Stoffzusammenfassung Chemie (Q11) - Descartes-Gymnasium Neuburg Seite 1 STOFFZUSAMMENFASSUNG CHEMIE (Q11) Begriffe Inhalt AROMATISCHE KOHLENWASSERSTOFFE Delokalisiertes Elektronensystem Bei den C-C-Doppelbindungen sind zwei der vier Bindungselektronen (genauer: -Elektronen) nicht zwischen 2 C-Atomen lokalisiert, sondern über mehrere C-Atome verteilt. Voraussetzung: konjugierte Doppelbindungen („doppel-einfach-doppel“) Mesomerie Phänomen, dass die Bindungsverhältnisse in einem Molekül nicht durch nur eine Strukturformel wiedergegeben werden können. Die wahre Struktur liegt zwischen den fiktiven mesomeren Grenzstrukturen, die sich in der Anordnung ihrer Elektronen (genauer: -Elektronen) unterscheiden. Beispiel: Benzol Allgemeine Regeln zur Aufstellung von Grenzstrukturformeln: - Die Reihenfolge der Atome darf nicht verändert werden. - Nur freie Elektronenpaare und Elektronenpaare von Doppelbindungen werden gleichsinnig (in gleicher Richtung) verschoben - Je mehr Grenzstrukturen (ohne ungünstige Ladungstrennung) vorliegen, desto stärker ist die Delokalisation der Elektronen / die Mesomeriestabilisierung. Mesomeriestabilisierung Die reale Benzolstruktur ist gegenüber den hypothetischen Grenzstrukturen (Cyclohexatrien) um den Betrag der Mesomerieenergie (152 kJ/mol) energetisch abgesenkt und somit stabiler. Halogenierung von Benzol Es erfolgt keine Elektrophile Addition wie bei Alkenen, sondern eine Elektrophile aromatische Substitution. Diese erfolgt nur in Anwesenheit eines geeigneten Katalysators, z.B. Eisen(III)-bromid. Gesamtreaktionsgleichung (Bromierung von Benzol): Br [FeBr3] + HBr ↑ + Br2 Monobrombenzol Mechanismus der elektrophilen aromatischen Substitution Angriff des Elektrophils ("Br+"): + H Br Br H Br Heterolyse + Br Br FeBr3 Katalysator (polarisierend) Br H Bromwasserstoff FeBr3 π-Komplex (ÜZ) H Br Br [FeBr4] + σ-Komplex (ZS) = Karbo-Kation = cyclisches Carbenium-Ion Tetrabromoferrat-Ion Rearomatisierung: Heterolyse H Br Br + [FeBr4]bindet Proton, zerfällt unter Bildung von HBr → + HBr↑ + FeBr3 Rückbildung des Katalysators Phenol als Säure Phenol reagiert im Gegensatz zu Ethanol gegenüber Wasser als Protonendonator. Anilin als Base Anilin reagiert schwächer basisch als die vergleichbare Verbindung Ammoniak. Stoffzusammenfassung Chemie (Q11) - Descartes-Gymnasium Neuburg Seite 2 FARBSTOFFE Farbigkeit Lichtabsorption nach dem Energiestufenmodell Die Farbigkeit eines Stoffes beruht auf der Wechselwirkung zwischen Licht und dem Farbstoff. Sichtbares Licht ist eine elektromagnetische Strahlung (Wellenlänge ca. 400 bis 750nm). Farbe tritt bei Stoffen auf, die Licht in diesem Bereich des Lichts absorbieren. Der nicht absorbierte bzw. reflektierte Anteil des Lichtes erscheint uns farbig. Die sichtbare Eigenfarbe eines Gegenstandes (Körpers) ist die Komplementärfarbe der absorbierten Spektralfarben. Energie ↑ ΔE = Anregungsenergie = absorbierte Lichtenergie ↑↓ ΔE = Wärmeenergie = abgestrahlte Energie ↑ GZ ↑↓ AZ GZ Bei der Lichtabsorption werden Elektronen der Farbstoffmoleküle von der höchsten besetzte Energiestufe auf das niedrigste unbesetzte Energieniveau angehoben. Dabei wechselt das Molekül vom Grundzustand (GZ) in den Angeregten Zustand (AZ) über. Es werden nur solche Lichtquanten absorbiert, deren Energiegehalt genau der Energiedifferenz zwischen GZ und AZ entspricht. Da der AZ sehr kurzlebig ist (ca. 10-8 s), kehren die Elektronen schnell wieder in den GZ zurück. Dabei wird Energie in Form von Wärme wieder abgegeben. Chromophor Strukturteile einer Verbindung eines Farbstoffes, die für das Zustandekommen der Farbe notwendig sind. Typisches Kennzeichen sind zahlreiche konjugierte Doppelbindungen => ausgedehntes, delokalisiertes (-)Elektronensystem! Treten die (π-)Elektronen mehrerer chromophorer Gruppen untereinander in Konjugation, so entsteht ein weitreichend delokalisiertes chromophores System. Bathochromie Eine Vergrößerung des (π-)Elektronensystem bzw. eine verstärkte Delokalisation des (π-)Elektronensystems bewirkt eine Verringerung des Energieunterschiedes ΔE zwischen dem GZ und dem AZ. Die Verringerung der Anregungsenergie führt zu einer Vergrößerung der Wellenlänge des absorbierten Lichtes. Auxochrom und Antiauxochrom Sie bewirken durch zusätzliche M-Effekte am Chromophor eine Verschiebung des Absorptionsmaximums zu größeren Wellenlängen (bathochromer Effekt). Auxochrome: + -M-Effekt (Elektronenschub) Antiauxochrome: - -M-Effekt (Elektronenzug) Azofarbstoff Farbstoffe mit der Azogruppe als charakteristische funktionelle Gruppe: -N=NMechanismus der Herstellung eines Azofarbstoffes: Diazotierung: Herstellung des Diazonium-Ions / Diazonium-Salzes N O NH2 + N N N O + Cl + Cl 2 H2O N N Azokupplung: Elektrophile aromatische Substitution (!) N N + Cl Diazonium-Salz + NH2 Kupplungskomponente = aktivierter Aromat N N Azofarbstoff (Anilingelb) NH2 + HCl Stoffzusammenfassung Chemie (Q11) - Descartes-Gymnasium Neuburg Seite 3 KUNSTSTOFFE Polymer – Monomer Durch Reaktion von Monomeren miteinander entstehen Polymere (= Makromoleküle). Polymerisation Polyreaktion, bei der aus ungesättigten Monomeren (Alkene, Alkine) ein Polymerisat gebildet werden. - Beispiel: Bildung von Polyethylen (PE) aus Ethen H2C=CH2 → [•CH2-CH2•]n - Mechanismus: Radikalische Substitution (Radikalkettenreaktion) a) Bildung von Start-Radikalen: ΔT R• + •R R-R Initiator (=Starter) Startradikale b) Kettenstart: R + H H C C H H R H H C C H H H H H H C C C C H H H H c) Kettenwachstum: R H H C C H H + H H n C C H H R n d) Kettenabbruch: Rekombination: Zwei Radikale reagieren zu einem Molekül. R H H H H C C C C H H H H + H H H H C C C C H H H H n R R H H H H H H H H C C C C C C C C H H H H H H H H m n R m Disproportionierung: Umlagerung durch Wanderung eines H-Atoms R H H H H C C C C H H H H + H H H H C C C C H H H H n R R H H H H C C C C H H H H m H H H H C C C C H H H H n R m Zugabe von Inhibitoren (schwache Radikale): R H H H H C C C C H H H H + Inh R n Polykondensation H H H H C C C C H H H H Inh n Polyreaktion, bei der Makromoleküle durch Abspaltung kleiner Moleküle wie Wasser oder Chlorwasserstoff (HCl) aus bifunktionellen Monomeren (Monomere mit mind. 2 reaktionsfähigen funktionellen Gruppen) entstehen: - Polyester (z.B. aus Diol + Dicarbonsäure): n HO-X-OH + n HOOC-Y-COOH → H•[•O-X-O-CO-Y-CO•]n•OH + (2n-1) H2O - Polyamide (z.B. aus Diamin + Dicarbonsäure): n H2N-X-NH2 + n HOOC-Y-COOH → H•[•NH-X-NH-CO-Y-CO•]n•OH + (2n-1) H2O Stoffzusammenfassung Chemie (Q11) - Descartes-Gymnasium Neuburg Seite 4 Polyaddition Polyreaktion, bei der Makromoleküle durch Reaktion eines Diisocyanats mit einem Diol entstehen. Bei der Addition entstehen keine Nebenprodukte: n OCN-X-NCO + n HO-Y-OH → [•CO-NH-X-NH-CO-O-Y-O•]n - Mechanismus: Nucleophile Addition (Diol als Nucleophil) - Aufschäumen des Kunststoffs durch Reaktion des Diisocyanats mit Wasser: R-NCO + H2O → R-NH2 + CO2 (Kohlenstoffdioxid-Gas entsteht!) Thermoplast Kunststoff, der sich bei Erwärmen verformen lässt und diese Form nach dem Erkalten behält. Duroplast Kunststoff, der sich nach der Polyreaktion nicht mehr verformen lässt bzw. bei dessen Verformung die Polymerketten aufbrechen. Elastomer Kunststoff, der sich bei Belastung verformt und anschließend wieder in die ursprüngliche Form zurückkehrt. FETTE UND TENSIDE Fette - Fette sind Tri-Ester aus langkettigen Carbonsäuren (= Fettsäuren) und dem dreiwertigen Alkohol Glycerin (= Propan-1,2,3-triol). - Die alkalische Hydrolyse (Verseifung) von Fetten liefert Glycerin und Seifen: O H2C O HC O H2C O C O R H2C O H HC O H H2C O H Na O Na O Na O O C R' + 3 NaOH (aq) Hydrolyse R O + O C C R' C O R'' Fett-Molekül Natronlauge Glycerin R'' C Seife (= Triaylglycerin) - Fette (Fette Öle) besitzen Schmelzbereiche und keine Schmelzpunkte, da es sich um Stoffgemische aus unterschiedlichen Fettmolekülen (mit unterschiedlichen Resten R) handelt. - Der Schmelzbereich sinkt mit steigender Anzahl von Doppelbindungen (ZKonfiguration!) und sinkender Kettenlänge der Reste R aufgrund der sinkenden intermolekularen Wechselwirkungen. Waschmittel (= Tenside) Grenzflächenaktive Substanzen, die aufgrund ihres amphiphilen Baus (hydrophober / unpolarer und hydrophiler / geladener bzw. polarer Teil im Molekül) Schmutz von Oberflächen in Lösung bringen können: Beispiele: - Seifen (Alkalimetall-Salze langkettiger Carbonsäuren) O C O Alkylrest (unpolar) - ① Na+ Carboxlat-Gruppe (geladen) synthetische Tenside (Alkylbenzolsulfonate etc.) H3C (CH2)n HC H3C SO3 (CH2)m Alkylrest (unpolar) Na+ Sulfonat-Gruppe (geladen) Kation (Gegen-Ion) Kation Stoffzusammenfassung Chemie (Q11) - Descartes-Gymnasium Neuburg Seite 5 KOHLENHYDRATE Kohlenhydrate (Definition) Kohlenhydrate sind Polyhydroxyaldehyde (Aldosen) oder Polyhydroxyketone (Ketosen) bzw. deren Derivate. Allgemeine Summenformel: Cn(H2O)m Glucose C6(H2O)6 , z.B. Maltose C12(H2O)11 Monosaccharide Kommen entweder in der offenkettigen Form (Aldehyd- bzw. Ketoform) oder in = Einfachzucker der Ringform (zyklisch, Pyranosen = Sechsringe, Furanosen = Fünfringe) vor. In der Natur kommen ausschließlich D-Zucker vor! Ringbildung durch eine intramolekulare nukleophile Addition (GW 10. Klasse) CHO CHO H C OH HO C H H C OH H C OH H H C OH HO C H H C OH H C OH Glucose (Aldehydform) Fructose H2C H C OH C H H C OH H C HO C O C H CH2 H2C O H C OH H C OH H2C OH O H H OH H H OH OH OH HO CH2 H HO OH OH O HO H OH OH H CH2OH H Glucose (Ringform) α-D-Glucose H HO O CH2 OH Ringschluss OH OH HO CH2OH CH2OH C CH2 OH H OH H α-D-Fructofuranose ß-D-Fructofuranose D-Fructose (Ringform, (Ringform, (Ketoform, offenkettig) zyklisch) zyklisch) Oligosaccharide Entstehen durch Kondensation von 2 bis zu 10 Monosacchariden: = Mehrfachzucker - Bei der Kondensation reagiert jeweils die Hydroxy-Gruppe an einem anomeren C-Atom mit einer weiteren Hydroxygruppe unter Abspaltung eines Wassermoleküls. - Die gebildeten Verbindungen nennt man Glykoside. Auf der Teilchenebene bildet sich eine glykosidische Bindung aus: -glykosidische Bindung: OH-Gruppe zeigt am anomeren C-Atom in d. Haworth-Projektion nach unten -glykosidische Bindung: OH-Gruppe zeigt am anomeren C-Atom in d. Haworth-Projektion nach oben Disaccharide Entstehen durch Kondensation von zwei Monosacchariden = Zweifachzucker Disaccharid (Name) Monomer 1 (Formel) α-D-Maltose Monomer 2 (Formel) CH2OH CH2OH O H H OH H H OH OH OH α-D-Glc CH2OH O H H OH H Disaccharid (Formel) H H HO OH H OH α-D-Glc CH2OH O H H H OH H H OH OH O H H OH H H OH O H OH α-D-Maltose α(1→4)-glykosidische Bindung Stoffzusammenfassung Chemie (Q11) - Descartes-Gymnasium Neuburg Disaccharid (Name) Monomer 1 (Formel) Seite 6 Monomer 2 (Formel) Disaccharid (Formel) CH2OH ß-D-Cellobiose O H OH H OH H H OH H OH HO H CH2OH O H H OH HO OH OH H H OH H O H H H H CH2OH H OH O H OH H H OH OH CH2OH OH ß-D-Glucose ß-D-Glucose Saccharose H OH OH H H O H H H O OH CH2OH ß-D-Cellobiose ß(1→4)-glykosidische Bindung HOH2C OH O H HO H H CH2OHO H HO CH2OH O H CH2OH OH H OH H H OH H HO HO OH CH2 O H H CH2OH OH OH α-D-Glc H H OH H H OH HO H HO CH2 H H O HO O CH2 OH OH H ß-D-Saccharose ß-D-Frc α(1→2)ß-glykosidische Bindung Polysaccharide Vielfachzucker bestehend aus mehr als 10 miteinander kondensierten Monosacchariden Stärke - Polysaccharid aus α-D-Maltose-Einheiten: α(1→4)-glykosidische Bindungen - Gemisch aus Amylose und Amylopektin (zusätzliche Verzweigung durch α(1→6)-glykosidische Bindungen): - Strukturformelausschnitt von Amylopektin: HO CH2 HOCH2 O H H OH H H OH H O O H H H OH H H OH O O HO CH2 CH2 O H H OH H H OH H O O H H H OH H H OH O O - Amylose und Amylopektin sind helikal gewundene Moleküle. - Nachweis durch tiefblau Färbung bei Zugabe einer wässrigen Lösung von Iod und Kaliumiodid (= Lugol’sche Lösung) - Reservestoff der Pflanzen (Reservehohlenhydrat: rasch auf-/abbaubar) Cellulose - Polysaccharid aus ß-Cellobioseeinheiten: ß(1→4)-glykosidische Bindungen H HO CH2 O H H OH OH H H H OH HO CH2 H H O OH O H H O CH2OH O H H OH H H OH O O H - linear angeordnete, unverzweigte Moleküle - Gerüst-/Baustoff der Pflanzen Stoffzusammenfassung Chemie (Q11) - Descartes-Gymnasium Neuburg Seite 7 Fehling’sche Probe - Nachweisreaktion für Aldehyde = Alkanale durch Mischung von: • Fehling I = Lösung von Kupfer(II)-sulfat • Fehling II = Lösung von Kalium-Natrium-Tartrat und Natriumhydroxid - Bei Erwärmen mit einem Aldehyd wird dieser zur Carbonsäure oxidiert und die Kupfer(II)-Ionen zu rotem Kupfer(I)-oxid (Cu2O) reduziert: Ox.: R-CHO + 2OH→ R-COOH + 2e- + H2O 2+ Red.: 2Cu + 2e + 2OH → Cu2O + H2O 2+ Redox: 2Cu + 4OH + R-CHO → Cu2O + 2H2O + R-COOH - Sie ist auch positiv bei Kohlenhydraten, die (im basischen Milieu) eine offenkettige Aldehydform ausbilden, z.B. Glucose, Fructose (Erklärung: Keto-Enol-Tautomerie), Maltose - Sie ist negativ bei Kohlenhydraten, bei denen die Ringöffnung an den anomeren C-Atomen durch glykosidische Bindungen blockiert ist, z.B. Saccharose (auch Stärke und Cellulose, da ein Ende mit Ringöffnung bei langkettigen Kohlenhydraten nicht für einen pos. Nachweis ausreicht) Silberspiegelprobe (nach Tollens) Wie Fehling’sche Probe, Oxidationsmittel sind jedoch Silber-Ionen: Red.: Ag+ + e→ Ag (glänzender Silberspiegel im Rggl.) ISOMERIE (BEI KOHLENHYDRATEN) Isomerie ist das Phänomen, dass sich zwei oder mehrere Verbindungen mit gleicher Summenformel in ihrem Molekülbau (Konstitution / Verknüpfung oder Konfiguration / räumlicher Bau) und infolgedessen in physikalischen und chemischen Eigenschaften unterscheiden. Stereoisomerie Typ der Isomerie, bei der sich die Isomere nicht in ihrer Verknüpfung / Konstitution, sondern in ihrem räumlichen Bau unterscheiden. Beispiele: - E-Z-Isomerie (vgl. z.B. ungesättigte Fettsäuren: Z-Isomere) - Enantionmerie (= Spiegelbildisomerie, z.B. D- und L-Glucose) - Anomerie (, z.B. α- und ß-D-Glucose) Enantiomerie (= Spiegel- Typ von Stereoisomerie, bei dem die Isomere (Enantiomere) zueinander bildisomerie) spiegelbildlich sind. Sie lassen sich nicht zur Deckung bringen. Moleküle, von denen Spiegelbildisomere existieren, nennt man chiral (= händig). Moleküle, von denen kein Spiegelbildisomere existieren, nennt man achiral. Chiralität („Händigkeit“) Besitzt ein Molekül ein oder mehrere Kohlenstoffatome mit 4 verschiedenen Substituenten / Liganden, so ist es in der Regel chiral. Ausnahme: meso-Weinsäure (2 Chiralitätszentren, intramolekulare Spiegelebene) Ein Kohlenstoffatom, welches vier verschiedene Substituenten trägt, bezeichnet man als Chiralitätszentrum (asymmetrisch substitutiertes C-Atom). Optische Aktivität Fähigkeit eines Enantiomers (einer chiralen Verbindung), die Schwingungsebene linear polarisierten Lichtes um einen bestimmten Winkel (Drehwert [α]) zu drehen. Beispiel: D-(-)-Fructose: [α] = -92° L-(+)-Fructose: [α] = +92° (-) = linksdrehend (Schwingungsebene n. links drehend) (+) = rechtsdrehend (Schwingungsebene n. rechts drehend) Racemat Gemisch zweier Enantiomere im Stoffmengenverhältnis 1:1. Racemate sind optisch inaktiv, da sich die links- und rechtsdrehende Wirkung der beiden Enantiomere gegenseitig aufhebt. Stoffzusammenfassung Chemie (Q11) - Descartes-Gymnasium Neuburg Seite 8 Anomerie Form der Stereoisomerie, die bei der Ringbildung von Zuckern auftritt. Die Isomere (Anomere) - besitzen dieselbe Verknüpfung / Konstitution. - sind nicht zueinander spiegelbildlich (Diastereomere!). - unterscheiden sich lediglich in der Konfiguration am anomeren C-Atom (anomeres C-Atom = C-Atom, das erst bei der Ringbildung zum Chiralitätszentrum wird): α-Form: OH-Gruppe zeigt nach unten (Haworth) bzw. rechts (Fischer) ß-Form: OH-Gruppe zeigt nach oben (Haworth) bzw. links (Fischer) Fischer-Projektion (FP) Darstellungsform nicht zyklischer Aldosen, Ketosen und ähnlicher Moleküle: Bei der Erstellung der Formeln sind folgende Regeln zu beachten: 1. Kohlenstoffkette vertikal (senkrecht von oben nach unten) anordnen. Die mit dem Chiralitätszentrum C* verbundenen C-Atome, die oben und unten stehen, zeigen vom Betrachter weg. Die links und rechts stehen Atome zeigen auf den Betrachter zu. 2. Das C-Atom mit der höchsten Oxidationszahl steht ganz oben. 3. Die Lage der Seitengruppen (z.B. OH-Grupe) am untersten / letzten Chiralitätszentrum (C*) geht in die Nomenklatur ein: - D-Isomer: Seitengruppe rechts (lat. dexter = rechts) - L-Isomer: Seitengruppe links (lat. laevus = links) Beispiele: CHO CHO C* H HO OH D-Glycerinaldehyd H H C OH HO C H H C H C C H HO C H H C OH OH HO C H OH HO C H L-Glycerinaldehyd CHO CHO C O C H CH2OH CH2OH H C* O HO OH C H CH2OH CH2OH CH2OH Haworth-Projektion (HP) CH2OH D-Glucose L-Glucose Darstellung für zyklische Moleküle (5-Ringe und 6-Ringe), die sich aus der dazugehörigen Fischer-Projektionsformel (FP) herleiten lässt: - Substituent in der FP links => in der HP oben - Substituent in der FP rechts => in der HP unten Das Anomere C-Atom befindet sich in der HP am rechten Rand. Die Nummerierung der C-Atome erfolgt im Uhrzeigersinn. Bei D-Zuckern ist die CH2OH-Gruppe (falls vorhanden) nach oben gerichtet. - Beispiel: Haworth-Formeln von α- und ß-D-Glucose (* = anomeres C-Atom) H C* OH H C OH HO C H H C OH H C HO HOCH2 O O H H OH H H OH OH H OH CH2OH C* H H C OH HO C H H C OH H C HOCH2 O O H H OH H H OH OH OH H CH2OH α-D-Glucose α-D-Glucose ß-D-Glucose ß-D-Glucose (Fischer-Projektion) (Haworth-Projektion) (Fischer-Projektion) (Haworth-Projektion) Stoffzusammenfassung Chemie (Q11) - Descartes-Gymnasium Neuburg Seite 9 AMINOSÄUREN UND PROTEINE -Aminocarbonsäuren = 2-Aminocarbonsäuren = -Aminosäuren Carboxy(l)gruppe 1 COOH Aminogruppe H2N 2 C H α Rest R (variabel) R Der Buchstabe steht hier für das 2. C-Atom (das 1. C-Atom nach der Carboxy-Gruppe) und nicht für ein -anomeres C-Atom! In Proteinen findet man 20 verschiedene α-L-Aminosäuren (= proteinogene Aminosäuren). Zwitterionenstruktur ⊖O Im festen (kristallinen) Zustand liegen die Aminosäuren in der Zwitterionenstruktur („inneres Salz“) vor: H H⊕N H C C O H R Die pos. und neg. Formalladungen verschiedener Zwitterionen ziehen sich gegenseitig an. Dies erklärt die hohen Schmelzpunkte der Aminosäuren. IEP = Isoelektrischer Punkt pH-Wert, bei dem die Aminosäure-Moleküle einer Lösung (vorwiegend) in der Zwitter-Ionen-Form vorliegen. - pH-Wert < IEP => saurer => Protonierung => Aminosäure positiv geladen - pH-Wert > IEP => basischer => Deprotonierung => Aminosäure neg. geladen Peptidbindung Entsteht durch Wasserabspaltung (Kondensation) zw. der Carboxy-Gruppe einer Aminosäure und der -Aminogruppe einer anderen Aminosäure: Entstehung H2N CH O Kondensation C O R Aminosäure 1 H+ H Peptidbindung O N CH H R' COOH H2N CH C R Aminosäure 2 N CH H R' COOH + H2O Dipeptid Wasser Fortgesetzte Kondensation führt zu Polypeptiden bzw. Proteinen/Eiweißstoffen Peptidbindung - Mesomerie der Peptid-Bindung (= Amid-Resonanz): Eigenschaften O O C C C N H ⊖ C C C N ⊕ H - planar (eben) gebaut, Bindungswinkel 120° - Rotation um C-N-Bindung eingeschränkt - Bindungslänge: ◦ CO-Bindung länger als in gewöhnlichen Carbonylen ◦ CN-Bindung kürzer als in gewöhnlichen Aminen Proteinstruktur 1. Primärstruktur: Abfolge/Sequenz der Aminosäuren in einem Eiweißstoffmolekül. 2. Sekundärstruktur: Konformation (Raumstruktur: Windung, Faltung) des Eiweißes, die durch Wasserstoffbrücken-Bindungen zwischen den Peptidgruppen zustande kommt. Beispiele: α-Helix und ß-Faltblatt 3. Tertiärstruktur: - Komplexere Konformation (Faltung) eines Eiweißmoleküls - Struktur beruht auf Wechselwirkungen zwischen den Aminosäure-Resten 4. Quartärstruktur: Molekülverband, der dadurch zustande kommt, dass mehrere Polypeptid-/ Eiweißmoleküle (= Untereinheiten) miteinander in WW treten. Stoffzusammenfassung Chemie (Q11) - Descartes-Gymnasium Neuburg Seite 10 REAKTIONSGESCHWINDIGKEIT (RG) Reaktionsgeschwindigkeit Die Reaktionsgeschwindigkeit ist definiert als die Änderung der Stoffmenge (Definition) (bzw. der Konzentration, bei Gasen auch des Volumens) pro Zeiteinheit. Mittlere Reaktionsgeschwindigkeit: Momentane Reaktionsgeschwindikeit: n t ds v dt mol s mol [v ] s v [v ] Diese Änderung wird auf ein Äquivalent des Reaktionsprodukts bezogen. Beispiel: Zn (s) + 2HCl (aq) → H2 (g) + ZnCl2 (aq) v 1 n( ZnCl2 ) 1 n( H 2 ) 1 t 1 t _ 1 n( Zn ) _ 1 n( HCl ) 1 t 2 t Abhängigkeit der RG von RGT-Regel (= Reaktionsgeschwindigkeits-Temperatur-Regel): der Temperatur Bei vielen Reaktionen bewirkt eine Erhöhung der Temperatur um 10°C eine Verdoppelung (bis Vervierfachung) der Reaktionsgeschwindigkeit. Abhängigkeit der RG von Die Reaktionsgeschwindigkeit steigt mit der Konzentration der Edukte an. der Konzentration Bei einstufigen Reaktionen (in einem Schritt ablaufend) steigt die Reaktionsgeschwindigkeit proportional zum Produkt der Konzentrationen der Edukte. Beispiel: A + 3B → C => Geschwindigkeitsgesetzt: v = k•c(A)•c(B)•c(B)•c(B) = k•c(A)•c3(B) (k: Geschwindigkeitskonstante) Abhängigkeit der RG vom Je größer die Kontaktfläche zw. den Reaktionspartnern, desto größer die KolliZerteilungsgrad sionswahrscheinlichkeit bzw. Anzahl der pro Zeiteinheit reagierenden Teilchen. => Die RG steigt mit der Oberfläche (dem Zerteilungsgrad) der Edukte. Stoßtheorie (= Kollisionstheorie) Für eine Reaktion ist eine Kollision der Teilchen (Edukt-Teilchen) nötig. Diese müssen für eine erfolgreiche Kollision eine bestimmte räumliche Anordnung aufweisen. Hierfür ist zusätzlich eine bestimmte Mindestenergie / Mindestgeschwindigkeit erforderlich. Je größer die Ausgangskonzentration der Teilchen, desto größer ist auch die Kollisionswahrscheinlichkeit der Teilchen (vgl. Abhängigkeit der RG von der Konzentration). Einfluss eines Katalysa- Katalysatoren erniedrigen die Aktivierungsenergie uns steigern so die Reaktitors auf die RG onsgeschwindigkeit. Dies geschieht durch Veränderung des Reaktionsverlaufs / des Reaktionsweges (vgl. Energiediagramm). [Kat.] A +B → Energiediagramm: ∆ER < 0 AB E ∆E* (Aktivierungsenergie mit Kat.) A+B + Kat. blau: Kurve ohne Kat. rot: Kurve mit Kat. [A•Kat.] +B ∆ER (Reaktionsenergie) AB + Kat. Reaktionsverlauf Stoffzusammenfassung Chemie (Q11) - Descartes-Gymnasium Neuburg Seite 11 ENZYMKATALYSE Ablauf der Enzymkatalyse E S Bindung E S ES = Enzym-SubstratKomplex Umsetzung E E P ES = Enzym rot = Aktives Zentrum P = Produkt / Produkte Erklärung: - Das Substrat muss nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip in das Aktive Zentrum (AZ) des Enzyms passen. - Konformationsänderung des Substrats bzw. spezielle Orientierung der Funktionellen Gruppen durch Einpassung in die Hohlräume des Enzyms. Substratspezifität Substratspezifität ist die Eigenschaft eines Enzyms, nur ein bestimmtes Substrat (hier: Harnstoff) umzusetzen. Erklärung: Wirkungsspezifität Moleküle mit anderer Struktur können nach dem Schlüssel-SchlossPrinzip nicht im AZ des Enzyms binden und werden nicht umgesetzt. Enzym Enzym Harnstoff Wirkungsspezifität ist die Eigenschaft eines Enzyms, nur eine von mehreren möglichen Reaktionen des Substrats zu katalysieren. Erklärung: Verschiedene Bereiche bzw. funktionelle Gruppen des Substrats passen zu den unterschiedlichen aktiven Zentren verschiedener Enzyme (E1, E2). Thioharnstoff Substrat E1 E2 Einfluss von Hemmstof- 1 Irreversible Hemmung fen Definition: Hemm. eines Enzyms, die nicht rückgängig gemacht werden kann. Erklärung: - Bildung stabiler Verbindungen mit dem Enzym. - Tertiärstruktur des Enzyms irreversibel verändert. - aktives Zentrum des Enzyms verändert. 2 Reversible Hemmung a) Kompetitive Hemmung: S S H E H = Hemmstoff = Inhibitor E P S = Substrat E H E E = Enzym P = Produkte - Strukturelle Ähnlichkeit von Inhibitor und Substrat. - Konkurrenz von Inhibitor und Substrat um das AZ. - Der gebundene Inhibitor wird nicht umgesetzt. b) Allosterische Hemmung: - Der Hemmstoff (H) ist dem Substrat S strukturell nicht ähnlich. E E S - Der H wird nicht am AZ gebunden, P E sondern an einem anderen Ort (= alS losterisches Zentrum). - Die Bindung des H bewirkt eine VerH E änderung der Tertiärstruktur am AZ. H => Keine Umsetzung von Substrat bei gebundenem Inhibitor möglich. Stoffzusammenfassung Chemie (Q11) - Descartes-Gymnasium Neuburg Seite 12 Abhängigkeit der Aktivität der Enzyme von der Temperatur v Optimumskurve durch entgegengesetzt wirkende Vorgänge: RGT Denat. - Aktivitätszunahme: RGT-Regel - Aktivitätsabnahme: Hitzedenaturierung 10 vom pH-Wert 20 30 40 50 T / °C 60 v Pepsin Je nach Wirkort liegt das pHOptimum eines Enzyms im sauren, neutralen bzw. basischen Bereich. Amylase Trypsin Optimum der Enzyme des Zellplasmas in der Regel ca. bei pH = 7 1 von der Substratkonzentration 3 5 7 9 11 pH 13 v v vmax 1 vmax /2 vmax 1 KM c(S) /2 vmax c(S) KM Enzym A Enzym B - Es handelt sich um eine Sättigungskurve: a) niedrige Substratkonzentration: Mit steigender Substratkonz. werden immer mehr Enzymmoleküle besetzt. => Reaktionsgeschwindigkeit (v) steigt proportional zur Substratkonz. c(S) b) mittlere Substratkonzentration (jenseits von KM): Viele Enzyme liegen bereits als Enzym-Substrat-Komplex vor. => Wenige Enzyme stehen zur Bindung von Substratmolekülen zur Verfügung. => Nur geringe Steigerung der Reaktionsgeschwindigkeit möglich. c) hohe Substratkonzentration: Alle Enzyme liegen als Enzym-Substrat-Komplex vor. => Es können keine Substratmoleküle mehr gebunden werden. => Die Reaktionsgeschwindigkeit kann nicht mehr gesteigert werden. => Maximalwert der Reaktionsgeschwindigkeit erreicht (v max). - Michaelis-Konstante (= KM): eine enzymspezifische Konstante Substratkonz. bei halbmaximaler Reaktionsgeschwindigkeit ( 1 vmax) 2 Je kleiner KM, desto größer ist die Affinität des Enzyms zum Substrat.