Das Brut- und Revierverhalten des Königscichliden (Pelvicachromis pulcher) Markus Hübner und Andree Assmann Andree Assmann und ich (beide 17) haben uns über ein Jahl lang mit dem Brut- und Revierverhalten des Königscichliden beschäftigt. Mit diesem Thema haben wir 1993 erfolgreich am Wettbewerb ,,Jugend forscht" teilgenommen. Gmnd für die Forschungen war, daß die Art zwar relativ einfach zu züchten ist, daß es aber kaum Dokumentationen und Deutungen über ihre interessante Verhaltensweisen gibt. Der Königscichlide oder Purpurprachtbuntbarsch ist in Afrika im südlichen Nigeria beheimatet, kommt außer im Süß- auch im Brackwasser vor und wird ungefähr acht bis zehnZenttmeter groß. Die Tiere stellen nur wenige Anforderungen an die Haltungsbedingungen; sie lieben eine dichte Bepflanzung, Versteckmöglichkeiten, Bodengrund aus grobem Kies und freien Schwimmraum und benötigen eine Beckenmindestgröße von 60 Litern. Der Königscichlide ist sowohl für ein Geselischaftsbecken als auch für ein Artbecken geeignet. Die Art ist relativ friedlich und verträglich gegenüber anderen Fischen, kann aber in der Laichzeit recht ruppig werden. Für die Zucht sollte die Wasseftemperatur 26 bis 28 Grad Celsius betragen; der pH-Wert sollte bei 6,5 , die Härte bei 8 bis 72 Grad dGH liegen. Die Art ist ein Höhlenbrüter und setzt 200 bis 300 Eier am Höhlendach ab. Das Weibchen bewacht und pflegt das Geiege und die Brut, während das Männchen die Revierverteidigung übernimmt. Den Jungfischschwarm führen beide Eitern gemeinsam. Heute gibt es, neben vereinzelten Wildfängen, fast nur Nachzuchttiere in den Aquarien der Händier und Liebhaber. 1 9 I 3 wurde dieser Buntbarsch von Christian Brüning erstmals eingeführt. Brutverhalten Balz: Wir konnten feststellen, daß sich die Balz in drei Abschnitte den lang und zusätzlich unterteilt sind. Wir nannten sie Hemmphase teiIt, die verschie(tritt nur bei einem Pärchen auf, daß sich noch nicht kennt), Annäherungsphase und aktive Balz. Hemmphasel Das Weibchen reagiert anfangs mit Flucht auf die Attacken des Männchens, die dann aber in,,Demutsbewegungen" übergeht (es dreht sich aufdie Seite, klemmt die Schwanzflosse und schwimmt langsam weg). Diese Phase dauert so lange, bis das Männchen das Weibchen akzeptiert hat und seine Attacken einstellt. Interessant ist, daß dieses Verhalten auch umgekehrt zu beobachten ist, wenn zum Beispiel ein äIteres Weibchen und ein relativ junges Männchen zusammengesetzt werden. I DCG-lnlo 25 (51 1994:97-104 91 Annäherungsphase: Männchen und Weibchen umschwimmen sich gegenseitig und stupsen sich mit dem Maul an. Die Dauer dieses vorgangs schwankt zwischen einer einzelnen Berührung und mehreren Minuten, wobei anfangs die kürzeren zeiten zt beobachten sind. während dieser Phase wird der rote Fleck am Bauch des weibchens intensiver. Aktive Balz: Die abschließende dritte Phase der Balz nimmt die längste Zeit in Anspruch und zeigt eine große Verhaltensvielfalt. In ihr sind die Balz, der Gruben- und wallbau in bzw. vor der Höhle, die Paarung und die Aufzucht der Jungtiere enthalten. Phasenschaubild (Heftigkeit der Aktivitäten beider Elterntiere, relativ zueinanderl die Kurvenverläufe tvurden über vier verschiedene paarungen hinweg beobachtet, jedoch mit Abrveichungen von ein bis zwei Tagen) Man sieht, daß das Männchen in den Balzformen vielseitiger ist als das weibchen. Dafür zeigt das weibchen seine verhaltensweisen häufiger. Beim Vergleich der Flächen unterhalb der Grafen sieht man, daß die Flächeninhalte ungefähr gleich und beide Tiere gleichwertig an der Balz beteiligt sind. In den vier beobachteten ztchten wurden in der Hauptbalz während jeweils drei Stunden Beobachtung folgende Wefte vom MännchenruVeibchen erreicht A 92lto6, @ SSZtoO, O 120/1 10, @ 97l103ma1. Die Hauptbalz dauert zwei bis drei rage, wonach die Häufigkeit des Balzens schnell nachläßt, aber nicht ganz verschwindet. Abgelaicht wurde bei allen vier Paarungen in einer Tonhöhle (längs halbierter Blumentopf) mit den Maßen elf mal elf mal sieben Zentimeter (L, B, H). Andere Höhlen, wie zum Beispiel halbe Kokosnüsse. wurzeln, rauhere steinhöhlen etc.. wurden nicht 98 DCG-Info 25 (5) 1994:97-104 Balzartentabelle während der Hauptbalz im Rahmen von drei Stunden Beobachtung. Die angegebenen Werte sind Durchschnittswerte aus allen vier Aufzuchten. Bewertung der Häufigkeit: selten = I - 6, rvenig = 7 - l3,mittel = 14 - 20und häufig = über 20mal: Balzart M. w. ruckarliges Schwimmen x Kreisen X Kreuzschwimmen Kopfstand rückwarts anschwimmen x x x x x X x X x X x x x x Pendeh-r ,,Gähnen" Flossenspreizen krampfartiges Schütteln Körperbiegung Nicken Flossenklemmen selten welxg mittel häufig x X X x x x Zeichnung Kürzel E +f RS K KR KO RA ,A\, X x x x P G FS x x X KS $? d KB N FK Balzartengrafiken: Männchen: Weibchen: häufiE här§c ffiitcl mtiel ureüg wcmS sclteo selten RS K KRKORA P angenommen. Gründe dafür sind zum Beispiel eine zu rauhe Oberfläche, an der die Eihülle beschädigt werden könnte (der Laich wird an der Höhlendecke angeklebt), oder ein zu großer Eingang. Der Eingang der Tonhöhle wurde von den Cichliden ver- kleinert. indem sie einen Wall vor ihm aufrichteten. Zum Bau dieses Walls wurde der Kies verwendet, den sie aus der Höhle ftugen. um die wiederum zu vergrößern. Daher ist es wichtig, rauhen, grobkörnigen Kies zu verwenden, da zum Beispiel Sand sehr schnell wieder absacken würde und eine Grube oder ein Wall unmöglich wären. Experimente mit verschiedenen Bodenarten haben das bestätigt. Außerdem sollte man nicht DCG-Info 25 (5) 1994: 97-104 99 die schon vorhandene Öffnung als Eingang lassen, denn es ist vorteilhafter, einen kleinen Eingang am ,,Boden" des halbierten Tontopfes zu schaffen. Dadurch wird den Tieren die verteidigung der Höhle erleichtert, und der an der scheibe liegende große Eingang bietet zudem einen interessanten Einblick, der aber je nach Größe der Höhle nicht lange dauern wird, denn die cichliden versuchen, auch diesen vermeintlichen Eingang zu verbauen. In den letzten Tagen des Grubenbaus bildet sich beim weibchen eine Art Legeröhre am After, die etwa ein bis zwei Millimeter lang wird. Das Ablaichen geschieht in Schüben: 1) Das weibchen schwimmt in die Höhle, dreht sich auf den Rücken und laicht unter derHöhlendecke etwa fünf bis zehnEier ab, die es mit den Bauchflossen andrückt. 2) Danach schwimmt es heraus, läßt das Männchen herein und übernimmt die vertei- digung der Höhle. 3) Das Männchen dreht sich ebenfalls auf den Rücken und besamt in dieser Position die Eier. 4) Das Männchen schwimmt heraus, läßt das weibchen herein und übernimmt wieder die Verteidigung der Höhle. Dieser vorgang wiederholt sich an die 30mal, was etwa eineinhalb Stunden dauert. Die Brutpflege wird von beiden Elternteilen betrieben, indem sie zunächst den Laich immer wieder andrücken. Nach zwei bis drei ragen schlüpfen die Jungfische. In den ersten Tagen nach dem Schlüpfen ernähren sie sich von ihrem Dottersack, der nach fünfbis sechs Tagen verschwindet. Die Eitern führen sie dann gemeinsam durch das gesamte Becken auf Nahrungssuche. Dabei wird der schwarm von den Elternt.ieren oft aggressiv bewacht und verteidigt. Interessant ist, daß die Tiere verhaltensweisen von Maulbrütern zeigen. Nach einem Angriff eines skalars nahm das weibchen jeweils mehrere Jungfische in das Maul und brachte sie so in die Bruthöhle zurück! Der schwarm wurde somit nicht wie sonst in die Höhle zurückgeführt, sondern durch dieses für Höhlenbrüter eigentlich unpassende verhalten in sicherheit gebracht. Das Männchen bewachte währenddessen die Jungfische und hielt sie zusammen. was die Königscichliden zu diesem mehr oder weniger umständlichen ,,Transport" treibt, konnten wir nicht herausfinden. Revieryerhalten (60-Liter-Becken, 30 x 30 x 60 Zentimeter) während der Laichzeit: Bei der Revierverteidigung enechneten wir die Entfernung zwischen dem Höhleneingang und dem attackierten Fisch mit Hilfe von drei Faktoren (.A, B und C) sowie des ,,Pythagoras-Satzes". Innerhalb von zehn Stunden Beobach- tung konnten wir 40 Attacken auswerten. Beispiel: : 36 (Aggressionszone in der Länge: - 48 I 48 - 60 Zentimeter); : 5 (Aggressionszone in der Höhe: I - 25 Zentimeter'\., : 20 (Aggressionszone in der Breite: I - 30 Zentimeter); Höhlenausdehnung: 48 - 60/ I - 8, I - 12 (A/B/C). Wert A Wert B Wert C 100 DCG-Info 25 (5) 1994 91-104 A-Skala EntfernungA:48Entfernung B : Entfernung C :20 - 36 : 12 Zentimeter 6 : 14 Zentimeter (minus 5 Zentimeter 6, da bei 6 Zentimeter der Höhleneingang liegt) u 2) B A2+C2-xz I22+142:x2 18,4 = x +82:yz !8,42 + sz:f x2 + 19,06 = y Die endgültige Entfernung des attackierten Fisches beträgt damit etwa 19 Zentimeter. Da die Attacken sehr schnell ablaufen, muß jedoch gesagt werden, daß die A-, B- und C-Werte nicht so genau abgelesen werden konnten und die Ergebnisse daher nur mit Einschränkungen genau sein können. Der Besatz des Beckens bestand neben zwei Königscichliden aus drei Keilfleckbarben, zwei Trauermantelsalmlern, drei Beil- DCG-Info 25 (5) 1994:97-tO4 t01 bäuchen, zwei Tüpfelbuntbarschen, je einem Goldgurami und Mosaikfadenfisch, einem Schilderwels und zwei Skalaren: Art Länge Schilderwels cm cm cm cm 10,0 cm 10,0 cm Mosaikfadenfisch 12,0 cm Skalar [2,0 cm KeilJleckbarbe Trauemantelsaln.iler Beilbauch Tüpfelbuntbarsch Goldgurami 4,5 5,5 6,5 8,0 O der Entfernungen Attackenentfernungen 23 20 24 2t 20 19 18 21 20 t5 13 12 24 20 20 19 19 23 2t 20 t] 21.5 cm 17 19,8 cm ll 15,3 cm 19,6 cm 16 26 t9 12 28 t5 23 21 18 17 28 26 24 11 20,3 cm 14,0 cm 1l 20,4 cm 23.1 cm Aus den oberen Werten und deren Häufigkeiten her Iäßt sich schließen, daß artfremde Tiere nicht näher als durchschnittlich 19 Zentimeter an die Höhle herankommen dürfen. Trotzdem kommt es vor, daß dieser Grenzwert unterschritten wird. Deshalb gehen wir davon aus, daß erstens die Königscichliden den Fisch nicht direkt bemerken oder aber daß auch ,,Gesten" und die Körperhaltung des eingedrungenen Tieres eine Rol1e spielen, wie zum Beispiel das Abspreizen von Flossen. Aber obwohl die artfremden Fische in Körperbau und Größe unterschiedlich sind, machen die Purpurprachtbunt barsche keinen Unterschied bei der Vertreibung, wie vielleicht zu erwarten gewesen wäre. Das heißt, die Durchschnittswerte der Attackenentfernungen steigen nicht mit zunehmender Fischgröße an, sondern schwanken. Um genauere Durchschnittswerte bieten zu können, müßten pro Tier 40 Attacken aufgezeichnet werden, was aber wegen des großen Zeitaufwandes von etwa 80 Stunden Beobachtung nur sehr schwierig zu verwirklichen ist. Außerhalb der Laichzeit: In ein 60-Liter-Becken wurden zwei Pärchen Königscichliden ohne Vergesellschaftung mit anderen Arten eingesetzt. Schon nachktrzer Zeit kam es zu einer regelrechten Tyrannei unter den Buntbarschen. Das größte und kräftigste Männchen jagte die anderen drei Cichliden ständig, bis sie verkümmerten. Zwei Gründe sind für dieses Verhalten denkbar: Das Becken war für vier Cichliden zu klein. und die Tiere harmoniefien von Anfang an nicht miteinander (unterschiedliches Alter und Gtöße). Bei harmonierenden Pärchen ist keine Revierbildung gegenüber afifremden Fischen zu beobachten. Arlgenossen werdenjedoch heftig angegangen, weswegen man für zwei Pärchen mindestens ein 12O-Liter-Becken verwenden sollte. so daß sich zwei unterschiedliche Reviere bilden können. Um sicherzugehen, daß man ein harmonierendes Pärchen erwirbt, sollte man schon beim Kauf auf Alter, Größe, Verhalten usw. achten. Außerdem sollten die Tiere aus ein und demselben Becken stammen. da man dann schon von einem gewissen Gewöhnungsgrad ausgehen kann. t02 DCG-Info 25 (5'l 1991 97-104 Abschließende Betrachtung Unsere Nachforschungen konnten zwar einiges zum Thema ,,Königscichliden" beitragen, doch sind sicher noch weitere Ergebnisse über diese Tiere zu erhalten, wenn man anstatt nur drei zehn oder mehr Pärchen beobachtet. Da wir leider keine finanzielle Unterstützung von der Schule bekommen haben, konnten wir unsere Forschungen nur in begrenztem Umfang betreiben. Sollten Sie weitere oder andere Beobachtungen Oben: Aggressionszone, seitliche Ansicht; - Abbildungen: Verfasser unten: Aggressionszone, Aufsicht @ r"o-rrfo 25 (5) lee1: ei-104 103 machen, bitten wir Sie, sich mit uns in Verbindung zu setzen: Markus Hübner, Zirnmer seifer Weg 27, 51580 Reichshof-Mittelagger, Telefon (02265) 84i1, oder Andree Assmann, Schönenbacher Straße 19, 51580 Reichshof-Schönenbach, Telefon (02265) 486. Literatur Baensch,H A,&R Riehl(1988)rAquarienArlas Melle 7 Auflage J A (1987): Scheurmann, I (1989): Staeck, W (1982): Z]patc.G K H (1990): Dawes, SülJwasser-Aquarienfische Ammersee Aquarienfische züchren München Handbuch der Cichlidenkunde Sturtgan FischeimBioJogieunrefficht Kötn Rätselhafte Crenicichla saxatilis (Linnaeus, 1758) Sven Ploeger Vor ungefähr eineinhalb Jahren erwarb ich bei einem in Norfuhein-Westfalen ansässigen Großhändler ein ,,Pzirchen" Hechtbuntbarsche. Die Fische faszinierten mich aufgrund ihrer außergewöhnlichen Gestalt und ihrer prächtigen Färbung dermaßen, daß ich sofort zugriff. Zur Erheiterung der DCG-Mitglieder sei noch erwähnt, daß der Großhändler mir die Fische als Schlangenkopffische verkaufte. Das Buch ,,Buntbarsche der Neuen Welt" und ein Artikel in der DATZ brachten mir die Gewißheit, daß es sich um Crenicichla saxatilis (Linnaeus, 1758) handelte. Der Artname dieser Fische nimmt Bezug auf den Lebensraum: saxatilis (lat.) bedeutet etwa ,,in felsigen Gewässern vorkommend". Das Verbreitungsgebiet der Fische soll in den südamerikanischen Ländern Surinam, Französisch-Guyana und vielleicht auch in deren Nachbarstaaten liegen. Aufgrund der nicht unerheblichen Endgröße der Fische um 25 Zentimeter richtete ich ihnen mein damals größtes zur Verfügung stehendes Becken (200 Liter) mit großen Mengen Steinen und Moorholz ein. Als Bepflanzung hatte das Aquarium einen einzigen riesengroßen Echinodorus muricatus (?), der das gesamte Becken in eine abenteuerliche Dämmmerstimmung versetzte. Der Bodengrund bestand aus Quarzkies mit einer Körnung von zwei Millimetern. Oben: Crenicichla saxatilis, Abbildung aus Cuvier (1840) - Foto: Stawikowski Mitte: Crenicichla saxatilis, Weibchen Unten: Imponierendes Männchen von C. saxatilis - Fotos: Werner l0-{ DCG-Info 25 (5) 1994: 104-107 @