ARD-MORGENMAGAZIN – SERVICE 17.08.2012 THEMA: LÄSTIGES GETIER IM SOMMER Autor: Heinz Pohl EXPERTE IM STUDIO: PROF. DR. HEINZ MEHLHORN Funktion: Parasitologe _____________________________________________________________________ Gerade im Sommer werden wir von lästigen Insekten und Tieren geradezu tyrannisiert. Von Stechmücken, Wespen, Bremsen und Zecken bis hin zu den fast unvermeidlichen Fruchtfliegen, die um den Obstteller kreisen. Wir zeigen welche Arten es gibt und was man gegen sie tun kann. Stechmücken Weltweit gibt es mehr als 3500 Stechmückenarten. In Europa kommen 104 Arten vor, von denen fast alle auch in Mitteleuropa zu finden sind. Wir erklären welche Arten in Deutschland vorkommen und was man gegen sie unternehmen kann. Hausmücken (Culex- und Culiseta-Arten) Sind meist ganzjährig aktiv, verstärkt im Sommer und Herbst. Die Weibchen überwintern in Ritzen von Häusern und Kellern und fliegen auch ab und zu im Winter. In Europa liegt die Schadwirkung beim Menschen vorwiegend auf der unangenehmen Stichwirkung. Die Stichfolgen beruhen auf der Injektion von Histaminen im Mückenspeichel und deren Freisetzung aus den zur Stichwunde „eilenden“ weißen Blutkörperchen. Wald- und Wiesenmücken (Aedes-Arten) Diese max. 5mm langen, graubraunen Arten überwintern in den Eiern, die an Land in Mulden abgelegt werden, die im Frühjahr überflutet werden. Es tritt in Deutschland meist nur eine, selten zwei Generationen im Jahr auf, die aber bis in den Herbst hinein wegen ihrer Stechfreude und Wanderflüge zur regelrechten Plage werden können. Einige dieser Mücken können die Urlaubsfreude extrem vermiesen, denn sie entwickeln sich in der Spritzwasserzone des Mittelmeers und werden in Küstennähe extrem lästig. Aedes-Mücken stechen tagsüber und in der Dämmerung. In den Tropen können diese Arten Viren übertragen, die zu Gelbfieber, DengueFieber oder Hirnhautentzündung führen können. Durch die Globalisierung sind inzwischen einige neue Arten auch in Deutschland zu finden. Die so genannte Tigermücke (Aedes Albopictus) und die Buschmücke (Aedes Japonicus) (Überträger des Dengue-Fiebers und der Japanischen Encephalitits) sind inzwischen auch in Deutschland heimisch. Bekämpfung: 1. Anbringung von Fliegengittern 2. Entfernung stehender Gewässer in Hausnähe. (Eimer,Regentonnen oder Blumentöpfe) 3. Besatz von Teichen mit Fischen oder Fröschen. (fressen die Larven) 4. Auftragen von Repellents (Stoffe, die abstoßend wirken, ohne zu schädigen) auf die Haut. 5. UV-Lampen oder Elektrogeräte zum Anlocken und zur Vernichtung saugbereiter Weibchen. 6. Die Einnahme von Vitamin B sowie Geräte, die den Sirrton des männlichen Flügelschlags imitieren, helfen nicht. 7. Mücken können in Zimmern durch Versprühen von Insektiziden bekämpft werden, allerdings sollte man auf die Giftigkeitshinweise der einzelnen Präparate achten. Kriebelmücken (Simulium, Odagnia) Kriebelmücken sind kleine Mücken, die im Aussehen eher Fliegen ähneln. Sie sind gedrungen, in der Seitenansicht buckelig. Zwei Gattungen dieser kleinen, aber ziemlich lästigen Mücken sind in Deutschland vertreten (mehr als 50 Arten). Die nur etwa 2,5 bis 4,5 mm großen, schwarzen, gedrungen wirkenden Arten saugen tagsüber für etwa 4 bis 6 Minuten Blut. Sie hinterlassen einen sehr schmerzhaften Stich. Die Larvenentwicklung findet in fließenden Gewässern statt. ARD-MORGENMAGAZIN – SERVICE 17.08.2008 -2- Gnitzen oder Bartmücken (Ceratopogoniden) Weltweit mit über 4000 Arten vertreten, rund 190 davon gibt es auch in Deutschland. Es handelt sich um sehr kleine Mücken mit einer Körperlänge von rund 2mm. Diese extrem kleinen Arten entwickeln sich als Larven in feuchten Böden, Blattachseln, aber auch in brackigen Gewässern. Die meisten Gattungen saugen in der Dämmerung oder in der Nacht, einige aber auch tagsüber. Der Stich verursacht ein sehr unangenehmes Brennen. Die Tiere können hierzulande (in der Nähe von Ställen oder Pferdeweiden) zu einer regelrechten Plage werden. In tropischen (seit einiger Zeit aber auch europäischen Gebieten) übertragen sie zahlreiche Viren auf Haustiere. So wird die so genannte „Blauzungenkrankheit“ bei Tieren von Gnitzen übertragen. Bremsen Der Name der so genannten Bremsen leitet sich von ihrem sonoren Flugton ab. Diese Tiere gehören zu den Fliegen. Alle Weibchen saugen Blut, während sich die Männchen von Nektar und Pollen ernähren. Die weiblichen Bremsen sägen mit ihren derben Mundwerkzeugen die haut ihrer Opfer an, was sehr schmerzhaft ist und saugen dann den entstehenden Blutsee auf. Sie können dadurch viele Erreger übertragen und schädigen zudem noch durch massiven Blutentzug. Bremsen stechen im Allgemeinen im Freien, wobei sie durch Bewegungen angelockt werden und Jogger und Fahrradfahrer über längere Strecken verfolgen können. Regenbremsen: Diese Tiere werden ca. 15mm lang wirken schlank und dunkel mit graubrauner Färbung. Sie ist in Deutschland die häufigste Bremse und fliegt von Mai bis Ende September. Blindbremsen: Sie erreichen eine Länge von 11 mm und halten in Ruhe ihre Flügel gespreizt. Die Tiere erscheinen sehr bunt. Rinder- und Pferdebremsen (Tabanus-Arten): Hier handelt es sich um bis zu 3 cm große kräftige Insekten mit derben Mundwerkzeugen, deren Saugakt sehr schmerzhaft ist. Wespen, Bienen, Hummeln und Hornissen Man findet sie auf überreifem Obst, Obstkuchen, zuckerhaltigen Säften, Nahrungsresten oder in offenen Getränkedosen. Wespennester finden sich in dunklen Höhlungen, Rolladenkästen oder auch unter den Dachpfannen auf dem Speicher. Als Baumaterialien verwenden Wespen zerkaute Hölzer. Bienen und Hummeln bauen dagegen ihre sechseckigen Waben aus Wachs, den sie aus Drüsen im Brustbereich ausscheiden. In Europa finden sich die Tiere im Freien nur von Frühjahr bis Herbst. Wespennester und einzelne, versteckte Hummel- oder Wespenköniginnen finden sich auf Dachböden auch ganzjährig. Das Nest ist bei Besatz durch einen ständigen Summton zu finden. Alle diese Arten können mit Hilfe ihres Stechapparates Gift injizieren. Bei einem Stich wird der Stachel der Honigbiene aus dem Körper herausgerissen. Der in der Haut steckende Stechapparat kann noch eine zeitlang Gift injizieren. Wespen und Hornissen können den Stachel aus der Haut des Menschen herausziehen, da er mit einer stärkeren Muskulatur verankert ist. Die Gifte aller Arten sind sehr komplex. Nach dem schmerzhaften Stich kommt es zu Schwellungen und unter Umständen zu allergischen Reaktionen. Die Giftigkeit von Bienen und Wespenstichen für normale sensible Personen ist (insbesondere bei Einzelstichen) im Allgemeinen relativ gering. Bei Stichen in den Mund oder ins Auge sollte auf jeden Fall ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden. Behandlung der Stiche: 1. Bei Bienen: Stachel mit einer Pinzette herausziehen, so dass die Giftblase nicht komplett in die Wunde entleert werden kann. 2. Stichstelle aussaugen 3. Eiswürfel auf die Stichstelle auflegen 4. Aspirin-Tablette durch Anfeuchten zerkleinern und auf der Stichstelle einreiben. 5. Allergiker sollten auf jeden Fall einen Arzt aufsuchen, da es zu ernsthaften Gesundheitsschäden kommen kann. ARD-MORGENMAGAZIN – SERVICE 17.08.2008 -3- Vorbeugende Maßnahmen: Fliegengitter vor den Fenstern der Vorratsräume anbringen. Zuckerhaltige Lebensmittel und Wurst nicht frei herumstehen lassen. Ritzen und Verstecke im Haus, die sich zum Nestbau eignen könnten, versiegeln. Nicht aus im Freien herumstehenden Limonadendosen (ohne Strohhalm) trinken. Vorsicht ist insbesondere bei Kindern angebracht. Stiche im Mund können blitzschnell die Zunge anschwellen lassen, so dass Erstickungsgefahr besteht. Zecken Zecken besitzen stechend-saugende Mundwerkzeuge, womit sie innerhalb von 5 bis 15 Minuten die Haut aufschneiden und sich mit dem stachelbesetzten Saugorgan in der Haut verankern und dann bis zu 8 Tagen saugen. Wegen der betäubenden Wirkung des Zecken-Speichels ist der Stich schmerzlos. Bevorzugte Einstichstellen beim Menschen sind die behaarte Kopfhaut, Ohren, Hals, Arm- und Kniebeugen sowie Hände und Füße. Die FSME (FrühsommerMeningoenzephalitis) ist eine durch Zecken auf den Menschen übertragene Viruskrankheit, die mit einer fieberhaften Erkrankung unter Beteiligung der Hirnhäute (Hirnhautentzündung, Meningitis), in schweren Fällen aber auch des Gehirns und Rückenmarks, einhergehen kann. Nur etwa zehn Prozent derjenigen, die sich infiziert haben, erkranken auch an FSME. Bei etwa 10 bis 30 Prozent dieser Erkrankten bleiben Dauerschäden am Zentralnervensystem (wie Lähmungen) zurück; etwa ein Prozent der Erkrankten - vor allem ältere Menschen - sterben an den Folgen der Erkrankung. Zur Behandlung der FSME gibt es keine Medikamente. Vor der Erkrankung schützt nur die rechtzeitig und vollständig durchgeführte Impfung. Hinweis: Durch einen Zeckenstich wird nicht nur das FSME-Virus auf den Menschen übertragen, sondern unter anderem auch der Erreger der so genannten Borreliose. Gegen Infektionen mit diesem Bakterium, das weltweit verbreitet ist, schützt die FSME-Schutzimpfung nicht. Der bakterielle Borreliose-Erreger wird in der Regel erst nach 8- 16 Stunden übertragen. Eine Borreliose Erkrankung kann daher durch frühzeitiges Entfernen der Zecke verhindert werden (aber ohne sie zu quetschen). Wird die Infektion nicht rechtzeitig erkannt, kann es zu schweren Folgeschäden kommen. Diese Verhaltensregeln helfen ein wenig, Zeckenstiche zu vermeiden: - Im Wald feste Wege benutzen, nicht durch Unterholz gehen. - Einsprühen von Haut und Kleidung mit Zecken abwehrenden Mitteln. Das bietet zwar keinen absoluten Schutz, ist aber für etwa vier Stunden hilfreich. - Nach Beenden des Aufenthaltes im Wald, Kleidung und Körper systematisch nach Zecken absuchen. So entfernen Sie Zecken richtig Entfernen Sie die Zecke mit Hilfe einer spitzen Pinzette, dabei nur das in der Haut steckende Saugrohr anfassen. Dann ziehen Sie die Zecke langsam von der Einstichstelle weg. Der Zug sollte mindestens 60 Sekunden anhaltend sein. Dann löst sich die Zecke meistens von allein aus der Haut. WICHTIG: Zecken weder mit Öl noch mit Klebstoff behandeln! 80 Prozent der Infektionen werden hierdurch verursacht! Achten Sie besonders auf die kleinen Larven und Nymphen, sie sind sehr klein und hellbraun. Sie sind leicht zu übersehen, da sie fast wie eine Sommersprosse aussehen. Zecke nur am Kopf mit einer Splitterpinzette fassen und vorsichtig herausziehen. Benutzen Sie auf keinen Fall die Finger zum Entfernen. Auch dann nicht, wenn die Zecke Ihnen dazu groß genug erscheint. Dabei wird die Zecke zu sehr gequetscht und die Erreger werden direkt in die Stichstelle gedrückt. Tipp: Haben Sie die Zecke entfernt, betupfen Sie die Einstichstelle mit einem Desinfektionsmittel. Auf jeden Fall sollten Sie die Einstichstelle aufmerksam beobachten - treten Rötungen auf, gehen Sie sofort zum Arzt! Fühlen Sie sich 6 Wochen nach einem Zeckenstich (ohne folgende Rötung) schlapp, zum Arzt gehen und das Blut auf Borrelien untersuchen lassen!! Denn Borreliose macht nur in 50-60 Prozent der Fälle eine Rötung. ARD-MORGENMAGAZIN – SERVICE 17.08.2008 -4- Literaturhinweis: Buch „SCHACH! DEN BLUTSAUGERN & SCHÄDLINGEN“ (Untertitel: „Erkennen – Vorbeugen – Bekämpfen leicht gemacht für daheim und unterwegs“) von Birgit und Heinz Mehlhorn, Volker Walldorf, dup düsseldorf university press, ISBN 978-3-940671-85-1