * zj05.1_1 IE: zform * zj03_1 Globale Gütekriterien des Modells R R2 Korrigiertes R2 Veränderungen im R2 F-Wert Partieller F-Wert β (standardisierte Regressionskoeffizienten) Modell 1 Modell 2 Modell 3 .117* .054 .074 -.274*** -,271*** .073 .058 -.075 -.067 .053 .068 .025 -.021 .004 .187*** .117 .014 .009 .014 2.919* 2.919* .311 .097 .075 .083 4.425*** 4.749*** .361 .131 .092 .034 3.374*** 1.957* n = 215; n. s.: p > .10, *: p < .10, **: p < .05, ***: p ≤ .01; IE = Interaktionseffekt Tabelle 6-3: Moderierte Regression zwischen Formalisierungsgrad und lokaler Zufriedenheit Die drei Modelle zur Schätzung der Formalisierung weisen im vorliegenden Fall alle drei signifikante Beiträge zur Erklärung der Gesamtvarianz auf. Allerdings muss betont werden, dass die Signifikanz der einfachen Regression zwischen der Formalisierung und der lokalen Zufriedenheit lediglich auf dem 90-Prozent-Niveau vorliegt. Der Konfigurationsparameter „Formalisierung“ kann gerade einmal 1 Prozent an der Gesamtvarianz der lokalen Zufriedenheit erklären (Modell 1). Durch das Hinzufügen von situativen Variablen und Interaktionstermen wird der Erklärungsbeitrag jedoch jeweils signifikant erhöht (siehe partieller F-Wert Modelle 2 und 3). Die Gesamterklärungs- Kapitel 6 152 kraft ist im Fall der Modelle 2 und 3 jeweils auf dem 99-Prozent-Niveau signifikant von Null verschieden. Auf Ebene der Modellparameter fällt zunächst auf, dass der direkte Zusammenhang zwischen Formalisierung und lokaler Zufriedenheit nur schwach und für die Modelle 2 und 3 nicht signifikant ausfällt. Es kann also nicht davon ausgegangen werden, dass ein linearer direkter Zusammenhang zwischen dem Grad an Formalisierung und der lokalen Zufriedenheit mit der Zusammenarbeit besteht. Es existiert also kein genereller Zusammenhang zwischen dem Ausmass, zu dem der Hersteller seine Abläufe formalisiert, und der lokalen Zufriedenheit der Vertriebspartner. Bei der Betrachtung von direkten Effekten der situativen Variablen fällt erneut der Einfluss der Unsicherheit des lokalen Umfelds ins Gewicht (s. auch Absatz 6.2.2.2, S. 146 ff.) (s. Modell 2). Dieser direkte Effekt wird auch in Modell 3 bestätigt. In Modell 3 zeigt sich weiterhin, dass neben dem direkten Einfluss der lokalen Unsicherheit auch ein Moderatoreffekt von der Dauer der Beziehung mit dem Hersteller und dem Formalisierungsgrad besteht. Dieser Effekt zeigt sich auf dem 99-ProzentNiveau hoch signifikant. Die Zufriedenheit der Vertriebspartner ist also weder direkt vom Grad der Formalisierung abhängig noch besteht ein direkter Zusammenhang zur Dauer der Beziehung. Es besteht jedoch ein Interaktionseffekt zwischen beiden Einflussfaktoren. Dieser führt dazu, dass durch die Formalisierung der Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Vertriebspartner bei steigender Beziehungsdauer eine höhere Zufriedenheit der lokalen Vertriebspartner erreicht werden kann. Diese Erkenntnis erscheint insbesondere im Hinblick auf die Vermutungen plausibel, die in Bezug auf Vertrauen und die Bildung verlässlicher Erwartungen angestellt wurden (s. Ghoshal/Nohria 1989, S. 327). Im Laufe der Beziehung können sich verlässliche Verhaltens- und Erwartungsmuster bilden. Die Formalisierung trägt damit dazu bei, die Planungs- und Erwartungssicherheit auf beiden Seiten - also auch für die Vertriebspartner - zu erhöhen. 6.2.2.4 Ergebnis- und Prozessorientierung von Führungsstilen Als drittes Merkmal der Vertriebsstruktur (s. Ferrell/Skinner 1988, S. 104) werden an dieser Stelle Führungsstile auf ihre situative Eignung untersucht. Gencturk/Aulakh (1995, S. 755) heben hervor, dass das Management des Herstellers zur Berücksichtigung der verschiedenen interdependenten Vorgänge zwischen unterschiedlichen Ländern Steuerungsmechanismen benötigt, die einerseits lokale Unterschiede und Bedin- Vertriebsgestaltung des Herstellers 153 gungen einbeziehen, andererseits aber in der Lage sind, die Vorteile der globalen Möglichkeiten zu nutzen. Jaworski (1988, S. 25) betont, dass die Wirkung verschiedener Führungsstile auf psychologische Verhaltens- und Ergebnisgrössen durch die Situation moderiert wird, in der sie ihre Anwendung finden. Es können insbesondere ergebnis- und prozessorientierte Führungsstile unterschieden werden (Jaworski/MacInnis 1989, S. 407; Gencturk/Aulakh 1995, S. 757). Dabei muss festgehalten werden, dass sich diese beiden Führungsstile nicht ausschliessen. Vielmehr können in einer bestimmten Situation beide, keiner oder nur einer der beiden Führungsstile vorliegen (Jaworski/MacInnis 1989, S. 408). In der Praxis finden beide Führungsstile häufig einen ergänzenden Einsatz (Gencturk/Aulakh 1995, S. 755). Wie bereits in Absatz 4.1.3.2 (S. 89 ff.) gezeigt, kann sich der Führungsstil in Abhängigkeit von der lokalen Situation der Vertriebspartner durchaus unterscheiden (s. Gencturk/Aulakh 1995, S. 755). So tendieren Hersteller bei erfolgreichen Vertriebspartnern eher zu ergebnisbezogener Kontrolle, während der Hersteller bei weniger erfolgreichen Vertriebspartnern versucht, über ein stärkeres Eingreifen in die Vorgehensweise die Position am Markt zu verbessern. Jaworski (1988, S. 26) kritisiert, dass bis Ende der 1980er Jahre keine Forschungsergebnisse zu den moderierenden Effekten vorlagen, die Umweltvariablen auf die Führungsstile und deren Wirkungen ausüben. Auch heute existieren nur wenige Untersuchungen, die sich dieser Fragestellung annehmen (s. z. B. Gencturk/Aulakh 1995). Ergebnisorientierter Führungsstil Ergebnisorientierte Führung, die auch unter dem Begriff „Management by objectives“ bekannt ist, zeichnet sich dadurch aus, dass Leistungsziele vorgegeben werden, an deren Erreichung der Hersteller den Vertriebspartner bewertet (Jaworski 1988, S. 27). Wird das Leistungsziel vollständig erreicht, muss der Hersteller keine Kenntnisse über die Gründe und kausalen Zusammenhänge der Zielerreichung besitzen, um Vertriebspartner wieder auf Kurs zu bringen (Jaworski 1988, S. 27). Vielmehr wird die Kenntnis um die Mittel und Wege zur Zielerreichung an die Vertriebspartner delegiert (Jaworski 1988, S. 27). Vollständige Ergebnisorientierung der Führung liegt also bspw. dann vor, wenn das Management des Herstellerunternehmens die Vertriebspartner dazu anhält, ihre Verkaufsziele zu erhöhen, ohne aber die Vorgehensweise näher zu spezifizieren oder vorzugeben (Jaworski 1988, S. 27). 154 Kapitel 6 Zur Messung des ergebnisorientierten Führungsstils wurden im vorliegenden Fall auf die Skalen von Jaworski/MacInnis (1989, S. 416) zurückgegriffen. Die Messung führte zu sehr zufrieden stellenden Ergebnissen (s. Anhang G - 9, S. 369) Grundsätzlich kann ein positiver Zusammenhang zwischen einem ergebnisorientierten Führungsstil und der Zufriedenheit der Vertriebspartner unterstellt werden. Den Zusammenhang zwischen Zielsetzung, Messung, Feedback und Belohnung zeigen bereits die richtungsweisenden Untersuchungen von Vroom (1964, S. 246) und Lawler III/Porter (1967, S. 25 ff.). Schwab/Cummings (1970, S. 418 f.) weisen darauf hin, dass die Beziehung zwischen der ergebnisorientierten Führung und der Zufriedenheit massgeblich davon abhängt, wie gut es dem Management gelingt, adäquate Ziele zu setzen, deren Erreichung zu erfassen, zu bewerten und angemessen zu belohnen. Unterschiedliche lokale Situationen der Vertriebspartner können für Industriegüterhersteller die verschiedenen Stufen des von Schwab/Cummings (1970, S. 418 f.) aufgezeigten Prozesses behindern oder sogar unterstützen. Wenn Manager des Herstellers nicht in der Lage sind, die lokale Situation und die lokalen Aktivitäten zu erfassen, ist davon auszugehen, dass ein ergebnisorientierter Führungsstil nicht seine optimale Anwendung findet (Jaworski et al. 1993, S. 408). Dies ist z. B. in Situationen lokaler Unsicherheit oder bei einer hohen lokalen Wettbewerbsintensität der Fall. Jaworski (1988, S. 26) vermutet, dass eine hohe Ergebnisorientierung der Führung insbesondere in wettbewerbsintensiven Situationen zu dysfunktionalem Verhalten führt, woraus eine geringere Zufriedenheit der Vertriebspartner impliziert werden kann. Andererseits neigen Hersteller gerade in Situationen mit hohem lokalem Wettbewerb zu einem ergebnisorientierten Führungsstil (Jaworski 1988, S. 29), da auch sie nicht in der Lage sind, die lokalen Prozesse adäquat mitzuverfolgen und prozessorientiert zu führen. Hierdurch wird in wettbewerbsintensiven Situationen die Zufriedenheit der Vertriebspartner zusätzlich belastet. Je grösser eine Organisation ist, desto höher ist die Tendenz zu formalisierten Abläufen, Regeln und Kontrollsystemen (Kieser/Walgenbach 2003, S. 209 ff.). Es kann deshalb davon ausgegangen werden, dass insbesondere grosse lokale Vertriebsorganisationen in der Lage und dazu bereit sind, notwendige Dokumentationen und Reportings, die für eine Beurteilung im ergebnisorientierten Sinne benötigt werden, zu unterstützen (Bakka 1986, S. 858). Es liegt deshalb die Vermutung nahe, dass die Zufriedenheit mit ergebnisorientierten Führungsansätzen in grossen lokalen Vertriebsorganisationen höher ist, als dies bei kleineren Vertriebspartnern aufgrund des formalen Aufwandes der Fall sein dürfte. Vertriebsgestaltung des Herstellers 155 Mit zunehmender Beziehungsdauer und damit einem grösseren Erfahrungsschatz in der Zusammenarbeit wird es dem Hersteller erleichtert, geeignete Zielsetzungen für einen Vertriebspartner zu formulieren und deren Erreichung hinreichend zu überprüfen und zu bewerten (Rosson 1990, S. 206 f.). Es wird daher angenommen, dass die Zufriedenheit von Vertriebspartnern bei einem ergebnisorientierten Führungsstil mit zunehmender Beziehungsdauer steigt. Tabelle 6-4 (S. 155) zeigt die Ergebnisse der hierarchischen, moderierten Regression sowie lokale und globale Gütekriterien der drei einzelnen Regressionsmodelle, die den Zusammenhang zwischen dem Grad der ergebnisorientierten Führung und der lokalen Zufriedenheit abbilden. Moderierte multiple Regression Unabhängige Variable Ergebnisorientierte Führung (zoutpc) Unsicherheit des Umfelds (zuncert) Wettbewerbsintensität (zcomp) Grösse der lokalen Organisation (zj05.1_1) Beziehungsdauer zum Hersteller (zj03_1) IE: zoutpc * zuncert IE: zoutpc * zcomp IE: zoutpc * zj05.1_1 IE: zoutpc * zj03_1 β (standardisierte Regressionskoeffizienten) Modell 1 Modell 2 Modell 3 .148** .114* .108* -.244*** -.229*** .058 .062 -.265*** -.184** .076 .071 .038 .076 -.116 .069 Globale Gütekriterien des Modells R R2 Korrigiertes R2 Veränderungen im R2 F-Wert Partieller F-Wert .148 .022 .018 .022 5.308** 5.308** .370 .137 .118 .115 7.353*** 7.714*** .390 .152 .119 .016 4.555*** 1.049 n = 240; n. s.: p > .10, *: p < .10, **: p < .05, ***: p ≤ .01; IE = Interaktionseffekt Tabelle 6-4: Moderierte Regression zwischen Grad an ergebnisorientierter Führung und lokaler Zufriedenheit Bei der hierarchischen, moderierten Regression der Variablen „Ergebnisbezogene Führung“ auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner ist für alle drei Modelle eine hohe Signifikanz auf dem 95- bzw. 99-Prozent-Niveau festzustellen. Die dem Modell hinzugefügten Situationsvariablen führen zu einer signifikanten Erhöhung des Erklärungsbeitrages des Modells (s. Modell 2). Die Berücksichtigung der Interaktionseffekte hingegen, bringen keine signifikante Erhöhung des R-Quadrates mit sich (siehe Modell 3). 156 Kapitel 6 Auf der Ebene der einzelnen Parameter ist zunächst der direkte, positive Effekt des ergebnisbezogenen Führungsstils zu beachten, der in jedem der drei Modelle mindestens das Signifikanzniveau von 90 Prozent erreicht. Demnach wirkt sich die Ergebnisorientierung in der Führung positiv auf die Beurteilung aus Sicht der Vertriebspartner aus. Vertriebspartner wollen also an ihren Erfolgen gemessen werden. Ein ergebnisorientierter Führungsstil trägt damit unabhängig von der lokalen Situation zu einer Erhöhung der lokalen Zufriedenheit der Vertriebspartner bei. An direkten Effekten der Situationsvariablen bestätigt sich wiederholt der Einfluss der Unsicherheit des lokalen Umfelds sowie der Grösse der lokalen Organisation auf die lokale Zufriedenheit. Interaktionseffekte zwischen der Gestaltungsvariablen „Ergebnisorientierter Führungsstil“ und den aufgenommenen Situationsvariablen haben hingegen keinen signifikanten Einfluss auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner. Die zufriedenheitssteigernde Wirkung der Ergebnisorientierung hängt demnach nicht - wie vermutet - von der lokalen Situation ab, sondern besteht unabhängig von dieser. Prozessorientierter Führungsstil Ein prozessorientierter Führungsstil setzt an der Vorgehensweise bzw. an den Prozessen an, mit denen bestimmte Ziele erreicht werden sollen (Jaworski 1988, S. 26). Der Fokus liegt also auf dem Verhalten und den Aktivitäten der Vertriebspartner und nicht etwa beim Endresultat. Im Falle einer vollständigen Prozessorientierung des Führungsstils macht der Hersteller den Vertriebspartner also für die Einhaltung eines vorgeschriebenen Prozesses verantwortlich, nicht aber für die Erreichung der Zielsetzungen (Jaworski 1988, S. 26). Dies ist etwa dann der Fall, wenn das Management des Herstellers die Vertriebspartner an der Anzahl von Mailings oder Kundenbesuchen misst, nicht aber am Umsatz. In der Praxis wird dieser Fall eher als theoretisch betrachtet, meist findet sich im Führungsstil eine Mischung zwischen Ergebnis- und Prozessorientierung wieder (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Als Messmodelle des prozessorientierten Führungsstils wurden im vorliegenden Fall die Skalen von Jaworski/MacInnis (1989, S. 416) verwendet. Die Messung führte zu sehr zufrieden stellenden Ergebnissen, die im Anhang G - 10 (S. 370) detailliert einzusehen sind. Vielfach wird angeführt, dass eine prozessorientierte Führung eine direkte, persönliche Überwachung, ein hohes Mass an Einbezug des Managements und ggf. Interventionen in die lokalen Prozesse erfordert (Gencturk/Aulakh 1995, S. 759). Dazu muss das Management des Herstellers genau wissen, was in den lokalen Gesellschaften getan wird Vertriebsgestaltung des Herstellers 157 und wie dies geschieht. Deshalb liegt es in der Natur der prozessorientierten Führung, dass das Management des Herstellers grössere zeitliche und aufwandsmässige Ressourcen in die Überwachung der lokalen Aktivitäten investieren muss (Gencturk/Aulakh 1995, S. 759). Sind die Manager des Herstellers in der Lage, die lokale Situation und die lokalen Aktivitäten zu erfassen, so z. B. bei geringer Dynamik der lokalen Situation, geringer Wettbewerbsintensität und geografischer Nähe des Vertriebspartners, so kann davon ausgegangen werden, dass ein prozessorientierter Führungsstil aus Sicht der Vertriebspartner eher akzeptiert wird als in dynamischen unsicheren Situationen (Jaworski et al. 1993, S. 408). Auch bei der Betrachtung des prozessorientierten Führungsstils ist die Grösse einer lokalen Organisation als situative Variable mit einzubeziehen. Kleinere Organisationen sind aufgrund geringerer Ressourcen häufig nur schwer in der Lage, den formalisierten Anforderungen gerecht zu werden und empfinden diese tendenziell als zusätzliche Belastung. Andererseits kann eine starke Führung in Bezug auf die Vorgehensweise und die weitgehende Einbringung von zentraler Managementkompetenz auch eine wichtige Unterstützung, insbesondere für junge Niederlassungen, mit sich bringen. Diese beiden gegenläufigen Trends gleichen den moderierenden Effekt der beiden Variablen je nach Gewichtung vermutlich aus. Tabelle 6-5 zeigt die Ergebnisse der hierarchischen, moderierten Regression sowie lokale und globale Gütekriterien der drei einzelnen Regressionsmodelle. Moderierte multiple Regression β (standardisierte Regressionskoeffizienten) Unabhängige Variable Prozessorientierte Führung (zprocc) Unsicherheit des Umfelds (zuncert) Wettbewerbsintensität (zcomp) Grösse der lokalen Organisation (zj05.1_1) Beziehungsdauer zum Hersteller (zj03_1) IE: zprocc * zuncert IE: zprocc * zcomp IE: zprocc * zj05.1_1 IE: zprocc * zj03_1 Globale Gütekriterien des Modells R R2 Korrigiertes R2 Veränderungen im R2 Modell 1 .067 Modell 2 .050 -.267*** .071 -.269*** .077 Modell 3 .056 -.264*** .075 -.264* .084 .044 .060 .003 .025 .067 .004 .000 .004 .366 .134 .115 .129 .373 .139 .105 .006 Kapitel 6 158 F-Wert Partieller F-Wert 1.051 1.051 7.124*** 8.608*** 4.080*** .372 n = 240; n. s.: p > .10, *: p < .10, **: p < .05, ***: p ≤ .01; IE = Interaktionseffekt Tabelle 6-5: Moderierte Regression zwischen Grad an prozessorientierter Führung und lokaler Zufriedenheit Die Ergebnisse der Untersuchung des Einflusses eines prozessbezogenen Führungsstiles auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner sollen hier der Vollständigkeit halber aufgeführt werden. Es zeigt sich bereits auf der Ebene des Gesamtmodells, dass weder die Konfigurationsvariable „Prozessorientierter Führungsstil“ noch deren Interaktion mit den Situationsvariablen signifikante Erklärungsbeiträge liefern. Als einzige Variablengruppe haben die unabhängigen Situationsvariablen „lokale Unsicherheit“ und „lokale Organisationsgrösse“ einen jeweils direkten Effekt auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner. Deshalb weisen die Modelle 2 und 3 jeweils signifikante F-Werte auf. Die Prozessorientierung der Führung scheint damit aus Sicht der Vertriebspartner nicht relevant für die Zufriedenheitsbeurteilung zu sein, was auch durch verschiedene lokale Situationen keine Änderung erfährt. 6.2.3 Zwischenfazit: Vertriebskonfiguration und situative Differenzierung Im vorangegangenen Absatz 6.2.2 (S. 142 ff.) wurden die strategischen Alternativen der Konfiguration von internationalen Vertriebsorganisationen untersucht. Es wurde analysiert, ob und inwieweit sich die Konfiguration an den lokalen Situationen ausrichten sollte. Die Analyse kam zu folgenden Ergebnissen: • Die Zentralisierung von Entscheidungen führt zu einem Abbau lokaler Kompetenzen und deshalb unweigerlich zu einer geringeren Zufriedenheit in der Zusammenarbeit. Insbesondere bei grösseren Vertriebspartnern und in Situationen lokaler Unsicherheit ist die lokale Zufriedenheit gering. Es konnte jedoch nur ein schwacher signifikanter Interaktionseffekt zwischen dem Zentralisierungsgrad und der lokalen Unsicherheit festgestellt werden, der die Erklärungskraft des Modells nicht signifikant erhöhte. Der negative direkte Effekt der Zentralisierung von Entscheidungen auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner wird also durch die lokale Situation weder abgeschwächt noch verstärkt (s. Tabelle 6-2, S. 148). • Der Grad an Formalisierung von Strukturen, Abläufen und Regeln besitzt lediglich einen schwachen Einfluss auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner. Dieser begründet sich in der Vereinfachung und Vorhersehbarkeit von Abläufen und Entscheidungen, die durch die Formalisierung erhöht werden. Ferner zeigte die Unter- Vertriebsgestaltung des Herstellers 159 suchung, dass die Formalisierung bei zunehmender Beziehungsdauer zum Vertriebspartner zu einer starken Zunahme der Zufriedenheit führt. Das bedeutet, dass gerade in langjährigen Beziehungen die Vorteile der Formalisierung auch von Vertriebspartnern erkannt und akzeptiert werden (s. Tabelle 6-3, S. 151). • Zwischen der Ergebnisorientierung des Führungsstils und der lokalen Zufriedenheit konnte ein positiver Zusammenhang festgestellt werden (Tabelle 6-4, S. 155). Es existiert allerdings kein Einfluss von situativen Variablen auf diese Beziehung. Ebenfalls konnte kein signifikanter Zusammenhang zwischen der Prozessorientierung des Führungsstils und der Zufriedenheit der Vertriebspartner nachgewiesen werden. Unabhängig von der lokalen Situation spielt die Prozessorientierung des Managements damit keine Rolle für die Zufriedenheit der Vertriebspartner. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass insbesondere die lokale Unsicherheit des Umfelds und die Dauer der Beziehung zum Vertriebspartner bei der strategischen Konfiguration zu beachten sind. Darüber hinaus scheint es angebracht, auch die direkten Zusammenhänge zwischen den Konfigurationsalternativen und der lokalen Zufriedenheit zu beachten, wenn über deren Einsatz entschieden werden soll. 6.3 Operative Koordination und Unterstützung der Zusammenarbeit 6.3.1 Ansatzpunkte der operativen Vertriebsgestaltung Um die operative Zusammenarbeit zu internationalen Vertriebspartnern zu verbessern, stehen Herstellern vielfältige Ansatzpunkte zur Verfügung. Bei den Gestaltungsbereichen der Zentrale lassen sich insbesondere Aufgaben der Koordination und der Unterstützung unterscheiden (Reckenfelderbäumer 2001, S. 253), die im Folgenden unter der Bezeichnung „operative Vertriebsgestaltung“ zusammengefasst werden. Dem Hersteller stellen sich diesbezüglich Fragen auf verschiedenen Konkretisierungsebenen: • Überblick: Welche Gestaltungsansätze stehen generell zur Verfügung? • Selektion: Welcher Ansatz ist für die entsprechende Problemstellung geeignet? • Gestaltung: Wie ist ein gewählter Ansatz auszugestalten, so dass er optimal zur Verbesserung der Zusammenarbeit beiträgt? Um einen ersten Überblick zu erhalten, welche Gestaltungsmassnahmen internationale Vertriebspartner vorschlagen, wurden diese im Rahmen der europäischen Befragung (s. Absatz 2.4.2.2, S. 39 ff.; Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37) ungestützt aufgefordert, geeignete Lösungsansätze für die Verbesserung der Zusammenarbeit zu Kapitel 6 160 formulieren. Abbildung 6-4 (S. 160) zeigt als ein Ergebnis der Befragung die zwanzig meist genannten Lösungsansätze und die relative Häufigkeit ihrer Nennung. An dieser Stelle sei nur kurz auf die fünf meist genannten Lösungsvorschläge eingegangen. Lösungsansätze (1-10)* Lösungsansätze (11-20)* Interne Kommunikationskanäle 20.25% Gemeinsame Kundenbesuche Top 5 Gemeinsame strategische Orientierung 18.40% Key-Account Management 14.11% 9.20% Informelle Netzwerke Integration bei Entwicklung und Markteinführung 8.59% 7.98% Gemeinsame Schulung und Weiterbildung 11.04% Gemeinsame Werte und Kultur Projektorganisation 11.04% Koordination von Preisen 6.13% 6.75% Kundenbetreuungsteams 10.43% Antwortzeiten, Flexibilität und Unterstützung 6.13% Jobrotation und Transferprogramme 10.43% Service Level Agreements 6.13% Jährliche Salesmeetings 6.13% Gemeinsame Kundendatenbank Informationen über andere Märkte Abstimmung von Zielen 9.82% 9.20% Kenntnis der lokalen Situation 5.52% 9.20% Gemeinsame Informationssysteme 5.52% * Offene Antwortkategorien nachträglich zugeordnet. Angaben in Prozent der 163 Antwortenden. Abbildung 6-4: Ansätze der Vertriebspartner zur Verbesserung der Zusammenarbeit (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37) Am häufigsten wurde die Verbesserung der internen Kommunikationskanäle genannt. Dabei wurde insbesondere auf die Verwendung und Institutionalisierung von Instrumenten hingewiesen, die den täglichen Informationsfluss unterstützen. Als zweithäufigster Ansatz wurde die Entwicklung einer gemeinsamen strategischen Orientierung angeführt. Hierbei stehen für Vertriebspartner die Transparenz, die Mitentwicklung und die konsequente Orientierung an der Strategie im Vordergrund. Auch das KeyAccount Management, das von über vierzehn Prozent der Befragten als Gestaltungsansatz aufgezeigt wurde, besitzt gegenwärtig eine enorme Bedeutung. Diese ist u.a auf die hohe Kundenkonzentration, zunehmende Professionalität in der Einkaufsorganisation der Kunden und das internationale Engagement von Kundenunternehmen zurückzuführen (Belz et al. 2004, S. 29 ff.). Die Befragten hoffen, durch Key-Account Management eine über Ländergrenzen hinweg koordinierte Bearbeitung der wichtigsten Kunden zu erreichen und damit Koordinationsdefizite zu überwinden, die Kunden bisher für ihre eigenen Zielsetzungen nutzen konnten. Elf Prozent der Befragten sind der Meinung, dass auch der Bereich der Schulungs- und Weiterbildungsmassnahmen des Herstellers Potenzial für die Zusammenarbeit besitzt. Vertriebsgestaltung des Herstellers 161 Vertriebspartner sind dabei davon überzeugt, dass durch die Anzahl und die Qualität der angebotenen Schulungen der lokale Verkauf in hohem Masse gesteigert werden kann. Ebenso viele Befragte schlagen eine Projektorganisation für verschiedene Entscheidungsbereiche der Vertriebsorganisation vor. Durch ein gemischtes Projektteam sollen das Wissen, die Erfahrung und das Interesse der Vertriebspartner besser berücksichtigt werden und, z. B. im Falle der Einführung eines neuen Produktes, zum Gelingen des Vorhabens beitragen. Die in Abbildung 6-4 aufgeführten Gestaltungsansätze besitzen unterschiedliche Konkretisierungsebenen. Teilweise werden konkrete einzelne Massnahmen genannt wie z. B. „gemeinsame Kundenbesuche“, teilweise handelt es sich aber auch um Vorschläge die Programmcharakter besitzen und ein komplexes organisatorisches Unterfangen mit strategischen Teilaspekten darstellen wie z. B. eine „Projektorganisation“ oder das „Key-Account Management“. In Tabelle 6-6 (S. 161) wurden deshalb einzelne Massnahmen zu inhaltlichen „Lösungspaketen“ zusammengefasst und nach der jeweiligen Stossrichtung kategorisiert. Eine ausführliche Diskussion der einzelnen in Tabelle 6-6 (S. 161) aufgeführten Gestaltungsansätze findet sich in den Absätzen 6.3.2 (S. 162 ff.) bis 6.3.8 (S. 229 ff.). Lösungspakete 1) 2) 3) 4) Internationales Key-Account Management, Horizontale Koordination zwischen Geschäftsbereichen, Trennung von Koordinations- und Unterstützungsfunktion, Honorierungssysteme für zentrale Einheiten, 5) Regionalzentren statt weltweites Vorgehen, 6) Verzahnung bei Aufgaben des Personalwesens, 7) Koordinations- und Planungsteams, 8) Projektorganisation beim Neuproduktmanagement, 9) Integrierte Kundenbetreuung durch Teams, 10) Informelle Netzwerke und persönliche Beziehungen, 11) Markt- und serviceorientierte Unternehmenskultur, 12) Segmentierung von Vertriebspartnern, 13) Systematische Differenzierung nach Beziehungsphasen, 14) Herstellersupport in Marketing und Vertrieb, 15) Technische und betriebswirtschaftliche Weiterbildung, 16) Interne Vereinbarungen, Verrechnungspreise und Garantien, 17) Zentrale Professionalität und Ressourcenausstattung, Stossrichtung Zentrale Strukturen Vertikale Strukturen Teamorganisation Kultur und Soziales Segmentierung Zentrale Ressourcen 18) Informationslieferung, -austausch und -versorgung, Informationsmanagement 19) Einsatz von IT-Systemen und -Tools. Tabelle 6-6: Lösungsansätze des Herstellers zur Verbesserung der Zusammenarbeit Um die eingangs (S. 159) aufgezeigte Frage der „Selektion“ von Gestaltungsalternativen zu beantworten, muss geprüft werden, ob sich ein Lösungsansatz für den Prob- Kapitel 6 162 lemkontext eignet. Dazu können die Lösungspakete in den Kontext der sieben Beurteilungsdimensionen der Zusammenarbeit gesetzt werden, die in Abschnitt 5.3 (S. 112) entwickelt wurden. Aufgrund von inhaltlichen Überlegungen wurde die in Abbildung 6-5 (S. 162) vorgeschlagene Zuordnung vorgenommen. Eine eineindeutige Zuordnung ist aufgrund inhaltlicher Überschneidungen der Gestaltungsalternativen sicherlich weder möglich noch ratsam. Vielmehr müssen die Lösungsansätze so gewichtet werden, dass die inhaltlichen Schwerpunkte der sieben Beurteilungsdimensionen zufrieden stellend abgedeckt werden. Hersteller, die Kenntnisse über die Defizite ihrer Vertriebsorganisation besitzen, können damit die Zusammenstellung ihrer Lösungspakete optimal wählen. Lösungspakete 1), 3), 5), 7), 8), 12), 13), 15), 16) „Produkte und Leistungen“ 2), 3), 4), 10), 16), 17), 18), 19) „Abwicklung und Lieferung“ 1), 2), 3), 5), 8), 9), 11), 12), 13), 14), 15), 17), 18) 1), 5), 12), 13), 16), 19) Ebene Leistungen „Marketingsupport“ „Finanzielle Konditionen“ 6), 7), 8), 9), 10), 11), 15), 18) „Soziale Interaktion“ 5), 6), 9), 10), 11), 15), 18) „Kultur und Werte“ 1), 5), 7), 8), 10), 11), 14), 15), 17), 18), 19) Abbildung 6-5: Beurteilungsdimension Konditionen Soziales „Information und Kommunikation“ Verbindung von Lösungspaketen und sieben Beurteilungsdimensionen 6.3.2 Ansatzpunkte der Koordination in zentralen Strukturen Im Folgenden werden Gestaltungsalternativen zur Koordination aufgezeigt, die an der zentralen Aufbauorganisation des Herstellers ansetzen. Alle Ansätze werden in Bezug auf ihre Wirkung und Eignung für die Zufriedenheit in der Zusammenarbeit diskutiert. 6.3.2.1 Internationales Key-Account Management Internationales Key-Account Management ist zugleich Chance und Gefahr für die Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Vertriebspartnern. Müllner (2002, S. 39 ff.) kommt in seiner empirischen Untersuchung zu dem Ergebnis, dass die Zusammenar- Vertriebsgestaltung des Herstellers 163 beit mit den Vertriebspartnern die grösste Herausforderung ist, die sich Herstellern bei der Bearbeitung internationaler Schlüsselkunden stellt. Potenziale durch länderübergreifende Koordination In der Einkaufsorganisation der Kunden wurde der länderübergreifende Informationsaustausch über Preise und Qualitäten in den letzten Jahren kontinuierlich verbessert. Das macht es für den Hersteller zunehmend schwieriger, Preisspielräume zwischen verschiedenen Ländermärkten zu nutzen. Homburg et al. (2004, S. 52) sprechen sogar von einem „Koordinationswettlauf“ zwischen der Verkaufsorganisation des Anbieters und der Einkaufsorganisation des Kunden, bei dem diejenige Organisation gewinnt, die besser in der Lage ist, ihre internationalen Aktivitäten zu koordinieren. Im ungünstigsten Fall gelingt es dem Einkauf des Kundenunternehmens, Leistungen schwerpunktmässig aus Niedrigpreisländern des Anbieters zu beziehen, in denen die günstigsten Konditionen gewährt werden. Beim Hersteller erhöhen in diesem Fall wenige Vertriebspartner ihre Marktergebnisse, während viele Vertriebspartner sowie der Hersteller einen kumuliert höheren Betrag verlieren. Durch eine Koordination auf Herstellerseite gewinnt deshalb nicht nur der Hersteller selbst, sondern zumindest langfristig auch die Mehrheit der Vertriebspartner in den wichtigen hochpreisigen Märkten. Neben den preislichen Effekten betonen Belz et al. (2004, S. 33 ff.) zudem die Möglichkeit, die Beziehung zum internationalen Key-Account zu vertiefen, eine Abwanderung des Kunden zu verhindern und Cross-Selling Potenziale zu erschliessen. Bei der organisatorischen Verankerung des internationalen Key-Account Management muss festgelegt werden, wer die Rolle des internationalen Key-Account Managers einnimmt und wo dieser angesiedelt ist (Belz et al. 2004, S. 284 ff.). Besonders hervorzuheben sind zwei geografische Alternativen. Entweder wird eine Person mit Vertriebserfahrung ausgewählt, die in der Zentrale des Herstellers sitzt. Ein wichtiger Vorteil liegt hierbei in der Nähe zu den zentralen Vertriebsprozessen. Oder aber, der internationale Key-Account Manager wird in dem Land installiert, in dem sich die zentrale Einkaufsabteilung des internationalen Key-Accounts befindet. Vorteile dieses Vorgehens liegen in der geografischen und kulturellen Nähe zum Kundenunternehmen. Zusammenfassend lässt sich damit festhalten, dass sämtliche Alternativen des internationalen Key-Account Management eine Zentralisierung von kundenbezogenen Entscheidungen bedingen, durch die eine länderübergreifende Koordination erst möglich wird. Die Zentralisierung bedeutet dabei nicht unbedingt eine Konzentration dieser Entscheidungskompetenz auf die zentrale Organisation des Herstellers, sondern kann 164 Kapitel 6 auch von dezentralen Organisationseinheiten im Stammland des Kunden wahrgenommen werden. Internationales Key-Account Management bedeutet damit unabhängig von der gewählten Alternative für die meisten Vertriebspartner einen Verlust an Entscheidungsfreiheit und Macht, da kundenbezogene dezentrale Entscheidungen länderübergreifend aufeinander abgestimmt werden müssen. Umstellung und operative Koordination Bei der Umstellung der kundenbezogenen Koordination von der Landesgesellschaft weg und hin zum länderübergreifenden Key-Account Manager kommt es häufig zu Widerständen. Starke Vertriebspartner wollen häufig keine Kompetenz und Macht abgeben. “Account managers end up investing a lot of their energy simply fighting internal battles – for systems, support, or money – instead of spending time in front of the customer” (Toland 2004, S. 47). Diese oder ähnliche Aussagen hört man bei vielen der oftmals vorher so euphorisch gestarteten Key-Account Management-Projekte. Die grösste Herausforderung des Key-Account Management liegt nämlich in der Überwindung historisch gewachsener Organisationsstrukturen (Barth/Lockau 1998, S. 84). Eine der aus Sicht von Vertriebspartnern wichtigsten Entscheidungen, die im Rahmen des internationalen Key-Account Management getroffen werden, betrifft die Harmonisierung von Preisen (s. Mühlmeyer/Belz 2000, S. 77f). Die zentrale Frage für Vertriebspartner ist, ob Umsätze, die der Key-Account dezentral mit dem Vertriebspartner tätigt, weiterhin dezentral über die Vertriebspartner abgerechnet werden oder nicht (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Werden die lokalen Umsätze oder Deckungsbeiträge eines internationalen Key-Accounts nach der Einführung des internationalen Key-Account Managements zentral verrechnet und bei der Incentivierung der Vertriebspartner nicht mehr berücksichtigt, ergeben sich Konflikte. Häufig zählen die internationalen Key-Accounts auch lokal zu den bedeutendsten Kunden und bestimmen damit massgeblich die lokalen Ergebnisse. In der Praxis existieren zz. erst wenige Ansätze, um diesen erheblichen Konfliktpotenzialen zu begegnen. Fallbeispiel 6-1 zeigt, wie die Hoerbiger-Origa Systems GmbH durch eine „schrittweise Entschädigung“ Konfliktpotenziale reduziert und damit zur Umstellung auf internationales KeyAccount Management beigetragen hat. Mehrperiodische Entschädigung für Vertriebspartner Hoerbiger-Origa Systems GmbH, Altenstadt, Deutschland Die Hoerbiger-Origa Systems GmbH ist Teil der Hoerbiger-Gruppe mit Hauptsitz in Altenstadt, Deutschland, die im Jahr 2003 mit ca. 4'350 Mitarbeitern einen Umsatz von 519 Mio. EUR erzielte. Die Gruppe beschäftigt sich mit den drei Bereichen Kompressortechnik, Antriebstechnik und Auto- Vertriebsgestaltung des Herstellers 165 matisierungstechnik. Der Bereich Automatisierungstechnik, zu dem die Hoerbiger-Origa Systems GmbH gehört, erwirtschaftet mit 187 Mio. Euro ca. 36% des Gesamtumsatzes und ist auf Komponenten und Systeme der Fluidtechnik (Hydraulik und Pneumatik) spezialisiert. Der weltweite Vertrieb im Bereich der Standardpneumatik ist über sogenannte Intercompanies (ICOs) organisiert, die juristisch selbstständige Tochtergesellschaften sind und neben dem reinen Vertrieb (der aufgrund der rechtlichen Selbstständigkeit bei Hoerbiger als „Handelsgeschäft“ bezeichnet wird) teilweise auch die Veredlung von Komponenten übernehmen. Zur besseren Bearbeitung und Betreuung von internationalen Schlüsselkunden wurde im Jahr 2002 schrittweise damit begonnen, die Betreuung in den internationalen Märkten von den ICOs auf KeyAccount Manager umzustellen. Benno Birke, Geschäftsführer der Hoerbiger-Origa Systems GmbH betont: „Man muss den ICOs zur Umstellung auf das Key-Account Management Märkte wegnehmen.“ Im Jahr 2003 waren bereits ca. 35 Prozent der Märkte umgestellt, was zuvor im Rahmen einer zwölfmonatigen Planungsperiode vorbereitet worden war. Den ICOs wurden zunächst die Ziele und Vorteile der Key-Account-Strategie erläutert. Da die Verrechnung der kundenbezogenen Umsätze nach der Umstellung ausschliesslich zentral erfolgen sollte, fielen mit der Umstellung grosse Teile der Incentivierung von ICOs weg und lokale Ergebnisse wurden geschmälert. Es stellte sich deshalb die Herausforderung, die ICOs zur Übergabe der Kundenkontakte zu motivieren. Dabei sollte die lokale Bereitschaft erhalten werden, Key-Account Manager wohlwollend zu unterstützen. Einen Kompromiss fand man, indem man sich dazu entschloss, die ICOs übergangsweise noch an den mit Key Accounts realisierten Umsätzen zu beteiligen, um zumindest für eine „Übergangsperiode“ etwaige Umsatzausfälle teilweise zu kompensieren. Man entschied sich für ein standardisiertes Vorgehen um die Übergabe der Kundenbetreuung und –verantwortung von ICOs an KeyAccount Manager zu regeln. Danach bestimmt ein „Basisvertrag“, der von der Unternehmensbereichsleitung vorgegeben wird, dass ICOs nach Abgabe eines Kunden an das Key-Account Management für den Planungszeitraum von drei Jahren eine Umsatzbeteiligung an den mit dem Key Account realisierten Umsätzen i. H. v. fünf Prozent erhalten. In einzelnen Fällen, in denen von der Seite der ICOs ein besonders hoher Aufwand für die Betreuung des Key Accounts erbracht werden muss, werden teilweise zusätzliche Provisionen ausgehandelt. Damit fallen die Margen der ICOs nach der Übergabe des Kunden nicht vollständig weg, sondern werden lediglich abgeschwächt. Der Planungszeitraum von drei Jahren erlaubt es den ICOs darüber hinaus, sich an die veränderte Situation anzupassen. Mit Hilfe dieses Vorgehens erzielte die Hoerbiger-Origa Systems GmbH unterschiedliche Ergebnisse. In wenigen Ausnahmefällen wurden aus Gründen lokaler Besonderheiten Kunden beim ICO belassen. Die meisten internationalen Key-Account Manager stammen zumindest aus dem Stammland oder kulturell nahe stehender Regionen des Kundenunternehmens. Auch wenn mit diesem Vorgehen nicht sämtliche Konflikte bei der Übergabe von Kundenkontakten an das Key-Account Management gelöst werden können, werden Spannungen abgeschwächt und die Implementierung des länderübergreifenden Key-Account Managements durch die Einbeziehung der ICOs wirksam unterstützt. Fallbeispiel 6-1: Mehrperiodische Entschädigung bei der Hoerbiger-Origa Systems GmbH (Einzelinterview Birke 2003, s. Anhang A, S. 346) Das Beispiel Hoerbiger-Origa zeigt die Möglichkeit, Vertriebspartner zu einer Übergabe der Kundenverantwortung zu bewegen. Ausserdem zeigt es, dass auch die Zusammenarbeit mit dem Vertriebspartner zu bedenken ist, die in Bezug auf die übrigen Kunden besteht. Der internationale Key-Account Manager benötigt die Unterstützung durch die bestehende Vertriebsorganisation in den internationalen Märkten. Aus diesem Grund erlauben einige Firmen ihren Key-Account Managern die Zeit von anderen Mitarbeitern zu „kaufen“ (Maister 1999, S. 64). Hierdurch wird die Teilnahme und Kapitel 6 166 Unterstützung des Key-Account Management gefördert, bis sich erste langfristige Erfolge zeigen (Maister 1999, S. 64). Anders als im Fall Hoerbiger gibt es viele Hersteller, die sich auf einen Kompromiss einigen. Danach werden internationale Vertriebspartner weiterhin an den mit internationalen Key-Accounts erzielten Umsätzen gemessen, obwohl diese nicht mehr in ihren eigentlichen Zuständigkeitsbereich fallen (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Dadurch ergeben sich allerdings Konflikte anderer Art, insbesondere dann, wenn globale Agreements die weltweiten Preise für den Kunden vereinheitlicht regeln. In dieser Situation müssen gerade Vertriebspartner in hochpreisigen Märkten (s. Abbildung 6-6, S. 166; „Land B“) Margen einbüssen, wenn zentrale Preisvereinbarungen mit dem Kunden zu einem weltweit mittleren Preisgefüge führen (siehe Abbildung 6-6, S. 166; „Ohne Transfer“). Als Lösung dieser Konflikte sind Transferzahlungen zwischen Niedrigpreisländern („Land A“ und „Land C“) und Hochpreisländern („Land B“) denkbar. Ohne Koordination Mit Koordination Ohne Transfer Mit Transfer Preis pro Stück Preis pro Stück Preis pro Stück ø Preis ø Preis ø Preis Land A Land B Länder Abbildung 6-6: Land C Land A Land B Länder Land C Land A Land B Land C Länder Transferzahlungen im Rahmen der Preisharmonisierung für internationale Key-Accounts Eine besondere Berücksichtigung benötigen in diesem Falle Vertretungen, die vor allem in niedrigpreisigen Nebenmärkten von dem gesicherten höheren Preisniveau profitieren würden. In diesem Fall bestehen zwei Möglichkeiten für eine Transferzahlung. Durch einen direkten Transfer wird die Differenz zwischen altem und neuem Preisniveau unmittelbar an den Hersteller gezahlt. Hierbei werden Vertretungen dazu neigen, eine Erhöhung des „Marktpreisniveaus“ vorzugeben, um möglichst wenig Transfers zahlen zu müssen. Bei diesem Konflikt kann sich der Hersteller allerdings an den Vertriebsgestaltung des Herstellers 167 durchschnittlich erzielten Preisen mit den lokalen Kunden orientieren, mit denen keine globalen Agreements bestehen. Eine andere Möglichkeit ist, dass Vertretungen höhere Verrechnungspreise für Lieferungen an Key-Accounts zahlen müssen und so den Transfer indirekt bezahlen (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Akzeptiert die dezentrale Organisationen des Kunden die in globale Agreements vereinbarten Preise, so kann eine lokale Vertretung auf diese Weise dennoch ihre Margen erhalten. Bei der konkreten Konzeption solcher Transferzahlungen und der Ausgestaltung der Vertretungsverträge sind darüber hinaus lokale Steuergesetze zu beachten, die zum Teil einem internen Gewinntransfer entgegenstehen. In der Realität ist ferner davon auszugehen, dass der in globalen Agreements vereinbarte Preis geringer ausfällt, als der in Abbildung 6-6 (S. 166) eingezeichnete Durchschnittspreis. Der Grund dafür ist die bessere Verhandlungsbasis des Kunden aufgrund der kumulierten Mengen. Damit wird er sich bei Preisverhandlungen am bisher international niedrigsten Preis orientieren. Aus diesem Grund können auch Transferzahlungen für Vertriebspartner aus Hochpreisländern nicht den vollständigen entgangenen Umsatz ausgleichen. Auf lange Frist verhindert ein solches Vorgehen aber zumindest, dass grosse Teile der key-accountbezogenen Nachfrage in Niedrigpreisländer abwandern. Damit liegt dieses Vorgehen auch im Interesse der einflussreichen lokalen Geschäftsführer. 6.3.2.2 Horizontale Koordination zwischen Geschäftsbereichen Wenn bisher vom Hersteller oder der „Zentrale“ die Rede war, wurden unter diesem Begriff diejenigen zentralen Aufgabenträger verstanden, die durch die Koordination und Unterstützung der Vertriebspartner zur Erfüllung von Vertriebsaufgaben beitragen (s. Reckenfelderbäumer 2001, S. 253 f.). Eine besondere Herausforderung stellt sich, wenn eine Vertriebsorganisation von verschiedenen Geschäftsbereichen bzw. Business-Units genutzt wird. Aus Sicht der Vertriebspartner existieren dann mehrere Zentralen: Die verschiedenen Geschäftsbereiche stehen sich mit ihren Produkt- und Leistungsspektren im Wettbewerb um die Ressource „Vertriebsorganisation“ gegenüber (Kullmann/Kühl 1998, S. 43). Dabei können sich Strategien, Zeitpläne und Anforderungen der Geschäftsbereichsleiter in der „Zentrale“ massgeblich unterscheiden, da die Marketingabteilungen der Bereiche ihre Pläne zur Markteinführung und -bearbeitung weitgehend unabhängig voneinander ausarbeiten (Kullmann/Kühl 1998, S. 43). Hierdurch entstehen unterschiedliche Anforderungen und Vorgaben, die aus Sicht der Vertriebspartner oftmals widersprüchlich und teilweise weder inhaltlich noch zeitlich mit- Kapitel 6 168 einander vereinbar sind. Hierdurch werden die von den Geschäftsbereichen unabhängig voneinander entwickelten Pläne im Ergebnis ihrer Umsetzung interdependent. Eine Untersuchung von Thomaszik/Hanser (2004, S. 36) betont die Bedeutung dieses Aspektes. 35.8 Prozent der Befragten nennen die Verbesserung der internen Schnittstellen zwischen verschiedenen Unternehmensbereichen und Abteilungen als wichtigsten Ansatzpunkt bei der Optimierung ihrer Vertriebsorganisation. Auch Hungenberg (1992, S. 349) weist auf die Wertbeiträge hin, die von der Zentrale durch eine horizontale Koordination der damit interdependenten Geschäftsbereiche erreicht werden können (s. Abbildung 6-7, S. 168). UnternehmensUnternehmensleitung leitung Geschäftsbereich A Geschäftsbereich B Geschäftsbereich C Internationale Division Region 1 • Land 1 • Land 2 • ... Region 2 • Land 1 • Land 2 • ... Region 3 • Land 1 • Land 2 • ... Abbildung 6-7: Geschäftsbereiche und internationale Vertriebsorganisation (In Anlehnung an Kutschker/Schmid 2002, S. 486) Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit Vertriebsgesellschaften entstehen vor allem dadurch, dass sich die Geschäftsbereichsstrukturen häufig nicht auch in den Tochtergesellschaften wieder finden (Lach 2001, S. 63). Das ist insbesondere in kleineren Märkten der Fall, in denen wenige Mitarbeiter ein dementsprechend breites Produktportfolio bedienen. Zu Konflikten kommt es, da jeder Geschäftsbereich zunächst die eigenen Ziele anstrebt und von der Vertriebsorganisation eine besondere Aufmerksamkeit für seine Produkte fordert (Lach 2001, S. 63; Kullmann/Kühl 1998, S. 44). Es resultiert ein Interessenkonflikt für die Tochtergesellschaft, da Ressourcen bei anderen Produkten abgezogen werden müssen, um sich um ein neues Produkt zu kümmern. Als Antwort hierauf erhöhen Geschäftsbereichsleiter häufig ihren Druck auf die Vertriebs- Vertriebsgestaltung des Herstellers 169 partner, wenn sie der Meinung sind, ihre Produkte würden vernachlässigt (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Hierdurch entstehen Fronten und Konflikte, was dauerhaft einer wirksamen Marktbearbeitung entgegenstehen muss. Alternativ zur Machtausübung besteht für Geschäftsbereichsleiter die Möglichkeit, sich dem internen Wettbewerb um die Gunst der Vertriebsorganisation zu stellen und zu versuchen, ihre Aktivitäten besser auf die Bedürfnisse der Vertriebspartner abzustimmen. Durch eine offene Kommunikation, frühzeitige und umfassende Informationen z. B. über den Markt des neuen Produktes sowie kommerzielle und technische Unterstützung können Tochtergesellschaften das neue Produkt ressourcengünstiger ins Sortiment aufnehmen. Sie erhalten dadurch den Anreiz, die Produkte der Geschäftsbereiche zu unterstützen, die ihnen dafür die beste Ausgangssituation schaffen. Aus Sicht des Gesamtunternehmens ergeben sich aus diesem internen Wettbewerb Vorteile, da sich die Leistungsfähigkeit der Vertriebsorganisation im Gegensatz zu einer machtbasierten Lösung stetig verbessert. Es handelt sich um eine Form der Selbstkoordination. Als wichtige Voraussetzung hierfür müssen allerdings machtbasierte Lösungen verhindert werden, die den internen Marktmechanismen entgegenstehen. Auf Unternehmensebene besteht bis zu einem gewissen Grad alternativ auch die Möglichkeit, eine direkte inhaltliche und zeitliche Abstimmung der Marketingpläne der verschiedenen Bereiche vorzunehmen (Kullmann/Kühl 1998, S. 45), wie z. B. durch eine Stabsstelle unter der Verantwortung des Leiters der internationalen Division. Nur wenn die Marketingpläne der Geschäftsbereiche einer gewissen Kontrolle unterliegen, kann sichergestellt werden, dass Vertriebspartner und Kunden ein stimmiges Bild des Gesamtunternehmens erhalten. Fallbeispiel 6-2 zeigt, wie das Unternehmen Emhart Glass durch eine Rezentralisierung von Entscheidungen ihre Koordination verbessert hat. Interne Koordination durch Central Sales Administration (CSA) Emhart Glass S.A., Cham, Schweiz Die Emhart Glass S.A., eine Tochter der Bucher Industries mit Sitz in Cham (CH), ist ein weltweit führender Hersteller von Maschinen für die Glasbehälterindustrie (s. auch Fallbeispiel 3-1, S. 51). Zu ihren Produkten gehören Maschinen für Glaskonditionierung, zum Formen von Behältern bis zur Konfektion der Flaschen sowie Maschinen für die optische Endkontrolle von Glasbehältern. Die etwa 900 Mitarbeiter erwirtschafteten im Jahr 2003 einen Umsatz von ca. 263.9 Mio. CHF. Zum Vertrieb setzt das Unternehmen primär auf eigene Tochtergesellschaften, vor allem in kleineren Märkten werden aber auch unabhängige Vertretungen hinzugezogen. Gerade in den wichtigsten Märkten ist das Unternehmen mit Tochtergesellschaften vertreten, deren Handlungsspielraum beim profitablen Verkauf von Maschinen und Ersatzteilen ursprünglich nur durch die Höhe der Transfer- Kapitel 6 170 preise begrenzt war, die beim internen Bezug an die „Manufacturing Units“ zu entrichten waren (siehe Abbildung „Initial Setup“). Initial Initial Setup Setup Group Group IT Transfer Price Production Planning Manufacturing IT Specialized Manufacturing Units In each Unit Market Pricing Acquisition Specification Quoting (Manufacturing) Invoicing IT Sales Units Customers Customers Eine kunden- und wettbewerbsseitige Konzentration des Marktes sowie rückläufige Wachstumsraten forderten eine bessere Koordination der internen und internationalen Aktivitäten. Die geringere Auslastung der Produktion, sinkende Marktpreise und hohe Overheadkosten in den Vertriebsgesellschaften belasteten das Ergebnis des Unternehmens. Die länderübergreifende Koordination von Preisen und Konditionen wurde durch die dezentrale Organisation weiterhin erschwert. Weder die Aktivitäten der Manufacturing Units, die ihre Produktlinien über die gleiche Verkaufsorganisation vertreiben, konnten in dieser Konstellation koordiniert werden. Noch konnten Redundanzen in den dezentralen Vertriebseinheiten vermieden werden. Um Kosten zu senken und die interne Koordination zwischen den verschiedenen Akteuren voranzutreiben, wurde eine Reorganisation durchgesetzt. Dazu wurden wesentliche Managementkompetenzen aus den Ländergesellschaften abgezogen und in einer zentralen Stelle, der so genannten „Central Sales Administration“ konzentriert (s. Abbildung „New Setup“). New New Setup Setup Specialized Manufacturing Units Production Planning Manufacturing Group Group with withCSA CSA 1x Market Pricing Specification Quoting Invoicing IT Acquisition Sales Units Customers Customers Die Central Sales Administration (CSA) übernimmt sämtliche administrativen Vertriebsentscheidungen und stellt den Vermittler zwischen den Manufacturing Units und den Vertriebsgesellschaften dar. Vertriebsgesellschaften konzentrieren sich nun ausschliesslich auf Aufgaben der Marktbearbeitung und werden von Backofficeaktivitäten befreit. CSA übernimmt diese Aufgaben und stimmt die Aufträge und Spezifikationen mit den Produktionseinheiten ab. Interne Informationen und solche über die Märkte werden damit in einer Stelle konzentriert. Das Unternehmen reduziert damit die Komplexität für die einzelnen Produktions- und Vertriebseinheiten und verbessert nachhaltig die interne Kommunikation und Abstimmung. Fallbeispiel 6-2: Central Sales Administration (CSA) bei Emhart Glass S.A. (Hatz 2004, S. 19 ff.) Vertriebsgestaltung des Herstellers 6.3.2.3 171 Trennung von Koordination und Unterstützung Nach Hungenberg (1992, S. 342) muss die Zentrale, wie alle anderen Unternehmensbereiche zunehmend ihren Beitrag zur Steigerung des Unternehmenswertes nachweisen und damit ihre Existenzberechtigung sichern. Zu den zentralen Aufgaben der Zentrale gehören, wie bereits betont wurde, die Koordination und Unterstützung der Vertriebspartner zur Erfüllung der Vertriebsaufgaben (s. Reckenfelderbäumer 2001, S. 253). Die Qualität mit der die Zentrale beide Aufgabenbereiche erfüllt, kann demnach als Kriterium zur Beurteilung der zentralen Leistungsfähigkeit herangezogen werden (Hungenberg 1992, S. 341). Die Unterstützung durch die Zentrale wird auch von Vertriebspartnern als wichtiges Beurteilungskriterium herangezogen. Dazu gehören finanzielle Hilfen, Dokumentationen und Verkaufsmaterial sowie die Bereitstellung von kunden- und wettbewerbsbezogenen Informationen. Je stärker die Vertriebsmanager der Zentrale allerdings neben der Koordination auch gleichzeitig Aufgaben der Unterstützung übernehmen und verantworten, desto mehr besteht die Gefahr der Unangreifbarkeit ihrer Leistung. Fehlende oder mangelhafte Unterstützung der Vertriebspartner kann leicht vom involvierten Vertriebsmanager durch überzogene Forderungen der Vertriebspartner begründet und abgetan werden, um nicht die eigene Leistungsfähigkeit in Frage zu stellen. Eine personelle Verquickung von Koordinations- und Unterstützungsaufgaben steht damit einer differenzierten Beurteilung und Kritik im Wege. Eine höhere Leistungsfähigkeit der Vertriebsorganisation, die durch eine optimale Unterstützung der Vertriebspartner erreicht werden kann, wird hierdurch erschwert. Es bedarf deshalb einer eindeutigen Kompetenzabgrenzung zwischen koordinierenden und unterstützenden Akteuren sowie einer Kontrollinstanz, die nicht gleichzeitig unmittelbare Verantwortung für die Unterstützungsleistungen besitzt und im Stande ist, disziplinarische Massnahmen einzuleiten (s. Abbildung 6-8, S. 172). Hungenberg (1992, S. 353) geht sogar soweit, eine rechtliche Unabhängigkeit zentraler „Service-Center“ zu fordern, deren Leistungen nach Möglichkeit marktpreisorientiert abgerechnet werden. Dem schliesst sich Reckenfelderbäumer (2001, S. 263) an, der betont, dass ohne marktähnliche Gestaltungsspielräume von den Servicebereichen nicht ernsthaft verlangt werden könne, wettbewerbskonforme und kundenorientierte Verhaltensweisen an den Tag zu legen. Ausserdem sei es unverzichtbar, Anforderungen wie Qualität, Liefertreue und Gewährleistung zu marktüblichen Bedingungen für die Leistungen der Zentralfunktionen festzulegen (Hungenberg 1992, S. 353). Koordi- Kapitel 6 172 nations- und Unterstützungsleistungen der Zentrale werden dadurch transparent und für eine Beurteilung zugänglich. Durch die personelle Trennung der Verantwortlichkeiten für Koordination und Unterstützung, wie sie in Abbildung 6-8 gezeigt wird, wird zudem die Unterstützung der Vertriebspartner als eigenständige wertschaffende Aufgabe betont. Die Form, in der diese Trennung in Organisationen realisiert wird, hängt sicherlich u. a. von der Grösse und Finanzkraft des Herstellerunternehmens ab. Ein geeigneter Ansatz, der die Transparenz und Verlässlichkeit zentraler Leistungen erhöht, stellt z. B. die Vereinbarung von „Service-Level-Standards“ dar. Dieser wird in Absatz 6.3.7.3 (S. 220 ff.) näher erläutert. UnternehmensUnternehmensleitung leitung Geschäftsbereich C Geschäftsbereich B Geschäftsbereich A Shared-Service Center Service Level Agreements Internationale Division Land 1 Land 2 Land ... Abbildung 6-8: Organisatorische Trennung von Koordinations- und Unterstützungsfunktion Der Einsatz von Service-Centers erfreut sich in den letzten Jahren grosser Beliebtheit. Vor allem administrative Leistungen wie rechtliche, technische, wirtschaftliche und steuerliche Beratung, Logistikdienstleistungen, Marktforschung, Buchhaltung zentraler Rechnungserstellung sowie IT-Dienstleistungen werden bereits in hohem Masse durch zentrale Service-Centers realisiert (Reckenfelderbäumer 2001, S. 263; Neilson et al. 2005, S. 3). Weltweit und auch auf regionaler Ebene realisieren diese einen Grossteil von Unterstützungsleistungen, die bisher vor allem Backoffice-Aufgaben betreffen. Einer aktuellen Studie von Booz Allen Hamilton zufolge wird sich der Einsatzbereich der Shared-Service-Center jedoch in Zukunft auch bis hin zur Unterstützung bei kundenbezogenen Prozessen erstrecken (s. Neilson et al. 2005). Hierdurch können einerseits eine grosse Anzahl an lokalen Aktivitäten zentralisiert werden, wodurch Synergien entstehen. Andererseits wird Vertriebspartnern eine hohe Qualität der Unterstützung garantiert. Das entlastet die administrativen Prozesse des Vertriebsgestaltung des Herstellers 173 Vertriebspartners weitgehend, der sich daher zunehmend auf seine Kernkompetenz, die Kundenbetreuung, konzentrieren kann. 6.3.2.4 Honorierungssysteme für zentrale Einheiten In der Literatur zum Vertriebsmanagement wurde die Thematik der Honorierungssysteme bereits vielfältig aufgegriffen und diskutiert (s. Belz/Reinhold 1999a, S. 159; Krafft 1995). Die Diskussion bezieht sich allerdings weitgehend auf Vergütungsfragen, die Tochtergesellschaften, Vertretungen oder Aussendienstmitarbeiter betreffen. Bedingungen und Anforderungen an Honorierungssysteme für die zentralen Einheiten, die aus der Bedeutung der Vertriebspartner resultieren, wurden dabei nicht formuliert. Wenn die Zufriedenheit der Vertriebspartner mit den Leistungen der Zentrale jedoch als wichtige Voraussetzung für den Erfolg einer internationalen Unternehmung begriffen wird, muss diese im Zielsystem der Zentrale messbar erfasst, überprüft und incentiviert werden. Auch Mitarbeiter der Zentrale müssen sich für die Qualität ihrer Leistungen verantworten und werden dadurch zu Höchstleistungen motiviert. Dies ist offenbar nur selten der Fall. Wie Belz/Reinhold (1999a, S. 23) betonen, müssen sich Zentralen oft nur an sich selbst messen. Zu den herkömmlichen Grössen wie Kosten, Umsätzen, Deckungsbeiträgen und Verkäufen müssen weitere Kennzahlen hinzutreten, die die Leistungsfähigkeit der Zentrale in Bezug auf die Koordination und Unterstützung der Vertriebspartner widerspiegeln. Hierzu können einerseits weitere objektive Kennzahlen herangezogen werden, die Aufschluss über die erbrachte Leistung der Zentrale geben. So spielen die Lieferzuverlässigkeit und Lieferdauer aus Sicht von Vertriebspartnern und Kunden eine zentrale Rolle bei der Beurteilung eines Herstellers (Lach 2001, S. 290). Aber auch Kennzahlen wie die Abwanderungsrate von Vertriebspartnern als Resultat der Zusammenarbeit kann Aufschluss über die Art und Weise geben, mit der es der Zentrale gelingt, die Anforderungen der Marktpartner zu erfüllen. Um einen direkten und für verschiedene Gestaltungsbereiche differenzierten Eindruck der Zentrale zu erhalten, kann auch subjektives Datenmaterial für die Beurteilung der Zentrale hinzugezogen werden. Durch eine Indexierung der Zufriedenheitswerte kann ein Zeitvergleich wertvolle Hinweise geben, inwieweit es dem Hersteller gelingt, auf die verschiedenen Anforderungsbereiche der internationalen Vertriebsorganisation zu reagieren. Durch die Befragung der Vertriebspartner erhält man neben einer Beurtei- Kapitel 6 174 lungsgrundlage für die Leistungsqualität der Zentrale auch Hinweise für die Gestaltung der Vertriebsorganisation. Objektive Objektive Kennzahlen Kennzahlen Klassische Grössen Erweiterte Grössen • Umsätze, • Verfügbarkeiten, • Deckungsbeiträge, • Lieferzuverlässigkeit, • Kosten, • Lieferdauer, • Gewinn, • Innovationsrate, Neuprodukteinführungen, • Marktanteile. Subjektive Subjektive Kennzahlen Kennzahlen • Vertriebspartnerfluktuation, Produkte 7 6 Information 5 4 Zuverlässigkeit 3 2 1 Kultur Support • Konditionalstrafen, Vertragsstrafen, • Anzahl juristischer Verfahren. Daten aus der Buchhaltung und dem Controlling Abbildung 6-9: Soziales Konditionen Zufriedenheits-Befragung unter Vertriebspartnern Objektive und subjektive Kennzahlen zur Beurteilung der Zentrale 6.3.3 Ansatzpunkte der Koordination in vertikalen Strukturen Neben der Koordination der zentralen Einheiten stellt auch die Koordination in vertikalen Organisationsstrukturen einen wichtigen Ansatzpunkt dar, um die Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern zu verbessern. Wichtige Ansätze zur Koordination sind dabei zum einen der Einsatz von Regionalzentren und zum anderen die Verzahnung des Personalmanagements. Beide Ansätze werden im Folgenden dargestellt. 6.3.3.1 Regionalzentren statt weltweites Vorgehen Neben Funktionen, Geschäftsbereichen und Produkten kann als primäres Strukturierungskriterium auf der ersten Hierarchieebene nach der Unternehmensleitung auch der Regionalaspekt stehen (Kutschker/Schmid 2002, S. 503). Egelhoff (1982) betont, dass Regionalstrukturen vor allem dann von Unternehmen gewählt werden, wenn sie in einem hohen Umfang international tätig sind, starke regional- und länderspezifische Anpassungen notwendig sind und Verhandlungen mit ausländischen Regierungsstellen, Behörden oder Verbänden eine zentrale Rolle für den Geschäftserfolg spielen. Top-Manager der Regionalsparten sowie deren Ressorts können sowohl in der Zentrale als auch in der betreffenden Region ihren Sitz haben. Allerdings bietet es sich häu- Vertriebsgestaltung des Herstellers 175 fig an, die Regionalbereiche in den entsprechenden Regionen anzusiedeln und nicht am Stammsitz der Unternehmung (Kutschker/Schmid 2002, S. 505). Dafür spricht vor allem die grössere Nähe zum Markt, aber auch das Argument des politischen Einflusses. Regionalzentren können als unabhängige rechtliche Gesellschaft aufgestellt werden, die sich weder im Stammhaus noch in den Länderniederlassungen befindet (Schütte 1996, S. 29). Es ist aber im anderen Extrem auch denkbar, einzelne Manager des Stammhauses oder von Niederlassungen als kleinste organisatorische Einheit für regionale Verantwortlichkeiten einzusetzen (Schütte 1996, S. 29). Unabhängig von ihrer organisatorischen Aufstellung repräsentieren Regionalzentren damit gegenüber der Zentrale gewissermassen als „Botschafter“ die verschiedenen Regionen (Frese 1995, S. 421) und anderseits gegenüber den Vertriebspartnern die regionalen Interessen der Zentrale. Regionalzentren managen damit die Spannung zwischen den zentralen Effizienzwünschen des Herstellers und den Bemühungen der Ländergesellschaften nach lokaler Effektivität (Sullivan 1992, S. 238). Der häufig notwendigen Anpassung von Strategien an Regionen, Ländergruppen und Ländermärkten kann durch eine Regionalorganisation besser Rechnung getragen werden. Gleichzeitig ermöglicht sie eine bessere Nutzung von lokalem bzw. regionalem Know-How (Kutschker/Schmid 2002, S. 504). Sowohl kulturelle als auch informationsbezogene Distanzen zu den Vertriebspartnern können in hohem Masse überwunden werden. Durch die Einrichtung von Regionalstrukturen kann damit ein wichtiger Schritt zur Absicherung der Kooperation zwischen der Zentrale und den Landesgesellschaften unternommen werden. Fallbeispiel 6-3 zeigt, wie die Bosch Sicherheitssysteme GmbH ihren Vertrieb in der Asien-Pazifik-Region durch den Einsatz einer Regionalzentrale professionalisierte. Regional Headquarters manages Asia-Pacific operations Bosch Security Systems Pte Ltd., Singapore, Singapore As part of the Robert Bosch Group, established in Germany in 1886, Bosch Security Systems grew out of the former Bosch Telecom in 1984. The company was, however, involved in security business much earlier than this, since as early as 1921. Although the history of Bosch Security Systems is relatively short, the history of its parent company and the origins of its Asia-Pacific headquarters are rather more extensive. Today Bosch has sales in excess of EUR 36 bn in 2003 and is active in 38 countries around the world, spread over five continents. Bosch Security Systems is a division of Bosch that develops, manufactures and sells a range of fire, intrusion, CCTV, access control, management and communication products including public address, voice alarm and conference microphones. Bosch Security Systems has its main headquarters in Germany and also regional headquarters for Europe, the Middle East and Africa, for the Asia-Pacific region and the US. Bosch Security Systems Asia-Pacific has more than 750 employees and operates regional sales offices in Australia, New Zealand, Malaysia, Indonesia, Thailand, Philippines, Taiwan, Japan, Hong Kong/China, India, Vietnam and South Korea. The headquarters for the Asia-Pacific- Region is in Singapore, where its main business is in video products and systems (CCTV), communications and Kapitel 6 176 intrusion detection. The headquarters is run by Bosch Security Systems Asia Pacific VP Philippe Huinck and deputy VP James Ang. Dutch by birth, Huinck has held his position since 2002, after 11 years of holding various management positions in the US, Netherlands, Hong Kong and Singapore. Ang is a Singaporean who worked for Philips Electronics for 18 years holding positions in Vietnam, Indonesia and Singapore. Together they steer the Asia-Pacific business. South Korea China HQs HQs Bosch BoschSecurity Security Systems Systems Regions North America Hong Kong India Headquarters (HQs) Japan Thailand Taiwan Vietnam Philippines Malaysia Latin America Asia Pacific (Singapore) Europe, Middle East, Africa RHQs Singapore Indonesia Regional sales offices Australia, Hong Kong/China, India, Indonesia, Japan, Malaysia, New Zealand, Philippines, South Korea, Taiwan, Thailand, Vietnam. Australia New Zealand ‘Bosch Security Systems is committed to its strategy of developing a global presence and has chosen Singapore as its strategic location for its regional headquarters to better serve our customers in the Asia-Pacific region,’ says Singapore marketing manager Madeline Hia. ‘This regional operation of 42 people offers front-office/back-office functions such as sales, marketing, technical and customer support, training, logistics, finance and accounting. It also serves as a regional logistics hub providing support to its customers and sales subsidies in the region.’ As Asia is one of the most diverse regions in the world, the company’s approach to business is shaped accordingly: ‘Our strategy is to have local people in the local market to deal with the local customers,’ Hia explains. ‘The key is to have local team to obtain first hand information about local requirements. Then we can provide the best support to the individual market. We want to continue to build brand awareness, expand our business and grow market share in the market. Our intention is to make business grow faster in this region.’ ‘The Asia-Pacific is likely one of the most diverse regions in the world,’ Huinck confirms. ‘We cover Pakistan to New Zealand, and Japan to Indonesia. Some markets, such as Japan and Singapore, are more developed than many European countries – they all have different languages, currencies and policies so our strategy is to have local people in local markets to deal with local customers. There is no exception to this rule. ‘Take China,’ he continues. ‘Five years ago, we hardly had any manuals in Chinese but the sales people were saying that they needed local manuals. Now almost everything is available in Chinese. Even the software is in Chinese. The Japanese want everything to be perfect. They have a list of requirements and if your product hits 98 points out of a total of 100, say, that means they are not ready to buy it. If you want to do business in Japan, you have to make sure that your products meet all of their requirements.’ Fallbeispiel 6-3: Regionalzentrum Asia-Pacific der Bosch Sicherheitssysteme GmbH (Bosch 2005) Vertriebsgestaltung des Herstellers 6.3.3.2 177 Verzahnung der Aufgaben des Personalwesens Ein weiterer Ansatzpunkt für die Koordination der Zusammenarbeit mit internationalen Vertriebspartnern liegt in einer engen Verzahnung bei den Aufgaben des Personalwesens (Homburg/Krohmer 2003, S. 1037; Krafft/Haase 2004, S. 16; Walti 1999, S. 224). Die dezentrale Struktur und die heterogenen Anforderungen an Mitarbeiter schaffen im Vertrieb eine besonders hohe Komplexität (Homburg/Krohmer 2003, S. 1037 f.). Die Zusammenarbeit mit internationalen Vertriebspartnern erfordert eine sorgfältige Mitarbeiterselektion und eine gezielte Mitarbeiterentwicklung. Die hohe Bedeutung einer systematischen Mitarbeiterselektion für zentrale und dezentrale Aufgaben in der Vertriebsorganisation ergibt sich aus dem beträchtlichen Risiko, das mit Fehleinstellungen verbunden ist (Homburg/Krohmer 2003, S. 1039). Hohe Weiterbildungskosten im Fall mangelnder Fähigkeiten der neuen Mitarbeiter, eine hohe Mitarbeiterfluktuation, die damit verbundenen Kosten sowie die Beeinträchtigung von Kundenbeziehungen sind Beispiele für Konsequenzen, die aus einer fehlerhaften Mitarbeiterselektion resultieren können (s. Homburg/Krohmer 2003, S. 1040). Walti (1999, S. 224) betont deshalb, dass eine Methodik zu entwickeln sei, um potenzielle Kandidaten systematisch zu evaluieren. Hersteller und Vertriebspartner können dazu gemeinsame Anforderungsprofile erarbeiten (Walti 1999, S. 224), die sowohl die lokalen Marktbedingungen als auch die Unternehmenssituation des Herstellers berücksichtigen. Wichtige Variablen eines solchen Anforderungsprofils können bspw. sein: Ausbildung, Branchenerfahrung, technologische Kompetenz, sprachliche Kompetenz, Datenbank- und Softwarekenntnisse, Persönlichkeitsmerkmale sowie persönliche Netzwerke (Cespedes 1995, S. 62 f.). Durch den Einsatz gemeinsamer Rekrutierungsrichtlinien können auf diese Weise Mitarbeiter in Zentrale und bei Vertriebsgesellschaften gewonnen werden, die durch gemeinsame und übergreifende Fähigkeiten eine Zusammenarbeit erleichtern (Krafft/Haase 2004, S. 16; Cespedes 1995, S. 62). Klumpp (2000, S. 179 ff.) misst der gemeinsamen Mitarbeiterentwicklung eine besonders hohe Bedeutung bei. Hierbei ist der organisationsübergreifende Personaleinsatz besonders hervorzuheben. Durch Personalrotation oder temporäre Mitarbeitertransfers können neben einem sachlichen Informationsaustausch ein emotionaler Fit zwischen zentralen und dezentralen Einheiten hergestellt werden (Klumpp 2000, S. 179; Edstrom/Galbraith 1977, S. 255). Manche Hersteller beziehen einen mehrmonatigen Arbeitsaufenthalt bei einem internationalen Vertriebspartner als Station für Führungsnachwuchs vor der Übernahme von Tätigkeiten im Stammhaus mit ein. Durch den personellen Austausch erhalten Mitarbeiter einen tiefen Einblick in die Interessen, die 178 Kapitel 6 Denk- und Arbeitsweise ihres Counterparts, wodurch die Entwicklung der Vertriebsorganisation eine ganzheitliche Sichtweise erhält. Die Intensität der Personalrotation wird dabei durch die Anzahl der ausgetauschten Mitarbeiter, die Dauer des Austausches und die Aufgaben, die in der anderen Funktion übernommen wurden, bestimmt (Klumpp 2000, S. 180). Allerdings sind für die Umsetzung einer solchen Rotation in der Praxis häufig interne Hürden zu überwinden. Ausgetauschte Mitarbeiter können nicht von Beginn an mit voller Produktivität an einer neuen Aufgabe arbeiten. Deshalb verlangt ein solches Vorgehen von den Beteiligten die Überzeugung, dass sich kurzfristige Produktivitätsverluste langfristig in Form von verminderten Reibungsverlusten, einer effizienteren Vertriebsorganisation und damit höheren Verkaufsergebnissen auszahlen. Eine weitere Möglichkeit, um zentrale und dezentrale Organisationseinheiten im Rahmen des Personalwesens mental und personell enger zu verbinden, besteht in durchlässigen Karrierepfaden (Krafft/Haase 2004, S. 16). In vielen Traineeprogrammen, die auf zentrale Führungspositionen im Verkauf hinführen, wird vorgeschrieben, dass vorher eine mehrjährige Tätigkeit im dezentralen Verkauf wahrgenommen werden muss. Auch hierdurch wird ein ganzheitliches Denken der Führungskräfte unterstützt, das sich in der Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Organisationseinheiten bemerkbar macht. Fallbeispiel 6-4 zeigt, wie die Royal Dutch/Shell Group durch gezielte Unterstützungskonzepte den internationalen Transfer von Mitarbeitern in der Gruppe vorantreibt. Internationale Mitarbeitertransfers durch „Dual Career Couples“ Royal Dutch/Shell Group, London, England Die Royal Dutch/Shell Gruppe ist eine der grössten Unternehmensgruppen der Welt. Sie entstand im Jahr 1907 aus einem Zusammenschluss der N.V. Koninklijke Nederlandsche Petroleum Maatschappij, Den Haag, und The "Shell" Transport and Trading Company p.l.c., London. Im Jahr 2003 belief sich der Nettogewinn der Gruppe auf Basis laufender Kosten auf USD 12.5 Mrd. In den fünf Geschäftsbereichen Exploration und Förderung von Öl und Erdgas, Verarbeitung und Vertrieb von Mineralöl, Erdgas/Strom, Chemie und erneuerbare Energien werden rund 115’000 Mitarbeiter in über 145 Ländern weltweit beschäftigt. Eine Karriere auf dem Berufsweg zwischen dem 25. bis zum 60. Lebensjahr umfasst bei Shell etwa zehn bis zwölf Positionen. Die permanente theoretische Aus- und Weiterbildung erfolgt durch interne und externe Kurse. Einen zentralen Stellenwert nimmt das Training „on the job“ ein. Zur Karriere gehören vor allem für Hochschulabsolventen, die zu einem späteren Zeitpunkt Führungsverantwortung übernehmen wollen, auch Auslandsaufenthalte. Dafür existieren verschiedene Programme: • Eurodevelopment Assignments: Einsätze von zwei bis drei Jahren für junge Mitarbeiter bis 35 Jahre innerhalb Europas, teilweise auch weltweit. Vertriebsgestaltung des Herstellers 179 • Europrofessional Assignments: drei- bis fünfjährige Einsätze für erfahrene Mitarbeiter, Spezialisten oder Manager, die zum Gelingen in einer anderen Niederlassung beitragen. • International Employment: Mitarbeiter, die für eine internationale Laufbahn angestellt werden. Bei Shell waren 1996 laut einer internen Studie rund 5'700 Mitarbeiter ausserhalb ihres Heimatlandes beschäftigt, das sind rund 5.35 Prozent aller Mitarbeiter. Es handelt sich um so genannte „Expatriates“, die für eine Zeitspanne von drei bis vier Jahren versetzt werden. Auch Job-Rotation wird im Unternehmen bereits seit Anfang des Jahrhunderts eingesetzt und wird als absolute Selbstverständlichkeit gesehen. Job-Rotation bietet rund einem Viertel aller Mitarbeiter die Gelegenheit, ihre Stelle etwa im Dreijahresrhythmus innerhalb der Firmengruppe zu wechseln. Shell betrachtet die internationalen Arbeitsaufenthalte im Rahmen der Karriereentwicklung für einen wesentlichen Erfolgsfaktor des Unternehmens. Um die Bereitschaft der Mitarbeiter für internationale Transfers zu erhöhen, hat sich Shell ausgiebig mit den Hemmnissen beschäftigt, die Mitarbeiter von einem Transfer abhalten. Es wurden Konzepte entwickelt, die auch die privaten Umstände der Mitarbeiter berücksichtigen, die in den häufigsten Fällen Grund für eine Ablehnung der internationalen Transferprogramme darstellten. Unter dem Schlagwort „Dual Career Couples (DCC)“ wurden Lösungen entwickelt, die an der gemeinsamen Lebensplanung von Mitarbeitern und deren Ehepartnern ansetzen. Die Abbildung zeigt Instrumente, die im Rahmen des DCC-Programmes eingesetzt werden. TOOLS TOOLS zur zurFörderung Förderungvon von„Dual „DualCareer CareerCouples“ Couples“ Unterstützung beim Bewerben Datenbank HERMES Freistellungen Network Career Spouses Network Interne Vakanzenliste Teilzeit, Freizeit Finanzielle Unterstützung Kinderbetreuung Versetzungsentschädigung Die gruppeninterne Mitarbeiterdatenbank „Hermes“ enthält nicht nur Daten über rund 35'000 Mitarbeiter. Darüber hinaus sind Angaben darüber erfasst, ob Partner grundsätzlich an einer Stelle bei Shell interessiert sind, ob der Partner den Kandidaten bei einem internationalen Einsatz begleiten würde und falls ja, ob dieser von Shell oder einer befreundeten Firma angestellt werden sollte. Das „Career Spouses Network“ umfasst 35 internationale Konzerne, die eine Vereinbarung getroffen haben, sich gegenseitig über offene Stellen zu informieren und die begleitenden Partner zu berücksichtigen. Hierdurch wird es erleichtert, für Partner eine Stelle zu finden, selbst wenn Shell keine geeignete Vakanz besitzt. Über E-Mail werden wöchentliche Vakanzen in der gesamten Unternehmensgruppe veröffentlicht. Für die Bewerbung bei anderen Firmen steht bei Shell eine interne Beratungsstelle zur Verfügung, die den begleitenden Partnern hilft, die richtige Form der Bewerbung zu finden, Präsentationsfähigkeiten zu verbessern und damit Berufschancen in fremden Ländern zu optimieren. Um ein schnelles und rationelles Einleben zu erleichtern, stellt Shell Mittel und Ideen zur Verfügung, um auf freiwilliger Basis ein Netzwerk aufzubauen, das nicht selten von den nichtberufstätigen Partnern geleitet wird. Darüber finanziert der Konzern für den berufsbedingten Studienwechsel eines Partners Aus- und Weiterbildungsmassnahmen, um sich den veränderten Bedingungen anzupassen. Die finanzielle Kompensation ist bei Shell grosszügig. Auch Pendlerlösungen („grass widower“) werden finanziell unterstützt, da neben den Reisekosten auch zusätzliche Kosten für eine zweite Wohnung, für Haushaltshilfen oder bei der Kinderbetreuung anfallen. Arbeiten beide Partner bei Shell, kann einer der beiden für eine Zeit von drei bis vier Jahren freigestellt werden. Die Pensionskasse, andere Versicherungen sowie die Sicherheit des Arbeitsplatzes bleiben in diesem Fall bestehen. Bei gewissen Stellen existiert die Möglichkeit des Jobsharing und der Teilzeitbesetzung. Im Jahre 1992 Kapitel 6 180 wurde der Bedarf nach Kinderkrippen und Horten untersucht, konnte aber nicht nachgewiesen werden. Bisher werden Kinder von Expatriates ab drei Jahren in der Regel auf Kosten der Shell in Internaten und Privattagesschulen ausgebildet, worüber das Paar eigenständig entscheidet. Es muss betont werden, dass nicht alle genannten Punkte in sämtlichen Ländern umgesetzt werden konnten. In der Schweiz ist es bspw. für Partner von Ausländern aufgrund fehlender Arbeitsbewilligungen nicht gestattet zu arbeiten. In anderen Ländern konnten Massnahmen aufgrund von religiösen oder kulturellen Gründen nicht umgesetzt werden. Jedoch schafft Shell für seine Mitarbeiter vergleichsweise gute Voraussetzungen für eine Vereinbarkeit des Auslandsaufenthaltes mit der persönlichen Situation. Hier liegt sicherlich der Grund für eine besonders hohe Akzeptanz der Auslandseinsätze und die hohe Anzahl von Expatriates im Unternehmen. Shell schafft damit die Voraussetzung für eine gute Zusammenarbeit in der internationalen Organisation. Fallbeispiel 6-4: „Dual Career Couples“ bei der Royal Dutch/Shell Group (Kuenzle 1997, S. 181-200; Shell 2004) 6.3.4 Koordination durch Organisation in Teams Neben den Koordinationsansätzen durch Gestaltung der Primärorganisation gewinnen in den letzten Jahren Ansätze der Teamorganisation zunehmend an Bedeutung. Im Folgenden werden Einsatzmöglichkeiten der Teamorganisation diskutiert, die Hersteller in der Zusammenarbeit mit internationalen Vertriebspartnern bei Planungsprozessen, dem Neuproduktmanagement und der Kundenbetreuung unterstützen. 6.3.4.1 Koordinations- und Planungsteams Wie bereits aufgezeigt, sind in internationalen Vertriebsorganisationen eine Vielzahl von komplexen Entscheidungen zu treffen, die verschiedene Dimensionen wie z. B. Unternehmensfunktionen und –bereiche, Produkte, Kundengruppen, Regionen, Länder und Vertriebsformen betreffen. Der optimalen Abstimmung von zentralen Entscheidungen auf die Bedürfnisse der Mitglieder der Vertriebsorganisation steht damit eine hohe Komplexität gegenüber, der aus zentraler Sicht auch bei besten Absichten nur teilweise zu begegnen ist. Um die verschiedenen Entscheidungsdimensionen bei der Planung und Koordination im Vertriebsmanagement entsprechend berücksichtigen zu können, greifen manche Unternehmen auf eine Teamorganisation zurück, die die Primärorganisation als Sekundärorganisation ergänzt (Gall/Mühlmeyer 2000, S. 36; Kutschker/Schmid 2002, S. 620). In diesem Zusammenhang soll auf die Zusammensetzung der Teams, die Aufbauorganisation, die Koordination der Teams und die Entscheidungsbereiche eingegangen werden. Charakteristisch für international tätige Unternehmen ist, dass den Planungsteams neben Mitarbeitern unterschiedlicher Funktionalbereiche, unterschiedlicher Produktbereiche und unterschiedlicher Hierarchieebenen auch Repräsentanten aus Mutter- und Vertriebsgestaltung des Herstellers 181 Tochtergesellschaften beiwohnen (Wittmer/Putze 2000, S. 31; Kutschker/Schmid 2002, S. 624). In manchen Fällen wird ein so genanntes Kernteam (A-Mitglieder) eingerichtet, in dem ausgewählte Entscheidungen in kleinerer Runde getroffen werden können (Wittmer/Putze 2000, S. 30; Kutschker/Schmid 2002, S. 624). Wittmer/Putze (2000, S. 30) schlagen eine Kernteamgrösse von ca. 6-10 Mitgliedern vor, die sich regelmässig persönlich treffen und für die Ergebnisse der Teamarbeit verantwortlich sind. B-Mitglieder nehmen in eingeschränktem Masse an Treffen teil, C-Mitglieder hingegen nehmen nicht an Teammeetings teil, sind jedoch sowohl als Empfänger als auch Lieferanten in den Informationskreislauf des Teams eingebunden (Wittmer/Putze 2000, S. 30). Der Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologie erleichtert die Teamarbeit gerade in internationalen Organisationen (Kutschker/Schmid 2002, S. 625). Ein Vorwurf, der häufig aus den Tochtergesellschaften geäussert wird, ist von Informationen aus der Unternehmenszentrale weitgehend ausgeschlossen zu sein (Gall/Mühlmeyer 2000, S. 36; Wittmer/Putze 2000, S. 31). Die Arbeit mit Teams kann diesen Informationsmissstand beheben, wenn geeignete Verteilerlisten für Informationen wie Besuchsberichte, Kundenprofile, Wettbewerbsinformationen, Umsatzentwicklung etc. entworfen werden (Gall/Mühlmeyer 2000, S. 36; Wittmer/Putze 2000, S. 31). Der Umfang und die Art der zur Verfügung gestellten Informationen können sich ebenfalls an Kern und Schalen der Teamorganisation orientieren, um eine Informationsüberflutung zu verhindern (Wittmer/Putze 2000, S. 31). Als wichtige Ergebnisse der Teamorganisation können die Sammlung und Systematisierung globaler Informationen über Kunden, Branchen und Wettbewerber festgehalten werden. Durch die Einbindung der verschiedenen Perspektiven und Interessen wird eine globale Sichtweise erzielt, die ein besseres Verständnis und eine stärkere Berücksichtigung verschiedener Kulturen, Märkte und Denkansätze ermöglicht (Gall/Mühlmeyer 2000, S. 36 f.). Wittmer/Putze (2000, S. 31) berichten, dass auch die Kosten für die Informationsbeschaffung abnehmen, da Doppelarbeit drastisch vermieden wird. Durch die Teamorganisation erkennen die Beteiligten ihre Verantwortung für den Erfolg beim Kunden in höherem Masse als zuvor, wodurch ein höheres Engagement erzielt wird (Wittmer/Putze 2000, S. 31). Das Fallbeispiel 6-5 (S. 183) zeigt, wie die Degussa AG durch eine globale Teamorganisation die Zusammenarbeit mit ihren Tochtergesellschaften und Vertretungen nachhaltig verbessern konnte. Kapitel 6 182 Globale Teamorganisation verbindet zentrale Effizienz und dezentrale Effektivität Degussa AG, Geschäftsgebiet Polyurethane-Additives, Essen, Deutschland Degussa ist ein multinationales Unternehmen und im Gebiet der Spezialchemie tätig. Das Geschäftsgebiet „Goldschmidt Polyurethane Additives“ mit Sitz in Essen wird mit einem Geschäftsvolumen von ca. 150 Millionen Euro und einem Auslandsumsatz von etwa 80 Prozent besonders stark vom internationalen Geschäft bestimmt. Die Primärorganisation des internationalen Vertriebs ist im Geschäftsgebiet Polyurethane Additives zunächst klassisch nach Regionen aufgeteilt, denen die jeweiligen Ländergesellschaften und Vertretungen unterstellt sind. Die Business Line „Goldschmidt Polyurethane Additives“ arbeitet seit dem Jahr 1997 ergänzend mit einer globalen Teamorganisation (GTO). Durch die Einführung der GTO wurde die Strategieentwicklung weitgehend an die Teams delegiert, die Strategien für Accounts und Märkte entwickeln und diese nach Freigabe durch das Management selbst umsetzen. Konkrete Aspekte der kurz- und mittelfristigen Strategien, die durch die Teams entwickelt werden sind z. B. Umsatz- und Mengenplanungen, Marktanteilsziele, globale Preisstrategien, SWOT-Analysen, Aktuelles und Organisatorisches bei Kunden und Wettbewerbern, Vorschläge zu eigenen Reaktionen, Trends, Analysen und ggf. Anpassung des Produktprogramms sowie die Einführung von Neuprodukten. Die Teamorganisation unterstützt darüber hinaus das interne Networking und verbessert hierdurch die persönliche Kommunikation. Aktiv involviert sind in die GTO ca. 50 Mitarbeiter aus technischen und kaufmännischen Bereichen, aus der Zentrale und den weltweiten Vertriebstöchtern. Wie das Beispiel in der Abbildung zeigt, kann die Zahl der Mitglieder in einem globalen Team erstaunlich gross sein. Neben der grossen Zahl als solcher ist interessant, dass die Mehrheit der Teammitglieder nicht in der Zentrale, sondern in den lokalen Märkten und damit nah bei ihren Kunden stationiert ist. In der Tat sind in diesem Team Mitarbeiter aus zwölf verschiedenen Ländern und fünf Kontinenten beteiligt. 27 Teammitglieder • 10 aus der Zentrale, • 17 aus lokalen Gesellschaften. 12 12 C-Mitglieder C-Mitglieder 99 B-Mitglieder B-Mitglieder 66 A-Mitglieder A-Mitglieder Um die optimale Teamstärke von 6 bis 10 Mitarbeitern pro Gruppe in Meetings nicht zu überschreiten, wurde eine abgestufte Teammitgliedschaft installiert. Der so genannte A-Kreis involviert Mitarbeiter, die regelmässig mit wichtigen Entscheidungsträgern der jeweiligen Kunden bzw. Branchen zusammenarbeiten. Diese A-Mitglieder treffen sich zweimal jährlich im Rahmen der Team-Meetings und sind verantwortlich für die Planung, Strategie sowie Ergebnisse des Key-Accounts bzw. der Industrie. B-Mitglieder nehmen hingegen nur gelegentlich an Teamtreffen teil. C-Mitglieder nehmen nicht an den Treffen teil, sind jedoch in den Informationskreislauf des Teams eingebunden. Die Festlegung der Teammitgliedschaften erfolgt in Abstimmung mit dem Management-Team. Wichtige Merkmale der Teamzusammensetzung sind Kundennähe, Internationalität und Cross-Funktionalität. Aus Sichtweise der Zentrale kann der Einsatz der GTO als durchweg positiv beurteilt werden. Kurz nach der Einführung war der Ansatz teilweise etwas zu „demokratisch“, weshalb die Entscheidungs- Vertriebsgestaltung des Herstellers 183 prozesse zunächst langsamer wurden, als unbedingt nötig. Niederlassungen und Vertretungen hatten in dieser Startphase einen gewissen Mehraufwand und den Verlust an lokaler Macht zu verzeichnen. Jedoch konnte keine Erhöhung der Mitarbeiterfluktuation beobachtet werden. Die vielfach beobachteten Konflikte an den Schnittstellen zwischen separaten (Stabs-) Funktionen, wie z. B. Key-Account Management, Marketing etc., und den ‚Operativen’ sind abgeschafft, da es diese separaten Funktionen nicht mehr gibt. Die Organisation ist damit flach, dezentral und kundennah. Entscheidungsbefugnisse sind de facto weitgehend an die Teams delegiert. Dies setzt durch höhere Motivation, grössere Entscheidungsflexibilität und -geschwindigkeit zusätzliche Energie für die Organisation frei. Die GTO ist als lernendes Netzwerk angelegt. Permanente interne Best-PracticeVergleiche werden durch externe Benchlearning-Projekte ergänzt. Alle Aktivitäten sind auf die jeweiligen Schlüsselerfolgsfaktoren fokussiert, die kontinuierlich überprüft und gegebenenfalls aktualisiert werden. Im Einzelnen konnten mit der Einführung der globalen Teamorganisation im Geschäftsgebiet „Polyurethane Additives“ der Degussa AG damit zahlreiche potentielle Konfliktfelder im internationalen Vertrieb entschärft werden. Hierzu gehören insbesondere lokale Personalentscheidungen und die allgemeine Strategie des Geschäftsgebiets. Aspekte, die auf Länderebene entschärft werden konnten, sind weiterhin die Koordination internationaler Kunden, lokale Betreuung der Kunden, Lieferbereitschaft und -fähigkeiten sowie der Umgang mit Garantien und Reklamationen. Auch Kommunikationsprobleme, die aufgrund fehlendem, globalen oder cross-funktionalen Denken oder dem starken Einfluss lokaler Geschäftsführer bestanden, konnten überwunden werden. Damit wurde die Voraussetzung geschaffen, um Umsätze und Erträge international zu optimieren. Fallbeispiel 6-5: Globale Teamorganisation der Degussa Goldschmidt AG (Einzelinterview Putze 2002, s. Anhang A, S. 346; Schmitz/Putze 2004, S. 34 ff.) 6.3.4.2 Teamorganisation beim Neuproduktmanagement Die Markteinführung von neuen Produkten bestimmt die Zukunft eines Unternehmens in besonderem Masse (Belz et al. 1996, S. 71). Denn Hersteller tätigen häufig bereits im Vorfeld hohe Investitionen für die Forschung und Entwicklung. Zudem bringt auch die eigentliche Markteinführung durch Kommunikationsanstrengungen, Schulungen und Messeauftritte grosse finanzielle Risiken mit sich. Erfolglose Produkte sind für Unternehmen mit hohen Kosten verbunden und gefährden nicht selten dessen Fortbestand. In einer von Kiepe (2004, S. 40) durchgeführten Untersuchung im Top-Management deutscher Hersteller nannten 46 Prozent der Befragten die inkonsequente Umsetzung als grösstes Hindernis für die Einführung neuer Produkte. Vertriebspartner bemängeln hingegen häufig die Markttauglichkeit der Neuprodukte und fordern eine stärkere Integration bei Entwicklung und Markteinführung (s. Abbildung 6-4, S. 160). Auch Josef Vilana, Sales Manager bei der Sulzer Metco Europe in Madrid, Spanien, fordert (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37): “The manufacturer should better analyze the market needs when designing new products. The goal should be a mixed global-local organization, where local needs are taken into account, as well.” In vielen 184 Kapitel 6 Fällen kommt es sogar vor, dass Tochtergesellschaften und Kunden nach wünschenswerten Funktionalitäten für Neuprodukte gefragt werden, die dann aber bei der Realisierung nicht berücksichtigt werden (Lach 2001, S. 58). Dadurch wird die Unzufriedenheit noch erhöht (Lach 2001, S. 58). Im Folgenden wird aufgezeigt, wie Hersteller durch die stärkere Einbeziehung von Vertriebspartnern zum Erfolg von Neuprodukteinführungen beitragen können. Die Bildung und der Einsatz von Teams zwischen Hersteller und Vertriebspartner findet dabei als zentraler Lösungsansatz eine besondere Berücksichtigung. Ideengenerierung und Selektion Leiter von Tochtergesellschaften müssen über viel Geschick, Hartnäckigkeit und Glück verfügen, wenn sie eigene Initiativen realisieren wollen (Birkinshaw/Fry 1999, S. 52). Birkinshaw/Fry (1999, S. 52) sprechen sogar von einem inneren „Immunsystem des Unternehmens“, das alle von aussen eindringenden Vorschläge und Initiativen abtötet, in der Furcht, sie könnten den übrigen Organismus infizieren. Vorschläge aus den Tochtergesellschaften erliegen damit häufig der Skepsis der Zentrale in Bezug auf ihren Nutzen und ihre Realisierbarkeit (Lach 2001, S. 59 f.; Birkinshaw/Fry 1999, S. 58). In Neuproduktvorschlägen der Vertriebspartner sehen Mitarbeiter aus der Zentrale häufig den blossen Opportunismus der „Schaffung eines eigenen Reiches“, weshalb sie die dezentralen Initiativen häufig auch dann unterbinden, wenn zunächst keine zentralen Ressourcen eingebunden werden (Birkinshaw/Fry 1999, S. 62). Die Erfassung, der Austausch und die Nutzung von Marktinformationen stellen die wichtigsten Determinanten für den Erfolg und Misserfolg der Einführung neuer Produkte dar (Ottum/Moore 1997, S. 258). Trotzdem werden Marktinformationen nur selektiv an die Zentrale weitergeben (Ottum/Moore 1997, S. 261), wodurch die Generierung von Ideen für Neuprodukte stark dezimiert wird und für die Selektion ein dementsprechend eingeschränkter Ideenpool zur Verfügung steht. Ottum/Moore (1997, S. 262) schlagen deshalb bereits bei der Generierung von Produktideen ein gemeinsames Vorgehen von Hersteller und Vertriebspartner vor. Birkinshaw/Fry (1999, S. 59) gehen sogar soweit, die umfassende Delegation der Verantwortlichkeit für Neuproduktinitiativen an die Tochtergesellschaften zu fordern. Auf dem Kontinuum zwischen vollständig zentralisiertem und vollständig dezentralisiertem Vorgehen sind verschiedene Abstufungen denkbar. Vertriebsgestaltung des Herstellers 185 Eine mit vergleichsweise wenig Aufwand verbundene Möglichkeit, der Zentrale ein besseres Bild des Marktes zu ermöglichen und damit Markteindrücke in neue Produkte zu leiten, besteht bspw. in gemeinsamen Kundenbesuchen. Dr. Pius Baschera, CEO der Hilti AG betont die Bedeutung gemeinsamer Kundenbesuche (Baschera 2004). Bei Besuchen in internationalen Tochtergesellschaften des Konzerns lege er Wert darauf, mit Aussendienstmitarbeitern Kunden in verschiedenen Landesteilen zu besuchen. Hierdurch lasse sich die Zufriedenheit und Wahrnehmung des Kunden am besten erfassen. Auch durch Gespräche mit Aussendienstmitarbeitern stelle sich schnell heraus, welche Probleme und Verbesserungsvorschläge existieren. Eine Investition in diese „Kontaktzeit“ sei häufig mindestens so wertvoll und ergiebig wie die anschliessenden Präsentationen während des offiziellen Veranstaltungsteils in den Tochtergesellschaften. Diese Art der Ideengenerierung nennt man auch „Shadowing“, das z. B. von MettlerToledo eingesetzt wird. Dazu werden Mitarbeiter der Zentrale ganz bewusst zu Tochtergesellschaften geschickt, um bei Besuchen neue Produktideen und Optimierungspotenziale zu finden (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Bei Rieter wird das Shadowing gar als die Hauptquelle der Ideengenerierung bezeichnet. Dabei wird darauf geachtet, dass jeder Kundenbesuch eines Verkäufers oder eines Servicemitarbeiters über das Intranet in speziellen Formularen rapportiert wird (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Die durch das „Shadowing“ gewonnenen Informationen vermitteln aber selbstverständlich nur eine unvollständige Momentaufnahme, die stark durch die Auswahl der Kunden und dem Zeitpunkt der Besuche bestimmt wird. Es besteht die Gefahr, dass Mitarbeiter der Zentrale die Aussagekraft dieser Informationsbasis überschätzen. Um dieses Defizit auszugleichen, hat man bei der Wampfler AG einen alternativen Weg der Ideengenerierung eingeschlagen. Fallbeispiel 6-6 (S. 186) zeigt Instrumente, die bei der Wampfler AG hinzugezogen werden, um Ideen zu erfassen und über deren Realisierbarkeit zu entscheiden. Instrumente der Ideengenerierung und Selektion Wampfler AG, Weil am Rhein, Deutschland Die Wampfler AG mit Hauptsitz in Weil am Rhein, Deutschland, ist ein weltweit führender Hersteller von mobiler Energie- und Datenübertragung sowie Handlingstechnik. Das Unternehmen realisierte im Jahr 2003 ein Umsatzvolumen von rund 70 Mio. EUR und wird mit 500 Mitarbeitern weltweit durch 27 Tochtergesellschaften und 21 Vertretungen repräsentiert. Innovationstage 186 Kapitel 6 Wampfler geht mit dem einmal jährlichen Zusammentreffen, den „Innovationstagen“ neue Wege. Zu dieser Tagung werden Mitarbeiter aus allen Abteilungen und allen Tochtergesellschaften eingeladen. Aus dem bunten Gemisch der Mitarbeiter werden nach dem Zufallsprinzip Teams zusammengestellt. Das Ziel des Tages ist es, einen unkomplizierten Austausch zwischen den Mitarbeitern herzustellen. In den Gruppen wird ein out-of-the-box-thinking angestrebt, in denen innovative Lösungen gesucht werden sollen. Es werden bewusst keine direkten Zielprodukte vorgegeben. Dies erlaubt es, dass mittels Brainstorming und anderer Kreativitätstechniken völlig neue Ideen generiert werden. Neben neuen Produktideen leisten die Innovationstage einen grossen Beitrag für eine gute Beziehung zwischen den beteiligten Parteien, da der persönliche Austausch gefördert wird. Nach Aussagen von Michael Ibarth, Product Manager in der Zentrale, wird der Ansatz der Innovationstage von den Beteiligten gut aufgenommen und führt ebenso zu einer höheren Zufriedenheit der Mitarbeiter. Die Selektion und Weiterverarbeitung der gesammelten Ideen erfolgt in der Zentrale, die ein Feedback an sämtliche Teilnehmer verschickt. Expertengruppen Zur Ideenfindung werden Gruppen aus Vertretern der wichtigsten Märkte zusammengestellt und nach Kundenwünschen und Problemen befragt. Hier findet ein zielgerichtetes Suchen nach Produktlösungen statt. Ein Vorteil dieses Ansatzes liegt in der hohen Produktivität, da es sich um ein eingespieltes Team von Experten handelt. Durch die regelmässige Zusammenarbeit können der Zusammenhalt und der persönliche Kontakt unter den Mitglieder der Gruppe als sehr gut eingestuft werden. Allerdings birgt dieser sehr professionelle Ansatz die Gefahr, dass immer wieder dieselben Märkte und immer die gleichen Leiter der Tochtergesellschaften befragt werden und somit keine Gleichberechtigung der Tochtergesellschaften stattfindet. Es stellt sich auch die Frage, wer wieviel Mitspracherecht in einem solchen Gremium hat. Als Lösungen bieten sich deshalb eine regelmässig wechselnde Besetzung der Expertengruppe und die klare Kommunikation der Rechte der beteiligten Parteien an. Eine Weiterentwicklung von Ideen wird auch in diesem Fall durch die Zentrale vorgenommen. Fallbeispiel 6-6: Innovationstage und Expertengruppen bei der Wampfler AG (Einzelinterview Ibarth 2004, s. Anhang A, S. 346) Konzept und technische Entwicklung Auf Basis der gesammelten und selektierten Ideen werden Produktkonzepte erarbeitet und bewertet. Hierbei kann auf gemischte Teams zurückgegriffen werden, allerdings spielt offenbar gerade für die Einschätzung von Entwicklungskosten zentrales KnowHow eine wichtige Rolle. Und trotzdem scheint es wichtig, Vertriebspartner auch in dieser Phase unbedingt gelegentlich zu informieren. In Interviews wurde darüber berichtet, dass es teilweise Entwicklungsprojekte gibt, bei denen bis zu drei Jahren nach der Ideenabfrage und Selektion kein Austausch mehr mit den Vertriebspartnern erfolgt (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Allerdings können Mitarbeiter unterschiedlicher Märkte gerade bei der Konkretisierung von Positionierungszielen und technischer Ausstattung wertvolle Hinweise geben. Einige Autoren empfehlen nachdrücklich die gemeinsame Entwicklung mit einem „Lead-User“ durch ausgewählte Tochtergesellschaften (Birkinshaw/Fry 1999, S. 58; Belz/Reinhold 1999a, S. 149). Ein entscheidender Vorteil liegt häufig in der Motivation der beteiligten Niederlassung, die Vertriebsgestaltung des Herstellers 187 sich für ihren Produktvorschlag nach allen Kräften einsetzt (Belz/Reinhold 1999a, S. 150) und darüber hinaus beträchtliche finanzielle, personelle und zeitliche Ressourcen investiert, die wegen der hohen Anzahl an Projekten in der Zentrale häufig nicht zu mobilisieren wären. Es entstehen hierdurch detaillierte Konzepte, die in hohem Masse die Anforderungen der Märkte bzw. des Lead-Users berücksichtigen. Andererseits besteht die Gefahr, dass die von einzelnen Niederlassungen entwickelten Konzepte die Anforderungen anderer Märkte oder die Realisierbarkeit im Rahmen des Gesamtunternehmens bzw. der Gesamtstrategie vernachlässigen. Aus diesem Grunde empfiehlt es sich, auch bei der dezentralen Konzeption und Entwicklung ein begleitendes Teammanagement einzurichten, das die Interessen anderer Märkte und die zentrale Sichtweise mit berücksichtigt. Manche Hersteller verzichten allerdings gänzlich auf diese kontinuierliche Betreuung und integrieren sich erst wieder in den Prozess, wenn erste Ergebnisse mit Lead-Usern oder gleich bezüglich der kompletten Einführung in einem „Lead-Country“ vorliegen und die Übertragbarkeit auf andere Märkte überprüft werden kann. Nach der vollzogenen Einführung im Lead-Land sollte eine Präsentation des Konzeptes und eine Berichterstattung zu den Erfahrungen mit dem Neuprodukt so z. B. auf dem jährlichen Sales-Meeting stattfinden. Durch die dezentrale Entwicklung gelingt es der Zentrale, Motivations- und Vertrauenseffekte für die Übernahme des Produktes bei anderen Vertriebspartnern zu erzeugen. Vorschläge des Lead-Landes werden von anderen Länderverantwortlichen ggf. kompetenter eingeschätzt und besser aufgenommen. Dezentrale Kompetenzen und Ressourcen werden dadurch besser genutzt und damit die Zentrale entlastet. Produkteinführung in internationale Märkte Bei der Einführung eines Neuproduktes in die verschiedenen Märkte, die in der Regel auch mit der Abschaffung von Vorgängerprodukten verbunden ist, kann auf die Erfahrungen aus dem Lead-Land zurückgegriffen werden. Allerdings sind für eine Übertragbarkeit der Erfahrungen auch die unterschiedlichen Situationen verschiedener Regionen und Länder zu beachten. Eine Teamorganisation schafft deshalb auch in dieser Phase Vorteile für eine reibungslose Einführung. Neben der Wahl zwischen einem parallelen und einem sequenziellen Markteinführungsmodus spielen die Information und die Unterstützung der Vertriebspartner eine entscheidende Rolle (Belz et al. 1996, S. 74). Hierzu gehören die frühzeitige und verbindliche Information zu Meilensteinen wie Produktvorstellungen, Materialbereitstel- 188 Kapitel 6 lung, Lieferterminen und Messepräsenzen, wie auch die finanzielle und inhaltliche Unterstützung der Vertriebspartner bei kommunikativen Massnahmen der Markteinführung (Lach 2001, S. 63). Auch der Umgang mit häufig auftretenden Terminverschiebungen oder kurzfristigen Terminproblemen bedarf eines professionellen Kommunikationsmanagements der Zentrale. Zwar sind Vertriebspartner grundsätzlich von der Notwendigkeit von Neuprodukten überzeugt, da sie hierdurch neue Differenzierungsmöglichkeiten erhalten. Neuprodukte bedeuten allerdings für Tochtergesellschaften auch erheblichen Aufwand. Sie teilen deshalb häufig nicht die Euphorie der Mitarbeiter des Stammhauses, die sich gewöhnlich bereits lange mit dem Neuprodukt beschäftigt haben (Lach 2001, S. 63). Das folgende Fallbeispiel 6-7 (S. 189) zeigt, wie die Novozymes AG durch einen teamorientierten Ansatz die Zusammenarbeit mit Tochtergesellschaften bei der Eliminierung und Einführung von Produkten nachhaltig verbessern konnte. Teamorganisation bei der Neuprodukteinführung Novozymes Switzerland AG, Dittingen, Schweiz Seit 1941 stellt die Novozymes AG Enzyme her, welche an die technische Industrie (Waschmittel, Textil-, Zuckerindustrie) und die Nahrungsmittelindustrie (Brauerei-, Back-, Fruchtsaftindustrie, Alkohol) verkauft werden. Novozymes ist heute mit etwa 4’000 Mitarbeitern der weltweit grösste Hersteller von industriellen Enzymen. Im zentralen Marketing des mittelständischen Feinchemieunternehmens war man zu dem Schluss gekommen, dass ein seit Jahrzehnten verkauftes Produkt eliminiert werden sollte, da dieses weltweit nur noch an wenige Kunden verkauft wurde. Zudem existierten zu diesem Zeitpunkt schon mehrere Nachfolgeprodukte, die aus Sicht des Herstellers dem alten Produkt technisch überlegen waren. Ein europäischer Vertriebspartner, einer von den wenigen, die das Produkt noch verkauften, hatte es erst wenige Wochen vorher mit sehr viel Engagement und Überzeugungskraft geschafft, einen neuen Grosskunden für das Produkt zu gewinnen. Der Grosskunde hatte bereits seine Rezepte und Maschineneinstellungen überprüft und für die Produktion entsprechend angepasst. Allerdings wurde der Vertriebspartner erst einen Monat vor der Produktumstellung informiert, sodass es zu einem Streit zwischen ihm und der Zentrale kam. Eine weitere Facette bekam der Ablauf, als die Zentrale keine zusätzlichen Budgets für die Einführung des neuen Produktes bereitstellte, sondern vom Vertriebspartner verlangte, „selbst darüber zu entscheiden, ob das Stück Marktanteil bei uns bleibt oder bei der Konkurrenz“. Als Folge der unzureichenden Kommunikation und Information im Vorfeld der Umstellung war nicht nur das Verhältnis zum betroffenen Vertriebspartner beschädigt. Auch auf Kundenseite wurde das Vertrauen in die Kompetenz des Vertriebspartners erheblich beeinträchtigt. Es entstanden erhebliche Kosten beim Endkunden, die mit einer erneuten Umstellung der Produktion verbunden waren. Bei der Novozymes AG wurde deshalb intensiv nach Lösungen gesucht, um ähnliche Konsequenzen für die Zukunft auszuschliessen. Vom Unternehmen wurde daher ein Konzept entwickelt, das für zukünftige „Produktumstellungen“ berücksichtigt werden soll. Dabei werden Umstellungspläne durch ein crossfunktionales Team entwickelt, das die Kunden und Vertriebspartner bereits Monate vor der Einführung im voraus informiert und realistische Budgetvorschläge ausarbeitet. Um die Produktumstellung operativ möglichst reibungslos bei Vertriebspartnern und Kunden durchzuführen werden diese umfangreich informiert, es werden Vor- und Nachteile des neuen Produktes realistisch für Kunden und Vertriebspartner erläutert und frühzeitig Proben an Vertriebspartner und Kunden herausgegeben, damit sich diese vertraut machen können. Vertriebsgestaltung des Herstellers 189 Planung durch Zentrale Planung durch Team Ausgangslage: Ausgangslage: Produkt Produkt wird wird nur nur noch noch wenig wenig verkauft verkauft und und soll soll eliminiert eliminiert werden, werden, Umstellungspläne Umstellungspläne durch durch Team Team entwickeln, entwickeln, Technisch Technisch überlegene überlegene Nachfolgeprodukte, Nachfolgeprodukte, Europäischer Europäischer Vertriebspartner Vertriebspartner hat hat Produkt Produkt noch noch erfolgreich erfolgreich verkauft, verkauft, Kunden Kunden und und Vertriebspartner Vertriebspartner bereits bereits Monate Monate im im voraus voraus informieren, informieren, Wenige Wenige Wochen Wochen vorher: vorher: Vertrag Vertrag mit mit neuem neuem Grosskunden, Grosskunden, Neueinführung Neueinführung eines eines Produktes Produktes rechtzeitig rechtzeitig budgetieren, budgetieren, Kunde Kunde hat hat bereits bereits seine seine Rezepte Rezepte und und Maschineneinstellungen Maschineneinstellungen angepasst, angepasst, Kommunikation Kommunikation während während der der Umstellung Umstellung klarstellen, klarstellen, Vertriebspartner Vertriebspartner wird wird erst erst einen einen Monat Monat vor vor der der Produktumstellung Produktumstellung informiert, informiert, VorVor- und und Nachteile Nachteile neuer neuer Produkte Produkte realistisch realistisch für für Kunden Kunden und und Vertriebspartner Vertriebspartner erläutern, erläutern, Keine Keine zusätzlichen zusätzlichen Budgets Budgets für für die die Einführung Einführung des des neuen neuen Produktes. Produktes. Frühzeitig Frühzeitig Materialproben Materialproben an an Vertriebspartner Vertriebspartner und und Kunden Kunden herausgegeben, herausgegeben, um um sich sich vertraut vertraut machen zu können. machen zu können. Ausgangslage Unzufriedenheit bei Kunde, Vertriebspartner, Hersteller Lösungsansatz Der Marketingleiter im geschilderten Fall betont, dass sich selbstverständlich nicht alle Interessengegensätze auflösen lassen. Jedoch ist er überzeugt, dass die gemeinsam mit Vertriebspartnern entwickelten Schritte zukünftig eine sanfte und einvernehmliche Umstellung von Produkten ermöglichen werden. Fallbeispiel 6-7: Produktumstellungen durch Teams bei der Novozymes AG (Einzelinterview Issenhuth 2002, s. Anhang A, S. 346) 6.3.4.3 Integrierte Kundenbetreuung durch Teams In den vergangenen Jahren wurde das „Teamselling“ zu einem wichtigen Schlagwort in der Vertriebspraxis, das in zahlreichen Beiträgen zu modernen Ansätzen des Vertriebsmanagements thematisiert wird (Stock 2003; Homburg/Krohmer 2003, S. 981 ff.). Der Ansatz der Teamorganisation leistet nicht nur für Koordinationszwecke bei Planung und Neuproduktmanagement wertvolle Beiträge (s. 6.3.4, S. 180). Auch bei der operativen Marktbearbeitung kann ein Teamansatz im internationalen Vertrieb besondere Hilfestellung leisten. Die hohe Bedeutung von Teams an der Schnittstelle des Unternehmens mit seinen Kunden resultiert aus der besonderen Intensität, die Kundenbeziehungen im Industriegütergeschäft besitzen (Homburg/Krohmer 2003, S. 981). Hieraus ergibt sich wiederum die Notwendigkeit, umfassende Kompetenzen an der Schnittstelle zum Kunden anzusiedeln, die in der Regel allerdings nicht mehr von einer einzelnen Person geleistet werden können (Cespedes 1995, S. 61 f.; Homburg/Krohmer 2003, S. 981). Dies ist 190 Kapitel 6 bei global agierenden Kunden in besonders starkem Masse der Fall, da sowohl länderübergreifende als auch nationale Merkmale des Kunden beachtet werden müssen und durch die Kompetenzen des Anbieters abzudecken sind. Cespedes (1995, S. 63) sieht den wichtigsten Einsatzbereich multifunktionaler Kundenteams deshalb bei Grosskunden, die an verschiedenen Standorten tätig sind und daher einer besonderen zentralen Abstimmung bedürfen. Als eine besondere Form der Kundenbetreuungsteams sind Key-Account Teams deshalb heute bereits stark verbreitet, denn die hohen Anforderungen bei der Betreuung globaler und internationaler Grosskunden lassen sich nur noch durch kundenfokussierte Vertriebsteams bewältigen (Zupancic 2000, S. 220). Wie eine empirische Untersuchung von Zupancic (2001, S. 14) zeigt, gehören das proaktive Erkennen und Befriedigen von Kundenbedürfnissen, Effizienzsteigerungen in der Kundenbearbeitung, die Verbesserung der internen Kommunikation und die Förderung der länderübergreifenden Zusammenarbeit zu den wichtigsten Zielen, die durch den Einsatz von internationalen Kundenbetreuungsteams verfolgt werden. Der Kunde ist im Falle einer Betreuung durch das Kundenteam nicht mehr „Eigentum“ des Vertriebpartners, sondern er und seine Mitarbeiter werden Partner einer Vielzahl von Mitarbeitern der Anbieterorganisation, die bei ihm und für ihn tätig sind (Hauser 1994, S. 46). Hieraus erwachsen für die Bearbeitung des Kunden und der engeren Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern grosse Chancen, aber auch die schwere Aufgabe, Vertriebspartner zu einer Neuorientierung zu bewegen. Auch Zupancic (2000, S. 220) betont die Herausforderung, bei der Kundenbetreuung durch gemeinsame Teams, die nationalen Interessen der Länderniederlassung mit den internationalen Interessen des Gesamtunternehmens zu vereinbaren. Es ist darauf hinzuweisen, dass auch im Fall von Kundenbetreuungsteams die Zugehörigkeit von Mitarbeitern zum Team auf Vollzeitbasis oder auch punktuell ausgestaltet werden kann (Zupancic 2001, S. 12). In diesem Zusammenhang kann unterschieden werden zwischen dem engeren Selling-Team und dem weiteren Selling-Center. Dem Selling-Team gehören Personen an, die ausschliesslich im Team tätig sind (Homburg/Krohmer 2003, S. 982). Es scheint im internationalen Vertrieb angebracht, im Selling-Team Mitarbeiter aus zentralen und dezentralen Einheiten permanent zu integrieren, um die informellen Kontakte zwischen den Mitarbeitern und darüber gegenseitige Erfahrungen und Wissen auszutauschen. Je nach Bedeutung des Kunden, kann auch dessen Integration in das Team eine sinnvolle Massnahme darstellen, wie es bei Key-Account Teams heute bereits weit verbreitet ist (s. Zupancic 2001). Im Selling-Center finden sich hingegen Personen, die auch Aufgaben ausserhalb des Teams Vertriebsgestaltung des Herstellers 191 wahrnehmen und nur im Hinblick auf spezielle Aufgabenstellungen zum Team hinzugezogen werden. (Homburg/Krohmer 2003, S. 982). Eine wichtige Rolle spielen im Selling-Center neben Verkaufsmitarbeitern auch Mitarbeiter aus anderen Unternehmensbereichen wie z. B. dem Produktmarketing, dem Service, der Logistik oder aus technischen Bereichen wie der Herstellung (Cespedes 1995, S. 62). Durch die enge Verknüpfung der unterschiedlichen Kompetenzen, können damit Leistungen erstellt werden, die in hohem Masse auf die Bedürfnisse von Kunden abgestimmt sind und einen deutlichen Mehrwert liefern können. Darunter fällt z. B. die umfassende Beratung des Kunden im Vorfeld der Leistungserstellung durch die Einbindung von Servicetechnikern der Zentrale. Fallbeispiel 6-8 (S. 192 ff.) zeigt, wie der Industriegüterhersteller Mettler-Toledo die interne Abstimmung und damit seine Verkäufe durch den Einsatz von Kundenbetreuungsteams verbessern konnte. Kundenbetreuungsteams steigern europäische Verkäufe Mettler-Toledo, Giessen, Deutschland Die Mettler-Toledo International Inc. ist ein führender globaler Anbieter im Bereich Präzisionsinstrumente und weltgrösster Hersteller von Wiegeinstrumenten für Laboranwendungen, Industrie und Lebensmittelhandel. Mit 8’500 Mitarbeitern erzielte das Unternehmen im Jahr 2003 einen Umsatz von über 1,3 Mrd. USD, wovon über 86 Prozent ausserhalb Zentraleuropas generiert wurden. Ku n Sp a rte de n n Bereits im Jahre 1995 entschloss man sich in der Vertriebsorganisation bei Mettler-Toledo statt mit vielen verschiedenen „Einzelkämpfern“ aus zentralen und dezentralem Vertrieb, Marketing und Service zu arbeiten, in allen Bereichen auf Teamselling umzustellen. Dabei wurden Kundenbearbeitungsteams eingesetzt, die aus Aussendienst, Servicetechnikern und Mitarbeitern der Dialogzentrale (administrative Arbeiten wie Auftragsabwicklung und Factoring) bestehen. Diese Kundenbearbeitungsteams arbeiten dicht mit zentralen Planungsteams zusammen (s. Absatz 6.3.4.1, S. 180), so genannten „Fachteams“, die auf Spartenebene für die überregionale Planung verantwortlich sind. Die Koordination zwischen Fachteams und Kundenbearbeitungsteams wird durch den „Linking Pin“ Ansatz hergestellt, der die Gruppen durch gemeinsame Gruppenmitglieder miteinander verknüpft und so für eine Selbstabstimmung sorgt. Kundenbearbeitungsteams Fachteams Teamleitung Aussendienst Selbstabstimmung durch „linking pin“ Aussendienst Servicetechniker Produktmanager Servicetechniker Marketing Support Dialogzentrale 192 Kapitel 6 Der Einstieg ins Teamselling bedeutete bei Mettler-Toledo eine minutiöse Planung einzelner Umstellungsphasen, die mehrere Schritte umfasste. Dazu gehörten Treffen der Projektgruppe, Festlegung von Teamzielen und Anforderungen der Mitarbeiter sowie „Kontraktierung“ der Mitarbeiter und Schulungen im Rahmen eigens dafür konzipierter Teambildungsworkshops. Zu den wichtigen gemeinsamen Teamaufgaben gehören die Erstellung von Kundenkommunikationsplänen und operativen Marketingplänen, Kundenentwicklungspläne für Grosskunden sowie die Wahrnehmung von Aktivitäten für und mit den Kunden. Insbesondere die Abstimmung von Verkaufsförderungsmassnahmen, Schulungen, Services und Preisen wird durch die Teamlösung erleichtert. Durch die personelle Verknüpfung wird die Kommunikation und damit der Wissensaustausch erleichtert. Walter Bösch, Geschäftsbereichsleiter Labor erklärt: „Zwei Kundenbereiche wurden zusammengelegt, und wir konnten so das Know-how aus Servicetechnikern und Verkaufsmitarbeitern im Aussendienst bündeln“. Die Zusammenarbeit in Teams und die Einbindung von Servicemitarbeitern brachte im Prozessbereich Industrie konkrete Vorteile: • Die Kontakthäufigkeit bei den 130’000 Kunden konnte mit vier bis sechs Kontakten pro Jahr und Ansprechpartner deutlich erhöht werden, • Kunden werden besser betreut, neue Kundenbedürfnisse und Verkaufschancen schneller erkannt, • Es entsteht mehr Kundenzufriedenheit, • Ablauf und Prozessmanagement werden wesentlich effektiver gesteuert, • Kundenaufträge und Serviceleistungen können schneller und effizienter abgewickelt werden, • Reisekosten werden insgesamt reduziert, • Cross-Selling-Aktivitäten erhöhen sich. Im Mettler-Toledo-Bereich Industrie zahlte sich die Umstellung auf Teamselling aus: Noch mehr Marktnähe und Innovation bei neuen Produkt- und Vermarktungskonzepten entstehen, weil sich die Mitarbeiter des Teams, "Informationen direkt von Kunden und vom Markt holen, aber gleichzeitig auch zeitnahe Informationen aus den Produktionsabteilungen", so Andreas Fuhrländer, Manager Business Process Industrie für Zentraleuropa. Zum Teil werden in den Teams auch Servicetechniker mit neuen Aufgaben, bspw. dem Verkauf von Wartungsverträgen beauftragt. Nach seiner Einführung erzielte dieses "Aufgaben-Switching" eine Steigerung des Geschäfts mit Wartungsverträgen von 24 Prozent. Insgesamt steigerte sich der Umsatz durch Teamselling entgegen der Marktentwicklung in allen Bereichen um 15 Prozent. Fallbeispiel 6-8: Teamselling bei der Mettler-Toledo AG (Krah 1999; Mettler 2004) 6.3.5 Koordination durch Kultur und soziale Beziehungen Neben formalen Koordinationsmechanismen der Organisationsstruktur werden Entscheidungen und Prozesse in der Vertriebsorganisation häufig in hohem Masse durch informelle Steuerungsmechanismen mitbestimmt (Jaworski 1988, S. 27). Zu diesen informellen Mechanismen gehören persönliche Beziehungen, informelle Netzwerke und kulturelle Aspekte. Die können von Herstellern zwar kaum unterdrückt werden, es bestehen aber Möglichkeiten, sie zielgerichtet zu unterstützen und zu nutzen. Im Folgenden werden die drei genannten Ansätze der informellen Koordination vorgestellt und auf ihren Koordinationsbeitrag überprüft. Vertriebsgestaltung des Herstellers 6.3.5.1 193 Informelle Netzwerke und persönliche Beziehungen Führungskräfte aus der Vertriebsorganisation berichten immer wieder über die Bedeutung informeller Netzwerke und persönlicher Beziehungen als informale Steuerungsmechanismen im internationalen Management (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Dies bestätigen auch Belz/Reinhold (1999a, S. 147) in ihrer Untersuchung. Zu den wichtigsten Voraussetzungen, um die persönlichen Beziehungen zwischen Vertriebsverantwortlichen des Stammhauses und den Mitarbeitern der Vertriebspartner herzustellen und zu unterstützen gehören die Reisetätigkeit der Vertriebsleiter und deren Sprachkompetenz (Belz/Reinhold 1999a, S. 149). Dr. Robert Sum, CEO der Nanosurf AG aus Liestal, Schweiz, sieht sogar einen direkten Zusammenhang zwischen dem Verkaufserfolg und der Häufigkeit des Kontaktes mit internationalen Vertriebspartnern. Die Besuchshäufigkeit durch Vertreter der Zentrale wird häufig als wichtigste Determinante für die persönliche Beziehung zu Vertriebspartnern gesehen. Denn der Besuch bringt nicht nur den persönlichen Austausch, sondern zeigt darüber hinaus auch die Wertschätzung gegenüber dem Vertriebspartner und das diesbezügliche Engagement der Zentrale. Untersuchungen zeigen, dass die Dichte und die Qualität der persönlichen Beziehungen von der geografischen Distanz abhängig ist (Allen 1985, S. 238), die vermutlich wiederum stark über die Häufigkeit der Besuche bestimmt. Diese Aussage deckt sich mit der Einschätzung internationaler Vertriebspartner, die insbesondere die nationalen Vertriebsleiter im Vorteil sehen, die in der Zentrale sitzen und „die jeden Mittag Geschäftsbereichsleiter sowie internationale Vertriebs- und Logistikverantwortliche in der Kantine treffen“, so der Geschäftsführer einer internationalen Tochtergesellschaft (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Dies ermögliche es, Anliegen auf informellen Wegen zu klären und durchzusetzen. Je weiter eine Vertriebsgesellschaft geografisch vom Stammhaus entfernt liegt, desto ressourcenintensiver wird die persönliche Betreuung. Abbildung 6-10 (S. 194) zeigt, dass die Anzahl der persönlichen Besuche durch Vertreter der Zentrale mit zunehmender Distanz zum Stammhaus abnimmt. Noch deutlicher wird dies bei Betrachtung kumulierter Häufigkeiten (s. Tabelle 6-7, S. 194). Nahezu alle befragten Vertriebspartner werden mindestens einmal pro Jahr durch Vertreter der Zentrale persönlich besucht. Die hellgraue (Kumulierte Häufigkeit > 20 Prozent) und dunkelgraue Schattierung (Kumulierte Häufigkeit > 50 Prozent) zeigen, dass näher gelegene Vertriebsgesellschaften deutlich häufiger besucht werden als solche mit erheblicher geografischer Distanz. Ist die Distanz zum Stammhaus geringer als 100 Kilometer, werden 52.4 Prozent der Befragten mindestens fünf mal pro Jahr be- Kapitel 6 194 sucht, was bei einer Distanz von 1'000 bis 1'500 km nur noch auf 23.1 Prozent der Befragten zutrifft. Überschreitet die Distanz zum Stammhaus 2'500 km, werden 35.3 Prozent mindestens drei mal pro Jahr besucht, was bei einer Distanz zwischen 100 und 300 km bei rund 82 Prozent der Befragten der Fall ist. Anzahl der Klassenmitglieder 21 0 11 4.8% 45 20 6.7% 5.0% 26 31 17 5.9% 18.2% 1-2 28.6% 24.4% 15 13.3% 41.9% 50.0% 26.7% 57.7% 58.8% Anzahl Besuche pro Jahr (Klassen) 3-4 14.3% 5-6 14.3% 45.5% 26.7% 25.8% 7-10 14.3% 9.1% 17.8% 19.2% 11-15 14.3% >16 9.1% 11.8% 15.0% 9.1% n = 186 33.3% 10.0% 15.6% 7.7% 15.0% 9.5% 9.1% 2.2% 6.7% 5.0% 3.8% 3.8% 7.7% <100 <300 <750 <1’000 <1’500 19.4% 11.8% 6.5% <2’500 6.5% 11.8% <5’000 20.0% 6.7% = 5’000 Geografische Distanz zum Stammhaus (Klassen in km) Abbildung 6-10: Geografische Distanzen als Determinante der Besuchshäufigkeiten (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37) In Bezug auf die in Abbildung 6-10 (S. 194) und Tabelle 6-7 (S. 194) dargestellten Befragungsergebnisse ist die letzte Klasse (km ≥ 5'000) von der Interpretation auszuschliessen, da es sich um eine „Sammelklasse“ handelt, die eine Vollständigkeit der Daten garantiert, allerdings keine obere Klassengrenze besitzt und daher die Ergebnisse verzerrt. Geografische Distanz zum Stammhaus (Klassen in km) <100 <300 <750 <1’000 <1’500 <2’500 <5’000 0 100.0% 100.0% 100.0% 100.0% 100.0% 100.0% 100.0% Anzahl 1-2 95.2% 100.0% 93.3% 95.0% 100.0% 100.0% 94.1% Besuche 3-4 66.7% 81.8% 68.9% 45.0% 42.3% 58.1% 35.3% pro Jahr 5-6 52.4% 36.4% 42.2% 35.0% 23.1% 32.3% 23.5% (kumu7-10 38.1% 27.3% 24.4% 20.0% 15.4% 12.9% 11.8% liert) 11-15 23.8% 18.2% 8.9% 5.0% 11.5% 6.5% 11.8% ≥16 9.5% 9.1% 6.7% 0.0% 7.7% 6.5% 0.0% Tabelle 6-7: Kumulierte Häufigkeiten der Besuche pro Distanzklasse (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37) ≥5’000 100.0% 100.0% 86.7% 60.0% 60.0% 26.7% 6.7% Angesichts der Bedeutung persönlicher Beziehungen zwischen zentralen und dezentralen Mitarbeitern stellt sich aus Herstellersicht die Frage, ob diese gefördert werden Vertriebsgestaltung des Herstellers 195 sollen und wie die persönlichen Beziehungen instrumentalisiert werden können, um Verkaufsziele besser zu erreichen. Die vielfältigen Anstrengungen, die Hersteller unternehmen, um die persönlichen Beziehungen zwischen Mitgliedern der Vertriebsorganisation zu vertiefen, legen nahe, dass Hersteller an die positiven Wirkungen der persönlichen Netzwerke glauben. Dies betont auch die Arbeit von Jaworski (1988, S. 27), die von informeller Steuerung spricht, durch die formale Steuerungsmechanismen des Managements vielfach entlastet werden. Die bereits vorgestellten Ansätze der Regionalorganisation (s. Absatz 6.3.3.1, S. 174 ff.) tragen durch kürzere Distanzen zu einer grösseren Nähe bei. An dieser Stelle muss noch einmal betont werden, dass die in Tabelle 6-7 (S. 194) dargestellten Ergebnisse aus der regionalen Untersuchung stammen. Es kann vermutet werden, dass bei grösseren geografischen Distanzen Besuche wesentlich seltener stattfinden oder gänzlich entfallen. Dies scheint paradox, da kulturelle und sprachliche Distanzen eine persönliche Beziehung gerade zu diesen Vertriebspartnern zusätzlich erschweren und deshalb sogar häufigere Besuche notwendig machen würden als in geografisch nahe gelegenen Ländern. Es muss festgehalten werden, dass sich informelle Kontakte damit keineswegs dem Management durch den Hersteller entziehen. Selbstverständlich kann der Hersteller nicht direkt befehlen, Freundschaften zu schliessen oder diese zu entwickeln. Vielmehr bestehen indirekte Möglichkeiten, die in der Schaffung geeigneter Bedingungen liegen (Allen 1985, S. 223). Mitarbeiter müssen sich zunächst persönlich treffen, um sich einander bekannt zu machen und sich kennen zu lernen (Allen 1985, S. 223). Es liegt zu einem hohen Masse im Einflussbereich des Herstellers, dafür zu sorgen, dass solche persönlichen Treffen stattfinden. Gemeinsame Projekte bringen Mitarbeiter zusammen, die sich andernfalls nicht kennen würden (Allen 1985, S. 226). Diese Massnahmen erbringen damit neben ihren primären Zielsetzungen auch wichtige indirekte Beiträge zur Kommunikation und den persönlichen Netzwerken in der Vertriebsorganisation. Auch Besuche durch Mitarbeiter der Zentrale in den Märkten oder zentrale Events wie Vertriebstagungen helfen dabei, persönliche Beziehungen zu unterstützen. Eine besondere Rolle spielen Symposien und Tagungen, so z. B. die von vielen Herstellern jährlich durchgeführten Vertriebstreffen (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Diese können ebenso genutzt werden, um die Kommunikation und die Kontakte unter den Vertriebspartnern zu fördern. Allerdings bergen Veranstaltungen dieser Art aufgrund der eher grossen Anzahl von Anwesenden die Gefahr, dass der Aufbau oder die Pflege von persönlichen Beziehungen zur Zentrale untergeht. Meist treffen wenige Mitarbeiter der Zentrale auf eine hohe Anzahl von Vertriebspartnern. In Kapitel 6 196 der vorliegenden Untersuchung Schweizer Industriegüterhersteller betreuen Zentralen durchschnittlich weltweit 188 Vertriebspartner (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37). Obgleich diese hohe Anzahl in starkem Masse durch die Grösse der untersuchten Industriekonzerne bestimmt wird, lässt sich leicht ableiten, wie viele zentrale Mitarbeiter in die Betreuung während eines Vertriebstreffen involviert sein müssten, um intensive persönliche Gespräche führen zu können. Eine Lösungsmöglichkeit stellen Tagungen in kleinerem Rahmen dar, was aber finanzieller Zusatzaufwendungen bedarf und deshalb häufig abgelehnt wird. Bei regionaler Führung wird häufig anstatt auf zentrale Vertriebstreffen auf regionale Treffen gesetzt, wodurch wiederum eine bessere Betreuung möglich wird und der Ressourcenaufwand damit dezentralisiert werden kann. 6.3.5.2 Kunden- und serviceorientierte Kultur in der Zentrale In vielen Branchen ist heute zu beobachten, dass Kundenorientierung und Kundennähe immer wichtiger werden. Verschärfte Wettbewerbsbedingungen, zunehmende Deregulierung, steigende Kundenansprüche und eine höhere Wechselbereitschaft konfrontieren Hersteller mit ständig wachsenden Anforderungen an Qualität, Innovationsgeschwindigkeit und auch Kosten ihrer Produkte (Harmeier 2004, S. 1; Hungenberg 1992, S. 342). Um erfolgreich zu sein, müssen sich Unternehmen stärker als bisher an den Ansprüchen von Kunden orientieren (Harmeier 2004, S. 2; Von der Oelsnitz 2002, S. 54). Der positive Einfluss von Kundenorientierung auf den ökonomischen Erfolg konnte bereits in zahlreichen Studien empirisch bestätigt werden (s. Homburg/Becker 2000, S. 20; Narver/Slater 1990, Bruhn 2002, S. 22). Defizite der Kundenorientierung bestehen bei vielen Herstellern sowohl in der Ermittlung von Kundenanforderungen, als auch in der Umsetzung der kundenorientierten Ausrichtung (Harmeier 2004, S. 2). Anforderungen an Kundennähe sind umso schwieriger zu erfassen und zu erfüllen, je weiter entfernt vom Kunden und vom lokalen Wettbewerb Entscheidungen getroffen werden und je weniger differenziert diese auf die Besonderheiten einzelner Märkte und Kunden eingehen (Hungenberg 1992, S. 342). In internationalen Märkten beeinträchtigt die Notwendigkeit grösserer Kundennähe deshalb die Möglichkeit, wichtige Entscheidungen zentral zu treffen (Hungenberg 1992, S. 342). Untersuchungen zur „Embeddedness“ von Verkaufsorganisationen haben gezeigt, dass sich Vertriebspartner in besonderem Masse für die Anliegen ihrer lokalen Kunden einsetzen und diese gegenüber dem zentralen Marketing und Vertrieb vertreten (s. Andersson/Forsgren 1996). Das unterstreicht, dass eben Vertriebsgestaltung des Herstellers 197 nicht die Vertriebspartner, sondern vor allem die zentralen Marketing- und Vertriebseinheiten zu einer noch höheren Kundenorientierung bewegt werden müssen. Je mehr Entscheidungen in der Zentrale getroffen werden, desto stärker muss diesen marktfernen Einheiten das Wissen und die Bedeutung kunden- und marktbezogener Besonderheiten vermittelt werden. Denn die Orientierung an den Bedürfnissen von Kunden setzt für Mitarbeiter der Zentrale zunächst eine gewisse Kenntnis über diese Bedürfnisse voraus. Nur „vor Ort“ in den Märkten ist das Wissen und die Erfahrung über die tatsächlichen Kunden- und Marktanforderungen vorhanden (Hungenberg 1992, S. 342). Und nur die Vertriebspartner verspüren meist überhaupt den Erfolgszwang, unangenehme „Sonderwünsche“ zu erfüllen oder Spezialaspekte zu berücksichtigen (Hungenberg 1992, S. 342). Deshalb gilt es, die Vertriebspartner aktiv zu integrieren, um die Kundenorientierung auch in der Zentrale zu verstärken. Allerdings müssen auch in der Zentrale die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, damit die Mitarbeiter kundenorientierte Verhaltensweisen an den Tag legen können (Reckenfelderbäumer 2001, S. 263). Um in der Zentrale eine marktorientierte Kultur zu unterstützen, kann der Einfluss des Top-Managements genutzt werden. Jaworski/Kohli (1993, S. 55) fanden heraus, dass eine Bestärkung der Bedeutung der Marktorientierung durch das Top-Management gut dazu geeignet ist, um diese voranzutreiben. Auf diesem Wege können Mitarbeiter einer Organisation dazu angeleitet werden, sich an Märkten und deren Veränderungen zu orientieren, diesbezügliche Informationen auszutauschen und die Verantwortung für die Erfüllung von Kundenbedürfnissen zu übernehmen (Jaworski/Kohli 1993, S. 55). Je weiter Organisationseinheiten von den Märkten entfernt sind, desto weniger verspüren diese den Druck, der aus den Anforderungen der Kunden entsteht. Die Weichenstellung muss deshalb durch Manager vorgenommen werden, die den Vertriebsverantwortlichen in der Zentrale übergeordnet sind. Und trotzdem gehen viele Programme zur Steigerung der Kundenorientierung einseitig von der Zentrale aus (Belz/Reinhold 1999a, S. 23). Die Zentrale scheint darin eine Chance zu sehen, die Zentralisierung und damit ihre Position zu verstärken, obgleich dies ausgerechnet für das Thema Kundenorientierung paradox erscheint. Lach (2001, S. 64) spricht von einem „Kolonialdenken“ des Stammhauses, das mit verschiedenen Massnahmen versucht, alles unter seiner Kontrolle zu behalten. Dabei gehen Mitarbeiter in der Zentrale häufig unbewusst davon aus, Dinge besser zu wissen (Lach 2001, S. 64). Mitarbeiter der Zentrale erkennen nicht, dass sie erst durch die Kompetenzen der Tochtergesellschaft einen Zugang zu internationalen Märkten und den Kunden erhal- 198 Kapitel 6 ten, da niemand den Markt so gut kennt, wie die vor Ort Tätigen (Walti 1999, S. 40). Viele Vertriebspartner würden gerne Verbesserungen anstossen, das Stammhaus hat aber häufig gar kein wirkliches Interesse an diesem Wissen (Lach 2001, S. 64). Die Kommunikation und der Erfahrungsaustausch zwischen Zentrale und Vertriebspartner leidet hierdurch und verhindert, dass die Zentrale überhaupt aktuelle und wichtige Informationen über die Kunden erhält, um sich an diesen auszurichten. Auch wird in vielen Fällen der Wert von qualitativen Erfahrungsberichten der Vertriebspartner im Vergleich zu quantitativen Marktforschungsergebnissen von der Zentrale unterschätzt (Explorative Interviews, Tabelle 2-3, S. 37). Die in Tabelle 6-8 (S. 199) dargestellten Stossrichtungen können ein kundenorientiertes Vorgehen in internationalen Vertriebsorganisationen voranbringen (s. Jendrosch 2001, S. 159 ff.; Homburg 1995, S. 34 ff.). Stossrichtung Geringere Prozessstandardisierung Flache Hierarchien Delegation von Kompetenz (Empowerment) Mehr Selbstabstimmung Weniger Papierkrieg Mehr interne Märkte Erläuterung Ein Übermass an Formalisierung und Standardisierung wird gerade von solchen Kunden als problematisch erlebt, die aus dem für sie vorgesehenen Raster fallen. Durch Computereingabemasken und Bestellformulare begrenzen Unternehmen häufig die Option für die von der Regel abweichenden Lösungen. Sofern Mitarbeiter nicht über die Handlungsfreiräume verfügen, eigenständig und über die Regeln hinweg im Sinne des Kunden zu entscheiden, kommt es zu Frustration in Vertriebsgesellschaften und Abwanderung von Kunden. Es sind deshalb Vorgehensweisen zu entwickeln, die es Vertriebspartnern erlauben, in Ausnahmefällen systematisch und nach vorgegebenen Schritten weitergehende Lösungen für die Kundenanliegen zu suchen. Es sind ggf. pro Vertriebspartner Kontingente an Ausnahmefällen zu definieren, um die Synergien einer Prozessstandardisierung nicht aufgeben zu müssen. Ein organisatorischer „Wasserkopf“ mit langen Dienst- und Entscheidungswegen wird von Vertriebspartnern und Kunden häufig als bürokratisch und inflexibel erlebt. Kundennähe ist in hierarchischen Organisationen nur dann möglich, wenn Kunden die intern beschrittenen Dienstwege gar nicht merken. Flache Hierarchien und direkte Kommunikationswege verkürzen entsprechend die Dienstwege und stellen eine grössere Nähe zum Kunden her. Mitarbeiter, die flexibel, schnell und im Sinne des Kunden handeln sollen, benötigen auch die entsprechenden Befugnisse für ihre Aufgaben. Diese reichen von Auskunftsrechten über Entscheidungskompetenzen bis hin zu Umsetzungsmöglichkeiten. Wenn Mitarbeitern die Möglichkeit zur internen Regelung auf dem „kleinen Dienstweg“ fehlt, so steigt der externe Regelungsbedarf und damit der zeitliche Aufwand. Kunden verlangen aber rasche Entscheidungen, Auskünfte oder Angebote vor Ort. Zeitliche Verzögerungen führen hingegen zu Unzufriedenheit bei allen Beteiligten. Mitarbeiter fürchten mitunter, für Entscheidungen, die nicht schriftlich angeordnet oder belegt waren, zur Rechenschaft gezogen zu werden. Umfangreiche Dokumentationsarbeiten halten jedoch von der eigentlichen Arbeit am Kunden ab. Der bürokratische Aufwand ist deshalb zu bekämpfen, da er Ressourcen bindet und damit die Innovativität und Marktpräsenz lähmt. Kundenorientierung am Markt sollte sich auch in einem internen Marktdenken niederschlagen. Mitarbeiter, Teams und Profit-Center müssen im internen Wettbewerb versuchen, möglichst gut die Bedürfnisse interner und externer Kunden zu bedienen. Interne Verrechnungspreise und interne Qualitätsbeurteilungen, die auch für interne Dienstleistungen konzipiert werden können, sind dabei wichtige Vertriebsgestaltung des Herstellers 199 Instrumente. Höhere Spezialisierung von Mitarbeitern und die damit verbundene Verteilung von Zuständigkeiten führen zu einem hohen Koordinationsaufwand. Dies bedeutet, dass Kunden und Vertriebspartner mit langen Dienstwegen und wechselnden Ansprechpartnern konfrontiert werden. Insbesondere der „First-level Support“ sollte deshalb über eine breite Kompetenz verfügen und den Prozess von internen und externen Anfragen in den meisten Fällen selbst lösen oder aber koordinierende begleiten können. Weniger PlanungsKundenorientierung verlangt schnelle Reaktion auf Kundenwünsche, die jedoch technokratie dann nicht erfüllt werden können, wenn die betrieblichen Reaktionszeiten aufgrund interner Abstimmungsprozessen verlangsamt sind. Die Neigung zur Perfektion und zur Genauigkeit mit der resultierenden Langsamkeit wird von Kunden häufig nicht so stark honoriert, wie eine raschere Planung und Umsetzung, die auf beiläufige Details bewusst verzichtet. Tabelle 6-8: Stossrichtungen zur Erhöhung der Kunden- und Serviceorientierung (In Anlehnung an Jendrosch 2001, S. 159 ff.; Homburg 1995, S. 34 ff.) Breitere Kompetenzen Aufbauend auf die Einsicht, dass kundenbezogenes Wissen vor allem bei Vertriebspartnern vorliegt, stellt sich die Frage, inwieweit eine direkte Kundenorientierung überhaupt von den zentralen Stellen des Herstellers ausgehen kann. Je höher die Anzahl der Hierarchieebenen und das Mass an Zentralisierung, desto länger sind interne Entscheidungs-, Informations- und Kommunikationswege (Harmeier 2004, S. 5). Es scheint eher der Fall, dass Zentralen dadurch Kundenorientierung unterstützen können, indem sie eine hohe Flexibilität und Anpassungsfähigkeit an Kundenwünsche herstellen (Bruhn 2003, S. 15; Belz 2002, S. 237), Entscheidungswege verkürzen und stärker dezentralisieren (Harmeier 2004, S. 5). Ergänzend zur Kundenorientierung wird deshalb eine stärkere Orientierung an den Anforderungen der Vertriebspartner vorgeschlagen, deren Kompetenz in Markt- und Kundenkenntnis liegt. Eine serviceorientierte Kultur in der Zentrale, die sich in hohem Masse an den Bedürfnissen der Vertriebspartnern orientiert, dient als Voraussetzung für die Erreichung einer hohen Kundennähe. Belz/Reinhold (1999a, S. 38) fordern, das gesamte Vertriebsmanagement auf die Schaffung von Kundenvorteilen auszurichten. Dazu sind die Ziele des Gesamtunternehmens, die der Vertriebszentrale und der Vertriebspartner auf die Bedürfnisse der Kunden auszurichten (Belz/Reinhold 1999a, S. 38). Alle betroffenen Ebenen sind aufeinander abzustimmen (s. Abbildung 6-11, S. 200). Dabei ist es nützlich, die unmittelbar nachgelagerte Stufe als internen Kunden zu verstehen (Belz/Reinhold 1999a, S. 38), denn an deren Anforderungen müssen sich zentrale Einheiten messen lassen. Kapitel 6 200 Vorteile des Unternehmens Vorteile der Vertriebszentrale Vorteile des Vertriebspartners Vorteile des Kunden Fliessrichtung notwendiger Informationen Abbildung 6-11: Kundenvorteile als Bezugspunkt für den Vertrieb (In Anlehnung an Belz/Reinhold 1999a, S. 38) Um die Kundenvorteile zu erreichen, müssen in der Zentrale die Bedürfnisse von Vertriebspartnern bekannt sein und wirkungsvoll unterstützt werden. Eine Unterstützung der Vertriebspartner, die effektiver ist als die der Konkurrenz, kann wiederum überlegene Kundenvorteile schaffen. Rainer Mehrer, Leiter Group Marketing und Leiter International Field Sales bei der Wampfler AG in Weil am Rhein, Deutschland, fasst diese Philosophie unter dem Begriff „Easy Buying, Easy Selling“ zusammen (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Danach benötigt die Zentrale eine serviceorientierte Kultur, um Vertriebspartnern möglichst schnelle und akkurate Unterstützung geben zu können. Dabei muss sich die Unterstützung unmittelbar an den Bedürfnissen des Vertriebspartners ausrichten und befähigt diesen dazu, mehr und einfacher zu verkaufen. Die Vorteile des Kunden verhelfen damit dem Vertriebspartner zu höheren Verkäufen und dem Hersteller zu besseren Ergebnissen. Die Vertriebsphilosophie der Wampfler AG ist damit richtungsweisend. Es wird zur Kenntnis genommen, dass es der Zentrale nur in eingeschränktem Masse möglich ist, die Bedürfnisse und Besonderheiten internationaler Kunden und Wettbewerber zu erfassen. Die Serviceorientierung der Zentrale tritt damit an Stelle einer unmittelbaren Orientierung am Kunden. Kundenorientierung wird in gewissem Masse an die Vertriebspartner delegiert. Durch die Erfüllung der Serviceansprüche von Vertriebspartnern, die aus den Erfordernissen der Märkte erwachsen, wird die Zentrale damit der Maxime der Marktorientierung gerecht und leistet wertvolle Beiträge, um eine hohe Kundennähe zu gewährleisten. Vertriebsgestaltung des Herstellers 201 6.3.6 Professionelle Unterstützung durch systematische Differenzierung Wenn in dieser Arbeit im Rahmen des internen und vertikalen Marketing gefordert wurde, dass sich das Vertriebsmanagement mit seinen Massnahmen an den Bedürfnissen und der Situation der Vertriebspartner ausrichten soll (s. Absatz 2.3.1, S. 21 ff.), muss sich diese Forderung der Frage nach ihrer Wirtschaftlichkeit stellen. Die Segmentierung von Vertriebspartnern und die Differenzierung von Massnahmen werden im Folgenden als Ansätze vorgestellt, um die Unterstützung des Herstellers zu verbessern und um neben den Bedürfnissen der Vertriebspartner auch die Ziele und Restriktionen des Herstellers zu berücksichtigen. 6.3.6.1 Segmentierung von Vertriebspartnern Als Mittelweg zwischen vollständiger Standardisierung und vollständiger Individualisierung kann die Segmentierung von Vertriebspartnern mit einer modularen Leistungsgestaltung herangezogen werden (Belz/Reinhold 1999a, S. 179; Belz 1998, S. 599). Ein solches Vorgehen wird von Belz/Reinhold (1999a, S. 179) ausdrücklich empfohlen. Hierbei werden Vertriebspartner zu Gruppen zusammengefasst, die in Bezug auf bestimmte Merkmale homogen sind und daher bezogen auf ihre Bedürfnisse eine hohe Ähnlichkeit aufweisen. Die Segmentlösung besitzt den Vorteil, systematisch auf die Bedürfnisse eingehen zu können und gleichzeitig durch ein gewisses Ausmass an Synergien die Kosten einzuschränken. Zur Segmentierung der Vertriebspartner kommen bedürfnis- und potenzialbezogene Kriterien sowie deren Kombination in Betracht (s. Abbildung 6-12, S. 202). Bedürfnisbezogen wird in der Praxis häufig nach Sprach- und Kulturräumen sowie der rechtlichen Konstellation unterschieden, so z. B. durch unterschiedliche Betreuungskonzepte für Tochtergesellschaften und Distributoren. Um regionalen Unterschieden zu begegnen, besitzen viele Grossunternehmen regionale Zentralen, die ein differenziertes Vorgehen sicherstellen (s. Absatz 6.3.3.1, S. 174). Ebenso einfach zu erheben, aber seltener für eine systematische Differenzierung genutzt werden hingegen die Beziehungsdauer zu Vertriebspartnern sowie die Grösse der lokalen Gesellschaft. Dies ist erstaunlich, da diese Merkmale meist über die Erfahrung des Vertriebspartners und die lokale Ressourcenstärke bestimmen. Deshalb prägen sie die Bedürfnisse in besonderer Weise und legen eine besondere Berücksichtigung nahe. Am schwierigsten zu ermitteln, da sie für den Hersteller einerseits schwer erfassbar und andererseits starken Veränderungen ausgesetzt sein können, sind Merkmale des lokalen Marktes und des lokalen Umfelds. Hierzu gehören etwa die Wettbewerbsin- Kapitel 6 202 tensität, die Dynamik der technologischen Veränderungen oder aber die Veränderung von Kundenbedürfnissen. Dem Autor sind zum bisherigen Zeitpunkt keine Unternehmen bekannt, die markt- und umfeldbezogene Variablen in die Segmentierung ihrer Vertriebspartner einbeziehen. Vielmehr werden in Ausnahmesituationen häufig individuelle Lösungen gefunden. Hierin ist allerdings ein Problem zu sehen, da die Zentrale in der Regel nicht über adäquate Beurteilungsmöglichkeiten dieser Situationsvariablen verfügt. Es ergeben sich die Schwierigkeiten der Beurteilungsverzerrung, wie sie bereits in Abschnitt 4.2 (S. 94 ff.) vorgestellt und diskutiert wurden. Um dies zu vermeiden, müssen Wege gefunden werden, um markt- und umfeldbezogene Merkmale systematisch zu erfassen und in die Beurteilung der lokalen Situation mit einzubeziehen. Bedürfnisprofil Leistungspotenzial • Region und Kultur, • Umsätze, • Rechtliche Zugehörigkeit, • Deckungsbeiträge, • Dauer der Zusammenarbeit, • Kosten, • Grösse der Gesellschaft, • Gewinn, • Wettbewerbs- und Rahmenbedingungen etc. • Marktgrösse, • Mitarbeiterzahl etc. Abbildung 6-12: Bedürfnis- und potenzialbezogene Segmentierungskriterien Neben den bedürfnisorientierten Merkmalen können potenzialbezogene Merkmale zur Segmentierung der Vertriebspartner herangezogen werden. Diese besitzen in der betrieblichen Praxis bisher wohl die meiste Verbreitung. Die Leica Microsystems AG und die Feintool AG unterscheiden nach der Marktgrösse A-, B- und C-Distributoren, für die sie jeweils unterschiedliche Betreuungskonzepte besitzen (Befragung Leica I, s. Tabelle 2-3, S. 37; Belz et al. 1996, S. 59; Walti 1999, S. 221). Die Leistungssysteme für die unterschiedlichen Segmente können unterschiedliche Unterstützungsleistungen, Vorgaben und Forderungen enthalten, die vom Hersteller zu entwickeln sind. Es können Betreuungsmodule bspw. zu Produkten, Preisen, Services, Verkaufsförderung und Logistikleistungen entwickelt werden, die in verschiedenen Intensitäten kombinierbar sind (Belz 1998, S. 599f). Aufgrund von Profitabilitätsgesichtspunkten erhalten AVertriebspartner eine stärkere Betreuung als C-Vertriebspartner, die in Märkten tätig Vertriebsgestaltung des Herstellers 203 sind, die für den Hersteller eine nachrangige Bedeutung besitzen. Gleichzeitig entstehen hieraus für Vertriebspartner Anreize, die Ergebnisse in ihrem Vertriebsgebiet massiv zu erhöhen, um statt einer „C-Betreuung“ eine „B-Betreuung“ zu erhalten. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass ein segmentbezogenes Konzept eine systematische proaktive Betreuung von Vertriebspartnern unter Einbezug lokaler Bedürfnisse ermöglicht. Es überwindet damit die oftmals reaktive Vorgehensweise globaler Konzepte, bei der erst in Notfallsituationen individuelle Lösungen für betroffene Vertriebspartner gefunden werden. Fallbeispiel 6-9 (S. 204) zeigt die Segmentierung und modulare Unterstützung von Vertriebspartnern bei der Feintool AG. Segmentierung und modulare Unterstützung von Vertriebspartnern Feintool AG, Lyss, Schweiz Die Feintool AG mit Sitz in Lyss, gehört zu den grössten Industriegüterunternehmen der Schweiz. Im Geschäftsjahr 2003/2004 erzielte der führende Technologie- und Lösungsanbieter mit seinen 1'777 Mitarbeitern in den Bereichen Anlagebau und Zuliefergeschäft einen Umsatz von 452 Mio. CHF. Im Zentrum der Vertriebsprofessionalisierung steht bei Feintool die Steigerung der Vertriebskompetenz. Mit einem Stufenkonzept wird versucht, den Know-how Transfer mit Vertriebspartnern zu optimieren, die Kompetenz der Vertriebseinheiten zu steigern und die Zusammenarbeit zwischen Zentrale und lokalen Partnern zu verbessern. Die Spezifität der angebotenen Problemlösungen erfordert bei Vertriebspartnern vertiefte Kenntnisse und Erfahrungen in Bezug auf die Produkte und deren Anwendungsmöglichkeiten. Zur Segmentierung der Vertriebspartner wird in einem ersten Schritt nach dem Kriterium der rechtlichen Zugehörigkeit unterschieden und in einem zweiten Schritt bei unabhängigen Vertretungen nach dem Potenzial der Märkte, das wiederum die Vertragsgestaltung determiniert. VertriebsVertriebspartner partner Feintoolgesellschaften Unabhängige Vertretungen A-Vertretung B-Vertretung C-Vertretung Hauptmärkte Schwerpunktmärkte Nebenmärkte Kleinmärkte Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, USA, Japan, China u.a. Brasilien, Italien, Korea, Österreich, Polen, Russland, Schweden, Spanien, u.a. Argentinien, Australien, Baltikum, Bulgarien, Indien, Iran, Kroatien, Rumänien, u.a. Ägypten, Belgien, Finnland, Indonesien, Israel, Malaysia, Neuseeland, Norwegen, u.a. Zusammenarbeitsvertrag Agenturvertrag mit jährlicher Kündigungsmöglichkeit Agenturvertrag mit laufender Kündigungsmöglichkeit Gentlemen Agreement Insgesamt ist Feintool in 47 Ländern aktiv. In den Hauptmärkten existieren eigene Vertriebsgesellschaften, mit denen ein Zusammenarbeitsvertrag besteht. In anderen Märkten werden unabhängige Vertretungen eingesetzt. Dabei können nach ihrem Potenzial drei Typen von Märkten unterschieden werden: Potenzialstarke „Schwerpunktmärkte“ werden von A-Vertretungen bearbeitet, mit denen ein Agenturvertrag besteht, der eine jährliche Kündigungsmöglichkeit besitzt. Für Nebenmärkte sind BVertretungen verantwortlich, mit denen ebenfalls Agenturverträge bestehen, die allerdings laufende Kapitel 6 204 Kündigungsmöglichkeiten offen halten. In Märkten mit geringerer Bedeutung übernehmen CVertretungen die Marktbearbeitung. Mit diesen besteht lediglich ein „Gentlemen Agreement“. Allerdings behalten sie ihren Status für maximal drei Jahre und werden dann zu B-Vertretern oder scheiden aus. Für die Information und Unterstützung besitzt Feintool ein modulares Konzept, das die vier Vertriebspartnersegmente differenziert betreut. Modul 1: Das Modul 1 zielt hauptsächlich darauf ab, das Interesse der Vertriebspartner zu wecken und aufzuzeigen, was das Unternehmen leisten kann. Es wird in erster Linie die Lösungskompetenz von Feintool nachgewiesen. Dazu werden Prospekte, Verfahrensvergleiche, Musterteile und Angebote zur Verfügung gestellt. Modul 2: Das Modul 2 zeigt dem Vertriebspartner auf, welche Vorteile sich ihm aus dem Know-How des Herstellers ergeben. Vertriebspartner sollen erkennen, dass ihre Kompetenz sich in Kundengesprächen und Verkäufen bezahlt macht. Hierzu werden Betriebsrundgänge veranstaltet, Anwendungsbeispiele mit Kostenvergleichen demonstriert und Nachweise für den Kundennutzen erbracht. Modul 3: Das Modul 3 knüpft an der Kundenberatung und dem Kundenbedarf an. Es werden Verfahrensmöglichkeiten und Anwendungen sowie deren Grenzen erläutert und aufgezeigt. Technische und betriebswirtschaftliche Seminare geben damit eine Grundlage für die technische und betriebswirtschaftliche Beratung des Kunden. Modul 4: Das Modul 4 vertieft das Wissen des Vertriebspartners und gibt detaillierte Einblicke in die Feintool-Lösung und deren Nutzen für den Kunden. Es wird eine fachlich anspruchsvolle Beratung und Betreuung des Kunden ermöglicht, die z. B. durch Ausbildungen in den Bereichen der Konstruktionstechnik und Werkzeugherstellung ein fachliches Fundament erhalten. Feintoolgesellschaften Modul 4 B-Vertretung Modul 3 Modul 3 Modul 2 Modul 2 Modul 2 Modul 1 Modul 1 Modul 1 Modul 1 Kleinmärkte Nebenmärkte Schwerpunktmärkte Hauptmärkte C-Vertretung Module zur Unterstützung von Vertriebspartnern A-Vertretung Das erklärte Ziel von Feintool ist es, die Vertriebspartner durch eine differenzierte Unterstützung auf eine höhere Stufe zu führen und die Vertriebskompetenz global zu steigern. Fallbeispiel 6-9: Segmentierung und modulare Unterstützung bei der Feintool AG (Walti 1999, S. 216 ff.; Feintool 2005) 6.3.6.2 Differenzierung nach der Beziehungsdauer Eine besondere Determinante der Bedürfnisse internationaler Vertriebspartner stellt die Dauer der Beziehung zum Hersteller dar. Im Laufe der Zusammenarbeit verändern sich die Kompetenzen, der Erfahrungsschatz und die Mitsprachemöglichkeiten der Vertriebspartner. In jungen Beziehungen zur Zentrale sind Vertriebspartner äusserst gehorsam, die Kontrolle liegt unbestreitbar bei dem Hersteller, der über technologi- Vertriebsgestaltung des Herstellers 205 sche Kompetenz, finanzielle Ressourcen und über Managementsysteme verfügt, durch die er das Verhalten der Vertriebspartner in hohem Masse bestimmt (Bakka 1986, S. 852; s. Abbildung 6-13, S. 205). Häufig stammen Führungskräfte in jungen Tochtergesellschaften oder bei der Einführung eines Produktbereiches aus dem Stammhaus und integrieren damit die Regeln der Zentrale (Bakka 1986, S. 852). hoch Hersteller Hersteller •• Technologie, Technologie, •• Ressourcen, Ressourcen, •• Management Management Systeme. Systeme. Machtbasis der Parteien Vertriebspartner Vertriebspartner •• Marketing, Marketing, •• Kundenloyalität, Kundenloyalität, •• Persönliche Persönliche Ambitionen. Ambitionen. niedrig jung reif Beziehungsdauer Abbildung 6-13: Veränderung der Machtbasis über die Zeit (Bakka 1986, S. 851) Im Laufe der Zeit entwickeln Vertriebspartner jedoch eine eigene Machtbasis. Die Erfahrungen und damit steigende lokale Kompetenz in Bezug auf lokale Kunden und Wettbewerber führt zu einer höheren Entschlossenheit und Überzeugung gegenüber den Massnahmen der Zentrale. Diese wird zunehmend mit kulturellen Unterschieden konfrontiert, wodurch Spannungen entstehen (Rosson 1990, S. 207; Bakka 1986, S. 852). Das lokale Management bringt zunehmend die Interessen grosser lokaler Kunden ins Gespräch und entwickelt einen lokalen Ehrgeiz. Aus Sicht des Herstellers ist dies durchaus positiv zu bewerten, ruft allerdings in der Zusammenarbeit Konflikte hervor. Die Entwicklung von Tochtergesellschaften in der Beziehung zum Hersteller kann in eine Aufbau-, Wachstums- und Reifephase unterteilt werden. Anhand der Phaseneinteilung werden Unterschiede in der lokalen Situation deutlich, die im Laufe der Zeit entstehen. Hieraus erwachsen für den Hersteller - wie bereits angeführt - unterschiedliche Ansatzpunkte für eine Koordination und Unterstützung der Vertriebspartner. Abbildung 6-14 (S. 206) zeigt Schwerpunkte in Situationen und Massnahmen. Kapitel 6 206 Beziehungsphase Beziehungsphase Aufbau Aufbau Lokale Lokale Situation Situation • Geringe Kunden-, Produkt- und Unternehmenskenntnisse, • Wenig Erfahrungen in Zusammenarbeit, • Zeitlicher und finanzieller Aufwand für Ingangsetzung, • Druck und kurzfristige Orientierung, • Hoher Kommunikationsaufwand, • Neuentwicklung von Abläufen und Verhaltensweisen, • Rekrutierung einer Vertriebsmannschaft. Zentrale Zentrale Unterstützung Unterstützung • Produkt- und Verkaufsschulungen, • Umfangreiche Dokumentationen und Handbücher, • Ausreichende finanzielle Unterstützung, • Inhaltliche Beratung, • Häufige Meetings und Telefonate. Wachstum Wachstum Reife Reife Zeit • Eingliederung in Spielregeln, • Erste Erfahrungen und Konflikte, • Aufbau von Kenntnissen über Kunden und Markt, • Einbindung in Vertriebsplanung des Herstellers, • Festigung und Ausbau von Kundenbeziehungen. • Frühzeitige Information über Aktivitäten, • Erfahrungsaustausch mit Zentrale und anderen Vertriebspartnern, • Anpassung an Unternehmensstandards, • Prioritäten bei der Konditionengestaltung. • Sehr gute Markt- und Kundenkenntnisse, • Festes Rollenverständnis und Bild über Zentrale, • Prozesse sind bekannt, Diskussionen über Details, • Hohe Produkt- und Anwendungskenntnisse, • Etablierter Name im Markt, bei Kunden und Konkurrenz. • Regelmässige Besuche und Vertriebsmeetings, • Veränderungen der Rahmenbedingungen früh ankündigen, • Marktinformationen als Innovationspotenzial. Abbildung 6-14: Massnahmenschwerpunkte im Laufe verschiedener Beziehungsphasen (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37) Aufbauphase: Unterstützung auf allen Ebenen Am Anfang der Beziehung zwischen Hersteller und Vertriebspartner steht der Aufbau interner und externer Kontakte. Vertriebspartner haben meist weder Kenntnisse über Produkteigenschaften, noch besitzen sie Netzwerke bei den relevanten Kundengruppen im Markt. Dazu kommen die ebenfalls fehlenden Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit dem Hersteller. Selbst in Fällen, in denen ein Manager der Zentrale für den Aufbau einer Tochtergesellschaft eingesetzt wird, findet sich dieser häufig in einer neuen Rolle wieder. Der bis dato im lokalen Markt noch unbekannte Vertriebspartner muss sich lokal etablieren, wozu umfangreiche Kommunikationsanstrengungen notwendig sind. Währenddessen bestehen von Seiten der Zentrale bereits Umsatzziele. Lokal sind die Anstrengungen allerdings zunächst auf den Aufbau von Infrastruktur und die Rekrutierung einer kleinen Vertriebsmannschaft gerichtet, die geschult und mit den Strategien und Vorgehensweisen des Unternehmens vertraut gemacht werden muss (Bakka 1986, S. 852). Für das lokale Management entsteht hieraus ein enormer Druck. Es wird versucht, trotz dieser umfangreichen internen Rüstkosten erste Ergebnisse im Markt zu erzielen. Je höher der Druck dabei wird, der auf dem lokalen Manager lastet, desto stärker ist eine Konzentration auf kurzfristige Umsatzerreichung zu beobachten Vertriebsgestaltung des Herstellers 207 (Bakka 1986, S. 852). Dabei werden erste Forderungen nach besserer Verkaufsunterstützung an die Zentrale formuliert und Unterlagen in Landessprache verlangt statt englischsprachiges Material (Bakka 1986, S. 852). Aussendienstmitarbeiter arbeiten zu diesem Zeitpunkt weitgehend eigenständig in Bezug auf ihre Routenwahl, Zeitplanung und Umfang des Reportings. Allerdings registriert die Zentrale diese lokalen Improvisationen und fordert mehr systematische und wirtschaftliche Denkweise. Mit der Zeit adaptieren die lokalen Manager einige grundsätzliche Regeln und Anforderungen der Zentrale. So z. B. bei der Auswahl und systematischen Betreuung von Kunden, der Erstellung von Angeboten nach zentralen Preislisten oder bei der Gestaltung von Messeauftritten und Anzeigen. Der Hersteller kann den Vertriebspartner in dieser Aufbauphase in vielerlei Hinsicht unterstützen, um die lokale Geschäftstätigkeit in möglichst kurzer Zeit in Gang zu setzen (Arnold 2000, S. 136). Die Unterstützung betrifft dabei sämtliche lokale Funktionen. Zunächst müssen Budgets für die lokalen Kommunikationsanstrengungen festgelegt werden sowie für interne Infrastruktur wie Büro- und EDV-Ausstattung, Geschäftswagen und Verkaufsmaterialien (Arnold 2000, S. 136). Um lokale Mitarbeiter möglichst schnell „verkaufsfähig“ zu machen, kann der Hersteller Produkt- und Verkaufsschulungen durchführen. Dokumentationen, Handbücher und Verkaufsunterlagen unterstützen bei der Kundenakquisition ebenso wie gemeinsame Kundenbesuche mit Technikern oder Managern aus der Zentrale. Denn da der Kunde noch keine Erfahrung mit dem Anbieter hat, treten Vertrauenseigenschaften an diese Stelle, so z. B. die Zuversicht in das Bemühen des Herstellers, die Kundenwünsche zu erfüllen. Als wichtige Investition kann das Bestreben der Zentrale gesehen werden, persönliche Beziehungen zu den lokalen Mitarbeitern zu entwickeln. Dazu ist der häufige und regelmässige persönliche Austausch zwischen zentralen und dezentralen Mitarbeitern, etwa in Form von Meetings heranzuziehen. Telefonischer und elektronischer Austausch wird von Managern häufig eher als ungeeignet für die Herstellung oder Vertiefung von persönlichen Beziehungen angesehen (Kutschker/Schmid 2002, S. 625). Die Bedeutung, die persönliche Beziehungen zum Stammhaus insbesondere in der Aufbauphase einer Niederlassung besitzen, hat auch die Wampfler AG erkannt. Diese setzt ein so genanntes „Patenschaftskonzept“ ein, um den informellen Austausch zwischen Niederlassung und Stammhaus bei jungen Niederlassungen systematisch zu fördern (s. Fallbeispiel 6-10, S. 208). Patenschaftskonzept zur Betreuung junger Niederlassungen Wampfler AG, Weil am Rhein, Deutschland (s. auch Fallbeispiel 6-6, S. 186) Kapitel 6 208 Die Wampfler AG mit Hauptsitz in Weil am Rhein, Deutschland, ist ein weltweit führender Hersteller von mobiler Energie- und Datenübertragung sowie Handlingstechnik. Das Unternehmen realisierte im Jahr 2003 ein Umsatzvolumen von rund 70 Mio. EUR und wird mit 500 Mitarbeitern weltweit durch 27 Tochtergesellschaften und 21 Vertretungen repräsentiert. Der Exportanteil des deutschen Unternehmens beträgt ca. 70 Prozent vom Gesamtumsatz. Die Wampfler AG hat bereits vor einiger Zeit ein „Patenschaftskonzept“ zur Betreuung junger Niederlassungen eingeführt. Die Grundüberlegung war hierbei, dass Niederlassungen vor Ort umso erfolgreicher sein können, desto enger die Anbindung an die Zentrale ist. Aus diesem Grund wollte man die persönliche Anbindung zwischen dem Management des Stammhauses und den Niederlassungen besonders in der kritischen Phase der Neugründung verstärken. Das Konzept sieht die „Patenschaft“ eines Mitarbeiters aus dem Stammhaus für ein oder mehrere Führungskräfte aus internationalen Vertriebsgesellschaften vor. Wampfler HQs Land A Land B Land C ... Rainer Mehrer, Manager Group Marketing & International Field Sales, ist „Pate“ der italienischen Vertriebsgesellschaft Wampfler s.r.l. in Melegnano, Italien, deren Gründung er massgeblich mitgestaltet hat. Als Pate ist Herr Mehrer persönlicher Ansprechpartner des italienischen Niederlassungsleiters. Dieser meldet sich je nach Bedarf und erkundigt sich nach Neuigkeiten und der Stimmungslage in der Zentrale. Insbesondere vor Meetings können Themen besprochen werden, die in der Zentrale von aktueller Bedeutung sind. Der italienische Niederlassungsleiter kann sich durch diesen informellen Gedankenaustausch besser auf Meetings vorbereiten und erhöht damit den Wert gemeinsamer Diskussionen mit der Zentrale. Rainer Mehrer ist vom Patenschaftskonzept überzeugt. Kritisch sieht er zwar die Gefahr, dass Paten persönlich gefärbte Meinungen an die Niederlassungen weitergeben. Allerdings überwiegt aus seiner Sicht der Vorteil, die lokalen Niederlassungsverantwortlichen zu integrieren und damit die Basis für eine optimale Zusammenarbeit zu legen. Aufgrund der ausschliesslich positiven Erfahrungen plant das Unternehmen, das Patenschaftskonzept ggf. auch auf bestehende Niederlassungen auszuweiten. Fallbeispiel 6-10: Patenschaftskonzept bei der Wampfler AG (Einzelinterview Mehrer 2002, s. Anhang A, S. 346) Wachstumsphase: Zunehmende Selbstständigkeit Im Laufe der Zeit etablieren sich beim Vertriebspartner die Prozesse, es bilden sich Netzwerke zum Markt hin sowie zum Stammhaus. Es kann bei positiver Marktentwicklung eine zunehmende Stabilisierung des Vertriebspartners beobachtet werden, die bei der Zentrale häufig das Bedürfnis nach einer stärkeren Einbindung in die Planung des Unternehmens hervorruft. Die Zentrale verlangt nun umfangreiches Daten- Vertriebsgestaltung des Herstellers 209 material für ein bis zwei jährliche Planungen (Bakka 1986, S. 853). Dazu muss der Vertriebspartner gründliche Analysen zu Kunden, Wettbewerbern, Verkaufs- und Ergebniszielen, Marketingaktivitäten und kosten, zur Produktpositionierung und weiteren lokalen Grössen darlegen. Vertriebspartner reagieren auf diese Forderung zunächst positiv, da sie die Möglichkeit sehen, sich mit positiven Zahlen und Studien zu schmücken, die sie von öffentlichen Statistiken, Industrieverbänden, Marktstudien und persönlichen Kontakten zusammengetragen haben (Bakka 1986, S. 854). Darüber hinaus reizen die Möglichkeiten, die der Hersteller im Gegenzug liefern kann. Dazu gehört die Lieferung weltweiter Vergleichszahlen zu Märkten, Kunden, Wettbewerbern und Verkäufen, mit denen sich Vertriebspartner selbst einschätzen und ranken können. Leider nutzen Hersteller diese Möglichkeit der Unterstützung nur selten (siehe auch Abbildung 5-4, S. 111 und Abbildung 6-4, S. 160). Stattdessen dienen die Informationen über den lokalen Ländermarkt meist dazu, neue Konditionen für den nun wachsenden Vertriebspartner festzulegen. Hierzu gehören neben hohen Verkaufszielen, niedrigere Marketingbudgets und dem Wegfall zusätzlicher Unterstützung bei der Kommunikation auch hohe Gemeinkosten der Zentrale, die nun von der Tochtergesellschaft mit zu tragen sind. Darüber hinaus kann die Einbindung in interne Transferpreise, die aus steuerlichen Gründen den lokalen Gewinn auf Null reduzieren, eine zusätzliche Demotivation für das lokale Management mit sich bringen (Bakka 1986, S. 854). Insgesamt verändert sich die Situation für das lokale Management unerwartet bedrohlich, da die ersten Erfolge und die vermeintliche Stabilisierung ins Wanken geraten. Zu diesem Zeitpunkt entsteht lokal eine hohe Demotivation und Unzufriedenheit, der im Nachhinein nur schwer zu begegnen ist (Rosson 1990, S. 207). Aus diesem Grunde scheint es notwendig, Vertriebspartnern von Beginn an eine hohe Transparenz über die gewährte Unterstützung und deren Planung zu geben. Genaue Programme, die den Zeitpunkt von Kürzungen vorhersehbar und damit auch lokal planbar machen, können erste Transparenz schaffen. Durch ein stufenweises Vorgehen kann vermieden werden, dass es kurzfristig zu Engpässen durch die veränderte Konditionengestaltung kommt. Erfahrene Niederlassungsleiter anderer Länder können wichtige Hinweise zur Überbrückung dieser Zeit geben. Bakka (1986, S. 854) hält insbesondere die frühzeitige Kommunikation bevorstehender Konditionenveränderungen für unerlässlich, um die Harmonie in der Zusammenarbeit wahren zu können. Durch die Erläuterung der Hintergründe und der daraus folgenden Prioritäten bei der Konditionenänderung kann wichtige Akzeptanz gewonnen werden. So erfolgt eine schrittweise Anpassung an die Standards der Marketingplanung im Gesamtunternehmen. Kapitel 6 210 Reifephase: Spezialist des lokalen Marktes Hat der Vertriebspartner die vollständige Integration in die Vorgehensweise und die Prinzipien des Herstellers vollzogen, steht einer stabilen Zusammenarbeit nichts mehr im Wege. Zu diesem Zeitpunkt ist der Vertriebspartner ein Spezialist des lokalen Marktes und fühlt sich seinen Kunden in hohem Masse verpflichtet. Er ist bei Kunden und Wettbewerbern bekannt und stellt einen etablierten Anbieter im Markt dar. Intern haben sich inzwischen häufig Bilder über den Hersteller verfestigt. Die Anbindung an diesen und die „Spielregeln“ sind bekannt, so dass es nur wenige operative Reibungspunkte gibt. Konflikte treten vor allem dann auf, wenn die gefestigten Strategien, Prioritäten oder Prozesse verletzt oder verändert werden (Rosson 1990, S. 208). Der Vertriebspartner ist in dieser Situation ein kompetenter Ansprechpartner für sämtliche Belange des lokalen Marktes. Aus diesem Grunde dient er nicht selten als Quelle für neue Produktideen (s. Absatz 6.3.4.2, S. 183 ff.) und kann ebenso bei der Entwicklung marktorientierter Strategien wirkungsvolle Unterstützung leisten (s. Absatz 6.3.4.1, S. 180 ff.). Herstellern muss es demnach gelingen, in dieser Reifephase der Beziehung eine konstruktive Zusammenarbeit mit dem Vertriebspartner zu erhalten und deren Marktkompetenz optimal einzusetzen. Das gilt z. B. bei der Beratung oder bei einer Partnerschaft für junge Niederlassungen in anderen Märkten. Rosson (1990, S. 206) betont, dass die langfristige Zusammenarbeit in einer gefestigten Beziehung zu Vertriebspartnern erfolgskritischer ist als die Phase der anfänglichen Ingangsetzung (s. auch Arnold 2000, S. 136 f.). 6.3.7 Unterstützung durch zentrale Ressourcen Die zentralen Strukturen und Ressourcen des Herstellers besitzen nicht nur wie dargestellt wurde eine hohe Bedeutung für die Aufgaben der Koordination (s. Absatz 6.3.2, S. 162 ff.), sondern auch für die Unterstützung der Vertriebspartner. Im Folgenden werden Ansätze zur systematischen Gestaltung der zentralen Unterstützungsleistungen und zu deren Verrechnung diskutiert. Ausserdem werden die Voraussetzungen thematisiert, die intern vorliegen müssen, um die zentrale Leistungsfähigkeit sicherzustellen. 6.3.7.1 Herstellersupport in Marketing und Vertrieb Durch eine professionelle Verkaufsunterstützung können Hersteller den Erfolg ihrer internationalen Vertriebspartner massgeblich mitbestimmen. Um die eigentliche industrielle Kernleistung herum, die im Zentrum der Beziehung zwischen Hersteller und Vertriebsgestaltung des Herstellers 211 Vertriebspartner steht (Hakansson 1982, S. 15), bestehen zahlreiche „Unterstützungsleistungen“, die der Hersteller einsetzen kann, um die lokale Wettbewerbsfähigkeit des Vertriebspartners zu erhöhen. Zur Systematisierung der Kombination interner Leistungen der Zentrale wird hier eine Analogie zum Leistungssystemansatz nach Belz et al. (1997, S. 29) herangezogen und anhand eines Schalenmodells dargestellt. Die umhüllenden Schalen heben die Bedeutung der begleitenden Leistungen in den Vordergrund, durch die eine Differenzierung beim Vertriebspartner möglich wird. Im Kern des Schalenmodells steht das industrielle Leistungsangebot, durch das die Probleme des Kunden gelöst werden sollen. Diese „Kernleistung“ ist unabdingbare Geschäftsgrundlage zwischen Kunde und Vertriebspartner und begründet damit überhaupt erst die Beziehung zwischen Hersteller und Vertriebspartner. Die Gestaltung der Kernleistung bestimmt weitgehend über die Fähigkeit des Vertriebspartners, Bedürfnisse des Kunden zu lösen. Sie bestimmt deshalb in ebenso hohem Masse über die Zufriedenheit des Vertriebspartners mit dem Hersteller. Die Möglichkeiten und Chancen der Abstimmung zwischen Hersteller und Vertriebspartner im Prozess von der Idee über die Entwicklung bis zur Einführung neuer Produkte wurde bereits in Absatz 6.3.4.2 (S. 183 ff.) diskutiert. Durch ein gemeinsames Vorgehen können überlegene Kundenvorteile geschaffen werden, die Vertriebspartnern zu nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen verhelfen. Lokale Geschäftsprozesse Lokale Verkaufsprozesse (Back-End) Lokale Verkaufsprozesse (Front-End) Kundenprozesse Finanzielle Zuschüsse Informationsversorgung Infrastruktur Interne Services Verkaufsunterlagen Industrielle Kernleistung Kundenbezug z. B. Maschine z. B. Produktprospekte z. B. Begleitung durch Techniker z. B. IT-Tools zur Auftragsabwicklung z. B. Rundschreiben zu internen Projekten z. B. Subventionierung von lokalen Investitionen Abbildung 6-15: Schalenmodell eines Leistungssystems für Vertriebspartner (In Anlehnung an Belz et al. 1997, S. 29) 212 Kapitel 6 Neben dieser Kernleistung stehen dem Hersteller weitere Ansatzpunkte zur Verfügung, um die lokale Wettbewerbsfähigkeit des Vertriebspartners zu unterstützen. Diese zielen auf die Unterstützung bei den lokalen Verkaufs- und sonstigen Geschäftsprozessen ab. Herstellern eröffnen diese Leistungen insbesondere bei unabhängigen Vertretungen eine Möglichkeit, sich gegenüber anderen Herstellern im Portfolio zu differenzieren (Rosenbloom 1990, S. 54 f.). Bezugspunkte der Unterstützungsleistungen des Herstellers können vom konkreten Kundenprozess bis hin zu internen Prozessen der lokalen Organisation reichen. Die Schalen des in Abbildung 6-15 (S. 211) dargestellten Leistungssystems sind in abnehmender Reihenfolge ihres Bezugs zu den Kundenprozessen angeordnet. Im Folgenden sollen kurz die einzelnen Schalen erläutert werden: • Verkaufsunterlagen: Durch professionelle Verkaufsunterlagen kann der Hersteller das Auftreten und die Kompetenz des Vertriebspartners beim Kunden unterstützen. Gleichsam wird die Einhaltung eines unternehmensweiten Corporate Designs sichergestellt. Wichtige Verkaufsunterlagen, die den Vertriebspartner im Kundenkontakt unterstützen können, sind vorgefertigte Verkaufspräsentationen für neue Produkte (s. Belz/Bussmann 2002, S. 281). Aber auch Argumentationshilfen, die Vorteile im Vergleich zu Konkurrenzprodukten aufzeigen, und Verkaufsvideos mit Anwendungsdemonstrationen gehören zu den Verkaufsunterlagen, die Hersteller bereitstellen können. Um den Informationsbedarf des Kunden sowohl in Bezug auf technische Details zu stillen als auch aufzuzeigen, wie Kunden durch die Lösung des Herstellers eigene Wettbewerbsvorteile erzielen können, können darüber hinaus umfangreiche Dokumentationen wie Handbücher, Prospekte und Datenblätter eingesetzt werden. • Interne Services: Neben den Materialien für den Verkaufsprozess kann der Hersteller auch interne Dienstleistungen anbieten, bei denen er selbst aktiv wird. Gemeinsame Kundenbesuche mit Vertretern aus der Zentrale oder mit Anwendungstechnikern können sowohl in der Beratungsqualität für den Kunden, als auch in der diesem entgegengebrachten Wertschätzung entscheidende Differenzierung gegenüber der Konkurrenz bringen. Aber auch von der Zentrale durchgeführte Marktforschungen, Schulungen oder Events für Kunden und Vertriebspartner erhöhen die lokale Kompetenz und führen häufig zu höheren Verkäufen. • Infrastruktur: Anstatt unmittelbaren Support für den Verkauf beim Kunden (FrontEnd) zu geben, können Hersteller ebenso die Professionalität der lokalen Infrastrukturen und Prozesse (Back-End) unterstützen. Wichtige Stellhebel sind hierbei der Vertriebsgestaltung des Herstellers 213 Einsatz von IT-Systemen und Tools, so z. B. für eine effiziente Auftragsabwicklung (s. Belz et al. 1996, S. 78; Belz/Bussmann 2002, S. 280). Vertriebspartner können durch die Professionalisierung ihrer lokalen Prozesse wiederum ihre Verlässlichkeit gegenüber dem Kunden verbessern, so z. B. in der Einhaltung von Lieferterminen oder der realistischen Einschätzung von Verfügbarkeiten. Darüber hinaus kann der Hersteller Infrastruktur bereithalten, die lokale Marketingaktivitäten ermöglichen. So z. B. durch die zentrale oder regionale Anschaffung von Messematerialien und Messeständen, Demogeräten und Muster, die für einzelne Vertriebspartner nicht finanzierbar sind (s. Walti 1999, S. 208). • Informationsversorgung: Informationen bilden die Basis für eine lokale Strategiefindung und die Anpassung lokaler Prozesse. Auswertungen über die lokale Verkaufsleistung im Ländervergleich bilden die Grundlage für Selbsteinschätzungen und Zielsetzungen. Produkt-, wettbewerbs- und kundenbezogene Daten wiederum ermöglichen die Strategiebildung (Belz et al. 1996, S. 78). Im operativen Kontext sind allerdings auch Projekte, Personalia und andere Interna des Herstellers für den Vertriebspartner von Bedeutung, um eigene Vertriebsprozesse anzupassen und die Entwicklungen in der Herstellerorganisation mitverfolgen zu können. Vielfach existieren aus diesem Grunde interne Newsletters, die alle Mitglieder der Vertriebsorganisation über Neuigkeiten auf dem aktuellen Stand halten oder Intranetanwendungen, die einen direkten Austausch ermöglichen (s. Belz/Bussmann 2002, S. 281). • Finanzielle Zuschüsse: Als wichtiger Ansatzpunkt der Unterstützung der lokalen Geschäftsprozesse sind finanzielle Zuschüsse zu nennen. Diese können in unterschiedlichen Formen gewährt werden. Gerade beim Aufbau oder der Erweiterung der lokalen Präsenz werden häufig direkte Zuschüsse in Form von Budgets gewährt. In schwierigen Wettbewerbssituationen sind allerdings auch Zuschüsse zu Werbekosten, Messen, Nachlässe bei Transferpreisen oder Vereinfachung von Zahlungsbedingungen möglich, durch die die lokale Finanzkraft gestärkt wird (Rosenbloom 1990, S. 55). So z. B. auch durch Konsignationslager, die lokale Kapitalbindungskosten senken und die Liquidität der Vertriebspartner erhöhen. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass dem Hersteller damit eine Vielzahl von Ansatzpunkten zur Unterstützung der Vertriebspartner zur Verfügung stehen. Abbildung 6-16 (S. 214) zeigt noch einmal die verschiedenen Ansatzpunkte im Überblick. Kapitel 6 214 Ansätze Ansätze der der Unterstützung Unterstützung von von Vertriebspartnern Vertriebspartnern Verkaufsunterlagen Interne Services • Verkaufspräsentationen, • Argumentationshilfen, • Gemeinsame Kundenbesuche, • Technische Verkaufsunterstützung, • Handbücher, Prospekte und Datenblätter, • Interne Marktforschung, • Events für Kunden und Vertriebspartner, • Schulung und Weiterbildung. • Verkaufsvideos. Kunde Infrastruktur • IT-Systeme, • IT-Tools, • Demogeräte, • Muster, • Messestand, Messematerialien, Exponate. Informationsversorgung Finanzielle Zuschüsse • Auswertungen zur Verkaufsleistung, • Produkt-, Wettbewerbs- und Kundendaten, • Werbekostenzuschuss, • Subventionierung von Bauvorhaben, • Rundschreiben zu Neuprodukten, • Nachlässe bei Transferpreisen, • Newsletter zu Internas, Meilensteinen etc. • Konsignationslager, • Rabattteilung. Bezugspunkt • Messezuschüsse, Organisation Abbildung 6-16: Ansätze der Unterstützung von Vertriebspartnern durch den Hersteller 6.3.7.2 Technische und betriebswirtschaftliche Weiterbildung Die Aus- und Weiterbildung von Vertriebspartnern in Bezug auf Produkte und Verkaufsprozesse des Herstellers bilden eine der wichtigsten Schnittstellen in der Beziehung von Zentrale und Vertriebspartnern. Tomczak (1997, S. 76) betont, dass Hersteller schliesslich nicht nur von der Bereitschaft, sondern ebenso von der Fähigkeit der jeweiligen Vertriebspartner abhängig sind. Schulungsdefiziten des Verkaufspersonals muss demnach eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden (Tomczak 1997, S. 77). Aufgrund ihrer grossen Bedeutung soll auf den Gestaltungsansatz der Weiterbildungsmöglichkeiten vertiefend eingegangen werden. Inhalte der Weiterbildungsmassnahmen des Herstellers beziehen sich auf die Kenntnisse und Fähigkeiten, die der Vertriebspartner bei der Planung und Marktbearbeitung benötigt. Dazu gehören insbesondere (s. Belz et al. 1996, S. 61 f.; Homburg/Krohmer 2003, S. 1052): • Kommerzielles und technisches Fachwissen, • interaktionsbezogene Fähigkeiten sowie • analytische und konzeptionelle Fähigkeiten. Kommerzielles Fachwissen umfasst sämtliche betriebswirtschaftliche Kenntnisse, die Vertriebspartner zum Verkauf ihrer Produkte nutzen. Hierzu gehört vor allem das Wis- Vertriebsgestaltung des Herstellers 215 sen über Kunden und Wettbewerber sowie über Instrumente der operativen Marktbearbeitung (s. Tabelle 6-9, S. 215). Das kommerzielle Fachwissen kann sich damit über sämtliche Ebenen von marktbezogenen Gegebenheiten bis hin zu internen Prozessen und Vorgehensweisen beziehen. Im Mittelpunkt stehen die betriebswirtschaftlichen Aspekte des operativen Verkaufs, so z. B. Verkaufsargumente für die verschiedenen Kundensegmente und Alternativen bei der Konditionengestaltung. Tabelle 6-9 (S. 215) zeigt Beispiele zu den verschiedenen inhaltlichen Weiterbildungskategorien. Inhalte der Weiterbildung Kommerzielles Fachwissen Technisches Fachwissen Interaktions bezogene Fähigkeiten Analytische und konzeptionelle Fähigkeiten Tabelle 6-9: Beispiele • Kenntnis der komparativen Konkurrenzvorteile (z. B. Fertigungsprozess 20 % beschleunigen, geringere Abrichtzeiten, Lebensdauer, Präzision), • Kenntnis von Preisen und Konditionen (z. B. Verrechnung von Einzelleistungen, Rabattpolitik, Finanzierungsangebote, Zusatzleistungen, Lieferfristen), • Kenntnis der potenziellen Zielgruppe (z. B. Formenbau, Automobilindustrie, Werkzeugmaschinenindustrie, Elektronik-/Halbleiterhersteller), • Kenntnis des Anspruchsniveaus der verschiedenen Zielgruppen (z. B. Zeit- und Qualitätsvorgaben), • Kenntnis der Zuständigkeiten und Ansprechpartner beim Hersteller (z. B. Preisverhandlungen, Reparaturen, Reklamationen). • Detailkenntnisse der Produkte im Sortiment (z. B. technische Werte, Funktionsweise), • Kenntnis der Produktionsverfahren beim Kunden (z. B. Fertigungstiefe und Lieferanten, Montage, Kapazitäten), • Kenntnis technischer Details und Nachteile von Konkurrenz- und Substitutionsprodukten (z. B. von Billiganbietern aus Fernost). • Verhandlungskompetenz und Beziehung zum Buying-Center (z. B. den Sales Cycle-Schritten angepasste Argumentation; Auswahl der richtigen Ansprechpartner, Kontaktpflege mit Entscheidungsträgern), • Flexibilität im Umgang mit Kundenproblemen (z. B. Berücksichtigung von Sonderwünschen, Vermittlerfunktion zum Hersteller). • Kenntnisse zur strategischen Positionierung und Marketingkonzept des Herstellers, • Kenntnisse zur Zielgruppen- und Wettbewerbsanalyse, • Erkennen von Markttrends und verändertem Kundenverhalten. Inhalte der Weiterbildung von Vertriebspartnern (In Anlehnung an Belz et al. 1996, S. 61 f.) Das technische Fachwissen der Vertriebspartner stellt eine wichtige Voraussetzung dafür dar, dass Kunden kompetent beraten werden können und die Leistungen sinnvoll auf die Anwendungsbereiche des Kunden abgestimmt werden. Vertriebspartner müssen dabei sowohl technische Anwendungsfelder des Kunden kennen und verstehen, als auch die technischen Spezifikationen und Einsatzbereiche des eigenen Leistungsspektrums beherrschen. Nur so wird es möglich, die Vorteile der eigenen Lösung für den Kunden hervorzuheben und nachhaltig unter Beweis zu stellen. 216 Kapitel 6 Über die technischen und kommerziellen Fähigkeiten hinaus, muss der Vertriebspartner auch im Bereich der „Interaktionsqualität“ professionell vorgehen. Kenntnisse zur systematischen Auswahl von Gesprächspartnern und -inhalten beim Kunden, zum Vorgehen bei Verhandlungen sowie Spielräume bei und Strategien für den Umgang mit Problemsituationen und Sonderwünschen des Kunden, schaffen sowohl in der Zusammenarbeit zwischen Kunde und Vertriebspartner als auch in der Beziehung zum Hersteller eine höhere Professionalität und verhindern Konflikte. Auch analytische und konzeptionelle Fähigkeiten des Vertriebspartners können durch Weiterbildungsmassnahmen unterstützt werden. Hierzu gehören betriebswirtschaftliche Kenntnisse, die für die Planung der lokalen Marktbearbeitungsstrategie notwendig sind. Techniken der Zielgruppen- und Wettbewerbsanalysen und der daraus folgenden strategischen Positionierung und Verkaufsplanung gehören zu den wichtigen analytischen und konzeptionellen Fähigkeiten, die insbesondere vom lokalen Vertriebsmanagement verlangt werden. Diese erlauben es, professionelle Marketingkonzepte zu erstellen, die als Basis für die ein- oder mehrjährige Planung dienen. Hersteller müssen der Frage nachgehen, welche dieser vielfältigen Kenntnisse überhaupt vermittelt werden können bzw. vermittelt werden sollen und darüber hinaus, welche geeigneten Weiterbildungsmassnahmen für diese Vermittlung zur Verfügung stehen. Tabelle 6-10 (S. 217) zeigt verschiedene Formen der Weiterbildung und die dabei primär vermittelten Inhalte. Grundsätzlich unterschieden werden dabei einerseits autodidaktische Weiterbildungsformen, die das Selbststudium der Vertriebspartner unterstützen, und andererseits persönliche Weiterbildungsformen, die eine Wissensübermittlung im persönlichen Kontakt vornehmen. An autodidaktischen Weiterbildungsformen stehen Schulungshandbücher, Videos und E-Learning-Applikationen zur Verfügung. Schulungshandbücher können insbesondere zur produktbezogenen und anwendungstechnischen Ausbildung verwendet werden. Das Nachschlagen technischer Details und Dokumentationen wird damit ermöglicht. Allerdings muss auch der Aufwand betont werden, der mit der Erstellung didaktisch brauchbarer Schulungshandbücher verbunden ist. Vertriebspartner betonen, dass sich Hersteller häufig auf die Aneinanderreihung technischer Details beschränken, weshalb dieses Instrument zu Schulungszwecken häufig ungeeignet ist. Zu Dokumentationszwecken ist es hingegen zu empfehlen. Vertriebsgestaltung des Herstellers 217 Interaktionsbezogene Fähigkeiten Analytische und konzeptionelle Fähigkeiten Weiterbildungsform Fachwissen Primär vermittelte Inhalte Beispiele Fachseminar zur Erstellung von Kundenstrategien Training zur Anwendung von Trainings Verkaufstechniken Lehrgang zur Anwendung neuer Lehrgänge Softwarelösungen Aussendiensttagung zum Austausch Tagungen von Markttrends Coaching von Coaching Vertriebsleitern Begleitung eines erfahrenen VertriebspartLernen durch ners durch eine Nachwuchskraft Beobachtung Schulungshandbücher zur SchulungsAnwendungstechnik handbücher Videos zu Techniken Videos der Gesprächsführung CD-Roms und Intranetanwendungen E-Learning zur produktbezogenen Schulung = trifft nicht zu; = trifft zu; = trifft teilweise zu Tabelle 6-10: Inhalte und Anwendungen von Formen der Weiterbildung für Vertriebspartner (In Anlehnung an Homburg/Krohmer 2003, S. 1053) Autodidaktisch persönlich Seminare Videoaufnahmen, die kommentiert oder unkommentiert das Vorgehen bei Kundengesprächen beschreiben, sind von hohem didaktischen Wert. Die Erstellung solcher Videos ist mit geringerem Aufwand verbunden, da nicht sämtliche verhaltensbezogenen Aspekte expliziert werden müssen. Nachteile liegen darin, dass Videos häufig auf fiktionalen Kundengesprächen basieren, die wesentliche Details oder Herausforderungen der verschiedenen Märkte unberücksichtigt lassen. Videoaufnahmen können deshalb eher als ergänzendes Instrument eingesetzt werden, das sowohl interaktionsbezogene als auch fachliche Kenntnisse unterstützt. Über die Bedeutung und das Potenzial des E-Learnings gehen die Meinungen auseinander. Zwar ermöglicht diese autodidaktische Weiterbildungsform, verschiedene Medien wie Videoübertragung, Hör- und Schriftbeiträge miteinander zu verbinden. Trotzdem sehen Homburg/Krohmer (2003, S. 1053) den Anwendungsbereich des E-Learnings vor allem bei den fachlichen Kenntnissen. Die persönlichen Weiterbildungsformen nehmen bei Herstellern häufig einen höheren Stellenwert ein als autodidaktische. Seminare, Trainings und Lehrgänge sind sicherlich die am meisten verbreiteten Instrumente zur Weiterbildung von Mitgliedern der Ver- 218 Kapitel 6 triebsorganisation. Dabei unterscheiden sich Seminare, Trainings und Lehrgänge vor allem bei den Schwerpunkten der vermittelten Kenntnisse. Während Schulungen meist technisches und betriebswirtschaftliches Fachwissen sowie konzeptionelle Fähigkeiten vermitteln, legen Trainings den Schwerpunkt auf die Anwendung. Lehrgänge verbinden beide Ansätze und bilden damit den breitesten Ansatz der Weiterbildung. Alle drei Ansätze besitzen ähnliche Vor- und Nachteile. Sie ermöglichen es, durch die physische Präsenz der Teilnehmer den Wissensstand in der Vertriebsorganisation in der Interaktion zu erleben und geben dem Hersteller damit Implikationen für die interne Kommunikation und die aktuellen Fähigkeiten, mit denen er bei der Marktbearbeitung rechnen kann. Neben den primären Weiterbildungszielen der Seminare, Trainings und Lehrgänge ergeben sich Vorteile durch den persönlichen Kontakt und Austausch der Teilnehmer untereinander und mit dem Hersteller. Dies ist auch bei Tagungen, Coaching und Begleitungen der Fall (s. „Patenschaftskonzept“, Fallbeispiel 6-10, S. 208), und nicht selten deren primäre Zielsetzung. Allerdings muss auch betont werden, dass Schulungsangebote der Hersteller häufig unter mangelnder Teilnahme durch die Vertriebspartner leiden. Gründe sind meist eine mangelhafte Qualität der Schulungen und eine fehlende Differenzierung des Schulungsangebotes: • Mangelhafte Qualität: In manchen Fällen ist die Qualität der Schulungen unzureichend. Wenn die Konzeption und Durchführung der Schulungen an Hilfskräfte delegiert werden, die keine oder nur wenig Vertriebserfahrung besitzen, kann das Potenzial der Schulungen nicht ausgenutzt werden. Mangelhafte organisatorische Vorbereitung, die sich in Verspätungen, Wartezeiten oder technischen Problemen am Schulungstag äussert, wird von Vertriebspartnern stark bemängelt, da diese häufig erhebliche zeitliche und finanzielle Ressourcen aufwenden müssen, um an zentralen Schulungsterminen teilnehmen zu können (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Die Professionalität in der Vorbereitung muss deshalb unter allen Umständen durch Vertriebsverantwortliche in der Zentrale sichergestellt werden. • Fehlende Differenzierung: Häufig werden Schulungen nicht für verschiedene Vertriebspartner differenziert. Heute ist es vielfach der Fall, dass Schulungen ausschliesslich auf Anfängerniveau stattfinden, wodurch erfahrene Vertriebspartner abgeschreckt werden. Manche Hersteller setzen deshalb Wissenstests ein, um das Kenntnisniveau von Vertriebspartnern zu bestimmen und unterschiedliche Seminarlevels anbieten zu können. Auch findet häufig keine regionale Differenzierung statt, die durch inhaltliche Abstimmung auf die Region vor allem bei kommerziellen Seminaren erhebliche Vorteile bieten können. Darüber hinaus wird durch ein weltweit Vertriebsgestaltung des Herstellers 219 standardisiertes Angebot in englischer Sprache häufig eine weitere Barriere geschaffen, die insbesondere lateinamerikanische Vertriebspartner von einer Teilnahme fernhält (Befragung Leica I, s. Tabelle 2-3, S. 37). Eine geringe Teilnahme an den angebotenen Seminaren führt indessen bei Herstellern nicht dazu, dass diese auf den Prüfstand gestellt, verbessert und damit attraktiver werden. Vielmehr werten viele Hersteller eine fehlende Teilnahme als mangelhaftes Interesse und reduzieren das eigene Engagement, was nicht selten auch zu einer Reduktion im Schulungsangebot führt. Auch die wirtschaftlich angespannte Lage in europäischen Ländern hat dazu geführt, dass bei Schulungen erhebliche Kürzungen vorgenommen wurden (Mansfeld 2004, S. 66). Hierdurch konterkariert der Hersteller allerdings seine eigenen Interessen, die in einem besseren Ausbildungsniveau seiner Vertriebsorganisation liegen. Um das Ausbildungsniveau und die Motivation der Vertriebspartner zu erhöhen, müssen deshalb massive Anstrengungen zur Verbesserung von Schulungen unternommen und dem Abbau von internen Weiterbildungsangeboten Einhalt geboten werden. Ebenso müssen Konzepte ausgearbeitet werden, die vor allem auch für Mitarbeiter unabhängiger Vertretungen Anreize bieten, Schulungen des Herstellers zu besuchen und ihren Kenntnisstand zu verbessern. Häufig werden Vertretungen nur unzureichend eingebunden, woraus unterschiedliche Ausbildungsstände zwischen Tochtergesellschaften und Vertretungen resultieren. Hier liegen Potenziale für die Verkaufsqualität und damit für die Verkaufsergebnisse in vielen internationalen Märkten. Fallbeispiel 6-11 (S. 220) zeigt den Aufwand, der bei Siemens für technisches und betriebswirtschaftliches Training bei der internationalen Neuprodukteinführung betrieben wird. Technisches und betriebswirtschaftliches Training vor der Markteinführung Siemens Building Technologies AG, Zürich, Schweiz Der Siemens Bereich "Building Technologies" (SBT) mit Stammsitz in Zug wurde am 1. Oktober, 1998 durch Integration des Industrieteils der früheren Elektrowatt-Gruppe, Zürich, in die Gebäudetechnikaktivitäten der Siemens AG, München, gegründet. Die Fachkompetenz der ehemaligen Cerberus, Landis & Staefa und Siemens wurde in einer einzigen Organisation zusammengefasst. Zusammen mit den Bereichen „Automation and Drives“, „Industrial Solutions and Services“ und „Logistics and Assembly Systems“ repräsentiert Building Technologies das Arbeitsgebiet „Automation and Control“. Building Technologies ist in allen Disziplinen der Gebäudetechnik zuhause – von der Heizungs-, Lüftungs- und Klimaregelung bis hin zur Brandmeldung, Löschung, Evakuierung, Zutrittskontrolle, Videoüberwachung und Alarmanlage. Insgesamt erzielten die 28'159 Mitarbeiter der Building Technologies im Jahr 2004 weltweit einen Umsatz von EUR 4.247 Mrd., von dem etwa 65 Prozent auf Europa entfallen. Building Technologies unterhält in 42 Ländern der Welt mehr als 500 Niederlassungen und fertigt in acht Produktionsstätten in Europa, USA und Asien. Zur Vorbereitung auf Neuprodukteinführungen werden bei Siemens Building Technologies umfangreiche produktbezogene Schulungsmassnahmen durchgeführt, die als wichtige Voraussetzung für den Kapitel 6 220 Erfolg gesehen werden. Die Abbildung zeigt den Zeitplan der Markteinführung für das Desigo Gebäudeautomationssystem. Durch Schulungen und Trainings wurde die Grundlage für eine hohe Akzeptanz und fundiertes produktbezogenes Wissen in der Vertriebsorganisation gelegt. Vor der Erprobung und Markteinführung wurden Mitarbeiter in der SBT-Zentrale in Zug, Schweiz, und in den Ländern auf ihre Aufgaben vorbereitet und damit ein reibungsloser Wissenstransfer sichergestellt. Inhalte waren dabei sowohl technischer als auch betriebswirtschaftlicher Natur. Die Schulungsmassnahmen wurden von über 600 Verkaufsberatern und 400 Techniker aus 24 Ländern als Vorbereitung auf die bevorstehende Markteinführung besucht. Insgesamt investierte Siemens Building Technologies damit für das Produkt Desigo über 5’000 Trainingstage für Engineering und 1’500 Trainingstage für Verkaufsschulungen. Zeitplan für die Markteinführung des Desigo Gebäudeautomationssystems ... 12/2002 03/2003 06/2003 09/2003 • 600 Vertriebsmitarbeiter und 400 Techniker, • 5‘000 Trainingstage für technische Schulungen („Engineering“), • 1‘500 Trainingstage für betriebswirtschaftliche Verkaufsschulung. 03/2004 06/2004 ... Markteinführung Schulungsphase • Vorbereitung auf Einführung und Wissenstransfer, • Durchführung in Zentrale und in Ländern, • Teilnehmer aus 24 Ländern, 12/2003 Erprobungsphase • 20 Feldtestprojekte, • Sechs Länder, Einführungsphase • Sechs Monate, • Feedback von Fachleuten der Zentrale, • Start: Offizielle Verkaufsfreigabe, • Alle europäischen Länder, • Ergebnis: Freigabeversion. • Diverse Markteinführungs- und Projektaktivitäten, • Auch: Berichte in Fachpresse. Die darauf folgende Markteinführung verlief in zwei aufeinander abgestimmten Zeitphasen. In einer ersten Phase wurden mit sechs Ländern ca. 20 Feldtestprojekte abgewickelt. In dieser sechsmonatigen Erprobungsphase wurden die Projekte intensiv von Fachleuten aus der Zentrale begleitet und das Feedback in die endgültige Freigabeversion eingearbeitet. Ebenso gaben der Einsatz in zahlreichen Bauten Aufschluss über die Bewährung des Systems beim Kunden. Die zweite Phase begann im Dezember 2003 mit der offiziellen Verkaufsfreigabe in allen europäischen Ländern. Mitte 2004 liefen in nahezu ganz Europa diverse Markteinführungs- und Projektaktivitäten, die Einführung wurde bereits zu diesem Zeitpunkt als erfolgreich bewertet. Das Unternehmen führt den Erfolg des Projekte wesentlich auf die gewissenhafte Marketingplanung und Verkaufsvorbereitung zurück. Fallbeispiel 6-11: Trainingsaufwand bei der Siemens Building Technologies AG (Wigger 2004; Siemens 2005) 6.3.7.3 Interne Vereinbarungen, Verrechnungspreise und Garantien Ungenügende telefonische Erreichbarkeit, mangelnder technischer Support, fehlende Informationen oder verspätete Lieferungen sind Beispiele für die oftmals von Vertriebspartnern bemängelten Defizite in der Unterstützung durch die Zentrale. Fehlende Steuerungsmechanismen führen dazu, dass die Qualität der Unterstützung in hohem Vertriebsgestaltung des Herstellers 221 Masse von der Qualifikation und der intrinsischen Motivation der Mitarbeiter der Zentrale abhängen. An dieser Stelle muss wiederholt zwischen den Koordinationsaufgaben und den Unterstützungsaufgaben der Zentrale differenziert werden (s. Absatz 6.3.2.3, S. 171 ff.). Während Koordinationsaufgaben vor allem die Abstimmung verschiedener Unternehmensbereiche und Länderaktivitäten betreffen, entlasten Unterstützungsaufgaben die einzelnen Vertriebspartner durch eine zentrale Leistungserstellung (Reckenfelderbäumer 2001, S. 254). Hierdurch können einerseits Synergieeffekte genutzt werden, andererseits erreicht man in vielen Fällen eine qualitativ höherwertige Leistung als bei dezentraler Erbringung, da Zentralbereiche in verschiedenen Bereichen auf überlegenes Know-How zurückgreifen können (Reckenfelderbäumer 2001, S. 254). Zu diesem Know-how gehören etwa technische Kenntnisse, länderübergreifende Kunden- und Wettbewerbsaktivitäten sowie Marktforschungserfahrung. Hierin liegt der Grund, warum Schulungen, Marktforschung oder Rechts- und IT-Beratung häufig durch die Zentrale realisiert werden. Verschiedene Autoren empfehlen, sämtliche zentrale Unterstützungsleistungen in so genannten internen „Service-Centers“ zu organisieren (Reckenfelderbäumer 2001, S. 263; Hungenberg 1992, S. 352; s. Absatz 6.3.2.3, S. 171 ff.). Diese stellen innerbetriebliche Äquivalente zu den auf externen Märkten agierenden „Profit-Centers“ dar und erzielen durch ihre marktähnlichen Gestaltungsspielräume nachdrücklich wettbewerbskonforme und (interne) kundenorientierte Verhaltensweisen (Malone 2004, S. 29 ff.; Reckenfelderbäumer 2001, S. 263). Damit gehen sie über die heute noch weit verbreiteten Cost-Center deutlich hinaus, deren Zuständigkeit entsprechend auf nicht marktfähige Koordinationsaufgaben beschränkt werden sollte (Reckenfelderbäumer 2001, S. 263; Hungenberg 1992, S. 352). Um die Qualität der durch die Zentrale gewährten Unterstützung zu verbessern, stehen verschiedene Gestaltungsansätze zur Verfügung. Eine zunehmende Relevanz besitzen „Service Level Agreements“ in Verbindung mit Transferpreisen und „Interne Garantien“. Service-Level Agreements in Verbindung mit Transferpreisen Service Level Agreements (SLA) definieren die Art und den Umfang der internen Leistungen, die zentrale Anbieter für Vertriebspartner erbringen. Gleichzeitig verpflichten sich die zentralen Service-Center, den Service in einer festgelegten Qualität zu leisten (z. B. garantierte Verfügbarkeiten, Response Times, maximale Fehlerraten 222 Kapitel 6 usw.) und legen Verfahren zum Leistungscontrolling fest. Durch die Einführung von Service Level Agreements wird damit die tatsächliche Leistung der Zentrale transparenter. Auch tragen SLA dazu bei, die Kommunikation zwischen Herstellern und Vertriebspartnern zu optimieren und letztere bei der Definition ihrer Anforderungen mit in die Pflicht zu nehmen. Kombiniert werden können Service-Level-Agreements mit Transferpreisen, die für unternehmensinterne Lieferungen und Leistungen festgelegt werden (Kutschker/Schmid 2002, S. 1016). Während unmittelbar marktfähige Leistungen wie Produkte und Logistikdienstleistungen bereits seit langem durch interne Verrechnungspreise Berücksichtigung finden, werden in der Praxis auch zunehmend intangible Unterstützungsleistungen mit Preisen versehen. Interne Preise besitzen verschiedene Funktionen: Sie bemessen den Wert der Leistung, verlagern damit den Gewinn und tragen zur Selbstkoordination des Unternehmens bei (Kutschker/Schmid 2002, S. 1019 ff.), da interne Anbieter und Nachfrager nur dann die Leistungen austauschen werden, wenn die Konditionen auf beiden Seiten vorteilhaft erscheinen. Dies bedeutet, dass Unterstützungsleistungen von Vertriebspartnern nur in soweit beansprucht werden, dass unter der Voraussetzung des internen Preises positive Ergebnisbeiträge generiert werden können. Andererseits berücksichtigt der Preis die Kosten auf der Anbieterseite und verhindert damit, dass wertvolle interne Kapazitäten von Vertriebspartnern für sinnlose Aktionen verschwendet werden (Malone 2004, S. 28). Selbstverständlich ist die Situation im Unternehmen nicht mit einer marktlichen Situation gleichzusetzen. Gerade in kleineren und mittelständischen Unternehmen besitzen Anbieter in der Zentrale häufig eine Monopolstellung, die eine freie Verhandlung der internen Preise verhindert. In grossen Unternehmen ist hingegen zu bedenken, dass hohe Gemeinkostenumlagen die Höhe von auf Kostenbasis kalkulierten Preisen in die Höhe treiben können. Aus diesem Grund schlagen {Hungenberg #32} ({, 1992 #32}, S. 353) und Kutschker/Schmid (2002, S. 1017 ff.) verschiedene alternative marktpreisund kostenorientierte Verfahren vor, um die optimale Höhe der Transferpreise zu ermitteln und festzulegen. Bei den Transferpreisen für interne Services sind neben der Höhe zudem verschiedene Preismodelle denkbar. Neben einer vollständig von der Inanspruchnahme abhängigen Verrechnung (Abbildung 6-17, S. 223; „Konditionen A“) ist z. B. denkbar, Vertriebspartnern je nach Grösse bestimmte Kontingente „gutzuschreiben“, so dass erst nach deren Verzehr zusätzliche Kosten für die Vertriebspartner anfallen. Vertriebsgestaltung des Herstellers 223 Als Nachteil der SLAs in Verbindung mit dienstleistungsbezogenen Verrechnungspreisen ist sicher der interne Rüstaufwand und die Koordination dessen zu nennen. Nur wenn die internen Vereinbarungen präzise ausgearbeitet sind und Verstösse gegen die vereinbarten Service-Level messbar und sanktionierbar gemacht werden, stellt sich der gewünschte Koordinationseffekt ein. Auch die systematische Erfassung und Verrechnung von internen Dienstleistungen benötigt einen nicht zu unterschätzenden Ressourcenaufwand. Diesen erheblichen Rüstkosten stehen jedoch Synergieeffekte entgegen, da die Leistungserstellung zentralisiert werden kann. Auch ist eine höhere Qualität in der Leistungserstellung zu erwarten, da sich die zentralen Einheiten dementsprechend spezialisieren können. hoch Konditionen A Preis bzw. Kosten Konditionen B niedrig niedrig Freikontingent Abbildung 6-17: hoch Leistungsumfang Verrechnungsmodelle für interne Dienstleistungen Das folgende Beispiel der Zement AG (Name aus Vetraulichkeitsgründen geändert) zeigt, wie es dem internationalen Unternehmen gelungen ist, durch die Einführung von SLAs die zentrale Durchführung interner Dienstleistungen durch Service-Centers zu etablieren und transparent zu gestalten. Service-Level Agreements bei der Zement AG Zement AG, Schweiz Die Zement Gruppe ist ein weltweit führender Anbieter von Zement, Kies, Sand und Transportbeton. Das Unternehmen mit Sitz in der Schweiz besitzt heute eine starke Marktpräsenz in über 50 Ländern auf allen Kontinenten und beschäftigt mehr als 37'000 Mitarbeiter. Der „Global Player“ erzielte im Jahr 2004 einen Umsatz von CHF 9 Mrd., davon mehr als 57 Prozent ausserhalb Europas. Seit langem legt die Zement Gruppe einen Hauptakzent auf kontinuierliche Kostensenkungen. In den vergangenen Jahren wurden bei der Zement AG sämtliche zentralen und dezentralen Prozesse, insbesondere im Bereich der Administration und IT kritisch auf ihren optimalen Erbringungsort hin unter- Kapitel 6 224 sucht. Insbesondere Back-End-Prozesse, die aus Kundensicht nicht notwendig dezentral erstellt werden müssen, wurden in den Durchführungsbereich regionaler „Shared-Service Center“ verlegt, wozu die „Zement Support Ltd.“ gegründet wurde. Durch die Errichtung regionaler „IT-Service Centers“ zeigten sich substantielle Einsparungspotentiale. Dies bedeutete aber ein partielles Verlassen der klassischen Aufbauorganisation des Konzerns, bei dem die Konzernleitung nach geografischen Gesichtspunkten führte, die unterstützenden Konzernstäbe in einer eigenen AG gebündelt waren und die Ländergesellschaften bisher eigenverantwortlich alle notwendigen Unternehmensfunktionen führen durften. Der Beschluss, sechs regionale Service-Centers aufzubauen brachte mit sich, dass die Ländergesellschaften ihre eigenen Kompetenzen im Bereich der Back-Office Prozesse weitestgehend an diese regionalen Service-Centers abzutreten hatten. Dieser Prozess ist heute bei fünf davon abgeschlossen, beim sechsten noch im Gange. ServiceCenter Region C ServiceCenter Region B Zement Group Support Ltd. ServiceCenter Region A North & Latin America Zement AG UnternehmensUnternehmensleitung leitung Central Europe Service Level Agreements East Europe Asia and Mittle East Philippines, Australia, New Zealand Africa Zuständigkeitsbereiche im Management eines Service Centers Land 1 Land 2 Land 3 Service Analyse und Service Portfolio, Service Organisation, Service Level Definitionen, Service Continuity Massnahmen, Service Policy und Prozesse (z.B. Change Management), Service Management Tools Architektur. Zu den Aufgaben der Service-Center gehören heute die Unterstützung, die Beratung und die Bereitstellung von Management-Tools in den Bereichen Personalentwicklung, Informationstechnologie, Produktentwicklung, Konstruktion, Marktforschung, Marketing und Logistik. Dazu erbringen sie für die Niederlassungen der Region weitgehend alle administrativen Prozesse, die keine lokale Durchführung erfordern wie z. B. die Rechnungserstellung und Buchhaltung, logistische Abwicklung, Pflege und Bedienung von Datenbanken wie Warenwirtschaftssystemen, Aufbereitung von Managementinformationen und der Einsatz von CRM-Systemen. Die Schritte zur Umsetzung der Zentralisierung, auch wenn sie „nur“ an regionale Service-Centers und nicht an die Konzernzentrale erfolgte, mussten laut Sandy Keys, Head Service & Information Center, „gut geplant und klar strukturiert werden, denn jedes Abtreten von Führungskompetenzen kann zu Bedenken führen“. So bedeutete die Regionalisierung der Backoffice-Prozesse für die Länderverantwortlichen einen Verlust an direkter Einflussnahme, eine Erhöhung des Koordinationsaufwandes sowie die Mitbestimmung anstatt des bisherigen Alleinentscheides. Gleichzeitig entstand eine zusätzliche Transparenz, da die Zusammenarbeit nun eine noch stärkere Integration zentraler und dezentraler Prozesse verlangte. Beides führte ebenso, zumindest aus der Sicht der dezentralen Einheiten, zu einem Verlust von lokaler Flexibilität. Denn in der veränderten Konstellation haben Niederlassungsleiter keinen disziplinarischen Einfluss mehr auf die Sicherstellung der Qualität und der Rechtzeitigkeit von Services, die seither zentral erbracht werden. So z. B. auf die rechtzeitige Erstellung von Rechnungen oder auf die Berücksichtigung von „Change Requests“ des Kunden. Aus diesem Grunde war es im Rahmen des Change Managements wesentlich, die Benefits auch für die Länderverantwortlichen sichtbar zu machen, diese bei der Durchführung zu messen, die neue Kompetenzverteilung klar darzustellen sowie mit Service-Level Agreements zu arbeiten. Die „Servi- Vertriebsgestaltung des Herstellers 225 ce-Level Agreements“ stellen bei der Zement AG einen internen, aber dennoch einklagbaren Vertrag über die zu erfüllenden Pflichten der verschiedenen Parteien dar. Aus Sicht von Keys stellen Service Level Agreements ein ideales Mittel dar, um so genannte "Back-end" Prozesse an Dritte, in diesem Falle an die eigenständigen Service-Centers, zu delegieren. Der Niederlassungsleiter kauft damit zu internen Verrechnungspreisen die vom Shared-Service Center angebotenen Dienstleistungen ein und kann berechtigt gegen einen Verstoss von Termin- oder Qualitätsvereinbarungen vorgehen. Die Vereinbarungen können sich auf vielfältige Leistungen beziehen. So z. B. neben den oben genannten Prozessen auch auf die Übernahme lokaler Lagerverwaltung und die Sicherstellung bestimmter Vorräte in den lokalen Zementsilos. Die SLAs regeln Konditionalstrafen und sichern damit die Erfüllung lokaler Interessen. Sandy Keys betont, dass sich eine eingehende Diskussion von SLAs besonders in einem frühen Stadium des Change-Prozesses lohnt und dass SLAs sämtliche grundsätzlichen Leistungsbeziehungen regeln sollen, nicht aber Einzelheiten. Denn ansonsten entstünden schnell unhandliche Dokumente, die für den Leistungserbringer erstickend wirken und im entscheidenden Konfliktfall doch Lücken aufweisen. SLAs sollten sich auf diejenigen Elemente konzentrieren, die für das Geschäft des Leistungsempfängers wesentlich sind (bspw. die maximale Wartezeit zum Druck eines Lieferscheins, weil hier Kunden des Leistungserbringers betroffen sind) und sollten nach Keys das weglassen, was interne Fragestellungen des Leistungserbringers betrifft (bspw. die Zahl der Arbeitsplätze in einem Hotline Büro). Heute kann man festhalten, dass die Erfahrungen der Zement Gruppe mit Service-Level Agreements positiv sind. Gegenwärtig wird in einer Region ein Service Center aufgebaut, das eine Reihe weitergehendes Aktivitäten aus dem Bereich Finanzen und Administration für die ganze Region übernehmen wird. Hierfür sind in einem nächsten Schritt messbare Leistungskriterien zu bestimmen, die die Grundlage für die Entwicklung eines SLAs bilden. Fallbeispiel 6-12: Service-Level Agreements bei der Zement AG Garantien für die interne Leistungsqualität Eine Alternative zur Sicherstellung der internen Leistungsqualität, die der „Internen Garantien“, zeigt Hart (1995, S. 64 ff.) auf. Er setzt dabei nicht wie das Konzept der Verrechnungspreise bei dem Entgelt für die Erbringung der Leistung an, sondern verlangt eine Bestrafung für die Nicht-Erfüllung bzw. die ungenügende Erfüllung einer Leistung. Interne Garantien sind Versprechen, die von den für die Leistungserbringung Verantwortlichen gemacht werden. Im internationalen Vertrieb betrifft dies die Mitarbeiter der zentralen Vertriebsorganisation, die ein bestimmtes Leistungsniveau für Unterstützungsleistungen festlegen und bei Verstoss eine interne Entschädigung zahlen. Die Entschädigung hat dabei zweierlei Zwecke: Zum einen werden Verluste und Unzufriedenheit auf der Seite der Vertriebspartner zumindest symbolisch kompensiert. Zum anderen wird den Zentralverantwortlichen hierdurch der Anreiz gegeben, ihre Leistungsversprechen einzuhalten (Hart 1995, S. 65). Um interne Garantien in der Vertriebsorganisation einzusetzen, sind vier Schritte zu bewältigen (Hart 1995, S. 66): • Schritt 1: Die Zentrale muss ihre eigenen Aufgaben und ihre Mission klar erkennen und festlegen, Kapitel 6 226 • Schritt 2: Vertriebspartner als interne Kunden müssen erkannt werden, ggf. sind verschiedene Mitarbeitergruppen auf Vertriebspartnerebene zu unterscheiden (z. B. Führungsverantwortliche, Verkaufspersonal, Innendienst,...), • Schritt 3: Die unterschiedlichen Präferenzen der Vertriebspartner müssen erkannt werden, • Schritt 4: Es müssen interne Garantien gestaltet werden, die an diesen dezentralen Bedürfnissen ansetzen und Sanktionsmechanismen für den Fall eines Verstosses vorsehen. Der grösste Vorteil der Alternative „Interner Garantien“ ist gleichzeitig ihr grösster Nachteil: Interne Garantieversprechen zu tätigen und bei Nichteinhaltung dieser zu sanktionieren, liegt im Einflussbereich der zentralen Verantwortlichen und ist ohne Restrukturierung und grösseren Ressourcenaufwand realisierbar. Der Ansatz eignet sich deshalb insbesondere auch für kleinere Unternehmen, die keine Ressourcen besitzen, um ein umfassendes internes Berichtswesen zur Erfassung der Leistungsqualität und der Transferpreise zu führen. Selbst einzelne Abteilungen können interne Garantien auf eigene Initiative hin ins Leben rufen (Hart 1995, S. 66). Leider bringt diese starke Flexibilität auch den Nachteil mit sich, dass interne Garantien, wenn deren Einhaltung nicht nachhaltig überprüft wird und wenn sie nicht auf Direktive des TopManagements hin eingeführt werden, leicht der Erosion des Tagesgeschäfts unterliegen und mit der Zeit aufweichen. Es liegt in diesem Falle häufig bei der Konsequenz und Nachhaltigkeit des Vertriebsmanagements, ob interne Garantien langfristig aufrecht gehalten werden können oder nicht. Hart (1995, S. 66) schlägt deshalb vor, das Konzept durch das Top-Management im Unternehmen zu verankern und damit langfristig zu etablieren. Ansatzpunkte um interne Garantien zu professionalisieren, können dabei in der eigenen Abgabe von Garantien durch das Top-Management liegen, in der Erstellung von Richtlinien, der Einführung von Systemen, welche die Einhaltung der Garantieversprechen erfassen, in zusätzlichen Budgets für Technologie und Personal sowie in der Einflussnahme bei der Auswahl von Aktivitäten zur Erhöhung der internen Dienstleistungsqualität (Hart 1995, S. 66). Interne Garantien können somit in vielfältiger Weise und mit unterschiedlich starkem Engagement eingesetzt werden, was Herstellern insbesondere die Möglichkeit zu „Pilotprojekten“ gibt, ohne grössere Investitionen tätigen zu müssen. Interne Garantien stellen damit insbesondere für kleinere Unternehmen Vertriebsgestaltung des Herstellers 227 und ressourcenbeschränkte Abteilungen eine attraktive Alternative dar, um die Qualität der internen Leistungen der Zentrale systematisch zu verbessern. 6.3.7.4 Zentrale Professionalität und Ressourcenausstattung Nach Belz/Reinhold (1999a, S. 178) stehen die Fähigkeiten der Zentrale im Mittelpunkt des Vertriebsmanagements. Denn diese bestimmen massgeblich darüber, wie erfolgreich im Markt vorgegangen werden kann (Belz/Reinhold 1999a, S. 178). Nur wenn es gelingt, die professionelle Koordination der internationalen Aktivitäten mit einer treffenden Unterstützung der Vertriebsorganisation zu verbinden, erreicht diese ihre höchste Effektivität. In der Praxis wird der Professionalität der Zentrale häufig nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt, obwohl von dieser die Betreuung der Vertriebspartner und damit in hohem Masse auch die Vertriebsergebnisse abhängen. Stattdessen konzentrieren sich Mitarbeiter des Herstellers oftmals auf die Professionalisierung und Mobilisierung der Vertriebspartner (Walti 1999, S. 167 ff.), schreiben diesen die Gründe für unzufriedenstellende Marktergebnisse zu und übersehen leicht die Schwächen der eigenen Führung und Unterstützung. Viele Führungskräfte im Stammhaus unterschätzen zudem, welche enorme Bedeutung kulturellen Aspekten und persönlichen Beziehungen im internationalen Geschäft zukommt (Belz et al. 1996, S. 29), da sie sich im Heimmarkt selbstverständlich und oft unbewusst darauf abstützen (Belz/Reinhold 1999a, S. 186). Auch überschätzen Mitarbeiter der Zentrale häufig ihre eigenen Kenntnisse (Hungenberg 1992, S. 342). Es scheint daher ratsam, den Blickwinkel zu ändern und auch die Fähigkeiten der zentralen Einheiten auf den Prüfstand zu stellen, um eine wirkungsvolle Koordination und Unterstützung der Vertriebsorganisation sicherzustellen. Dazu müssen Soll- und IstProfile der erforderlichen zentralen Kompetenzen entwickelt werden (Belz/Reinhold 1999a, S. 183). Als Prüfstein für die Kompetenzen der Zentrale kann die Beurteilung durch die Vertriebspartner herangezogen werden. Ein Zeitvergleich gibt Aufschluss über den Erfolg von eingeleiteten Verbesserungen. Belz/Reinhold (1999a, S. 181 ff.) formulieren acht Kompetenzdimensionen, über die die Zentrale für ein professionelles Vorgehen verfügen muss. Dazu gehören interne und externe Kommunikationskompetenz, Leistungs- und Beziehungskompetenz, Führungskompetenz sowie operative, kommerzielle und strategische Kompetenz, die als Anforderungen an die Zentrale gestellt und kontinuierlich weiterentwickelt werden Kapitel 6 228 müssen. Die Vielfalt der benötigten Kompetenzen und die zu deren Entwicklung bestehenden Gestaltungsansätze lassen bereits den Umfang und die Komplexität der zentralen Koordinations- und Unterstützungsaufgabe erahnen. Selbst wenn die Zentrale sich über die optimale Schwerpunktsetzung beim Weiterentwickeln ihrer Fähigkeiten bewusst ist, scheitern viele dieser Vorhaben an ungenügenden Ressourcen des Stammhauses (Belz/Reinhold 1999a, S. 209). Belz/Reinhold (1999b, S. 29) geben an, dass es in der Investitionsgüterbranche nicht aussergewöhnlich sei, dass 2 bis 3 Mitarbeiter in der Zentrale 40 bis 60 Agenten oder Niederlassungen in unterschiedlichen Märkten betreuen. Dafür sprechen auch die Ergebnisse der vom Autor durchgeführten Befragung (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37). Die bereits weiter oben (s. Absatz 6.3.5.1, S. 193 ff.) angestellten Überlegungen zur Kontakthäufigkeit machen deutlich, dass bei einer geringen Ressourcenausstattung der Zentrale eine Unterstützung der Vertriebspartner erheblichen Restriktionen unterliegt. Reisezeiten, Konzepte für die Mitarbeiterentwicklung durch Schulungen und Weiterbildung, Mitarbeitertransfers, telefonische und elektronische Betreuung sowie die Abwicklung von Garantiefällen benötigen zentrale Mitarbeiterressourcen, die häufig nicht vorhanden sind. Die Analyse des empirischen Datenmaterials zeigt sehr deutlich diesen Zusammenhang (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37). Dazu wurde durch eine bivariate Regressionsanalyse untersucht, ob das Verhältnis zwischen der Ressourcenausstattung der Zentrale und der Anzahl der zu betreuenden Vertriebspartner eine Auswirkung auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner besitzt (s. Tabelle 6-11, S. 228). Die Zufriedenheit wurde in diesem Fall erneut durch die von Gassenheimer/Ramsey (1994, S. 261) entwickelte Multi-Item Skala gemessen. Bivariate Regression Unabhängige Variable Relative Ressourcen (Anzahl Vertriebspartner zu Anzahl Mitarbeiter im zentralen Marketing und Vertieb) Channelmember-Satisfaction (zsat) Signifiβ R2 kanz(standardisiert) niveau -.351*** .123 .003 n = 71; n. s.: p > .10, *: p < .10, **: p < .05, ***: p ≤ .01 Tabelle 6-11: Bivariate Regression zu den Wirkungen der zentralen Ressourcenstärke (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37) Es zeigt sich ein starker negativer Zusammenhang zwischen den relativen Ressourcen und der Zufriedenheit sowie ein grosser Beitrag der relativen Ressourcen zur Erklärung der Gesamtstreuung der Zufriedenheit. Damit wird die Vermutung unterstützt, Vertriebsgestaltung des Herstellers 229 dass die Qualität der Betreuung und damit die Zufriedenheit abnimmt, je mehr Vertriebspartner von einem Mitarbeiter der Zentrale betreut werden. Durch eine professionelle Planung von zentralen Aufgaben und Aktivitäten sowie der benötigten und verfügbaren Ressourcen kann der Hersteller jedoch versuchen, die Qualität zentraler Leistungen zu optimieren. Zentrale Vertriebseinheiten müssen festlegen, welche Funktionen sie mit welchem Ressourcenumfang erfüllen wollen, um eine optimale Unterstützung und Koordination der Vertriebspartner zu erreichen. Dazu werden sämtliche wertschaffende Aktivitäten erfasst und strukturiert. Erst wenn sich die zentralen Einheiten über die von ihnen zu erfüllenden Funktionen und konkreten Aufgabeninhalte bewusst sind, kann eine Planung und Gestaltung erfolgen. Dem Stammhaus stehen dabei insbesondere die in Abbildung 6-18 (S. 229) dargestellten Stellhebel zur Verfügung. Stossrichtung Aktivität Ausweitung zentraler Vertriebsressourcen, Rekrutierung zusätzlicher Mitarbeiter. Entlastung durch den Einsatz von Informationssystemen und durch die Vereinfachung oder Standardisierung von Prozessen. Einsparen Einsparen Gänzlicher Verzicht auf ausgewählte Aufgaben. Übertragen Übertragen Dezentralisierung und Delegation von Aufgaben an Vertriebspartner und Teams. Konsequente Bündelung administrativer Aufgaben und Delegation an geringer qualifizierte Mitarbeiter mit geringeren Lohnkosten. Vergrössern Vergrössern Entlasten Entlasten Umverteilen Umverteilen Abbildung 6-18: Stellhebel zur Konfiguration zentraler Ressourcen Jede dieser Gestaltungsalternativen kann dabei helfen, die Zentrale mit den notwendigen Ressourcen auszustatten, um die angestrebten Aufgaben zu erfüllen. Eine Nutzwertanalyse zentraler Aufgaben kann aus Sicht der Vertriebspartner wertvolle Aufschlüsse geben, wenn über die Reduktion von zentralen Aufgaben entschieden werden soll. Es werden damit die Voraussetzungen geschaffen, eine optimale Unterstützung und Koordination zu gewährleisten. 6.3.8 Koordination und Unterstützung durch Information Die Bedeutung, die Informationen bei der Koordination der Vertriebsorganisation und bei der Unterstützung der Vertriebspartner zukommt, wurde bereits mehrfach deutlich. Im Folgenden werden Ansätze diskutiert, welche die verschiedenen Informationsströ- Kapitel 6 230 me zwischen Hersteller und Vertriebspartner fördern, und Möglichkeiten dargestellt, die durch den Einsatz von Informationssystemen und -Tools eröffnet werden. 6.3.8.1 Informationslieferung, -austausch und -versorgung Der Informations- und Wissenstransfer in international tätigen Unternehmen wird in den letzten Jahren besonders intensiv diskutiert (Kutschker/Schmid 2002, S. 1022). Da der Zentrale durch unterschiedliche Aufgaben und geografische Distanzen nur sehr unvollständige Informationen zur Verfügung stehen, lassen sich häufig weder Marktpotenziale noch Marktanteile zuverlässig abschätzen (Belz/Reinhold 1999a, S. 24). Aktionen der Zentrale werden daher häufig zu einem „Blindflug“ (Belz/Reinhold 1999a, S. 24). Auch die Qualität der Informationen ist häufig ungenügend. Belz/Reinhold (1999a, S. 24) sprechen von Versteckspielen der Niederlassungen, da Planungsinformationen häufig politisch statt objektiv geprägt seien. Industriegüterhersteller können sich teilweise nicht einmal auf eine Kundendatenbasis stützen (Kundenentwicklung, Buying-Centers, Umsatzpotenziale usw.), weil Niederlassungen diese Informationen sorgsam im eigenen Besitz pflegen (Belz/Reinhold 1999a, S. 24). Der Informationsaustausch wird damit durch Machtspiele behindert (Von Krogh et al. 2000, S. 125). Aber auch Hersteller stehen in der Kritik. Häufig erhalten Vertriebspartner benötigte Informationen nur unvollständig, gar nicht oder zu spät. So z. B. bei der Einführung neuer oder der Abschaffung bestehender Produkte (s. Fallbeispiel 6-7, S. 189). Potenziale, die sich durch länderübergreifende Kunden- und Wettbewerbsanalysen ergeben, erschliessen Hersteller nur selten. Vertriebspartnern entgeht hierdurch wichtige Unterstützung. Darüber hinaus stellen sich auch Demotivationseffekte ein, da Vertriebspartner nur selten Feedback auf die meist umfangreichen Reportings erhalten (Belz et al. 1996, S. 57). Der lokale Aufwand für die Erfassung und Aufbereitung von Informationen scheint aus Sicht der Vertriebspartner verschwendet, wenn Zahlen auf dem zentralen „Zahlenfriedhof“ landen (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Informationsdefizite und Handlungsbedarf bestehen damit sowohl in der Zentrale als auch bei Vertriebspartnern. Von Krogh et al. (2000, S. 132 ff.) stellen drei generelle Prinzipien auf, um die Qualität des Informationsaustausches zu verbessern. Es sollen Anreize gesetzt werden („Prinzip eins“), Regeln für die Kommunikation festgelegt werden („Prinzip zwei“) und eine aktive Führung der internen Kommunikationsprozesse sichergestellt werden („Prinzip drei“) (Von Krogh et al. 2000, S. 132 ff.). Bezieht man die drei Prinzipien nach Von Krogh et al. (2000, S. 132 ff.) auf den konkre- Vertriebsgestaltung des Herstellers 231 ten Informationsaustausch zwischen Hersteller und Vertriebspartner zeigen sich neue Gestaltungsansätze. Die Strukturierung des Informationsaustausches kann durch eine Orientierung an dessen Fliessrichtung erfolgen (Kutschker/Schmid 2002, s. 1023). Als Adressaten und Absender der Information kommen, wenn an dieser Stelle nicht weiter in Abteilungen differenziert wird, Hersteller und Vertriebspartner in Betracht. Abbildung 6-19 (S. 231) zeigt die sich ergebenden vier Kombinationsmöglichkeiten. Absender Vertriebspartner Bottom-Up Lieferung Horizontaler Austausch Zentraler Austausch Top-Down Versorgung Hersteller Vertriebspartner Hersteller Adressat Abbildung 6-19: Absender und Adressaten interner Informationen Der Absender der Information entscheidet über Richtung, Umfang, Qualität, Zeitpunkt und Inhalt der Information. Der Adressat hingegen urteilt darüber, ob die erhaltene Information für seine Zwecke geeignet ist. Inhalte können dabei vielfältige Bereiche betreffen. Tabelle 6-12 (S. 231) zeigt beispielhaft die Inhalte interner Informationsflüsse für die vier Kombinationen. Diese werden im Folgenden näher erläutert. Inhalte interner Informationsflüsse Fall 1: Bottom-Up Fall 2: Horizontaler Fall 3: Top-Down Lieferung Austausch Versorgung • Logistische, technische • Erfahrungsaustausch zu • Produkt-, Wettbeund preisliche AuftragsProdukten und Leistunwerbs- und Kundaten, gen des Herstellers, den-informationen, • Besuchsberichte des • Marktbearbeitung und • LogistikinformatiAussendienstes, Strategie der Wettbeweronen, ber, Schwächen von • Kunden- und segmentbe• Informationen zu Wettbewerbsprodukten, zogene Daten, Wettbeinternen Projekten werbssituation, • Markttrends bei Kunden und Prozessen, in anderen Märkten, • Finanzielles Reporting, • Strategien und Instrumente der • Planzahlen zu Verkäufen • Tipps zur Marktbearbeitung, VerkaufsargumenMarktbearbeitung. und Marketingaktivitäten te. für die zentrale Planung. Tabelle 6-12: Inhalte interner Informationsflüsse Fall 4: Zentraler Austausch • Internationale Marktaktivitäten der BusinessUnits und anderen zentralen Abteilungen. 232 Kapitel 6 Fall 1: „Bottom-Up Lieferung“ Die „Bottom-Up Lieferung“ gehört zu den Standardaufgaben im Vertrieb. Neben logistischen und technischen Informationen der Auftragsabwicklung fordern Hersteller meist finanzielle Ist- und Planzahlen für ihre zentralen Planungsprozesse. In den letzten Jahren werden von Herstellerseite zunehmend Anstrengungen unternommen auch Informationen zur Marktbearbeitung, zu Kunden und Wettbewerbern zu erhalten (Walti 1999, S. 54). Die Erfassung, Aufbereitung und Übermittlung dieser Daten bedeutet für Vertriebspartner einen nicht unwesentlichen Aufwand (Arnold 2000, S. 137). Hersteller fordern standardisiertes, umfangreiches Datenmaterial, das in den meisten Fällen lokal erst beschafft werden muss (s. Fallbeispiel 4-1, S. 83). Erfolgen diese Reporte in Papierform, was durch unterschiedliche IT-Systeme hervorgerufen werden kann, wird die Weiterverarbeitung mühselig (Walti 1999, S. 53). Mehrheitlich gelangen Reportinginformationen nur an einen engen Personenkreis in der Zentrale und werden dadurch nicht konsequent ausgewertet (Walti 1999, S. 53). Zudem dienen die an die Zentrale adressierten Berichte häufig primär Kontrollzwecken, anstatt zielgerichtete Massnahmen auszulösen (Walti 1999, S. 53). Vertriebspartner hinterfragen nicht selten den Nutzen, der sich aus dieser umfangreichen Datensammlung ergibt, und verzichten auf die vollständige Übermittlung der gewünschten Daten (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Die nach dem ersten Prinzip nach Von Krogh et al. (2000, S. 132) geforderten Anreize zur Kommunikation können bei Vertriebspartnern durch den Einbezug der Informationsqualität in die Incentivierung und die Konditionengestaltung gesetzt werden. Darüber hinaus kann der Hersteller das Zahlenmaterial aufbereiten und den Vertriebspartnern Feedback anbieten (Arnold 2000, S. 136). Die Einhaltung von Regeln zur Informationsübermittlung werden hierdurch unterstützt („Prinzip zwei“). Aber auch die generelle Gestaltung des geforderten Informationsumfangs sollte vom Hersteller regelmässig auf seine Zweckmässigkeit überprüft werden. Unnötig erhobene Informationen binden wichtige Ressourcen und belasten die Zusammenarbeit. Hier ist weniger mehr.In der Praxis führen Hersteller ihre Vertriebsgesellschaften ohnehin selten an mehr als einer Hand voll zentraler Kennzahlen (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Einer übereifrigen Datensammlung der Zentrale ist deshalb Einhalt zu gebieten. Fall 2: „Horizontaler Austausch“ Der horizontale Austausch zwischen Vertriebspartnern betrifft in erster Linie Marktinformationen und Informationen der Marktbearbeitung. Durch den Austausch können Vertriebsgestaltung des Herstellers 233 Vertriebspartner abgestimmter agieren und überlegene Bearbeitungsstrategien entwickeln. Der marktübergreifende Austausch von Ideen kann die Leistung verbessern und führt häufig zu einer höheren Stimmigkeit in der Durchführung internationaler Strategien (Arnold 2000, S. 137). Vereinzelt findet der Austausch zwischen den Vertriebspartnern auf Intranetplattformen, unsystematisch durch persönliche Beziehungen oder Gespräche im Rahmen gemeinsamer Meetings statt (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Hier ist eine Entlastung und Koordination durch die Zentrale möglich und sinnvoll. Insbesondere die systematische Erfassung und Auswertung länderübergreifender Informationen über international agierende Kunden und Wettbewerber kann für einzelne Vertriebspartner äusserst hilfreich sein. Zumal bei einer zentralen Übernahme von Informationsaufgaben die Zuständigkeiten eindeutig geklärt werden können. Ein Vorgehen durch die Zentrale setzt selbstverständlich die Mitwirkung der Vertriebspartner voraus. Der Nutzen, den Vertriebspartner in der diesbezüglichen Informationsleistung der Zentrale sehen, bestimmt vermutlich weitgehend über deren Mitwirkung. Hersteller müssen sich deshalb bei Übernahme dieses internen Austauschdienstes ganz besonders am Urteil der Vertriebspartner messen lassen. Für Vertriebspartner können hierdurch wichtige Informationen zu Kunden, Wettbewerbern oder Best-Practices bei der Marktbearbeitung in den verschiedenen Märkten bereit gestellt werden. Dies wird in vielen Fällen durch zentral aufbereitete Newsletter realisiert (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37), so z. B. bei der Wampfler AG durch den monatlich erscheinenden Newsletter „Wampflercom“ oder bei Feintool durch den Newsletter „Rep-Flash“, der für Distributoren erstellt wird. Vorteile der zentralen Koordination von Marktinformationen werden bspw. von der Hilti AG durch ein so genanntes „Competition radar“ realisiert (s. Fallbeispiel 6-13, S. 234). In diesem Fall werden die Aufgaben der Sammlung, Aufbereitung und Verteilung von Informationen an die zentralen Stellen delegiert. Hierdurch entstehen Synergien und ebenso wertvolle Informationen für Zentrale und Vertriebspartner. Im Zentrum des „Competition radars“ steht das Ziel, Informationsdefizite in Bezug auf Wettbewerber horizontal zwischen den Märkten abzubauen. „Competition Radar“ bei der HILTI AG Hilti AG, Schaan, Liechtenstein Die Hilti Gruppe ist ein weltweit führendes Unternehmen im Bereich der Befestigungs- und Abbautechnik. Mit den Produktlinien Bohr- und Abbautechnik, Direktbefestigung, Diamanttechnik, Dübeltechnik, Brandschutz- und Schaumsysteme, Installationstechnik, Positionier-Systeme, Schraubtechnik sowie Säge- und Schleiftechnik steht das Unternehmen für Innovation, Qualität und Kundennähe. Hilti ist weltweit in über 120 Ländern präsent. Zwei Drittel der mehr als 15’000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind in den Verkaufsorganisationen, im Engineering und im Kundendienst unmittelbar für Kapitel 6 234 die Kunden tätig. Im Jahr 2004 hat Hilti weltweit einen Umsatz von 3’299 Millionen Schweizer Franken erzielt. Dr. Pius Baschera, CEO des Weltkonzerns setzt auf integrierte Kundenlösungen und Methoden, die dabei helfen, latente Kundenbedürfnisse aufzudecken und Informationsvorsprünge zu generieren. Eine dieser innovativen Managementmethoden ist das „Competition radar“, mit dem die internationalen Aktivitäten der Konkurrenz zentral erfasst werden, um bei Strategiefindung und bei operativen Massnahmen eine höhere Entscheidungsqualität herbeizuführen. Competition radar Klare Verantwortlichkeit in der Zentrale, Geregelte Verantwortlichkeiten in den Vertriebsgesellschaften, Regelmässiger Austausch, Quelle für markt- und organisationsbezogene Innovation, Zeitnahe Identifizierung kritischer Entwicklungen, Informationsbasis für weltweite Strategieentwicklung. HQs (Hilti) Country A Country B Country C Country A Country B Country C HQs (competitors) Dazu wurden in der Liechtensteiner Zentrale und in den weltweiten Vertriebsgesellschaften Verantwortlichkeiten definiert, die in der Regel bei den lokalen Marketingverantwortlichen liegen. Der beauftragte Mitarbeiter in der Zentrale führt jeden Monat Videokonferenzen und Telefonate mit den dezentral Verantwortlichen durch und bespricht lokale Aktionen, Innovationen, Preisstrategien und Verkaufsargumentationen des Wettbewerbs. Durch die regelmässige Aufarbeitung der lokalen Wettbewerbssituation der verschiedenen Märkte erhält die Zentrale ein gutes Bild über die allgemeine Situation in den Märkten als auch in Bezug auf die länderübergreifenden Strategien der Wettbewerber. Testläufe für Neuprodukte, Dienstleistungen, Managementmethoden und Verkaufsunterlagen der Wettbewerber können damit entdeckt und bewertet werden, bevor sie in weiteren Märkten das Geschäft der Hilti gefährden können. „Im Ergebnis“ hält Dr. Baschera fest, „führt dies zu weniger Überraschungen. Wir sind ständig über das Vorgehen der Konkurrenz informiert und können ggf. proaktiv Massnahmen einleiten anstatt uns reaktiv verteidigen zu müssen.“ Zudem diene das Competition radar als Quelle für Innovation, da auch Best-Practices der Wettbewerber früh entdeckt werden. Fallbeispiel 6-13: Competition Radar bei der Hilti AG (Baschera 2004, Folie 10) Fall 3: „Top-Down Versorgung“ Die „Top-Down Versorgung“ betrifft zum einen die Versorgung der Vertriebspartner mit internen Prozessen und Projekten in der Zentrale, zum anderen die Versorgung mit aufbereiteten Informationen aus den anderen Märkten. Vertriebspartner haben durch die räumliche Trennung ein natürliches Defizit an Informationen über interne Prozesse, Projekte und Entwicklungen in der zentralen Herstellerorganisation (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Dem Hersteller muss es deshalb gelingen, die für den Vertriebspartner relevanten Informationen zu erfassen und zu vermitteln. Dazu gehören bspw. Änderungen in Ablauf- und Aufbauorganisation, Änderungen in Zu- Vertriebsgestaltung des Herstellers 235 ständigkeiten oder Personalwechsel. Aber auch die Entwicklung neuer Produkte, Strategiewechsel oder die Einführung neuer Instrumente, so z. B. neuer Tools und Informationssysteme sind aus dezentraler Sicht ohne Kommunikationsmassnahmen des Herstellers meist nicht bekannt und überraschen diese häufig erst bei der Einführung. Interne Informationen sollten deshalb systematisch aufbereitet und verteilt werden. Bei Mettler Toledo wird aus diesem Grund ein Kommunikationspaket für sämtliche Märkte zusammengestellt, das Pressemitteilungen, Prospekte und andere visuelle Mittel enthält (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Rieter Schweiz präsentiert zweimal jährlich eine Product Road Map, in der neue Produkte und Entwicklungen vorgestellt werden (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Neben den Informationen über zentrale Aktivitäten und Änderungen, gehören die Information zur Abwicklung von Aufträgen sowie aufbereitete Marktinformationen ebenfalls zu den Informationspflichten der Zentrale. Bei der Abwicklung sind insbesondere logistische Informationen zu Lieferterminen entscheidend. Häufig werden Vertriebspartner bei Nicht-Einhaltung von Lieferzeiten erst spät oder gar nicht informiert, weshalb auch beim Kunden höchste Unzufriedenheit entstehen kann (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Hierfür sind interne Informationsstandards zu setzen, deren Verletzung sanktioniert werden muss. Auch bei der Aufbereitung und Verteilung von Markt- und Finanzinformationen sind bei Herstellern häufige Defizite zu beobachten. Bei 51 Prozent der von Belz et al. (1996, S. 57) befragten Schweizer Werkzeugmaschinenhersteller existiert kein standardisiertes Berichtssystem mit den Vertriebspartnern. Vertriebspartner kritisieren wie bereits oben erwähnt, dass sie nur selten Feedback auf die von ihnen gestalteten Reportings erhalten (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Gerade hier müssen zum einen Regeln für die Mitarbeiter der Zentrale geschaffen werden, Informationen regelmässig und systematisch aufzubereiten und zu verteilen. Zur Einhaltung dieser Regeln sind zum anderen Anreize zu setzen. Auch hierbei könnte die Incentivierung an die Einhaltung von gesetzten Informationsstandards oder die von den Vertriebspartnern wahrgenommene Informationsqualität gekoppelt werden. Fall 4: „Zentraler Austausch“ Der vierte Typ des Informationsflusses besteht in der zentralen Herstellerorganisation und betrifft deshalb nur indirekt die Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Vertriebspartner. Adressat und Absender stammen jeweils aus der Zentrale des Herstellers. In Absatz 6.2.2.2 (S. 146 ff.) wurde bereits auf die Relevanz der Abstimmung Kapitel 6 236 zwischen den zentralen Geschäftsbereichen des Herstellers verwiesen, die gemeinsam die Vertriebsorganisation nutzen. Ungenügender Informationsfluss und mangelnde Abstimmung führen zu Doppelbelastungen und widersprüchlichen strategischen Vorgaben bei den Vertriebspartnern. Ein Informationsaustausch zwischen zentralen Abteilungen des Herstellers ist deshalb unabdingbare Voraussetzung für die inhaltliche und zeitliche Abstimmung und damit für konsistente Strategien und eine effektive sowie effiziente Umsetzung in der Vertriebsorganisation. 6.3.8.2 Einsatz von IT-Systemen und -Tools In den letzen 15 Jahren haben in Vertriebsorganisationen so viele neue IT-Systeme und verkaufsunterstützende Tools ihren Einsatz gefunden, wie in sonst kaum einem anderen Unternehmensbereich (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Informations- und Kommunikationstechnologien lassen sich unterscheiden in • kommunikationsunterstützende Methoden und • informationsverarbeitende Systeme. Diese werden in den folgenden Absätzen einzeln vorgestellt und diskutiert. Kommunikationsunterstützende Methoden Kommunikationsunterstützende Methoden ermöglichen den Austausch zwischen zwei Personen, die zeitlich und bzw. oder räumlich von einander getrennt sind (Cristofolini 2005, S. 182 ff.), wie z. B. Mitarbeiter aus Hersteller- und Vertriebspartnerorganisationen. Kommunikationsunterstützende Methoden bieten sich in solchen Fällen an, in denen das zu transferierende Wissen implizit vorliegt, also zwischen einzelnen Personen direkt ausgetauscht werden muss. Dazu stehen in der Vertriebsorganisation eine unüberschaubare Anzahl von Instrumenten zur Verfügung. Abbildung 6-20 (S. 237), die aus einer Studie in der Halbleiterindustrie stammt (s. Almeida/Grant 1998), vermittelt einen Überblick zu den Instrumenten für die internationale Kommunikation und den Wissenstransfer. Vertriebsgestaltung des Herstellers Viele Empfänger 237 Regeln, Regeln, Prozeduren Prozeduren und und Anweisungen Anweisungen Berichte Berichte und und Handbücher Handbücher Modulare Modulare Integration Integration CommunitiesCommunitiesof-Practice of-Practice Reichweite der Kommunikation Wenige Empfänger Interne Interne Beratung Beratung Seminare Seminare und und Kurse Kurse PersonalInformelle PersonalInformelle transfer Besuche transfer Besuche On-the-job On-the-job Training Training Gering (implizites Wissen) CommunitiesCommunitiesof-Interest of-Interest GroupGroupware ware Face-toFace-toFace Face Meetings Meetings Telefonate Telefonate E-Mail E-Mail Electronic Electronic Data Data Exchange Exchange VideoVideokonferenzen konferenzen Fax Fax Kodifizierungsmöglichkeit des Wissens Hoch (explizites Wissen) Abbildung 6-20: Instrumente des internationalen Wissenstransfers (In Anlehnung an Almeida/Grant 1998, Punkt 6) Besondere Aufschlüsse gibt dabei die Einordnung der Instrumente nach der Anzahl der Adressaten und der Möglichkeit, das Wissen zu explizieren („Kodifizierungsmöglichkeit“). Es zeigt sich, dass die Möglichkeit Wissen zu explizieren, ein Kontinuum mit vielen Zwischenstufen darstellt. Der handlungsleitende Aspekt der Abbildung 6-20 liegt in der Konsequenz der beiden Dimensionen für die Akteure in der Vertriebsorganisation. Diese bestimmen über den Aufwand der Kommunikation und der Eignung des Mediums für die jeweiligen Inhalte. Bei den vorgestellten Massnahmen handelt es sich um bekannte, zum grossen Teil bereits in den Absätzen 6.3.1 (S. 159 ff.) bis 6.3.7 (S. 210 ff.) thematisierten Gestaltungsansätze, die Funktionen beim Austausch und der Vermittlung von Informationen übernehmen (Kutschker/Schmid 2002, S. 1023; Abbildung 6-20, S. 237). Almeida/Grant (1998) betonen, dass eine Nutzung von IT-Systemen immer eine Erfassung und damit Explikation von Wissen voraussetzt. IT-Systeme sind deshalb nur für den Transfer von Informationen zwischen Hersteller und Vertriebspartner geeignet, die eine hohe Kodifizierungsmöglichkeit aufweisen. Manche Mitarbeiter klagen darüber, dass sich viele Probleme in der Zusammenarbeit durch den vermehrten Einsatz von E-Mail verschärft haben (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Auch Kutschker/Schmid (2002, S. 625) warnen davor, den Fortschritt der Informations- und Kommunikationstechnologie trotz vieler Verbesserungen in der Zusammenarbeit allzu euphorisch zu beurteilen: Bei vielen Unternehmen hat sich in den vergangenen Jahren schnell die Erkenntnis durchgesetzt, dass ohne face-to-face Kommunikation wesentli- 238 Kapitel 6 che Probleme in der Abstimmung auftreten und der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien keineswegs persönliche Kontakte und Treffen der Mitarbeiter ersetzen kann (Kutschker/Schmid 2002, S. 625). Dies ist insbesondere auf zwei Gründe zurückzuführen. • Erstens können implizite Wissensinhalte über elektronische Wege nur bedingt ausgetauscht werden. E-Mails besitzen eine geringere Kodifizierungsmöglichkeit im Vergleich zu Telefongesprächen, die wiederum gegenüber persönlichen Beratungen Defizite aufweisen (s. Abbildung 6-20, S. 237). Bei der Wahl des Mediums ist somit immer zu beachten, welche Rolle die impliziten Inhalte für die Zusammenarbeit besitzen. Dazu gehören z. B. Stimmungen, emotionale Beziehungsaspekte wie Ausdrücke von Sympathie und Vertrauen. In vielen Fällen ist deshalb einer E-Mail ein Telefonat vorzuziehen und einem Telefonat der persönliche Kontakt. Dem steht die Herausforderung entgegen, dass sich der Aufwand pro Adressat für den Absender der Information genau entgegengesetzt verhält. Hersteller neigen wegen des geringeren Aufwandes dazu, mit elektronischen Instrumenten wie Datenbanken und EMail Informationen an möglichst viele Adressaten zu kommunizieren (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Hier liegen allerdings Gefahren für die persönliche Nähe der Beteiligten, die eine wichtige Voraussetzung der Zusammenarbeit darstellt. Es ist daher eine Balance zu finden zwischen dem Aufwand der Kommunikation und der Vermittlung impliziter Wissensinhalte. • Der zweite Grund für eingeschränkte Einsatzmöglichkeiten elektronischer Informationssysteme liegt gerade im geringen Aufwand, den die Erstellung pro Adressat verursacht. Hieraus resultiert nicht selten eine Informationsüberflutung der Adressaten. Es besteht die grosse Gefahr, dass unternehmensinterner „spam-artiger“ unpersönlicher E-Mailverkehr entsteht, der die Vorteile der Systeme reduziert. Empfänger der Nachrichten benötigen einen hohen Aufwand, um wichtige und unwichtige Nachrichten zu selektieren. Vertriebsleiter erhalten nicht selten zwischen 60 und 90 E-Mails pro Tag (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Einzelne Nachrichten können neben dem Tagegeschäft teilweise nicht mehr zur Kenntnis genommen, geschweige denn zeitgerecht beantwortet werden. In dieser Situation rückt das Telefon für Hersteller immer häufiger wieder in den Fokus, um überhaupt wahrgenommen zu werden, was die Voraussetzung darstellt, um Inhalte übermitteln zu können (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Der Einsatz elektronischer Informationssysteme kann also neben kommunikationsunterstützenden Funktionen auch kommunikationshemmende Effekte hervorrufen. Aus Vertriebsgestaltung des Herstellers 239 diesem Grund müssen Hersteller zum einen darüber entscheiden, welche Inhalte je nach Bedeutung impliziter Informationen mit welchen Instrumenten übermittelt werden sollen. Zum anderen sind Regeln aufzustellen, die den elektronischen Datenfluss, insbesondere E-Mailverteiler und Groupware-Anwendungen systematisch gestalten und verhindern, dass durch eine unsystematische Verteilung von Informationen in der Vertriebsorganisation die Effektivität der kommunikationsunterstützenden Methoden erlahmt. Informationsverarbeitende Systeme Neben den kommunikationsunterstützenden Methoden werden im Vertrieb eine grosse Anzahl informationsverarbeitender Systeme eingesetzt, die als Medium zur Speicherung und Bereitstellung von Informationen genutzt werden können (Cristofolini 2005, S. 182 ff.). In der Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Vertriebspartner bringen diese Systeme mehrere Vorteile mit sich. Sie ermöglichen es, auf einen gleichen aktuellen Datenbestand zurückgreifen zu können, sie helfen dabei, eine Mehrfacherfassung von Daten zu vermeiden und sie sichern durch automatisierte Anwendungen gleichzeitig eine einheitliche Qualität und entlasten dezentrale Prozesse des Vertriebspartners. Zu den wohl wichtigsten informationsverarbeitenden Systemen gehören gemeinsame Warenwirtschaftssysteme, gemeinsame Kundendatenbanken und Anwendungen zur Verkaufsunterstützung. Gemeinsame Warenwirtschaftssysteme geben die Möglichkeit, Lager- und Auftragsbestände sowie finanzielle Informationen jederzeit verfügbar zu machen. Allerdings relativieren sich die nicht unerheblichen Einführungskosten vor dem Hintergrund aller Vorteile häufig, sodass Systeme oftmals nur bei grossen Tochtergesellschaften eingeführt werden (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Von Vertriebspartnern wird der Einsatz neuer Informationssysteme häufig kritisch betrachtet. Denn für die Implementierung und Lizenzkosten sind meist erhebliche Investitionen zu tätigen, an denen sich Hersteller nur geringfügig beteiligen. Um zentrale, länderübergreifende Datenbestände optimal zu nutzen, müssen zudem die lokalen Prozesse standardisiert werden und bestehende Formulare angepasst werden (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Hierbei können zwangsläufig nicht alle lokalen Bedürfnisse erfüllt werden (s. Fallbeispiel 4-1, S. 83). Vertriebspartnern ergibt sich daher der Eindruck, dass das neue zentrale System ihre Bedürfnisse schlechter erfüllt als bereits bestehende „selbstgestrickte“ Lösungen (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Bei der 240 Kapitel 6 Einführung entsteht zudem enormer Schulungsaufwand und vor allem in der Anfangsphase häufig eine äusserst zurückhaltende Nutzung der Systeme (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Hieraus verringert sich der Nutzen des Systems, da Daten unter Umständen unvollständig oder nicht aktuell eingepflegt sind. Neben den gemeinsamen Warenwirtschaftssystemen spielen im Verkauf insbesondere gemeinsame Kundendatenbanken bzw. CRM-Systeme eine Rolle, die zum Teil als Modul in die Warenwirtschaftssysteme integriert (z. B. mySAP CRM) oder als „Stand-alone Lösung“ eingesetzt werden (z. B. Siebel). Die Sammlung und Auswertung detaillierter Markt- und Kundenformationen eröffnet für Hersteller neue Dimensionen der Kundenanalyse und -bearbeitung (Walti 1999, S. 167). Jedoch bedeutet die Preisgabe detaillierter Kundeninformationen für Vertriebspartner gleichzeitig ein stückweit Machtverlust. Einige Vertriebspartner sehen die Gefahr, dass Hersteller die Kunden direkt ansprechen und den Vertriebspartner umgehen (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Dies ist insbesondere bei gefestigten Kundenbeziehungen der Fall. In der Tat gaben Hersteller im Rahmen der durchgeführten Einzelinterviews an, diese „Entwaffnung“ des Vertriebspartners für eigene Interessen zu nutzen und auszuspielen (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Dies führt dazu, dass Kundendaten von Vertriebspartnern häufig nicht detailliert, wahrheitsgemäss und vollständig in Datenbanken eingepflegt werden (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Die Datenbasis ist deshalb in vielen Fällen nicht geeignet, um Strategien der Marktbearbeitung zentral zu entwickeln. Hersteller müssen versuchen, diesen Kreis zu durchbrechen, indem sie sich dazu verpflichten, nicht ohne das Einverständnis des Vertriebspartners mit den Kunden in Kontakt zu treten. Regelverstösse sind auch in diesem Fall zu sanktionieren, um das Vertrauen sicherzustellen. Neben der Nutzung zentraler Datenbanksysteme spielen im Vertrieb zunehmend auch verkaufsunterstützende Anwendungen eine Rolle. Alex Bührer, Partner und Leiter des „Industrial and High Tech Sectors“ von McKinsey & Company Schweiz Inc. hält insbesondere Sales-Support Tools zur Kundenentwicklung, Angebotserstellung und Pricing für besonders hilfreich, um die Effizienz zu erhöhen (Einzelinterview Bührer 2004, s. Anhang A, S. 346). Die Tools unterstützen Vertriebspartner vor allem bei administrativen Aufgaben und führen neben einer Entlastung häufig auch zu einer Steigerung der Qualität. Allerdings sind dem Einsatz von Tools zur Verkaufsunterstützung auch Grenzen gesetzt. Vor allem in grossen Organisationen wird eine unüberschaubare Vertriebsgestaltung des Herstellers 241 Anzahl von Tools eingesetzt, die einen neue Komplexität bei deren Auswahl und entsprechende Anwendungskenntnisse voraussetzt. Andreas Keiger, Vertriebsmanager bei der ABB Automation Products GmbH in Lampertheim, Deutschland berichtet (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37): „To support and offer ten product lines, we have to use more than 60 different tools“. Dennoch wird der Wert verkaufsunterstützender Tools von Vertriebspartnern als äusserst hoch eingeschätzt (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Fallbeispiel 6-14 (S. 242) zeigt ein von der Geschäftseinheit „Minerals and Mining“ der ABB Schweiz AG eingesetztes Tool zur Angebotserstellung und dessen Vorteile aus Sicht eines Vertriebsmanagers. Support-Tools zur Angebotserstellung bei ABB ABB Schweiz AG, Baden, Schweiz Die ABB AG ist weltweit führend in der Energie- und Automationstechnik. Der Konzern beschäftigt rund 102'000 Mitarbeitende in über 100 Ländern, davon rund 5’000 Mitarbeitende in der Schweiz. Die Business Unit „Minerals“ verkauft weltweit Planungs- und Engineeringleistungen von elektrischen Anlagen. Der Verkauf und die Angebotserstellung verlangen von Mitarbeitern ein weit reichendes technisches Know-how (s. Absatz 4.1.3.1, S. 92). So werden bei der Spezifikation für die elektrischen Anlagen einer Zementfabrik neben detaillierten Informationen über die Grösse und den Typ der Anlage Kenntnisse über technische Komponenten benötigt um zu einer möglichst zuverlässigen Kalkulation zu gelangen. Um die gegebene Komplexität zu verringern, stellt die Badener Zentrale verschiedene Support-Tools zur Verfügung. Dazu gehören z. B. Applikationen, die Spezifikationen erstellen, die wiederum Grundlage der Angebotskalkulation sind (s. Screenshot). Ausserdem gehören dazu teilstandardisierte Beschreibungen und Support-Tools, in denen die Hauptparameter für das Bauprojekt eingegeben werden und die Erstellung von Offerten fast vollständig automatisiert erfolgt. Bei den am weitesten entwickelten Support-Tools werden die Parameter eingegeben und man bekommt „auf Knopfdruck“ ein komplettes Angebot. Bei ABB sind die Mitarbeiter damit in der Lage, innerhalb von 24 Stunden ein vollständiges Angebot zu erstellen. Unterschiedliche Ausführungen der Anwendung befähigen das Unternehmen diesen zeitlichen Standard einzuhalten unabhängig davon, welche Anforderungen der Kunde hat und welche Planungsbasis er zur Verfügung stellt. Adrian Schenk, Vertriebsmanager des Unternehmens betont: „Durch professionelle Tools können wir jedem Kunden in 24 Stunden ein umfassendes und professionell ausgearbeitetes Angebot unterbreiten. Dies gilt sowohl für Kunden aus dem Nahen Osten, die vor dem Bau einer Zementfabrik häufig nur vage Vorstellungen über die monatlichen Produktionsmengen besitzen, als auch für europäische Kunden, die mit detaillierten Plänen, Anforderungen und einer genauen Angabe von Parametern zu uns kommen.“ Das Unternehmen unterstützt durch den Einsatz von Tools zur Angebotserstellung damit nicht nur ein professionelles und einheitliches Vorgehen, sie schaffen darüber hinaus eine wesentlich höhere Produktivität der Mitarbeiter. 242 Kapitel 6 Fallbeispiel 6-14: Support-Tools zur Angebotserstellung bei der ABB AG (Einzelinterview Schenk 2004, s. Anhang A, S. 346) 6.3.9 Zwischenfazit: Empirische Ergebnisse zur operativen Vertriebsgestaltung Um die qualitative Diskussion der verschiedenen Gestaltungsansätze der Absätze 6.3.1 (S. 159 ff.) bis 6.3.8 (S. 229 ff.) zu ergänzen, wurde ein Grossteil der Ansätze auch bei der quantitativ-empirischen Untersuchung berücksichtigt (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37). Zwar gehen die bereits unternommenen qualitativen Überlegungen in Bezug auf ihre Anzahl und den Differenzierungsgrad bei den Gestaltungsansätzen weit über die im Folgenden dargestellten empirischen Ergebnisse hinaus. Jedoch bietet die quantitative Analyse die Möglichkeit, die Wirkungen der einzelnen Ansatzpunkte zu quantifizieren und miteinander zu vergleichen. Abbildung 6-21 (S. 245) und Abbildung 6-22 (S. 246) zeigen die Ergebnisse eines Mittelwertvergleiches zwischen der Gruppe der zufriedenen und der Gruppe der unzufriedenen Vertriebspartner. Die Zufriedenheit wurde hierbei durch das von Gassenheimer/Ramsey (1994, S. 261) entwickelte Konstrukt „Channel-Member Satisfaction“ gemessen. Bei der Gruppe der „unzufriedenen Vertriebspartner“ handelt es sich um Fälle, die unterhalb der 34. Perzentile liegen, bei der Gruppe der „zufriedenen Vertriebspartner“ um Fälle die oberhalb der 66. Perzentile liegen. Diese Dreiteilung wurde aufgrund ihrer grösseren Trennschärfe einem Mediansplit vorgezogen. Für beide Gruppen sind jeweils die Mittelwerte in Bezug auf die aktuelle Bedeutung des jeweiligen Gestaltungsansatzes dargestellt. Die Sternchen zeigen, auf welchem Signifi- Vertriebsgestaltung des Herstellers 243 kanzniveau der Mittelwertunterschied angenommen werden kann, was mit Hilfe eines t-Tests überprüft wurde. Im Ergebnis zeigt sich, dass siebzehn von dreiundzwanzig Mittelwertunterschieden mindestens auf dem 90-Prozent-Niveau signifikant sind. Dies bedeutet, dass ein zufälliges Zustandekommen der Unterschiede in Bezug auf den Einsatz der verschiedenen Ansätze zwischen zufriedenen und unzufriedenen Vertriebspartnern in den meisten Fällen mit einer hohen Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann. Dies legt die Vermutung nahe, dass die Intensität, mit der die verschiedenen Ansätze der Vertriebsgestaltung in einem Unternehmen zum Einsatz kommen, über die Zufriedenheit der Vertriebspartner bestimmt. Streng genommen kann an dieser Stelle allerdings weder eine Aussage über einen direkten Zusammenhang zwischen den beiden Variablengruppen gemacht werden noch über die Richtung der Kausalität, da hierzu für die einzelnen Ansätze und ihren Einfluss auf die Zufriedenheit Theorien herangezogen werden müssten, die entsprechende Hypothesen implizieren. Auf Basis der durchgeführten Einzelinterviews (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37) sowie der von Geyskens et al. (1999, S. 230) und Dwyer/Oh (1987, S. 353) aufgezeigten Beziehungen zwischen Gestaltungsvariablen des Herstellers und der Channel-MemberSatisfaction wird an dieser Stelle ein Zusammenhang zwischen der Variablengruppe „Ansätze der operativen Koordination und Unterstützung“ und der Zufriedenheit der Vertriebspartner unterstellt (s. auch Abschnitt 5.4 (S. 135 ff.) und Absatz 6.2.1 (S. 139)). Die Gestaltungsansätze werden in Kurzform genannt (s. Abbildung 6-21, S. 245 und Abbildung 6-22, S. 246), die ausführliche Bezeichnung findet sich im Fragebogen (s. Anhang D, S. 353) und teilweise in der unten stehenden Erläuterung. Insgesamt lässt sich festhalten, dass in der überwiegenden Mehrheit der Fälle ein stärkerer Einsatz der Gestaltungsansätze durch den Hersteller zur Zugehörigkeit zur Gruppe der zufriedenen Vertriebspartner führt. Im Einzelnen sind folgende Ergebnisse zu verzeichnen: • Koordinationspotenziale in zentralen Strukturen: Bei den drei Ansätzen zur Koordination in zentralen Strukturen zeigt sich ein deutlicher und signifikanter Unterschied in der Bedeutung der Ansätze zwischen den beiden Gruppen (s. Abbildung 6-21, S. 245). Durch internationales Key-Account Management können internationale Aktivitäten der Kundenunternehmen koordiniert werden, woraus überwiegend Vorteile für die Vertriebspartner entstehen (s. Absatz 6.3.2.1, S. 162 ff.). Die Harmonisierung von Zielen und die gemeinsame strategische Orientierung bilden die Basis für gemeinsame Interessen (s. Absatz 6.3.2.4, S. 173 ff.) und gemeinsa- Kapitel 6 244 me Vorstellungen darüber, wie Prioritäten zu setzen sind, um die gewünschten Zielsetzungen zu erreichen. Die Mittelwertunterschiede sind für alle drei Gestaltungsansätze signifikant. • Koordinationspotenziale in vertikalen Strukturen: Keiner der Ansätze zur Verzahnung des zentralen und dezentralen Personalwesens (s. Absatz 6.3.3.2, S. 177 ff.) zeigt einen deutlichen oder signifikanten Mittelwertunterschied zwischen den Gruppen auf (s. Abbildung 6-21, S. 245). Es kann somit kein Einfluss der übergreifenden Karrierepfade, gemeinsamer Rekrutierungsanforderungen und der Personalrotation auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner ausgemacht werden, sodass der Einsatz dieser Ansätze kritisch hinterfragt werden muss. • Koordination durch Organisation in Teams: Die Gestaltungsansätze der Teamorganisation (s. Absatz 6.3.4, S. 180 ff.) zeigen deutlichen Einfluss auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner, der in allen Fällen signifikant ist (s. Abbildung 6-21, S. 245). Kundenbetreuungsteams und gemeinsame Kundenbesuche tragen in besonderem Masse zur Zufriedenheit der Vertriebspartner bei. Aber auch projektbasierte Teamorganisation, gemeinsame Planungsanstrengungen und eine systematische Projektbewertung helfen deutlich, die Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Vertriebspartner zu fördern. • Koordination durch Kultur und soziale Beziehungen: Die Massnahmen, die ein Hersteller nutzen kann, um um eine gemeinsame Unternehmenskultur und stärkere persönliche Beziehungen aufzubauen, führen zu unterschiedlichen Ergebnissen (s. Abbildung 6-21, S. 245). Die Förderung informeller Netzwerke (s. Absatz 6.3.5.1, S. 193) steigert die Zufriedenheit der Vertriebspartner merklich. Gemeinsame Unternehmensevents wie gemeinsame Feiern, Reisen oder Sportveranstaltungen scheinen hingegen weitgehend wirkungslos zu bleiben. Der stärkste Einfluss ergibt sich bei jährlichen Sales-Meetings, auf denen sich die Mitglieder der Vertriebsorganisation treffen. Sales-Meetings erfüllen mehrfachen Nutzen, da sie Informationszwecke, Schulungen, den Erfahrungsaustausch und die Vertiefung persönlicher Beziehungen miteinander verknüpfen. Obgleich die Durchführung von Sales-Meetings häufig erhebliche Defizite besitzt (Belz/Reinhold 1999a, S. 21 ff.), scheint sie dennoch besonders effektiv, um die Zusammenarbeit in der Vertriebsorganisation zu verbessern. Vertriebsgestaltung des Herstellers 245 Keine Bedeutung 1 2 Aktueller Status Quo in der Vertriebsorganisation 3 4 Key-Account Management* 5 4.05 4.67 4.22 Abstimmung von Zielen*** 4.88 Gemeinsame strategische Orientierung*** 4.86 3.38 Übergreifende Karrierepfade Gemeinsame Rekrutierungsanforderungen Job Rotation und Transferprogramme 3.70 4.04 2.85 2.81 4.48 3.83 Kundenbetreuungsteams*** 4.45 Unzufrieden (N-Til 1) 5.01 4.36 5.21 4.66 Informelle Netzwerke** Gemeinsame Werte und Kultur*** 5.12 4.27 Gemeinsame Kundenbesuche*** Jährliche Salesmeetings*** 5.04 4.37 Gemeinsame Planung und Budgetierung** Gemeinsame Veranstaltungen 5.63 3.68 Projektorganisation** Systematische Projektbewertung** Hohe Bedeutung 6 7 3.42 5.23 3.85 5.97 4.45 4.15 4.78 Zufrieden (N-Til 3) Signifikanz des Mittelwertunterschiedes zwischen den Gruppen: * α ≤ .1, ** α ≤ .05, *** α ≤ .01 Abbildung 6-21: Einsatz operativer Gestaltungsansätze bei zufriedenen und unzufriedenen Vertriebspartnern (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37) Kapitel 6 246 Keine Bedeutung 1 2 Aktueller Status Quo in der Vertriebsorganisation 3 Segmentierung von Vertriebspartnern 4 4.22 4.05 4.79 4.49 Service Level Agreements*** Zentralisierung lokaler Funktionen 5 3.80 Gemeinsame Schulung und Weiterbildung*** 3.05 4.27 Definierte Informationsstandards*** 4.22 Gemeinsame Kundendatenbank** 5.12 3.28 Interne Kommunikationskanäle*** Information über andere Märkte*** Hohe Bedeutung 6 7 5.23 4.97 4.39 3.35 Unzufrieden (N-Til 1) 5.17 3.97 Zufrieden (N-Til 3) Signifikanz des Mittelwertunterschiedes zwischen den Gruppen: * α ≤ .1, ** α ≤ .05, *** α ≤ .01 Abbildung 6-22: Einsatz operativer Gestaltungsansätze bei zufriedenen und unzufriedenen Vertriebspartnern (Fortsetzung) (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37) • Professionelle Unterstützung durch systematische Differenzierung: Der Ansatz der Segmentierung (s. Absatz 6.3.6.1, S. 201) nach der Grösse oder der rechtlichen Anbindung der Vertriebspartner sowie einer entsprechenden Differenzierung bei den Massnahmen zeigt keine Wirkungen bei der Zufriedenheit von Vertriebspartnern (s. Abbildung 6-22, S. 246). Auch hier muss der Einsatz kritisch betrachtet werden, da er mit erheblichen internen Kosten verbunden ist. • Unterstützung durch zentrale Ressourcen: Schulungen, die der Hersteller in technischen und betriebswirtschaftlichen Feldern anbietet, werden von Vertriebspartnern in hohem Masse begrüsst (s. Abbildung 6-22, S. 246). Gute Kenntnisse über Produkte und deren Vermarktung bilden schliesslich die Grundlage für erfolgreiche Verkaufsaktivitäten in den lokalen Märkten. Auch die Vereinbarung und Vertriebsgestaltung des Herstellers 247 transparente Verrechnung der intern vom Hersteller erbrachten Leistungen führen zu einer höheren Zufriedenheit der Vertriebspartner. Durch die geregelte Verantwortlichkeit des Herstellers für die Erbringung der vereinbarten internen Leistungen steigt das Vertrauen in die Verlässlichkeit und die Durchsetzung von Ansprüchen im Falle einer Nichterfüllung. Es kann kein positiver Einfluss der Zentralisierungsbestrebungen des Herstellers auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner gemessen werden. • Koordination und Unterstützung durch Information: Die Anstrengungen, die Hersteller im wichtigen Bereich der internen Informationspolitik unternehmen, zeigen einen überaus starken Einfluss auf die Zufriedenheit in den Märkten. Jede der vier aufgenommenen Ansätze (s. Abbildung 6-22, S. 246) weist hoch signifikante Mittelwertunterschiede bei den Gruppen auf. Der Ausbau interner Kommunikationskanäle, die Definition von Informationsstandards sowie die Unterstützung durch Informationen aus anderen Märkten zeigen allesamt einen starken Einfluss auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner. Auch der Einsatz einer gemeinsamen Kundendatenbank kann wie es scheint, zur Erhöhung der Zufriedenheit von Vertriebspartnern bezogen auf die Zusammenarbeit mit dem Hersteller beitragen (s. Abbildung 6-22, S. 246). 6.4 Prozess einer kontinuierlichen Verbesserung der Zusammenarbeit 6.4.1 Vierphasen-Prozess zur systematischen Verbesserung Die hohe Bedeutung der Zufriedenheit der Vertriebspartner in einer internationalen Marktorganisation fordert ein systematisches Vorgehen. Dazu wird ein typischer Managementprozess zur Umsetzung einer internen Kundenorientierung modelliert (s. auch Absatz 6.3.5.2, S. 196 ff.), wie er bspw. von Bruhn (2002, S. 29) vorgeschlagen wird. Der Prozess beinhaltet die vier Phasen der Diagnose, der Planung, der Umsetzung und der Kontrolle (s. Abbildung 6-23, S. 248). Zunächst sind die Situation und die Bedürfnisse der internationalen Vertriebspartner als „interne Kunden“ zu analysieren (Rosenbloom 1990, S. 53). Hierzu muss festgelegt werden, ob sämtliche oder nur bestimmte Vertriebspartnergruppen betrachtet werden sollen. Durch die Befragung der ausgewählten Vertriebspartner können Verbesserungspotenziale bei den Massnahmen des Herstellers identifiziert werden. Im nächsten Schritt, der Planung, werden Ziele und Strategien festgelegt, um die Zusammenarbeit zu verbessern (Rosenbloom 1990, S. 53). In der Phase der Umsetzung finden die zuvor festgelegten Massnahmen der internen Kundenorientierung ihren Einsatz, deren Erfolg Kapitel 6 248 in der Kontrollphase auf dem Prüfstand steht. In dieser letzten Phase ergeben sich wichtige Hinweise, die notwendige Verbesserungen bei der Vorgehensweise aufzeigen können. Im Folgenden werden die in einzelnen Prozessphasen zum Einsatz kommenden Instrumente und die zu treffenden Entscheidungen vorgestellt und diskutiert. Zu betrachtende Vertriebspartner festlegen, Zeit- und Organisationsvergleiche durchführen, Lokale Situationen und Bedürfnisse erfassen und analysieren, Erfolge von Massnahmen evaluieren, Hinweise für Planung erarbeiten. Kontrolle Verbesserungspotenziale identifizieren. Diagnose q n p o Umsetzung Technische, finanzielle und personelle Ressourcen mobilisieren, Planung Marktorganisation informieren und Widerstände überwinden. Ziele und Strategien in der Zusammenarbeit festlegen und priorisieren, Strategien und Massnahmen konfigurieren, interne Verrechnung und Budget bestimmen. Abbildung 6-23: Vierphasen-Prozess zur systematischen Verbesserung der Zusammenarbeit Die dynamische Betrachtung ermöglicht es Herstellern, ein konkretes Vorgehen zu modellieren. Sie können die Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern voranbringen, indem sie die vorgestellten Gestaltungsansätze entsprechend ihrer Ressourcenstärke auswählen und einsetzen. 6.4.1.1 „Diagnose“: Potenziale identifizieren Eine gründliche Diagnose steht am Anfang einer systematischen Verbesserung der Zusammenarbeit. Dazu ist festzulegen, welche Vertriebspartner betrachtet werden sollen. Eine Befragung gibt Aufschluss über lokale Situationen und hilft, Verbesserungspotenziale zu identifizieren, die als Basis der Konfiguration von Massnahmen dienen. Zu betrachtende Vertriebspartner festlegen In einem allerersten Schritt muss festgelegt werden, ob alle Vertriebspartner befragt werden sollen oder nur ausgewählte (bspw. nach Erfolg, Region, Konflikthäufigkeit, rechtlicher Zugehörigkeit). Bei der Bestimmung der zu befragenden Einzelpersonen, der „internen Kunden“, kommen einerseits lokale Geschäftsführer, andererseits aber Vertriebsgestaltung des Herstellers 249 auch produkt- oder bereichsverantwortliche Vertriebsmitarbeiter, etwa bei Vertretungen oder ggf. Verkaufspersonal in Frage. Die Identifizierung des zu befragenden Personenkreises stellt insbesondere in grossen Konzernen mit internationalen Standorten eine grosse Herausforderung dar und ist mit verschiedenen Schwierigkeiten verbunden (Künzel 1999, S. 177). Es existiert eine grosse Anzahl an Marketing- und Vertriebsmitarbeitern, die als potenzielle interne Kunden in Frage kommen. Hierzu gehören bspw. die lokale Geschäftsführung, Mitarbeiter des lokalen Marketing, der Kommunikationsabteilung, der lokalen Servicebereiche, der Vertriebsleitung und des Vertriebsaussendienstes. Zunächst muss deshalb entschieden werden, welche Mitarbeiter überhaupt befragt werden sollen. Es können bspw. Mitarbeitergruppen aus Funktionsbereichen des Unternehmens ausgewählt werden, die sich in der Zusammenarbeit als besonders problematisch erweisen. So können in dieser Phase z. B. Mitarbeiter des Vertriebsaussendienstes im Mittelpunkt stehen, weil sich etwa die Zusammenarbeit mit diesen als besonders konfliktreich darstellt. Auch können Eingrenzungen auf bestimmte geografische oder kulturelle Gebiete sowie die hierarchische Stellung vorgenommen werden, um auch hier die Sichtweise von in sich homogenen Gruppen zu erfassen. Der Eingrenzung sind aus theoretischer Sicht wenige Grenzen gesetzt, auch Kombinationen verschiedener Segmentierungskriterien sind denkbar. In der Praxis sind jedoch meist konkrete Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit zwischen den einzelnen internen Wertschöpfungspartnern der Grund für eine genauere Betrachtung und eine entsprechende Berücksichtigung im Management. Deshalb sind die „internen Kundensegmente“ in der Praxis meist bereits beim Zustandekommen des Projektes festgelegt. Merkmale der lokalen Situation erfassen Wurde eine „interne Kundengruppe“ ausgewählt, kann diese nach Verbesserungspotenzialen befragt werden. Hierbei genügt es nicht, direkt nach den zu verbessernden Aspekten zu fragen. Es sollten auch situative Variablen erfasst werden (s. Kapitel 4, S. 78 ff.), die Hersteller für die Ursache unterschiedlicher lokaler Bedürfnisse halten (Rosenbloom 1990, S. 54). Zwar lassen sich diese lokalen Rahmenbedingungen meist nicht vom Hersteller beeinflussen. Sie tragen allerdings zum besseren Verständnis der lokalen Bedürfnisse bei und erhöhen damit die Zielgenauigkeit der Vertriebsgestaltung (Rosenbloom 1990, S. 54). Situative Unterschiede, die Unzufriedenheit verursachen, liegen dabei z. B. in den unterschiedlichen Bedürfnissen externer Kunden, in lokalen Kulturen, Normen und Gesetzen sowie in der geografischen Distanz (s. Kapitel 4, S. 250 Kapitel 6 78 ff.). Häufig führt auch die meist in der Anfangsphase der internationalen Aktivitäten noch geringe lokale Kompetenz zu besonderen Bedürfnissen an die zentrale Unterstützung und Führung (s. Absatz 4.1.3.3, S. 91 ff. und Absatz 6.3.6.2, S. 204 ff.). Verbesserungspotenziale identifizieren Um die wesentlichen Beurteilungskriterien der internen Zusammenarbeit aus dem Blickwinkel der Vertriebspartner zu ermitteln, empfehlen sich Fokusgruppengespräche und Interviews mit Vertriebspartnern. Bei der Zusammensetzung der Teilnehmer ist darauf zu achten, dass man je nach Problemlage möglichst unterschiedliche Vertriebspartner mit einbezieht (bspw. unabhängige und abhängige, grosse und kleine, Kernund Nebenmärkte, erfolgreiche und erfolglose, erfahrene und unerfahrene), um ein möglichst breites Spektrum an Wahrnehmungsdimensionen zu erhalten. Bereits durch die offene Diskussion im Rahmen eines interaktiven Workshops werden unterschiedliche Sichtweisen der Parteien deutlich und können begründet und vertieft werden. Um den Aufwand zu begrenzen, können Fokusgruppeninterviews bspw. im Rahmen des jährlichen Sales-Meetings durchgeführt werden. Als Ergebnis dieses Schrittes kann eine Liste der ermittelten Verbesserungspotenziale erstellt werden, anhand derer sämtliche betrachtete Vertriebspartner eine Bewertung der Teilaspekte vornehmen können. Hierbei ist zum einen die Zufriedenheit mit dem jeweiligen Teilaspekt zu erfragen, zum anderen die Relevanz, die der Vertriebspartner dem Teilaspekt für seine lokale Geschäftstätigkeit beimisst. Für die Bewertung der Teilaspekte empfiehlt sich aus Kostengründen eine standardisierte schriftliche Befragung, in der auch die entsprechenden Situationsvariablen erfasst werden können. Beispiele für relevante Teilaspekte in der Zusammenarbeit wurden bereits in Tabelle 5-1 (Abschnitt 5.2, S. 110) aufgezeigt. Zur weiteren Analyse können Befragungsergebnisse in Form einer Matrix dargestellt werden (s. Abbildung 6-24, S. 251). Auf der Basis der Einordnung in die Matrix wiederum können die zufriedenheitsrelevanten Teilaspekte der Zusammenarbeit priorisiert werden. Abbildung 6-24 (S. 251) zeigt beispielhaft das Ergebnis einer Befragung, die vom Autor bei einem mittelständischen Industrieunternehmen durchgeführt wurde. Die Bezeichnungen der Teilaspekte wurden dabei im ursprünglichen englischen Wortlaut der Untersuchung belassen. Vertriebsgestaltung des Herstellers 251 Hoch Documents and forms Frequency of new products/services Informal information Zufriedenheit Paying Products/ behavior services Warranty cases quality Promotion material Availability Support Technical/ Meeting of with commercial delivery manuals dates training etc. Availability in Overall sales emergency Information support cases exchange New product opportunities Marketing Market information coordination demanded IT-support/ -systems Timeliness of information Order handling Profits from products Information about bottle necks Financial reporting Transfer prices Determining budgets Gering Gering Incentives Sharing of costs Bedeutung Response times Price support Market information provided Hoch Abbildung 6-24: Teilaspekte der Zusammenarbeit im Zufriedenheits-Bedeutungs-Diagramm Bei der Einordnung in das Diagramm kann das praktische Probleme auftreten, dass nicht klar ist, wo die Grenzen für die Quadranten festzulegen sind. Dabei ist schliesslich immer ein gewisser Ermessensspielraum gegeben. Der Autor hält es für sinnvoll, die Achsen der Matrix eher als ordinal denn als metrisch skaliert zu verstehen. Die Lage der Teilaspekte in der Matrix gibt demnach vor allem Aufschluss über die relative Bedeutung und Zufriedenheit zueinander. Betrachtet man bspw. die Verteilung der Zufriedenheit in verschiedenen empirischen Datensätzen, stellt man häufig eine Rechtssteilheit fest. Dies lässt darauf schliessen, dass Befragte dazu neigen, sich eher als zufrieden einzustufen, denn als unzufrieden. Das Ergebnis in Bezug auf einen bestimmten Teilaspekt ist deshalb immer im Vergleich zu anderen Teilaspekten zu sehen und entzieht sich einer absoluten Betrachtung. Um dieser Erkenntnis gerecht zu werden, kann der Ursprung des Koordinatensystems durch den Schwerpunkt der Punktewolke (arithmetisches Mittel von Zufriedenheit und Bedeutung über alle Variablen und alle Fälle) gelegt werden. 6.4.1.2 „Planung“: Massnahmen festlegen Nachdem die Koordinaten des Diagramms festgelegt wurden und sämtliche für die Zusammenarbeit relevanten Aspekte erfasst und in das Diagramm aufgenommen wurden, kann bereits eine Priorisierung vorgenommen werden. Kapitel 6 252 Wichtig und zugleich dringend scheint eine Verbesserung der Teilaspekte, die in Quadrant 1 liegen (s. Abbildung 6-25, S. 252). Diese weisen trotz ihrer hohen Bedeutung für die lokale Geschäftstätigkeit keine zufrieden stellende Ausprägung auf. Gerade aufgrund ihrer hohen Bedeutung bergen diese Aspekte der Zusammenarbeit besondere Konfliktpotenziale in sich. Hierzu gehören im oben dargestellten Beispiel (Abbildung 6-24, S. 251) die vom Hersteller zur Verfügung gestellten Marktinformationen, Transferpreise, Unterstützung in Preiskämpfen, Länge von Antwortzeiten, Informationen bei Engpässen sowie die allgemeine Gestaltung von Margen der Produkte. Ziel ist es für diese Aspekte Lösungsalternativen zu finden, die die Zufriedenheit erhöhen und so dazu führen, dass sich die Aspekte in den Quadranten 3 bewegen. Externe Einflüsse verändern Bedeutung Hoch 4 3 „Einsparen“ „Beobachten“ Potenzial für Verbesserungen Zufriedenheit „Beobachten“ Gering „Verbessern“ 2 Gering 1 Bedeutung Hoch Abbildung 6-25: Optionen zur Priorisierung und Behandlung von Teilaspekten Weiterer Handlungsbedarf besteht bei den Teilaspekten, die sich in Quadrant 4 befinden. In Bezug auf diese Aspekte besteht bei den Vertriebspartnern eine hohe Zufriedenheit, obwohl sie nach deren Einschätzung keine Rolle für die lokale Geschäftstätigkeit spielen. An dieser Stelle kann der Hersteller Ressourcen einsparen, indem er sein Engagement und seinen zeitlichen Einsatz bei betroffenen Aspekten abbaut. Freiwerdende Ressourcen können für Teilaspekte in Quadrant 1 reinvestiert werden. Durch die veränderte Schwerpunktbildung nimmt die Zufriedenheit mit den Aspekten des Quadranten 4 ab und wird damit der geringen Bedeutung gerecht. Den dadurch in Quadrant 2 befindlichen Aspekten muss der Hersteller kein weiteres Engagement entgegenbringen. Jedoch sollte er diese beobachten, da externe Einflüsse wie z. B. Ver- Vertriebsgestaltung des Herstellers 253 änderung rechtlicher Rahmenbedingungen oder von Kundenbedürfnissen die Bedeutung einzelner Aspekte erhöhen können. In diesem Fall ist ggf. zu intervenieren. Es stehen damit drei strategische Alternativen zur Verfügung: Verbessern, Einsparen und Beobachten. Für die ausgewählten Aspekte kann nun eine Zielposition festgelegt werden. Vorteilhaft ist es an dieser Stelle, Datenmaterial anderer Messungen (z. B. aus den Vorjahren) oder von weiteren Unternehmen als Benchmark einzusetzen. Auf diese Weise gelingt es, den eigenen Standort zu reflektieren und auch bei der Bestimmung der Ziele ein besseres Fingerspitzengefühl zu entwickeln. Ggf. müssen an dieser Stelle Teilaspekte von der Analyse ausgeschlossen werden, etwa weil sich bereits aktuelle Projektgruppen ihrer annehmen. Hierbei ist die Information nützlich, ob sich die ggf. bereits eingeleiteten ersten Massnahmen als wirksam erweisen oder nicht. Das kann bereits durch die Befragung erfasst werden. Ist die Zielposition bestimmt und sind die zu betrachtenden Teilaspekte abgegrenzt, stellt sich die Frage, wie die Zufriedenheit mit einzelnen Teilaspekten erhöht werden kann. Hierzu stehen dem Unternehmen eine grosse Anzahl von Massnahmen zur Verfügung (s. Abschnitt 6.3, S. 159). Die Strategien hängen dabei von den inhaltlichen Bezugspunkten der identifizierten Aspekte der Zusammenarbeit ab. Das strategische Entscheidungsfeld gestaltet sich bspw. bei Aspekten der Kultur und Kommunikation grundlegend anders als bei Aspekten der Unterstützung bei der Auftragsabwicklung oder beim After-Sales Services. Eine gute Kenntnis der Problemlage ist notwendig, um einerseits möglichst gute Problemlösungen zu finden, andererseits aber auch die Kosten für die Lösungen in einem vernünftigen Rahmen zu halten. Hinweise von Vertriebspartnern oder ggf. gemeinsame Lösungsworkshops geben auch hierbei entsprechend Aufschluss und helfen, adäquate Lösungen zu entwickeln. Dabei können gleichzeitig die Vertriebspartner verpflichtet werden, die gemeinsam entwickelten Massnahmen auch umzusetzen. Die für die Verbesserung der Zusammenarbeit zusätzlich benötigten Budgets hängen selbstverständlich grundlegend von den gewählten Strategien und Massnahmen ab. Die organisatorische Umgestaltung z. B. durch die Einführung länderübergreifender Verkaufsteams schlägt sich anders nieder als die Einführung eines Newsletters, der die Kommunikation zu den dezentralen Einheiten unterstützt. Zudem muss die Verteilung des Budgets auf die zentralen und dezentralen Einheiten berücksichtigt werden. Teilweise kann das zur Verfügung stehende Budget für bestimmte Massnahmen (aus Sicht Kapitel 6 254 zentraler Bereiche) dadurch erhöht werden, indem Mitarbeiter internationaler Vertriebseinheiten überzeugt und an den benötigten Mitteln beteiligt werden. 6.4.1.3 „Umsetzung“: Informieren und mobilisieren Bedeutsam für eine konsequente Implementierung ist zum einen die Umsetzung im Sinne der Festlegung von konkreten Inhalten und Massnahmen und zum anderen die Durchsetzung dieser im Sinne der Erzielung einer breiten Akzeptanz der Umsetzungsmassnahmen in der gesamten Vertriebsorganisation (Belz 1981, S. 382). Zunächst muss, wie bereits betont, die Finanzierbarkeit der Lösungen sichergestellt werden. Dazu sind zusätzliche Ressourcen aus zentralen Budgets zu mobilisieren oder aber Kürzungen an anderer Stelle vorzunehmen. Dies hängt vor allem vom Umfang des Vorhabens ab. Ebenso müssen detaillierte Pläne zur technischen Umsetzung erarbeitet werden. Insbesondere bei der Einführung neuer IT-Tools und -Systeme können bereits kleinere technische Fehler zum Zeitpunkt der Umsetzung eine Inakzeptanz gegenüber der Anwendung hervorrufen, wodurch das Vorhaben leicht scheitern kann. Die inhaltliche, technische und finanzielle Stimmigkeit der Lösungsansätze ist allerdings nur die notwendige Bedingung für den Erfolg der Massnahmen. Als hinreichende Voraussetzung ist darüber hinaus die Überzeugung und Mobilisierung der Mitarbeiter in der Vertriebsorganisation gefordert. Denn bei der Umsetzung überwiegen nicht die sachlichen, sondern die emotionalen, personellen und kulturellen Widerstände gegen Massnahmen, die von der Zentrale getroffen werden (Belz 1981, S. 380; Belz 1998, S. 620). Vor allem die Mitarbeiter der Zentrale, aber auch alle anderen an der Entwicklung von Lösungen beteiligten Mitarbeiter der Vertriebsorganisation haben die Aufgabe, diese Überzeugungsarbeit zu leisten. Bestehende Zweifel und falsche Vorstellungen müssen abgebaut (Belz 1981, S. 363) und der Nutzen der Lösungen verdeutlicht werden. Indem Vertriebspartner bereits bei Diagnose und Planung konsequent einbezogen werden, werden die Massnahmen eher akzeptiert. Ggf. sind einzelne Teams aus dezentralen und zentralen Mitarbeitern zu bilden, die jeweils als „Pate“ für ihre Lösung einstehen und weit reichende Informations- und Erklärungsarbeit übernehmen. Auch Leiter von Vertriebsgesellschaften müssen an der inhaltlichen Umsetzung arbeiten und diese mit ihren Mitarbeitern vorantreiben und stützen (George/Grönroos 1995, S. 72 ff.). Allerdings darf nicht der Eindruck entstehen, Vertriebsleiter aus der Zentrale hätten in erster Linie Widerstände der Vertriebspartner zu überwinden. Von diesen werden Lö- Vertriebsgestaltung des Herstellers 255 sungen, die an ihren Problemen ansetzen, teilweise sehr begrüsst und sogar unterstützt. Jedoch sind auch in der Zentrale meist mehrere Abteilungen von den erarbeiteten Lösungsansätzen betroffen. Die eigentliche Herausforderung besteht deshalb für Vertriebsleiter aus der Zentrale meist darin, die internen Hürden im Stammhaus zwischen Marketing, After-Sales Services, Logistik, Produktion und je nach Spezialisierungsgrad weiteren zentralen Abteilungen zu überwinden. Hierzu bedarf es häufig neben einer umfangreichen Information und informellen Absprachen auch einem TopManagement Support, der sicherstellt, dass die Bedeutung des Vorhabens sich auch dort manifestiert. Es bietet sich daher an, Mitarbeiter der jeweils betroffenen Abteilungen ebenfalls in die Entwicklung von Lösungen einzubinden. Damit wird die Voraussetzung dafür geschaffen, dass die Massnahmen erfolgreich umgesetzt werden. Vertriebspartner berichten teilweise darüber, dass bereits angekündigte Massnahmenpakete nie zum Einsatz gekommen sind (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Hierdurch werden das Misstrauen und die Vorurteile gegenüber dem Hersteller weiter geschürt. Gleichzeitig nimmt die Bereitschaft der Vertriebspartner ab, sich bei weiteren Projekten der Zusammenarbeit zu engagieren, was deren Erfolgswahrscheinlichkeit senkt. Die konsequente und gewissenhafte Umsetzung stellt somit die herausforderndste Aufgabe im Prozess zur Verbesserung der Zusammenarbeit dar. 6.4.1.4 „Kontrolle“: Zeit- und Organisationsvergleiche Nach der Umsetzung einzelner Massnahmen können einmalige oder regelmässige Kontrollen eingesetzt werden, um Fortschritte zu erfassen. Bei der Kontrolle wird noch einmal deutlich, ob die formulierten Ziele hinreichend präzise formuliert wurden und inwieweit diese realisiert werden konnten. Konnten Ziele nicht hinreichend erfüllt werden, lässt dies zweierlei Rückschlüsse zu: Zum einen ergibt sich ein Bild über die Realitätsnähe der Zielbildung. Die verantwortlichen Manager erhalten ein Gefühl dafür, in welchem Ausmass Steigerungen der Zufriedenheit realistischerweise überhaupt möglich sind. Zum anderen gibt eine schlechte Zielerreichung auch Hinweise für die Auswahl und den Einsatz der Massnahmen, die bei der weiteren Umsetzung zu berücksichtigen sind. Die Kontrollphase ist deshalb unerlässlich, um die Qualität des Managementprozesses zu verbessern. Sie spielt ebenso eine wichtige Rolle für die Manager im Stammhaus, die nicht selten in der internen Kritik stehen und in der Herstellerorganisation die Kosten und Erfolge ihrer Aktivitäten detailliert kommunizieren und verteidigen müssen. Kapitel 6 256 Zur Kontrolle können Zeit- und Organisationsvergleiche herangezogen werden. Zeitvergleiche geben einen guten Aufschluss darüber, wie sich die betrachteten Zufriedenheitswerte im Verlauf der Zeit entwickeln. Zeitvergleiche sind insbesondere für die Wirkungskontrolle der eingesetzten Massnahmen heranzuziehen. Ob sich die Zusammenarbeit in einer Vertriebsorganisation im Laufe der Betrachtungsperiode verbessert hat, kann damit überprüft werden. Allerdings kann keine Aussage darüber getroffen werden, ob die Zusammenarbeit im Vergleich zum Wettbewerb eine bessere oder schlechtere Ausgangsposition verschafft. Unternehmen benötigen deshalb weitere Bezugspunkte, mit denen sie ihre Zusammenarbeit vergleichen können. Da ein direkter Vergleich mit Wettbewerbsorganisationen meist aus strategischen Gründen ausgeschlossen wird, ziehen Hersteller entweder Vertriebsorganisationen anderer Divisionen oder anderer Hersteller heran, um durch ein Benchmarking ihre eigene Position zu ermitteln. Zeit- und Organisationsvergleiche schliessen sich nicht aus, vielmehr erzeugen sie ein ergänzendes Bild über den Stand der Zusammenarbeit. Abbildung 6-26 (S. 256) zeigt die Möglichkeiten der Kontrolle. Gesamtzufriedenheit Zeitvergleich Organisationsvergleich Teilaspekte Sehr unzufrieden Zufriedenheit 1 3 2 Informationen über Lieferengpässe 4 5 Firma y Firma x Sehr zufrieden 6 7 Dimensionen Gesamtindex 1 7 Gesamtzufriedenheit Firma z Bereitstellung von Marktinformationen 6 7 • Firma x: 25.47 Punkte, 2 5 4 3 2 1 • Firma y: 26.59 Punkte, Antwortzeiten bei Anfragen Unterstützung bei Preiskämpfen Informationen über Lieferengpässe Bereitstellung von Marktinformationen Antwortzeiten bei Anfragen Unterstützung bei Preiskämpfen 6 3 • Firma z: 29.01 Punkte. Sehr unzufrieden Zufriedenheit Sehr zufrieden 1 3 6 2 4 5 t-1 t0 5 4 Dimensionen Gesamtindex 7 Gesamtzufriedenheit 1 7 6 7 • Zeitpunkt t-1: 26.12 Punkte, • Zeitpunkt t 0: 25.47 Punkte. 2 5 4 3 2 1 6 3 5 4 Abbildung 6-26: Zeit- und Organisationsvergleich für Teilaspekte und Gesamtzufriedenheit Neben der Wahl des Vergleichsobjektes können unterschiedliche Inhalte zum Gegenstand eines Vergleiches gemacht werden. Die Zufriedenheit mit Teilaspekten oder aber die Zufriedenheit mit der gesamten Zusammenarbeit können als Vergleichsinhalt dienen. Der Vergleich von Teilaspekten ist zum einen für eine detaillierte Diagnose, zum anderen aber auch für die Wirksamkeitskontrollen der Massnahmen heranzuziehen. Die Teilaspekte geben Aufschluss über das Zustandekommen von Gesamturteilen. Beim Organisationsvergleich kann bspw. die Bedeutung von Teilaspekten aufgrund Vertriebsgestaltung des Herstellers 257 von Branchenunterschieden stark variieren. Diese Unterschiede können durch eine Detailanalyse von Teilaspekten ebenfalls aufgedeckt werden. Analysen der Teilaspekte geben dem verantwortlichen Management damit wichtige Informationen für die Planung und den Einsatz von Massnahmen zur Verbesserung der Zusammenarbeit. Für die Gesamtbeurteilung der Zusammenarbeit scheint es sinnvoll, eine Komprimierung der Daten vorzunehmen, um die aspektübergreifende Leistungsfähigkeit der Zentrale schnell und übersichtlich darstellen zu können (Stauss/Neuhaus 1995, S. 595). Diese können ggf. auch für die Leistungsbewertung des zentralen Vertriebsmanagements herangezogen werden (s. Absatz 6.3.2.4, S. 173). Hierbei scheinen zwei Aggregationsstufen sinnvoll: Ein globales Mass für die Gesamtzufriedenheit gibt einen Gesamtüberblick. Masse für die einzelnen Beurteilungsdimensionen geben hingegen Einblicke in die verschiedenen internen Leistungsdimensionen des Herstellers. Dabei kann in beiden Fällen ein Ratingverfahren und für zeitliche Vergleiche ggf. eine Indexierung vorgenommen werden, die Zufriedenheitsurteile und Bedeutungen der Teilaspekte miteinander verbindet (Stauss/Neuhaus 1995, S. 595 f.). Als Grundlage der Berechnung eines Ratingwertes dienen Daten aus einer standardisierten Befragung der Vertriebspartner. Zufriedenheits- und Bedeutungswerte zu den einzelnen Teilaspekten können dabei durch fünf- oder siebenstufige Ratingskalen erhoben werden. Siebenstufige Ratingskalen erhöhen einerseits die Komplexität für den Befragten, weisen andererseits aber meist eine höhere Streuung auf, weshalb sie besseren Aufschluss geben können. Aus diesen Daten berechnet man die arithmetischen Mittelwerte sämtlicher Zufriedenheits- und Bedeutungswerte (Gleichung 1 und Gleichung 2). Auf Basis der Mittelwerte kann schliesslich der Ratingwert R ermittelt werden (Gleichung 3). (1) ~ z i = Mittelwert der Zufriedenheitsvariable zi über alle Fälle fj, für i = 1 bis n und j = 1 bis m (2) 1 j =1 ~ z i = ∑ z ij , für i = 1 bis n und j = 1 bis m m m ~ bi = Mittelwert der Bedeutungsvariable bi über alle Fälle fj, für i = 1 bis n und j = 1 bis m ~ 1 j =1 bi = ∑ bij , für i = 1 bis n und j = 1 bis m m m (3) S = Salespartner-Satisfaction Score S= 1 i =1 ~ ~ ∑ z i ⋅ bi , für i = 1 bis n n n 258 Kapitel 6 Der Maximalwert des Ratings liegt bei siebenstufigen Skalen demnach bei einem Wert von 49, der Minimalwert bei 1. In der Realität liegen Werte irgendwo zwischen diesen Grenzwerten. Um auch Vergleiche mit solchen Befragungsergebnissen herstellen zu können, bei denen andere Ratingskalen verwendet wurden, ist der tatsächlich erreichte Wert ins Verhältnis zum Maximalwert zu setzen. Hierdurch erhält man eine relative Punktwerterreichung. Dem Autor bekannte Unternehmen, die nach diesem Verfahren die Zufriedenheit ihrer Vertriebsorganisation evaluieren, erreichen zwischen 50 und 65 Prozent der maximalen Punktzahl. Andere Verfahren ermitteln lediglich die Summe der Produkte aus mittleren Zufriedenheits- und Bedeutungsvariablen. Einem solchen Vorgehen ist das vorgestellte Verfahren überlegen, denn es ist gegen Verzerrungen resistent, die durch Hinzufügen, Veränderung oder Entfernen einzelner Variablen entstehen. Dies ist in der Praxis im Laufe der Zeit häufig notwendig, da sich durch technologische, markt- und organisationsbezogene Veränderungen die wichtigen Teilaspekte und damit die zu erfassenden Zufriedenheits- und Bedeutungsvariablen ändern. Das aufgezeigte Verfahren lässt sich selbstverständlich auch für die Analyse der einzelnen in Abbildung 6-26 (S. 256) dargestellten Beurteilungsdimensionen verwenden (s. auch Abschnitt 5.3, S. 112 ff.). Dazu sind pro Dimension lediglich die jeweils zugehörigen Zufriedenheits- und Bedeutungsvariablen mit einzubeziehen. Es ergeben sich in diesem Fall je nach Auswertung Punkt- oder Verhältniswerte pro Beurteilungsdimension. 6.4.2 Zwischenfazit: Nachhaltigkeit durch systematisches Vorgehen Es hat sich in Absatz 6.4.1 (S. 247 ff.) gezeigt, dass für eine nachhaltige Verbesserung der Zusammenarbeit nicht alleine die Kenntnisse über mögliche Gestaltungsansätze ausreichen. Vielmehr müssen Instrumente eingesetzt werden, um eine gründliche Diagnose der Zusammenarbeit zu ermöglichen. Das Bauchgefühl des Stammhausmanagers führt häufig zu anderen Ergebnissen als die Befragung der Vertriebspartner selbst. Fehleinschätzungen in der Diagnose führen leicht dazu, dass Massnahmenpakete ihr Ziel verfehlen. Es zeigt sich, dass bereits eine schriftliche Befragung und Auswertung ein hohes Ausmass an Detailplanung und Tiefgang verlangen. Für die Auswahl und Umsetzung von Massnahmen werden hingegen andere Fähigkeiten benötigt. Es ist abzuschätzen, welchen Aufwand, welche Wirkung in der Zusammenarbeit und welche Wahrscheinlichkeit der reibungslosen Umsetzung die zur Ver- Vertriebsgestaltung des Herstellers 259 fügung stehenden Massnahmen mit sich bringen. Während der Umsetzung sind soziale Kontakte zu nutzen und personelle Widerstände durch Überzeugung und Fingerspitzengefühl zu überwinden. Erst durch eine regelmässige Kontrolle mit Hilfe von Zeitund Organisationsvergleichen gelingt es, objektiv den Erfolg der Anstrengungen und die Position der Vertriebsorganisation zu ermitteln. Hierdurch werden Potenziale und Stärken im internationalen Vertrieb sichtbar. Durch eine systematische und regelmässige Wiederholung des Prozesses kann die Wettbewerbsfähigkeit der Vertriebsorganisation kontinuierlich verbessert werden, die die Basis für nachhaltigen Vertriebserfolg darstellt. 6.5 Fallstudien zur situativen Vertriebsgestaltung 6.5.1 Zielsetzung und Selektion der Fallstudien Der Abschnitt 6.5 untersucht, wie drei unterschiedliche Firmen die Zusammenarbeit mit internationalen Vertriebspartnern gestalten. Die Betrachtung der Unternehmenssituationen und Lösungen in einem Gesamtzusammenhang scheint ergiebig, um die in den vergangenen Abschnitten 6.2 (S. 139 ff.) bis 6.4 (S. 247 ff.) erarbeiteten operativen und strategischen Gestaltungsansätze zu illustrieren. Darüber hinaus können Gestaltungsansätze in ihrem situativen Kontext dargestellt sowie Einflussfaktoren und Zusammenhänge bei der Wahl und dem Einsatz der Gestaltungsansätze interpretiert werden. Damit trägt die inhaltliche Durchdringung der Fälle „BASF AG“, „Gallus Ferd. Rüesch AG“ und „Nanosurf AG“ dazu bei, die Antworten auf die Forschungsfragen 2 und 3 (s. Abschnitt 1.3, S. 6 ff.) noch einmal in einen konkreten Zusammenhang zu stellen. Zur Datenerhebung wurde in den drei Fällen eine Kombination aus heuristischen, qualitativ-empirischen und quantitativ-empirischen Methoden eingesetzt. An dieser Stelle sei noch einmal auf die Details der eingesetzten Methoden verwiesen, die bereits in den Absätzen 2.4.1 (S. 34 ff.) und 2.4.2.3 (S. 46) ausführlich dargestellt und erörtert wurden (s. Tabelle 2-3, S. 37 und Tabelle 2-7, S. 48). Bei der Auswahl der Fallstudien wurde das Ziel verfolgt, solche Unternehmen mit einzuschliessen, die möglichst unterschiedliche Ausgangslagen besitzen. Dazu wurden ein Kleinunternehmen, ein mittelständisches Unternehmen und ein Grosskonzern herangezogen, die jeweils aus unterschiedlichen Branchen stammen und verschiedene Vertriebsorganisationen aufweisen. Die Unterschiedlichkeit der Fälle soll Parallelen und Akzente betonen, die sich in der Zusammenarbeit mit internationalen Vetriebspartnern und deren Gestaltung für den Hersteller ergeben. Kapitel 6 260 Abbildung 6-27 (S. 260) zeigt die unterschiedlichen Konstellationen der betrachteten Unternehmensfälle. Die Herstellerunternehmen haben verschiedene Unternehmensgrössen, die sich u. a. in Unterschieden in der Vertriebsorganisation niederschlagen. Grösse des Herstellerunternehmens Grossunternehmen BASF AG Mittelunternehmen Gallus Ferd. Rüesch AG Kleinunternehmen Nanosurf AG herstellereigen kooperativ Unternehmensfälle herstellerfremd Vertriebsform Abbildung 6-27: Unternehmensgrösse und Vertriebsformen als Rahmenbedingungen der Fallstudien • Die Nanosurf AG ist ein Schweizer Kleinunternehmen am Standort Liestal. Der weltweite Vertrieb von Hightechgeräten wird aus Ressourcengründen (Sum/Reinhold 2004, S. 32) ausschliesslich von herstellerfremden Distributoren wahrgenommen. • Die Gallus Ferd. Rüesch AG ist ein mittelständisches Unternehmen in der grafischen Industrie mit Hauptsitz in St. Gallen, Schweiz. Das Unternehmen setzt international verschiedene Vertriebsformen ein. So existieren in wichtigen Märkten, in denen das Unternehmen bereits seit vielen Jahren präsent ist, eigene Vertriebsgesellschaften. Seit einigen Jahren kooperiert Gallus eng mit dem Unternehmen Heidelberg, das sich im Jahr 1999 bei Gallus beteiligt hat und über dessen Vertriebsgesellschaften Gallus insbesondere in starken Wachstumsmärkten wie Osteuropa, Asien und Lateinamerika präsent ist. In anderen Märkten greift man hingegen auf unabhängige Distributoren zurück. • Die BASF AG mit Hauptsitz in Ludwigshafen gehört mit etwa 46'500 Mitarbeitern in Deutschland zu den grössten industriellen Arbeitgebern des Landes und ist der grösste Chemiekonzern weltweit. Die im Fall betrachtete Division Feinchemikalien erfuhr im Jahre 2001 eine Reorganisation, seitdem werden Vertriebsaufgaben in den Vertriebsgestaltung des Herstellers 261 verschiedenen Märkten ausschliesslich von herstellereigenen Vertriebsmitarbeitern wahrgenommen. Die folgenden Absätze 6.5.2 (S. 261 ff.) bis 6.5.4 (S. 286 ff.) zeigen die Anstrengungen, die von den Herstellern „Nanosurf AG“, „Gallus Ferd. Rüesch AG“ und „BASF Fine Chemicals Europe“ zur Verbesserung der Zusammenarbeit mit ihren internationalen Vertriebspartnern durchgeführt wurden. Sämtliche Informationen zu den Fällen stammen, soweit nicht anders gekennzeichnet, aus der in Tabelle 2-7 (S. 48) dargestellten Datenbasis. 6.5.2 Die Nanosurf AG: Vertriebsgestaltung im Kleinunternehmen Der Fall der Nansosurf AG zeigt, wie ein Kleinunternehmen mit flachen Hierarchien und geringer Ressourcenstärke vorgeht, um die Zusammenarbeit mit internationalen Distributoren zu verbessern. Besondere Schwerpunkte der Fallstudie sind die Übernahme von Informationsaufgaben durch den Hersteller (s. auch Absatz 6.3.8.1, S. 230 ff.), der Umgang mit Spezialanfragen und deren Integration in den Prozess des Neuproduktmanagements (s. auch Absatz 6.3.4.2, S. 183 ff.) sowie die Weiterentwicklung des Reporting (s. auch Absatz 6.3.8.2, S. 236 ff.; Absatz 6.3.8.1, S. 230 ff.). 6.5.2.1 Ausgangslage bei Nanosurf Die Nanosurf AG ist ein Hightech-Unternehmen im schnell wachsenden Markt der Nanotechnologie und ein Spin-off der Universität Basel. Seit der Gründung im Jahr 1997 hat das Unternehmen ein bemerkenswertes, organisches Wachstum erlebt und beschäftigt zz. achtzehn Mitarbeiter. Der Firmensitz ist der Technologiepark „Tenum“ in Liestal, Schweiz, von wo aus das Unternehmen innovative und preiswerte RasterSondenmikroskope mit Auflösungen im Nanometer-Bereich entwickelt, produziert und vertreibt. Organisation im Stammhaus In den ersten Jahren nach der Gründung gab es zur Organisationsentwicklung bei Nanosurf kein explizites, auf Papier festgehaltenes Konzept. Alle wichtigen Entscheidungen wurden demokratisch gefällt, wobei alle Mitarbeiter sehr weite Spielräume besassen. Konflikte wurden nach Angaben der Mitarbeiter „offen und fair ausgetragen und nicht durch eine starre Hierarchie unterdrückt“ (Befragung Nanosurf I, s. Tabelle 2-3, S. 37). Die Vorteile der schnellen Kommunikation und der hohen Flexibilität, die diese Konstellation ermöglichte, wurden allerdings mit der Zeit durch verschiedene 262 Kapitel 6 Nachteile überlagert, so z. B. durch Redundanzen, Unklarheiten in der Zuständigkeit und Unstimmigkeiten. Aufgrund der zunehmenden Unternehmensgrösse wurde deshalb im September 2003 eine stärkere organisationale Strukturierung vorgenommen. An der Spitze des Unternehmens stehen nun Dr. Robert Sum als CEO und Dr. Lukas Howald als Verwaltungsratspräsident. Nanosurf besitzt die drei Organisationseinheiten Produktion, Produktentwicklung sowie Marketing und Verkauf. Weitere Funktionen wie bspw. der Einkauf werden je nach Bedarf von den operativen Kernabteilungen selbst wahrgenommen. Produktportfolio des Unternehmens Das Unternehmen verfügt über drei Produktlinien, die auf unterschiedliche Kundensegmente abzielen: • „easyScan STM“ ist eine Lösung für die Marktnische schulische und universitäre Ausbildung sowie angewandte Forschung, • „easyScan AFM“ wird auf dem Massenmarkt für industrielle Qualitätskontrollen sowie industrielle Forschung und Entwicklung angeboten, • „easyPLL“ ist ein „Top-Level“ Technologiebaustein für professionelle Anwendungen in der Grundlagenforschung. Die wichtigen Vorteile sämtlicher Nanosurf-Produkte liegen in ihrer einfachen und mobilen Nutzung sowie den relativ niedrigen Anschaffungskosten. Mit der Kommerzialisierung eines Mikroskops zur Oberflächenanalyse, das einfacher aufgebaut ist als die Konkurrenzgeräte und zu einem wesentlich günstigeren Preis angeboten werden kann, hat die Nanosurf AG den Markteintritt gut geschafft. Obwohl die Nanosurf AG zu den kleineren Anbietern auf dem Weltmarkt von über 100 Mio. Euro gehört, hat sie mit ihren innovativen Lösungen die Marktnische für Geräte zur Ausbildung von Studierenden an Hochschulen und Fachhochschulen erfolgreich besetzt und bietet zudem für industrielle Kunden ein preiswertes und robustes Einstiegsgerät für die Oberflächenanalyse im Nanometerbereich. Internationale Vertriebsorganisation Verantwortlich für den Vertrieb ist Dr. Loris Scandella, der die Abteilung Marketing und Verkauf leitet. Wie in der Branche üblich, werden die physikalisch-chemischen Messgeräte auch bei Nanosurf über technisch versierte und qualifizierte Distributoren abgesetzt. Es wurden solche Distributoren ausgewählt, die komplementäre Ana- Vertriebsgestaltung des Herstellers 263 lytikinstrumente anderer Wettbewerber verkaufen und deshalb zwar Zugang und Kenntnisse über Kunden und lokale Märkte besitzen, aber trotzdem nicht in Konkurrenz zu den Nanosurf-Produkten stehen. Die im Branchenvergleich hohen Margen von bis zu 45 Prozent machen Nanosurf für Distributoren ausgesprochen attraktiv. Ein Vertrieb über eigene Tochtergesellschaften war und ist für das Unternehmen bisher aufgrund der geringen Finanzkraft weder finanzierbar noch wäre dies aufgrund der kleinen Marktvolumina in den einzelnen Regionen rentabel. Die Distribution erfolgt deshalb hauptsächlich durch das Vertriebsnetz von weltweit achtzehn unabhängigen Partnern. Gesondert betrachtet werden muss der Markt der Ausbildung, welcher zentral vom deutschen Didaktikvertrieb, der LD Didactic GmbH (ehemals „Leybold Didactic“) geführt wird. In Ländern und Regionen ohne lokalen Vertriebspartner und für Spezialanfertigungen findet ein Direktvertrieb ab Werk statt. Die Distributoren sind für Nanosurf der mit Abstand umsatzstärkste Verkaufskanal, mit dem das Unternehmen zz. 32 Länder in den Regionen Europa, Asien, Amerika und Ozeanien abdeckt (Abbildung 6-28, S. 264). Dazu folgende Details: • Europa: Im Jahr 1997 hat die Gesellschaft die ersten Vereinbarungen mit einigen Distributionspartnern abgeschlossen. Anfänglich wurde in erster Linie die Marktregion Europa bearbeitet, wo heute noch der grösste Umsatzbeitrag erzielt wird. In Kontinentaleuropa erfolgt der Vertrieb durch eine einzige Vertriebsgesellschaft, die Schweizer Schaefer Holding AG und ihre jeweiligen internationalen Tochtergesellschaften, welche für verschiedene Gebiete verantwortlich sind. Für Grossbritannien und Irland hat Nanosurf einen weiteren Distributor gewählt, der besondere Marktkenntnisse besitzt und früher für einen Wettbewerber gearbeitet hat. • Amerika: In den USA ist für Nanosurf ein einzelner Distributor zuständig, der bis dahin bei einem Spezialhändler gearbeitet und dort bereits Nanosurf- und Komplementärprodukte verkauft hatte. Nachdem dieser eine eigene Vertriebsgesellschaft gegründet hatte, wurde er zum alleinigen Vertriebskanal für die USA und konnte einen massiven Anstieg der Umsätze bewirken. • Asien und Ozeanien: Asien stellt für die Nanosurf AG ein Aufbaumarkt dar. Durch Forschungskontakte hatte man zunächst einen Distributor in Japan gefunden. Diese erste asiatische Geschäftsverbindung und die daran anknüpfenden Erfolge haben weitere Türen geöffnet. Inzwischen besitzt Nanosurf einen koreanischen Distributor und weitere Vertriebsverträge für Malaysia, Thailand, Vietnam, die Philippinen, Indonesien und Taiwan. Vor allem die Erschliessung des chinesischen Marktes hatte zunächst einige Sorgen bereitet, ist aber seit Januar 2002 durch einen Kapitel 6 264 Distributor mit Niederlassungen in Hongkong, Peking und Shanghai gut fortgeschritten. Abbildung 6-28 zeigt die internationale Länderpräsenz des High-Tech Unternehmens im Überblick. 18 18Distributoren Distributorenin in 32 32Ländern Ländern Abbildung 6-28: Länderpräsenz der Distributoren bei der Nanosurf AG 6.5.2.2 Diagnose der Zusammenarbeit Die Konzeption eines geeigneten internationalen Vertriebssystems war laut Nanosurf AG die grösste Herausforderung bei der Vergrösserung des Geschäftes. Weil der Heimatmarkt zu klein ist, musste zwingend ein internationales Netzwerk von Distributoren bzw. Fachhändlern aufgebaut werden (Sum/Reinhold 2004, S. 32). Für das Unternehmen stand in den Jahren 2002 und 2003 insbesondere die Erweiterung der Verkäufe in den Randmärkten ausserhalb Europas im Vordergrund. Obwohl diese zu den vertraglich vereinbarten Verkaufsgebieten gehören, wurden sie nur ungenügend bearbeitet. Aus diesem Grunde entschloss man sich, das jährliche Distributorenmeeting im Jahr 2003 dazu zu nutzen, die Märkte und ihre Anforderungen besser kennen und verstehen zu lernen, die Kompetenzen der Distributoren zu fördern und Ansatzpunkte für eine Verbesserung der Zusammenarbeit zu identifizieren. Dr. Robert Sum betont, dass „der Geschäftserfolg [...] eng mit der Intensität der Zusammenarbeit zwischen Distributoren und Nanosurf korreliert“. Vertriebsgestaltung des Herstellers 265 Abbildung 6-29 (S. 265) zeigt den Aufbau und die Inhalte des dreitägigen Distributorenmeetings sowie einen Auszug aus der Begrüssungspräsentation, der sich an diesen Zielen ausrichtet. Am ersten Tag des Distributorenmeetings standen Veränderungen beim Personal und bei den Zuständigkeiten, finanzielle Ergebnisse und Entwicklungen des vergangenen Jahres sowie Neu- und Weiterentwicklungen von Produkten auf dem Programm. Hierdurch sollten die Distributoren Einblicke in die aktuellen Themen und Entwicklungen der Zentrale bekommen und Kompetenzen in Bezug auf die Produkte und Organisation des Herstellers erhalten. Der zweite Tag hingegen diente im Wesentlichen dem Austausch zwischen den Distributoren und der Darstellung und Diskussion von marktbezogenen Anforderungen. U. a. wurden Konkurrenz- und Kundenanalysen durchgeführt. Der Vertriebsleiter Dr. Scandella erhielt hierdurch zum einen einen tieferen Einblick in den kunden- und wettbewerbsbezogenen Status Quo der Märkte. Zum anderen konnten Hinweise zu Verkaufsargumenten der verschiedenen Märkte und zum Vorgehen der Wettbewerber wertvolle Einsichten für Distributoren untereinander geben. Aufbau Aufbau und und Inhalte Inhalte des des Distributorenmeetings Distributorenmeetings Tag 1 (Montag): ÆOrganisationale Veränderungen bei Nanosurf, ÆVerkaufs- und Marktentwicklungen, ÆNeuentwicklungen und Produkte. Tag 2 (Dienstag): ÆWorkshops und Erfahrungsberichte zu Märkten, Kunden und Wettbewerbern, ÆHinweise zur Marktbearbeitung, ÆBefragung der Distributoren. Tag 3 (Mittwoch): ÆDiskussion der Befragungsergebnisse, ÆWorkshops zu Verbesserungspotenzialen und Lösungen in der Zusammenarbeit. Abbildung 6-29: Inhalte und Aufbau des Distributorenmeetings bei der Nanosurf AG Am Abend des zweiten Tages füllten die Distributoren den von Nanosurf entwickelten Fragebogen zur Zusammenarbeit mit dem Hersteller aus. Auf Basis der Ergebnisse dieser Befragung konnten schliesslich am dritten Tag Schwerpunkte für Verbesserungen in der Zusammenarbeit festgesetzt und konkrete Lösungen entwickelt werden. Das Vorgehen im Rahmen der „Diagnose“ am dritten Tag wird im Folgenden beschrieben. Von besonderer Bedeutung sind dabei die standardisierte Befragung der Distributoren und die Entwicklung von Lösungen in Workshops. 266 Kapitel 6 Standardisierte Befragung der Distributoren Bereits im Vorfeld des Distributorenmeetings wurde der erwähnte Fragebogen als eine ausführliche Liste der Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit entwickelt. In dieser „Longlist“ waren sämtliche konkreten Aspekte erfasst, die in der Zusammenarbeit zwischen Nanosurf und den Distributoren eine Rolle spielen. Um Schwerpunkte bei Massnahmen der Verbesserung setzen zu können, sollten Zufriedenheit und Bedeutung der Aspekte der Zusammenarbeit aus Sicht der Distributoren bewertet werden. Auf Basis dessen konnte eine Auswahl getroffen werden, die am dritten Tag des Distributorenmeetings von Kleingruppen im Rahmen von Workshops intensiv bearbeitet wurde. Der Fragebogen wurde von den verschiedenen Distributoren am zweiten Tag des Distributorenmeetings ausgefüllt. Die Teilnehmer stammten aus folgenden Ländern: China, Deutschland, England, Frankreich, Japan, Mexiko, Schweiz, Singapur, Südkorea, Taiwan, USA. Der Fragebogen enthielt z. B. Fragen zu den folgenden Aspekten: Informationsaustausch zwischen der nationalen Vertretung und Nanosurf, der Zufriedenheit mit gemeinsamen Projekten, Planung und Marketingmanagement des Herstellers, Verkaufsinstrumente und Verkaufsaktivitäten, Bestellabwicklung, soziale Aspekte der internen Zusammenarbeit, Zentralisierung und Aufgabenverteilung in Marketing und Verkauf, Koordination mit dem Hersteller und Wechsel der Marketingstrategie durch die Nanosurf. Zur Auswertung wurden Durchschnittswerte zur Zufriedenheit und zur Bedeutung pro Aspekt in der Zusammenarbeit ermittelt. Die auf einer Fünferskala erfassten Zufriedenheits- und Bedeutungswerte liessen dabei durch die Multiplikation eine Verdichtung zu einem Ratingwert zu. Die maximale Punktzahl 25 hätte durch die Multiplikation der höchsten Unzufriedenheit (fünf Punkte) bei höchster Bedeutung (fünf Punkte) erreicht werden können (s. auch Abbildung 6-25, S. 252). Es waren die Aspekte zu fokussieren, die hohe Unzufriedenheit bei hoher Bedeutung aufwiesen. Aus diesem Grund wurde auf Basis des Ratingwertes eine Rangreihe gebildet. Tabelle 6-13 zeigt die nach dem Unzufriedenheitsrating zehn wichtigsten Aspekte im Fall Nanosurf im Wortlaut der Befragung. Die Prioritätenliste stellt ein Ranking über die gesamte Vertriebsorganisation dar. Die Bildung und Zuordnung zu inhaltlichen Feldern wurde gemeinsam mit den Distributoren vorgenommen und diente der Bildung von Workshop-Gruppen. Vertriebsgestaltung des Herstellers Rang Aspekte der Zusammenarbeit 267 Ratingwert Inhaltliches Feld 1 Information about competition, market and customers provided by Nanosurf. 11.92 Information and Communication 2 Nanosurf support during local price wars. 11.56 Financial Issues 3 Extent to which the distributor is allowed to fulfill special customer requests. 11.43 Sales-Organization 4 Sharing of joint projects costs (fairs and expositions, internetsite, special offers etc.). 10.54 Financial Issues 5 Customer financing programs (including leasing and prefinancing). 10.36 Financial Issues 6 Targeting new customer segments. 10.35 Sales-Organization 7 Financial reporting, required by Nanosurf (Sales forecasts etc.). 10.12 Information and Communication 8 Customer and market-related information, demanded by Nanosurf. 10.01 Information and Communication 9 Nanosurf responding and reacting time if problems concerning customer services occur (complaints, reclamations, warranty claims). 9.94 Sales-Organization 9.85 Sales-Organization 10 Clearness of responsibilities and number of persons responsible for your requests. Tabelle 6-13: Aspekte der Zusammenarbeit in der Rangreihe ihrer Ratingwerte Entwicklung von Lösungen in gemeinsamen Workshops Die in Tabelle 6-13 gezeigten Aspekte der Zusammenarbeit wurden zunächst den Distributoren präsentiert, erläutert und diskutiert. Bereits an dieser Stelle zeigte sich die Betroffenheit der Beteiligten, die unmittelbar damit begannen, Details und Ursachen für die Schwierigkeiten zu erörtern. Um Lösungen strukturiert und zielorientiert diskutieren und entwickeln zu können, wurden die Aspekte - wie bereits erwähnt - zu inhaltlichen Feldern zusammengefasst und Workshop-Teams gebildet, die jeweils ein inhaltliches Feld bearbeiteten. Die Workshop-Teams wurden durch Selbstzuordnung der Distributoren gebildet, jedem Team wurden zu Moderations- und Dokumentationszwecken zwei Mitarbeiter der Zentrale zugewiesen. Insgesamt wurden drei inhaltliche Felder und entsprechend drei Teams gebildet: „Sales-Organization“, „Financial Issues“ und „Information and Communication“ (s. Abbildung 6-30). Kapitel 6 268 RANKING BY DIS-SATISFACTION AND IMPORTANCE Rank Description Indicator 1Information about competition, market and customers 11.917 provided by Nanosurf 2Nanosurf support during local price wars. 11.563 3Extent to which the distributor is allowed to fulfill special 11.432 customer requests. 4Sharing of joint projects costs (fairs and expositions, internet- 10.542 site, special offers etc.). 5Customer financing programs (including leasing and pre10.364 financing). 6 Targeting new customer segments. 10.349 7Financial reporting, required by Nanosurf (Sales forecasts etc.). 8Customer and market-related information, demanded by Nanosurf. 9Nanosurf responding and reacting time if problems concerning customer services occur (complaints, reclamations, warranty claims). 10Clearness of responsibilities and number of persons responsible for your belongings at Nanosurf. Field Information & Communication Financial Issues SalesOrganization Financial Issues Team 1: Information & Communication Financial Issues Team 2: SalesOrganization 10.118 Information & Communication 10.012 Information & Communication 9.941 SalesOrganization 9.846 SalesOrganization Team 3: Financial Issues SalesOrganization DISTRIBUTORS SEE POTENTIAL FOR IMPROVEMENT AT INFORMATION, FINANCE AND ORGANIZATION THREE TEAMS, EACH WORKING ON ONE TOPIC Abbildung 6-30: Präsentationsfolie bei der Teambildung für Workshops Aufgabenstellung für die Teams war es, die Probleme in ihrem inhaltlichen Feld und deren Auswirkungen genau zu beschreiben, Beispiele zu nennen und Lösungen zu entwickeln. Als Ergebnis sollten die Distributoren jeweils drei Powerpointfolien vor den anderen Gruppen präsentieren aus denen die Problemlage, die Beispiele und entwickelte Lösungsansätze ersichtlich würden. Ergebnisse der Workshops In den Workshops stellte sich heraus, dass zunächst eine weitere inhaltliche Konkretisierung der einzelnen Probleme vorzunehmen und eine weitere Auswahl zu treffen war. Teilweise bestanden bei einzelnen Distributoren keine konkreten Erfahrungen mit einem Aspekt der Zusammenarbeit, es wurde ihm keine Bedeutung zugemessen oder aber Aspekte wurden für nicht lösbar gehalten. So gestanden Vertriebspartner ein, dass kein wirklicher Preiskampf in ihren Märkten herrsche und ihnen bewusst sei, dass Nanosurf keine vollständigen Messestände für Distributoren finanzieren könne. Jede Gruppe grenzte somit ihren Problemkreis weiter ein. Zur Verbesserung der Zusammenarbeit wurden als Ergebnis der Workshops insbesondere folgende Ansätze vorgestellt: • Unterlagen und Informationen zur Verkaufsunterstützung, • Internetportal zur besseren Information der Distributoren, • systematischer Umgang mit technischen Spezialanfragen, • Überarbeitung von Inhalten und Umfang des Reportings. Vertriebsgestaltung des Herstellers 269 In den folgenden Absätzen werden die einzelnen Ansätze und ihre spätere inhaltliche Ausgestaltung vorgestellt und diskutiert. Weitere Ansätze wurden zwar diskutiert, aber im Unternehmen bisher nicht weiter verfolgt oder gelöst. Dazu gehören Finanzierungsmodelle für Kunden, Kostenbeteiligungen bei gemeinsamen Projekten und die länderspezifische Unterstützung beim Erschliessen neuer Kundensegmente. Die „Unklarkeit von Verantwortlichkeiten“ (s. Tabelle 6-13, S. 267; „Rang 10“) wurde ebenfalls von der weiteren Analyse ausgeschlossen, da aus Sicht des Herstellers die Effekte der kurz vor dem Distributorenmeeting vorgenommenen Reorganisation in der Zentrale noch nicht abzuschätzen waren. 6.5.2.3 Planung und Umsetzung von Lösungen 6.5.2.3.1 Informationen zur Verkaufsunterstützung Im Bereich des Informationsaustausches wurde ein grosser Spielraum für Verbesserungen gesehen. Distributoren forderten von Nanosurf die Aufbereitung und Bereitstellung verkaufsunterstützender Informationen und Unterlagen (s. Tabelle 6-13, S. 267; „Rang 1“). Dazu gehören einerseits aktuelle Dokumentationen und Handbücher zu den angebotenen Produkten, andererseits aber auch Informationen zu Wettbewerbern, Wettbewerbsprodukten, Kunden und Kundenanwendungen. Handbücher und Sales CD Trotz des Bestrebens der Nanosurf AG nach besonders einfachen Bedienungskonzepten, bleiben Rasterkraft- und Rastertunnel-Mikroskope technisch anspruchsvolle Geräte. Die Verkäufer in den Vertretungen müssen genau wissen, welche Bedürfnisse die Nanosurf-Produkte erfüllen, damit die richtigen potentiellen Kunden angesprochen werden können. Dazu benötigen sie ausführliche Kenntnisse über die Produktspezifikationen, -eigenschaften und -anwendungen. Bisher wurden Fragen zu technischen Details insbesondere durch den technischen Support beantwortet, der von einem Mitarbeiter als Nebentätigkeit übernommen wurde. Aufgrund der eingeschränkten personellen Ressourcen war es nicht möglich, Anfragen immer zeitnah zu beantworten. Daher hat die Nanosurf AG einerseits die personellen Ressourcen im Support der Distributoren erhöht und andererseits durch schriftliche Unterlagen wie Handbücher und eine „Sales CD“ die Möglichkeit geschaffen, unmittelbar auf benötigte Informationen zuzugreifen. Die Handbücher werden Distributoren und Kunden bereits in verschiedenen Sprachen zur Verfügung gestellt. Die Sales CD, auf der Neuigkeiten und Produktinformationen enthalten sind, wird zweimal jährlich an die Distributoren versandt. 270 Kapitel 6 Wettbewerbsinformationen Die Distributoren bemängelten die fehlende Information über Wettbewerber, deren Produkte und die Vor- und Nachteile dieser im Vergleich zu Nanosurf. Sie wünschten sich darüber hinaus eine Argumentationsliste, die ihnen Ansatzpunkte für ein erfolgreiches Verkaufsgespräch gibt. Nach ihrer Aussage stellen Konkurrenten ihren Distributoren bereits technische Argumentationshilfen zur Verfügung, die wichtige technische Details und überlegene Funktionen im Vergleich zu Konkurrenzprodukten aufzeigen. Hierdurch werden fehlende technische Kenntnisse der Distributoren ausgeglichen und der Verkauf wesentlich erleichtert. Nanosurf hat diesbezüglich bereits Aktionen unternommen. Zunächst wurden Dokumentationen mit wichtigen Unternehmensinformationen zu Wettbewerbern, zu deren Produktportfolio und den Marktanteilen erstellt. Ebenso konnte eine qualitative Argumentationshilfe erarbeitet werden, die Vorteile und Abgrenzungen der Nanosurfprodukte im Vergleich zur Konkurrenz sowie die Verkaufsargumente der Konkurrenz aufzeigt, soweit diese bekannt sind (s. Abbildung 6-31, S. 270). Abbildung 6-31: Auszug aus der Präsentation zu Wettbewerbsinformationen Noch nicht fertig gestellt sind quantitative Argumentationhilfen zu einzelnen Produkten. Hierzu müssen die eigenen Instrumente und die Konkurrenzinstrumente an identischem Probenmaterial getestet und diese Messungen ausgewertet werden. Ziel ist es, pro Instrument der Wettbewerber eine Vergleichsseite mit Spezifikationen zu erstellen. Jedoch müssen hierzu zunächst Kunden gefunden werden, die solche Messvergleiche mit ihren Konkurrenzgeräten zulassen. Auf Basis der zz. durchgeführten Testergebnis- Vertriebsgestaltung des Herstellers 271 se sollen die qualitativen Argumentationshilfen um quantitative Messergebnisse erweitert werden. Referenzlisten und Success Stories Nanosurf hat damit begonnen, für Distributoren eine Liste mit Referenzen und Success Stories für spezielle Kundenanwendungen zusammenzustellen. Distributoren berichten, dass der Konkurrent Alcatel bereits ein regelmässiges „Information Bulletin“ für seine Vertriebspartner zusammenstellt. Nanosurf hat sich dazu bereit erklärt, ein eigenes Bulletin zu verschicken, wenn neue Informationen verfügbar sind (Befragung Nanosurf I, s. Tabelle 2-3, S. 37). Die Distributoren sollten hierzu Informationen und Success Stories an Nanosurf senden, die von diesen regelmässig an die anderen Distributoren weitergeleitet und ggf. auf weiteren Distributorenmeetings vorgestellt werden. Abbildung 6-32: Auszug aus der Präsentation der „Success Story FU Berlin“ Leider blieben zahlreiche Versuche in diese Richtung bisher weitgehend erfolglos, da Nanosurf nur wenige Informationen aus den Märkten erhielt. Kundenunternehmen, so z. B. Forschungsinstitute und -labors wollen vielfach ihre Arbeitsmethoden geheim halten und sind nicht bereit, den Einsatz ihrer Messinstrumente bekannt zu geben. Eine Referenzliste konnte aus diesem Grunde bisher nicht erstellt werden. Auch Success Stories wurden nur von wenigen Distributoren zur Verfügung gestellt, weil auch hier die Vertraulichkeit gegenüber den Kunden gewahrt werden musste, die die Nutzung von Nanosurf-Produkten als eigenen Konkurrenzvorteil begreifen und Anwendungsinformationen häufig nicht weitergeben wollen. Abbildung 6-32 zeigt einen Auszug aus 272 Kapitel 6 der Success Story bei der Freien Universität Berlin, die eine spezielle Anwendung der Nanosurf-Produkte nutzt. 6.5.2.3.2 Internetportal für Distributoren Um die einzelnen Informationen zu Produkten, Kunden und Wettbewerbern integriert bereitzustellen und im Vergleich zur Sales CD eine noch höhere Aktualität zu erzielen, die insbesondere auch für Software-Updates und Neuentwicklungen von Bedeutung ist, hat man sich dazu entschieden, ein geschütztes Internetportal für Distributoren einzurichten (s. Tabelle 6-13, S. 267; „Rang 1“). Dieses Portal soll in Zukunft auch für den Austausch zwischen den Distributoren genutzt werden können. Durch die Ausrichtung auf die spezifischen Informationsbedürfnisse der Distributoren werden die lokale Kompetenz und damit die Verkäufe erhöht. Inhalte, die für ein solches Informationsportal vorgeschlagen wurden, sind: • Monatlicher Newsletter mit aktuellen Entscheidungen und Neuproduktund Produktweiterentwicklungen von Nanosurf, • Wettbewerbsticker mit Informationen über Wettbewerber, deren Produkte und Verkaufsaktivitäten, • Success Stories zu Kundenanwendungen, • Dokumentationen und Handbücher zu Produkten und technischen Details, • Software und Software-updates zu den Nanosurf-Produkten, • Diskussionsforum über Verbesserungen, zukünftige Produktentwicklungen und Markttrends, • Frequently Asked Questions mit besonderer Berücksichtigung der Supportfunktion für die unterschiedlichen Produktgruppen. Der Einsatz des Internets für den internen Informationsaustausch wurde bis zum Vertriebstreffen 2003 auf eine Download-Seite mit Fotos von Produkten und Softwarepaketen beschränkt. Die Bereitstellung von Downloadmaterialien wie Software, Dokumentationen und Informationen über das Internet wurde deshalb von den Distributoren bisher besonders bemängelt. Auch wurde eine stärkere marktübergreifende Vernetzung von den Distributoren gefordert. Vertriebsgestaltung des Herstellers 273 Abbildung 6-33: Zugriffsgeschütztes Internetportal für Distributoren Die meisten dieser Mängel wurden durch den Einsatz eines selbst entwickelten Internetportals für Distributoren behoben. Die passwortgeschützte Internetseite stellt zu den einzelnen Produktlinien verkaufsunterstützende Materialien (z. B. Broschüren, Poster, Bildmaterial), Dokumentationen (z. B. Handbücher, technische Steckbriefe) sowie Software, Informationen zu Zubehör und Antworten zu häufigen Fragen bereit. Darüber hinaus werden monatliche Newsletter veröffentlicht und archiviert, Presseinformationen, Success Stories und Wettbewerbsinformationen bereitgestellt. Eine Lösung für die Kommunikation der Distributoren untereinander in Form eines Forums „Nanosurf Talk“ ist in Planung. Nanosurf spricht von einem „Distributorennetzwerk“, das stärker unterstützt werden soll und die Distributoren untereinander stärker verbindet. Das Teilen der Erfahrungen und der individuellen Problemlösungen wird von Nanosurf aufgrund der technisch anspruchsvollen Produkte als wichtige Erfolgsgrundlage gesehen. Aber nicht nur die höhere Professionalität der Distributoren liefert hierbei einen wichtigen Erfolgsbeitrag. Auch die Dezentralisierung des Wissenstransfers entlastet die zentralen Ressourcen und weitet damit die Möglichkeiten des Supports aus. 6.5.2.3.3 Umgang mit technischen Spezialanfragen Ein besonders intensiv diskutierter Punkt in der Zusammenarbeit zwischen Nanosurf und den Distributoren ist die Bereitschaft des Herstellers, auf spezielle Kundenanfra- 274 Kapitel 6 gen zu reagieren und Sonderlösungen anzubieten (s. Tabelle 6-13, S. 267; „Rang 3“). Zusätzliche Betriebsarten, individuelle Produktanpassungen, Anpassungen der Software und gemeinsame Entwicklungsinitiativen sind Beispiele für Speziallösungen, die von Distributoren gefordert wurden. Es wurde dabei von Distributoren die Meinung vertreten, dass durch technische Modifikationen auch weitere Kundensegmente angesprochen und bedient werden könnten. Nanosurf stand diesen Anliegen in der Vergangenheit sehr kritisch gegenüber, da hierdurch Komplexitätskosten entstehen, die oftmals bis zu einer Verfünffachung der Preise führen könne. Die zentralen Wettbewerbsvorteile der bestehenden Nanosurf Lösungen, die insbesondere in der einfachen Anwendung und in den geringen Kosten liegen, werden hierdurch aufgeweicht. Nach eigenen Ermittlungen des Herstellers benötigen die geforderten Spezialanwendungen nicht nur in der Entwicklung zusätzliche Ressourcen. Insbesondere fallen wegen fehlender Standardisierung weitaus höhere Kosten im technischen Support an, denn Spezialanfragen können bis zu 80 Prozent der gesamten Supportzeit vereinnahmen. Als Kompromiss hat man sich deshalb dazu entschlossen, nur auf geringe Abweichungen von den Standardlösungen einzugehen. Um dem dadurch steigenden Supportaufwand Rechnung zu tragen, hat man Handbücher und andere Dokumentationen erstellt sowie die personellen Ressourcen im Support auf eine volle Mitarbeiterstelle ausgeweitet. Liegen Anwendungsbereiche der Kundenprobleme hingegen weit von den Kernanwendungen der Nanosurfprodukte entfernt, wie z. B. Messungen in Flüssigkeiten anstatt in Luft, werden diese Anfragen nicht realisiert. Auch wenn hierdurch potenzielle Umsätze verloren gehen, bildet diese Entscheidung nach Einschätzung Nanosurfs die Basis für die nachhaltige Profitabilität des Wachstums. An dieser Stelle wurde eine weitere strategische Entscheidung getroffen: Spezialanfragen werden bei Nanosurf in Zukunft systematisch erfasst und bei der Häufung eines Bedarfs in bestimmten Anwendungsfeldern an die Entwicklungsabteilung weitergegeben. Hier können Aufwand und Potenziale abgeschätzt werden. Ist man der Meinung, dass ganze Marktsegmente mit einer Lösung bedient werden können, wird man ggf. den Entwicklungsaufwand investieren. 6.5.2.3.4 Neukonzeption des Reportings Zu Planungszwecken in Produktion und Marketing sollen Distributoren bei Nanosurf quartalsweise einen „Distributor’s report“ erstellen und übermitteln. Diese Reporte Vertriebsgestaltung des Herstellers 275 enthalten u. a. wichtige Informationen über Kunden, Kundenbedürfnisse, Werbeinitiativen, kurzfristige Verkaufsplanung, Konkurrenz und Marktlage des jeweiligen Distributors. Im bisherigen Reporting mussten Distributoren Informationen zu zwölf verschiedenen inhaltlichen Bereichen erstellen. Diese Informationswünsche des Herstellers werden von Distributoren als unverhältnismässig hoch eingeschätzt. In der Vergangenheit führte dies dazu, dass Distributoren die Reportings nicht oder nur unvollständig erstellten. Im ersten Quartal des Jahres 2003 wurde schliesslich trotz mehrmaliger Ermahnung von nur drei Distributoren ein Reporting bei Nanosurf eingereicht. Die hieraus resultierende fehlende Aussagekraft sowie die Unzufriedenheit der Distributoren (s. Tabelle 6-13, S. 267; „Rang 7“) bestärken die Notwendigkeit einer Veränderung der bestehenden Vorgehensweise. Einige Distributoren kritisierten, dass die benötigte Zeit zum Ausfüllen des quartalsweise geforderten Reportings zu hoch sei. Insbesondere die Erfassung und schriftliche Beschreibung der Aktivitäten von Kunden und Wettbewerbern erzeuge lokal einen verhältnismässig grossen Aufwand. Man entschloss sich deshalb dazu, das Reporting in Inhalt und Umfang zu überarbeiten. Nanosurf erklärte sich bereit, das Format des Reportings nach Massgabe der Vorschläge der Distributoren zu verändern. Dazu wurden die inhaltlichen Informationskategorien überarbeitet und von 12 auf 10 Kategorien reduziert (s. Abbildung 6-34). Der von den Distributoren beschriebenen Schwierigkeit, die qualitativen Kunden- und Wettbewerbsinformationen schriftlich festzuhalten und für Nanosurf brauchbar zu übermitteln, wurde durch den Wechsel des verwendeten Mediums erreicht. Informationen zu Kundenbedürfnissen, Neuproduktvorschläge und Wettbewerbsaktivitäten werden nach der neuen Vorgehensweise nicht mehr schriftlich übermittelt. Stattdessen werden die Distributoren von Nanosurf telefonisch kontaktiert und zu den entsprechenden Informationskategorien befragt. Dieser vermehrte persönliche Kontakt trägt ebenfalls zu einer Verbesserung der Beziehung bei. Die Anzahl der schriftlich zu übermittelnden Informationskategorien wurde damit von 12 auf 6 halbiert. Der zeitliche Aufwand für Distributoren sinkt im Vergleich zu vorher hingegen auf ca. ein Drittel, da der überdurchschnittliche Aufwand für die schriftliche Formulierung der qualitativen Informationen wegfällt. Die Veränderung des Vorgehens wird sowohl aus Sicht des Herstellers als auch aus Sicht der Distributoren als voller Erfolg angesehen. Für den Hersteller hat sich die Verfügbarkeit und die Qualität der Informationen erhöht, während Distributoren ihren Aufwand zur Erstellung des Reportings senken konnten. Kapitel 6 276 Altes Altes Reporting Reporting Neues Neues Reporting Reporting Abbildung 6-34: Inhalte des alten und neuen quartalsweisen Reportings 6.5.2.4 Kontrolle und weiteres Vorgehen Auf dem Distributorenmeeting im Jahre 2003 wurden Schwerpunkte für Verbesserungen festgelegt und erste Lösungsansätze vorgeschlagen. Die Detailplanung und die Umsetzung der Vorschläge wurden im Laufe des Geschäftsjahres 2003/2004 beim Hersteller in Gang gesetzt. Im Jahr 2004 wurden die Lösungen in Form eines Zeitvergleiches beurteilt. Allerdings wurden hierzu keine quantitativen Vergleichsgrössen herangezogen, sondern eine qualitative Beurteilung durch die Distributoren auf dem Distributorenmeeting 2004. Es zeigten sich bereits erste Erfahrungen mit der Umsetzung der Massnahmen und deren Erfolg. Zum Teil gaben Distributoren Vorschläge für die Weiterentwicklung der Lösungsansätze, so wurden z. B. weitergehende Wettbewerbsanalysen gefordert. Auch Nanosurf präsentierte weitere Ansatzpunkte für die Professionalisierung der Vertriebsorganisation, so z. B. durch weitere personelle Veränderungen im Support der Distributoren, der Konzeption von Bewertungskriterien für Distributoren und durch die Verdopplung des zentralen Aufwandes bei der Bereitstellung von Applikationen auf dem Internetportal für Distributoren. Eine erneute Beurteilung und Weiterentwicklung ist für das Distributorenmeeting im Jahr 2005 geplant. Vertriebsgestaltung des Herstellers 6.5.2.5 277 Zusammenfassung und Ausblick zur Fallstudie Der Fall der Nanosurf AG zeigt Ansatzpunkte für die Verbesserung der Zusammenarbeit mit Distributoren unter der Berücksichtigung knapper Ressourcen. Der Weg über Distributoren eröffnete dem High-tech Unternehmen die Möglichkeit, schnell und effizient in den Besitz internationaler Marktpräsenz zu gelangen. Der Engpass an produkt- und organisationsbezogenem Wissen der Distributoren konnte durch verschiedene Informationsansätze abgebaut werden. Dank der komfortablen Margenstruktur und dem eher geringen Wettbewerb war es somit möglich, für Distributoren ein attraktiver Zulieferer zu werden. Bei weiter steigenden Verkäufen wird das Unternehmen in grossen Märkten allerdings vermutlich an die Grenze der Distributorenlösung stossen. Dr. Robert Sum und Dr. Loris Scandella gehen davon aus, dass sich ab einem Umsatzvolumen von ca. 2 Mio. CHF in einem Markt über den Aufbau einer eigenen Niederlassung nachgedacht werden muss. In manchen Märkten wird diese Schwelle wohl bald erreicht sein. Aus der Zusammenarbeit mit eigenen Tochtergesellschaften resultieren für das Unternehmen neue Herausforderungen. In Zukunft will Nanosurf seine Anstrengungen im wichtigen Marktsegment der industriellen Anwendung verstärken. Hier können die bereits mit Distributoren diskutierten Finanzierungs- und Leasinglösungen eine neue Bedeutung erhalten. Denn in diesem Segment spielen steuerliche Aspekte und Wirkungen auf das Umlaufvermögen bzw. die Kapitalbindungskosten des Umlaufvermögens eine sehr viel höhere Rolle als im Segment der Universitäten und universitätsnahen Forschungslabors. Aus der neuen Schwerpunktsetzung bei den bearbeiteten Segmenten können deshalb unmittelbar neue Anforderungen für die Zusammenarbeit folgen. Dies gilt vermutlich auch für Bestrebungen asiatischer Distributoren, die eine Erschliessung neuer Kundensegmente für ihre Märkte fordern. Sollte sich Nanosurf hierzu entschliessen, sind ebenfalls Anpassungen in der von Distributoren benötigten Unterstützung zu erwarten. Die regelmässigen Feedbacks und Diskussion von Lösungen auf den Distributorentreffen der Nanosurf AG bilden eine gute Grundlage für diese kontinuierliche Anpassung und für eine nachhaltige Professionalisierung der Zusammenarbeit in der internationalen Vertriebsorganisation. Kapitel 6 278 6.5.3 Die Gallus Ferd. Rüesch AG: Vertriebsgestaltung im Mittelstand Die Fallstudie Gallus Ferd. Rüesch AG zeigt, wie ein mittelständisches Unternehmen mit einer gewachsenen Organisationsstruktur vorgeht, um die Zusammenarbeit mit Tochtergesellschaften, kooperativ genutzen Vertriebsgesellschaften und unabhängigen Distributoren zu gestalten. Besondere Schwerpunkte der Fallstudie liegen bei der Bereitstellung kunden- und wettbewerbsbezogener Informationen (s. auch Absatz 6.3.7.1, S. 210 ff.; Absatz 6.3.8.1, S. 230 ff.), der Gestaltung und Sicherstellung von Margen und Transferpreisen (s. auch Absatz 6.3.7.2, S. 214 ff.; Absatz 6.3.4.2, S. 183 ff.) sowie bei der Entwicklung von verkaufsunterstützenden Finanzierungsprogrammen für Kunden (s. Absatz 6.3.7.1, S. 210 ff.). 6.5.3.1 Ausgangslage bei Gallus Ferd. Rüesch Die Gallus Ferd. Rüesch AG wurde im Jahr 1923 gegründet und ist mit ca. 500 Mitarbeitern ein mittelständisches Unternehmen der grafischen Industrie mit Hauptsitz in St. Gallen, Schweiz. Das Unternehmen entwickelt, produziert, vertreibt und unterhält Drucksysteme für die weltweite Etikettendruckindustrie. Entwicklung und Produktion befinden sich an den beiden Hauptstandorten in St. Gallen und Langgöns-Oberkleen, Deutschland. Mit einem Umsatz von etwa 120 Mio. EUR pro Jahr ist Gallus Weltmarktführer in diesem Bereich. Der weltweite Marktanteil von Gallus beträgt etwa 30 Prozent. Seit 1999 hält die Heidelberger Druckmaschinen AG aus Heidelberg, Deutschland, rund 30 Prozent des Eigenkapitals an der Gallus Holding AG. Die Heidelberger Druckmaschinen AG ist Weltmarktführer für Lösungen in der Pre-Press-, Press- und Post-Pressindustrie. Die beiden Unternehmen kooperieren in den Geschäftsbereichen Marketing, Vertrieb und Technologie. Produkte und Kunden des Unternehmens Die Gallus-Gruppe spricht mit ihrem Produktportfolio derzeit vor allem die Etikettendruckindustrie an und steht nach eigenen Angaben in diesem Segment weltweit für Qualität und Innovation. Die modulare Bauweise der Gallus-Druckmaschinen ermöglicht flexible Einsatzmöglichkeiten auch für Spezialsegmente des Verpackungsdrucks (z. B. Faltschachteln). Im Markt der Etikettendrucker erhöhte sich in den letzten Jahren der Kostendruck. Einerseits führen Zusammenschlüsse und Insolvenzen zu einer stärkeren Konzentration des Marktes. Andererseits sehen sich die Etikettendrucker zunehmend mit kleiner Vertriebsgestaltung des Herstellers 279 werdenden Auftragsgrössen bei kürzeren Lieferfristen konfrontiert. Hierdurch schwinden Skaleneffekte und die stückbezogenen Rüstkosten steigen. Der Margendruck führt bei vielen Anbietern zu einer hohen Unsicherheit über die Zukunft des Geschäftes. Auch findet in der nachgelagerten Marktstufe eine Internationalisierung statt, die vor allem durch die Abnehmer der Etiketten getrieben wird. Insbesondere Markenartikelhersteller suchen die Zusammenarbeit mit internationalen Etikettendruckern, die global tätig sind, aber gleichzeitig die lokale Versorgung sicherstellen können. Um diesen Entwicklungen gerecht zu werden, hat Gallus Drucksysteme entwickelt, die durch geringe Makulatur, kurze Einrichtzeiten und geringe Ausfallzeiten auch für kleine Auflagen eine rentable Produktion ermöglichen. Gallus versucht damit einen Beitrag zu leisten, um die Wertschöpfungskette ihrer Kunden zu optimieren. Internationale Vertriebsorganisation Die Gallus-Gruppe ist schon seit Jahrzehnten international tätig und belieferte bereits im Jahre 1955 die ersten Kunden in Grossbritannien. Durch die Kooperation mit der Heidelberger Druckmaschinen AG im Jahr 1999 hat der Begriff Internationalität bei Gallus eine neue Dimension erhalten. Heidelberger ermöglicht der Gallus-Gruppe, auf ein globales Vertriebsnetz der grafischen Industrie zurückzugreifen und in neue Märkte hineinzuwachsen. Zz. setzt die Gallus Ferd. Rüesch AG für die internationale Marktpräsenz verschiedene Vertriebsformen ein. In wichtigen Märkten, in denen das Unternehmen bereits seit vielen Jahren präsent ist, existieren eigene Vertriebsgesellschaften. Dank der Kooperation mit dem Unternehmen Heidelberg ist Gallus nun auch in starken Wachstumsmärkten wie Osteuropa und Asien präsent. In anderen Märkten greift man hingegen nach wie vor auf unabhängige Distributoren zurück. Abbildung 6-35 zeigt die von der Gallus Ferd. Rüesch AG genutzte weltweite Vertriebsorganisation. Das Unternehmen ist vor allem in Westeuropa, Australien und den USA mit eigenen Tochtergesellschaften und Vertretungen tätig. Die Marktregionen Osteuropa, Lateinamerika, Afrika, Naher Osten und Asien werden hingegen durch Vertriebspartner der Heidelberger Druckmaschinen abgedeckt. Kapitel 6 280 •• Gallus GallusTochtergesellschaft, Tochtergesellschaft, •• Gallus GallusVertretung, Vertretung, •• Heidelberg HeidelbergLändergesellschaft. Ländergesellschaft. Abbildung 6-35: Weltweite Vertriebsorganisation bei Gallus Ferd. Rüesch Seit dem Jahr 2001 besitzt Gallus Regionalzentren, so genannte „Hubs“ für die vier Wirtschaftsräume „Zentraleuropa“, „Osteuropa, Mittlerer Osten und Afrika“, „AsiaPacific und Lateinamerika“ sowie „Nordamerika“. In den regionalen Hubs können Entscheidungen für Regionen angepasst und länderübergreifend pro Region Aktivitäten und Ressourcen gebündelt werden. So können z. B. Vorführmaschinen regional bereit gestellt werden, wodurch erst möglich wird, dass Gallus weltweit Etikettendruckmaschinen vorführen kann. Ebenso bietet Gallus den Kunden regional an, Maschinenoperateure auszubilden. Zudem wird es leichter, die First Level Support Strategie umzusetzen. Eine hohe technische Kompetenz wird in den Regionalzentren gebündelt. Um die Risiken bei der Neuinstallation von komplexen Drucksystemen zu reduzieren, werden Mitarbeiter aus der Vertriebspartnerorganisation zu lokalen technischen Spezialisten ausgebildet, was ebenfalls auf regionaler Ebene erfolgen kann. 6.5.3.2 Diagnose der Zusammenarbeit In der Sitzung des Verwaltungsrates der Gallus Gruppe im November 2003 wurde beschlossen, die Vertriebsorganisation und insbesondere die Zusammenarbeit mit den Vertriebsgesellschaften der Heidelberger Druckmaschinen AG auf den Prüfstand zu stellen. Ziel war es, Potenziale aufzudecken und Verbesserungen vorzunehmen, da eine effektive Vertriebsorganisation bei Gallus als eine der wichtigsten strategischen Ressourcen im internationalen Wettbewerb gesehen wird. Vertriebsgestaltung des Herstellers 281 Vorgehensweise bei der Diagnose Klaus Aarestrup, Leiter Marketing und Vertrieb bei Gallus, wurde mit der Aufgabe betraut, Verbesserungspotenziale in der Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern zu identifizieren und Ansätze zu deren Lösung vorzuschlagen. Die Ergebnisse und mögliche Lösungsansätze sollten bereits auf der nächsten Verwaltungsratssitzung im August 2004 vorgestellt werden. Klaus Aarestrup entschloss sich zu einer standardisierten Befragung, um die Meinungen möglichst aller Vertriebspartner erfassen zu können. Zunächst wurde in mehreren internen Workshops in der Zentrale ein Fragebogen mit sämtlichen Aspekten erstellt, die für die Zusammenarbeit wesentlich erschienen. Der Fragebogen wurde vor dem Versand durch Vertriebspartner aus den verschiedenen Regionen getestet und ausführlich beurteilt. Dadurch konnten unklare Formulierungen aufgedeckt und im Fragebogen abgeändert werden. In der endgültigen Version des Fragebogens mussten die Befragten einschätzen, wie hoch ihre Zufriedenheit mit bestimmten Aspekten der Zusammenarbeit ist, welche Bedeutung sie diesem Aspekt beimessen und ob Gallus sich diesbezüglich innerhalb der letzten 12 Monate verbessert hat oder nicht. Der englischsprachige Fragebogen wurde im Mai 2004 elektronisch an 82 Vertriebspartner versandt. Es nahmen sowohl Vertriebsgesellschaften der Heidelberger Druckmaschinen AG, eigene Tochtergesellschaften und unabhängige Distributoren an der Befragung teil. Nach einer schriftlichen Aufforderung durch Klaus Aarestrup und einer telefonischen Nachfassaktion konnten schliesslich 61 Vertriebspartner zu einer Antwort bewegt werden, was immerhin einer Rücklaufquote von 73 Prozent entspricht. Bei den meisten Befragten handelte es sich um lokale Geschäftsführer und Vertriebsleiter. Die Daten wurden anschliessend einem Plausibilitätscheck unterzogen und mit Hilfe eines zuvor erstellten Auswertungsplanes analysiert. Nach der Präsentation der Ergebnisse vor dem Verwaltungsrat erhielten schliesslich sämtliche Mitglieder der internationalen Vertriebsorganisation ein knappe Zusammenfassung. Ergebnisse der Untersuchung Das Ergebnis der Befragung umfasste die Beurteilung sämtlicher Aspekte der Zusammenarbeit aus Sicht der Vertriebspartner. Abbildung 6-36 (S. 282) zeigt als zentrales Analyseergebnis ausgewählte Aspekte der Zusammenarbeit und deren Bewertung aus Sicht der Vertriebspartner im Wortlaut der Untersuchung. Bei der Befragung wurden insgesamt 49 Aspekte beurteilt und einer Analyse unterzogen. An dieser Stelle wird Kapitel 6 282 der Fokus auf kritische Aspekte gelegt, die Ansatzpunkte für eine Verbesserung darstellen. Aus Vertraulichkeitsgründen wird darauf verzichtet, die absoluten Werte in Bezug auf Zufriedenheit, Bedeutung und Entwicklung anzugeben. Die relative Darstellung der Aspekte in Abbildung 6-36 (S. 282) führt jedoch zu den gleichen Handlungsimplikationen. Hoch Issue 11 Issue 10 Issue 9 Issue 2 Zufriedenheit Issue 8 Issue 3 Issue 4 Issue 1 Issue 7 Issue 6 Issue 5 Legende: Anteil der Vertriebspartner, die glauben, dass sich Gallus in den letzten 12 Monaten verbessert hat: Gering Weniger als 40 % Zwischen 40 und 60 % Gering Bedeutung Hoch Mehr als 60 % Anm. d. Verf.: Aus Vertraulichkeitsgründen wurden die Bezeichnung im Diagramm anonymisiert. Issues waren z. B.: „Market information”, „Incentive programs”, „Technical and commercial training”, „Credit policies”, „Sales growth potential of products”, „Harmonizing international prices”, „Fairness and honesty“, „Transfer prices“, „Profits from products“, „Customer financing programs“ und „IT-support“. Abbildung 6-36: Ausgewählte Aspekte der Zusammenarbeit bei Gallus Eine besonderer Stellenwert kommt den Finanzierungsprogrammen für Kunden zu, denn bei diesem Aspekt ist eine hohe Bedeutung ist mit niedriger Zufriedenheit der Vertriebspartner gekoppelt. Weniger als 40 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass sich Gallus in den letzten 12 Monaten in Bezug auf angebotene Finanzierungsprogramme verbessert hat. Die beiden Aspekte „Transferpreise“ und „Profitmargen“ hängen inhaltlich zusammen und zeigen ähnliche Ergebnisse, da die Höhe der Transferpreise bei einem gegebenem Verkaufspreis die Marge bestimmt. Bei beiden Aspekten besteht eine Unzufriedenheit bei gleichzeitig hoher Bedeutung für die Vertriebspartner. Nur wenige Vertriebspartner sehen Verbesserungen in den letzten 12 Monaten. Dagegen wird bei Gallus bereits seit einiger Zeit an einer verbesserten internen Kommunikation mit den Vertriebspartnern gearbeitet. In diesem Rahmen wurden z. B. Wettbewerbs- und Kundeninformationen bereitgestellt, die durch eine weltweite Marktbefragung erhoben worden waren. Obgleich sich aus Sicht der Vertriebspartner bereits Verbesserungen eingestellt haben, soll die Versorgung der internationalen Ver- Vertriebsgestaltung des Herstellers 283 kaufs- und Serviceorganisation mit marktbezogenen Informationen weiter verstärkt werden. Mit den drei weiteren in Abbildung 6-36 (S. 282) genannten Aspekte des „Verkaufspotenzials der Produkte“, des „technischen und betriebswirtschaftlichen Trainings“ sowie der „Fairness und Ehrlichkeit“ des Herstellers Gallus besteht aus Sicht der Vertriebspartner eine vergleichsweise hohe Zufriedenheit. Diese Aspekte benötigen somit derzeit keinerlei Veränderungen. Bei Gallus wurden deshalb die drei Aspekte „Bereitstellung von Marktinformationen“, „Transferpreise und Margen der Produkte“ und „Finanzierungsprogramme für Kunden“ weiter verfolgt, um eine bessere Zusammenarbeit zu erreichen. 6.5.3.3 Planung und Umsetzung von Lösungen 6.5.3.3.1 Bereitstellung von Marktinformationen Die Bereitstellung von marktbezogenen Informationen, insbesondere in Bezug auf Kunden und Wettbewerb, wurde im letzten Jahr bereits weitgehend verbessert. Die Leiterin des Bereiches Marktkommunikation, Gerda Gerschwiler führte internationale Kundenbefragungen durch. U. a. wurden für die Unterstützung der Vertriebspartner „Sales Kits“ entworfen, die eine bessere Kundenbetreuung ermöglichen. Dazu gehören Massnahmen im Bereich der technischen Schulung der Vertriebspartner, es wurde teilweise zusätzliches Personal für den technischen Support eingestellt sowie die schnellere Verteilung von Marketing- und Vertriebsinformationen durch einen Marketing Newsletter sichergestellt. Die Vertriebspartner wünschen sich darüber hinaus, Informationen zu Wettbewerbern sowie Vergleichstests und Dokumentation zu Wettbewerbsprodukten bereitgestellt zu bekommen. In der Marketing- und Vertriebsleitung wurde die Bereitstellung umfangreicher Wettbewerbsinformationen kontrovers diskutiert. Man ist sich bewusst, dass die Kenntnis der Wettbewerbsprodukte besonders für unerfahrene Vertriebsmitarbeiter eine wichtige Argumentationshilfe bietet. Es könnte jedoch auch sein, dass diese missbraucht wird, um über die fehlende Kenntnis der eigenen Produkte abzulenken. Hier sieht der Vertriebsleiter Aarestrup eine Gefahr, denn gerade unerfahrene Vertriebspartner können bei der umfangreichen Bereitstellung von Informationen zu den Nachteilen der Wettbewerbsprodukte schnell dazu neigen, sich beim Kunden darüber zu profilieren, dass sie Wettbewerbsprodukte schlecht machen. Der Vergleich zwischen Lösungen von Gallus und denen der Konkurrenz steht nach Aarestrup eindeutig den Kunden zu, nicht aber dem Vertriebspartner. Die Profilierung auf Kosten der Kon- 284 Kapitel 6 kurrenz fällt nach Einschätzung Aarestrups mittelfristig allzu leicht wieder auf den Vertriebspartner und damit auf Gallus zurück. Klaus Aarestrup führt die Unzufriedenheit bezüglich wettbewerbsbezogener Informationen somit zumindest teilweise und insbesondere bei unerfahrenen Vertriebspartnern auf die fehlende Kenntnis von technischen und kommerziellen Vorteilen der GallusLösungen zurück. Wesentliche Ansatzpunkte liegen demnach nicht nur in der Bereitstellung zusätzlicher Informationen, sondern vor allem in der Ausweitung von Schulungen und technischem Training. Für Verkäufer, die wegen unzureichender Kenntnisse bisher nicht in der Lage waren, die Stärken der Produkte darzustellen und darüber zu verkaufen, sollen eigene produktbezogene Schulungen angeboten werden. 6.5.3.3.2 Veränderung von Margen und Transferpreisen Der Höhe der Transferpreise und Profitmargen der verschiedenen Produkte aus Sicht der Zentrale und der Vertriebspartner eine ausgesprochen hohe Bedeutung zu. Dies ist nicht nur der Fall, weil sie direkten Einfluss auf die zentralen und dezentralen CashFlows und Gewinne besitzen. Darüber hinaus sind Aspekte des Commitments und der Kultur zu beachten. Denn Gallus ist weltweit als hochpreisiger Qualitätsführer positioniert. Die Zentrale sieht deshalb die Kritik am Preisniveau teilweise auch als Mangel an Vertrautheit und Verbundenheit mit den Positionierungszielen des Herstellers. Gallus formulierte zur Lösung der Unzufriedenheit mit Margen und Transferpreisen deshalb zwei verschiedene Ansätze, die zz. ausgearbeitet werden: • „Retrainings“: Um die Kenntnisse und Durchsetzung in Bezug auf die Positionierungsziele des Herstellers Gallus zu unterstützen, sieht man auch hier aktuellen Schulungsbedarf. Es ist ein so genanntes „Retraining“ durchzuführen, das Vertriebspartner mit geeigneten Kundensegmenten und Verkaufsargumenten vertraut macht, um die strategische Positionierung aufrecht zu erhalten. • „Open-Book Dialoge“: Die hohe Unzufriedenheit mit Margen und Transferpreisen besteht insbesondere bei Vertriebspartnern, die in Schwellenländern tätig sind. Als mögliche Gründe für die Unzufriedenheit sieht Klaus Aarestrup zu hohe Erwartungen, die z. B. durch ungünstige lokale Kostenstrukturen zustande kommen können. Dem kann nach Einschätzung Aarestrup nicht durch standardisierte Massnahmen der Zentrale begegnet werden, sondern bedarf der persönlichen Kommunikation. Deshalb hat man sich dazu entschlossen, den Vertriebsgesellschaften so genannte „Open-Book Dialoge“ anzubieten. „Open Book“ bedeutet, dass beide Partner mit Vertriebsgestaltung des Herstellers 285 offenen Karten spielen und sich zu ernsthaften Diskussionen und Beratungen auf Basis von internem Zahlenmaterial bereit erklären. Durch die Kombination der beiden Stossrichtungen versucht Gallus, die Zufriedenheit der Vertriebspartner mit den Transferpreisen und Margen zu erhöhen. 6.5.3.3.3 Finanzierungsprogramme für Kunden Die höchste Unzufriedenheit, die bei Vertriebspartnern in der Zusammenarbeit mit Gallus besteht, betrifft fehlende Finanzierungsprogramme für Kunden. Wie bereits weiter oben erwähnt, ist Gallus allerdings nicht in der Lage, eigene Kreditprogramme für Kunden in sämtlichen Märkten anzubieten. Als Alternative kann auch Leasing für finanzschwache Kunden eine Hilfe bei der Finanzierung darstellen. Leasing ermöglicht die Wahrung von Liquidität. Für grössere Kundenunternehmen stehen häufig auch die dadurch geringeren Kapitalbindungskosten und steuerlichen Vorteile im Vordergrund. Klaus Aarestrup sieht Leasinglösungen für eine gute Alternative zur reinen Kreditvergabe. In entwickelten Märkten arbeitet Gallus bereits mit lokalen Leasinggesellschaften zusammen. Diese kaufen die Maschinen bei Gallus und verleasen diese an die Kundenunternehmen. Für Gallus änderte sich daher finanziell nichts, jedoch würde Vertriebspartnern ein wichtiges Verkaufsinstrument an die Hand gegeben, das insbesondere Verkäufe an kleine finanzschwache Kunden fördert. Ein weitaus grösserer Bedarf und zugleich eine grössere Dringlichkeit der Finanzierungslösungen besteht in schwachen Märkten wie z. B. Argentinien. In diesen Ländermärkten sind Leasingmodelle nicht möglich, denn es existieren keine lokalen Leasinggesellschaften, die Geld zur Verfügung stellen. Lösungen für die Finanzierung in Ländermärkten, in denen keine Leasinggesellschaften bestehen, existieren bislang jedoch nicht. 6.5.3.4 Kontrolle und weiteres Vorgehen Eine Präsentation der Untersuchungsergebnisse auf der Sitzung des Verwaltungsrates im August 2004 hat ein Bewusstsein für die Stärken und Schwächen von Gallus in der Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern erzeugt. Investitionen in die Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern wurden hierdurch unterstützt. Um Verbesserungen systematisch Kapitel 6 286 erfassen, beurteilen und weitertreiben zu können, sieht man bei Gallus für die Zukunft zwei Ansatzpunkte der Kontrolle vor: • Regelmässige Wiederholung: Die Diagnose soll in regelmässigen Abständen von zwei Jahren wiederholt werden. Hierdurch werden der Erfolg eingeleiteter Massnahmen erfasst und neue Schwachstellen frühzeitig identifiziert. Der zeitliche Abstand von zwei Jahren stellt sicher, dass erneute Erhebungen bereits die Wirkungen der Verbesserungsmassnahmen enthalten, die zum Teil mit der Geschäftsleitung abgestimmt werden müssen. • Benchmarking: Klaus Aarestrup will neben dem Zeitvergleich auch ein Benchmarking der Vertriebsorganisation vornehmen. Durch den Vergleich mit anderen Unternehmen kann weiterer Handlungsbedarf identifiziert werden. Zz. werden dazu mögliche Benchmarking-Partner ermittelt, bewertet und zu einer Teilnahme eingeladen. 6.5.3.5 Zusammenfassung und Ausblick zur Fallstudie Der Fall Gallus zeigt die Möglichkeiten und Einschränkungen, denen sich Vertriebsverantwortliche im Mittelstand ausgesetzt sehen, wenn sie die Zusammenarbeit in der Vertriebsorganisation verbessern wollen. Finanzierungslösungen sind zum einen nur begrenzt möglich. Zum anderen bestehen durch klare Organisationsstrukturen und höhere Spezialisierung und Arbeitsteilung formale Anforderungen an das Vorgehen und die Entscheidungskompetenzen. Der Einbezug des Verwaltungsrates und der Geschäftsführung und die damit verbundenen personellen und zeitlich längeren Entscheidungswege kosten Flexibilität. Andererseits gelingt es dem Unternehmen mit einer hohen Professionalität vorzugehen um Lösungen zu entwickeln. In Zukunft werden regionale Meetings der Vertriebspartner durchgeführt, bei denen die Lösungsansätze der Zentrale weiterentwickelt werden sollen. Klaus Aarestrup will damit die Voraussetzung für eine noch höhere Akzeptanz bei der Umsetzung schaffen und bildet damit die Grundlage für eine hohe Effektivität der strategisch so wichtigen internationalen Vertriebsorganisation. 6.5.4 Die BASF AG: Vertriebsgestaltung im Grosskonzern Die Fallstudie BASF Fine Chemicals Europe (RBU FCE) zeigt, wie ein Grosskonzern mit komplexen Organisationsstrukturen vorgeht, um die Zusammenarbeit in seiner europäischen Vertriebsorganisation zu verbessern. Besondere Schwerpunkte der Fall- Vertriebsgestaltung des Herstellers 287 studie liegen im Informationsaustausch zwischen Innen- und Aussendienst (s. auch Absatz 6.3.8.1, S. 230 ff.; Absatz 6.3.4.3, S. 189 ff.; Absatz 6.3.5.1, S. 193ff), bei der Abstimmung im Planungsprozess (s. auch Absatz 6.3.7.3, S. 220 ff.; Absatz 6.3.5.2, S. 196 ff.) sowie der Verbesserung des Vorgehens bei der Beantwortung von Kundenanfragen (s. auch Absatz 6.3.8.1, S. 230 ff.; Absatz 6.3.5.2, S. 196 ff.; Absatz 6.3.7.3, S. 220 ff.). 6.5.4.1 Ausgangslage bei BASF Fine Chemicals Europe Die Badische Anilin- & Soda-Fabrik AG (BASF) wurde im Jahr 1865 gegründet und ist heute ein weltweit führender Zulieferer in seinen Sektoren Petrochemikalien, Plastik, Performance Chemikalien, Öl & Gas und Feinchemikalien wie z. B. Produkte für die pharmazeutische Industrie. Im Jahr 2004 beschäftigte das Unternehmen mit Hauptsitz in Ludwigshafen, Deutschland, weltweit etwa 82’000 Mitarbeiter und erzielte einen Umsatz von 37.5 Mrd. Euro. Die regionale Business Unit „Pharma“, die zur regionalen Division „Fine Chemicals Europe, Africa, West Asia“ (RBU FCE) gehört, wird von Business Director Michael Lappas geleitet. Wichtige Produkte in diesem Bereich der BASF sind Wirk- und Trägerstoffe, wie sie z. B. zur Herstellung von Tabletten eingesetzt werden. Zu den Kunden zählen bekannte Pharmaunternehmen wie z. B. Pfizer, GlaxoSmithKline, Novartis und Bayer. Aktuelle Herausforderungen des Bereiches FCE Pharma Die gegenwärtige Situation des Bereiches Pharma stellt das Unternehmen vor eine grosse Herausforderung. Seit Jahren ist es BASF im Pharmageschäft nicht gelungen, neue „Blockbuster-Produkte“, deren jährlicher Umsatz 1 Mrd. USD übersteigt, auf den Markt zu bringen. In zunehmendem Masse werden allerdings bestehende Produkte, deren Patentschutz inzwischen abgelaufen ist, durch indische und asiatische Konkurrenten kopiert und teilweise zu Preisen verkauft, die weit unter den BASF-Preisen liegen. Der schwache Dollar gibt diesen Konkurrenten zusätzliche Kraft. Gleichzeitig ist der Markt der Pharmaunternehmen besonders stark von Unternehmenskäufen und zusammenschlüssen betroffen. Hierdurch entstehen Kundenunternehmen mit enormer Kaufkraft. Diese Tendenz als auch die Zentralisierungsbestrebungen im Einkauf der Kundenunternehmen führen zu zusätzlichem Druck auf Preise und Konditionen. Insbesondere verlangt dies eine entsprechend professionelle Koordination des Vorgehens bei Schlüsselkunden zwischen verschiedenen Märkten und Regionen. Kapitel 6 288 Regulatorische Erfordernisse im europäischen Pharmageschäft (z. B. Analysen, Eintragungen, Zertifikate), wie sie zum Schutze des Verbrauchers von staatlicher Seite eingerichtet sind, stellen an die Hersteller von Wirk- und Trägerstoffen hohe Anforderungen. So sind Pharmaunternehmen dazu verpflichtet, bei den lokalen Behörden für jedes Medikament ein so genanntes „Drug Master File“ einzureichen, das alle Inhaltsstoffe und Lieferanten mit detaillierten beglaubigten Angaben erfasst. Die BASF besitzt in Bezug auf die Erfüllung der geforderten Vorschriften eine vergleichsweise hohe Kompetenz, die bei asiatischen und indischen Wettbewerbern erst langsam aufgebaut werden kann. Aussen- und Innendienstmitarbeiter halten unterdessen die im Vergleich zur asiatischen Konkurrenz grössere räumliche Nähe zu den Kundenunternehmen und die dadurch höhere Lieferfähigkeit bei Engpässen im Kundenunternehmen für eine weitere besondere Stärke der BASF, die eine Abwanderung von Kunden verhindere. „Es ist bereits vorgekommen, dass wir erst morgens um zehn Uhr einen Kunden am Telefon hatten, dem wir bereits am Mittag eine Lieferung nach Dänemark schicken konnten“, so Annie Janning, Sales Manager im Bereich Pharma. Sarah Ervine, Head of Sales, kennt eine Vielzahl von Kunden, die einen besonderen Anspruch an die Liefersicherheit stellen und dem Hersteller daher den erzeugten Zusatzaufwand in Form eines „Insurance-Premiums“ vergüten. Gesamtmarkt Kunden verlagern Produktion Hohe F&EKosten Asiatische und indische Konkurrenz Konzentration von Einkaufsmacht FCE-Pharma Organisation Zusammenschlüsse von Kunden Globale Kunden mit enormer Kaufkraft Schwacher Dollar Sinkende Preise Regulatorische Standards Neue ITSysteme Mehr interne Anfragen BASF-Organisation Reifes Produktportfolio Eigene Produktionsverlagerungen Where to get information Unerfahrene Kollegen Weniger neue Kunden Komplexe Organisation Lagervermeidungspolitik Knappe Ressourcen Abbildung 6-37: Aktuelle Herausforderungen im Bereich Pharma der BASF FCE Abbildung 6-37 zeigt die aktuellen Herausforderungen des Bereiches FCE Pharma. Dabei sind Herausforderungen zu unterscheiden, die den gesamten europäischen Pharmamarkt betreffen, solche, die ausschliesslich die Organisationseinheit BASF Vertriebsgestaltung des Herstellers 289 FCE Pharma betreffen und die, die für den gesamten BASF-Konzern von Bedeutung sind. In letzter Zeit berichten die Aussendienstmitarbeiter allerdings, dass die Kundenunternehmen bereits in vielen Fällen asiatische und indische Konkurrenz als Zweit- und Drittlieferanten in ihre Drug Master Files haben eintragen lassen. Andere Kunden sammeln bereits Erfahrung mit diesen Produkten, wodurch sich der Druck auf die BASF erhöht. Insbesondere in England sei dieser Wettbewerb am stärksten und die BASF verliert zunehmend Marktanteile. Auch betonen die Aussendienstmitarbeiter, dass nicht nur die Kunden an Erfahrung und Vertrauen zu den Asiaten gewinnen, ebenso erzielen die asiatischen Unternehmen eine immer grössere Kenntnis über die europäischen Märkte, eine höhere Professionalität im Verkauf und bauen persönliche Beziehungen zu den Kunden auf. Die Strategie der BASF könne diesbezüglich nur im Bereich des Cross- und Upsellings liegen, so ein Aussendienstmitarbeiter. Denn die BASF FCE Pharma sei bereits bei allen wichtigen Kunden als Lieferant vertreten, so dass kaum Möglichkeiten der Neukundenakquisition bestehen. Europäische Vertriebsorganisation FCE-Pharma In dieser angespannten Situation stehen die Effizienz und Effektivität der europäischen Vertriebsorganisation in besonderem Masse auf dem Prüfstand. Erst im Jahr 2001 wurde die Vertriebsorganisation im Rahmen der Reorganisation „Triple F – Fit For Future“ grundlegend neu organisiert. Die neue Vertriebsorganisation zeichnet sich durch geringe lokale Ressourcen und einen hohen Grad an Zentralisierung in der Region aus (s. Abbildung 6-37, S. 288). So wurden sämtliche Aufgaben des Vertriebsinnendienstes von der Zuständigkeit der Ländergesellschaften in die Zentrale nach Ludwigshafen verlegt (s. Abbildung 6-38, „Sales & Supply Center (SSC)“). Im Sales & Supply Center arbeiten Mitarbeiter, die aus vierzehn verschiedenen Ländern stammen und Verkaufsgebieten in ihrer jeweiligen Heimatregion zugeordnet sind. Dadurch soll vor allem sprachlichen und auch kulturellen Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit Kunden und Account Managern aktiv begegnet werden. Darüber hinaus befinden sich die Mitarbeiter des Sales & Supply Centers in unmittelbarer Nähe zu den Mitarbeitern der Logistikabteilung, um auch diese Schnittstelle möglichst effizient zu gestalten. Kapitel 6 290 Vorstandsebene (Oakley) Produktion Division Division Fine Fine Chemicals Chemicals (FC) (FC) (Laudenbach) (Laudenbach) Strategisches Marketing FC FC Europa, Europa, Afrika, Afrika, West West Asien Asien (FCE) (FCE) (Dr. (Dr. Meyer) Meyer) FC Südamerika Business Unit FCE Cosmetics Abbildung 6-38: Business Unit FCE Human Nutrition Division ... FC NAFTA Business Business Unit Unit FCE FCE Pharma Pharma (Lappas) (Lappas) Sales & Supply Center (Beenken) Sales (Ervine) SSC Account Manager (Ludwigshafen) Account Manager (Verkaufsgebiete) FC Asien Business Unit FCE Animal Nutrition Regionales Marketing (Hoffmann) Technisches Marketing Kommerzielles Marketing Organisatorische Einordnung des Bereichs FCE Pharma Das regionale Marketing passt die globalen Marktstrategien des strategischen Marketing regional an und entwickelt Konzepte zu dessen Umsetzung, so z. B. in Bezug auf technische Fragestellungen und die Preisgestaltung. Die Kunden werden unterdessen in allen europäischen Märkten vor Ort durch herstellereigene Vertriebsmitarbeiter („Account Manager“) des Konzerns betreut. Durch den Abbau lokaler Kompetenzen und Ressourcen hat sich die Situation dieser Account Manager in den letzten Jahren erheblich verändert. Insbesondere die Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern des Sales & Supply Centers wird von den Account Managern als wichtige neue Voraussetzung gesehen, um erfolgreich zu verkaufen. Beide Abteilungen sehen sich knappen Ressourcen gegenüber, die durch die Reorganisation verursacht wurden. Darüber hinaus sind Engpässe bei der produzierten Ware zu beobachten, da in der Produktionslogistik ein Abbau sämtlicher Läger zur Senkung der „Working capital costs“ vorgenommen wurde. Sowohl Mitarbeiter des Sales & Supply Centers als auch die Verkaufsmitarbeiter in den verschiedenen Ländermärkten werden aufgrund ihrer Aufgaben im Kundenkontakt bei BASF als „Account Manager“ bezeichnet. Hierdurch soll die wichtige Bedeutung der Backoffice-Funktionen für die Betreuung des Kunden betont werden. Da dieser Begriff jedoch keine Unterscheidung zwischen beiden Mitarbeitergruppen zulässt, Vertriebsgestaltung des Herstellers 291 wird an dieser Stelle für diese Arbeit eine begriffliche Differenzierung der Account Manager in „Innen- und Aussendienst“ vorgenommen. 6.5.4.2 Diagnose der Zusammenarbeit Nachdem im Januar 2004 das dritte Jahr nach dem Start der Reorganisation „Triple F“ vergangen war, entschied Michael Lappas, Business Director Pharma & Human Nutrition, sich dazu, den Status Quo der Vertriebsorganisation aus Mitarbeitersicht zu erfassen. Die angespannte Marktsituation stellte hohe Anforderungen an die Leistungsfähigkeit der Vertriebsorganisation. Es bestand die Unsicherheit, ob die erheblichen organisationalen Änderungen durch „Triple F“ diesen Anforderungen gerecht würden. Dadurch entstand eine gewisse Dringlichkeit. Ziel war es, Verbesserungspotenziale zu identifizieren und ggf. Massnahmen einzuleiten, die zur Verbesserung der internen Zusammenarbeit und damit zur Verbesserung der Kompetenz am Markt führen sollten. Um ein möglichst umfassendes Bild über die Eignung der neuen Entscheidungsstrukturen und Prozesse in der europäischen Vertriebsorganisation zu erhalten, wurden Vertreter sämtlicher Abteilungen und Hierarchieebenen mit einbezogen. Es wurde ein Projekt aufgesetzt, in dem zwischen April und Juni 2004 eine Anzahl von 18 Einzelinterviews und 6 Gruppeninterviews in verschiedenen europäischen Büros und der Zentrale in Ludwigshafen durchgeführt wurde (s. Abbildung 6-38, S. 290). Für die Leitung des Projektes und die Durchführung der Interviews wurde auf einen externen Dienstleiter zurückgegriffen. Hierdurch sollte eine möglichst unvoreingenommene Sicht erzielt und interne Mitarbeiter im Tagesgeschäft nicht weiter belastet werden. Die Interviews wurden schriftlich dokumentiert und die Ergebnisse in Form von Powerpointpräsentationen für die verschiedenen internen Gruppen aufbereitet. Aus der Vielzahl von Meinungen konnten aufgrund der Häufigkeit ihrer Nennung und der von den Gesprächspartnern dargestellten Relevanz drei wesentliche Aspekte der Verbesserung dargestellt werden. Dazu gehören eine stärkere „Verzahnung von Innenund Aussendienst“, eine bessere „Planungsgenauigkeit und transparente Warenpriorisierung“ sowie die „Antwortqualität und -geschwindigkeit für Kundenanfragen“. Die drei Problembereiche und erste Lösungsansätze zu deren Verbesserung werden im Folgenden vorgestellt. Kapitel 6 292 6.5.4.3 Planung und Umsetzung von Lösungen 6.5.4.3.1 Informationsaustausch von Innen- und Aussendienst Bei der BASF-internen Untersuchung konnten Verbesserungspotenziale in der Zusammenarbeit zwischen Account Managern im Innen- und Aussendienst identifiziert werden, die beiden Parteien bewusst waren. Account Manager im Innen- und Aussendienst sehen sich selbst im Spannungsfeld zwischen den aktuellen internen Restriktionen und den externen Anforderungen der Kunden. Zu den internen Restriktionen gehören die Komplexität der BASF-Organisation, geringe Warenverfügbarkeiten aufgrund der Produktions- und Lagerhaltungspolitik sowie knappe Ressourcen wegen der restriktiven Einstellungspolitik. Der Innendienst wurde darüber hinaus durch viele interne Projekte belastet, durch Umstellungszeiten und Ineffizienzen wegen der Einführung neuer IT-Systeme sowie durch die zz. noch nicht voll ausgereiften Kompetenzen neuer Mitarbeiter im technischen Marketing (s. Abbildung 6-37, S. 288). Die Erfüllung der Kundenanfragen wird in vielen Fällen durch die genannten Restriktionen eingeschränkt. Kundenanfragen betreffen meist Spezialwünsche zu Produkten, landessprachliche Dokumentationen, technische und rechtliche Beratung, Zahlungsund Lieferkonditionen, technische Kundenfragebögen für die Erstellung eines „Drug Master Files“, Qualitätsbeanstandungen und -fragen sowie in besonderem Masse auch kurzfristige Lieferungen. Account Manager im Innen- und Aussendienst versuchen in dieser Situation eine Balance zu finden, um Anfragen trotz der genannten Restriktionen optimal zu beantworten. So kann z. B. bei kurzfristigen Engpässen des Kunden durch Teil-, Nach- und Expresslieferungen oder „Quarantäne-Lieferungen“ (Lieferung ohne Analysezertifikat auf Risiko des Kunden) eine Lösung erreicht werden. Während die Aussendienstmitarbeiter ein grosses marktbezogenes Wissen über Wettbewerber und Kunden einer Verkaufsregion besitzen, haben Innendienstmitarbeiter im Sales & Supply Center detaillierte interne Kenntnisse über interne Logistik- und ITProjekte und andere organisationsbezogene Informationen. Selbst in Bezug auf das Wissen über gemeinsam betreute Kunden unterscheiden sich Aussen- und Innendienstmitarbeiter erheblich (s. Abbildung 6-39). Vertriebsgestaltung des Herstellers 293 Account Manager im Aussendienst Kontakt in der Kundenorganisation : Verantwortlicher Einkaufsleiter, Gesprächsinhalte: Strategische Fragen, Entwicklung des Kunden, Kontakthäufigkeit: 1-4 mal pro Jahr. Kundenorganisation Purchasing manager Mitarbeiter 1 Mitarbeiter 2 Account Manager im Innendienst Kundenorganisation Kontakt in der Kundenorganisation: Mitarbeiter der Einkaufs- oder Logistikabteilung, Purchasing manager Gesprächsinhalte: Details zu Abwicklung und Lieferung, Kontakthäufigkeit: Täglich oder wöchentlich. Mitarbeiter 1 Mitarbeiter 2 Mitarbeiter 3 Mitarbeiter 3 Abbildung 6-39: Unterschiedliche Ansprechpartner in der Kundenorganisation Aussendienstmitarbeiter treffen sich je nach Bedeutung des Kunden ein bis viermal pro Jahr mit dem Einkaufsleiter des Kundenunternehmens. Die Inhalte der Gespräche sind meist strategischer Natur und betreffen die Ausgestaltung und Verlängerung langfristiger Verträge oder die strategische Weiterentwicklung der Partnerschaft mit dem Kundenunternehmen. Die Mitarbeiter im Sales & Supply Center (SSC) hingegen übernehmen die Abwicklung der Geschäftsprozesse mit dem Kunden. Ansprechpartner auf Kundenseite sind meist Mitarbeiter aus der Einkaufs- oder Logistikabteilung, mit denen Details über Abwicklung und Lieferung besprochen werden. Durch den häufigen Kontakt zu diesen Mitarbeitern besteht ein sehr nahes soziales Verhältnis und daher ein hohes Mass an informeller Information über die Entwicklungen im Kundenunternehmen. Mitarbeiter des SSC verfügen hierdurch über Wissen über das Kundenunternehmen, das dem Aussendienst nicht zugänglich ist, obwohl es teilweise eine hohe Relevanz besitzt. Dies gilt vice versa für die Informationen des Aussendienstes. Der verstärkte Informationsaustausch zwischen Innen- und Aussendienstmitarbeitern ist unabdingbar, um die Betreuung des Kunden weiter zu professionalisieren. Abbildung 6-40 zeigt Ansatzpunkte, die bei BASF zur Verbesserung des Informationsaustausches herangezogen werden. Kapitel 6 294 Gemeinsame Kundenbesuche Erhöhte Nutzung von „Salesnet“ Informationsaustausch verbessern Gemeinsame Entwicklung von „Customer concepts” Regelmässige Treffen Abbildung 6-40: Ansatzpunkte zur Verbesserung des Informationsaustausches • Erhöhte Nutzung von „Salesnet“: Bei Salesnet handelt es sich um eine erst vor kurzem eingeführte Kundendatenbank, die von Mitarbeitern des SSC ebenso genutzt werden soll wie vom Aussendienst. Das Ziel besteht darin, beiden Abteilungen die gleichen aktuellen Kundeninformationen verfügbar zu machen. Aussendienstmitarbeiter bemängeln, dass die Kundeninformationen von SSC-Mitarbeitern nur unzureichend gepflegt werden. Hierdurch entstehen Ineffizienzen und Fehler in der Kundenbearbeitung. In Zukunft wird die Nutzung des Informationssystems Salesnet als Zielsetzung bei der Mitarbeiterbewertung mit aufgenommen. Hierdurch wird sichergestellt, dass Entscheidungen bezüglich der Kundenbetreuung auf dem höchsten verfügbaren Informationsstand basieren können. • Gemeinsame Kundenbesuche: In Zukunft werden gemeinsame Kundenbesuche von Aussen- und Innendienstmitarbeitern ausdrücklich unterstützt. Hierdurch werden einerseits die persönlichen Beziehungen zwischen Innendienst und Kunden gezielt gefördert. Durch eine Teilnahme an gemeinsamen Gesprächen mit der Einkaufsleitung wird andererseits die Bedeutung und Kompetenz des Innendienstes aus Sicht der Kunden gestärkt. Durch die gemeinsamen Eindrücke beim Kunden wird darüber hinaus die soziale Bindung zwischen Innen- und Aussendienstmitarbeitern gefestigt und erhält eine breitere gemeinsame Basis. • Gemeinsame Entwicklung von „Customer Concepts“: Um das komplementäre Kundenwissen optimal zur Entwicklung kundenbezogener Strategien und Massnahmen zu nutzen, werden kundenbezogene Bearbeitungskonzepte, so genannte „Customer Concepts“, gemeinsam erstellt. Hierdurch verbessert sich einerseits die Vertriebsgestaltung des Herstellers 295 Informationsgrundlage für die Konzepte. Andererseits stellt die gemeinsame Entwicklung aber auch sicher, dass Account Manager im Innen- und Aussendienst beim Kunden gleiche Ziele verfolgen und mit identischen Strategien vorgehen. Hierdurch wird die Kundenbearbeitung weiter professionalisiert. • Regelmässige Treffen: Regelmässige Treffen zwischen SSC-Mitarbeitern und Aussendienstmitarbeitern können den Austausch von Informationen ebenso verbessern wie die sozialen Bindungen zwischen den Parteien, wodurch die Effizienz erhöht werden kann. Individuelle Treffen, wie z. B. im Rahmen der Vor- oder Nachbereitung von Kundenterminen oder der Erstellung von Customer Concepts stellen einen ersten Schritt zur Verbesserung der Beziehungen dar. Darüber hinaus können auf Gruppenbasis Treffen arrangiert werden, um nicht nur auf Individualebene gemeinsame Zielsetzungen zu diskutieren, sondern auch sicherzustellen, dass die allgemeine strategische Ausrichtung auch gruppenübergreifend einheitlich ist. 6.5.4.3.2 Planungsgenauigkeit und Warenzuteilung Die restriktive Lagerhaltungspolitik des Konzerns verlangt von den Mitarbeitern in der Vertriebsorganisation bei der Planung eine höhere Genauigkeit, um trotz der eingeschränkten Lagerbestände eine hohe Verfügbarkeit zu gewährleisten. Es stellten sich im Bereich FCE-Pharma zwei Problembereiche heraus: Erstens muss die Planungsgenauigkeit erhöht werden. Zweitens muss für die Übergangszeit ein Vorgehen zur Zuteilung von Waren bei knapper Verfügbarkeit gefunden werden. Planungsgenauigkeit Im Planungsprozess konnten verschiedene Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Abteilungen identifiziert werden. Zur Produktionsplanung müssen zunächst die Aussendienstmitarbeiter abhängig von den Produkten zweimal jährlich angeben, welche Planmengen sie für welche Artikel bei welchem Kunden für den Planungszeitraum annehmen. Als Zahlenbasis dienen zum Teil Schätzungen des Kunden, die auf deren eigener Produktionsplanung basieren, oder aber die Einschätzung des Aussendienstmitarbeiters. Dieses Zahlenmaterial wird durch die Mitarbeiter des SSC über die Kunden und Märkte zusammengefasst, sodass Plandaten pro Artikelnummer bestehen, die nach einem Plausibilitätscheck an das strategische Marketing weitergegeben werden. Gemeinsam mit Kollegen aus der Produktion finden so genannte „Production meetings“ statt, auf Kapitel 6 296 deren Basis der zu produzierende und damit für den Vertrieb verfügbare Warenbestand festgelegt wird. Bei der Planung entsteht bei der BASF FCE-Pharma ein grosses Konfliktpotenzial, das in einer schlechteren Warenverfügbarkeit resultiert und damit unmittelbar die Qualität der Leistung für den Kunden betrifft. Eine BASF-interne Studie hat gezeigt, dass die Kunden im Bereich FCE-Pharma der Lieferzuverlässigkeit eine wesentlich höhere Bedeutung zumessen als der Lieferdauer. Die Verfügbarkeit bestellter Ware ist somit ein wichtiges Kriterium, an dem der Kunde die Kompetenz der Mitarbeiter in kundennahen Unternehmensbereichen misst. Konflikte kommen durch die wechselseitige Interaktion der beteiligten Abteilungen im Planungsprozess zustande. Es tritt der so genannte „Bullwhip-Effekt“ auf, bei dem sich die Planungsgenauigkeit schrittweise verschlechtert (Abbildung 6-41, S. 296). Planungsprozess 2. Runde: ÈÈ 2. Runde: Ç 3. Runde: Ç Ç Knappe Verfügbarkeit Strategisches Marketing/ Produktion: Abzug von y % 2. Runde: ÈÈ Forecasts von Aussendienst und SSC „BullwhipEffekt“ SSC Planer: Abzug x % 2. Runde: ÈÈ ... Abbildung 6-41: Bullwhip-Effekt beim Planungsprozess der FCE-Pharma Nachdem SSC-Mitarbeiter im Kundenkontakt und Aussendienstmitarbeiter ihre Planzahlen abgegeben haben, werden diese, meist im Rahmen eines „Plausibilitätschecks“ durch einen Mitarbeiter, der im SSC die Planung übernimmt nach Absprache mit dem jeweiligen Account Manager nach unten korrigiert. Auch das strategische Marketing und die Produktion, die unnötige Lagerbildung vermeiden wollen, schätzen Zahlen aus den Märkten häufig als zu optimistisch ein und führen erneut Kürzungen durch. Bei einer guten Ausgangsplanung durch Aussendienst und SSC stellt sich damit eine Knappheit bei der Warenverfügbarkeit ein. Hierdurch können Aussendienst und SSC gegenüber dem Kunden ihre Lieferversprechen nicht einhalten und neigen dazu, in der nächsten Planungsperiode noch optimistischere Zahlen anzugeben. Hierdurch bestärkt Vertriebsgestaltung des Herstellers 297 sich das Misstrauen der anderen Abteilungen und erhöht deren Abzüge. Damit verschlechtert sich die Qualität der Planung in jeder Periode weiter. Um den Bullwhip-Effekt zu durchbrechen und die Planungsgenauigkeit zu erhöhen, hat Laura Beenken, Leiterin des SSC verschiedene Anstrengungen unternommen. Zz. wird ein Konzept umgesetzt, das bereits erste Erfolge gebracht hat. • Feedback Aussendienst und SSC: Bisher erhielten SSC und Aussendienst kein Feedback über die Genauigkeit ihrer Planung, d. h. eine Aufstellung von geplanten und tatsächlich verkauften Mengen pro Artikel und Kunde. Daher fehlt bei den Mitarbeitern jegliche Kenntnis darüber, wie gut ihre eigene Planung denn eigentlich war. Verbesserungen der eigenen Planung können daher nicht systematisch erfolgen. Falsche Schlüsse, die aus der mangelnden Verfügbarkeit resultieren, verstärken den Bullwhip-Effekt zusätzlich. In Zukunft erhalten die Innen- und Aussendienstmitarbeiter deshalb eine Aufstellung der durch sie geplanten und realisierten Grössen. Für die Zukunft wird darüber nachgedacht, die Planungsgenauigkeit auch in die Bewertung der Mitarbeiter mit einzubeziehen. Der Plausibilitätscheck durch den Planungsmitarbeiter im SSC fällt in diesem Fall weg. • Service Level Agreements mit der Produktion: Darüber hinaus sind interne Service Level Agreements mit den produzierenden Einheiten zu schliessen. Darin wird vereinbart, dass die durch die Planung intern „bestellte“ Ware auch bereitgestellt werden muss. Für die interne Nicht- oder Spätlieferung sind Konditionalstrafen zu vereinbaren, durch die Komplexitäten und Entschädigungen in der Zusammenarbeit mit Kunden finanziert werden können. Ausserdem wird der Anreiz gesetzt, die exakte Menge bereitzustellen, die geplant wurde. Die Marktorganisation geht dabei ihrerseits die Verpflichtung ein, die Kapitalbindungskosten für etwaige Überproduktionen zu übernehmen. Dadurch wird auch hier der Anreiz gesetzt, möglichst genau zu planen. Zz. werden BASF-intern noch keine Konditionalstrafen verhängt, wie sie gegenüber externen Partnern üblich sind. Michael Lappas und Laura Beenken gehen allerdings davon aus, dass die Mitarbeiter hierdurch mit der Zeit das nötige Know-How für eine optimale Planung entwickeln, die sich hierdurch schrittweise verbessern wird. Zuteilung von Waren bei knapper Verfügbarkeit Ein weiteres Problem ist die Priorisierung und Zuteilung des verfügbaren Warenbestandes im Falle von Engpässen. Das Problem wird zwar mit zunehmender Planungsgenauigkeit abnehmen, jedoch wird aufgrund kurzfristiger Anfragen bedeutsamer 298 Kapitel 6 Kunden immer das Problem bestehen, einen verfügbaren Warenbestand zuzuteilen. Account Manager im Aussen- und Innendienst sehen die Zuteilung von Waren als kritisch für das Vertrauen des Kunden in sie und den Hersteller. Sie bemängeln, dass die Priorisierung von Waren häufig nicht die Qualität des Forecasts widerspiegelt. Stattdessen entscheiden interner „Warenklau“, d. h. die Zuteilung in der Logistik nach dem Prinzip der Schnelligkeit und die Bedeutsamkeit des Kunden häufig über eine Zuteilung. Aussendienstmitarbeiter, deren SSC-Partner langsamer reagierten als andere, hatten in manchen Fällen das Nachsehen, obwohl die Bestellungen ordnungsgemäss in der Planung berücksichtigt waren. Bei Kunden wurde hierdurch vielfach das Vertrauen in der Lieferzuverlässigkeit verletzt, was in einzelnen Fällen sogar zum Wechsel zu Zweitlieferanten führte. Aussendienstmitarbeiter wurden damit durch die fehlende Verfügbarkeit teilweise sogar „bestraft“, da sich ihr Zielerreichungsbonus nicht auf die von Kunden bestellte, sondern die in Rechnung gestellte Ware bezieht. Da selbstverständlich ohne Auslieferung auch keine Rechnung erstellt wird, verringert sich durch mangelnde Verfügbarkeit der Bonus der Aussendienstmitarbeiter. Aussendienst- und SSC-Mitarbeiter betonen, dass es bei manchen Artikelgruppen zu häufigen Knappheiten kommt. Die bereits weiter oben genannten Anstrengungen zur Vermeidung von allgemeinen Knappheiten und zur Verbesserung der Planung helfen dabei, das Problem seltener und damit weniger gewichtig zu machen. Im Weiteren müssen aber auch Regeln gefunden werden, die transparent über die Warenzuteilung zu entscheiden helfen. Willkürliche Verteilungen nach dem Prinzip des Schnelleren sind zu untersagen und ggf. zu sanktionieren. Denkbar wäre es, eine Verbindung zwischen der Planungsgenauigkeit und der Zuteilung herzustellen, sodass genaue Planung durch ebenso genaue Lieferfähigkeit belohnt wird. Allerdings wird von Account Managern im Aussendienst befürchtet, dass dies nicht umsetzbar ist. Account Manager, deren bedeutsame Schlüsselkunden kurzfristige Anfragen stellen, würden auch im Falle schlechter Planungsgenauigkeit bevorzugt, so die Befürchtung. Dieses Problem würde allerdings abgeschwächt, wenn die Planungsgenauigkeit ins Zielsystem der Account Manager aufgenommen wird. Trotzdem sind Kompromisse für Kunden zu finden, die trotz einer hohen Planungsgenauigkeit ihres Account Managers mit Lieferengpässen konfrontiert weden. Zz. sind diese Probleme bei BASF noch nicht gelöst. Es wurde allerdings bereits angekündigt, dem „Warenklau“ durch stärkere Sanktionen entgegenzuwirken. Weitere Massnahmen zur Regelung der Warenpriorisierung bei Engpässen sind zz. nicht ge- Vertriebsgestaltung des Herstellers 299 plant, da grundsätzlich erwartet wird, dass diese in den Hintergrund treten werden, sobald die aufgezeigten Verbesserungen bei der Planung greifen und zu einer höheren Verfügbarkeit führen. 6.5.4.3.3 Beantwortung von Kundenanfragen Der europäische Pharmamarkt zeichnet sich in besonderem Masse durch seine regulatorischen Anforderungen der Kunden- und Zulieferunternehmen aus. Wie bereits erwähnt, sind bei der Zulassung von Medikamenten umfangreiche Dokumentationen und Analysezertifikate zu erstellen, die in einem „Drug Master File“ einzusehen sind. Selbst die Verpackungen von Standardstoffen müssen hohen Ansprüchen genügen. Obgleich die Harmonisierungsbestrebungen der Europäischen Union bereits viele Anforderungen der nationalen Zulassungsstellen vereinheitlichen, sind dennoch eine Vielzahl von landesspezifischen rechtlichen und technischen Voraussetzungen zu beachten. Neben der unmittelbar auftragsbezogenen Abwicklung betreffen Kundenanfragen deshalb häufig technische und rechtliche Details, die einer rechtsverbindlichen Klärung bedürfen. Ein Teil dieser Anfragen beantworten Account Manager aus Aussen- und Innendienst unmittelbar selbst als „First Level Support“. Häufig wird jedoch die Unterstützung durch spezialisierte Abteilungen benötigt, wodurch sich der Prozess bis zur Beantwortung der Kundenanfragen deutlich verzögert. Hierdurch gerät die Kundenzufriedenheit in Gefahr. Mitarbeiter des SSC betonen, dass auch die Wettbewerbsfähigkeit leidet, da der Kunde in dieser Situation „Technische Fragebögen“ meist gleichzeitig an die verschiedenen Lieferanten versendet und die Beantwortungszeiten und -qualitäten unmittelbar miteinander vergleichen kann und in seine Beurteilung des Lieferanten einschliesst. In der Vergangenheit betrafen die Verzögerungen bei der Beantwortung solcher Anfragen meist Mitarbeiter aus dem SSC. Diese sind in vielen Fällen nicht autorisiert, technische Fragen selber zu beantworten oder der spezialisierten Einheit direkt zuzustellen. Kundenanfragen müssen zunächst an das regionale Marketing weitergeleitet werden, das sich um die Weiterverfolgung kümmert (s. Abbildung 6-42, S. 300). Können die Anfragen nicht unmittelbar im regionalen Marketing beantwortet werden, durchläuft eine Kundenanfrage leicht mehr als drei Abteilungen. Bei einer nur geringen Verweildauer einer Anfrage pro Abteilung können mehrere Wochen verstreichen. Wenn Kundenanfragen schriftlich nicht klar formuliert sind, kann es zudem dazu kommen, dass sie an Spezifität verlieren. Das gilt insbesondere dann, wenn Antworten telefonisch übermittelt werden. Auch hierdurch leidet die Qualität. Häufig beantworten Kapitel 6 300 interne Abteilungen sämtliche Anfragen ausschliesslich in deutscher Sprache stichwortartig oder „unpolitely“, wie Mitarbeiter des SSC betonen. Durch die dadurch notwendigen Übersetzungen und Umformulierungen durch das SSC verlieren die Antworten häufig weiter an Qualität. Kunde Sales & Supply Center Regionales Marketing Strategisches Marketing Abbildung 6-42: Beispielhafter Informationsfluss einer Kundenanfrage Bisher besitzt die BASF keine Lösung, um dem Problem, das durch die komplexe formale Struktur verstärkt wird, vollständig zu begegnen. Um eine effiziente Regelung zu finden, wurde jedoch darüber nachgedacht, eine „Postbotenfunktion“ zu installieren. Dem „Postboten“ werden Kundenanfragen, die nicht im ersten Support-Level gelöst werden können, zugestellt. Dieser übernimmt als „Request Owner“ die Verantwortung für die Qualität und Geschwindigkeit der Beantwortung. Im Rahmen dessen können Service Standards für die Beantwortung festgelegt werden. Der „Postbote“ muss über hervorragende Kenntnisse der internen Strukturen und Verantwortlichkeiten verfügen, denn er leitet die Kundenanfragen unmittelbar an die spezialisierte Abteilung weiter und kontrolliert deren Beantwortung. Eine erste Optimierung wurde bereits bei den Prozessen zur Beantwortung von technischen Fragebögen vorgenommen. Heute werden die entsprechenden Anfragen direkt von einer zentralen Qualitätsmanagementstelle im Unternehmensbereich bearbeitet und beantwortet. Zz. werden darüber hinaus das „Postbotenkonzept“ auf seine Machbarkeit hin untersucht und weitere Möglichkeiten zur Verbesserung der zentralen Verarbeitung von Kundenanfragen erarbeitet. 6.5.4.4 Kontrolle und weiteres Vorgehen Um den bisher erarbeiteten Lösungsansätzen gezielt nachzugehen, sieht der Projektplan vor, Teams zu bilden und mit der Bearbeitung zu betrauen. Der Erfolg der Massnahmen kann im Fall der BASF FCE Pharma erst einige Zeit nach ihrer Umsetzung kontrolliert werden, nachdem erste Erfahrungen in der neuen Konstellation bestehen Vertriebsgestaltung des Herstellers 301 und etwaige Ängste vor Veränderungen überwunden sind. Auf der „Head-ofs“Präsentation wurden die Diagnoseergebnisse mit dem Management von SSC, Vertrieb und regionalem Marketing sowie dem Business Director Michael Lappas und dem Group Vice President RBU FCE Dr. Joachim Meyer diskutiert (s. Abbildung 6-43). Presentation of results Dr. Joachim Meyer, Mr. Michael Lappas. „Head-ofs“ presentation Head ofs, Mr. Michael Lappas, Dr. Joachim Meyer. Inform organization Present results, Present results, Inform participants, Discuss questions and single issues, Discuss questions and single issues. Inform others? Set focus for further steps. Sep Sep 2004 2004 Nov Nov 2004 2004 Set up a project Select most important issues, Pilot project and experience, Organize teams, Develop solutions. Diagnosis and transfer in other BUs. Dec Dec 2004 2004 tbd tbd Abbildung 6-43: Auszug einer Präsentation zur Entwicklung und Umsetzung von Massnahmen Einige der vorgeschlagenen Schritte wurden nach ihrer Ausarbeitung bereits implementiert. Ausserdem soll im Quervergleich eine Kontrolle zwischen den verschiedenen Business Units der Fine Chemicals Europe durchgeführt werden (s. Abbildung 6-38, S. 290). Diese verfügen seit der Reorganisation „Triple F“ über eine fast identische Aufbauorganisation. Durch eine Diagnose soll herausgefunden werden, ob Probleme gleich gelagert sind und ob diesen mit ähnlichen Lösungsvorschlägen begegnet werden kann. Durch den Transfer von Best-Practices zwischen den Vertriebsorganisationen der verschiedenen Business Units kann deren Wettbewerbsfähigkeit schrittweise erhöht werden. 6.5.4.5 Zusammenfassung und Ausblick zur Fallstudie Die Fallstudie BASF FCE Pharma hat gezeigt, welche erheblichen Herausforderungen sich durch die komplexe Aufbauorganisation eines Konzerns selbst auf europäischer Ebene für Mitarbeiter stellen. Die Verbesserungsvorschläge konnten im Fall BASF FCE Pharma wegen der hohen Spezialisierung der zentralen und dezentralen Einheiten nicht durch einen standardisierten Fragebogen erfasst werden. Um der Komplexität der Konzernorganisation gerecht zu werden, musste ein qualitatives Vorgehen herangezogen werden. Die Umsetzung dieses qualitativen Vorgehens war im vorliegenden Fall 302 Kapitel 6 für das Unternehmen mit erheblichen zeitlichen und finanziellen Ressourcen verbunden. Gleichzeitig ermöglichte ein qualitativer Ansatz, die Mitarbeiter gezielt und tiefgehend nach eigenen Verbesserungsvorschlägen zu befragen. Als nächste Schritte stehen die weitere Ausarbeitung und die Umsetzung der vorgeschlagenen Massnahmen an. Der Vergleich und der Transfer zwischen Business Units scheint ein geeigneter Ansatz, um auch beim Verbesserungsprozess Synergien zu nutzen. Die Komplexität und Grösse der Organisation und die dadurch ausgesprochen hohe Verteilung von Verantwortlichkeiten stellen besondere Anforderungen an ein solches Vorgehen. Sie führen trotz der enormen finanziellen Ressourcen zu einer gewissen Schwerfälligkeit bei der Entscheidungsfindung und zu zahlreichen Kompromissen bei der Umsetzung von Massnahmen. 6.5.5 Zwischenfazit: Situationsgerechte Differenzierung und beschränkte Handlungsspielräume Die Fallstudien Nanosurf, Gallus und BASF haben drei äusserst unterschiedliche Vertriebsorganisationen gezeigt (s. Abbildung 6-27, S. 260). Unterschiede bestanden vor allem beim Grad der Zentralisierung und der Formalisierung von Prozessen, die bei den Herstellern in der Reihenfolge der Unternehmensgrösse zunehmen (s. Tabelle 6-14, S. 303). Das Ausmass der Spezialisierung und die damit verbundene Komplexität der Arbeitsteilung stellt an die Vertriebsverantwortlichen im Fall BASF andere Anforderungen als an die Vertriebsverantwortlichen im Fall Nanosurf. Die Unternehmensgrösse und die damit verbundenen finanziellen Ressourcen ermöglichen und begrenzen in allen drei Unternehmen auf unterschiedliche Weise die Handlungsspielräume. Es zeigte sich, dass für die drei Unternehmen in ihrer spezifischen Situation die gründliche Diagnose und die gezielte Selektion von Problemschwerpunkten eine Grundlage für die Verbesserung der Vertriebsorganisation darstellte. Zur Lösung der durch die Diagnose identifizierten Problembereiche wurde in den Unternehmen jeweils selektiv auf die Gestaltungsansätze zurückgegriffen, die in dieser Arbeit dargestellt wurden (s. Abschnitt 6.3, S. 159 ff.). Gerade in der spezifischen Zusammenstellung und Anpassung der Gestaltungsansätze scheint eine wichtige Herausforderung für die Hersteller zu liegen. Um sich dies zu vergegenwärtigen, sind in der folgenden Tabelle 6-14 sämtliche Gestaltungsansätze der Abschnitte 6.2 (S. 139) und 6.3 (S. 159 ff.) aufgeführt, um diese in den Kontext der unterschiedlichen drei Fälle zu setzen. Die Tabelle 6-14 zeigt für jede Kombination von Fällen und Gestaltungsansätzen zweierlei. Zum einen Vertriebsgestaltung des Herstellers 303 wird der Status quo jedes Gestaltungsansatzes vorgestellt, der vor der Diagnose der Zusammenarbeit als Ausgangslage bei den drei Unternehmen gegeben war. Zum anderen demonstriert Tabelle 6-14 das Aussmass, in dem bei der Umsetzung der identifizierten Verbesserungsvorschläge Veränderungen vorgenommen wurden. Gestaltungsansätze Unternehmensfälle Nanosurf Gallus BASF AG Ferd. FCE Rüesch AG Strategische Konfiguration • Grad der Zentralisierung • Grad der Formalisierung • Grad der Ergebnisorientierung des Führungsstils • Grad der Prozessorientierung des Führungsstils Operative Koordination und Unterstützung Koordination in zentralen Strukturen • Internationales Key-Account Management • Horizontale Koordination zwischen Geschäftsbereichen • Trennung von Koordination und Unterstützung • Differenzierte Honorierungssysteme für zentrale Einheiten Koordination in vertikalen Strukturen • Regionalzentren statt weltweites Vorgehen • Verzahnung bei Aufgaben des Personalwesens Koordination durch Teams • Koordinations- und Planungsteams • Teamorganisation beim Neuproduktmanagement • Integrierte Kundenbetreuung durch Teams Koordination durch Kultur und soziale Beziehungen • Informelle Netzwerke und persönliche Beziehungen • Markt- und serviceorientierte Kultur in der Zentrale Systematische Differenzierung der Unterstützung • Segmentierung von Vertriebspartnern • Systematische Differenzierung nach Beziehungsphasen Unterstützung durch zentrale Ressourcen • Herstellersupport im Marketing und Vertrieb • Technische und betriebswirtschaftliche Weiterbildung • Interne Vereinbarungen, Verrechnungspreise und Garantien • Zentrale Professionalität und Ressourcenausstattung Koordination und Unterstützung durch Information • Informationslieferung, -austausch und -versorgung • Einsatz von IT-Systemen und -Tools Ausprägung vor der Diagnose: = geringe, = mittlere, = starke Veränderungen durch die Umsetzung neuer Lösungen: = keine, = teilweise, = starke Tabelle 6-14: Bedeutung der Gestaltungsansätze in den drei Unternehmensfällen 304 Kapitel 6 Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass nicht alle in Tabelle 6-14 aufgeführten Ansätze auch in den drei Fallstudien thematisiert wurden. So waren bspw. die Aspekte des Key-Account Management nicht Gegenstand der Fallstudien (s. auch Absatz 6.3.2.1, S. 162 ff.), obwohl sie bei Gallus und BASF eine stratgisch bedeutende Rolle spielen. Zusammenfassend lässt sich bemerken, dass die Nutzung der verschiedenen Gestaltungsansätze mit zunehmender Unternehmensgrösse steigt. Während Nanosurf nur wenige der vorgestellten Gestaltungsansätze einsetzt, wählt BASF zahlreiche der vorgeschlagenen Ansätze (s. Tabelle 6-14, S. 303). Vermutlich führt dies dazu, dass die neuen Lösungen zur Vertriebsgestaltung bei der BASF AG ebenfalls wesentlich mehr Bereiche betreffen als im Fall Gallus und Nanosurf. Im Detailvergleich der einzelnen Fälle zeigen sich verschiedene Tendenzen, die zum einen bestehende Theorien bestätigen und zum anderen als exploratives Ergebnis die Basis für zukünftige Forschung darstellen können. Detailergebnisse sind: • Die klassischen Annahmen über den Zusammenhang zwischen Organisationsgrösse und den Konfigurationsvariablen „Zentralisierung“ und „Formalisierung“ scheinen sich abermals zu bestätigen (s. auch Kieser/Walgenbach 2003, S. 201 f.). Die Ausprägungen der beiden Variablen nehmen bei den betrachteten Fällen mit steigender Organisationsgrösse zu. Während bei BASF weitgehend alle marktbezogenen Entscheidungen in der Zentrale getroffen werden, nutzt man bei Nanosurf stärker die marktbezogene Kompetenz der Distributoren und delegiert Entscheidungen der Marktbearbeitung weitgehend an diese. Während bei BASF umfangreiche Marktinformationen fristgerecht in Informationssystemen abgelegt und durch standardisierte Prozesse weiterverarbeitet werden, besteht bei Nanosurf allenfalls im Bereich des Reportings ein definierter Prozess, der allerdings bislang nur unzureichend etabliert ist. Die Ergebnisorientierung des Führungsstils hängt - wie es scheint - nicht von der Grösse der Organisation ab, die Prozessorientierung nimmt hingegen bei den betrachteten Fällen mit steigender Organisationsgrösse zu. Dies zeigt sich auch an der Standardisierung der Prozesse und dem stärkeren Einbezug von Prozessvorgaben in die Incentivierung im Fall der BASF AG. • Die in Tabelle 6-14 (S. 303) dargestellten Unternehmensfälle zeigen weiterhin, dass die Koordinationsansätze in zentralen Organisationseinheiten mit steigender Organisationsgrösse stärker genutzt werden (s. auch Absatz 6.3.2, S. 162 ff.; Absatz 6.3.3, S. 174 ff. und Absatz 6.3.4, S. 180 ff.). Dies kann durch die höhere Spezialisierung und Arbeitsteilung begründet werden, die eine Vielzahl von Schnittstellen schafft und eine Koordination umso notwendiger macht. Dies schlägt sich einerseits Vertriebsgestaltung des Herstellers 305 in der Professionalisierung der Honorierungssysteme nieder, die als formelle Koordinationsmechanismen eine wichtige Rolle spielen (s. Absatz 6.3.2.4, S. 173 ff.). Andererseits werden, so z. B. bei der BASF informelle Koordinationsmechanismen bewusst unterstützt, indem eine engere persönliche Zusammenarbeit zwischen SSC und Aussendienst gefördert wird (s. auch Absatz 6.3.4.3, S. 189; Absatz 6.3.5.1, S. 193 ff.). • Aber auch in der Koordination der vertikalen Organisation und möglichen Teamorganisationen zeigt sich der Einfluss der Organisationsgrösse. Gallus besitzt erste Ansätze zur Regionalorganisation (s. auch Absatz 6.3.3.1, S. 174 ff.), während Nanosurf alle weltweiten Entscheidungen von Liestal aus trifft und bei der BASF AG bereits auf der Ebene der Division eine Trennung zwischen den Geschäftsregionen besteht. Bei der BASF AG bestehen differenzierte Aufgabenbeschreibungen und Konzepte, die das Vorgehen und den Einbezug von den verschiedenen marktnahen Abteilungen bei der Planung, Neuprodukteinführung und Kundenbetreuung regeln. Konzepte der Teamorganisation sind bei BASF fester Bestandteil in der Abstimmung zwischen den verschiedenen Abteilungen. Bei Gallus bestehen durch die Einbindung der Regionen erste Ansätze zur Teamorganisation bei der Neuprodukteinführung (s. auch Absatz 6.3.4.2, S. 183 ff.). Nanosurf hingegen delegiert weitgehend alle Entscheidungen bei der Einführung neuer Produkte an die Distributoren und vertraut auf deren Marktkompetenz. • In Bezug auf informelle Netzwerke und persönliche Beziehungen zeigt sich ein gemischtes Bild. Bei Nanosurf ist die persönliche Nähe zwischen den verschiedenen Akteuren in der Vertriebsorganisation aufgrund der flachen Hierarchien naturgemäss hoch (s. auch Absatz 6.3.5.1, S. 193 ff.). Distributoren kennen sämtliche Mitarbeiter aus den für sie relevanten Bereichen persönlich, eine geringe Bürokratie senkt allerdings die Notwendigkeit der informellen Netzwerke aus Sicht der Distributoren. Bei der BASF AG spielen die informellen Netzwerke und die persönlichen Beziehungen aus Sicht der Aussen- und Innendienstmitarbeiter hingegen eine zentrale Rolle. Ein hoher Grad an Bürokratisierung und Formalisierung verlängert Entscheidungsprozesse und erhöht die Anzahl der an der Entscheidungsfindung beteiligten Mitarbeiter. Informelle Netzwerke erlauben es den Beteiligten, eine höhere Effizienz in der Entscheidungsfindung zu erreichen und bspw. durch die schnellere Beantwortung von Kundenanfragen auch die Effektivität am Markt zu erhöhen. Gleichzeitig ist die Bildung und Festigung informeller Netzwerke und persönlicher Beziehungen in einem Grosskonzern aufgrund der ungleich grösseren Anzahl an 306 Kapitel 6 beteiligten Mitarbeitern in der Marktorganisation mit grösseren Herausforderungen verbunden. Gallus befindet sich in der Mitte dieses Spanungsfeldes zwischen der Notwendigkeit informeller Netzwerke einerseits und der Bildung dieser andererseits. Die Markt- und Serviceorientierung in der zentralen Unternehmenskultur zeigt bei allen drei Unternehmen Potenziale auf (s auch Absatz 6.3.5.2, S. 196 ff.). In allen drei Fällen wurde deshalb Anstrengungen unternommen, die Potenziale der zentralen Kultur zu realisieren. • Die Differenzierung in der Unterstützung der Vertriebspartner ist nur bei Gallus stark ausgeprägt. Dies liegt an der bereits in Abbildung 6-27 (S. 260) dargestellten gemischten Vertriebsorganisation, deren unterschiedliche Arten von Vertriebspartnern verschiedene Forderungen an die Betreuung durch den Hersteller richten. Weder Nanosurf noch BASF besitzt Konzepte zur Segmentierung der Vertriebspartner (s. auch Absatz 6.3.6.1, S. 201 ff.). Ebenfalls wird bei keinem der Unternehmen die Betreuung nach der Dauer der Beziehung differenziert (s. auch Absatz 6.3.6.2, S. 204 ff.). • Bei der Unterstützung durch zentrale Ressourcen zeigt sich, dass die Finanzkraft und die Komplexität der Herstellerorganisation unterschiedliche Vorgehensweisen bedingen. So stehen zur Weiterbildung der Mitarbeiter oder der Kreditvergabe bei der BASF weitaus grössere Budgets zur Verfügung als bei Gallus oder Nanosurf (s. auch Absatz 6.3.7.1, S. 210 ff.; Absatz 6.3.7.2, S. 214 ff.). Allerdings verlangt die hohe Arbeitsteilung bei der Unterstützung eine höhere Koordination, die bspw. beim Planungsprozess durch die Vereinbarung interner Service Level gesteuert wird (s. auch Absatz 6.3.7.3, S. 220 ff.). Alle drei Unternehmen haben erhebliche Anstrengungen unternommen, um insbesondere den Bereich der zentralen Unterstützung stärker zu gewichten (s. auch Absatz 6.3.7.4, S. 227 ff.). • Informationslieferung-, -austausch und -versorgung spielen in allen drei Unternehmen eine wichige Rolle und besitzen Verbesserungspotenzial (s. auch Absatz 6.3.8.1, S. 230 ff.). Hierin liegen grosse Gemeinsamkeiten der drei Fälle. Die Lösungen, die von Nanosurf, Gallus und BASF zur Verbesserung der Zusammenarbeit gewählt wurden, fördern gezielt, doch auf unterschiedliche Weise den Informationsfluss zwischen den Mitgliedern der Marktorganisation. Unterschiedliche Strukturen und Abläufe benötigen andere Ansätze, um den Informationsfluss zu unterstützen. Dabei werden von den Unternehmen in unterschiedlich hohem Ausmass Informationssysteme und -Tools eingesetzt (s. auch Absatz 6.3.8.2, S. 236 ff.). Während die Nanosurf AG bisher ausser dem Internet keine elektronische Plattform mit ihren Vertriebsgestaltung des Herstellers 307 Distributoren genutzt hat, besitzen die Mitarbeiter bei BASF eine Vielzahl von elektronischen Verbindungen, so z. B. durch Applikationen zur kunden- und marktbezogenen Planung, zur Berichterstattung, über die Kundenbetreuung und zum finanziellen Reporting. Die Analyse der drei Unternehmensfälle „Nanosurf“, „Gallus“ und „BASF“ hat gezeigt, dass sich die Vertriebsgestaltung des Herstellers in hohem Masse am Koordinationsbedarf der zentralen Organisation sowie der finanziellen und inhaltlichen Fähigkeit zur Unterstützung der Vertriebspartner ausrichten muss. Sämtliche Gestaltungsansätze, die in den Abschnitten 6.2 (S. 139) bis 6.3 (S. 159 ff.) dargestellt wurden, benötigen somit einer spezifischen Anpassung an den Kontext des Herstellunternehmens. Die Möglichkeiten, eine hohe Zufriedenheit bei Vertriebspartnern herzustellen, scheinen dabei nicht unmittelbar von den finanziellen Ressourcen des Herstellers abzuhängen. Vielmehr scheint dem Geschick des Herstellers eine wichtige Bedeutung zuzukommen, geeignete Gestaltungsansätze auszuwählen und im Rahmen der gegebenen Spielräume anzupassen und umzusetzen. Kapitel 7 308 7 Schlussfolgerungen für Forschung und Praxis Die vorliegende Arbeit setzt an einem Problem der betriebswirtschaftlichen Praxis an und entwickelt mit Hilfe eines theoriegeleiteten Vorgehens Lösungsansätze. Schlussfolgerungen dieser Arbeit ergeben sich daher in zweierlei Hinsicht: Zum einen ergeben sich Folgerungen für die betriebswirtschaftliche Forschung, zu deren Erkenntnisfortschritt die Arbeit beiträgt. Zum anderen ergeben sich Folgerungen für die Vertriebspraxis, die durch die vorliegende Arbeit bei der Lösung bestehender Probleme unterstützt werden soll. 7.1 Folgerungen für die betriebswirtschaftliche Forschung 7.1.1 Inhaltlicher, theoretischer und methodischer Erkenntnisbeitrag Die Leistung einer wissenschaftlichen Arbeit kann an ihrem Erkenntnisbeitrag für die bestehende Forschung gemessen werden, welcher im Folgenden unter inhaltlichen, theoretischen und methodischen Gesichtspunkten betrachtet wird. Inhaltlicher Beitrag zu benachbarten Forschungsgebieten Zu Beginn dieser Arbeit wurde das Forschungsproblem im Kontext von vier benachbarten Forschungsgebieten dargestellt, die durch ihre unterschiedlichen Perspektiven dazu beitragen, es zu durchdringen (s. Abschnitt 2.3, S. 20 ff.; Abbildung 2-10, S. 33). Durch die konsequente konzeptionelle und empirische Verflechtung mit den vier Forschungsgebieten, kann die Arbeit selbst wiederum wesentliche Beiträge zu deren Weiterentwicklung stiften (s. Abbildung 7-1, S. 308). Internes und vertikales Marketing Internationales Vertriebsund Marketingmanagement Beitrag der Dissertation Zufriedenheits- und Konfliktforschung Interaktionsansatz Abbildung 7-1: Inhaltlicher Beitrag zu benachbarten Forschungsgebieten • Beitrag zum internen und vertikalen Marketing: Die konzeptionellen Perspektiven des internen und vertikalen Marketing werden in dieser Arbeit in dreierlei Hinsicht Schlussfolgerungen 309 weiterentwickelt. Erstens findet eine Anwendung auf den länderübergreifenden Kontext statt. Damit besitzen kulturelle, informationsbezogene und soziale Aspekte des internen Marketing bei der Diagnose und bei der Massnahmengestaltung eine höhere Bedeutung als bei bisherigen Untersuchungen im nationalen Kontext (s. Abschnitt 5.3, S. 112 ff.). Zweitens wird die Perspektive des internen Marketing im Rahmen dieser Arbeit auf den konkreten Kontext der Beziehungen im Vertriebssystem zwischen Hersteller und Vertriebspartnern bezogen, was bereits von Stauss/Schulze (1990, S. 155) für das von ihnen so bezeichnete „systeminterne Marketing“ vorgeschlagen worden war. Drittens bleibt diese Arbeit nicht ausschliesslich auf einer konzeptionellen Betrachtungsebene wie zahlreiche bisherige Beiträge zum internen und vertikalen Marketing. Stattdessen werden qualitative und quantitative empirische Methoden eingesetzt, um die Komponenten und Determinanten der Zufriedenheitsbeurteilung der Vertriebspartner als „interne Kunden“ zu durchdringen (s. Tabelle 2-3, S. 37). • Beitrag zur Zufriedenheits- und Konfliktforschung: Die vorliegende Arbeit leistet drei wesentliche inhaltliche Beiträge zur Zufriedenheits- und Konfliktforschung in Distributionskanälen. Erstens wurde untersucht, welche Auswirkungen die Zufriedenheit auf vorökonomische und ökonomische Zielgrössen besitzt (s. Abschnitt 3.2, S. 56 ff.). Damit wurde der von Schwab/Cummings (1970, S. 410) und Herzberg (1968, S. 53 ff.) gewählte Kausalausschnitt zwischen Zufriedenheit, Verhaltensund Erfolgsgrössen aufgegriffen und auf den Kontext der Vertriebsorganisation bezogen untersucht (s. Absatz 2.3.2, S. 25 ff.). In der Forschung zur Zufriedenheit in Vertriebsorganisationen wurde der gewählte Kausalausschnitt zur Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner nach Wissen des Autors damit zum ersten Mal aufgegriffen. Zweitens wurde in den qualitativen Interviews und der quantitativempirischen Untersuchung ein Schwerpunkt auf die Vertriebsregion Europa gelegt (s. Tabelle 2-3, S. 37). Damit wird die bereits seit langem amerikanisch geprägte Forschung zur Zufriedenheit in Distributionskanälen (s. z. B. Ping Jr. 2003; Siguaw et al. 2003; Goodman/Dion 2001; Ruekert/Churchill Jr. 1984) um eine erste empirische Untersuchung dieses Phänomens in europäischen Vertriebsorganisationen ergänzt. Drittens ermittelte die Untersuchung die Dimensionen der Zufriedenheit mit dem Hersteller in einem internationalen Kontext (s. Abschnitt 5.3, S. 112 ff.) und überprüfte sie auf ihre Abhängigkeit von lokalen Situationsvariablen (s. Absatz 5.3.3, S. 124 ff.). Der internationale Bezug fehlt in bisherigen Untersuchungen zur „Channel Member Satisfaction“ vollständig, was auf die starke amerikanische Prägung des Forschungsfeldes zurückzuführen ist. 310 Kapitel 7 • Beitrag zum Interaktionsansatz: Der Interaktionsansatz als vornehmlich qualitatives Forschungsgebiet (s. Homburg 2000, S. 215) wird durch die quantitative Untersuchung in Teilbereichen erstmals empirisch fundiert. Die Konzeptualisierung von Elementen und Prozessen der Zusammenarbeit, wie sie im klassischen IMP-Modell vorgenommen wurde, wird durch die empirische Analyse entschieden weiterentwickelt (s. Absatz 5.3.1, S. 112 ff.). Als eine von sehr wenigen Untersuchungen (s. z. B. Fairhead/Griffin 2001; Solberg 2000) betrachtet die vorliegende Arbeit dabei neben interorganisationalen Interaktionsbeziehungen auch die intraorganisationale Zusammenarbeit. Auch der Interaktionsansatz wird durch den zu Grunde gelegten internationalen Kontext der betrachteten Interaktionsbeziehung erweitert (s. Absatz 5.3.2, S. 116 ff.). • Beitrag zum Forschungsfeld „internationales Vertriebs- und Marketingmanagement“: Der zentrale inhaltliche Beitrag dieser Arbeit zum Forschungsfeld des internationalen Vertriebs- und Marketingmanagements liegt in der gewählten Perspektive der Tochtergesellschaften und Vertretungen. Damit kommt die Arbeit den vielfach geäusserten Forderungen nach, die dezentrale Perspektive stärker zu betrachten und zu erklären (s. Stewart 1995; Gupta/Govindarajan 1991; Gupta/Govindarajan 1994, S. 455; Renz 1998, S. 78; Belz/Reinhold 1999a, S. 221). Darüber hinaus wurden strategische Konfigurationsalternativen unter der Berücksichtigung der dezentralen Perspektive überprüft, die Eignung dieser Alternativen für verschiedene lokale Situationen untersucht und anhand des empirischen Datenmaterials interpretiert (s. Absatz 6.2.2, S. 142 ff.). Damit wurden nicht nur die Beurteilungen durch die Vertriebspartner analysiert, sondern auch konkrete Konsequenzen für die Vertriebsgestaltung des Herstellers herausgearbeitet. Beitrag zur theoretischen Perspektive des situativen Ansatzes Als theoretische Perspektive wurde in dieser Arbeit der situative Ansatz herangezogen, der die Vorgehensweise prägte und über die Wahl der eingesetzten Methoden bestimmte (s. Absatz 2.2.2, S. 18 ff.). Ein Beitrag dieser Arbeit besteht darin, dass sie den situativen Ansatz in einem konkreten Anwendungskontext durch quantitativempirische Analysen überprüft und damit stützt. Weiterhin wurden eine Konzeptualisierung für den lokalen Kontext erarbeitet (s. Abschnitt 4.1, S. 78 ff.) sowie Alternativen der Vertriebskonfiguration und deren Eignung in verschiedenen lokalen Situationen untersucht (s. Absatz 6.2.2, S. 142 ff.). Schlussfolgerungen 311 Die erzielten Ergebnisse lassen darauf schliessen, dass den direkten Effekten von Situation und Vertriebskonfiguration im Vergleich zu den Interaktionseffekten eine hohe Aufmerksamkeit zukommen muss (s. Absatz 6.2.3, S. 158 ff.). Lediglich im Fall der Konfigurationsvariable „Formalisierung“ führt der starke, signifikante Interaktionseffekt zu einer schwach signifikanten Verbesserung des Bestimmtheitsmasses (s. Tabelle 6-3, S. 151). Es scheint daher in besonderem Umfang geboten, in zukünftigen Forschungen die Stärke von direkten Effekten und Interaktionseffekten zu erfassen und zu vergleichen, um damit Aussagen über eine professionelle Vertriebsgestaltung treffen zu können (s. Absatz 6.2.3, S. 158 ff.). Die Relevanz der situativen Abstimmung, wie sie von einigen Autoren im Bereich Vertriebsmanagement vermutet wird (s. Jaworski 1988; Ghoshal/Nohria 1989; Donaldson 2001, S. 12), wird durch die Ergebnisse dieser Arbeit insgesamt eher abgeschwächt. Denn wie sich gezeigt hat, wird die Zufriedenheit der Vertriebspartner wesentlich durch die direkten Effekte bestimmt, während den Interaktionseffekten nur eine geringe Bedeutung zukommt. Methodische Beiträge dieser Arbeit Die wesentlichen methodischen Beiträge dieser Arbeit liegen in dem ergänzenden Einsatz qualitativer und quantitativer Methoden, der expliziten Aufnahme von Kontextvariablen im Rahmen der moderierten Regressionsanalyse sowie in der mehrdimensionalen Weiterentwicklung des Messinstruments zur Erfassung des Konstrukts „Channel Member Satisfaction“. Ein erster wesentlicher Impuls dieser Arbeit bezieht sich auf den komplementären Einsatz qualitativer und quantitativer Methoden (s. Absatz 2.4.1, S. 34 ff). Beide Arten der empirischen Analyse dienen unterschiedlichen Zwecken im Forschungsprozess (s. Abbildung 2-11, S. 35) und sind daher keineswegs als konkurrierende Konzepte anzusehen (s. auch Homburg 2000, S. 215). Wie sich in der Arbeit gezeigt hat, sind rein qualitativ orientierte Forschungsansätze (wie z. B. der Interaktionsansatz der IMPGroup, s. Absatz 5.1.1, S. 102 ff.; Homburg 2000, S. 215) ebenso abzulehnen wie rein quantitativ orientierte die auf eine vorhergehende, umfassende qualitative Auseinandersetzung mit dem Untersuchungsobjekt verzichten (s. auch Tomczak 1992, S. 79; Homburg 2000, S. 215). Die Kombination von qualitativen und quantitativen Methoden ist aus Sicht des Autors die einzige Möglichkeit, um das Phänomen der „Zusammenarbeit zwischen Herstellern und Vertriebspartnern“ vollständig zu durchdringen und darüber hinaus realistische Gestaltungsempfehlungen für die Praxis erarbeiten zu können. Der komplementäre Einsatz qualitativer und quantitativer Methoden in dieser 312 Kapitel 7 Arbeit kann als wichtiger Orientierungspunkt für zukünftige Untersuchungen in der organisationalen Forschung dienen. Ein weiterer wichtiger methodischer Beitrag dieser Arbeit resultiert unmittelbar aus der eingenommenen theoretischen Perspektive des situativen Ansatzes und besteht in der expliziten Aufnahme situativer Variablen in die Datenanalyse. Die explizite Aufnahme situativer Variablen in Abhängigkeitsanalysen, wie sie in dieser Untersuchung z. B. im Rahmen der moderierten Regressionsanalyse vorgenommen wurde (s. Absatz 6.2.2, S. 142 ff.), ist aus Sicht des Autors überlegen, wenn das Analyseziel darin besteht, Handlungsempfehlungen für die Praxis abzuleiten. Die konzeptionelle Differenzierung zwischen direkten Effekten und Interaktionseffekten der Situations- und Gestaltungsvariablen auf den Regressant „Zufriedenheit“ ermöglichte eine hohe Trennschärfe bei der Interpretation und differenzierte Schlussfolgerungen im Hinblick auf die Konfiguration der Gestaltungsvariablen (s. Absatz 6.2.3, S. 158 ff.). Zwar entsteht eine höhere Komplexität, wenn auch situative Variablen in die Modelle einbezogen werden. Diese ist aber aus Sicht des Autors angesichts der deutlich höheren Aussagekraft vertretbar, die im Vergleich zur Untersuchung einfacher Zusammenhänge erzielt werden kann. Eine stärkere Berücksichtigung von situativen Variablen kann die empirische betriebswirtschaftliche Forschung aus Sicht des Autors deshalb in hohem Masse bereichern (s. Homburg 2000, S. 216) und dazu beitragen, ihre Relevanz für die Praxis stärker unter Beweis zu stellen. Der dritte wesentliche methodische Beitrag dieser Arbeit liegt in der stufenweisen Entwicklung eines Instruments, das eine mehrdimensionale Messung von Zufriedenheit der Vertriebspartner mit ihren Herstellern ermöglicht (s. Absatz 5.3.1, S. 112 ff.). Hierdurch wird die häufig in der empirischen betriebswirtschaftlichen Forschung vernachlässigte Problematik der Konstruktmessung aufgegriffen (Homburg 2000, S. 215) und für den konkreten Kontext der Beziehung zwischen Hersteller und Vertriebspartner weiterentwickelt. Das aufwendige Vorgehen bei der Konzeptualisierung und Operationalisierung des Messinstruments stellt sicher, dass bei der Analyse von Abhängigkeitsbeziehungen auch wirklich die Validität und Reliabilität der Messung der Konstrukte gegeben sind. Nach Homburg (2000, S. 215) ist dies bei vielen betriebswirtschaftlichen Analysen bis heute nicht der Fall, weshalb ihm der Beitrag vieler dieser Analysen zum Erkenntnisfortschritt als besonders zweifelhaft erscheint. Die Konstruktmessung der „Channel Member Satisfaction“ im internationalen Kontext bildet die Basis, um die Zufriedenheit internationaler Vetriebspartner auch in zukünftigen Forschungen zu erfassen und ihre Beziehung zu assoziierten Konstrukten überprüfen Schlussfolgerungen 313 zu können. Im vorliegenden Fall wurden deshalb umfangreiche Informationen zur Validität und Reliabilität des Konstruktes zur Verfügung gestellt (s. Tabelle 5-2, 115; Tabelle 5-3, S. 116; Anhang I - 1, S. 373). 7.1.2 Restriktionen der Untersuchung und weiterer Forschungsbedarf Ansatzpunkte für zukünftige Forschung im Bereich der Zusammenarbeit zwischen Herstellern und Vertriebspartnern ergeben sich vor allem aus den Restriktionen der vorliegenden Arbeit. Denn wie bei jeder wissenschaftlichen Durchdringung mussten in verschiedenen Stufen des Forschungsprojektes Einschränkungen des Untersuchungsbereiches vorgenommen werden, um die Umsetzbarkeit zu gewährleisten und präzise Ergebnisse zu erhalten. Eine erste Restriktion liegt in der Beschränkung auf Schlüsselinformanten der Vertriebspartnerorganisation im Rahmen der quantitativ-empirischen Untersuchung. Duch die Einbeziehung weiterer Perspektiven können zusätzliche Erkenntnisse zu Tage gefördert werden. Zukünftige Untersuchungen könnten insbesondere versuchen, die besonders aufwendige quantitativ-empirische Erhebung in der Dyade zwischen Hersteller und Vertriebspartner sowie zwischen Vertriebspartner und Kunde durchzuführen. Hieraus können insbesondere wichtige Erkenntnisse für die kausalen Wirkungsbeziehungen von Einstellungs- und Verhaltensvariablen zwischen den Partnern in der jeweils betrachteten Dyade gewonnen werden. Durch ein solches Vorgehen könnte ebenfalls das in der qualitativen Untersuchung bestehende Problem überwunden werden (s. Absatz 2.4.2.1, S. 37), die Auswirkungen zu messen, die eine schlechte Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Vertriebspartner auf die Zufriedenheit und das Vertrauen des Kunden besitzen. Eine zweite Restriktion liegt in der begrenzten Zahl an untersuchten Determinanten, die in die verschiedenen Modelle dieser Arbeit einbezogen werden konnten (s. Abbildung 3-2, S. 60; Abbildung 5-7, S. 125; Abbildung 6-2, S. 143). So wurde z. B. bei den situativen Variablen eine Auswahl getroffen, um eine tiefergehende Analyse zu ermöglichen. Bereits die Tabelle 4-1 (S. 80) zeigte eine über die einbezogenen Situationsvariablen hinausgehende Anzahl von Variablen, die aus Sicht der Vertriebspartner bei der Vertriebsgestaltung des Herstellers Berücksichtigung finden sollten (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Die zukünftige Forschung sollte sich dieser Variablen annehmen. 314 Kapitel 7 Eine dritte Restriktion der Untersuchung liegt darin, dass das Untersuchungsobjekt auf den Industriegütervertrieb eingegrenzt worden ist. Eine derartige Eingrenzung war unerlässlich, um zu aussagekräftigen, empirisch gestützten Ergebnissen zu gelangen. Eine Ausweitung der ohnehin sehr umfassenden empirischen Erhebung auf Konsumgüter- und Dienstleistungsunternehmen und deren Vertriebspartner, hätte den Rahmen der Arbeit gesprengt. Es ist zwar davon auszugehen, dass die im Rahmen der Konzeptualisierung herausgearbeiteten Beurteilungsdimensionen der Zusammenarbeit (s. Absatz 5.3.1, S. 112 ff.) sowie die Ansätze der Vertriebsgestaltung (s. Abschnitt 6.1, S. 138 ff.) prinzipiell auch im Konsumgüter- bzw. Dienstleistungsbereich zutreffen. Allerdings ist ebenfalls anzunehmen, dass eine direkte Übertragbarkeit der Ergebnisse auch ihre Grenzen besitzt. Diese sind durch Unterschiede in der Aufbauorganisation des internationalen Vertriebs, durch Unterschiede in der Bedeutung technischer Interaktionsdimensionen sowie der Komplexität der angebotenen Leistung begründet. Eine mögliche Aufgabe für weitere wissenschaftliche Arbeiten zum Themenkomplex der Zusammenarbeit zwischen Hersteller und internationalen Vertriebspartnern liegt deshalb darin, die Konzeptualisierung und Operationalisierung sowie die Ansätze der Vertriebsgestaltung zu übertragen und anzupassen. Eine vierte Restriktion der Untersuchung liegt in der verwendeten Datengrundlage. Sie besteht auf Herstellerseite fast ausschliesslich aus Schweizer und deutschen Unternehmen. Auf der Seite der Vertriebspartner wurden bei der quantitativen Befragung und bei den qualitativen Interviews fast ausschliesslich europäische Mitarbeiter befragt. Diese Einschränkung ergibt sich nicht aus der in Absatz 2.1.1 (S. 9 ff.) vorgenommenen Eingrenzung des Untersuchungsobjektes. Sie resultiert im Wesentlichen aus der Notwendigkeit, die Komplexität und den Aufwand der Datenerhebung zu begrenzen (s. Absatz 2.4.2.2, S. 39 ff.). Es wird an dieser Stelle deshalb darauf hingewiesen, dass die Besonderheit des Datensatzes auch Einfluss auf die Untersuchungsergebnisse haben könnte, was bei den einzelnen Analysen bereits mehrfach betont wurde. So ist es z. B. denkbar, dass der Beurteilungsdimension „Kultur und Werte“ eine höhere Bedeutung zugemessen wird, wenn Datensätze von Vertriebspartnern aus aussereuropäischen Ländern in die Analyse eingeschlossen würden (s. Absatz 5.3.2.6, S. 122 ff.). Die Ausweitung der Untersuchung auf weitere Marktregionen bietet daher einen interessanten Ansatzpunkt für zukünftige Forschungsarbeiten. Als weiterer Ansatzpunkt für zukünftige Forschungen, der allerdings keine unmittelbare Restriktion der vorliegenden Arbeit darstellt, ist die Durchführung von Replikationsstudien zu nennen. Dieser Ansatzpunkt bezieht sich insbesondere auf die entwi- Schlussfolgerungen 315 ckelte Skala zur Messung der einzelnen Dimensionen der Zufriedenheit der Vertriebspartner (s. Absatz 5.3.1, S. 112 ff.). Replikationsstudien haben z. B. im Zusammenhang mit der SERVQUAL-Skala zur Messung der Dienstleistungsqualität interessante Ergebnisse geliefert, die auch zur Modifikation des ursprünglichen Messmodells geführt haben (s. Parasuraman et al. 1991; Babakus/Boller 1992; Babakus et al. 1993). Erneute Erhebungen geben damit die Möglichkeit, das Messmodell zu validieren, eventuelle Schwächen zu beheben und damit zu einer noch höheren Güte der Messung zu gelangen. 7.2 Folgerungen für die internationale Vertriebspraxis Ausgangspunkt dieser Arbeit war die Beobachtung, dass in der Zusammenarbeit zwischen Industriegüterherstellern und internationalen Vertriebspartnern ein bedeutendes Ausmass an Unstimmigkeiten, Unzufriedenheit und Konflikten vorliegt, das bislang weder in der Praxis (s. Abschnitt 1.2, S. 3 ff.) noch in der betriebswirtschaftlichen Forschung zufrieden stellend gelöst wird (s. Abschnitt 2.3, S. 20 ff.). Der Blickwinkel der Vertriebspartner war der Bezugspunkt für die gesamte Untersuchung. Die Ergebnisse dieser Arbeit im Hinblick auf die Auswirkungen, die Determinanten und die Gestaltung der Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Vertriebspartner lassen zahlreiche Schlussfolgerungen für die Unternehmenspraxis zu. Die wichtigsten Folgerungen, die sich für die Vertriebspraxis aus den Untersuchungsergebnissen dieser Arbeit ergeben, werden im Folgenden dargestellt. Folgerung 1: Potenziale des dezentralen Blickwinkels erkennen In der Unternehmenszentrale werden die Bedeutung des dezentralen Blickwinkels und die Potenziale, die sich durch eine bessere Zusammenarbeit ergeben, vielfach unterschätzt (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Die vorliegende Untersuchung hat gezeigt, dass die Zufriedenheit der internationalen Vertriebspartner einen wesentlichen Einfluss auf das Erreichen der verschiedenen Ziele besitzt, die Hersteller im Vertrieb verfolgen (s. Abschnitt 3.1, S. 49 ff.). So kommt es durch Unzufriedenheit der Vertriebspartner in der Zusammenarbeit bspw. zu Umsatzausfällen, zusätzlichen Kosten durch Fehlspezifikationen, Mitarbeiterabwanderung und ineffizienten Prozessen (s. Fallbeispiel 3-2, S. 56). Durch eine Analyse des quantitativ-empirischen Datenmaterials (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37) zeigte sich darüber hinaus, dass die Zufriedenheit in hohem Masse Einfluss auf das Vertrauen, die Verbundenheit zum Hersteller sowie auf Konflikte hat, die mit dem Hersteller bestehen (s. Abschnitt 3.2, Kapitel 7 316 S. 56 ff.). In der statistischen Analyse konnte nachgewiesen werden, dass hierdurch die Verkaufstätigkeit eingeengt wird und der Markterfolg von Vertriebspartnern abnimmt (s. Absatz 3.2.3, S. 68 ff.). Die Fallstudie „Leica Microsystems“ gewährte einen tiefen Einblick in die internen Wirkungszusammenhänge (s. Abschnitt 3.3, S. 72 ff.). Es zeigte sich, dass sich die Intensität der Zusammenarbeit und die Zufriedenheit der Distributoren auf die lokale Kompetenz, die Qualität der Kundengespräche und die daraus resultierenden Verkäufe auswirken. Es lässt sich also festhalten, dass die Zusammenarbeit mit internationalen Vertriebspartnern die Umsätze und Kosten des Herstellers erheblich beeinflusst. Die Potenziale, die sich aus der Verbesserung der Zusammenarbeit für Hersteller ergeben, müssen allerdings von vielen Herstellern zunächst erkannt werden. Hierin liegt ein erster wichtiger Ansatzpunkt für die Praxis. Nehmen Sie Unzufriedenheit und Konflikte in der Zusammenarbeit ernst und berücksichtigen Sie diese in Ihren Entscheidungen! Folgerung 2: Hindernisse bei der Einschätzung der lokalen Situation abbauen Internationale Vertriebspartner beschreiben ihre lokale Situation häufig als ausgesprochen komplex und einzigartig (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Sie weisen darüber hinaus auf die hohen Ansprüche hin, die der Umgang mit dieser Situation an sie stellt (Bakka 1986, S. 853). In der Untersuchung konnte gezeigt werden, dass die Einschätzung der lokalen Situation bei Herstellern und Vertriebspartnern systematischen Verzerrungen unterliegt (s. Abschnitt 4.2, S. 94 ff.). Während Hersteller dazu neigen, die Gründe für lokalen Misserfolg in der Person des Vertriebsverantwortlichen zu suchen (s. Absatz 4.2.1, S. 95 ff.), besteht bei Vertriebspartnern die Tendenz, den Einfluss der externen Situation zu überschätzen und die eigene Leistung besser darzustellen, als sie eigentlich ist (s. Absatz 4.2.2, S. 97 ff.). Durch die Erfahrung, die Hersteller und Vertriebspartner im Hinblick auf die gegenseitigen Einschätzungen der lokalen Situation in der Interaktion entwickeln, entfernen sich die Einschätzungen im Laufe der Zeit immer weiter von der Realität. Hersteller müssen deshalb konkrete Anstrengungen unternehmen, um möglichst gute Einschätzungen der lokalen Situation zu erhalten. Ein wichtiger Ansatzpunkt liegt in der Unterstützung eines länderübergreifenden Informationsaustausches, der Vertriebs- Schlussfolgerungen 317 partner über das Preisniveaus, Konkurrenzaktivitäten und Massnahmen in anderen Ländern in Kenntnis setzt. Hersteller können Informationssysteme und persönliche Besuche dazu einsetzen, den eigenen Informationsstand zu verbessern. Allerdings muss dazu eine gewisse Offenheit der Unternehmenskultur sowohl in der Zentrale als auch bei Vertriebspartnern vorliegen, damit eventuelle Fehleinschätzungen als Grundlage für Verbesserungen begriffen werden und nicht etwa die Basis für weitere Konflikte darstellen. Eine realistische Einschätzung der Situation durch Hersteller und Vertriebspartner bildet die Voraussetzung, um Massnahmen und Konditionen optimal auf lokale Gegebenheiten anzupassen. Hierin liegt ein zweiter wichtiger Ansatzpunkt für die Praxis. Unternehmen Sie Anstrengungen, um die Vertriebspartner und sich selbst möglichst gut über lokale Gegebenheiten zu informieren! Folgerung 3: Konditionenpolitik ist nur eine von sieben Stossrichtungen Bei Herstellern herrscht häufig die Annahme vor, Konflikte und Unzufriedenheit in der Zusammenarbeit seien vornehmlich durch die finanzielle Konditionenpolitik bestimmt, die auf systemimmanente Interessenunterschiede zurückzuführen und damit nicht auflösbar sei. Die Ergebnisse dieser Arbeit belehren eines Besseren. Die lokale Zufriedenheit betrifft insgesamt sieben inhaltliche Dimensionen, anhand derer die Vertriebspartner die Leistung des Herstellers in der Zusammenarbeit beurteilen. Dazu gehören neben der „Konditionenpolitik“ auch die „Produkt- und Leistungspolitik“, die „Zuverlässigkeit bei Abwicklung und Lieferung“, der „Marketing- und Verkaufssupport“, die „soziale Interaktion“, der „Umgang mit lokaler Kultur und Werten“ sowie das „Informations- und Kommunikationsverhalten“ des Herstellers. Je nachdem, welche der Leistungsdimensionen aus Sicht der Vertriebspartner vom Hersteller nicht zufrieden stellend erfüllt wird, ergeben sich unterschiedliche Möglichkeiten, die Zusammenarbeit zu verbessern. Auch hierzu wird eine Kultur in der Zentrale verlangt, die Selbstkritik zulässt. Denn sämtliche Leistungen des Stammhauses stehen auf dem Prüfstand, weshalb Änderungsvorschläge und Massnahmen leicht mehrere zentrale Abteilungen betreffen können. Beim Beispiel der „Zuverlässigkeit bei Abwicklung und Lieferung“ kann, wie sich in der Fallstudie BASF gezeigt hat (s. Absatz 6.5.4, S. 286 ff.), z. B. die Warenverfügbarkeit von den verschiedenen Abstimmungsprozessen zwischen Aussendienst-, Innendienst-, Logistik-, Produktions- Kapitel 7 318 und Marketingabteilungen abhängen. Die aufgezeigten sieben Dimensionen stellen dem Hersteller eine breite Auswahl von Ansatzpunkten zur Verfügung, um die Zusammenarbeit mit internationalen Vertriebspartnern zu verbessern. Um geeignete Ansatzpunkte aufzudecken, muss der Hersteller demnach die Bereitschaft besitzen, sämtliche Leistungskategorien auf den Prüfstand zu stellen und geeignete Massnahmen ggf. auch abteilungsübergreifend durchzusetzen. Hierin liegt ein wichtiger dritter Ansatzpunkt für die Praxis. Erkennen Sie die vielfältigen Ansatzpunkte, die Ihnen zur Verfügung stehen, um die Zusammenarbeit mit Ihren Vertriebspartnern zu verbessern! Folgerung 4: Unrealistischen Erwartungen gezielt entgegentreten Die Unsicherheit des lokalen Umfelds, die Profitabilität des Herstellers und die Grösse der lokalen Vertriebsorganisation bestimmen die Situation vor Ort. Sie besitzen damit einen entscheidenden Einfluss auf die Bedürfnisse der Vertriebspartner und die daraus folgenden Erwartungen, die Vertriebspartner gegenüber dem Hersteller entwickeln. Die lokale Beurteilung befindet sich damit im Spannungsfeld zwischen den Einflüssen der lokalen Situation und der Vertriebsgestaltung des Herstellers (Abbildung 5-13, S. 136). Unzufriedenheit der Vertriebspartner entsteht, wenn Erwartungen an die Zusammenarbeit mit dem Hersteller nicht erfüllt werden können. Bei steigenden Erwartungen, die durch Änderungen der lokalen Situation hervorgerufen werden, kann damit Unzufriedenheit entstehen, obwohl der Hersteller seine Unterstützung nicht ändert bzw. es unterlässt, eine Anpassung an die lokale Situation vorzunehmen. Um Unzufriedenheit zu verringern oder vorzubeugen, können Hersteller demnach durch offene, frühzeitige Kommunikation und konsequentes Verhalten dazu beitragen, dass sich keine unrealistischen Erwartungen bilden können. Damit können Hersteller der Unzufriedenheit, die durch eine Verschärfung der lokalen Situation hervorgerufen wird, begegnen, ohne die operative Vertriebsgestaltung anpassen zu müssen. Hierin liegt ein vierter wichtiger Ansatzpunkt für die Praxis. Kommunizieren Sie offen und frühzeitig, um falschen Erwartungen der Vertriebspartner gezielt entgegenzutreten! Schlussfolgerungen Folgerung 5: 319 Zufriedenheit der Vertriebspartner bei der strategischen Vertriebskonfiguration berücksichtigen Vertriebspartner fordern vielfach von Herstellern, ihre lokale Situation bei der strategischen Vertriebskonfiguration zu berücksichtigen. Auch in der Literatur wird häufig vermutet, dass je nach lokaler Situation ein unterschiedliches Mass an Zentralisierung, Formalisierung, Ergebnis- und Prozessorientierung zu wählen ist, um die optimale Voraussetzung für die lokalen Vertriebspartner zu schaffen (s. Donaldson 2001, S. 12). Die vorliegende Untersuchung widerlegt diese Annahme zumindest teilweise. Denn die Wahl der Konfigurationsalternativen hat zwar einen grundsätzlichen Einfluss auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner. Doch dieser Einfluss unterscheidet sich in den meisten Fällen nicht von Situation zu Situation, sondern ist eben grundsätzlich gegeben. Für einzelne strategische Konfigurationsalternativen ergaben sich folgende Untersuchungsergebnisse (s. Absatz 6.2.2, S. 142 ff.): 1. Die Zentralisierung von Entscheidungen führt zu einem Abbau lokaler Kompetenzen und deshalb unweigerlich zu einer geringeren Zufriedenheit in der Zusammenarbeit (s. Tabelle 6-2, S. 148). Dies ist fast gänzlich unabhängig von der lokalen Situation der Fall. Lediglich in Situationen von grosser Unsicherheit des lokalen Umfelds gibt die Zentralisierung den Vertriebspartnern etwas mehr Sicherheit, weshalb die Unzufriedenheit etwas geringer ausfällt. Es existieren allerdings keine lokalen Situationen, in denen aus Sicht der Vertriebspartner ein zentrales Vorgehen insgesamt Vorteile schafft und positiv beurteilt wird. Hieraus folgt einerseits, dass Hersteller diese direkte zufriedenheitssenkende Wirkung der Zentralisierung und die daraus resultierenden Konflikte, Umsatz- und Kostenwirkungen stets berücksichtigen müssen, wenn über eine weitere Zentralisierung nachgedacht wird. Andererseits ergeben sich für Hersteller auch Chancen durch eine Dezentralisierung, die damit zum wirksamen Ansatzpunkt wird, um die Zufriedenheit der Vertriebspartner zu erhöhen. 2. Der Grad der Formalisierung von Strukturen, Abläufen und Regeln besitzt lediglich einen schwachen, positiven Einfluss auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner. Dieser begründet sich dadurch, dass Abläufe und Entscheidungen durch die Formalisierung vereinfacht werden und ihre Vorhersehbarkeit zunimmt (s. Absatz 6.2.2.3, S. 149 ff.). Gerade in langjährigen Beziehungen zum Hersteller werden die Vorteile der Formalisierung von Vertriebspartnern erkannt und akzeptiert. Formalisierung führt bei zunehmender Dauer der Beziehung zum Vertriebspartner deshalb zu einer Erhöhung der Zufriedenheit (s. Tabelle 6-3, S. 151). Die Formalisierung hat dem- 320 Kapitel 7 nach positive Auswirkungen auf die Zusammenarbeit, die langfristig sogar zunehmen. Dem Hersteller steht damit in der Formalisierung ein wichtiger Ansatzpunkt zur Konfiguration des Vertriebs zur Verfügung. 3. Je höher die Ergebnisorientierung des Führungsstils ist, desto zufriedener sind Vertriebspartner, bezogen auf die Zusammenarbeit mit dem Hersteller (Tabelle 6-4, S. 155). Hersteller können die Zufriedenheit der Vertriebspartner also unabhängig von der lokalen Situation dadurch erhöhen, dass sie ergebnisorientiert führen. Dazu sind realistische Leistungsziele transparent zu kommunizieren und Vertriebspartner danach zu bewerten, wie gut sie die festgelegten Ziele erreichen. Durch ein hohes Mass an Ergebnisorientierung werden die Verantwortungen und die Kenntnis über die Mittel und Wege zum Erreichen der Ziele an die Vertriebspartner delegiert, wodurch deren lokale Kompetenz optimal genutzt werden kann. Vertriebspartner sind hierdurch motiviert und fühlen sich in ihrer Kompetenz respektiert, wodurch die Zufriedenheit ebenfalls zunimmt. 4. Die Prozessorientierung des Führungsstils hingegen besitzt keinen Einfluss auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner (s. Absatz 6.2.2.4, S. 152 ff.; Tabelle 6-5, S. 158). Demnach kann der Hersteller einerseits prozessorientierte Ansätze einsetzen, ohne die Zufriedenheit der Vertriebspartner zu beeinflussen. Andererseits gibt ihm diese Konfigurationsalternative keinen Ansatzpunkt, um die Zufriedenheit der Vertriebspartner mitzubestimmen. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Wirkungen der strategischen Ansatzpunkte kaum von der lokalen Situation bestimmt werden. D. h., dass spezifische lokale Situationen weder die Wirkung der Konfigurationsalternativen auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner einschränken noch dazu beitragen, dass sie eine stärkere Wirkung entfalten. Die strategische Vertriebskonfiguration sollte sich deshalb auch nicht an der spezifischen lokalen Situation der Vertriebspartner orientieren. Allerdings müssen sich Hersteller stets darüber bewusst sein, dass die Zentralisierung, Formalisierung und Ergebnisorientierung Auswirkungen auf die Zufriedenheit besitzen. Sie bilden deshalb Ansatzpunkte, um unabhängig von der lokalen Situation etwaige Unzufriedenheiten zu beseitigen bzw. die Zufriedenheit mit der Zusammenarbeit zu erhöhen. In der Berücksichtigung der Zufriedenheit bei der Auswahl und dem Einsatz der strategischen Alternativen der Vertriebskonfiguration liegt ein fünfter wichtiger Ansatzpunkt für die Praxis. Schlussfolgerungen 321 Seien Sie sich über die Zufriedenheitswirkungen strategischer Konfigurationsalternativen bewusst und treffen Sie strategische Konfigurationsentscheidungen weitgehend unabhängig von lokalen Situationen der Vertriebspartner! Folgerung 6: Koordination und Unterstützung professionalisieren Neben den Ansätzen der strategischen Konfiguration der Vertriebsorganisation stehen Herstellern zahlreiche operative Ansätze zur Verfügung, um ihre Aufgaben der Koordination und Unterstützung der Vertriebspartner zu professionalisieren. Stossrichtungen liegen dabei in zentralen und vertikalen Strukturen, in Ansätzen der Teamorganisation, der Kultur und sozialen Beziehungen, der Segmentierung und Differenzierung, in der Unterstützung durch zentrale Ressourcen sowie im Informationsmanagement (s. Tabelle 6-6, S. 161). Eine besondere Bedeutung kommt der in dieser Arbeit geforderten personellen Trennung von Koordinations- und Unterstützungsaufgaben der Zentrale zu. Wie gezeigt wurde, führen die häufige personelle Verquickung und die mangelnden zentralen Ressourcen dazu, dass eine kritische Auseinandersetzung mit der Qualität von Unterstützungleistungen in der Zentrale nur unzureichend erfolgt (s. Absatz 6.3.2.3, S. 171 ff.). Ansätze der Trennung von Koordination und Unterstützung, wie sie bspw. durch Shared-Service Center und interne Vereinbarungen geschaffen werden, helfen dem Hersteller dabei, die zentrale Leistungsfähigkeit zu erhöhen und zu verrechnen. Leistungen der Zentrale, durch die Vertriebspartner unterstützt werden können, erhalten auf diese Weise eine hohe Transparenz. Ebenfalls tragen ServiceCenter Ansätze dazu bei, dass sich bei Vertriebspartnern realistische Erwartungen und Wertschätzungen gegenüber den Leistungen des Herstellers entwickeln können. Für Vertriebsverantwortliche des Herstellerunternehmens stellt die vorliegende Arbeit drei Orientierungshilfen für die operative Vertriebsgestaltung zur Verfügung. Erstens wird ein Überblick zu 19 Lösungsansätzen vermittelt, die dem Hersteller generell zur Verbesserung der Zusammenarbeit zur Verfügung stehen (s. Abschnitt 6.3, S. 159 ff.). Zweitens werden Gestaltungsansätze dahingehend beurteilt, inwieweit sie für verschiedene spezifische Problemstellungen geeignet sind. Drittens wurden Möglichkeiten aufgezeigt, um die gewählten Ansätze so auszugestalten, dass sie optimal zur Verbesserung der Zusammenarbeit beitragen. Die Fähigkeit des Herstellers, geeignete Lösungsansätze auszuwählen und für spezifische Problemstellungen anzupassen, stellt eine wichtige Herausforderung dar, der mit Hilfe dieser Arbeit besser begegnet werden kann. Hierin liegt ein sechster wichtiger Ansatzpunkt für die Praxis. Kapitel 7 322 Verstehen Sie sich als „internen Dienstleister“ und betreiben Sie ein aktives Qualitätsmanagement für Ihre internen Koordinations- und Unterstützungsleistungen! Folgerung 7: Systematisches Projekt statt „Blitzaktionen“ zur Verbesserung Für eine nachhaltige Verbesserung der Zusammenarbeit reicht die alleinige Kenntnis über mögliche Gestaltungsansätze nicht aus. Reaktive „Blitzaktionen“ zur Unterstützung einzelner Vertriebspartner in Notfällen können die Potenziale der Vertriebsorganisation nicht ausschöpfen. Vielmehr muss ein systematisches Vorgehen entwickelt werden, um eine gründliche Diagnose der Zusammenarbeit zu ermöglichen und die Zusammenarbeit im Zeitablauf kontinuierlich zu verbessern. In Abschnitt 6.4 (S. 247) dieser Arbeit wurde ein Vorgehen aufgezeigt, an dem sich Hersteller zur Verbesserung der Zusammenarbeit orientieren können. In einem vierstufigen Prozess sind Verbessungspotenziale in der Zusammenarbeit zu identifizieren („Diagnose“), Massnahmen festzulegen („Planung“), Beteiligte in der Vertriebsorganisation zu informieren und mobilisieren („Umsetzung“) sowie Zeit- und Organisationsvergleiche durchzuführen. Durch eine regelmässige und systematische Wiederholung des Prozesses kann die Zusammenarbeit in der Vertriebsorganisation kontinuierlich verbessert werden. Hierin liegt ein siebter wichtiger Ansatzpunkt für die Praxis. Starten Sie ein Projekt zur systematischen Verbesserung der Zusammenarbeit und benennen Sie Projektverantwortliche! Folgerung 8: Massnahmen unternehmensspezifisch anpassen Die Analyse der drei Unternehmensfälle „Nanosurf“, „Gallus“ und „BASF“ zeigt das konkrete Vorgehen zur Verbesserung der Zusammenarbeit in drei verschiedenen Unternehmen. Die unterschiedlichen Ausgangslagen stellen an die Vertriebsverantwortlichen unterschiedliche Anforderungen. Die Unternehmensgrösse und die damit verbundenen finanziellen Ressourcen ermöglichen und begrenzen in allen drei Unternehmen auf unterschiedliche Weise die Handlungsspielräume. Einige der Gestaltungsansätze, die in den Abschnitten 6.2 (S. 139) bis 6.3 (S. 159 ff.) dargestellt wurden, zeigen sich in den Fallstudien in ihrer spezifischen Anpassung an den Kontext des Herstellunternehmens. Schlussfolgerungen 323 Damit wird deutlich, dass die Möglichkeit, Zufriedenheit bei Vertriebspartnern herzustellen, vom Geschick des Herstellers abhängt. Dieser muss in der Lage sein, geeignete Gestaltungsansätze auszuwählen und im Rahmen der gegebenen Spielräume anzupassen. So war das Kleinunternehmen Nanosurf trotz eingeschränkter finanzieller Ressourcen durchaus in der Lage, die Zusammenarbeit mit internationalen Distributoren zu verbessern, indem schnell und flexibel gemeinsam mit den Distributoren praktikable Lösungen erarbeitet und umgesetzt wurden. In allen drei Unternehmensfällen wurden die Projekte zur Verbesserung der Zusammenarbeit durch das persönliche Engagement von Vertriebsleitern in der Zentrale entschieden vorangetrieben. Es wurden in jedem der Unternehmen gemeinsam mit Mitgliedern der Vertriebsorganisation spezifische Lösungen erarbeitet, die der Grösse und den spezifischen Anforderungen des jeweiligen Unternehmens in höchstem Masse Rechnung tragen. Der allererste Schritt zur Verbesserung der Zusammenarbeit bestand jedoch bei allen drei Unternehmen in der Bereitschaft von Führungskräften der Zentrale, sich selbst und die eigenen Leistungen einer Beurteilung zu stellen. Diese achte und letzte wichtige Folgerung ist gleichzeitig der allererste Schritt für sämtliche Ansätze zur Verbesserung der internationalen Zusammenarbeit. Suchen Sie nach spezifischen Lösungen für Ihre Vertriebsorganisation und prüfen Sie genau, welche Voraussetzungen in Ihrem Unternehmen gegeben sind! Der intensive Austausch mit Vertriebspartnern wird Ihnen bei der Entwicklung von Lösungsalternativen helfen. Treffend hat ein internationaler Distributor der Leica Microsystems diese Forderung an den Hersteller formuliert: „Listen, listen, listen, and then talk.“ 324 Literaturverzeichnis Aaker, David A./Kumar, V./Day, George S. (2001): Marketing Research, 7. Auflage, New York u.a.: John Wiley & Sons, Inc. Achrol, Ravi Singh (1991): Evolution of the Marketing Organization: New Forms for turbulent Environments, in: Journal of Marketing, 55 (October), S. 77-93. Achrol, Ravi Singh/Reve, Torger/Stern, Louis W. 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Anhang 345 Anhang Seite Anhang A Teilnehmer explorativer Einzelinterviews 346 Anhang B Regionale Umsatzverteilung im Jahr 2002 349 Anhang C E-Mail-Kommunikation bei der quantitativen Befragung 350 Anhang D Fragebogen der quantitativen Befragung 353 Anhang E Rücklaufstatistik der Datenerhebung 361 Anhang F Gesamtzufriedenheit europäischer Vertriebspartner 362 Anhang G Gütekriterien der Messmodelle 363 Anhang H Messergebnisse zur Diskriminanzvalidität 370 Anhang I Faktorladungen nach schiefwinkliger Rotation 372 Anhang J Einzel- und Gruppeninterviews im Rahmen der Fallstudien 374 346 Anhang A Teilnehmer explorativer Einzelinterviews Im Folgenden werden die Einzelinterviews, die im Rahmen der Untersuchung geführt wurden, aufgelistet. Sämtliche Interviews hatten explorativen Charakter und folgten der in Absatz 2.4.2.1 dargestellten Vorgehensweise. Anhand der Befragungsteilnehmer können drei Typen von Interviews unterschieden werden: Interviews mit Führungskräften aus dem Herstellerunternehmen (Typ 1), Interviews mit Vertriebspartnern (Typ 2) und Interviews mit sonstigen Experten im Themenbereich des Industriegütervertriebs (Typ 3). Die Angabe des Ortes bezieht sich bei persönlichen Interviews auf den Ort der Durchführung und bei telefonischen Interviews auf den Firmensitz. Birke, Benno (2003), Hoerbiger-Origa Systems GmbH, Geschäftsführer, telefonisches Interview, Typ 1, 17.02.2003, Dauer: 90 Minuten, Altenstadt, Deutschland. Bollinger, Hans-Peter (2002), Wirtgen GmbH, Sales Manager Central Europe, persönliches Interview, Typ 1, 05.08.2002, Dauer: 120 Minuten, Windhagen, Deutschland. Bührer, Alex (2004), McKinsey & Company Schweiz, Partner und Leiter des “Swiss Industrial and High Tech Sectors”, telefonisches Interview, Typ 3, 17.02.2004, Dauer: 60 Minuten, Zürich, Schweiz. Dvorak, Zbynek (2004), Wampfler AG, Geschäftsführer Wampfler Tschechien, telefonisches Interview, Typ 2, 19.04.2004, Dauer: 55 Minuten, Chrudim, Tschechien. Felber, Heinz (2003), Hilti AG, Leiter Marktregion Europa 2, telefonisches Interview, Typ 1, 27.01.2003, Dauer: 120 Minuten, Schaan, Fürstentum Liechtenstein. Filz, Alexander (2004), Mettler-Toledo Gruppe, Head of Communications Mettler-Toledo Group, telefonisches Interview, Typ 1, 14.04.2004, Dauer: 90 Minuten, Greifensee, Schweiz. Dr. Fontana, Giatgen-Peder (2002), Fontana Projects Ltd. Co., Geschäftsführer, persönliches Interview, Typ 3, 04.12.2002, Dauer: 120 Minuten, Bern, Schweiz. Füllemann, Mark (2002), Holcim Group Support Ltd., Direktor, Head Holcim Information Platform, telefonisches Interview, Typ 1, 26.11.2002, Dauer: 55 Minuten, Holderbank, Schweiz. Greschner, Alexander (2004), Ammann Gruppe, Leiter Strategisches Marketing, persönliches Interview, Typ 1, 23.04.2004, Dauer: 90 Minuten, Langenthal, Schweiz. Hatz, Jann J. (2002), Emhart Glass S.A., Vice President Marketing, telefonisches Interview, Typ 1, 26.11.2002, Dauer: 120 Minuten, Cham, Schweiz. Hatz, Jann J. (2004), Emhart Glass S.A., Vice President Marketing, telefonisches Interview, Typ 1, 14.04.2004, Dauer: 80 Minuten, Cham, Schweiz. Haupold, Ralf (2004), Wampfler Representative Office (RO) East and South Europe, Leiter RO, telefonisches Interview, Typ 1, 23.04.2004, Dauer: 120 Minuten, Dresden, Deutschland. Dr. Helling, Volker (2004), Georg Fischer, Automotive, Technology Unit Eisenguss, Leiter Zentrales Marketing und Verkauf, persönliches Interview, Typ 1, 16.07.2004, Dauer: 140 Minuten, Singen, Deutschland. Anhang 347 Hilti, Rupert (2002), Hilti AG, ehemaliger Verantwortlicher Grosskunden International, persönliches Interview, Typ 3, 08.06.2002, Dauer: 90 Minuten, St. Gallen, Schweiz. Ibarth, Michael (2004), Wampfler AG, Product Manager, telefonisches Interview, Typ 1, 07.04.2004, Dauer: 100 Minuten, Weil am Rhein, Deutschland. Issenhuth, Frederic (2002), Novozymes AG, Global Marketing Manager, telefonisches Interview, Typ 1, 26.11.2002, Dauer: 120 Minuten, Dittingen, Schweiz. Jenzer, Lukas (2004), Ammann Gruppe, Leiter Kommunikation weltweit, persönliches Interview, Typ 1, 15.04.2004, Dauer: 45 Minuten, Langenthal, Schweiz. Kistler, Markus (2003), Probst Maveg SA, Leiter Marketing und Verkauf, telefonisches Interview, Typ 2, 03.02.2003, Dauer: 90 Minuten, Lyss, Schweiz. Dr. Klumpp, Thomas (2002), WRH Marketing AG, Direktor Marketing, persönliches Interview, Typ 1, 18.06.2002, Dauer: 90 Minuten, Hinwil, Schweiz. Dr. Klumpp, Thomas (2004), WRH Marketing AG, Direktor Marketing, telefonisches Interview, Typ 1, 05.04.2004, Dauer: 60 Minuten, Hinwil, Schweiz. Koch, Thomas (2003), Ruag AG, Geschäftsbereich Aerospace Aircraft, Marketing- und Verkaufsleiter, telefonisches Interview, Typ 1, 23.01.2003, Dauer: 120 Minuten, Emmen, Schweiz. Kraft, Wolfgang (2003), Ferag Deutschland GmbH, Geschäftsführer, telefonisches Interview, Typ 2, 05.02.2003, Dauer: 90 Minuten, Sulzbach a.T., Deutschland. Kraft, Wolfgang (2004), Ferag Deutschland GmbH, Geschäftsführer, telefonisches Interview, Typ 2, 28.04.2004, Dauer: 60 Minuten, Sulzbach a.T., Deutschland. Kunert, Dieter (2004), ABB Schweiz AG, Geschäftsbereich Low Voltage Products, Leiter Marketing und Vertrieb, persönliches Interview, Typ 1, 20.04.2004, Dauer: 45 Minuten, Baden, Schweiz. Kunst, Thomas (2004), Intraco (Agent der Ferag GmbH für die ehemalige Sowjetunion), Geschäftsführer, telefonisches Interview, Typ 2, 26.04.2004, Dauer: 90 Minuten, Moskau, Russland. Lefevere, Werner (2004), Emhart Glass GmbH, Verkaufsdirektor Markt 2, persönliches Interview, Typ 1, 27.04.2004, Dauer: 60 Minuten, Neuss, Deutschland. Loos, Joëlle (2002), GEMEX Trading, Ehemalige Mitarbeiterin im internationalen Einkauf, persönliches Interview, Typ 3, 04.04.2002, Dauer: 90 Minuten, St. Gallen, Schweiz. Mehrer, Richard (2003), Wampfler GmbH, Manager Group Marketing & International Field Sales, telefonisches Interview, Typ 1, 22.01.2003, Dauer: 120 Minuten, Weil am Rhein, Deutschland. Mittelholzer, Leo (2002), Holcim Schweiz AG, Geschäftsführer, telefonisches Interview, Typ 2, 09.12.2002, Dauer: 90 Minuten, Holderbank, Schweiz. Dr. Mühlmeyer, Joachim (2002), BASF AG, Fine Chemicals Europe, Manager Business Processes, persönliches Interview, Typ 1, 27.05.2002, Dauer: 120 Minuten, Ludwigshafen, Deutschland. Neun, Winfried (2003), K.O.M. GmbH, Geschäftsführer, persönliches Interview, Typ 3, 30.01.2003, Dauer: 60 Minuten, Allensbach, Deutschland. 348 Pöllhuber, Alois (2003), Ferag Austria AG, Geschäftsführer, persönliches Interview, Typ 2, 15.01.2003, Dauer: 60 Minuten, Wien, Österreich. Pritzkow, Jan (2002), Corus Bausysteme GmbH, Export Sales Director, persönliches Interview, Typ 1, 05.08.2002, Dauer: 140 Minuten, Koblenz, Deutschland. Puchner, Gerald (2004), ABB Schweiz AG, Geschäftsbereich Low Voltage Products, Leiter Entwicklung und Konstruktion ABB CMC, persönliches Interview, Typ 1, 13.04.2004, Dauer: 90 Minuten, Baden, Schweiz. Putze, Thomas (2002), Degussa AG, Geschäftsbereich „Goldschmidt Polyurethane Additives“, Business Director Europe, Middle East, Africa, persönliches Interview, Typ 1, 25.06.2002, Dauer: 120 Minuten, Essen, Deutschland. Rufo, Silvano (2004), Rieter Machine Works Ltd., Geschäftsbereich Textile Systems, Geschäftseinheit Parts & After Sales, Marketing Leiter, telefonisches Interview, Typ 1, 15.04.2004, Dauer: 90 Minuten, Winterthur, Schweiz. Saacke, Hans-Herbert (2002), SAACKE GmbH & Co. KG, Geschäftsführer, telefonisches Interview, Typ 1, 11.12.2002, Dauer: 100 Minuten, Bremen, Deutschland. Schenk, Adrian (2004), ABB Schweiz AG, Geschäftseinheit Minerals, Sales Manager Composite Plant Projects, telefonisches Interview, Typ 1, 16.02.2004, Dauer: 90 Minuten, Baden, Schweiz. Schopferer, Jörg (2004), Wampfler Ltda., General Manager, telefonisches Interview, Typ 2, 22.04.2004, Dauer: 70 Minuten, São Luis, Brasilien. Smolen, Rastislav (2004), Smolen (Unabhängige Vertretung der Wampfler AG), Geschäftsführer, Typ 2, Gesprächsleitfaden elektronisch beantwortet am 28.04.2004, Bratislava, Slowakei. Stricker, Markus (2004), Corus International, Vize Director und Vertriebsleiter, telefonisches Interview, Typ 2, 05.04.2004, Dauer: 60 Minuten, Basel, Schweiz. Van Kempen, Pierre (2004), Wampfler B.V., Geschäftsführer, telefonisches Interview, Typ 2, 13.04.2004, Dauer: 120 Minuten, Haarlem, Niederlande. Dr. Walti, Christian (2002), ABB Business Services Ltd., Senior Consultant, persönliches Interview, Typ 1, 22.05.2002, Dauer: 120 Minuten, Baden, Schweiz. Werder, Gustav (2002), Hitachi Schweiz AG, Ehemaliger Geschäftsführer, persönliches Interview, Typ 3, 27.11.2002, Dauer: 180 Minuten, St. Gallen, Schweiz. Wyss, Bernhard (2004), Wampfler Schweiz AG, Geschäftsführer, telefonisches Interview, Typ 2, 13.04.2004, Dauer: 60 Minuten, Thörishaus, Schweiz. Anhang 349 Anhang B Regionale Umsatzverteilung im Jahr 2002 Die folgende Tabelle zeigt die regionale Umsatzverteilung der zwanzig grössten Schweizer Industriegüterhersteller im Jahre 2002. Sämtliche Daten beruhen auf einer Analyse der Geschäftsberichte aus dem Jahr 2003 (Geschäftsberichtsanalyse I, s. Tabelle 2-3, S. 37). Hersteller Europa Regionale Umsatzanteile Nord- und Asien Südamerika Naher, MittGesamtumsatz lerer Osten, 2002 Afrika (in Mio. CHF) ABB 56 % 22 % 14 % 7% 31'008 Schindler k. A. k. A. k. A. k. A. 7'888 Georg Fischer 77 % 11 % 0% 12 % 3'417 Rieter 45 % 31 % 23 % 1% 2'976 SIG 78 % 8% 11 % 3% 2'826 Saurer 35 % 20 % 0% 0% 2'490 Mettler Toledo 40 % 47 % 0% 13 % 2'057 Sulzer 39 % 37 % 19 % 5% 1'946 Unaxis 46 % 23 % 31 % 1% 1'490 Bucher Industries 76 % 13 % 6% 5% 1'481 Bobst 53 % 25 % 18 % 5% 1'478 Bühler 42 % 19 % 13 % 25 % 1'351 Von Roll 79 % 15 % 4% 2% 1'213 Endress+Hauser 67 % 18 % 16 % 2% 1'067 Agie Charmilles 61 % 22 % 17 % 0% 1'009 Ruag 92 % 6% 0% 2% 1'006 Conzzeta 77 % 13 % 0% 10 % 909 Leica Geosystems 50 % 27 % 17 % 6% 790 WMH 54 % 44 % k. A. 2% 756 Kardex Remstar 80 % 15 % 0% 5% 550 Durchschnitt 62 % 22 % 10 % 6% 3'385 Anhang B - 1: Regionale Umsatzverteilung Schweizer Industriegüterhersteller im Jahr 2002 (Geschäftsberichtsanalyse I, s. Tabelle 2-3, S. 37) 350 Anhang C E-Mail-Kommunikation bei der quantitativen Befragung Ankündigung Eine Woche vor dem Versand des Fragebogens wurde an sämtliche potenzielle Teilnehmer eine E-Mail verschickt, in der die bevorstehende Befragung angekündigt und um Mithilfe gebeten wurde (s. Absatz 2.4.2.2, S. 39 ff.). Anhang C - 1: E-Mail zur Vorankündigung der schriftlichen Befragung (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37) Anhang 351 Versand Die folgende Abbildung enthält das Anschreiben, das beim tatsächlichen Versand der Fragebögen verwendet wurde (s. Absatz 2.4.2.2, S. 39 ff.). Der E-Mail hing der Fragebogen als Attachement in Form eines Adobe-PDF-Dokumentes an (s. Anhang D, S. 353 ff.). Anhang C - 2: Anschreiben zur Befragung mit angehängtem Fragebogen (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37) 352 Nachfassaktion Die potenziellen Teilnehmer, die bis zum Verstreichen der Abgabefrist nicht auf die Befragung reagierten, sollten mit dem folgenden Schreiben zu einer Teilnahme bewegt werden (s. Absatz 2.4.2.2, S. 39 ff.). Es war auch bei diesem Schreiben ein Fragebogen angehängt (s. Anhang D, S. 353 ff.). Anhang C - 3: Anschreiben bei der Nachfassaktion (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37) Anhang Anhang D Fragebogen der quantitativen Befragung 353 354 Anhang 355 356 Anhang 357 358 Anhang 359 360 Anhang 361 Anhang E Rücklaufstatistik der Datenerhebung Die folgende Abbildung zeigt die Rücklaufstatistik der quantitativ-empirischen Erhebung differenziert nach postalischer und elektronischer Ansprache der Befragten (s. Vertriebsbefragung 2004, Tabelle 2-3, S. 37). E-Mail Kontakte Kontakte E-Mail 2.000 angeschrieben 1.500 bereinigt (1) 302 302 1.000 bereinigt (2) 93 93 1‘458 1‘458 1‘156 1‘156 500 1‘063 1‘063 400 200 376 376 31 31 25 25 345 345 320 320 14 14 0 Anhang E - 1: 55 226 226 0 Postalische Kontakte Kontakte Postalische geantwortet 1‘834 1‘501 (333) 1‘383 (118) 240 (7) Struktur des Rücklaufs differenziert nach der Art der Ansprache (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37) 22 „Effektiver, bereinigter Rücklauf“ = 17.4 % 362 Anhang F Gesamtzufriedenheit europäischer Vertriebspartner Anhang F - 1 zeigt die Messergebnisse zur Gesamtzufriedenheit, die im Rahmen der quantitativ-empirischen Erhebung (s. Vertriebsbefragung 2004, Tabelle 2-3, S. 37) aus Kontrollgründen als Single-Item Skala erhoben wurde. Overall, how satisfied are you with all aspects of the manufacturer-relationship? 30.00% n=222 26.58% Ø=4.12 25.00% 19.82% % of sample 20.00% 15.32% 15.00% 13.51% 10.81% 10.00% 7.21% 5.00% 4.05% 2.70% 0.00% 0.00% Very Satisfied Anhang F - 1: Satisfied Mainly Satisfied Rather satisfied Neither Rather satisfied nor dissatisfied dissatisfied Mainly Dissatisfied dissatisfied Gesamtzufriedenheit in der Zusammenarbeit mit dem Hersteller Very dissatisfied Anhang 363 Anhang G Gütekriterien der Messmodelle Im Folgenden werden die Messergebnisse der Konstrukte in Bezug auf Gütekriterien erster und zweiter Generation (s. Jensen 2001, S. 96; Homburg/Giering 1996, S. 13; Tabelle 3-2, S. 62) dargestellt. Die Konzeptualisierungen und Operationalisierungen der Konstrukte, auf die sich die Messungen stützen, sind in den jeweiligen Textpassagen der Arbeit im Kontext ihrer Anwendung erläutert (s. Absatz 3.2.2, S. 60 ff.; Absatz 5.3.3, S. 124 ff.; Absatz 6.2.2, S. 142 ff.). Die umklammerten Angaben hinter den Items bezeichnen den Kurznamen der Items, der in der Kausalanalyse verwendet wurde (s. Absatz 3.2.2.1, S. 60 ff. und Abbildung 3-3, S. 68). Zufriedenheit mit dem Hersteller Die Konzeptualisierung und Operationalisierung des Konstruktes „Zufriedenheit mit dem Hersteller“ geht auf Gassenheimer/Ramsey (1994, S. 261) zurück. Drei Indikatoren wurden aufgrund niedriger Reliabilitäten eliminiert, wodurch eine zufrieden stellende Messgüte erreicht wurde. Zufriedenheit mit dem Hersteller (“Channel Member Satisfaction”) Please indicate, how satisfied you are with the Item-to-TotalIndikatort-Wert der following aspects of your relationship with the Korrelation reliabilität Faktorladung manufacturer. eliminiert • New product market opportunities manufacturer provided you. .62 .47 11.19 • Overall “sales support”/relationship with the manufacturer’s sales representative. (SAT1) .64 .52 11.93 • Overall fairness and honesty of manufacturer. (SAT2) .70 .63 13.48 • Interest and concern manufacturer has displayed in helping you accomplish goals and objectives. (SAT3) .70 .63 13.43 • Overall manner you were treated by manufacturer’s regional office or headquarters. (SAT4) eliminiert • Profits generated from manufacturer’s product lines. eliminiert • Sales growth potential from carrying manufacturer’s product lines. Gütekriterien der 1. Generation Globale Gütekriterien der 2. Generation Cronbachsches Alpha .84 .14 (2) χ2-Wert (Freiheitsgrade) Erklärte Varianz .59 p-Wert .93 Lokale Gütekriterien der 2. Generation RMSEA .00 Faktorreliabilität .89 CFI 1.00 Durchschnittlich erfasste Vari.67 AGFI .99 anz Anhang G - 1: Ergebnisse zur Messung des Konstruktes „Zufriedenheit mit dem Hersteller“ 364 Vertrauen in den Hersteller Die verwendete Konzeptualisierung und Operationalisierung des Messmodells „Vertrauen in den Hersteller“ lehnt sich an Ganesan (1994, S. 16) an. Drei Indikatoren wurden aufgrund niedriger Reliabilitäten eliminiert, wodurch eine zufrieden stellende Messgüte erreicht wurde. Insbesondere die gedrehten Indikatoren verschlechterten die Messgüter erheblich. Vertrauen in den Hersteller („Vendor’s credibility“) Your trust in the manufacturer Item-to-TotalIndikatort-Wert der Korrelation reliabilität Faktorladung .50 -* -* • Promises made by the manufacturer’s representatives are reliable. (TRU1) .50 -* -* • The manufacturer does not make false claims. (TRU2) eliminiert • The manufacturer is not open in dealing with you. (R) eliminiert • If problems such as shipment delays arise, the manufacturer is honest about the problems. eliminiert • The manufacturer’s representatives have problems answering your questions. (R) Gütekriterien der 1. Generation Globale Gütekriterien der 2. Generation Cronbachsches Alpha .67 -* χ2-Wert (Freiheitsgrade) Erklärte Varianz .50 p-Wert -* Lokale Gütekriterien der 2. Generation RMSEA -* Faktorreliabilität -* CFI -* Durchschnittlich erfasste Vari-* AGFI -* anz (R): Gedrehter Indikator * Bei zwei Indikatoren hat ein konfirmatorisches Modell eine negative Anzahl von Freiheitsgraden. Die Berechnung dieser Masse ist daher nicht möglich. Anhang G - 2: Ergebnisse zur Messung des Konstruktes „Vertrauen in den Hersteller“ Konfliktniveau mit dem Hersteller Die verwendete Konzeptualisierung und Operationalisierung des Messmodells „Konfliktniveau mit dem Hersteller“ geht auf Mohr et al. (1996, S. 110) zurück. Es wurde eine zufrieden stellende Messgüte erreicht. Konfliktniveau mit dem Hersteller („Level of conflict“) Conflicts with your manufacturer Item-to-TotalIndikatorKorrelation reliabilität .58 .44 • You argue frequently with your manufacturer about business issues. (CON1) • Your arguments with your manufacturer are .70 .86 t-Wert der Faktorladung 9.92 13.34 Anhang 365 very heated. (CON2) .53 .36 9.02 • You disagree with the manufacturer about how you can best achieve your goals. (CON3) Gütekriterien der 1. Generation Globale Gütekriterien der 2. Generation Cronbachsches Alpha .77 -* χ2-Wert (Freiheitsgrade) Erklärte Varianz .55 p-Wert -* Lokale Gütekriterien der 2. Generation RMSEA -* Faktorreliabilität .78 CFI -* Durchschnittlich erfasste Vari.55 AGFI -* anz * Bei drei Indikatoren hat ein konfirmatorisches Modell keine Freiheitsgrade. Die Berechnung dieser Masse ist daher nicht sinnvoll. Anhang G - 3: Ergebnisse zur Messung des Konstrukts „Konfliktniveau mit dem Hersteller“ Verbundenheit mit dem Hersteller Die verwendete Konzeptualisierung und Operationalisierung des Messmodells „verbundenheit mit dem Hersteller“ geht auf Ganesan/Weitz (1996, S. 43) zurück. Zwei Indikatoren wurden aufgrund niedriger Reliabilitäten eliminiert, wodurch eine hohe Messgüte erreicht wurde. Verbundenheit mit dem Hersteller („Affective Commitment“) Your commitment Item-to-TotalIndikatort-Wert der Korrelation reliabilität Faktorladung .62 .47 11.31 • You are proud to be part of the manufacturer organization. (COM1) Eliminiert • You enjoy discussing the manufacturer organization with people from outside. eliminiert • You really care about the fate of the manufacturer. .76 .77 15.67 • You are glad that you work for this manufacturer. (COM2) .65 .53 12.12 • Your values are similar to those of the manufacturer. (COM3) .65 .51 11.95 • You are willing to put extra effort beyond expected to make the manufacturer organization successful. (COM4) Gütekriterien der 1. Generation Globale Gütekriterien der 2. Generation Cronbachsches Alpha .84 .40 (2) χ2-Wert (Freiheitsgrade) Erklärte Varianz .57 p-Wert .82 Lokale Gütekriterien der 2. Generation RMSEA .00 Faktorreliabilität .84 CFI 1.00 Durchschnittlich erfasste .57 AGFI .99 Varianz Anhang G - 4: Ergebnisse zur Messung des Konstruktes „Verbundenheit mit dem Hersteller“ 366 Lokale Verkaufsleistung Die verwendete Konzeptualisierung und Operationalisierung des Messmodells „Lokale Verkaufsleistung“ geht auf Sujan et al. (1994, S. 47) zurück. Drei Indikatoren wurden aufgrund niedriger Reliabilitäten eliminiert, wodurch eine zufrieden stellende Messgüte erreicht wurde. Lokale Verkaufsleistung („Performance“) Please evaluate your performance compared to Item-to-Totalother distributors/subsidiaries of the manufacKorrelation turer .72 • Producing a high market share for your company. (PER1) Indikatorreliabilität t-Wert der Faktorladung .67 14.29 • Making sales of those products with the highest profit margin. (PER2) .58 .41 10.32 • Generating a high level of sales (dollar/euro). (PER3) .65 .55 12.60 • Quickly generating sales of new products. eliminiert • Identifying major accounts and selling to them. eliminiert • Producing sales or contracts with long-term profitability. eliminiert .62 .47 11.35 • Exceeding sales targets and objectives for your territory during the year. (PER4) Gütekriterien der 1. Generation Globale Gütekriterien der 2. Generation Cronbachsches Alpha .81 .59 (2) χ2-Wert (Freiheitsgrade) Erklärte Varianz .53 p-Wert .74 Lokale Gütekriterien der 2. Generation RMSEA .00 Faktorreliabilität .82 CFI 1.00 Durchschnittlich erfasste .53 AGFI .99 Varianz Anhang G - 5: Ergebnisse zur Messung des Konstruktes „Lokale Verkaufsleistung“ Lokaler Markterfolg Die verwendete Konzeptualisierung und Operationalisierung des Messmodells „Lokaler Markterfolg“ lehnt sich an Cravens et al. (1993, S. 58) an. Ein Indikator wurde aufgrund niedriger Reliabilität eliminiert, wodurch eine zufrieden stellende Messgüte erreicht wurde. Lokaler Markterfolg („Sales effectiveness“) Relative to your businesses largest competitor, Item-to-Totalhow is… Korrelation .82 • Your overall sales volume with your manu- Indikatorreliabilität .89 t-Wert der Faktorladung 17.89 Anhang 367 facturer’s products. (EFF1) .58 .36 9.96 • Your overall profitability with manufacturer’s products. (EFF2) .82 .88 17.65 • Market share with manufacturer’s products. (EFF3) eliminiert • The annual sales growth with manufacturer’s products. Gütekriterien der 1. Generation Globale Gütekriterien der 2. Generation Cronbachsches Alpha .86 -* χ2-Wert (Freiheitsgrade) Erklärte Varianz .71 p-Wert -* Lokale Gütekriterien der 2. Generation RMSEA -* Faktorreliabilität .88 CFI -* Durchschnittlich erfasste .71 AGFI -* Varianz * Bei drei Indikatoren hat ein konfirmatorisches Modell keine Freiheitsgrade. Die Berechnung dieser Masse ist daher nicht sinnvoll. Anhang G - 6: Ergebnisse zur Messung des Konstruktes „Lokaler Markterfolg“ Grad der Zentralisierung Die verwendete Konzeptualisierung und Operationalisierung des Messmodells „Zentralisierung“ geht auf Ferrell/Skinner (1988, S. 107 f.) zurück. Ein Indikator wurde aufgrund niedriger Reliabilität eliminiert, wodurch eine zufrieden stellende Messgüte erreicht wurde. Grad der Zentralisierung („Centralization“) Thinking about your relationship with the Item-to-TotalIndikatort-Wert der manufacturer, would you say… Korrelation reliabilität Faktorladung .45 .24 7.34 • Any major decision that you make has to have the manufacturer’s approval. .61 .46 10.71 • In your dealings with the manufacturer, even quite small matters have to be referred to someone higher up for a final answer. eliminiert • Your dealings with this manufacturer are subject to a lot of rules and procedures stating how various aspects of your job are to be done. .64 .63 12.80 • You have to ask manufacturer’s reps before you do almost anything in your business. .63 .59 12.38 • You can take very little action on your own until the manufacturer or his reps approve it. Gütekriterien der 1. Generation Globale Gütekriterien der 2. Generation Cronbachsches Alpha .78 6.21 (2) χ2-Wert (Freiheitsgrade) Erklärte Varianz .48 p-Wert .05 Lokale Gütekriterien der 2. Generation RMSEA .09 Faktorreliabilität .78 CFI .98 Durchschnittlich erfasste .48 AGFI .93 Varianz Anhang G - 7: Ergebnisse zur Messung des Konstruktes „Grad der Zentralisierung“ 368 Grad der Formalisierung Die verwendete Konzeptualisierung und Operationalisierung des Messmodells „Grad der Formalisierung“ geht auf Ferrell/Skinner (1988, S. 107) zurück. Vier Indikatoren wurden aufgrund niedriger Reliabilitäten eliminiert. Durch den Ausschluss der Indikatorvariablen konnte keine wesentliche Verbesserung der Messgüte erreicht werden. Wie bereits im Text erläutert (s. Abschnitt 6.2, S. 139) muss die Interpretation deshalb mit entsprechender Vorsicht erfolgen und die Einschränkungen der Inhaltsvalidität des Konstruktes berücksichtigen. Die Messgüte des Konstruktes wird deshalb als mangelhaft eingestuft. Grad der Formalisierung („Formalization“) Bezeichnung des Indikators Item-to-TotalIndikatort-Wert der Korrelation reliabilität Faktorladung eliminiert • If a written rule does not cover some situation, you make up informal rules for doing things as you go along. (R) .42 -* -* • There are many things in your business that are not covered by some formal procedures for doing it. (R) eliminiert • Usually, your contact with your manufacturer and his representatives involves things “by the rule book”. eliminiert • Contact with your manufacturer and his representatives are on a formal preplanned basis. .42 -* -* • You ignore the rules and reach informal agreements to handle some situations. (R) eliminiert • When rules and procedures exist with your manufacturer, they are usually written agreements. Gütekriterien der 1. Generation Globale Gütekriterien der 2. Generation Cronbachsches Alpha .60 χ2-Wert (Freiheitsgrade) Erklärte Varianz .42 p-Wert -* Lokale Gütekriterien der 2. Generation RMSEA -* Faktorreliabilität -* CFI -* Durchschnittlich erfasste -* AGFI -* Varianz (R): Gedrehter Indikator * Bei zwei Indikatoren hat ein konfirmatorisches Modell eine negative Anzahl von Freiheitsgraden. Die Berechnung dieser Masse ist daher nicht möglich. Anhang G - 8: Ergebnisse zur Messung des Konstruktes „Grad der Formalisierung“ Ergebnisorientierung des Führungsstils Die verwendete Konzeptualisierung und Operationalisierung des Messmodells „Ergebnisorientierung des Führungsstils“ geht auf Jaworski/MacInnis (1989, S. 416) zu- Anhang 369 rück. Ein Indikator wurde aufgrund niedriger Reliabilitäten eliminiert, wodurch eine hohe Messgüte erreicht wurde. Ergebnisorientierung des Führungsstils („Output control“) Bezeichnung des Indikators Item-to-TotalIndikatort-Wert der Korrelation reliabilität Faktorladung .65 .56 12.13 • Specific performance goals are established for your local sales organization. .83 .63 18.10 • The manufacturer monitors the extent to which you reach your performance goals. .73 .87 14.23 • If your performance goals were not met, you would have to explain why. .70 .50 13.08 • You receive feedback from the manufacturer concerning the extent to which you achieve your goals. eliminiert • Your pay/salary increases are based upon your performance. Gütekriterien der 1. Generation Globale Gütekriterien der 2. Generation Cronbachsches Alpha .87 .90 (2) χ2-Wert (Freiheitsgrade) Erklärte Varianz .64 p-Wert .64 Lokale Gütekriterien der 2. Generation RMSEA .00 Faktorreliabilität .88 CFI 1.00 Durchschnittlich erfasste .64 AGFI .99 Varianz Anhang G - 9: Ergebnisse zur Messung des Konstruktes „Ergebnisorientierung des Führungsstils“ Prozessorientierung des Führungsstils Die verwendete Konzeptualisierung und Operationalisierung des Messmodells „Prozessorientierung des Führungsstils“ geht auf Jaworski/MacInnis (1989, S. 416) zurück. Es wurde eine sehr hohe Messgüte erreicht. Prozessorientierung des Führungsstils („Process control“) Bezeichnung des Indikators Item-to-TotalIndikatort-Wert der Korrelation reliabilität Faktorladung .75 .75 15.84 • The manufacturer monitors the extent to which you follow established procedures. .76 .76 15.92 • The manufacturer evaluates the procedures you use to accomplish a given task. .67 .50 11.90 • The manufacturer modifies your procedures when desired results are not obtained. .61 .41 10.47 • You receive feedback on how you accomplish your performance goals. Gütekriterien der 1. Generation Globale Gütekriterien der 2. Generation Cronbachsches Alpha .86 9.71 (2) χ2-Wert (Freiheitsgrade) Erklärte Varianz .60 p-Wert .01 Lokale Gütekriterien der 2. Generation RMSEA .13 370 Faktorreliabilität .86 CFI .98 Durchschnittlich erfasste .61 AGFI .90 Varianz Anhang G - 10: Ergebnisse zur Messung des Konstruktes „Prozessorientierung des Führungsstils“ Anhang H Messergebnisse zur Diskriminanzvalidität Um die Diskriminanzvalidität der verwendeten Konstrukte zu überprüfen, wurden zwei Konstruktverbunde zu „einstellungsbezogenen Wirkungen“ und „ökonomischen Wirkungen“ gebildet. Diese wurden jeweils durch eine explorative Faktorenanalyse und das Fornell-Larcker Kriterium auf das Vorliegen hinreichender Diskriminanzvalidität untersucht (s. auch Homburg 2000, S. 111 f.). Konstruktverbund „Einstellungsbezogene Wirkungen“ Zum Konstruktverbund der einstellungsbezogenen Wirkungen zählen die Konstrukte „Vertrauen in den Hersteller“, „Konfliktniveau mit dem Hersteller“ und „Verbundenheit mit dem Hersteller“, die allesamt durch die Zufriedenheit beeinflusst werden (s. Anhang G - 2, S. 364; Anhang G - 3, S. 365; Anhang G - 4, S. 365 und Abbildung 3-4, S. 70). Sowohl die explorative Faktorenanalyse als auch die Überprüfung des FornellLarcker Kriteriums lassen auf eine hinreichende Diskriminierung zwischen den Konstrukten schliessen (s. Anhang H - 1, S. 370 und Anhang H - 2, S. 371). Explorative Faktorenanalyse Konstruktverbund „Einstellungsbezogene Wirkungen“ Faktor Indikator Faktorladungen (nach Varimax Rotation) Faktor 1 Faktor 2 Faktor 3 Trust H01 .118 -.182 .809 H02 .272 -.123 .549 Conflicts H06 -.038 -.158 .652 H07 .001 -.048 .937 H08 -.121 -.123 .583 Commitment H09 -.102 .286 .636 H12 -.127 .156 .842 H13 -.081 .171 .707 H14 .043 .031 .751 Durch die Faktoren erklärte Varianz 25.35 % 19.19 % 12.61 % Anhang H - 1: Ergebnisse der explorativen Faktorenanalyse zum Konstruktverbund „Einstellungsbezogene Wirkungen“ Faktor Trust Fornell-Larcker Kriterium Konstruktverbund „Einstellungsbezogene Wirkungen“ Faktor 3 Faktor 2 Durchschnittlich er.503 .551 fasste Varianz (DEV) .503 Faktor 1 .571 Anhang Conflicts 371 .551 .102 Commitment .571 .236 .026 2 49.03 (24) χ -Wert (Freiheitsgrade) p-Wert .002 RMSEA .066 CFI .965 AGFI .920 Anhang H - 2: Überprüfung des Fornell-Larcker Kriteriums für den Konstruktverbund „Einstellungsbezogene Wirkungen“ Konstruktverbund „Ökonomische Wirkungen“ Zum Konstruktverbund der ökonomischen Wirkungen zählen die Konstrukte „Lokale Verkaufsleistung“ und „Lokaler Markterfolg“ (s. Anhang G - 5, S. 366 und Anhang G - 6, S. 367). Sowohl die explorative Faktorenanalyse als auch die Überprüfung des Fornell-Larcker Kriteriums lassen auf eine hinreichende Diskriminierung zwischen den beiden Konstrukten schliessen (s, Anhang H - 3, S. 371 und Anhang H - 4, S. 371). Explorative Faktorenanalyse Konstruktverbund „Ökonomische Wirkungen“ Faktor Indikator Faktorladungen (nach Oblimin Rotation) Faktor 1 Faktor 2 Relative Performance I01 -.212 .710 I02 .097 .714 I03 -.018 .705 I07 -.051 .659 Sales Effectiveness I08 -.020 -.961 I09 .212 -.465 I10 -.049 -.969 Durch die Faktoren erklärte Varianz 49.86 % 11.72 % Anhang H - 3: Ergebnisse der explorativen Faktorenanalyse zum Konstruktverbund „Ökonomische Wirkungen“ Faktor Rel. Performance Sales Effectiveness Fornell-Larcker Kriterium Konstruktverbund „Ökonomische Wirkungen“ Faktor 1 Durchschnittlich er.529 fasste Varianz (DEV) .529 .709 Faktor 2 .709 .424 56.22 (13) χ2-Wert (Freiheitsgrade) p-Wert .00 RMSEA .12 CFI .95 AGFI .86 Anhang H - 4: Überprüfung des Fornell-Larcker Kriteriums für den Konstruktverbund „Ökonomische Wirkungen“ 372 Anhang I Faktorladungen nach schiefwinkliger Rotation Um die Methodeninvarianz zu überprüfen und die inhaltliche Nähe der Teilaspekte der Zusammenarbeit mit dem Hersteller zu berücksichtigen, wurde eine explorative Faktorenanalyse mit der schiefwinkligen Oblimin-Rotation durchgeführt. Um ein Maximum an Korrelation zwischen den Faktoren zuzulassen, wurde ein Delta von Null definiert. Anhang I - 1 zeigt die Ergebnisse der Analyse. Die Faktorladungen lassen auch in diesem Fall eine eindeutige Zuordnung zu den sieben Faktoren zu. Faktoren und Faktorladungen (nach schiefwinkliger Rotation) New product market opportunities The width of the products and services offered Quality and design of products and services Frequency of introducing new products or services Order handling by manufacturer Meeting of promised delivery dates Availability of products and replacement parts Support with manuals, handbooks, etc. Sales promotion material and documentations Manufacturer credit policies Customer financing programs Incentive programs (bonuses, contests, trips) Sales support relationship with the sales rep Overall fairness and honesty of manufacturer Interest and concern to help you Overall manner you were treated Dealing with your local customs and values Way of respecting and treating your local culture 1 2 3 4 5 6 7 -.534 -.138 -.151 .121 -.003 .073 .046 -.624 .006 -.093 -.050 .029 .007 -.104 -.460 -.196 -.106 -.155 .010 .036 -.178 -.567 .022 -.014 .124 .134 -.009 .105 .019 -.647 -.109 .087 .135 .057 .083 .067 -.717 .068 -.026 .029 .036 -.121 -.132 -.760 .044 .008 .000 -.043 -.011 -.195 .143 -.673 -.032 .040 .044 -.198 -.060 -.093 -.654 .066 .074 -.020 .003 .024 .032 .067 .430 .094 .071 -.164 -.050 -.045 -.041 .744 -.076 -.051 .019 -.010 -.003 -.012 .657 .028 .039 -.020 -.147 -.043 -.216 .025 .496 -.024 -.040 .041 -.074 -.057 -.065 .681 .064 -.150 -.068 -.080 -.002 .034 .727 .008 .048 .005 .012 .044 .028 .824 -.001 .022 -.254 -.080 .096 .060 -.051 .638 -.114 -.159 .017 .161 -.031 .247 .708 -.167 Anhang 373 Understanding your language Similarity of your values and the manufacturer’s Manufacturer's response times to your requests Timeliness of receiving necessary information Completeness of information you get Anhang I - 1: .177 .004 -.178 .090 -.013 .608 .215 .129 -.194 -.134 .038 .132 .443 -.095 -.020 -.201 -.108 .082 -.023 .118 -.531 -.017 -.091 -.041 .132 .084 -.077 -.665 .023 -.024 -.140 .094 .182 .056 -.538 Ergebnisse der explorativen Faktorenanalyse der 23 Zufriedenheitsindikatoren 374 Anhang J Einzel- und Gruppeninterviews im Rahmen der Fallstudien Im Folgenden werden die explorativen Einzel- und Gruppeninterviews aufgelistet, die im Rahmen der Fallstudien geführt wurden. Die Angabe des Ortes bezieht sich bei persönlichen Interviews auf den Ort der Durchführung und bei telefonischen Interviews auf den Firmensitz. Fallstudie „Leica Microsystems“ (s. „Befragung Leica I“, Tabelle 2-3, S. 37) Dr. Reuter, Wolf-Otto, President und CEO; Vogler, Martin R., Vice President und Managing Director European and Direct Sales Management (2004), Leica Microsystems, persönliches Gruppeninterview, 13.09.2004, Dauer: 120 Minuten, Flims, Schweiz. Vogler, Martin R. (2004), Leica Microsystems, Vice President und Managing Director European and Direct Sales Management, persönliches Einzelinterview, 19.01.2004, Dauer: 30 Minuten, St. Gallen, Schweiz. Vogler, Martin R. (2004), Leica Microsystems, Vice President und Managing Director European and Direct Sales Management, persönliches Einzelinterview, 18.06.2004, Dauer: 120 Minuten, St. Gallen, Schweiz. Vogler, Martin R. (2004), Leica Microsystems, Vice President und Managing Director European and Direct Sales Management, persönliches Einzelinterview, 14.10.2004, Dauer: 30 Minuten, Flims, Schweiz. Fallstudie „Nanosurf AG“ (s. „Befragung Nanosurf I“, Tabelle 2-3, S. 37) Dr. Scandella, Loris (2003), Nanosurf AG, Head of Sales & Marketing, persönliches Einzelinterview, 17.05.2003, Dauer: 120 Minuten, Basel, Schweiz. Dr. Scandella, Loris (2003), Nanosurf AG, Head of Sales & Marketing, persönliches Einzelinterview, 01.07.2003, Dauer: 60 Minuten, St. Gallen, Schweiz. Dr. Sum, Robert (2002), Nanosurf AG, CEO, telefonisches Einzelinterview, 05.11.2002, Dauer: 120 Minuten, Liestal, Schweiz. Dr. Sum, Robert, CEO; Dr. Braendlin, Dominik, Head of Development; Dr. Howald, Lukas, Chairman; Dr. Scandella, Loris, Head of Sales & Marketing (2003), Nanosurf AG, persönliches Gruppeninterview, 12.06.2003, Dauer: 180 Minuten, Liestal, Schweiz. Dr. Sum, Robert, CEO; Dr. Scandella, Loris, Head of Sales & Marketing (2003), Nanosurf AG, persönliches Gruppeninterview, 16.07.2003, Dauer: 60 Minuten, Liestal, Schweiz. Fallstudie „Gallus Ferd. Rüesch AG“ (s. „Befragung Gallus I“, Tabelle 2-3, S. 37) Aarestrup, Klaus, Leiter Marketing und Vertrieb; Mattle, Paul, Produktmanager (2004), Gallus Ferd. Rüesch AG, persönliches Gruppeninterview, 23.01.2004, Dauer: 90 Minuten, St. Gallen, Schweiz. Aarestrup, Klaus, Leiter Marketing und Vertrieb; Gerschwiler, Gerda, Leiterin Marketing Communication; Mattle, Paul, Produktmanager (2004), Gallus Ferd. Rüesch AG, Anhang 375 persönliches Gruppeninterview, 06.04.2004, Dauer: 80 Minuten, St. Gallen, Schweiz. Aarestrup, Klaus, Leiter Marketing und Vertrieb (2004), Gallus Ferd. Rüesch AG, persönliches Einzelinterview, 22.06.2004, Dauer: 35 Minuten, St. Gallen, Schweiz. Aarestrup, Klaus, Leiter Marketing und Vertrieb; Gerschwiler, Gerda, Leiterin Marketing Communication; Mattle, Paul, Produktmanager (2004), Gallus Ferd. Rüesch AG, persönliches Gruppeninterview, 13.08.2004, Dauer: 120 Minuten, St. Gallen, Schweiz. Fallstudie „BASF AG“ (s. „Befragung BASF I“, Tabelle 2-3, S. 37) Beenken, Laura Ana (2004), Head of Sales & Supply Center Pharma and Nutrition, BASF Fine Chemicals Europe, Africa, West Asia (RBU FCE), persönliches Einzelinterview, 02.04.2004, Dauer: 100 Minuten, Ludwigshafen, Deutschland. Cepheli, Tanju, Account Manager Pharma and Cosmetics; Demirkuşak, Olcay, Sales Support Pharma and Nutrition; Akyel, Idil Gulbalkan, Sales Coordination and Support BCI and BCD, BASF Fine Chemicals Europe, Africa, West Asia (RBU FCE), persönliches Gruppeninterview, 01.06.2004, Dauer: 120 Minuten, Istanbul, Türkei. Dufrenoy, Carole (2004), Account Manager Pharma (SSC), BASF Fine Chemicals Europe, Africa, West Asia (RBU FCE), persönliches Einzelinterview, 21.04.2004, Dauer: 120 Minuten, Ludwigshafen, Deutschland. Ervine, Sarah (2004), Head of Sales Pharma, BASF Fine Chemicals Europe, Africa, West Asia (RBU FCE), persönliches Einzelinterview, 21.04.2004, Dauer: 240 Minuten, Ludwigshafen, Deutschland. Gökce, Levent (2004), Head of Sales BC Istanbul & BC Dubai, BASF Fine Chemicals Europe, Africa, West Asia (RBU FCE), persönliches Einzelinterview, 01.06.2004, Dauer: 120 Minuten, Istanbul, Türkei. Hintz, Michael (2004), Key Account Manager Pharma, BASF Fine Chemicals Europe, Africa, West Asia (RBU FCE), persönliches Einzelinterview, 06.05.2004, Dauer: 120 Minuten, Ludwigshafen, Deutschland. Hoffmann, Peter, Head of Marketing Pharma Solutions; Dr. Geiselhart, Verena, Technical Marketing Manager Pharma; Gieger, Ursula, Marketing Manager Pharma (2004), BASF Fine Chemicals Europe, Africa, West Asia (RBU FCE), persönliches Gruppeninterview, 06.05.2004, Dauer: 120 Minuten, Ludwigshafen, Deutschland. Janning, Annie (2004), Account Manager Pharma (SSC), BASF Fine Chemicals Europe, Africa, West Asia (RBU FCE), persönliches Einzelinterview, 21.04.2004, Dauer: 120 Minuten, Ludwigshafen, Deutschland. Kelly, Mark (2004), Account Manager Pharma, BASF Fine Chemicals Europe, Africa, West Asia (RBU FCE), persönliches Einzelinterview, 29.04.2004, Dauer: 120 Minuten, Wädenswil, Schweiz. Lyons, Roger (2004), Senior Account Manager Pharma, BASF Fine Chemicals Europe, Africa, West Asia (RBU FCE), telefonisches Einzelinterview, 07.05.2004, Dauer: 90 Minuten, Cheadle, England. 376 Schnabel, Erhard (2004), Senior Account Manager Pharma, BASF Fine Chemicals Europe, Africa, West Asia (RBU FCE), telefonisches Einzelinterview, 13.05.2004, Dauer: 120 Minuten, Ludwigshafen, Deutschland. Wenzler, Thiebaut (2004), Key Account Manager Pharma, BASF Fine Chemicals Europe, Africa, West Asia (RBU FCE), persönliches Einzelinterview, 17.05.2004, Dauer: 120 Minuten, Paris, Frankreich. Zezelj, Marijana (2004), Account Manager Pharma (SSC), BASF Fine Chemicals Europe, Africa, West Asia (RBU FCE), persönliches Einzelinterview, 27.04.2004, Dauer: 120 Minuten, Ludwigshafen, Deutschland. Fallstudie „BASF AG“ (s. „Befragung BASF II“, Tabelle 2-3, S. 37) Lappas, Michael (2004), BASF Fine Chemicals Europe (RBU FCE), Africa, West Asia, Business Director Pharma and Human Nutrition, persönliches Einzelinterview, 02.04.2004, Dauer: 100 Minuten, Ludwigshafen, Deutschland. Lappas, Michael (2004), BASF Fine Chemicals Europe (RBU FCE), Africa, West Asia, Business Director Pharma and Human Nutrition, persönliches Einzelinterview, 11.06.2004, Dauer: 90 Minuten, St. Gallen, Schweiz. Lappas, Michael, Business Director Pharma and Human Nutrition (RBU FCE); Eyer, Wolfgang, Mitarbeiter Management Recruiting (2004), BASF Fine Chemicals Europe, Africa, West Asia (RBU FCE), persönliches Gruppeninterview, 10.02.2004, Dauer: 120 Minuten, Ludwigshafen, Deutschland. Dr. Meyer, Joachim, Group Vice President RBU FCE; Lappas, Michael, Business Director Pharma and Human Nutrition (2004), BASF Fine Chemicals Europe, Africa, West Asia (RBU FCE), persönliches Gruppeninterview, 29.03.2004, Dauer: 70 Minuten, Ludwigshafen, Deutschland. Dr. Meyer, Joachim, Group Vice President RBU FCE; Lappas, Michael, Business Director Pharma and Human Nutrition (2004), BASF Fine Chemicals Europe, Africa, West Asia (RBU FCE), persönliches Gruppeninterview, 24.09.2004, Dauer: 180 Minuten, Ludwigshafen, Deutschland. Dr. Meyer, Joachim, Group Vice President RBU FCE; Lappas, Michael, Business Director Pharma and Human Nutrition; Beenken, Laura Ana, Head of Sales & Supply Center Pharma and Nutrition; Dufrenoy, Carole, Account Manager Pharma (SSC); Gieger, Ursula, Marketing Manager Pharma Solutions (2004), BASF Fine Chemicals Europe, Africa, West Asia (RBU FCE), persönliches Gruppeninterview, 16.11.2004, Dauer: 140 Minuten, Ludwigshafen, Deutschland. Lebenslauf Christian Schmitz, geboren am 18. April 1978 in Siegburg, Deutschland. Werdegang: 1988 – 1997 Gymnasium am Ölberg, Abschluss: Allgemeine Hochschulreife, Königswinter-Oberpleis, Deutschland. 1997 – 1999 Studium der Wirtschaftswissenschaften, Gerhard-Mercator- Universität Duisburg, Abschluss: Vordiplom, Duisburg, Deutschland. 1999 – 2001 Studium der Betriebswirtschaftslehre, Diplomarbeit „Ganzheitliches Controlling des Kundenmanagements” bei Prof. Dr. Bernd Stauss, Lehrstuhl für Dienstleistungsmanagement und ABWL, Abschluss: Diplom, Katholische Universität Eichstätt, Ingolstadt, Deutschland. 2001 Auslandsstudium an der European Business School (EBS), London, England. 2001 – 2002 Doktorandenstudium an der Universität St.Gallen (HSG), Fachprogramm Marketing, St. Gallen, Schweiz. 2001 – 2005 Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Kompetenzzentrum für Businessto-Business Marketing am Institut für Marketing und Handel (IMHHSG), Universität St.Gallen, St. Gallen, Schweiz. Anmerkungen, Fragen und Kritik sind herzlich willkommen. E-Mail: [email protected]