Ephemeridenberechnung

Werbung
Ephemeridenberechnung
Denknix
8. Oktober 2013
Online Version http://www.denknix.com
2
1 Einführung
Auf den folgenden Seiten werden ich versuchen einige Grundlagen der Ephemeridenberechnung zu vermitteln. Die Ephemeridenberechnung befasst sich mit der Berechnung
der Position von Himmelskörpern insbesondere der Planeten.
Für viele Hobbyastronomen steht die praktische Beobachtung des Sternenhimmels
im Vordergrund. Wenn Sie sich darüber hinaus gehend aber fragen wie ein Computerprogramm die Position von Planeten berechnet, welche Sie mit Ihrem Teleskop gerade
anvisieren, dann sind Sie auf diesen Seiten hier richtig.
Die Ephemeridenberechnung gilt als trockenes und theoretisches Thema. Diese meist
als Vorwurf gemachten Charakterisierungen sind in gewisser Weise zutreffend, denn
außer ein Blatt Papier, einen Bleistift und vor allem Ihren Verstand werden Sie nichts
benötigen.
Wenn Sie sich aber auf die Fragestellungen einlassen, dann werden Sie vor allem
durch Verstehen und Erkenntnis belohnt werden.
Der Weg zum Verständnis ist allerdings manchmal mühevoll. Zur Marscherleichterung habe ich den Weg in Etappen eingeteilt:
Im Kapitel 2 werden wir die Planetenpositionen näherungsweise unter Benutzung
von Vereinfachungen (z.B. Kreisbahn) berechnen. An mathematischen Kenntnissen
genügt Realschulwissen. An manchen Stellen ist vielleicht auch Oberstufenwissen notwendig. Diese Kapitel ist in sich abgeschlossen und beschreibt den kompletten Weg
ausgehend von den physikalischen Grundlagen, über die eigentlichen Positionsberechnung, bis zum Auffinden eines Planeten am Nachthimmel. In die HTML-Seiten sind
interaktive Elemente eingebaut, so dass man auf Bleistift und Papier auch verzichten
kann.
Im Kapitel 3 werden wir dann die Genauigkeit der Berechnung steigern indem wir
zu elliptischen Planetenbahnen übergehen und die Keplergleichung lösen.
Am Ende im Kapitel 4 finden Sie noch ein Nachschlagewerk, welches die wichtigsten
mathematischen Grundlagen erklärt.
3
2 Kreisförmige Planetenbahn
Im Folgenden werde ich Ihnen eine einfache Methode zur Planetenpositionsberechnung
vorstellen.
Mit Hilfe dieser Methode werden Sie in der Lage sein eine Planetenposition mit
einfachen Hilfsmitteln zu berechnen.
Dabei werden Sie nicht einfach Zahlen in Ihnen unbekannte Formel eintragen, stattdessen geht es darum die Berechnung wirklich zu verstehen. Am Ende können Sie sich
eine Sternkarte mit der berechneten Planetenposition zeichnen lassen. Diese können
Sie sich ausdrucken und dann am Nachthimmel kontrollieren, ob die Rechnung korrekt
war.
Bezüglich Mathematik und Physik beschränke ich mich auf das, was aus der Schule
bekannt sein sollte.
Damit die Berechnungen einfach bleiben sind einige Vereinfachungen notwendig: So
gehen wir im folgenden von kreisförmigen Planetenbahnen aus, was die mathematischen Berechnungen stark vereinfacht. Eigentlich folgen die Planeten ellipsenförmigen
Bahnen. Doch wenn wir nur Venus oder Mars mit bloßem Auge beobachten wollen,
dann ist die Genauigkeit, welche wir mit dieser Vereinfachung erreichen, immer noch
ausreichend.
Bei den physikalischen Grundlagen werde ich auch Abstriche machen müssen, so
dass Fragen offen bleiben.
Ich hoffe, dass Sie sich mit diesen offenen Fragen nicht einfach abfinden, sondern
dass ich Sie hinreichend motiviert habe sich mit dem Thema weiter zu befassen.
Der letzte Abschnitt 2.4 in diesem Kapitel leitet die kreisförmige Planetenbahn mathematisch aus dem Gravitationsgesetz und den Newtonschen Axiomen ab. Wenn Sie
nur an der Positionsberechnung interessiert sind, dann müssen Sie diesen Abschnitt
nicht unbedingt lesen. Die Mathematik in diesem Abschnitt ist aber sehr einfach, so
dass zumindest ein Versuch nicht schaden kann. Wenn Sie an solchen Berechnungen
Spaß haben, können Sie mit dem nächsten Kapitel 3 fortfahren.
2.1 Physik der Planetenbewegung
2.1.1 Universum 1: Nur die Erde
Die Planeten (z.B. Venus, Erde oder Mars) kreisen um die Sonne. Das wissen Sie
hoffentlich noch aus dem Schulunterricht. Warum tun Sie das eigentlich?
Nun, das liegt an den Kräften, welche auf die Planeten wirken. Nehmen wir zuerst
einmal an, das Universum bestünde nur aus der Erde: Im Prinzip eine gigantische
4
Earth
Empty space
Empty space
12700 km
Abbildung 2.1: Ein langweiliges Modell des Universums
Kugel mit einem Durchmesser von 12700 km und einer Masse von 5.91024 kg. Was
würde passieren? Die Antwort ist: Nichts würde passieren.
Stünde die Erde irgendwo im Universum still, dann würde sie auch weiterhin für
alle Zeit still stehen.
Hätte sie von Anfang an eine Geschwindigkeit, dann würde sie sich für alle Zeit mit
dieser Geschwindigkeit bewegen. Warum sollte sie auch etwas anderes tun? In einem
solch leeren Universum gäbe es ja niemanden, welcher eine Kraft auf die Erde ausüben
könnte.
Da das Weltall ja luftleer ist, gibt es auch keinerlei Reibung, welche die Erde irgendwie bremsen könnten.
2.1.2 Die Newtonschen Axiome
Das Verhalten dieser hypothetischen Erde wird durch das erste Newtonsche Axiom das
Trägheitsgesetz beschrieben. Dieses besagt, dass ein Körper seinen Bewegungszustand
(Richtung und Geschwindigkeit) beibehält, wenn keine Kraft auf ihn wirkt.
Jaja, ich weiß, das ist jetzt schon wieder diese Physikersprache, welche da von
Körpern und Bewegungszuständen spricht. Ein auf den ersten Blick merkwürdige Sprache, welche aber ihre Berechtigung hat: Für das 1. Newtonsche Axiom ist es eben völlig
irrelevant ob da ein Apfel, eine Gurke oder die Erde durch das Universum fliegt. Das
Axiom ist universal, es gilt für alle Körper.
Es gibt noch 3 weitere Newtonsche Axiome, welche das Verhalten von Körpern
unter einem Krafteinfluss beschreiben. So besagt das 2. Newtonsche Axiom, dass ein
Körper in Richtung der Kraft, welche auf ihn wirkt beschleunigt wird. Die Größe der
Beschleunigung ist dabei umso größer, je größer die Kraft ist. Gleichzeitig gilt, dass
schwere Körper (große Masse) bei gleicher Kraft weniger stark beschleunigt werden als
leichte Körper.
Die 4 Newtonsche Axiome sind ein Regelwerk mit Hilfe dessen man die Bewegung
beliebiger Körper unter einem Krafteinfluss berechnen kann.
Interessant zu erwähnen ist noch die Tatsache, dass die Newtonschen Axiom quasi
vom Himmel fallen. D.h. diese Axiome können nicht in einem mathematischen Sinn
bewiesen werden. Es sind einfach Erfahrungstatsachen, welche die Welt in bestimmten
Grenzen richtig beschreiben.
5
Abbildung 2.2: Zum Größenvergleich von Erde und Sonne: Stellen Sie sich die Sonne
als ein Fußball an einem Elfmeterpunkt vor und die Erde als Erbse am
anderen Elfmeterpunkt.
2.1.3 Universum 2: Erde und Sonne
Wir erweitern nun unser Universum um die Sonne. Geometrisch betrachtet ist die
Sonne eine Kugel mit 110 fachem Erddurchmesser: 1.4 Millionen km. Die Sonne ist
ungefähr 150 Millionen km von der Erde entfernt.
Wenn wir die Sonne gedanklich auf Fußballgröße (Durchmesser 70 cm) schrumpfen
lassen würden, dann würde sich die Erde in 75 m Entfernung von der Sonne befinden
und sie hätte dann selbst einen Durchmesser von 0.63 cm. Stellen Sie sich die Sonne
als Fußball an einem Elfmeterpunkt eines Fußballfeldes vor und die Erde als Erbse am
anderen Elfmeterpunkt: Jetzt haben Sie einen Eindruck von den Größenverhältnissen
im Sonnensystem.
Unser Universum besteht nun aus zwei Himmelkörpern: der Erde und der Sonne.
Wenn wir es dabei belassen würden, dann wäre unser Universum noch immer ziemlich
langweilig und unrealistisch: Erde und Sonne würden sich gemäß des Newtonschen
Tragheitsaxioms verhalten. Stünden beide still so würden sie bis in alle Ewigkeit stillstehen.
2.1.4 Gravitation
Eine entscheidende Komponente fehlt noch, damit unser Modell der Planetenbewegung
realistisch wird: Die Gravitation.
Alle Körper ziehen sich gegenseitig an. Die Gravitationskraft ist dabei umso größer
je größer die Massen der Körper sind. Andererseits gilt, dass je weiter die Körper von
einander entfernt sind umso kleiner ist die Gravitationskraft.
Die Gravitation wirkt zwischen allen massereichen Körpern: Wenn Sie in die eine
Hand ein Glas Wasser nehmen und in die andere Hand Ihr Smartphone, dann ziehen
6
Sun
150 · 106 km
Earth
12700 km
1.4 · 106 km
Abbildung 2.3: Unser Universum besteht nun aus Sonne und Erde.
Sun
Gravity
Earth
Abbildung 2.4: Ein Universum aus Sonne, Erde und der Gravitationskraft die zwischen
beiden wirkt.
sich beide Gegenstände an. Die Gravitationskraft ist in diesem Fall allerdings so klein,
so dass sie im Alltag praktisch nichts davon bemerken. Erst bei viel größeren Massen
wird die Gravitation spürbar. Dass macht sich dann aber auch in Ihrem Alltag bemerkbar: Wenn Sie einen Kasten Wasser tragen, dann ziehen sich der Wasserkasten
und die Erde gegenseitig an. Die Masse der Erde ist riesig und die Gravitationskraft
dann entsprechend groß.
Die Gravitationskraft ist im Grunde eine ziemlich merkwürdige Angelegenheit: Man
kann sie mathematisch sehr gut mit dem Gravitationsgesetz beschreiben. Aber dieses
Gesetz ist ähnlich wie die Newtonschen Axiome nicht aus anderen Prinzipien ableitbar.
Es fällt quasi vom Himmel. Man muss es einfach als Erfahrungstatsache akzeptieren.
Wenn Sie in Ihrem Alltag eine Kraft auf ein Gegenstand ausüben wollen, dann
könnten Sie z.B. dagegen boxen. Bei der Gravitationskraft braucht es so etwas wie
eine Berührung dagegen nicht. Zwischen Sonne und Erde wirkt die Gravitation obwohl
zwischen beiden Himmelskörpern einfach nichts ist. Das ist fast schon unheimlich.
2.1.5 Universum 3: Erde, Sonne und Gravitation
Zurück zu den Planetenbahnen: Sonne und Erde ziehen sich durch die Gravitationskraft gegenseitig an.
Die Sonne ist 333333 fach schwerer schwerer als die Erde. Deshalb ist (im Vergleich
zur Erde) die Wirkung der Gravitationskraft auf die Sonnenbahn zu vernachlässigen.
Im Folgenden können Sie sich die Sonne einfach als in der Mitte des Sonnensystem
angeschraubt denken.
Die Erde dagegen wird durch die Gravitationskraft dauernd in Richtung der Sonne
7
Y
Planet
r
Vernal Equinox
L
X
Sun
Abbildung 2.5: Planet und Sonne
beschleunigt. Warum ist dann die Erde noch nicht in die Sonne gestürzt?
Nun, wenn Sie zu einem beliebigen Zeitpunkt die Erde betrachten, dann werden Sie
feststellen, dass die Erde sich mit konstanter Geschwindigkeit in Richtung senkrecht zur
Verbindung Erde-Sonne bewegt. Sie hat aber keine Geschwindigkeit in Richtung der
Sonne. Allerdings wird sie in Richtung der Sonne beschleunigt, wodurch sich eigentlich
eine Geschwindigkeit in Richtung Sonne herausbilden würde, wenn nicht gerade durch
die zusätzliche Bewegung senkrecht zur Verbindung Erde-Sonne dafür gesorgt würde,
dass einen Zeitpunkt später, man wieder genau zur selben Situation kommt: Die Erde
hat eine Geschwindigkeit senkrecht zur Verbindung Erde-Sonne und wird in Richtung
der Sonne beschleunigt. Im Ergebnis ergibt sich eine stabile Kreisbahn.
Klingt komisch? Mag sein, ist es aber nicht. Im Unterschied zu den newtonschen
Axiomen und dem Gravitationsgesetz ist diese Bahnform etwas sehr einleuchtendes.
Man kann diese Bahnform mathematisch beweisen. Am Ende dieses Kapitels finden
sich ein einfache Ableitung der Kreisbahn, siehe 2.4).
2.2 Berechnung der Planetenposition
2.2.1 Das Heliozentrisch ekliptikale Koordinatensystem
Im folgenden gehen wir von kreisförmigen Planetenbahnen aus. Außerdem nehmen
wir an, dass alle Planeten sich innerhalb derselben Ebene um die Sonne bewegen.
Beide Annahmen stimmen nicht ganz. Aber für die hier geforderte Genauigkeit der
Berechnung (Beobachtung mit bloßem Auge) sind diese Vereinfachungen möglich.
Zur Beschreibung einer Planetenposition wollen wir nun das heliozentrisch ekliptikale Koordinatensystem (siehe Abbildung 2.5) einführen. Dazu legen wir den Ursprung
eines kartesischen Koordinatensystem in die Sonne. Die X-Y-Ebene stimmt mit der
8
Abbildung 2.6: Ekliptik und Frühlingspunkt.
Bahnebene der Erde (und in unserer einfachen Näherung mit der Bahnebene aller Planeten) überein. Diese Ebene wird als Ekliptikalebene bezeichnet. Die X-Achse lassen
wir auf den Frühlingspunkt zeigen.
Der Frühlingspunkt ist eine ausgezeichnete Richtung im Sonnensystem. Wie der
Frühlingspunkt definiert ist erfahren Sie im folgenden Anschnitt.
Wir können die Position eines Planeten nun also durch die Angabe der kartesischen
Koordinaten x und y angeben.
In der Astronomie werden meist aber Polarkoordinaten bevorzugt. Die Polarkoordinaten eines Planeten bestehen aus:
Symbol
r
L
Bedeutung
Abstand zur Sonne
Heliozentrische Länge L gemessen gegen den Uhrzeigersinn
ausgehend von der X-Achse (Frühlingspunktrichtung) zum Planeten. L wird meist in Grad gemessen.
Kartesische Koordinaten oder Polarkoordinaten sind gleichwertig. Was man bevorzugt hängt meist vom Verwendungszweck ab.
2.2.2 Frühlingspunkt
Die Abbildung 2.6 skiziert die Bahn der Erde um die Sonne. Die Ebene innerhalb
welcher sich die Erde bewegt wird als Ekliptikalebene (die graue Ebene) bezeichnet.
9
Wie Sie aus der Abbildung ersehen können steht die Rotationsachse der Erde nicht
senkrecht auf der Ekliptikalebene. Oder anders ausgedrückt: Die Äquatorebene der
Erde (blaue Ebene durch die Erde) und die Ekliptikalebene schneiden sich in einem
Winkel von 23.5 Grad.
Interessant ist, dass die Erdachse ihre Richtung im Raum während eines Umlaufs
der Erde um die Sonne nicht verändert (unter Vernachlässigung der Präzession). Die
Position (Ort) der Erdachse verändert sich natürlich. Aber die Richtung im Raum ist
immer dieselbe.
Am 21.6 ist die Rotationsachse der Erde auf der Nordhalbkugel der Sonne zugewandt. Die Sonnenstrahlen treffen in einem eher steilen Winkel auf die Oberfläche. Es
ist also Sommer. Im Winter ist die Rotationsachse von der Sonne abgewandt und die
Sonnenstrahlen treffen in einem flachen Winkel auf die Oberfläche. Es ist Winter.
Wenn sich zwei Ebenen schneiden entsteht eine Schnittlinie. Am 21.3 stimmt die
Schnittlinie von Äquatorebene und Ekliptikalebene genau mit der Verbindung ErdeSonne überein. Von der Erde aus gesehen steht die Sonne dann im sogenannten Frühlingspunkt.
Am 23.9 ist die Erde dann 180 Grad weiter gewandert und es ergibt sich eine äquivalente Situation. Von der Erde aus gesehen steht die Sonne dann im sogenannten
Herbstpunkt.
Diese ausgezeichneten Positionen eignen sich, um damit die Achsen des heliozentrischen Koordinatensystems festzulegen. Der Ursprung des heliozentrischen Koordinatensystems liegt in der Sonne. Die X-Achse zeigt zum Frühlingspunkt und die Y-Achse
liegt dann eben 90 Grad gedreht in der Ekliptikalebene. Üblicherweise werden anstatt
der kartesischen Koordinaten x,y,z die Kugelkoordinaten r und L in der Astronomie
bevorzugt. In diesem Fall misst man den Winkel L (heliozentrische Länge) ausgehend
von der X-Achse entgegen dem Uhrzeigersinn.
2.2.3 Präzession
Der Frühlingspunkt wird auch Widderpunkt genannt. Dies liegt daran, dass, wenn Sie
von der Erde aus in Richtung des Frühlingspunkts schauen, das Sternbild Widder zu
sehen ist. Naja, zumindest vor 2000 Jahren als diese Bezeichnung entstand war das so.
Heute liegt der Frühlingspunkt im Sternbild der Fische.
Dass der Frühlingspunkt wandert liegt daran, dass die Richtung der Erdachse doch
nicht so konstant ist wie vorher behauptet. Innerhalb von ungefähr 25800 Jahren führt
die Erdachse eine Kreiselbewegung, genannt Präzession, aus. Deshalb ändert sich auch
die Frühlingspunkrichtung. Innerhalb von 25800 Jahren rotiert die Frühlingspunktrichtung einmal um 360 Grad. Pro Jahr beträgt die Verschiebung des Frühlingspunkts
etwa 50 Bogensekunden.
2.2.4 Bahnelemente
Als nächstes müssen wir uns die Formeln zur Berechnung der heliozentrischen Planetenkoordinaten r und L überlegen. Für unsere Kreisbahn ist dies einfach:
10
• Der Abstand r zur Sonne ist immer konstant.
• Der mittlere Länge L nimmt gleichmäßig zu. Z.B. kreist die Erde in einem Jahr
um die Sonne. Die Erde bewegt sich also mit einer konstanten Winkelgeschwindigkeit von 360◦ /Jahr. Mathematisch läßt sich das über die Formel
L(T ) = L0 + ∆LT
(2.1)
beschreiben.
Die Parameter um zu einem Zeitpunkt T die Koordinaten eines Planeten berechnen
zu können werden als Bahnelemente bezeichnent. Hier sind das:
Symbol
r
L0
∆L
Bedeutung
Der Abstand zur Sonne
Heliozentrische Länge zu einem Referenzzeitpunkt
(üblich ist z.B. der 1.1.2000)
Umlaufgeschwindigkeit (=Winkelgeschwindigkeit gemessen meist in Grad pro Jahrhundert)
T ist die seit dem Referenzeitpunkt vergangene Zeit.
Symbol
T
Bedeutung
Seit dem Referenzzeitpunkt (1.1.2000) vergangene
Zeit. Als Maßeinheit sind Tage oder auch Jahrhunderte beliebt.
2.2.5 Zeitrechnung
Wir beginnen unsere Berechnung nun mit der seit dem Referenzzeitpunkt vergangenen
Zeit T in Jahrhunderten. Der Referenzeitpunkt ist der 1.1.2000. Der 1.1.2000 ist nicht
willkürlich gewählt, sondern es handelt sich um die astronomische Standardepoche
J2000.
Dass man die vergangene Zeit in Jahrhunderten bemisst ist jetzt keine persönliche
Schikane des Autoren sondern eine in der Astronomie übliche Vorgehensweise.
Um die seit dem 1.1.2000 vergangene Zeit zu ermitteln müssen Sie also die seither verhangenen Tage zählen und dann durch 36525 teilen (Ein Jahr ist 365.25 Tage
lang multipliziert mit 100 ergibt 36525). Dann zählen Sie mal schon. Zu Kontrolle können Sie Ihr Ergebnis hier kontrollieren: htmlinclude/includes.html] htmlinclude/datecalc.html]
2.2.6 Heliozentrisch ekliptikale Koordinaten
So, nun habe wir alles notwendige um die Erdposition zu berechnen. Naja, die Zahlenwerte für die Bahnelemente L0 und ∆L fehlen noch. Für die Erde ist das recht einfach.
11
Der Abstand zwischen Sonne und Planet wird in astronomischen Einheiten gemessen.
Eine astronomische Einheit ist der Abstand von Sonne zu Erde. Also gilt für die Erde
r = 1AE. Die Umlaufgeschwindigkeit der Erde ist
∆L ≈
360Grad
360 · 100 Grad
=
Jahr
Jahrhundert
(2.2)
Was noch fehlt ist die mittlere Länge L0 am 1.1.2000, welche ungefähr 100 Grad betrug.
Diese Behauptung können Sie auch leicht verifizieren: Am 21.3.2000 (Sonne steht im
Frühlingspunkt) betrug die mittlere Länge der Erde 180 Grad. Dann betrug sie am
Anfang des Jahres
31 + 28 + 21
360◦ ≈ 100◦
(2.3)
L0 = 180◦ −
365.25
Damit können wir nun die mittlere Länge zu einem beliebigen Datum berechnen.
Sie können die Berechnung leicht mit der nachfolgenden Tabelle durchführen. htmlinclude/midlengthearth.html]
Als nächstes berechnen wir die heliozentrischen Koordinaten des Planeten, den wir
beobachten wollen. Ich folgenden nehme ich an, daß wir die Venusposition berechnen
wollen. Mit der nachfolgenden Tabelle können Sie die Berechnung wieder vornehmen.
Falls Sie einen anderen Planeten bevorzugen, können Sie ihn über die DropdownEingabebox auswählen.
htmlinclude/midlengthvenus.html]
2.2.7 Geozentrisch ekliptikale Koordinaten
Wir haben nun die Position von Erde und Venus im heliozentrisch ekliptikalen Koordinatensystem berechnet. Dieses Koordinatensystem hat die Sonne als Zentrum. Nun
befinden wir uns allerdings auf der Erde, so dass uns diese Koordinaten, wenn wir in
den Sternenhimmel schauen, nicht viel helfen.
Wir müssen die Koordinaten also umrechnen in ein Koordinatensystem, welches
seinen Ursprung in der Erde hat. In der Astronomie gibt es mehrere Koordinatensystem
mit Ursprung am Erde. Wir benutzen zunächst einmal das geozentrisch ekliptikale
Koordinatensystem:
• Ursprung in der Erde
• X-Y Ebene mit der Ekliptikalebene identisch
• Richtung der X-Achse parallel zu der X-Achse im heliozentrisch ekliptikalen Koordinatensystem. Die X-Achse zeigt auf den Frühlingspunkt
In Abbildung 2.7 sind die X,Y,Z -Achsen des heliozentrisch eklipitikalen bzw. des
geozentrisch ekliptikalen Koordinatensystem gezeichnet.
Wie schon im heliozentrisch ekliptikalen Koordinatensystem kann man auch im geozentrisch ekliptikalen Koordinatensystem entweder kartesische Koordinaten oder Polarkoordinaten benutzen.
Die Geozentrisch ekliptikalen Polarkoordinaten bestehen aus:
12
Abbildung 2.7: Geozentrisch eklipitkales Koordinatensystem.
Symbol
λecl
r
Bedeutung
Geozentrisch ekliptikale Länge. Dies ist der Winkel
gemessen in der X-Y-Ebene, gegen den Uhrzeigersinn, ausgehend von der X-Achse zum Planeten. Der
Winkel wird meist in Grad gemessen.
Abstand zur Erde
Mit Hilfe von etwas Vektorrechnung kann man die heliozentrische Koordinaten ins
geozentrische Koordinatensystem umrechnen.
Die Rechnung kann man sich aber auch ersparen, indem man einfach das Sonnensystem zeichnet und dann aus der Zeichnung die geozentrischen Koordinaten abliest.
Wenn Sie Zeit haben, dann empfehle ich ihnen durchaus so etwas einmal praktisch
durchzuführen. Man kann dabei etwas über die Größenverhältnisse im Sonnensystem
lernen.
Für die Eiligen können wir das Zeichnen auch dem Browser überlassen. Klicken Sie
einfach auf Sonnensystem zeichnen. Dann wird unser Sonnensystem von oben gezeichnet. Um die Erde wird noch eine Winkelskala angezeigt, so dass Sie die die geozentrisch
ekliptikale Länge λecl der Venus bzw. der Sonne ablesen können.
htmlinclude/solarsystem.html]
Wenn Sie sich schon etwas mit Sternkarten auskennen und eine Sternkarte oder ein
entsprechendes Computerprogramm benutzen, dann sind Sie nun vielleicht schon fertig
mit der Positionsberechnung: In den Sternkarten ist immer die Ekliptik (= scheinbare
Bahn der Sonne um die Erde) eingezeichnet. Bei vielen Sternkarten finden Sie an der
13
Abbildung 2.8: Geozentrisch äquatoriales Koordinatensystem.
Ekliptik auch eine Gradskala für die geozentrisch ekliptikale Länge. Sie können diese
Skala benutzen um die Sonnen- bzw. Venusposition einzutragen.
2.2.8 Geozentrisch äquatoriale Koordinaten
In der Astronomie benutzt man, um die Position eines Himmelsobjekts anzugeben,
meist geozentrisch äquatoriale Koordinaten. Der Unterschied zwischen dem geozentrisch ekliptikalen und dem geozentrisch äquatorialen Koordinatensystem liegt in der
Neigung der X-Y-Ebene. Beim äquatorialen Koordinatensystem ist die X-Y-Ebene mit
der Äquatorialebene der Erde identisch:
• Ursprung in der Erde
• X-Y Ebene mit der Erdäquatorebene identisch
• Richtung der X-Achse parallel zu der X-Achse im heliozentrisch ekliptikalen Koordinatensystem. Die X-Achse zeigt auf den Frühlingspunkt
In Abbildung 2.8 sind die X,Y,Z-Achsen des geozentrisch ekliptikalen bzw. geozentrisch äquatorialen Koordinatensystems gezeichnet. Das geozentrisch äquatoriale
Koordinatensystem ist gegenüber dem geozentrisch ekliptikalen um 23.5 Grad um die
X-Achse gedreht.
Auch hier gilt wieder, dass man eine Position entweder durch kartesische Koordinaten oder durch Polarkoordinaten angeben kann. Genauer gesagt sind es hier nicht
Polarkoordinaten sondern Kugelkoordinaten:
14
Z
β, δ
Y
λ, α
X
Abbildung 2.9: Länge und Breite in Kugelkoordinaten.
Symbol
λequ , α
βequ ,δ
r
Bedeutung
Geozentrisch äquatoriale Länge auch Rektaszension
α genannt. Dies ist der Winkel gemessen in der X-YEbene, gegen den Uhrzeigersinn, ausgehend von der
X-Achse zum Planeten. Der Winkel wird meist in
Stunden und Minuten gemessen (360 Grad = 24h).
Geozentrisch äquatoriale Breite auch Deklination δ
genannt. Ein Winkel, der ausgehend von der X-YEbene gemessen wird und der den Winkelabstand
zur Äquatorebene angibt. Gemessen wird meist in
Grad von -90 Grad bis 90 Grad.
Abstand zur Erde
Wie Sie sehen wird es meist nun dreidimensional: Ein Planet liegt i.a. nicht in
der X-Y-Ebene des geozentrisch äquatorialen Koordinatensystems. Neben der Länge
(Rektaszension) λequ wird deshalb auch ein Breitenwinkel (Deklination) βequ (siehe
Abbildung 2.9) benötigt.
15
Will Koordinaten vom geozentrisch ekliptikalen System in das geozentrisch äquatoriale System umrechnen, so benutzt man am besten kartesische Koordinaten, welche
durch Anwendung einer Rotationsmatrix leicht in ein gedrehtes System umgerechnet
werden können. Für die Umrechnung gilt dann:
xequ


cos βequ sin λequ
cos βequ cos λequ 
sin βequ
Symbol
xequ
xecl
Rx ()
λecl
βecl
λequ
βequ
= Rx ()xecl

1
0
= 0 cos 0 sin (2.4)


0
cos βecl sin λecl
− sin  cos βecl cos λecl 
cos sin βecl
(2.5)
Bedeutung
Kartesische geozentrisch äquatoriale Koordinaten
Kartesische geozentrisch ekliptikale Koordinaten
Rotationsmatrix
Geozentrisch ekliptikale Länge
Geozentrisch ekliptikale Breite
Geozentrisch äquatoriale Länge
Geozentrisch äquatoriale Breite
Wenn man sich nur für die Umrechnung von geozentrisch ekliptikaler Länge in geozentrisch äquatoriale Länge interessiert, dann vereinfacht sich diese Formel (mit ekliptikaler Breite βecl = 0, da sich in unserer Vereinfachung alle in der Ekliptikalebene
bewegen) zu:
tan λequ = cos tan λecl
(2.6)
Mit Hilfe dieser Formeln können wir nun konkret für Venus und Sonne die geozentrische
äquatoriale Länge ausrechnen:
Falls ihnen diese Formeln zu kompliziert sind, ist das auch kein Problem: Für unsere
vereinfachte Rechnung können Sie auf die Umrechnung auch verzichten. Äquatoriale
und ekliptikale Länge können nie um mehr als 10min voneinander abweichen.
Auf die Berechnung der geozentrisch äquatorialen Breite (Deklination) können wir
erstmal verzichten:
2.3 Sternkarte
2.3.1 Drehbare Sternkarte
In diesem Abschnitt können Sie sich eine Sternkarte mit unseren berechneten Planetenpositionen zeichnen lassen. Das Javascript-Programm in Ihrem Browser versucht hier
eine sogenannte drehbare Sternkarte zu simulieren. Wenn Sie schon etwas Astronomie
Erfahrung haben, dann fühlen Sie sich hier hoffentlich heimisch.
So, hier ist die Karte: htmlinclude/starmap.html]
16
Für die Neulinge wirkt die Karte zugegebenermaßen komplex. Aber keine Angst
wird werden uns das Verständnis Schritt für Schritt erarbeiten.
Ich empfehle ihnen sich die Karte in einem neuen Fenster zeichnen zu lassen und
dann parallel zum Text zu legen. Mit den Checkboxen können Sie jeweils Auswählen
welche Bestandteile der Karte gezeichnet werden.
Nachdem Sie Änderungen an den Checkboxen gemacht haben, können Sie die Karte
mit Update aktualisieren. In die Karte werden auch die vorher berechnete Sonnenund Venusposition eingetragen. Wenn Sie Änderungen an den Paramtern zu Planetenpostionsberechnung vornehmen, dann müßen Sie die gesamte Karte mit Sternkarte
zeichnen aktualisieren.
Falls Sie momentan keine Lust mehr auf weitere Erklärungen haben und lieber denn
Weg nach draußen nehmen wollen, um Ihren Planeten zu finden, dann ist hier noch
die Kurzanleitung zur Karte:
• Das blaue Ei zeigt den gerade sichtbaren Sternenhimmel.
• Wenn die Sonne sich noch innerhalb des blauen Ei befindet, dann ist noch Tag
und Sie werden nicht allzu viel sehen.
• Wenn sich der berechnete Planet zu nahe an der Sonne befindet, dann ist der
Planet auch nicht beobachtbar.
• Wenn Sie nach Süden blicken, dann müssen Sie die Karte einfach vor sich hin
halten. Die Sterne oberhalb des Beschriftung SOUTH finden sich dann am südlichen Horizont.
• Wenn Sie z.B. den Westhorizont beobachten wollen, dann drehen Sie die Karte
um 90 Grad im Uhrzeigersinn.
Hier finden Sie eine Sternkarte bei der die Planetenpositionen einmal mit den genannten Näherungen berechnet wurden und bei der zusätzlich die genaueren Planetenpositionen, ermittelt über die Lösung der Kepler-Gleichung, enthalten sind.
2.3.2 Fixsterne
In eine Sternkarte gehören Sterne: Wenn Sie in der Sternkarte einmal alle Checkboxen
bis auf Stars deaktivieren, dann werden nur noch die Sternbilder (Sterne verbunden mit
Hilfslinien) gezeichnet. In der Mitte der Karte finden Sie den Polarstern im Sternbild
kleiner Wagen. Den großen Wagen finden Sie gleich daneben.
Die Sterne werden auch als Fixsterne bezeichnet, weil ihre Position am Nachthimmel
fix (fest) ist. Die Sterne bewegen sich zwar untereinander, aber Ihre Entfernung zur
Erde ist so groß, dass wir diese Bewegung nicht wahrnehmen. Ebenfalls bewegt sich
natürlich die Erde um die Sonne. Der Abstand Erde-Sonne ist aber winzig im Vergleich
zum Abstand zu anderen Sternen, so dass auch diese Bewegung vernachlässigbar ist
und die Sterne deshalb als fix erscheinen.
Formal kann man sagen Fixsterne haben konstante geozentrisch äquatoriale Koordinaten (das stimmt nicht ganz wegen der Präzession).
17
Abbildung 2.10: Sternenkarte.
Bei Planeten und der Sonne ist dies nicht der Fall. Im Laufe des Jahres ändern diese
ihre Koordinaten.
2.3.3 Himmelssphäre
Wie hängen jetzt die Sterne in unserer Karte mit den realen Sternen unseres Universums zusammen?
Um diese Frage zu beantworten schauen Sie sich einmal die Abbildung 2.10 an.
In der Mitte der Abbildung ist die Erde gezeichnet. Im Erdmittelpunkt befindet sich
der Ursprung des geozentrisch äquatorialen Koordinatensystems (das Koordinatensystem dreht sich nicht mit der Erde mit). Sie können nun die Position eines Stern durch
die kartesischen Koordinaten X,Y,Z angeben.
Wenn Sie Sterne beobachten wollen sind kartesische Koordinaten eher unpraktisch.
Sie interessieren sich hier eher für die Richtung in die Sie schauen müssen. Wir verwenden deshalb die Kugelkoordinaten und geben die Richtung in die wir schauen müssen
über die zwei Winkel Rektaszension und Deklination an.
In der Abbildung 2.10 ist als Beispiel ein Stern mit Rektaszension 4h und Deklination
30 Grad eingezeichnet.
Vollständig sind die Kugelkoordinaten eigentlich erst, wenn auch noch die Entfernung r angegeben wird. Für das Auffinden eines Sterns mit dem Teleskop ist die
Entfernung aber ziemlich egal, so dass diese meist weggelassen wird.
Wenn man die Entfernung weglässt, kann man sich die Sterne als auf einer Himmelss-
18
phäre aufgemalt denken: Die blaue Kugel in der Abbildung. Auf der Himmelsphäre
sind zur Orientierung Kreise mit konstanter Deklination = Breitengrade und Kreise mit konstanter Rektaszenasion = Längengrade eingezeichnet. Die Erde dreht sich
innerhalb der Kugel gegen den Uhrzeigersinn.
2.3.4 Projektion auf die Sternkarte
Zu Sternkarte kommen wir nun durch Projektion der Himmelsspähre auf eine zweidimensionale Fläche. In der Abbildung 2.10 ist das die graue Ebene oberhalb der
Himmelsspähre. Wenn Sie jetzt gedanklich von unten auf die graue Fläche schauen,
dann sehen das was in unserer Sternkarte gezeichnet ist.
Sie können nun in der drehbaren Sternkarte zusätzlich zur Checkbox Sterne die
Checkbox Rectascension wählen: Nun sehen Sie die Rektaszensionsskala, also die geozentrisch äquatoriale Länge gemessen in Stunden. Die Deklination (Breite β gemessen
in Grad) wird von außen nach innen gemessen. Im Zentrum findet man dann den
Polarstern mit Deklination 90 Grad.
Zur Übung können Sie einmal versuchen den Stern Arktur zu finden. Arktur ist
ziemlich hell. Am Sternenhimmel kann man ihn einfach finden indem man die Deichsel
der großen Wagens verlängert. Die Koordinaten von Arktur sind ungefähr
• Rektaszension 14h 15min
• Deklination 20 Grad
Wenn Sie auf Arktur klicken, dann wird zusätzlich noch ein Lineal eingezeichnet mit
Hilfe dessen Sie die Deklination kontrollieren können.
Sie können sich in die Sternkarte auch noch den Himmelsäquator einzeichnen lassen
(Checkbox Equator ). Dann wird der Breitengrad mit Deklination 0 als Kreis eingezeichnet.
2.3.5 Ekliptik
Jetzt gehen wir daran die Planetenpositionen in die Sternkarte einzutragen. Dazu
benötigen wir als erstes den Begriff der Ekliptik.
Betrachten Sie hierzu noch einmal die Abbildung 2.6, welche ja die Kreisbahn der
Erde um die Sonne visualisiert. Dazu vergleichen Sie jetzt die Abbildung 2.10, welche
ja die Himmelskörper aus Sicht der Erde visualisiert: Aus Sicht der Erde sieht es so
aus als ob die Sonne die Erde umkreisen würde.
Nun ist allerdings der Erdäquator gegenüber der Ekliptikalebene um 35.5 Grad
geneigt. Das heißt auf der Himmelssphäre folgt die Sonne im Laufe eines Jahres der
roten Bahn in Abbildung 2.10. Diese scheinbare Bahn der Sonne um die Erde wird
Ekliptik genannt.
Machen Sie sich ruhig einmal die Mühe die 4 ausgezeichneten Erd- bzw. Sonnenpositionen der Abbildungen 2.6 und 2.10 zueinander in Bezug zu setzen. Das ist etwas
mühevoll aber doch sehr instruktiv.
In unsere Sternkarte können Sie sich die Ekliptik über die Checkbox Ecliptic einzeichnen lassen.
19
2.3.6 Sonnen und Venuspostion
Jetzt müssen wir nur noch die Sonnenposition und die Venusposition in die Karte
eintragen. Dazu gibt es zwei Möglichkeiten:
1. Wir gehen von der geozentrisch ekliptikalen Koordinaten aus, welche wir in Abschnitt 2.2.7 berechnet hatten. In die Sternkarte ist auf der Ekliptik eine Skala
aufgezeichnet: Es handelt sich um die geozentrisch ekliptikale Länge. Nun können
Sie die Sonne bzw. die Venus an der entsprechenden Stelle einzeichnen.
2. Wir benutzen die geozentrisch äquatorialen Koordinaten aus Abschnitt 2.2.8. Die
Rektaszension können Sie an der Stundenskala der Sternkarte ablesen. Ziehen
Sie gedanklich eine Linie von der Stundenskala zum Zentrum der Karte: Am
Schnittpunkt mit der Ekliptik befindet sich dann die Sonne bzw. die Venus.
Markieren Sie die Checkbox Planets um Sonne und Venus in die Sternkarte einzutragen.
Nun wissen wir schon einmal in welchem Sternbild sich die Venus befindet. Wenn
Sie sich mit Sternbildern etwas auskennen, dann können Sie nun nach draußen gehen
und versuchen Ihre berechnete Planetenposition am Himmel zu finden.
2.3.7 Der sichtbare Sternenhimmel für Eskimos
Wie steht jetzt die Sternkarte in Bezug zu dem was wir am Sternenhimmel sehen,
wenn wir nach draußen gehen?
Wir beantworten diese Frage erst einmal aus Sicht der Eskimos: Nehmen wir an Sie
befinden sich am geographischen Nordpol. Wenn Sie dann genaue senkrecht nach oben
sehen, dann sehen Sie den Polarstern über sich.
Die Situation ist in Abbildung 2.11 skizziert: Sie sehen wieder die Himmelssphäre
und darin die Erde. Die Erde rotiert gegen den Uhrzeigersinn. Oder Sie betrachten die
Erde als still stehend und die Himmelssphäre dreht sich im Uhrzeigersinn.
In der Abbildung ist nun mit roter Farbe der Bodenebene für einen Beobachter am
Nordpol eingezeichnet: Der Sternenhimmel für einen solchen Beobachter sieht so aus,
als wenn man im Zentrum der roten Ebene stehen würde.
In der Abbildung fällt ihnen vielleicht auf, dass diese Bodenebene durch das Erdzentrum geht, quasi also die Sicht eines Beobachters im Erdzentrum repräsentiert.
Das ist eine Vereinfachung, die wir problemlos machen können, da der Sternenhimmel
für einen Beobachter am Nordpol oder für einen im Erdzentrum identisch aussehen.
Die Entfernung Nordpol-Erdzentrum ist winzig verglichen mit der Entfernung vom
Erdzentrum zu einem Stern oder auch zu einem Planeten.
Wenn ein Beobachter am Nordpol also den Bezug zwischen Sternkarte und realem
Sternenhimmel herstellen will, dann muss er eigentlich nur dir Sternkarte genau über
seinen Kopf halten. Dann befindet sich im Zentrum der Karte der Polarstern, denn er
auch genau über sich sieht. Innerhalb eines Tages rotiert der Sternenhimmel dann um
den Polarstern. Man müsste also nach oben auf die Sternkarte schauen und dann diese
auch entsprechend rotieren.
20
Abbildung 2.11: Der Sternenhimmel für Eskimos.
2.3.8 Der Sternenhimmel für Deutschland
Jetzt können wir uns den Sternenhimmel für Deutschland überlegen. Der Unterschied
zwischen Deutschland und dem Nordpol liegt im geographischen Breitengrad.
In Abbildung 2.12 sehen Sie die Situation für einen Ort 20 Grad unterhalb des
Nordpols (geographische Breite 70 Grad). Das ist immer noch ziemlich nördlich (Hammerfest liegt auf dem 70. Breitengrad) hatte aber den Vorteil sich mit Povray besser
visualisieren zu lassen als z.B. Berlin auf dem 52. Breitengrad.
In die Abbildung ist wieder die rote Bodenebene eingezeichnet. Diese ist jetzt um 20
Grad gedreht. In der Abbildung wurde die Drehung um die Y-Achse (des geozentrisch
äquatorialen Koordinatensystems) vorgenommen. Man hätte aber genau so gut um
die X-Achse oder eine Achse dazwischen drehen können: Im Laufe eines Tage dreht
sich ja die Himmelssphäre.
Ein Beobachter auf der roten Ebene könnte nun auch Sterne sehen die sich bis zu
20 Grad unter dem Himmeläquator befinden (Deklination bis zu -20 Grad). Allerdings
sind Sterne unterhalb einer Deklination von 20 Grad nun nicht immer sichtbar. Gemäß
der Drehung der Himmelssphäre können Sie sich auch unterhalb der Beobachtungshorizonts befinden. Sterne mit einer Deklination größer als 20 Grad sind immer sichtbar,
sie werden als zirkumpolar bezeichnet.
Egal wie die Himmelssphäre gerade steht, der Polarstern befindet sich aus Beobachtersicht nun immer im Norden.
21
Abbildung 2.12: Der Sternenhimmel für Hammerfest.
Oberhalb der Himmelssphäre ist wieder die Sternkarte (graue Ebene) eingezeichnet.
Der sichtbare Sternenbereich wird durch eine rote Horizontlinie markiert. Wenn Sie
gedanklich von unten auf diese Ebene schauen, dann sehen die Sternkarte aus Abschnitt
2.3.1.
Auch in die Sternkarte können Sie sich den Horizont einzeichnen lassen: Checkbox
Horizont wählen. Der Horizont ist nun allerdings nicht für Hammerfest sondern für
Berlin (52 Grad nördlicher Breite) eingezeichnet.
In unserer Sternkarte ist der Horizont so eingezeichnet, dass sich Süden unten befindet. Wenn Sie nach draußen gehen und nach Süden blicken, dann sehen Sie also die
Sterne welche sich am unteren Rand des Horizonts der Sternkarte befinden. Wenn Sie
sich für die Sterne im Westen interessieren, dann drehen Sie die gesamte Karte einfach
um 90 Grad im Uhrzeigersinn.
2.3.9 Ein drehbare Sternkarte bauen
Nun reden wir dauern davon, dass sich die Himmelssphäre dreht. Dann wäre es allerdings auch schön zu wissen welchen Drehwinkel die Sphäre zu einem bestimmten
Datum und Uhrzeit gerade hat.
Das lässt sich beantworten: Zusätzlich zum Horizont (blaue Farbe in 2.3.1 ) ist
ebenfalls eine blaue Stundenskala an unserer Sternkarte angebracht.
Damit können Sie sich nun eine drehbare Sternkarte basteln: Drucken sich sich die
Sternkarte ohne Horizont aus und dann zusätzlich nur den Horizont (mit Stundenskala)
22
Earth
Sun
Earth
Tyear = 8Tday
Tyear
Tsidereal
=
Tyear
Tday
+1=9
Abbildung 2.13: Der Sternenhimmel für Deutschland.
auf transparente Folie. Jetzt können Sie beides übereinander legen und durch Drehung
des Horizonts die Drehung der Himmelssphäre (Erde) simulieren.
Auf die Bastelarbeit können Sie natürlich auch verzichten und stattdessen Datum
und Uhrzeit in unsere Computer-generierte Karte eingeben: Der Horizont bzw. die
Karte wird dann entsprechend gezeichnet.
Jetzt fehlen eigentlich nur noch zwei Sachen um eine drehbare Sternkarte korrekt
einzustellen: Wie schnell dreht sich die Erde und eine Referenzposition für welchen wir
die korrekte Stellung des Horizonts relativ zum Sternenhimmel kennen.
2.3.10 Sonnentag und Sterntag
Wir fangen mit der Drehung der Erde an: Jetzt denken Sie bitte nicht, dass sich die
Erde in 24 Stunden einmal um ihre Achse dreht.
24 Stunden sind definiert als die Zeit zwischen zwei Sonnenhöchstständen. Zwischen
12 Uhr Mittags des heutigen Tages und 12 Uhr Mittags des nächsten Tages vergehen
also 24 Stunden. Innerhalb dieser 24 Stunden passieren zwei Bewegungen: Einmal die
Rotation der Erde um die eigene Achse und dann die Rotation der Erde um die Sonne.
Betrachten Sie hierzu Abbildung 2.13. In diesem etwas unrealistischem Beispiel
kreist die Erde in 8 Tagen um die Sonne Tyear = 8Tday . Während eines Tages legt
die Erde also 45 Grad auf ihrem Weg um die Sonne zurück. Während dieser Zeit rotiert die Erde einmal um ihre Achse und dann zusätzlich noch um 45 Grad weiter.
Genau dann hat die Sonne wieder ihren Sonnenhöchstand erreicht.
Die Rotationsdauer der Erde um ihre eigene Achse wird als Sterntag (siderischer
Tag) bezeichnet. Wie Sie aus der Abbildung entnehmen können gilt
1
1
1
=
+
Tsideral
Tday
Tyear
23
(2.7)
Wenn Sie das für die Erde ausrechnen (nun mit dem korrekten Wert Tyear =
365.25Tday ), dann erhalten Sie
Tsidereal =
365.25
24h = 23h56m4s
365.25 + 1
(2.8)
Wir haben jetzt zwei Tagesbegriffe:
1. Sonnentag Tday : Der Zeitraum zwischen zwei Sonnenhöchstständen. Dieser Zeitraum wird in 24h unterteilt. Ein Jahr hat 365.25 Sonnentage.
2. Sterntag Tsidereal : Der Zeitraum für eine Erdrotation. Oder für unsere Sternkarte
der Zeitraum für eine Rotation der Himmelssphäre. Wenn Sie zum Beispiel sich
am Sternenhimmel einen Stern aussuchen, dann dauert es genau 23h 56m 4s bis
Sie den Stern genau in der selben Richtung wieder sehen können. Ein Jahr hat
365.25 + 1 Sterntage.
Zurück zu unserer drehbaren Sternkarte: Der Horizont dreht sich also im Zeitraum
Tsidereal um 360 Grad. Tsidereal ist nun nicht ganz mit 24 Stunden identisch. Wir
behelfen uns folgendermaßen: Zusätzlich zur Stundenskala führen wir auch noch eine Tagesskala ein. Markieren Sie hierzu die Checkbox Date scale an der drehbaren
Sternkarte.
Den aktuellen Sternenhimmel können Sie jetzt einstellen, wenn Sie die gewünschte
Uhrzeit (Ortszeit) mit dem Wunschdatum in Übereinstimmung bringen. Innerhalb von
24 Stunden drehen Sie den blauen Horizont also um 360 Grad müssen dann aber auf der
Datumsskala auch noch einen Tag weiter gehen. Damit entspricht die Rotationsdauer
des Horizonts genau einem Sterntag (Innerhalb eines Jahres dreht sich der Horizont
also 365.25+1 mal)
Jetzt muss ich Ihnen noch erklären wo wir die Datumsskala anfangen lassen. Betrachten Sie hierzu Abbildung 2.6. Am 21.3 steht die Sonne von der Erde aus gesehen
genau im Frühlingspunkt. Sie hat also ein Rektaszension von 0. Wir bringen die Datumsskala deshalb so an, dass der 21.3 mit der Rektaszension 0 übereinstimmt.
Jetzt können Sie über die Datumsskala für jeden Tag des Jahres die Rektaszension
der Sonne ablesen. Genauer gesagt handelt es sich um die Rektaszension der mittleren
Sonne. Mehr dazu im nächsten Abschnitt.
Zusätzlich gilt noch, dass die Sonne jeweils um 12 Uhr Ortszeit ihren Höchststand
im Süden erreicht hat. Das heißt, wenn wir die Südrichtung unseres Horizonts auf das
jeweilige Tagesdatum einstellen, dann können Sie aus der drehbaren Sternkarte den
Sternenhimmel für 12 Uhr Mittags ablesen. Wir müssen also die 24 Stunden Skala (am
Horizont der drehbaren Sternkarte) so anbringen, dass 12 Uhr im Süden liegt.
2.3.11 Wahre und Mittlere Sonne
Wenn Sie die Rektaszensionsskala und die Datumsskala unserer drehbaren Sternkarte
genau betrachten, dann werden Sie feststellen, dass die Rektaszension 0h mit dem
Datum 22.3 übereinstimmt. Wieso jetzt nicht der 21.3?
24
Nun am 31.3 steht die wahre Sonne im Frühlingspunkt, während die mittlere Sonne
das eher am 22.3 tut.
Die wahre Sonne beschreibt die tatsächliche Position der Sonne. Die mittlere Sonne
geht von einer gemittelten Sonnenbahn aus.
Diese Unterscheidung ist notwendig weil die Zeit zwischen zwei Sonnenhöchstständen
nicht immer genau 24 Stunden beträgt. Dies hat zwei Gründe:
• Die Erde beschreibt eigentlich keine Kreisbahn sondern eine Ellipsenbahn. Auf
manchen Abschnitten der Ellipse ist sie schneller als auf anderen. Deshalb vergeht
zwischen zwei Sonnenhöchstständen nicht immer die gleiche Zeit. Der Einfluß
unterschiedlicher Erdgeschwindigkeit auf die Dauer eines Tages liegt bei bis zu
7 min.
• Zum anderen ist die Neigung der Äquatorebene der Erde gegenüber der Ekliptikalebene. Würde sich die Erde auf einer Kreisbahn um die Sonne bewegen,
dann würde sich die geozentrisch ekliptikale Länge λecl der Sonne in Formel
2.6 gleichförmig ändern. Die äquatoriale Länge λequ (Rektaszension) ändert sich
dann aber eben aufgrund der Umrechnungsformel 2.6 nicht genauso gleichmäßig
was wieder zu unterschiedlich langen Tage führt. Die Erdneigung führt dazu, dass
die Zeit zwischen zwei Sonnenhöchstständen sich um bis zu 10 min unterscheiden
kann.
Nun wollen wir Menschen mit einem gleichförmigen Zeitmaß arbeiten und haben
auch nicht jeden Tag Lust die Uhr mit dem wahren Sonnenhöchststand zu synchronisieren. Im täglichen Leben benutzen wir deshalb die mittlere Sonnenzeit. Dies kann
von der wahren Sonnenzeit um bis zu 15 min abweichen.
Die Dauer eines mittleren Sonnentags könnte man bestimmen indem man über ein
Jahr immer die Zeit zwischen zwei Sonnenhöchstständen misst und dann den Durchschnittswert ausrechnet. Diese Zeitraum nennen wir dann mittleren Sonnentag und
teilen ihn in 24 Stunden ein.
Die Datumsskala an der drehbaren Sternkarte bezieht sich also auf die mittlere
Sonne: Bei dieser gehen wir einfach davon aus, dass sich die geozentrisch äquatoriale
Länge (Rektaszension) der Sonne gleichmäßig über das Jahr verändert. Damit haben
wir ein gleichförmiges praxistaugliches Zeitmaß definiert.
Noch ein Wort zur Sonnenposition wie sie in Abschnitt 2.2.8 berechnet wurde und
der Sonnenposition wie sie an Hand der Datumsskala einstellbar ist: Die Sonnenposition die wir in unserem Beispiel in Abschnitt 2.2.8 berechnet haben, berücksichtigt
die Umrechnung aus Formel 2.6. Das heißt wir haben (in einer gewissen Näherung)
die wahren Sonnenposition berechnet. Beide Positionen können bis zu 10 min (Rektaszension) voneinander abweichen.
Bei manchen kaufbaren drehbaren Sternkarten gibt es übrigens zwei Datumsskalen:
An der zweiten Datumsskala kann man dann die Position der wahren Sonne ablesen.
2.3.12 Zur Genauigkeit einer drehbaren Sternkarte
Die wahre und die mittlere Sonne weichen also um mehrere Minuten voneinander ab.
25
Wie genau ist aber die Position eines Sterns am Sternenhimmel über eine drehbare
Sternkarte ermittelbar? Die Sterne sind soweit von uns entfernt, dass wir von ihrer
Bewegung nichts mitbekommen. Es sind also Fixsterne mit immer identischen äquatorialen Koordinaten. Das stimmt allerdings nicht ganz: Das äquatorial geozentrische
Koordinatensystem benutzt eine X-Achse die in Richtung des Frühlingspunkts zeigt.
Die Präzession des Frühlingspunkts bewirkt allerdings, dass sich das Bezugssystem
ändert und damit auch die geozentrisch äquatorialen Koordinaten eines Fixsterns. Der
Frühlingspunkt wandert pro Jahr etwa nur um 50 Bogensekunden weiter. Dementsprechend klein sind auch die Korrekturen, die man an den äquatorialen Koordinaten
machen müsste.
Ob ein Stern gerade sichtbar ist und in welcher Richtung (Position) ist dann über
den Horizont einstellbar. Die Drehung des Horizonts (365+1 mal im Jahr) entspricht
der Erddrehung. Die Erde dreht sich ziemlich gleichmäßig. Ein Erdumdrehung dauert
vielleicht einmal 5 ms länger als die Vorhergehende. Aber das war es dann auch schon.
Ein weiter Ungenauigkeit ergibt sich dadurch, dass wir bei der drehbaren Sternkarte
keine Schalttage berücksichtigen. Ungefähr alle 4 Jahre wird der Februar um einen Tag
verlängert. In unserer drehbaren Sternkarte ist der Februar aber immer 28 Tage lang
und wir lassen das Jahr immer am 1. Januar (und nicht etwas 1. Januar + n mal 0.25
Tage) beginnen. 0.25 Tage gerechnet auf ein Jahr entspricht etwa einer Rektaszension
von 1 min. Wobei sich diese Ungenauigkeit natürlich alle 4 Jahre wieder auf Null
reduziert.
2.4 Mathematische Ableitung
In Abschnitt 2.1 hatten wir die Kreisbewegung der Planeten nicht mathematisch abgeleitet. In diesem Abschnitt versuche ich eine vereinfachte mathematische Ableitung
der Planetenbewegung.
2.4.1 Newtonsche Axiome
Wir starten mit den newtonsche Axiomen. Dies sind Erfahrungstatsachen, welche nicht
aus anderen Gesetzen abgeleitet werden können.
1. Axiom: Trägheitssatz Ein Körper behält seinen Bewegunszustand (Größe und Richtung der Geschwindigkeit) bei, sofern keine Kraft auf ihn wirkt.
2. Axiom: Aktionsprinzip Ein Körper beschleunigt in Richtung der Kraft, welche auf
ihn wirkt. Die Größe der Beschleunigung ist proportional zur Kraft und umgekehrt proportional zur Masse des Körpers. Mathematisch ausgedrückt:
a=
Symbol
F
m
a
Bedeutung
Kraft
Masse
Beschleunigung
26
F
m
(2.9)
3. Axiom: Actio und Reactio Kräfte treten immer paarweise aus. Wenn ein Körper
A auf einen anderen Körper B eine Kraft ausübt, dann übt auch Körper B auf
Körper A eine Kraft auf. Die Kraft von B auf A ist dann gleich groß wie von A
auf B aber die Richtung ist genau entgegen gesetzt.
4. Axiom: Superpositionsprinzip Wirken auf einen Punkt mehrere Kräft ein, so addieren sich diese vektoriell zu einer Gesamtkraft.
2.4.2 Gravitationskraft
Die Graviationskraft kann man mathematisch folgendermaßen beschreiben:
F =γ
Symbol
F
m1
m2
r
γ
m1 m2
r2
(2.10)
Bedeutung
Kraft.
Masse von Körper 1
Masse von Körper 2
Abstand der Körper
Gravitationskonstante
2.4.3 Zentripetalkraft
Gemäß des ersten Newtonschen Axioms behält ein Körper seinen Bewegungszustand
(Geschwindigkeit und Richtung) bei, wenn keine Kraft auf ihn wirkt. Das zweite Newtonsche Axiom beschreibt wie sich ein Körper unter Krafteinfluss verhält: Er beschleunigt in Richtung der Kraft. Die Beschleunigung ist dabei umso größer je größer die
Kraft ist.
Können wir uns eine Kraft vorstellen, welche einen Körper auf eine Kreisbahn mit
konstanter Geschwindigkeit zwingt?
Ja das geht. Betrachten Sie die Abbildung 2.14:
Ein Körper befindet sich zum Zeitpunkt t am Ort ~r(t) und hat die Geschwindigkeit ~v (t). Der Geschwindigkeitsvektor ~v (t) steht senkrecht zum Ortsvektor ~r(t). Bei
einer Kreisbahn muss dies zu jedem Zeitpunkt der Fall sein, sonst würde sich ja der
Abstand zum Zentrum ändern. D.h. zu einem Zeitpunkt t + dt muss wieder gelten,
dass ~v (t + dt) senkrecht auf ~r(t + dt) steht. Wir fordern eine Kreisbahn mit konstanter
Geschwindigkeit, es soll also gelten |~v (t)| = |~v (t + dt)| = const.
Damit diese zwei Bedingungen erfüllt sind, muss sich die Richtung der Geschwindigkeit innerhalb des Zeitraums dt um d~v ändern (nur die Richtung aber nicht der
Betrag). Die Geschwindigkeitsänderung (=Beschleunigung) ist dabei zum Zentrum
hin gerichtet.
Wir können nun rein geometrisch argumentieren: Das Dreieck gebildet aus den Vektoren ~r(t), ~r(t + dt), d~r ist ähnlich zum Dreieck ~v (t), ~v (t + d), d~v , es gilt also (dr = |d~r|,
27
~v (t)
d~v
~v (t + dt)
~v (t)
~r(t + dt)
d~r
~r(t)
Abbildung 2.14: Skizze zur Ableitung der Zentrifugalkraft.
28
dv = |d~v |, r = |~r|)
dr
dv
=
r
v
dr
dv
=
rdt
vdt
(2.11)
(2.12)
Damit ergibt sich für die Beschleunigung die ein Körper zum Zentrum hin erfahren
muss, damit er einer Kreisbahn folgt
a=
dv
vdr
=
dt
dtr
(2.13)
Für Bahngeschwindigkeit gilt v = dr/dt und deshalb folgt für die Beschleunigung
a=
v2
r
(2.14)
Benutzt man noch das 2. newtonsche Axiom Formel 2.9, so erhalten wir die bekannte
Formel zur Zentripetalkraft
mv 2
(2.15)
F =
r
2.4.4 Planetenbahn
Ein Planet folgt einer Kreisbahn wenn auf ihn eine Zentripetalkraft gemäß 2.15 wirkt.
Die Zentripetalkraft in unserem Sonnensystem ist mit der Gravitationskraft 2.10 zwischen Sonne und Planet identisch.
Machen Sie sich dabei klar, dass die Gravitationskraft gleichermaßen auf Sonne und
Planet wirkt. Da die Sonnenmasse aber viel größer als die Planetenmasse ist, kann die
durch die Gravitationskraft ausgelöste Sonnenbewegung vernachlässigt werden. Man
kann sich die Sonne in der Mitte unseres Sonnensystems angeschraubt denken.
Zwischen Umlaufgeschwindigkeit und Abstand des Planeten zur Sonne gibt es dabei
einen mathematischen Zusammenhang. Wenn wir Zentripetalkraft und Gravitationskraft gleich setzen ergibt sich
γ
mM
r2
M
γ
r
M
γ
r
r3
T2
=
=
=
=
29
mv 2
r
v2
2
2πr
T
γM
4π 2
(2.16)
(2.17)
(2.18)
(2.19)
2.4.5 Die Keplerschen Gesetze
Johannes Kepler hat durch Vermessung der Planetenbahnen 3 Gesetze ermittelt, denen
die Planetenbewegung folgt:
1. Kepler-Gesetz Die Planeten bewegen sich auf elliptischen Bahnen. Die Sonne steht
in einem der Brennpunkte der Ellipse.
2. Kepler-Gesetz Der Fahrstrahl gezogen von der Sonne zum Planeten überstreicht
in gleichen Zeiten gleiche Flächen.
3. Kepler-Gesetz Die Quadrate der Umlaufzeiten zweier Planeten verhalten sich wie
die dritten Potenzen (Kuben) der großen Halbachsen.
Kepler hat diese Gesetze durch Beobachtung der Planetenbahnen ermittelt. Diese Gesetze können aber auch aus den newtonschen Axiomen und dem Gravitationsgesetz
abgeleitet werden. Für den Spezialfall des Kreises haben wir dies bereits getan:
1. Kepler-Gesetz In Abschnitt 2.4.4 haben wir die Kreisbahn eines Planeten abgeleitet. Der Kreis ist der Spezialfall einer Ellipse.
2. Kepler-Gesetz Wir sind dabei von einer gleichförmigen Kreisbahn ausgegangen.
Bei dieser ist die Umlaufgeschwindigkeit konstant. Also überstreicht auch der
Fahrstrahl in gleichen Zeiten gleiche Flächen.
3. Kepler-Gesetz Der Kreis ist der Spezialfall einer Ellipse wobei der Kreisradius dann
mit der großen Halbachse zusammen fällt. Damit haben wir das 3. Kepler-Gesetz
mit Gleichung 2.19 bewiesen.
30
3 Elliptische Planetenbahn
TODO Sternkarte
31
4 Mathematische Grundlagen
4.1 Koordinatensysteme
Um die Position eines Himmelsobjekts anzugeben benutzt man Koordinatensysteme.
Hier eine kleine Übersicht der in der Astronomie gebräuchlichen Systeme.
4.1.1 Kartesische Koordinaten
Beim kartesischen Koordinatensystem wird mit 3 aufeinander senkrecht stehenden
Achsen X,Y,Z gearbeitet wird. Die Lage eines Punkts im Raum wird hier durch Angabe
dreier Koordinaten x,y,z angegeben.
4.1.2 Kugelkoordinaten
In der Astronomie sind neben den kartesischen Koordinaten auch die Kugelkoordinaten
sehr beliebt: Anstatt x,y,z anzugeben benutzen wir
• Den Winkel λ gemessen in der X-Y-Ebene. λ wird als Länge bezeichnet.
• Den Winkel β. β wird auch als Breite bezeichnet.
• Die Entfernung r zum Ursprung.
Abbildung 4.1 verdeutlicht den Zusammenhang zwischen kartesischen Koordinaten
und Kugelkoordinaten.
Aus der Abbildung können Sie auch entnehmen wie aus Kugelkoordinaten die kartesischen Koordinaten errechnet werden können:
x
= r cos β cos λ
(4.1)
y
= r cos β sin λ
(4.2)
z
= r sin β
(4.3)
32
r sin β
Z
os
c
r
sλ
co λ
β
r
β
rc
os
Y
β
r cos β sin λ
X
Abbildung 4.1: Planet und Sonne
33
Herunterladen