Astronomische Beobachtungen – Teleskope, Detektoren, Techniken 191 Strahlungsdetektoren Astronomie und Astrophysik beruhen im hohen Maße auf der Analyse der elektromagnetischen Strahlung, die von kosmischen Objekten emittiert, reflektiert oder gestreut wird. Man bestimmt die Richtung, die spektrale Intensitätsverteilung und den Polarisationszustand dieser Strahlung um daraus Informationen über den Ort, den physikalischen Zustand und die zeitliche Entwicklung der jeweiligen Quellen zu ermitteln. Was für Strahlungsdetektoren dabei zum Einsatz kommen, hängt in erster Linie von der Wellenlänge der zu untersuchenden Strahlung ab. Bis zum letzten Drittel des vergangenen Jahrhunderts war z.B. die fotografische Platte der wichtigste und ökonomischste Strahlungsempfänger in der beobachtenden Astronomie. Sie wird auch heute noch – z.B. in Schmidt-Teleskopen – als universeller Strahlungsempfänger und Informationsspeicher in Einem verwendet. Auf ihr lassen sich in kurzer Zeit sehr große Himmelsfelder abbilden und deren Zustand kostengünstig und dauerhaft konservieren. Die Plattenarchive großer Sternwarten bilden heute noch – im digitalen Zeitalter – einen riesigen und nur zu einem kleinen Bruchteil ausgewerteten Fundus astronomischen Beobachtungsmaterials, deren wissenschaftliche Bedeutung kaum abzuschätzen ist. Einige Plattensammlungen sind bereits als legendär zu bezeichnen wie z.B. die Plattenarchive des Harvard-Observatoriums und der von CUNO HOFFMEISTER (1892-1968) gegründeten Sternwarte Sonneberg in Thüringen. Man bemüht sich z.Z. diese Schätze durch Digitalisierung den Wissenschaftlern weltweit allgemein zugänglich zu machen. Die klassische Fotografie hat im Beobachtungsbetrieb der Großteleskope ihre ursprüngliche Bedeutung jedoch weitgehend verloren. Als Strahlungsdetektoren werden fast ausschließlich optoelektronische Bauelemente verwendet, die an ihrem Ausgang elektrische Signale liefern, die mit modernen Computern leicht zu speichern, zu analysieren und auszuwerten sind. Außerdem können sie quasi in Echtzeit über internationale Datennetze verbreitet und den interessierten Wissenschaftlern (und Hobbyastronomen!) zugänglich gemacht werden. Jemand, der am Tage in einem Büro über Bestellungen und Rechnungen sitzt, kann abends zur Entspannung an seinem Computer die neuesten Aufnahmen der Sonnensonde SOHO nach Kometen durchsehen, die gerade dabei sind in die Sonne zu stürzen ... Die fotografische Platte und die CCD sind ohne Zweifel die Innovationen, welche von Seiten der Strahlungsempfänger die Astronomie am weitesten vorangebracht haben. Und trotzdem soll ein Strahlungsempfänger nicht vergessen werden. Die Phasen der Venus, die Jupitermonde, der Saturnring, der Planet Uranus und Hunderte von Nebelflecken (Galaxien, wie wir heute wissen) wurden mit dem Auge am Fernrohr entdeckt. Und auch heute noch sollte man trotz der brillianten und aufsehenerregenden Bilder der Großteleskope in Büchern, Zeitschriften und im Internet nicht auf das Vergnügen verzichten, diese Objekte einmal in einer dunklen Nacht durch das Okular eines Fernrohrs zu betrachten ... 4.22 Auch die visuelle Beobachtung hat seinen ästhetischen Reiz, wenn auch die wissenschaftliche Bedeutung (außer vielleicht bei Veränderlichen Sternen) stark zurückgegangen ist. Die Abbildung zeigt eine Gegenüberstellung einer Zeichnung des Ringnebels in der Leier, wie er in einem 10 Zoll Amateurfernrohr bei 200 facher Vergrößerung zu sehen ist, zu einer Aufnahme mit einem der 8.2 Meter Teleskope des Cerro Paranal – Observatoriums © D.Restmeier, ESO 192 Fotografie Fotografie Die fotografische Platte (oder, besonders gern von Amateurastronomen eingesetzt, der Film) war und ist eines der wichtigsten Strahlungsempfänger der optischen Astronomie. Sie vereint in sich eine hohe Informationsdichte mit leichter Archivierbarkeit und stellt jeweils ein unikates wissenschaftliches Dokument dar. Außerdem ist sie im Vergleich zu modernen photoelektrischen Strahlungsempfängern konkurrenzlos billig und kann (z.B. in Astrographen und Schmidt-Teleskopen) in Abmessungen eingesetzt werden (z.B. 36x36 cm), die auch heute noch von CCDArrays nicht einmal näherungsweise zu erreichen sind. In der Astrofotografie wird wie bei der normalen Fotografie ein fotochemischer Prozeß ausgenutzt, um mit Hilfe einer Kamera oder eines Teleskops dauerhafte Abbilder kosmischer Objekte zu erhalten. Eine typische Fotoplatte besteht aus einem Glasträger, auf deren Oberseite eine dünne, lichtempfindliche Schicht aufgetragen ist. Diese Schicht – oft als Emulsion bezeichnet - besteht im Wesentlichen aus in Gelatine eingelagerten feinen Silberbromidund Silberjodidkörnern sowie weiteren chemischen Bestandteilen, die hauptsächlich auf die spektrale Empfindlichkeit Einfluß nehmen. Während der Belichtung entsteht in dieser Emulsionsschicht ein sogenanntes latentes Bild, welches anschließend in einem chemischen Prozeß, den man Entwicklung nennt, sichtbar gemacht wird. Dabei werden die Silberhalogenidkörner, die während der Belichtung genügend viele Photonen absorbiert haben, zu metallischem Silber reduziert. Die unbelichtet gebliebenen Silberhalogenidkristalle lassen sich nach der Entwicklung durch einen weiteren chemischen Prozeß – der Fixage – aus der Emulsion entfernen. Dabei wird das Bild – ein Negativ - dauerhaft „fixiert“ und kann nach Trocknung archiviert werden. Trotzdem ist die Fotoplatte ein denkbar schlechter Strahlungsempfänger. Ihre Quanteneffizienz erreicht gerade einmal 0.1%, d.h. von 1000 Photonen, die das Teleskop von einem fernen Stern liefert, führt im statistischen Mittel gerade einmal eins zur Ausbildung eines geschwärzten Silberkorns. Das ist auch der Grund dafür, daß heute Amateurastronomen mit einem vergleichsweise bescheidenen Equipment (z.B. 30 cm-Spiegelteleskop) und einer empfindlichen CCD-Kamera fast schon die Reichweite von herkömmlichen Fotografien mit dem 5-Meter Mt. Palomar-Teleskops erreichen können. Wesentlich für die astronomische Anwendbarkeit eines photochemischen Strahlungsempfängers ist, daß der Grad der Schwärzung S auf der Fotoplatte der absorbierten Lichtmenge – also der Lichtintensität I – proportional ist. Den funktionalen Zusammenhang zwischen der Menge des auf die fotografische Schicht fallenden Lichtes und der dadurch erzeugten Schwärzung S nennt man Schwär- zungskurve. Leider ist sie in ihrer Gesamtheit nicht linear, was bei der Photometrie von Sternen zu Problemen führt. Nur ihr mittlerer Teil läßt sich weitgehend durch eine lineare Funktion annähern, so daß gilt: ~ [4.11] I ist die Intensität der einfallenden Strahlung, t deren Einwirkungszeit (Belichtungszeit) Der Anstieg der Kurve (4.11) nennt man Gradation. Von ihr hängt der Kontrast eines Fotos ab. KARL SCHWARZSCHILD (1873-1916) konnte zeigen, daß die tatsächlich erzeugte Schwärzung nicht genau dem Produkt proportional ist, sondern vielmehr dem Produkt mit einem p zwischen 0.8 und 0.9. Dieser Effekt wird als Schwarzschild-Effekt und p als Schwarzschildexponent bezeichnet. Porträt KARL SCHWARZSCHILD (* 1873 Frankfurt / M. † 1916 Potsdam) Karl Schwarzschild gilt als einer der bedeutendsten deutschen Astronomen seiner Zeit. Bereits mit 16 Jahren begann er eigene Arbeiten zur Himmelsmechanik in den Astronomischen Nachrichten zu veröffentlichen. Nach seinem Studium in Straßburg und München (bei Hugo von Seeliger) arbeitete er zuerst als Assistent an der Kuffner-Sternwarte in Wien. Dort beschäftigte er sich ausführlich mit fotografischer Photometrie und entdeckte dabei das nach ihm benannte Schwärzungsgesetz. 1899 kehrte er dann nach München zurück, um dort zu habilitieren. Zwei Jahre später erreichte ihn ein Ruf an die Göttinger Universität, deren Sternwarte er von 1901 bis 1909 leitete. Während dieser Zeit beschäftigte er sich hauptsächlich theoretisch mit vielen Fragen der Astronomie und Astrophysik. Er veröffentlichte grundlegende Arbeiten zur astronomischen Optik (Schwarzschild-Spiegelteleskop), zur Theorie der Sternatmosphäre (Konvektion, Randabdunklung der Sonnenscheibe) und zur Stellarstatistik. Nachdem er 1909 Direktor des astrophysikalischen Observatoriums Potsdam geworden war, interessierte er sich mehr und mehr für relativistische Probleme. Kurz vor seinem Tod 1916 gelang ihm noch eine exakte Lösung der Einsteinschen Feldgleichungen, die nach ihm Schwarzschildlösung genannt wird. Astronomische Beobachtungen – Teleskope, Detektoren, Techniken Die in der Fotografie eingesetzten Silberhalogenide sind nur in dem Wellenlängenintervall >=250 nm und <=550 =550 nm empfindlich. Es gibt jedoch spezielle Verfahren, um die langwellige Empfindlichkeitsgrenze durch die Einlagerung spezieller Farbstoffmoleküle in die Emulsionsschicht (Se (Sensibilisierung) bis in das nahe Infrarot auszudehnen. Auf diese Weise kann mit modernem Fotomaterial das gesamte sichtbare Spektrum abgedeckt werden. Die fotografische Drei- und Mehrfarbenphotometrie beruht beispielsweise auf der Anwendung genau abgestimmter Emulsions EmulsionsFarbfilter-Kombinationen. Eine weitere wichtige Kenngröße ist die Empfindlichkeit Empfindlichkeit. Sie ist ein Maß dafür, wie schnell eine Emulsion Stra Strahlungseindrücke aufsummieren kann. Fotoplatten hoher Empfindlichkeit sind schneller ausbelichtet als Fotoplatten geringerer Empfindlichkeit. Die Belichtungszeit kann n natürlich nicht beliebig ebig verlängert werden, da auch der Hi Himmelshintergrund sowie die fotografische Schicht selbst (chemischer Schleier) zu einer gleichmäßigen Hinte Hintergrundschwärzung beiträgt. Wird sie zu groß, kommt es entweder zu einer Schwärzungsumkehr (Solarisation) oder diee schwächeren Sterne verschwinden im Hintergrun Hintergrundrauschen. Erfahrungen zeigen, daß eine Himmelsaufnahme dann ideal ausbelichtet ist, wenn die Hintergrundschwä Hintergrundschwärzung 0.6 bis 0.8 beträgt. Abgesehen von der Empfindlichkeit unterscheiden sich verschiedene Emulsionen noch in ihrem Auflösungsverm Auflösungsvermögen.. Man gibt sie oft in Linien pro Millimeter an und meint damit, daß bei der genannten Anzahl von Linien jeweils zwei nebeneinanderliegende gerade noch getrennt werden. Es ist offensichtlich, daß diese Größe etwas mit der er Größe der lichtempfindlichen Körner in der Emulsion zu tun hat. Emulsionen hoher Empfindlichkeit werden deshalb auch als „grobkörnig“ bezeichnet, da sie lediglich eine Auflösung von ungefähr 50 Linien/mm besitzen. Extrem feinkörnige (und damit auch sehr unempfindliche) Emulsionen erre erreichen dagegen immerhin eine Auflösung von bis zu 1000 Linien/mm. Sie haben in der Astronomie jedoch so gut wie keine Bedeutung. Im Laufe der Zeit wurde eine Vielzahl von Verfahren en entwickelt, um die Empfindlichkeit fotografischer scher Platten zu erhöhen. Sie werden unter dem Begriff der Hypersensibil Hypersensibilisierung zusammengefaßt und zielen darauf ab, das Schwarzschild-Verhalten Verhalten einer Emulsion zu reduzieren. Ein oft eingesetztes Verfahren ist die Wasserstoff-Hypersensi Hypersensibilisierung. Dabei wird das in der Emulsion enthaltene Wasser durch Wasserstoff ersetzt. Zu diesem Zweck bringt man die Fotoplatten (oder den Film) in ein Druckgefäß, welches anschließend evakuiert wird, wodurch das Wasser aus der Emulsion abdampft. Anschließend füllt man d das Gefäß mit einer Wasserstoff-Stickstoff-Mischung Mischung und läßt dieses Gas unter Druck und erhöhter Temperatur (ca. 193 60° C) mehrere Stunden auf die Emulsion einwirken. DieDi sen Vorgang nennt man im Fachjargon auch „backen“. Nach der Behandlung erhöht sich ein wenig die Empfindlichkeit des Fotomaterials und p nähert sich 1 an. Auch durch eine starke Kühlung der Emulsion kann man den Schwarzschild-Effekt abschwächen. chen. Dieses Verfahren wird von manchen Amateurastronomen für FarbaufnahFarbaufna men mit Diafilm angewendet. Man an benutzt dafür speziell konstruierte Tieftemperaturkameras und kühlt den FarbFar film mit Trockeneis (das ist gefrorenes , T ~ -78° C) auf ca. –40° C ab. Eine weitere Methode ist die Hypersensibilisierung mit Formaldehyd (Methanal, ), die zu einer ner durchaus beträchtlichen Empfindlichkeitssteigerung bei verbesserverbesser ten Schwarzschild-Verhalten Verhalten führen kann, deren elemeneleme tar-chemische chemische Funktionsweise aber nach wie vor nicht erklärt ist. In der professionellen Astronomie werden Fotoplatten gegenüber Film bevorzugt, da sie formstabiler stabiler sind und sich deshalb besser vermessen lassen. Wenn es auf eine sehr genaue Positionsbestimmung ankommt (z.B. bei ParaPar llaxenmessungen), wird als Trägermaterial sogar geschlifgeschli fenes Spiegelglas verwendet um Fehler durch UnUn ebenheiten heiten oder Emulsionsverschiebungen weitgehend auszuschließen. Filme sind für derartige Messungen ungeunge eignet. 4.23 Fotografische Aufnahme des Andromedanebels M31 mit seinen beiden Begleitern M32 und NGC 205 © Boris Stromar 194 CCD – Charge Coupled Devices CCD (charge coupled devices) Der wichtigste elektrooptische Detektor in der Astronomie ist die CCD. Die Abkürzung bedeutet “charge coupled devices“ und beinhaltet eine vage Beschreibung ihrer Funktionsweise. Dieser Strahlungsdetektor wurde 1969 von W.S. BOYLE und G.E. SMITH (Bell Laboratories) erfunden und befindet sich heute in vielen digitalen Foto- oder Videokameras. Moderne Fertigungstechnologien erlauben eine preisgünstige Massenfertigung, von dem auch die Amateurastronomen infolge des damit verbundenen Preisverfalls profitieren. Eine spezielle Form, die zwar nach dem gleichen physikalischen Prinzip beruht (innerer Photoeffekt), aber sich in einigen technischen Parametern von klassischen CCD’s unterscheidet (z.B. in der Auslesetechnologie), stellen die CMOS-Sensoren dar, wie man sie z.B. in den Spiegelreflexkameras der Firmen Canon und Nikon findet. Auch sie werden in der Astronomie als digitale bildgebende Detektoren eingesetzt. CCD Ein CCD-Chip ist eine spezielle Halbleiterstruktur, die aus einer zweidimensionalen Anordnung von Bildelementen – den Pixeln – besteht und die in der Lage ist, Licht in elektrische Ladungen umzuwandeln und diese bis zum sogenannten Auslesevorgang zu akkumulieren und zu speichern. Ähnlich wie bei der Fotoplatte entsteht während der Belichtung in der Detektorfläche ein latentes Ladungsbild, das ohne Umwege auf elektronischem Weg leicht in eine digitale, d.h. computerlesbare Form gebracht werden kann. Der aufwendige Entwicklungsvorgang wie bei einer Fotoplatte entfällt damit völlig und das kosmische Objekt erscheint sofort nach Beendigung der Belichtung auf dem Computermonitor. lücke (das „gap“) zu überwinden. Auf diese Weise entsteht ein Elektron-Lochpaar („innerer Photoeffekt“), das jedoch nicht wieder rekombinieren kann, da es durch den Potentialabfall in der Depletionszone räumlich getrennt wird. Auf diese Weise sammeln sich im Bereich des Pixels Ladungen an. Dieser Effekt läßt sich verstärken, wenn man auf den pHalbleiter eine nur Bruchteile eines Mikrometers dicke Isolatorschicht aufbringt und darauf eine Metallelektrode setzt („Gate“). Gewöhnlich verwendet man als Substrat pdotiertes Silizium und als Isolationsschicht Siliziumdioxid (). Legt man nun am Gate eine positive Spannung an, dann sammeln sich die durch den inneren Photoeffekt erzeugten freien Elektronen im Bereich der SubstratIsolator-Grenze an, während die Löcher in das Innere des Halbleitermaterials abgedrängt werden. Auf diese Weise entsteht ein Potentialtopf, der sich mit Ladungsträgern füllen läßt. Eine Raumladungszone verhindert die Rekombination der darin enthaltenen Elektronen mit den Löchern. Jetzt braucht diese während der Lichteinwirkung angesammelte Ladung nur noch in eine Spannung umgewandelt und auf eine geeignete Art und Weise ausgelesen zu werden. Aufbau Ein „Pixel“ wird im CCD-Sensor durch drei MOS-Strukturen („metal oxide semiconductor“), die wie ein Kondensator Ladungen sammeln können, repräsentiert. Der physikalisch relevante Teil ist dabei der Übergang zwischen einem p- und einem n-dotierten Halbleiter. Im Übergangsbereich diffundieren Elektronen vom n-Halbleiter in den pHalbleiter bzw. Defektelektronen („Löcher“) vom pHalbleiter in den n-Halbleiter, wodurch ein Diffusionsstrom entsteht. Dieser fließt solange, bis ein Gleichgewichtszustand erreicht ist. Der räumliche Bereich, der durch den dabei auftretenden Potentialabfall gekennzeichnet ist, bezeichnet man als Depletionszone. Trifft ein Photon der Energie auf einen Halbleiter, dann können Elektronen aus dem Leitungsband in das Valenzband angehoben werden, wenn die Energie ausreicht, die Band- 4.24 Funktionsweise eines „CCD-Pixels“ im Bändermodell einer MOSStruktur. Unter Einwirkung von Licht geeigneter Wellenlänge kann der „Potentialtopf“ mit Elektronen gefüllt werden, die aus dem Leitungsband stammen. Legt man an die MOS-Kondensatoren-Kette mit Hilfe eines Taktgenerators eine bestimmte Impulsfolge an, so läßt sich die darin angesammelte elektrische Ladung in Form von Paketen kontrolliert an der Oberfläche eines Si-Substrats zu einem Auslesepixel transportieren. Astronomische Beobachtungen – Teleskope, Detektoren, Techniken Ein Problem dabei ist, daß im Bereich der Raumladungszone natürlich auch thermische Elektronen-Loch-Paare entstehen. Diese Elektronen werden selbstverständlich auch im Potentialtopf gefangen. Bei Zimmertemperatur ist dieser Dunkelstrom so groß, daß die CCD innerhalb weniger Dutzend Sekunden bereits ihren Sättigungszustand erreicht. Deshalb sind bei handelsüblichen Digitalkameras oftmals auch keine langen Belichtungszeiten möglich. Astronomisch brauchbare CCD-Arrays werden aus diesem Grund gewöhnlich mit flüssigem Stickstoff gekühlt, um das thermische Rauschen zu unterdrücken. Amateur-CCD’s besitzen zumindest ein Peltier-Element, um den Chip bis zu 40° unter die Umgebungstemperatur zu kühlen. 195 Die Auslesezeit ist ein wichtiger technischer Parameter. Sie muß so ausgelegt werden, daß das auf der CCD gespeicherte Ladungsmuster beim Lesevorgang nicht verwischt wird. Das Ausgangssignal des Sensors ist also seriell. Die Ladungen der einzelnen Pixel werden demnach hintereinander ausgegeben, verstärkt und digitalisiert. Auf diese Weise entsteht ein „Ladungsbild“, daß sich als Matrix speichern und auf einem Bildschirm ausgeben läßt. Auslesevorgang Ein aktives Element besteht aus drei der beschriebenen MOS-„Kondensatoren“; viele davon bilden eine CCD-Zeile und viele Zeilen wiederum die lichtempfindliche Fläche des Detektors. Während des Belichtungsvorgangs in der CCDKamera wird an das Gate der mittleren MOS-Struktur eine kleine positive Spannung angelegt. Die Gates der benachbarten MOS-Strukturen werden dagegen auf einer niedrigeren Spannung gehalten (z.B. 0 V). Auf diese Weise wird eine Potentialbarriere aufgebaut, welche die aktiven, d.h. ladungssammelnden MOS-Strukturen durch jeweils zwei Elektroden von ihren aktiven Nachbarn trennt. Indem man nach der Belichtung die Potentiale dieser Gates in einem bestimmten Regime ändert (Multiplexbetrieb, „charge coupling“), kann man erreichen, daß die gesammelten Ladungen von Element zu Element verschoben werden, bis sie am Rand der CCD-Zeile angelangt sind. Dort befindet sich die sogenannte Auslesespalte. Sie unterscheidet sich von einer normalen CCD-Spalte nur dahingehend, daß in ihr die Ladungen rechtwinklig zur bisherigen Richtung bewegt werden. Das letzte Element dieser Spalte ist schließlich mit einem Analog-Digital-Wandler verbunden, welcher die Größe der in diesem Pixel angesammelten Ladung digitalisiert, damit sie von einem Computer bearbeitet werden kann. 4.26 Die Kamera am 2.5 Meter Teleskop des Sloan Digital Sky Survey (Apache Point Observatory, New Mexico) verwendet ein Array aus 30 CCD-Chips, wobei jeder aus 2048x2048 Pixeln besteht. 4.25 Schematischer Aufbau eines CCD-Pixels Das Ergebnis einer CCD-Aufnahme ist vom Prinzip her nichts weiter als eine Tabelle, die genau so viele Zeilen enthält wie die CCD Pixel hat. Dabei ist jedem Pixelindex eine ganze Zahl zugeordnet, die der angesammelten Ladung in dem entsprechenden CCD-Element proportional ist. Der Wertebereich dieser Zahlen hängt vom Auflösungsvermögen des verwendeten Analog-Digitalwandlers ab. Er bestimmt im Wesentlichen auch die Dynamik der CCDKamera (genauer, deren „Bildtiefe“). Eine Auflösung von 12 Bit liefert demnach einen Wertebereich von 2 ={0..4095}. Eine Auflösung von 2 Byte (=16 Bit) liefert Pixelwerte zwischen 0 und 65535. Die meisten in der Astronomie eingesetzten CCD-Kameras arbeiten mit dieser Auflösung. 196 CCD – Charge Coupled Devices FITS – Flexible Image Transport System Vorteile von CCD-Kameras Für die Speicherung astronomischer Bilddaten (aber auch Meßwerten von Radioteleskopen) hat man übrigens ein eigenes Datenformat entwickelt. Es wird als „Flexible Image Transport System“ bezeichnet oder kurz „FITS“ genannt. Es garantiert, daß überall auf der Welt Profiastronomen und Amateure in die Lage versetzt werden (z.B. über das Internet) einheitlich, geräteunabhängig und standardisiert auf die in diesem Format gespeicherten Daten zuzugreifen. Mittlerweile wird dieses Format auch von vielen Bildverarbeitungsprogrammen gelesen und verarbeitet. Astronomisch genutzte CCD’s bestehen aus ungefähr 1Kx1K bis zu 8Kx8K (K=1024) Pixeln, deren Größe zwischen 7 μm und 20 μm liegt. Im Vergleich zu Fotoplatten sind CCD’s winzig klein. Das schränkt ihren Einsatz für Surveys entscheidend ein, soweit man nicht mehrere von ihnen zu größeren Arrays zusammenfaßt. Ein Beispiel ist die CCD-Kamera des 2.5 Meter Spiegels des Apache PointObservatoriums, deren Survey-Kamera aus 30 einzelnen 2Kx2K CCD’s besteht und mit dem der Sloan Digital Sky Survey aufgenommen wird. Zur Untersuchung von Einzelobjekten sind sie dagegen der herkömmlichen Fotografie haushoch überlegen: FITS zählt zu den von der International Astronomical Union (IAU) anerkannten Dateiformaten. In diesem Format werden z.B. auch die Bilder und Spektren des Hubble SpaceTeleskops archiviert. Um dieses Format einfach handhaben zu können, gibt es auch Plug-In‘s für den Adobe-Photoshop, aber auch eigenständige Viewer-Software, die auch die darin gespeicherten Metadaten auslesen können. § § Blooming-Effekt CCD’s können natürlich auch überbelichtet werden. Das ist dann der Fall, wenn in einem CCD-Element die Sättigungsladung erreicht ist oder – profan gesprochen – der Potentialtopf voll ist. Wird diese Sättigungsladung überschritten, dann laufen die überschüssigen Elektronen in die Potentialtöpfe der benachbarten Pixel. Auf Himmelsaufnahmen sieht man dann längliche, spitz zulaufende Streifen, die von einem hellen Stern ausgehen. Diese zumeist unerwünschte Erscheinung wird als „Blooming-Effekt“ bezeichnet. Moderne Sensoren sind häufig auch in einer Variante mit Blooming-Unterdrückung verfügbar. Durch spezielle Strukturen zwischen den lichtempfindlichen Elementen lassen sich dort die überschüssigen Ladungen ableiten ohne daß sie die Nachbarpixel beeinflussen können. Das erfolgt jedoch auf Kosten der Empfindlichkeit und auf Kosten der Photometriegenauigkeit. 4.27 Blooming-Effekt bei einem hellen Stern. Er tritt auf, wenn die Pixel einer CCD mit Ladungen gesättigt sind und diese dadurch in die Potentialtöpfe benachbarter Pixel abdriften. § § § Die Quantenausbeute (=Effizienz des Detektors) erreicht im empfindlichen Wellenlängenbereich bis zu 90%, d.h. fast alle einfallenden Photonen führen zu einer Vergrößerung der Ladungsdichte in dem entsprechenden CCD-Element. Die angesammelte Ladung ist der Intensität des einfallenden Lichts direkt proportional, d.h. es tritt kein Schwarzschild-Effekt auf. Durch Kühlung kann man den Dunkelstrom soweit unterdrücken, daß sogar mehrstündige Belichtungszeiten möglich werden. Das Signal-Rausch-Verhältnis läßt sich verbessern, wenn man viele relativ kurzbelichtete Aufnahmen rechentechnisch überlagert („aufaddiert“). Die Spektrale Empfindlichkeit, die im roten Bereich bei Wellenlängen um 650 nm ihr Maximum hat, kann mittels spezieller Beschichtungen oder durch die Verwendung von „back illuminated CCD’s“ bis in den UVBereich hin ausgedehnt werden. Binning Beim Einsatz einer CCD-Kamera sollte die Pixelgröße so gewählt werden, daß mehrere Pixel die Größe eines Seeingscheibchens (bzw. bei adaptiver Optik des effektiven Beugungsscheibchens) überdecken. Für manche Zwecke ist es auch sinnvoll, mehrere Pixel elektronisch zu einem „Superpixel“ zusammenzufassen, was man als „Binning“ bezeichnet. Man unterscheidet dabei zwischen HardwareBinning und Software-Binning. Beim Hardware-Binning faßt man beim Auslesevorgang die Ladungen mehrerer Pixel zusammen, was letztendlich zu einem verbesserten Signal-Rausch-Verhältnis führt. Wenn es auf die Auflösung nicht so genau ankommt, kann man mit diesen Verfahren noch Lichtquellen sehr geringer Intensität nachweisen (Deep-Sky-Fotografie). Wenn man die Pixel erst im Zuge der Bildverarbeitung zusammenfaßt, spricht man vom Software-Binning. Astronomische Beobachtungen – Teleskope, Detektoren, Techniken 197 Rohbild Ein Rohbild („science frame“) muß auf jedem Fall noch nachbearbeitet werden, bevor es auf einem elektronischen Datenträger archiviert wird. Diese Korrektur besteht im Wesentlichen aus zwei Schritten deren Ziel es ist, Fehler durch eine umgebungs- und herstellungsbedingte ungleichmäßige Empfindlichkeit der Pixel auszugleichen (Flatfield-Korrektur) sowie um das thermische Rauschen, welches immer vorhanden ist, in Abzug zu bringen. Dunkelbild-Korrektur Ein Dunkelbild erstellt man möglichst zeitnah mit der gleichen Belichtungszeit wie die eigentliche Aufnahme – nur mit völlig abgedecktem Chip. Auf diese Weise erfaßt man das thermische Rauschen über die Aufnahmefläche. Flatfield-Korrektur Mit der Flatfield-Korrektur (auch Weißabgleich genannt) kann man unterschiedliche Pixelempfindlichkeiten, die Auswirkungen von Staub auf optischen Flächen sowie eine ungleichmäßige Ausleuchtung des Chips durch Vignettierung- und Beugungserscheinungen ausgleichen. Dazu wird lediglich eine gleichmäßig beleuchtete weiße Fläche aufgenommen. Das geschieht in der Regel auf die Weise, daß man vor Beginn oder am Ende der Beobachtungsnacht ein Stück Dämmerungshimmel aufnimmt und als Flatfield speichert. Bei der Korrektur wird in einem Bildbearbeitungsprogramm (oder bereits in der Aufnahmesoftware) für jedes Pixel folgende Rechnung ausgeführt: , − !, , = ", [4.12] D=Dunkelbild, F=Flatfield, S=Originalaufnahme, [m,n] Pixelindex Zeile-Spalte Das korrigierte Bild ist dann das Bild, welches für die weitere wissenschaftliche Bearbeitung verwendet wird. Für diese Korrekturen gibt es selbstverständlich spezielle Software. Sie kann aber auch direkt Bestandteil der Elektronik der CCD-Kamera sein. Bei langen Belichtungszeiten gelangt man bei helleren Sternen, die sich neben dem aufzunehmenden Objekt im Bildfeld befinden, sehr schnell in den Bereich der Pixelsättigung (Blooming). Dieser Effekt läßt sich vermeiden, wenn man eine Serie von relativ kurzbelichteten Aufnahmen aufaddiert. Außerdem verringert sich dabei das Rauschen mit 1⁄√ , wenn n die Anzahl der Einzelaufnahmen ist. 4.28 Vom Rohbild zum fertig kalibrierten Bild einer Galaxie: Einzelschritte bei der Verarbeitung einer CCD-Aufnahme 198 CCD – Charge Coupled Devices Sekundärelektronenvervielfacher (SEV) Ein SEV oder Photomultiplier ist ein Gerät, welches auf dem äußeren lichtelektrischen Effekt beruht. Ein Photon löst aus einer Photokathode ein Elektron heraus, welches in einem elektrischen Feld beschleunigt wird und auf eine Prallanode – die sogenannte Dynode – trifft. Dort löst sie mehrere Sekundärelektronen heraus, die wieder beschleunigt werden und auf eine weitere Dynode treffen usw. bis sie zur letzten Elektrode – der Anode – gelangen. Durch diesen kaskadenartigen Prozeß kann das Eingangssignal bis auf das 100 Millionenfache verstärkt werden. Mit einer Quanteneffizienz von z.T. über 30% gehört der Photomultiplier deshalb mit zu den empfindlichsten optischen Strahlungsmeßgeräten, die bei der astronomischen Beobachtung zum Einsatz gelangen. Mit ihm kann man sogar einzelne Photonen nachweisen. Außerdem ist auch bei diesem Gerät – wie bei der CCD – das Ausgangssignal der einfallenden Lichtintensität direkt proportional. Die spektrale Empfindlichkeit reicht vom nahen Infrarot bis in den UV-Bereich und hängt in erster Linie vom Material ab, aus dem die Kathode besteht. 4.29 Schematischer Aufbau eines Photomultipliers In der Astronomie wird der SEV vornehmlich bei der Beobachtung veränderlicher Sterne bzw. unter Verwendung von Farbfiltern zur Mehrfarbenfotometrie eingesetzt. Besonders vorteilhaft ist der geringe Meßfehler, der häufig unter 1% gedrückt werden kann. Nachteilig ist, daß sich die Helligkeit immer nur von einem Stern zur gleichen Zeit messen läßt. Photomultiplier werden deshalb nach und nach – soweit sinnvoll - durch moderne CCD-Kameras ersetzt. Praxis haben sich für diesen Zweck Irisblenden bewährt. Hinter der Blende beginnt der Meßstrahlengang. In ihm werden u.a. Filter angebracht, wobei die spektralen Durchlässigkeiten der Filter so ausgewählt wird, daß sie in Kombination mit der wellenlängenabhängigen Empfindlichkeit der Photokatode des SEV die gewünschte Durchlaßkurven möglichst gut annähern. Eine Fabry-Linse projiziert schließlich das Sternbildchen leicht extrafokal auf eine kleine Fläche der Photokathode. Mit Photometer hoher Zeitauflösung beobachtet man auch Sternbedeckungen durch den Mond. Aus den dabei während des Bedeckungsvorgangs entstehenden Beugungsmustern lassen sich z.B. die Winkeldurchmesser der Sterne, die bedeckt werden, ableiten. Man hat mit dieser Methode auch schon sehr enge Doppelsterne entdeckt. Mikrokanalplatten Ein aus „mikroskopisch kleinen“ SEV’s aufgebauter flächenhafter Detektor, der bei astronomischen Anwendungen fast ausschließlich im Vakuum des Weltraums zum Einsatz kommt, ist die Mikrokanalplatte. Diese Platte, die aus Halbleitermaterial besteht, ist ähnlich wie ein Sieb von sehr feinen (Durchmesser 6-8 μm) Löchern – genauer leicht zur Plattenachse gekippten Röhrchen – durchzogen. Ein Photon, welches auf die Wandung eines solchen Röhrchens trifft, löst ein Elektron heraus welches wiederum durch Stöße mit der Wand weitere Sekundärelektronen produziert. Dieser Vorgang wird durch eine längs der Kanäle anliegenden Spannung zusätzlich befördert. Am Ende der Röhre entsteht auf diese Weise eine Ladungswolke, die von speziellen Anoden aufgenommen und einer Verstärkerelektronik zugeführt wird. Da jeder Kanal einzeln meßbar ist und man aus der registrierten Ladung die Energie des auslösenden Lichtteilchens berechnen kann, hat man es hier mit einem empfindlichen bildgebenden Detektor zu tun, der in gewissen Grenzen selbst eine spektrale Auflösung ermöglicht. EUV-Detektoren werden oft auf diese Weise realisiert und in UV-Teleskopen auf Satelliten eingesetzt. Sternphotometer Sternphotometer montiert man so an ein Teleskop, daß der Stern in der Fokalebene genau in die Öffnung einer Lochblende abgebildet wird. Diese Blende verhindert, daß benachbarte Sterne bzw. der Himmelshintergrund die Meßwerte verfälschen. Die Größe der Blende wird dabei so gewählt, daß auch die äußeren Bereiche des Beugungsbzw. Seeingscheibchens darin noch Platz haben. In der 4.30 Aufbau einer Mikrokanalplatte Astronomische Beobachtungen – Teleskope, Detektoren, Techniken 199 Bolometer Eine weitere Methode zur Strahlungsmessung beruht auf der Ausnutzung des thermoelektrischen Effekts, auch Seebeck-Effekt genannt. Wenn Strahlung – z.B. Wärmestrahlung – auf eine geschwärzte Fläche fällt, dann wird diese Strahlung absorbiert wodurch es zu einer geringfügigen Erwärmung kommt. Diese Erwärmung versucht man mit Hilfe von Bolometern zu messen. Thermoelement Ein klassisches Bolometer (von griech. „bole“=Strahlung) ist im Wesentlichen ein Thermoelement, welches aus zwei verlöteten Metallen (z.B. Platin und Silber) besteht. Wird die z.B. mit Ruß geschwärzte Lötstelle durch Strahlung erwärmt, fließt ein elektrischer Strom (Thermostrom), den man verstärken und z.B. über eine Brückenschaltung messen kann. Ein Bolometer kann im Prinzip Strahlung aller Wellenlängen aufnehmen, die von ihm absorbiert werden. Deshalb ist es auch für Messungen im Infraroten bis zum Millimeterund Submillimeter-Bereich geeignet. Ein derartiges Bolometer wird unmittelbar in der Brennebene des Fernrohrs (oder Radiospiegels) angebracht. Um ein genaueres Signal zu erhalten, wechselt man in kurzer Folge zwischen Objekt und Himmelshintergrund hin und her (z.B. 10-mal pro Sekunde) und mißt die Differenz der beiden Signale. Damit lassen sich Störeinflüsse, die durch die Fluktuationen in der Erdatmosphäre entstehen, verringern. In modernen Halbleiter-Bolometern bilden der Absorber und der Detektor eine Einheit. Eine größere Anzahl derartiger Komposit-Bolometer wird für astronomische Anwendungen häufig zu einem bildgebenden 2D-Detektor zusammengefaßt. Ein derartiger Detektor arbeitet z.B. in einem Wellenlängenbereich zwischen 2 μm und 5000 μm und muß wie jeder andere empfindliche Infrarotsensor mit flüssigen Helium (0.4 K<T<4.2 K) gekühlt werden, damit er optimal funktionieren kann. Bolometerarray SCUBA Arrays von Halbleiterbolometer sind mit die wichtigsten Strahlungsmeßgeräte im Millimeter- und Submillimeterbereich. Ein Beispiel ist SCUBA („Submillimetre Common-User Bolometer Array“), welches am 15-Meter James-ClerkMaxwell-Teleskop (JCMT, Mauna Kea, Hawaii, 4092 m Höhe) zum Einsatz kommt. Diese „Submillimeterteleskop“ arbeitet im Wellenlängenbereich zwischen 0.3 und 2 mm und wird vornehmlich zur Untersuchung von Sternentstehungsgebieten im fernen Infrarot (Mikrowellenbereich) verwendet. Um auch das thermische Rauschen auszuschalten, muß der Detektor entsprechend gekühlt werden. Bei modernen Detektoren liegt dabei die Kühltemperatur nur wenige Zehntel Grad über dem absoluten Nullpunkt. Halbleiterbolometer An modernen Teleskopen setzt man Thermoelemente als Bolometer nicht mehr ein. Zur Strahlungsmessung werden dagegen spezielle Halbleiterbauelemente verwendet, die vom Prinzip her das Gleiche leisten. 1961 wurde z.B. von FRANK JAMES LOW ein Detektor entwickelt, der aus galliumgedopten Germanium besteht. Man muß ihn mit flüssigem Helium kühlen, damit er im infraroten Spektralbereich, für den er ausgelegt ist, effektiv arbeiten kann. Gemessen wird eine Änderung des Widerstandes des GermaniumEinkristalls sobald er sich durch Einwirkung von Infrarotstrahlung erwärmt. Die absorbierte Strahlungsenergie wird bei diesem Vorgang in Gitterschwingungen (Phononen) umgewandelt die wiederum das Widerstandsverhalten des Halbleiters beeinflussen. 4.31 SCUBA-Bolometerarray. Zu sehen sind die Hornantennen, die das Eingangssignal auf die Halbleiter-Bolometer leiten. © JCMT Moderne Entwicklungen in der Strahlungsmeßtechnik im infraroten Spektralbereich nutzen immer mehr quantenmechanische Effekte in supraleitfähigen Materialien aus. Auch die Entwicklung von höherauflösenden bildgebenden Bolometerarrays für die Submillimeter-Astronomie wird verstärkt vorangetrieben. Ein Beispiel ist LABOCA („Large Bolometer Camera“), welches am 12 Meter APEX-Submillimeterteleskop in Chile im Einsatz ist und auf 0.3 K gekühlt werden muß, damit es richtig funktioniert. 200 Optische Filter Geräte zur Analyse optischer Strahlung Elektromagnetische Strahlung ist die wichtigste Informationsquelle in der Astronomie. Zu ihrer Analyse wurden die verschiedensten Meßgeräte entwickelt, um aus ihren quantifizierbaren Eigenschaften die physikalischen Bedingungen am Ort ihrer Entstehung oder Modifikation abzuleiten. Dazu steht seit dem Beginn des Raumflugzeitalters dem Astronomen quasi das gesamte Frequenzband von der harten Gammastrahlung bis hin zu langwelligen Radiowellen zur Beobachtung zur Verfügung. Gerade die Frequenzbereiche, die von der Erdoberfläche aus aufgrund der Absorptionseigenschaften der Atmosphäre unzugänglich sind, haben in den letzten Jahrzehnten zu vielen überraschenden Entdeckungen geführt. Als ein besonders prägnantes Beispiel sei hier nur die Entdeckung der kosmischen Gammastrahlungsburster genannt. Daneben wurden und werden weitere Informationsquellen erschlossen. Neben der kosmischen Partikelstrahlung sind die Neutrinos und nicht zuletzt die Gravitationswellen Gegenstand intensiver Forschung, die auch eine Herausforderung an die Technologie ihres Nachweises und ihrer Messung stellen. In diesem Abschnitt sollen jedoch in erster Linie die Geräte und Methoden behandelt werden, die insbesondere in der optischen Astronomie zum Einsatz kommen und der Analyse von Licht dienen. Sie haben die Astrophysik erst möglich gemacht. Optische Filter In der Astronomie muß man oft den Strahlungsfluß eines Himmelskörpers in einem mehr oder weniger begrenzten Frequenzbereich bestimmen. Im optischen Spektralbereich werden dafür Filter verwendet, die – vereinfacht gesagt nur das Licht einer bestimmten Farbe hindurch lassen. Farbfilter Um z.B. die Farben von Sternen zu bestimmen, braucht man lediglich Himmelsfelder mittels bestimmter Kombinationen von Fotoemulsionen und mehr oder weniger breitbandigen Farbfiltern zu fotografieren. Je nach der Eigenfarbe (die ein Maß für ihre Oberflächentemperatur ist) werden die Sterne auf den einzelnen Fotoplatten mit unterschiedlichen Schwärzungen abgebildet. Die Differenz dieser Schwärzungen (ausgedrückt in Sternhelligkeiten) – der Farbenindex – ist dann ein Maß für eine wichtige physikalische Größe, nämlich der Oberflächentemperatur des Sterns. Auf dieser Methodik beruht die besonders in der Stellarastronomie wichtige photographische Photometrie. Standardisierte Farbsysteme (wie das bekannte UBVSystem nach Johnson) sind z.B. bestimmten EmulsionFilterkombinationen zugeordnet. Natürlich können breitund mittelbandige Farbfilter (die zumeist aus gefärbtem Glas oder in Glas eingeschlossener gefärbter Gelatine bestehen) auch mit CCD-Kameras und lichtelektrischen Photometern verwendet werden. Interferenzfilter Schmalbandige Filter sind dagegen nicht ganz so leicht herzustellen. Bei einfacheren Aufgabenstellungen reichen manchmal Kombinationen von herkömmlichen Farbfiltern aus, um die Durchlaßfähigkeit für ein gegebenes Detektorsystem auf die gewünschte Art und Weise einzuschränken. Will man z.B. dagegen die Emission von Gasnebeln ausschließlich im Licht vom dreifach ionisierten Sauerstoff oder im + -Licht untersuchen, dann benötigt man Filter mit möglichst wenigen nm Durchlaßvermögen bei der gewünschten Wellenlänge. Derartige Schmalbandfilter lassen sich in Form von Interferenzfiltern realisieren. Genaugenommen stellen sie eine spezielle Bauform des sogenannten Fabry-Perot-Interferometers dar, einem Instrument, das wegen seiner hohen spektralen Auflösung auch nativ in der beobachtenden Astronomie eingesetzt wird. Das zuerst 1897 von CHARLES FABRY (1867-1945) und ALF- PEROT (1863-1925) vorgeschlagene Spektrometer besteht aus zwei fast (oder genau) planparallelen Glasplatten mit einem dünnen Luftspalt der Dicke d dazwischen. Diese Glasplatten sind auf den gegenüberliegenden Seiten schwach versilbert und zwar gerade so stark, daß noch ein kleiner Teil des schräg einfallenden Lichts durch die beiden Platten hindurchgeht, der überwiegende Anteil aber zwischen den Platten hin- und her reflektiert wird bis es RED 4.32 Transmissionskurve eines für astronomische Zwecke geeigneten Breitbandfilters (ACF = Astro Conversion Filter), der weder UVnoch Infrarotlicht hindurch läßt. © Baader Planetarium Astronomische Beobachtungen – Teleskope, Detektoren, Techniken schließlich doch noch austritt. Durch diese Reflektionen entstehen Gangunterschiede zwischen den Teilstrahlen die wiederum zur Interferenz der Teilstrahlenbündel führen. Da sich die meisten Wellenlängen dabei durch destruktive Interferenz auslöschen, wird nur Licht in einem sehr schmalbandigen Wellenlängenbereich hindurch gelassen, der wiederum vom Plattenabstand d abhängt. Projiziert man mit einer Optik die austretenden Strahlenbündel auf einen Schirm (oder Fotoplatte bzw. CCD), dann erkennt man dort ringförmige und z.T. sehr scharfe Interferenzbilder. Jeder der dabei entstehenden Ringe entspricht dabei einer bestimmten Beugungsordnung m. 201 Da es bei einem Interferenzfilter darauf ankommt, die Durchlaßfähigkeit bei einer bestimmten Wellenlänge / – z.B. für die Wasserstoffemission + bei 656.3 nm – zu maximieren, muß man für einen möglichst großen Abstand der benachbarten Maxima /± sorgen. Das läßt sich technisch für kleine m und kleine Schichtdicken d (in der Größenordnung der gewünschten Wellenlänge) erreichen. Die Halbwertsbreite des Interferenzmaximums hängt dagegen stark von der Reflektionsfähigkeit der die dielektrische Schicht einschließenden Metallschichten ab. Maxima, die weiter von / entfernt sind, können durch nachgeordnete Breitbandfilter (z.B. in Form des entsprechend eingefärbten Trägerglases) blockiert werden. Für schmalbandige Interferenzfilter existieren vielfältige Einsatzmöglichkeiten. Bei der Sonnenbeobachtung z.B. haben enge + -Filter die streulichtanfälligen Protuberanzenfernrohre mit eingebauter Kegelblende weitgehend verdrängt. Bei entsprechend kleinem Durchlaßbereich (wenige bis Bruchteile von einem Nanometer) können bereits mit kleinen Fernrohren auf der Sonne Details beobachtet werden, für die man früher aufwendige Spektroheliographen benötigt hat. Nebelfilter 4.33 Verschiedene Interferenzfilter Ein Interferenzfilter arbeitet ähnlich. Auf eine planparallele Glasplatte werden eine dünne Metallschicht, darüber eine Schicht aus einem transparenten dielektrischen Material und darüber eine weitere Metallschicht aufgebracht (z.B. durch Bedampfen im Vakuum). Diese Schichten werden i.d.R. durch eine weitere Glasplatte vor Umwelteinflüssen geschützt. Das dielektrische Material entspricht im FabryPerot-Interferometer dem Luftspalt und wird durch die Schichtdicke d und den Brechungsindex n charakterisiert. Beim senkrechten Lichteinfall gilt für den Gangunterschied zweier Strahlen 2nd und konstruktive Interferenz tritt unter folgender Bedingung auf: 2, = = 1,2,3, … [4.13] Die Wellenlänge für das m-te Maximum ist also / 2, = [4.14] und der Abstand zwischen zwei Maxima ∆/ = / − /1 2, = + 1 [4.15] Sogenannte „Nebelfilter“ erlauben die Fotografie von kosmischen Objekten im Licht ausgewählter Spektrallinien. Dazu gehören Supernovaüberreste, Planetarische Nebel (z.B. OIII-Filter) und natürlich Gasnebel, die sich besonders gut im monochromatischen Licht bestimmter WasserstoffBalmerlinien (z.B. + , 4 beobachten lassen. Ohne Filter sind besonders viele galaktische Gasnebel so gut wie gar nicht photographisch nachweisbar. Dazu kommt noch der positive Effekt, daß Nebelfilter auch das von der irdischen Lichtverschmutzung herrührende Licht (z.B. der Quecksilber- und Natriumdampflampen) weitgehend abblocken. So kann man durchaus mit entsprechendem Equipment vom Dach eines Wolkenkratzers in einer Großstadt den Pferdekopfnebel im Sternbild Orion fotografieren... 202 Polarimeter und Polarimetrie Polarimeter und Polarimetrie Elektromagnetische Wellen sind gemäß den Maxwell‘schen Gleichungen nichts anderes als sich mit Lichtgeschwindigkeit ausbreitende periodisch veränderliche elektrische und magnetische Felder, deren Feldstärkevektoren E und B senkrecht aufeinander stehen: 5=6×8 [4.16] Die Größe k nennt man Wellenzahlvektor. Seine Richtung ist durch die Richtung des Energieflusses, also der Ausbreitungsrichtung der elektromagnetischen Welle bestimmt (Vektor n). Aufgrund von (4.16) kann man den elektrischen Feldvektor E als Repräsentant der gesamten ebenen Welle auffassen (was eine Konvention ist) und dafür schreiben: = 9 sin<= − > len, deren Amplituden (= Intensität) und Phasenverschiebungen praktisch gleichverteilt sind. Abweichungen von dieser Gleichverteilung führen zu Licht unterschiedlichen Polarisationsgrades. Im Spezialfall des vollständig polarisierten Lichtes sind das Verhältnis der Amplituden der Komponenten und deren Phasenverschiebung zueinander konstant. Das bedeutet nichts anderes, als daß die Lage, das Achsenverhältnis und der Umlaufsinn der Schwingungsellipse erhalten bleiben. [4.17] > nennt man die Kreisfrequenz. Sie ist über die Dispersionsbeziehung < = >⁄? mit dem Betrag des Wellenzahlvektors k und der Lichtgeschwindigkeit c (im Vakuum) verbunden. Polarisierte Wellen 4.34 Funktionsweise eines Polarisationsfilters Führt man ein kartesisches Koordinatensystem (@A , @B , @C ) mit der Richtung z als Ausbreitungsrichtung ein, dann läßt sich der Vektor (4.17) in bezug auf die Koordinatenachsen x und y (welche die sogenannten Polarisationsebene aufspannen) folgendermaßen zerlegen: B D, = E9,B cos<D − > − H I@B [4.18] A D, = E9,A cos<D − > − H I@A wobei J = H − H die Phasendifferenz ist. Ist J ein konstanter Wert, dann befinden sich beide Partialwellen in Phase und man sagt, daß die Welle linear polarisiert ist. Ist das nicht der Fall, dann handelt es sich um eine elliptisch polarisierte Welle. In der Polarisationsebene bewegt sich die Spitze des Feldstärkevektors E entlang einer Ellipse, deren Lage und Form von dem Wert der Phasendifferenz abhängt (beträgt die Phasendifferenz genau 90°, dann spricht man von einer zirkularen Polarisation). So anschaulich eine Schwingungsellipse auch sein mag, sie gilt immer nur für einen konkreten Wellenzug. In der Astronomie hat man es aber immer mit einer Vielzahl von einander unabhängigen Wellenzügen zu tun, so daß sich eine quasi-statistische Behandlung anbietet. Unpolarisiertes Licht besteht demnach aus Wel- Stokes-Parameter Für die „statistische“ Beschreibung der Polarisation haben sich die sogenannten Stokes-Parameter bewährt. Sie werden im Folgenden mit den Buchstaben I, Q, U und V abgekürzt und hängen mit der Intensität der Strahlung, die bei bestimmten Polarisationsrichtungen gemessen werden, zusammen. Für diese Messungen verwendet man Polarisationsfilter, die entsprechend ihrer Ausrichtung in der Polarisationsebene nur bestimmte Lichtanteile hindurch lassen. Diese Anteile (Intensitäten) sollen wie folgt bezeichnet werden: 9 KL M9 NL C CO Durchlaßrichtung entlang der y-Achse Durchlaßrichtung 45° Durchlaßrichtung entlang der x-Achse Durchlaßrichtung 135° Rechts zirkular polarisierter Anteil Links zirkular polarisierter Anteil Als Bezugsrichtung für die y-Achse der Polarisationsebene verwendet man in der Astronomie i.d.R. die Richtung eines Großkreises, der senkrecht zur Äquatorebene steht und zum nördlichen Himmelspol hin verläuft. Richtet man ein Polarisationsfilter genau in diese Richtung aus, dann ent- Astronomische Beobachtungen – Teleskope, Detektoren, Techniken spricht die durchgelassene Lichtintensität (z.B. eines Sterns) dem Wert 9 . Daraus ergeben sich die Stokes`schen Parameter für die linearen und zirkularen Polarisationsanteile: = 9 + M9 = KL + NL [4.19] P = 9 + M9 Q = KL − NL R = C − CO Je nach dem Polarisationszustand einer Lichtquelle gibt es folgende Fälle: § § Synchrotronstrahlung: Elektronen, die sich in einem Magnetfeld spiralförmig entlang der Magnetfeldlinien bewegen, emittieren bevorzugt in das Innere eines Konus, dessen Achse mit der momentanen Bewegungsrichtung des Elektrons zusammenfällt. Diese Strahlung ist stark polarisiert wobei die Polarisationsrichtung immer senkrecht zur Richtung des Magnetfeldes ist. Streuung an Staubteilchen: [4.20] [4.21] Dichroitische Absorption: Das Licht ist teilweise polarisiert > SP + Q + R = ∗ § (wie z.B. in Reflektionsnebeln oder zirkumstellaren Staubhüllen). Im Wesentlichen führen folgende Prozesse zur Entstehung polarisierten Lichts: Licht, welches an kleinen Staubteilchen gestreut wird (Mieund Rayleigh-Streuung), wird polarisiert und zwar bevorzugt in die Richtung, die senkrecht auf der Ebene steht, die durch die Richtung der einfallenden Strahlung und der Streustrahlung aufgespannt wird. Das Licht ist vollständig polarisiert = SP + Q + R 203 Das Licht ist unpolarisiert P=Q=R=0 [4.22] Aus dem Verhältnis ∗ Π= [4.23] Polarisationsmessungen läßt sich der Grad der Polarisation bestimmen, d.h. wie groß der Anteil der polarisierten Strahlungsintensität O an der Intensität der Gesamtstrahlung I ist. Die Polarisationsrichtung erhält man über folgende Beziehung aus den Stokes`schen Parametern: Q tan 2Y = P Optisch anisotrope Staubteilchen (z.B. solche mit einer länglichen Form) absorbieren Licht unterschiedlicher Polarisationsrichtung unterschiedlich stark. Das führt dazu, daß unpolarisiertes Licht beim Durchgang durch Staubwolken, in denen die Staubteilchen mit ihrer langen Achse senkrecht zum Magnetfeld ausgerichtet sind, teilweise polarisiert wird. [4.24] Der Polarisationswinkel Y wird dabei (analog dem Positionswinkel bei Doppelsternen) von Nord aus über Ost laufend gezählt. Die Aufgabe der Polarimetrie ist es, den Polarisationsgrad Π und den Winkel Y für jeden Punkt der interessierenden Himmelsfläche (z.B. für einen Reflexionsnebel) zu bestimmen und in Karten festzuhalten. Polarisiertes Licht enthält u.a. wertvolle Informationen über Magnetfelder (die geladene Staubteilchen ausrichten oder die Teilchen zur Emission von Synchrotronstrahlung veranlassen) und über die Natur lichtstreuender Teilchen Messungen der linearen Polarisation beruhen in der Astronomie auf Intensitätsmessungen unter Verwendung eines Analysators, dessen Durchlaßrichtung in 45°-Schritten gegenüber der Referenzrichtung gedreht wird. Polarisationsfilter werden bei professionellen Polarimetern nur noch selten verwendet, da ihr Absorptionsvermögen zu groß ist. Man verwendet vielmehr spezielle Prismen aus einem doppelbrechenden Mineral wie z.B. Kalkspat. Bekanntlich wird in einem derartigen Kristall einfallendes Licht in einen ordentlichen und einen außerordentlichen Strahl gebrochen, die den Kalkspat versetzt als parallele Strahlenbündel wieder verlassen. Diese Strahlenbündel haben die bemerkenswerte Eigenschaft, daß sie senkrecht zueinander vollständig polarisiert sind. In einem Nicolprisma sind zwei derartige Kalkspatprismen so zusammengesetzt, daß ein Strahl durch Totalreflektion eliminiert wird. Solch ein Prisma eignet sich sehr gut als Analysator. Als Empfänger hat man früher die Fotoplatte verwendet. Heute benutzt man dafür selbstverständlich CCD-Arrays. Ein optisches Polarimeter besteht (ohne spezielle konstruktive Feinheiten zu betrachten) aus einem entweder 204 Polarimeter und Polarimetrie drehbar gelagerten oder fest montierten Nicol-Prisma (bei einem fest montierten Analysator erreicht man die Drehung der Durchlaßrichtung durch ein vorgeschaltetes Plättchen aus Glimmer oder Gips) und einer CCD-Kamera. Mit dieser Anordnung werden insgesamt 4 Aufnahmen der interessierenden Himmelsgegend angefertigt, wobei die Durchlaßrichtung um jeweils 45° gedreht wird. Die Auswertung dieser Aufnahmen, deren Ziel es ist, eine möglichst genaue Polarisationskarte des Himmelsausschnitts zu erstellen, ist sehr aufwendig und kann nur mit leistungsfähiger Rechentechnik und speziellen Bildbearbeitungsmethoden gemeistert werden. Neben den üblichen Bearbeitungsschritten wie Flatfield- und Dunkelfeldkorrektur kommen noch weitere spezielle Reduktionsschritte. Sie dienen dazu, die Effekte zu minimieren, die sich aus dem Fakt ergeben, daß die einzelnen Aufnahmen niemals unter völlig identischen Bedingungen aufgenommen werden können. Aus (4.19), (4.23) und (4.24) berechnet man schließlich für jedes Bildelement (meist eine Zusammenfassung von mehreren Bildpunkten) den Polarisationsgrad und den Polarisationswinkel. Diese Arbeit wird von speziellen Bildverarbeitungsprogrammen übernommen. Als Ergebnis erhält man eine Polarisationskarte. Polarisationsmessungen können prinzipiell natürlich in allen Wellenlängenbereichen durchgeführt werden. Besonders in der Radioastronomie gehört die Polarimetrie zu einer Standardmethode. Die Messung erfolgt z.B. mittels einer Dipolantenne, die man ähnlich wie ein Polarisationsfilter ausrichtet. Polarimetrische Messungen im optischen Spektralbereich erfordern eine sehr genaue Kalibrierung der Meßapparatur. Es ist nicht einfach, die wenigen Prozent polarisierten Lichtes vom Himmelshintergrund (das wenn auch geringe Streulicht der Atmosphäre ist auch polarisiert) zu trennen. Außerdem darf die instrumentelle Polarisation nicht unbeachtet bleiben. Jede Reflektion an einer spiegelnden Oberfläche, die nicht rotationssymmetrisch zu einer Achse ist, macht den Einsatz eines Polarimeters unmöglich. Deshalb ist ihr Einsatz bei Spiegelteleskopen auf den Primärfokus oder den Cassegrain-Fokus beschränkt. 4.35 Aufnahme des Krebsnebels (M1) mit dem 60 cm Spiegelteleskops auf dem Pic du Midi (Frankreich), aufgenommen durch Polarisationsfilter unterschiedlicher Durchlaßrichtung. Man erkennt schon an diesen Aufnahmen, daß das Licht des Krebsnebels stark polarisiert ist. Ursache dafür ist die nichtthermische Synchrotronstrahlung, die im Magnetfeld des Pulsars von Elektronen emittiert wird. Das unterste Bild zeigt die aus den Aufnahmen abgeleitete Polarisationskarte. 0° 45° 90° 135° Astronomische Beobachtungen – Teleskope, Detektoren, Techniken 205 Spektrographen und Spektroskopie Astrophysik im Unterschied zur klassischen Astronomie wurde eigentlich erst möglich, nach-dem GUSTAV ROBERT KIRCHHOFF (1824-1887) und ROBERT WILHELM BUNSEN (1811-1899) die Spektralanalyse auf eine experimentelle Grundlage stellten. Mit ihrer Hilfe ließen sich auf einmal Informationen über die stoffliche Zusammensetzung und über die physikalischen Zustandsgrößen der Himmelskörper, die ja von der Erde aus prinzipiell unerreichbar sind, gewinnen. Bis heute ist deshalb die Spektroskopie und Spektralanalyse eine außerordentlich wichtige Disziplin der beobachtenden Astronomie geblieben. Es gibt auch so gut wie keine wissenschaftlichen Raumflugmissionen, wo die Satelliten nicht mit mindestens einem spektroskopischen Gerät irgendwelcher Art ausgerüstet sind. Unter Spektroskopie versteht man ganz allgemein die Zerlegung von Strahlung in ihre Bestandteile. Licht besteht bekanntlich aus einem Gemisch von elektromagnetischen Wellen verschiedener Frequenzen. Dieses Licht wird in einem Spektralapparat in ein Spektrum zerlegt, in dem die einzelnen Lichtanteile nach ihrer Frequenz (bzw. Wellenlänge) angeordnet und damit leichter zu analysieren sind. Um ein optisches Spektrum zu erzeugen, kann man im Wesentlichen zwei verschiedene physikalische Prozesse ausnutzen: einmal die Brechung (z.B. unter Verwendung eines Glasprismas) und zum anderen die Beugung (unter Verwendung eines Beugungsgitters). Prismenspektrograph Bei einem Prismenspektrographen wird das Sternlicht durch ein oder mehrere Glasprismen geleitet. Nach dem Brechungsgesetz Porträt GUSTAV R. KIRCHHOFF (* 1824 Königsberg /Ostpreussen † 1887 Berlin) Das Hauptforschungsgebiet von Gustav Robert Kirchhoff war die Elektrizitätslehre, wo ihm einige fundamentale Entdeckungen und Entwicklungen gelangen. Jedermann bekannt sind z.B. die Kirchhoffschen Regeln, die in der Netzwerktechnik eine große Rolle spielen. Er hat aber auch auf dem Gebiet der elektromagnetischen Strahlung gearbeitet. Das Kirchhoffsche Strahlungsgesetz stellt z.B. einen fundamentalen Zusammenhang zwischen dem Absorptions- und Emissionsvermögen eines Körpers dar. Es bildete den Ausgangspunkt der Untersuchung der Wärmestrahlung und so auch von Max Plancks Quantenhypothese zur Erklärung der spektralen Energieverteilung eines Schwarzen Körpers. Zusammen mit Robert Wilhelm Bunsen entwickelte er ab 1854 an der Universität Heidelberg die Spektroskopie zu einem analytischen Meßverfahren. Dabei entdeckten sie gemeinsam auch die Elemente Cäsium und Rubidium. Außerdem waren sie in der Lage, die Fraunhoferschen Linien im Sonnenspektrum zu erklären und auf diese Weise eine Methode zu entwickeln, die es erlaubte festzustellen, was für chemische Elemente in den Sternatmosphären vorhanden sind. 1875 bis kurz vor seinem Tod 1887 wirkte er an der Universität Berlin auf dem Lehrstuhl, den nach ihm Max Planck einnehmen sollte. [4.25] O sin Z = [ sin \ wird ein monochromatischer Lichtstrahl beim Durchdringen der Grenzfläche Luft (Brechungsindex O ) – Glas (Brechungsindex [ ) zum Lot hin gebrochen. Hieraus erkennt man schon den größten Nachteil eines Prismenspektrographen: Die Dispersionskurve ist nicht linear. Aus diesem Grund werden derartige Spektrographen in der astronomischen Praxis nur noch selten angewendet. Da der Brechungsindex [ dem Quadrat der Wellenlänge umgekehrt proportional ist, wird kurzwelliges Licht stärker zum Lot hin abgelenkt als langwelliges Licht. Bezeichnet man ganz allgemein den Ablenkungswinkel mit ], dann ergibt sich für die Winkeldispersion: ,] , ~ , , und wegen ~a ,] aN ⇒ ~ , [4.26] 4.36 Prismenspektroskop, wie es von Kirchhoff- und Bunsen für ihre optischen Experimente verwendet wurde. 206 Spektrographen und Spektroskopie und für ein Gitter mit insgesamt N Strichen auf seiner Gesamtfläche Gitterspektrograph Ein Beugungsgitter als dispergierendes Element besitzt diesen Nachteil nicht. Es besteht aus einer großen Anzahl paralleler Striche (oder Stufen) mit einem Abstand d (der Gitterkonstante), die z.B. mit einem Diamanten auf eine planparallele Glasplatte geritzt sind. Bezeichnet man mit ]c den Einfallswinkel und mit ]d den Ausfallswinkel, dann ergibt sich aus der Beugungstheorie für den Gangunterschied zwischen zwei benachbarten Strahlen: i = <l [4.32] Schon mit kleinen Beugungsgittern erhält man bei einer entsprechend hohen Strichzahl eine bedeutend bessere spektrale Auflösung als mit einem Glasprisma. In der Praxis werden Gitter mit 300 bis 1800 Linien pro Millimeter verwendet. [4.27] sin ]d − sin ]c , = < < = ±1, ±2, … → Ordnung Praktisch ist die Anzahl der Ordnungen aus geometrischen Gründen begrenzt. Man kann leicht zeigen, das folgende Beziehung </hA 2, = [4.28] gilt. Nachteilig ist jedoch, daß die durch ein Beugungsgitter entstehenden Spektren bei größer werdenden k immer länger werden und dabei irgendwann überlappen. Durch konstruktive Maßnahmen (z.B. durch einen Predisperser bzw. mittels Farbfilter) läßt sich diese Überlappung bei höheren Ordnungen vermeiden. Die Winkeldispersion ist natürlich auch abhängig von der Beugungsordnung und ergibt sich aus (4.27) durch Differentiation nach der Wellenlänge (]c als Konstante betrachten): ,]d < = , , cos ]d [4.29] Wie man sieht, ist sie im Gegensatz zu (4.26) wellenlängenunabhängig. Auflösungsvermögen eines Spektrographen Eine weitere wichtige Kenngröße für ein optisches Gitter ist das Auflösungsvermögen. Es ist definiert durch den Quotienten aus Wellenlänge und dem gerade noch unterscheidbaren Wellenlängenintervall: i= Δ [4.30] Für ein Prisma mit der Basislänge b gilt [ i=k Δ [4.31] 4.37 Typisches optisches Layout eines einfachen Gitterspektrographen. Der Kollimatorspiegel „begradigt“ das vom Spalt ausgehende Lichtbündel und reflektiert es auf das Beugungsgitter. Das von dort spektral aufgespaltene Licht wird vom Kameraspiegel auf den Detektor (heute meistens ein CCD-Chip) abgebildet, dessen Signal in einem Computer gespeichert und weiterverarbeitet wird. Transmissions- und Reflektionsgitter Beugungsgitter gibt es als Transmissionsgitter und als Reflektionsgitter. Bei den meisten an Teleskopen genutzten Spektrographen werden Reflektionsgitter verwendet. Dabei handelt es sich zumeist um sogenannte Blaze-Gitter, die in der Lage sind, bis zu 80% des Lichtes eines Objektes bevorzugt in einem Spektrum einer bestimmten Ordnung zu konzentrieren. Das erreicht man durch eine spezielle, sägezahnartige Form der Furchen. Mit Blaze-Gitter, bei denen der Lichteintritt sehr schräg erfolgt, lassen sich in höheren Ordnungen (k=50 ... 100) sehr große Dispersionen erzielen. Man bezeichnet derartige Gitter auch als Echelle-Gitter. Sie werden gern in ortsfesten Coude`-Spektrographen (s.u.) eingesetzt. Astronomische Beobachtungen – Teleskope, Detektoren, Techniken Spaltspektrographen In der astronomischen Spektroskopie verwendet man überwiegend Spaltspektrographen, die vollständig aus spiegelnden optischen Bauteilen aufgebaut sind. Das Licht (z.B. eines Sterns) wird durch die Teleskopoptik auf einen schmalen Spalt fokussiert und mittels eines Kollimatorspiegels in ein entsprechend großes paralleles Lichtbündel umgewandelt, welches auf das schräg stehende Blaze-Gitter gelenkt wird. Dort erfolgt die spektrale Zerlegung des Lichts und das dabei entstehende Spektrum wird über eine weitere Optik (z.B. einer Schmidt-Kamera) auf den Detektor (welcher heute meistens ein CCD-Chip ist) abgebildet. Spaltspektrographen werden oft am Cassegrain-, Nasmythoder Coude`-Fokus eines Teleskops betrieben. Coude`Spektrographen können sehr große Ausmaße annehmen. Sie werden (um Meßfehler zu minimieren) in speziell temperierten Räumen unterhalb eines Teleskops aufgestellt. Durch ihr hohes spektrales Auflösungsvermögen erlauben sie die detaillierte Untersuchung von Sternspektren um z.B. über die Aufspaltung von Spektrallinien auf die Existenz und Größe von Magnetfeldern zu schließen (Zeeman-Effekt). 207 wie sie z.B. in der Faseroptik verwendet wird, anordnen und durch dieses „Lichtleitkabel“ das Sternlicht auf den regulären Spalt eines Spaltspektrographen leiten. In dem man mehrere solcher Glasfasern verwendet, kann man simultan die Spektren einer ganzen Anzahl etwa gleichheller Objekte gewinnen. Das Hauptproblem ist dabei die Positionierung der Glasfasereintrittsflächen im Teleskop. Die technischen Lösungen reichen dabei von speziellen Lochmasken (wobei die Löcher, in denen dann später die Glasfasern stecken, entsprechend einer zuvor aufgenommenen Himmelsaufnahme an der Fokalposition der interessierenden Objekte gebohrt werden müssen) bis hin zu frei positionierbaren „Spinnen“, an deren „Fußspitzen“ die Glasfasern montiert sind. Während die erste Methode sehr aufwendig ist (für jedes zu untersuchende Objektfeld muß zuvor eine präzise Lochmaske hergestellt werden), ist die Zweite zwar – was die Mechanik betrifft – komplizierter, aber dafür lassen sich die Positionen der Glasfasereintrittsöffnungen relativ leicht mit entsprechenden Computerprogrammen kontrollieren. Letztere Methode hat sich besonders bei der Bestimmung der Rotverschiebung weit entfernter Galaxien bewährt. Sie ist sehr ökonomisch, da sich damit die Spektren von bis zu 100 Galaxien auf einmal aufnehmen lassen. Das Auflösungsvermögen eines Spaltspektrographen wird von der Größe des parallelen Strahlungsbündels in Dispersionsrichtung bestimmt und ist damit abhängig von der konkreten Bauart des Spektrographen. In der Regel wird die Abbildungsoptik (also die Kamera) so dimensioniert, daß es das Strahlenbündel mit dem Durchmesser D vollständig aufnehmen kann. Das Auflösungsvermögen wird dann entsprechend (4.5) durch das erste Minimum der Beugungsfigur bestimmt. Ob sich dieses Auflösungsvermögen auch wirklich ausnutzen läßt, hängt natürlich auch noch von der Art des Detektors ab (Fotoplatte oder CCDArray). Vergleichsspektren Zusätzlich zum Objektspektrum werden (meist ober- und unterhalb) Vergleichsspektren aufgenommen. Sie dienen sowohl der Wellenlängen- als auch der Intensitätskalibrierung. Zum Vergleich verwendet man häufig das Licht einer Neon-Eisen-Hohlkathode, deren Emissionsspektrum sehr genau bekannt ist. 4.38 Am 2.5-m-Teleskop des Sloan Digital Sky Survey am Apache Point Observatory ist ein Multi-Objekt-Glasfaserspektrograph im Einsatz, welcher hauptsächlich der Messung der Rotverschiebung weit entfernter Galaxien dient. Zu sehen ist die Lochplatte, die nach einer Himmelsaufnahme angefertigt wird und in deren Löcher jeweils Lichtleitkabel gesteckt werden die wiederum zum Spektrographenspalt führen. Bis zu 600 Spektren können damit auf einmal aufgenommen werden. © Apache Point Observatory Spaltspektrographen mit Lichtleitkabeln Objektivprismenspektrographen Spaltspektrographen haben den Nachteil, daß man während der Beobachtungszeit i.d.R. nur von einem bestimmten Objekt ein Spektrum aufnehmen kann. Wenn es dabei nicht auf eine besonders große spektrale Auflösung ankommt, kann man anstelle eines Eintrittsspaltes in der Fokalebene des Teleskops die Stirnfläche einer Glasfaser, Für große Spektraldurchmusterungen – insbesondere für Sterne – wurden lange Zeit Objektivprismenspektrographen eingesetzt. Dazu hat man einfach ein Glasprisma so vor das Objektiv eines Fernrohrs – meist eines Astrographen – angebracht, daß anstelle des Schwärzungsscheibchens eines Sterns ein zumeist kurzes Spektrum auf der 208 Spektrographen und Spektroskopie Fotoplatte abgebildet wird. Auf diese Weise konnten sehr effektiv die Spektraltypen sehr vieler Sterne auf einer einzigen Himmelsaufnahme bestimmt werden. Detailuntersuchungen sind jedoch aufgrund der zu geringen Dispersionen auf diese Weise kaum möglich. Aber man kann leicht aus der riesigen Anzahl der Objekte, die auf einer Himmelsaufnahme abgebildet werden, die Interessanteren für Einzeluntersuchungen (wie Planetarische Nebel, Quasare, Emissionsliniensterne) herausfinden. Deshalb hat man z.B. auch viele große Schmidteleskope mit Objektivprismen meist geringer Dispersion (um die Reichweite möglichst wenig zu beeinflussen) ausgestattet. Am KarlSchwarzschild-Observatorium der Landessternwarte Thüringen verwendet man beispielsweise ein schwachbrechendes Glasprisma mit einem brechenden Winkel von lediglich 0.5° (was bei 4 Meter Brennweite zu einer Dispersion von 250 nm/mm bei führt), um Objekte mit einer außergewöhnlichen Energieverteilung im Kontinuum (wie z.B. aktive Galaxien) aufzufinden. Fourier-Spektrographen Bei dieser Art von Spektrographen verwendet man ein Interferometer – meist ein Michelson-Interferometer – um ein Spektrum zu erhalten. Es wird häufig in Satelliten eingesetzt, wo es oftmals als IR-Spektrometer seinen Dienst in der Fernerkundung der Erde oder anderer Planeten leistet. Aber auch in der Submillimeter- und Millimeterastronomie sowie in speziellen Detektoren für Infrarotteleskope kommen solche Spektrometer zum Einsatz. Sie zeichnen sich insbesondere durch eine hohe spektrale Auflösung auf die es ermöglichen, beispielsweise die Profile einzelner Spektrallinien oder von ganzen Molekülbanden sehr genau zu vermessen. Gemessen wird entweder die Intensität am Detektor oder, wenn als Detektor ein Bolometer zum Einsatz kommt, die von der Intensität abhängigen Temperaturschwankungen. Letzteres Verfahren wird z.B. an Submillimeter- oder Millimeterteleskopen angewendet, um Molekülstrahlung, die von kosmischen Gas- und Staubwolken emittiert werden, sehr genau zu vermessen. Michelson-Interferometer Kernstück eines solchen Spektrometers ist ein MichelsonInterferometer, bei dem ein Spiegel entlang der Spiegelachse kontinuierlich verschiebbar ist. Das einfallende Lichtbündel trifft dabei zuerst auf einen Strahlteiler, der es in zwei rechtwinklig zueinander stehende Teilstrahlen aufspaltet, wobei der eine Teilstrahl auf einen feststehenden Planspiegel (Referenzarm) und der andere auf einen beweglichen Planspiegel (Meßarm) trifft. 4.40 Schematischer Aufbau eines Fourier-Transformationsspektrometers, welches sich aus einem Michelson-Interferometer mit einem beweglichen Meßarm ableitet. 4.39 Das gleiche Sternfeld ohne und mit Objektivprisma aufgenommen. Objekte mit einer auffälligen Absorptionslinie sind markiert. © M.Richmond Wenn zwischen Referenzarm und Meßarm in bezug auf die einfallende Lichtwelle ein Gangunterschied besteht, kommt es bei der Rückreflektion am Strahlungsteiler zur Interferenz. Geht man von einem monochromatischen Eingangssignal aus, dann kann es in Abhängigkeit von diesem Gangunterschied entweder zur Amplitudenverstärkung (konstruktive Interferenz) oder zur Auslöschung (destruktive Interferenz) kommen. Erzeugt man diesen Gangunter- Astronomische Beobachtungen – Teleskope, Detektoren, Techniken schied kontinuierlich durch Vergrößerung des Meßarms, dann erhält man am Detektor ein cosinusartiges Signal I, wenn die Intensität im Referenzarm und die Intensität im Meßarm ist: 2m = + + 2S cos = [4.33] Dabei beschreibt das Argument x in der Beziehung (4.33) die Verschiebung des Meßarms und das Signal I(x) ist dann für eine ganz bestimmte Wellenlänge (oder Frequenz n charakteristisch. Da aber gewöhnlich Licht aller Wellenlängen in das Interferometer gelangt, überlagern sich auch die Signale (4.33) von allen diesen Wellenzügen derart, daß als Resultat dieser Überlagerungsvorgänge ein kompliziertes Kompositsignal entsteht. Bei x=0 ist die Länge des Meßarms mit der Länge des Referenzarms identisch. Das bedeutet, daß sich alle Wellenzüge konstruktiv überlagern und es zu einem maximalen Intensitätsanstieg kommt. Mit wachsender Verschiebung x unterscheiden sich aber die Phasendifferenzen der einzelnen Wellenzüge und es tritt sowohl konstruktive als auch destruktive Interferenz auf was zu einem über x wechselnden Signal I(x) führt. Dieses Signal ist bei einem fehlerfrei aufgebauten Interferometer zu x=0 symmetrisch, wenn man Verschiebungen des Meßarms in beide Richtungen in Bezug auf x=0 zuläßt. 209 gung, die oftmals bereits im Meßcomputer selbst implementiert sind, so daß das Spektrometer direkt ein Spektrum an seinem Ausgang liefert, welches elektronisch aufgezeichnet werden kann. Spektrales Auflösungsvermögen Das spektrale Auflösungsvermögen eines Fourierspektrometers hängt theoretisch von der maximal erreichbaren Wegdifferenz Δu beider Teilstrahlen in Bezug auf die Beobachtungswellenlänge ab, die im Interferometer technisch erreichbar ist: 2Δu i= [4.36] Darüber hinaus spielt auch noch die „Sampling“-Rate, mit der das Signal abgetastet wird, eine wichtige Rolle. Sie bestimmt, wieviele diskrete Meßpunkte über das Intervall /hA − /vw notwendig sind, um die spektrale Auflösung zu reproduzieren. Ein diskreter Meßwert ist in diesem Fall immer nach einer Verschiebung des beweglichen Spiegels um /vw + /hA |Δ=| = 16/vw − /hA [4.36] aufzunehmen. Fourier-Transformation Um nun daraus ein Spektrum zu erhalten, muß eine Fourier-Transformation durchgeführt werden. Sie überführt das Signal quasi aus dem „Ortsraum“ I(x) in den „Frequenzraum“ n , wenn n die Frequenz ist. Bezeichnet man mit < = 2m⁄ die Wellenzahl, dann läßt sich ein Spektrum o< bekanntlich durch die Fouriertransformation o< = q [4.34] 1 p o= r=s−<= ,= 2m aq darstellen. Da die Fouriertransformation „informationserhaltend“ ist, muß auch eine Rücktransformation existieren: q [4.35] o= = p o< r=s<= ,< aq In dem hier diskutierten Fall läßt sich I(x) als f(x) und n als f(k) (mit < = 2mn/? identifizieren, wobei nur die Realteile der komplexen Funktion von Bedeutung sind. Zur Berechnung des Spektrums (4.34) aus I(x) stehen heute eine Vielzahl moderner numerischer Verfahren zur Verfü- 4.41 Interferogramm des Planeten Mars, aufgenommen mit einem Fourier-Spektrometer am Caltech Submillimetre Telescope auf dem Mauna Kea / Hawaii. Das Diagramm darunter zeigt das aus dem Interferogramm abgeleitete Spektrum. © Eric Weisstein Fourier-Spektrometer sind ein wichtiges Arbeitsgerät für den Astronomen geworden, da sie in Wellenlängenbereichen, wo andere Spektrometer technische Schwierigkeiten bereiten, hohe spektrale Auflösungen ermöglichen. 210 Optische Interferometrie Optische Interferometrie Das Auflösungsvermögen eines Teleskops hängt (von den Störungen der Erdatmosphäre einmal abgesehen) von seiner Öffnung (Apertur) und von der Wellenlänge des Lichts ab, das beobachtet wird. Bekanntlich ist dafür der Abstand des ersten Minimums des Beugungsscheibchens zu seinem Zentrum ausschlaggebend. Wenn zwei (gleichhelle) Doppelsterne einen Abstand haben, bei dem der jeweils erste Beugungsring des einen Sterns mit dem des anderen zusammenfällt, dann erfüllen sie das RayleighKriterium und werden gerade aufgelöst. Bei Großteleskopen begrenzt leider die Erdatmosphäre das praktische Auflösungsvermögen. Man kann aber durch den Einsatz adaptiver Optik Bedingungen herstellen, bei denen auch irdische Teleskope zumindest im infraroten Spektralbereich nahezu beugungsbegrenzt arbeiten. Auf diese Weise ist es möglich, bezüglich des Auflösungsvermögens in Bereiche der Größenordnung von einigen 10 Millibogensekunden vorzustoßen, wie das z.B. bei den beiden 10 MeterKeck-Teleskope der Fall ist. Apertur entspricht), dann überlagern sich die Interferenzmuster dieser beiden Sterne. Ist s der Winkelabstand der beiden Komponenten, dann kommt es bei günstig gewählten a zu dem Effekt, das ein heller Streifen der einen Komponente mit einem dunklen Streifen der anderen Komponente zusammenfällt. Im Okular macht sich das dadurch bemerkbar, daß der Kontrast zwischen den hellen und dunklen Streifen stark abnimmt. Die Bedingung für das Zusammenfallen von Minima und Maxima ist durch folgenden Ausdruck gegeben: 2 − 1 {/vw = 2u Während bei einem Einzelstern bei Vergrößerung von a die Fringes immer enger werden, vermindert sich der Kontrast V zwischen Minima und Maxima bei der Auflösung eines Doppelsterns bei ganz bestimmten Basislängen a. Porträt Um das Auflösungsvermögen noch weiter zu steigern, nutzt man die moderne Version einer Idee aus, die von dem französischen Physiker ARMAND HIPPOLYTE LOUIS FIZEAU (1819-1896) stammt und die man als astronomische Interferometrie bezeichnet. Seine (später von ABRAHAM A. MICHELSON (1852-1931) verbesserte) Methode soll im Fol- genden kurz erläutert werden, da man mit ihr selbst mit kleinen Amateurgeräten Abstände von hellen Doppelsternen sehr genau vermessen kann. Doppelspalt-Interferometer Wenn man ein Teleskop verwendet, dessen freie Öffnung bis auf zwei Lochblenden (entsprechend dem klassischen Doppelspaltexperiment) abgedeckt ist, dann erhält man in der Brennebene von einem i. A. nichtauflösbaren Stern ein Beugungsscheibchen mit einem Muster aus hellen und dunklen Streifen. Diese Streifen werden als „Fringes“ bezeichnet Ist a der Mittenabstand der beiden Lochblenden, dann gilt für den Streifenabstand z: z= { [4.37] Durch eine Veränderung des Lochabstandes kann man demnach auch die Anzahl der Streifen auf einem Beugungsscheibchen verändern wobei sich der Fringe-Abstand verkleinert wenn der Lochabstand vergrößert wird. Hat man es anstelle eines Sterns mit einem Doppelstern zu tun, dessen Abstand größer ist als das theoretische Auflösungsvermögen des Teleskops (d.h. wenn a ungefähr der [4.38] ARMAND H.L. FIZEAU (* 1819 in Paris † 1896 in Venteuil) Armand Hippolyte Louis Fizeau war ein französischer Privatgelehrter, der sich u.a. sehr intensiv mit den Interferenzerscheinungen von Licht beschäftigt hat. Dabei entdeckte er die nach ihm benannten „Fizeauschen Interferenzstreifen“. Er konnte weiterhin zeigen, daß nicht nur bewegte Schallquellen, wie von Christian Doppler 1842 entdeckt, gegenüber einem ruhenden Beobachter eine Frequenzverschiebung zeigen, sondern auch Lichtwellen. Diese wichtige Entdeckung erlaubte es später William Huggins spektroskopisch Radialgeschwindigkeiten von Sternen anhand ihrer charakteristischen Linienverschiebungen in ihren Spektren zu bestimmen. Fizeau wurde auch bekannt durch seine damals sehr genaue Bestimmung der Lichtgeschwindigkeit sowohl in Luft als auch in (ruhendem und bewegtem) Wasser (Fizeauscher Mitführungsversuch), wobei er ein Ergebnis erhielt, daß erst im Rahmen der speziellen Relativitätstheorie verständlich werden sollte (Unabhängigkeit der Lichtgeschwindigkeit vom Bewegungszustand der Lichtquelle bzw. Beobachters). Wertvolle Arbeit leistete er zudem bei der Entwicklung von Induktionsspulen sowie in der Nutzung interferometrischer Methoden für Präzisionsmessungen. 1860 wurde er in die Académie des sciences aufgenommen und 1878 wählte man ihn zum Präsidenten des Bureau des Longitudes. Astronomische Beobachtungen – Teleskope, Detektoren, Techniken Den Kontrast V (oder besser die „visibility“) kann man auch photometrisch bestimmen, da viele Fringes die Intensität des Beugungsscheibchens verringern. In der Praxis wird deshalb häufig die Größe /hA − /vw R= /hA + /vw [4.39] über den Lochabstand a aufgetragen. V liegt zwischen 0 (keine Fringes) und 1 (voller Kontrast). Gewöhnlich benutzt man jedoch das Verhältnis R⁄R| , wobei R| die Visibility einer eindeutigen Punktquelle ist, die zur Kalibrierung mit gemessen wird. Wenn man die Position der beiden Lochblenden entsprechend dem Positionswinkel des Doppelsterns ausgerichtet hat, kann man mit einem Photometer bei verschiedenen a die Helligkeit des Sterns messen und daraus V berechnen. Beobachtet man visuell (und zwar bei möglichst hoher Vergrößerung), versucht man den Lochabstand so zu wählen, daß das Fringe-Muster auf dem Beugungsscheibchen verschwindet. Aus a kann dann mit (4.38) der Abstand der beiden Sterne berechnet werden. Für n=1 und s in Bogensekunden folgt für eine Wellenlänge von = 550 nm folgende Formel u= 57.24 { [4.39] wenn a in mm gemessen wird. Mit einem Spiegelteleskop von 20 cm Öffnung (größere Öffnungen führen aufgrund des Seeings zu Problemen) kann man ungefähr gleich helle Doppelsterne bis zu einem Abstand von s=0.35“ nach dieser Methode trennen. Bei visuellen Beobachtungen ist es außerdem günstig, an Stelle der Lochblenden rechteckige Spalte zu verwenden, wodurch man mehr Licht zur Verfügung hat und die Fringes besser sieht. Sterndurchmesserbestimmung nach der Methode von Michelson und Peaes Mit diesen verblüffend einfachen Verfahren läßt sich nicht nur die Distanz von Doppelsternen messen. Bereits 1891 konnte ALBERT A. MICHELSON nach dieser Methode die Winkeldurchmesser der 4 hellen Jupitermonde bestimmen. 29 Jahre später hatte er die Gelegenheit, seine Messungen an hellen Sternen am damals größten Spiegelteleskop der Welt – dem 2.5 Meter Hooker-Spiegel auf dem Mt.Wilson in Kalifornien - zu wiederholen. Um die Öffnung des Teleskops künstlich zu vergrößern, befestigte er zwei rechtwinklige Ablenkspiegel an einer 6.1 Meter langen Trägerkonstruktion, von wo das Sternlicht über weitere Hilfsspiegel in das Teleskop gelenkt wurde. Zusammen mit FRANCIS 211 G. PEASES (1881-1938) gelang es ihm mit dieser Interferometeranordnung den Durchmesser des Roten Riesensterns Beteigeuze im Sternbild Orion zu bestimmen. Seitdem hat sich die Technik um Größenordnungen weiterentwickelt. Mit den 10 Meter-Keckteleskop auf Hawaii kann man mit Hilfe der adaptiven Optik nicht nur Beteigeuze als Scheibchen abbilden. Auf diesen Scheibchen sind sogar Strukturen in der Sternatmosphäre auszumachen. 4.42 Michelson’s Sterninterferometer am Tubusende des 2.5 Meter Hooker-Teleskops des Mount Wilson-Observatoriums (um 1920) Optische Interferometrie mit kohärenter Zusammenführung von Licht aus Einzelteleskopen Der nächste große Quantensprung in der optischen Interferometrie war das kohärente Zusammenführen des Lichtes von zwei Einzelteleskopen. Was einfach klingt, ist in der Praxis nur schwer und mit riesigem technischem Aufwand zu realisieren. Die Kohärenzbedingung – das Lichtwellen möglichst phasengleich am Detektor eintreffen müssen, damit sie interferieren – ist bei einem Fernrohr mit einem Objektiv (Linse oder Spiegel) automatisch erfüllt (genaugenommen bestimmt diese Bedingung die Lage des Fokus). Benutzt man zwei (oder mehrere) separate Teleskope, dann ist diese Bedingung schwieriger zu erfüllen. Die Wellenfront einer praktisch ebenen Kugelwelle, die von einem Stern auf der Erde eintrifft, erreicht die beiden Teleskope niemals exakt gleichzeitig (d.h. die Weglängen sind unterschiedlich). Man muß also mit technischen Hilfsmitteln versuchen, die von den Teleskopen gelieferten beiden Teilstrahlen wieder in Phase zu bringen. Das erfolgt über eine sogenannte Verzögerungsstrecke. Dahinter verbirgt sich eine Anordnung von z.T. beweglichen Planspiegeln, mit deren Hilfe man den Lichtweg eines Teilteleskops so anpassen kann, daß die beiden Teilstrahlen – über einen halbdurchlässigen Spiegel wieder vereint - interferieren können. Daß dieses Verfahren in der Praxis auch wirklich funktioniert, konnte 1974 ANTOINE E. HENRY LABEYRIE ein- 212 Optische Interferometrie drucksvoll zeigen. Als Prototyp für ein optisches Interferometer gilt das „Optical Aperture Synthesis Telescope“, kurz COAST genannt, der Universität Cambridge (UK). Es arbeitet z.Z. mit vier 40 cm Cassegrain-Teleskopen im roten und nahen infraroten Spektralbereich bei einer Basislänge von bis zu 100 Metern. Sie sind parallel zum Horizont exakt in Nord-Süd-Richtung ausgerichtet und erhalten ihr Sternlicht über Siderostatenspiegel. Alle vier zusammen bilden eine Ypsilon-artige Struktur, wie man sie auch von Radiointerferometeranordnungen her kennt. Man benutzt dazu wie bei Großteleskopen die adaptive Optik. Luftturbulenzen führen aber zu einem noch schwerer beherrschbaren Effekt. Aufgrund des wechselnden Brechungsindexes der Luftschichten bzw. der Turbulenzzellen in der Erdatmosphäre kommt es zu einer zufälligen und nicht vorhersagbaren Änderung der Lichtlaufzeiten der Lichtwellen, die durch die einzelnen Teilteleskope laufen. Dadurch wird die Entstehung eines Interferenzbildes erschwert, weshalb eine Korrektur unumgänglich ist. Alle diese Effekte führen dazu, daß letztendlich für die Messung eines Interferenzsignals nur wenige Millisekunden zur Verfügung stehen. 4.44 Blick in das optische Laboratorium des COAST-Inter-ferometers. Zu erkennen ist die optische Bank zur Zusammenführung der Teilstrahlen und im Hintergrund die Verzögerungsstrecke mit fahrbaren Spiegeln, die notwendig sind, um wieder Phasengleichheit herzustellen. © University Cambridge, Cavendish Astrophysics 4.43 Aufbau des COAST-Interferometers. Die von den vier Teleskopen ausgehenden Teilstrahlen werden of einer optischen Bank im Inneren eines thermisch stabilisierten optischen Laboratoriums phasenstabilisiert zusammengeführt und dort zur Interferenz gebracht. © University Cambridge, Cavendish Astrophysics Der Raum, in dem die Vereinigung der Teilstrahlen zu einem Interferogramm erfolgt, ist 26 m lang und 6 m breit. Er enthält eine optische Bank, auf dem sowohl die Instrumente zur Überprüfung und Korrektur der genauen Strahlausrichtung als auch die Verzögerungsstrecken für die einzelnen Teilstrahlen aufgebaut sind. Zu diesen Geräten gehören auch frequenzstabilisierte Laser, mit denen die präzise Länge der Lichtwege in der Verzögerungsstrecke überwacht wird. Neben der extrem genauen Justierung aller optischen Komponenten gilt es die durch die Erdatmosphäre verursachten Effekte – insbesondere das Seeing – auszuschalten. Der Kontrast zwischen den Interferenzstreifen wird von den Eigenschaften des kosmischen Objekts bestimmt, welches beobachtet wird. Er hängt z.B. von der räumlichen Ausdehnung der Lichtquelle (z.B. dem Sterndurchmesser oder dem Winkelabstand bei Doppelsternen) und von der Länge und Orientierung der Basislinien ab. Man nutzt nun aus, daß die Erde um ihre Achse rotiert, wodurch sich die Lage der Basislinien kontinuierlich in bezug auf das Beobachtungsobjekt ändern. Auf diese Weise erhält man Meßreihen, aus denen auf die Eigenschaften des Objekts geschlossen werden kann. Wenn man – wie bei COAST – mehrere Teilteleskope zu einem Interferometer zusammenschaltet, dann läßt sich das Prinzip der Apertursynthese anwenden, um rechnerisch aus den Interferenzdaten (Fringes) echte zweidimensionale Bilder der Beobachtungsobjekte zu erhalten. Dazu wird das mathematische Verfahren der Fouriertransformation angewendet. Nach dem van Cittert-Zernike-Theorem stellt die Visibilität V (4.39) die Amplitude der Fourier- Astronomische Beobachtungen – Teleskope, Detektoren, Techniken Transformierten der Quelle dar. Um ein Bild über die reverse Fouriertransformation zu rekonstruieren, benötigt man noch Informationen über die Phase der Fringes. Diese Information ist jedoch aufgrund der Luftturbulenzen nur schwer zu erhalten (wenn sich Turbulenzzellen über die Teleskopaperturen hinwegbewegen, verschieben sich die Phasendifferenzen der einzelnen Teilstrahlen auf eine zufällige Art und Weise). Benutzt man jedoch mehr als zwei Teleskope, dann läßt sich aus der relativen Lage der Fringes untereinander die gewünschte Information bestimmen (die Phasenfehler heben sich in der Summe auf). Diese von der Radioastronomie her bekannte Methode wird genauso wie die erwähnte Summe als „Closure Phase“ bezeichnet. Mißt man diese Summe (die vom Zustand der Atmosphäre unabhängig ist) für verschiedene Interferometeranordnungen, dann kann man daraus mit Hilfe eines Computers das Bild der Quelle rekonstruieren. Die folgenden Abbildungen zeigen den Doppelstern Capella (Z Aur) wie er aus COAST-Daten berechnet wurde. Sie sind im Abstand von 15 Tagen aufgenommen worden und zeigen sehr schön die Eigenbewegung der beiden ungefähr gleichhellen Komponenten (Aufnahmewellenlänge 830 nm). 213 4.46 Prinzipielles optisches Design des VLT-Interferometers (VLTI) der Europäischen Südsternwarte auf dem Cerro Paranal. Bei diesem Interferometer können alle vier 8.2 Meter-Teleskope sowie noch vier weitere Hilfsteleskope mit einer Öffnung von jeweils 1.8 Metern zu einem großen optischen Interferometer zusammengeschalten werden. © ESO Optische Interferometrie ist längst dem reinen Experimentalstadium entwachsen. Weltweit sind schon über ein Dutzend derartiger Anlagen im Einsatz. Besonders erwähnenswert sind die Interferometer, die zusammen mit den größten Teleskopen der Welt betrieben werden: den 10 Meter-Keckteleskopen auf Hawaii und dem VLT der ESO in Chile. Und nicht zu vergessen, das „Large Binocular Telescope“ auf dem Mt. Graham in Arizona, dessen „First Light“ im Jahre 2004 stattfand. Bei diesem Teleskop sitzen zwei 8.4 Meter Spiegel dicht nebeneinander und ihr Licht soll im Interferometer-Modus durch leistungsfähige adaptive Optiken stabilisiert und dann interferometrisch kombiniert werden. Man erwartet damit bedeutend schärfere Bilder (auch von lichtschwachen Objekten) als es derzeit das Hubble-Weltraumteleskop zu liefern vermag. Interferometer außerhalb der Erde 4.45 Der hellste Stern im Sternbild Fuhrmann, Capella, ist ein Doppelsternsystem. Die Komponenten haben einen Abstand von ungefähr 50 Millibogensekunden (mas) und umlaufen den gemeinsamen Schwerpunkt auf fast idealen Kreisbahnen in 104 Tagen. © University Cambridge, Cavendish Astrophysics Die Einschränkungen und Schwierigkeiten, die sich durch die Erdatmosphäre ergeben, sollen durch ehrgeizige Projekte im Weltraum umgangen werden. Z.Z. sind gleich mehrere Interferometer-Projekte in der Planung und z.T. in der Ausführungsphase. Die Entwicklung des „Terrestrial Planet Finder“, den die NASA 2014 starten möchte, wird sogar von der interessierten Öffentlichkeit wahrgenommen. Ziel ist es, mit interferometrischen Methoden (genaugenommen dem interferometrischen Nulling, bei dem ein Stern durch destruktive Interferenz ausgeblendet werden kann) erdähnliche Planeten bei benachbarten Sternen nachzuweisen. Ob er aber jemals in der angedachten Form gebaut und dann auch gestartet wird, ist längst noch nicht entschieden. 214 Optische Interferometrie Forschungsaufgaben für optische Interferometer Vom wissenschaftlichen Standpunkt aus betrachtet gibt es eine Vielzahl von astronomischen und astrophysikalischen Fragestellungen, die mit optischen Interferometern zu bearbeiten sind. Dabei kristallisieren sich folgende Schwerpunkte heraus: § § § § § § Astrometrische Vermessung von Doppelsternen und deren Bahnbestimmung, Ableitung von Sternmassen (Beispiele: Z Aur, \ Aur, m And ...) Parallaxenmessungen (man erreicht höhere Genauigkeiten als mit Hipparcos) Nachweis und Vermessung von zirkumstellaren Staubscheiben (z.B. um Z Lyr (Wega)), Masseausflüsse und Jets § § § Bestimmung von Sterndurchmessern (z.B. Beteigeuze, Proxima Centauri), Ableitung von Rotationsparametern von Sternen (z.B. Abplattung von Z Aqu (Atair)), periodische und nichtperiodische Radiusänderungen (z.B. bei Mira- und J-Cephei-Sternen) Oberflächenstrukturen naher Sterne (z.B. Beteigeuze, Mira) Beobachtung von protostellaren Sternscheiben, Sternentstehung Nachweis von Planeten und Braunen Zwergsternen um nahe Sterne, Bestimmung ihrer Größe und Masse Auflösung und Strukturuntersuchungen an galaktischen Kernen, Vermessung von Gravitationslinsen (insbesondere Micro-Lensing) Beobachtungen von Novae und Supernovae Optische Interferometer (Auswahl) Name G12T ISI IOTA COAST NPOI SUSI PTI MIRA-1 VLTI Keck MARK-III CHARA LBT 1986 1988 1993 1994 1994 1994 1995 1998 2001 2001 1986 1999 2007 Ort Observatorie de la Cote d‘ Azur Mt. Wilson, USA Mt. Hopkins, USA Cambridge UK Anderson Mesa, Arizona Narrabri, Australien Mt. Palomar, USA Tokio, Japan Cerro Paranal, Chile Mauna Kea, USA Mt. Wilson, USA Mt. Wilson, USA Mt. Graham, Arizona -Bereich 11 μm V-K 650-1000 nm, 1.3-2.2 μm 450-850 nm, J-K 400-500 nm K, H R, [H,K] 0.6-2.5 μm HKLMN VRIJHK Apertur 2 x 1.5 m 2 [3] x 1.65 m 2 [3] x 0.45 m 4 [5] x 0.4 m 3 [6/10] x 0.12 m 2 x 0.14 m 2 [3] x 0.4 m 2 x 0.25 m 4 x 8.2 m + 4 x 1.8 m 2 x 10 m + [4 x 1.8 m] Basislänge 13.8 m <75 m 5 – 38 m 5 – 20.5 m 19, 22, 38, [45] m 5 – 640 m 85, 110 m 4m 8 – 202 m 85 – [135] m 5x1m 2 x 8.4 m 400 m 20 m Die beiden 10 m Keck-Teleskope auf dem Mauna Kea können zu einem optischen Interferometer mit einer Basislänge von 85 m zusammengeschalten werden. Damit ist theoretisch eine Auflösung von 5 Millibogensekunden (mas) bei einer Wellenlänge von 2.2 μm möglich. Es wird dabei hauptsächlich für „nulling interferometry“ im infraroten Spektralbereich eingesetzt. Astronomische Beobachtungen – Teleskope, Detektoren, Techniken 215 Kapitelzusammenfassung Strahlungsdetektoren n Die wichtigste Informationsquelle der Astrophysik ist die elektromagnetische Strahlung, die von kosmischen Objekten emittiert, absorbiert, reflektiert und gestreut wird. Ihr Nachweis erfolgt mittels Strahlungsdetektoren wie Auge, Fotoplatte oder CCD. Fotografie n Die fotografische Platte war bis vor kurzem noch der wichtigste Strahlungsempfänger der beobachtenden Astronomie. Sie besteht aus einer Glasplatte, auf der sich eine lichtempfindliche Emulsion (die Silberhalogenide enthält) befindet. Bei der Belichtung entsteht ein latentes Bild, welches durch den Entwicklungsvorgang sichtbar und durch chemisches Fixieren haltbar gemacht wird. Durch Sensibilisierung kann Einfluß auf die spektrale Empfindlichkeit einer Emulsion genommen werden. n Die Quanteneffizienz einer Fotoplatte liegt im Mittel nur bei 0.1%. n Da die Schwärzung S auf der Fotoplatte dem Logarithmus des Produktes aus Intensität und Zeit proportional ist, kann man aus der Schwärzung eines Sternscheibchens auf dessen Helligkeit schließen (fotografische Photometrie). Bei Langzeitbelichtungen ist die tatsächlich erzeugte Schwärzung S jedoch nicht dem Produkt ) sondern dem Produkt proportional, wobei p als Schwarzschildexponent bezeichnet wird. Sein Wert liegt meist zwischen 0.8 und 0.9. n Die wichtigsten Kenngrößen einer Astroplatte sind deren (spektrale) Empfindlichkeit, ihr Auflösungsvermögen und ihr Schwarzschildverhalten. Die Empfindlichkeit läßt sich durch Hypersensibilisierung (wofür es mehrere Verfahren gibt) steigern. n Plattenarchive wie die von Sonneberg /Thüringen und Harvard stellen wichtige Informationsquellen für die astronomische Forschung dar. Sie konnten bis jetzt nur bruchstückhaft (z.B. in Bezug auf Veränderliche Sterne) ausgewertet werden. Charge coupled devices (CCD’s) n Flächenhafte optoelektronische Bildsensoren, zu denen die CCD’s gehören, haben in der astronomischen Forschung die Fotoplatten weitgehend verdrängt. Ihre Quantenausbeute kann in bestimmten Spektralbereichen bis zu 90% betragen. n Bei CCD’s handelt es sich um spezielle Halbleiterstrukturen (MOS), die den inneren lichtelektrischen Effekt ausnutzen und in ihren „Pixeln“ eine der einfallenden Strahlung streng proportionale elektrische Ladung ansammeln können. Diese Ladung läßt sich pixelweise auf elektronischem Weg auslesen und über einen Analog-Digitalwandler in eine für Computer leicht handhabbare digitale Form („Bilddatei“) überführen. Da kein Schwarzschildeffekt auftritt, sind CCDAufnahmen für photometrische Zwecke besser geeignet als Fotoplatten. Ihre Auflösung wird durch die Pixelgröße festgelegt. n CCD’s müssen bei ihrem Betrieb gekühlt werden (z.B. mit flüssigem Stickstoff), um das thermische Rauschen zu unterdrücken. Bei Amateur-CCD-Kameras reicht dafür meist schon ein Peltier-Element aus. n Zur standardisierten Speicherung von CCD-Aufnahmen wird in der Astronomie das „Flexible Image Transport System“ – FITS – verwendet. n Als Blooming-Effekt bezeichnet man das „Auslaufen“ von Pixeln, wenn deren Ladungsspeicherungskapazität erschöpft ist. Dieser Effekt läßt sich zwar technisch vermeiden, bringt aber Nachteile bei der Photometriegenauigkeit mit sich (Anti-Blooming-Chips). n Faßt man hard - oder softwaremäßig mehrere CCD-Pixel zu einem neuen, größeren „Pixel“ zusammen, dann spricht man von „Binning“. Auf diese Weise kann z.B. auf das Signal – Rauschverhältnis Einfluß genommen oder die CCDAuflösung an das verwendete Teleskop oder die aktuelle Luftunruhe (Seeing) angepaßt werden. 216 Kapitelzusammenfassung, Aufgaben n Nach dem Auslesen einer belichteten CCD erhält man ein Rohbild („science frame“), welches noch kalibriert werden muß. Für diese Kalibrierung benötigt man ein Dunkelbild (Korrektur des thermischen Rauschens) sowie einen sogenannten Weißabgleich (Flatfield-Korrektur), wobei mit letzterem Effekte wie unterschiedliche Pixelempfindlichkeiten oder die Auswirkung von Staub auf den optischen Flächen ausgeglichen werden können. Die Korrektur erfolgt mit Methoden der digitalen Bildverarbeitung auf einem Computer. n Das Blooming läßt sich auch vermeiden, wenn man viele kurzbelichtete Aufnahmen anfertigt und sie dann im Computer aufaddiert. Dabei verringert sich auch das Hintergrundrauschen, was die Bildqualität weiter verbessert. Sekundärelektronenvervielfacher n Ein SEV oder Sekundärelektronenvervielfacher ist ein Gerät, welches den äußeren lichtelektrischen Effekt ausnutzt und die dabei freigesetzten Elektronen in einem elektrischen Feld derart beschleunigt, daß in einem kaskadenartigen Prozeß das Eingangssignal durch Sekundärelektronenbildung an den Dynoden massiv verstärkt wird. Die Quanteneffizienz kann dabei 30% erreichen, wobei das Ausgangssignal der einfallenden Lichtintensität direkt proportional ist. n Die spektrale Empfindlichkeit hängt in erster Linie vom Kathodenmaterial ab. Prinzipiell können dabei SEV’s den Bereich vom nahen Infrarot bis zum UV hinein abdecken. n Photomultiplier werden bei der Mehrfarbenphotometrie ausgewählter Sterne, bei der Beobachtung veränderlicher Sterne aber auch zur Registrierung der Beugungsmuster, die bei Sternbedeckungen durch den Mond entstehen und aus denen sich u.U. Sterndurchmesser ableiten lassen, eingesetzt. Außerdem spielen Sie als Strahlungsdetektoren bei der Beobachtung kosmischer Strahlung und dem Nachweis von Cherenkov-Strahlung bei „Luftschauern“ und in Neutrinoteleskopen eine wichtige Rolle. n Das Prinzip des SEV kann auch für flächenhafte, d.h. bildgebende Detektoren eingesetzt werden. Derartige Detektoren werden als Mikrokanalplatten bezeichnet und bestehen aus einer Vielzahl mikroskopisch kleiner schräger Bohrungen in einem geeigneten Halbleitermaterial. Jeder dieser Kanäle wirkt dabei wie ein einzelner SEV, der von der Meßelektronik individuell ausgelesen werden kann. Sie werden auf Satelliten außerhalb der Erdatmosphäre zum Nachweis kurzwelliger Strahlung (z.B. EUV) eingesetzt. Bolometer n Mit Bolometern wird die Temperaturerhöhung gemessen, die mit der Absorption von Strahlung einhergeht. Dabei wird der thermoelektrische Effekt, auch Seebeck-Effekt genannt, ausgenutzt. n Das einfachste Bolometer ist das Thermoelement. Damit wird der Strom gemessen, der an der Lötstelle zweier unterschiedlicher Metalle (z.B. Platin und Silber) fließt, wenn diese Lötstelle z.B. durch Absorption von Strahlung leicht erwärmt wird. Diese Art von Bolometer ist in der astronomischen Forschung nur noch von historischem Interesse. n Mit Bolometern kann im Prinzip die Strahlung aller Wellenlängen, die von ihnen absorbiert wird, nachgewiesen und vermessen werden. Ihr Haupteinsatzgebiet liegt aber im Infrarotbereich bis hin zu Submillimeter- und Millimeterwellen, wofür es empfindliche Halbleiterbolometer gibt. Sie müssen aber bis möglichst nahe an den absoluten Temperaturnullpunkt gekühlt werden (z.B. mit flüssigem Helium), damit sich das Signal vom thermischen Rauschen abheben kann. n Indem man mehrere Bolometer nebeneinander anordnet, lassen sich flächenhafte, bildgebende Detektoren aufbauen, die als Bolometerarrays bezeichnet werden. Beispiele dafür sind SCUBA (eingesetzt am 15 Meter James-Clerk-MaxwellTeleskop) und LABOCA, welches am 12 Meter APEX-Submillimeterteleskop in Chile im Einsatz ist. Sie müssen auf ~ 0.3 K gekühlt werden, damit sie funktionieren. Geräte zur Analyse optischer Strahlung n Elektromagnetische Strahlung kann in Bezug auf Richtung, Intensität, spektrale Energieverteilung und Polarisationszustand analysiert werden. Daraus lassen sich die physikalischen Bedingungen ableiten, unter der die zu analysierende Strahlung emittiert oder verändert wurde. Die wichtigste Methode zur Analyse elektromagnetischer Strahlung ist die Spektralanalyse. Astronomische Beobachtungen – Teleskope, Detektoren, Techniken 217 Optische Filter n Ein optischer Filter läßt nur Teilbereiche des sichtbaren Spektrums passieren. Diese Eigenschaft wird durch das frequenzabhängige Durchlaßvermögen des Filters in Form seiner Transmissionskurve beschrieben. n Die fotografische Photometrie von Sternen beruht auf genau festgelegten Filter-Emulsionskombinationen, die jeweils einer „Farbe“ in einem standardisierten Farbsystem entsprechen (z.B. Ultraviolett – Blau – Visuell = UBV nach Johnson). Auf diese Weise wird eine Breitband-Spektralphotometrie der Kontinuumsstrahlung von Sternen möglich aus der sich z.B. deren effektive Temperatur ableiten läßt. n Schmalbandige Filter werden fast ausschließlich in Form von Interferenzfilter verwendet. Sie haben für ganz bestimmte Wellenlängen nur sehr geringe Durchlaßbreiten von wenigen Nanometern. Sie beruhen auf dem Prinzip des FabryPerot-Interferometers und werden durch wechselseitiges Aufdampfen dünner dielektrischer Schichten und von Metallschichten auf einen Glasträger hergestellt. n Interferenzfilter werden z.B. in der Sonnenbeobachtung im monochromatischen Licht bestimmter Fraunhoferscher Linien eingesetzt und haben damit die früher oft verwendeten Spektroheliographen zum größten Teil ersetzt. n Als Nebelfilter werden Interferenzfilter bezeichnet, die besonders für bestimmte Emissionslinien durchlässig sind (z.B. OIII), welche Gasnebel, Planetarische Nebel und Supernovaüberreste emittieren. Polarimeter und Polarimetrie n Elektromagnetische Wellen sind Transversalwellen, bei denen die Feldstärkevektoren E und B senkrecht aufeinander stehen. Die Lage der Schwingungsebene von E in einem Koordinatensystem, dessen z-Achse in Ausbreitungsrichtung der Welle zeigt, bestimmt deren Polarisationsrichtung. n Wenn lineare Polarisation vorliegt, zeigt der Amplitudenvektor E immer in eine feste Richtung und die Auslenkung der Welle ändert ihren Betrag und ihr Vorzeichen periodisch mit der Zeit. n Bei zirkularer Polarisation dreht sich der Amplitudenvektor E mit konstanter Winkelgeschwindigkeit > bei Voranschreiten der Welle um den Wellenvektor k ohne dessen Betrag dabei zu ändern. n Unpolarisiertes Licht besteht aus Wellen, deren Amplitudenvektoren und Phasenverschiebungen praktisch gleichverteilt sind. Abweichungen von dieser Gleichverteilung führen zu polarisiertem Licht unterschiedlichen Polarisationsgrades. n Zur statistischen Beschreibung der Polarisation von Licht werden die Stokeschen Parameter I, Q, U und V verwendet. Sie lassen sich aus Intensitätsmessungen unter Verwendung von Polarisationsfiltern unterschiedlicher Durchlaßrichtung bestimmen. n Aus den Stokeschen Parametern kann der Polarisationsgrad Π und der Polarisationswinkel Y (der am Himmel von Nord über Ost gezählt wird) berechnet werden. Werden diese Werte für einen bestimmten Himmelsausschnitt graphisch dargestellt, dann erhält man eine Polarisationskarte. Die wissenschaftliche Methodik, die dahinter steckt, nennt man Polarimetrie. n Polarisiertes Licht entsteht im Kosmos bei der Emission von Synchrotronstrahlung, durch Streuung an Staubteilchen und durch dichroitische Absorption. n Messungen der linearen Polarisation beruhen in der Astronomie auf Intensitätsmessungen unter Verwendung von Polarisationsfiltern oder Nicol-Prismen aus doppelbrechenden Kalkspat, deren Durchlaßrichtung in 45°-Schritten gegenüber der Referenzrichtung gedreht wird. Spektrographen und Spektroskopie n Jedes technische Gerät, das ein Gemisch von elektromagnetischen Wellen nach deren Frequenz (oder äquivalent deren Wellenlänge) sortiert und registriert (z.B. auf einer Fotoplatte), ist ein Spektrograph. n Die Aufspaltung von Licht in ein Spektrum kann entweder durch Brechung (Prisma) oder durch Beugung (Gitter) erfolgen. Man spricht dann entweder von einem Prismenspektrograph oder einem Gitterspektrograph. Daneben gibt es noch sogenannte Fourier-Spektrographen, die im Prinzip auf Interferenz beruhen. 218 Kapitelzusammenfassung, Aufgaben n In einem Prismenspektrographen wird das Sternlicht durch ein oder mehrere Glasprismen geleitet, in denen kurzwelliges Licht stärker zum Lot hin gebrochen wird als langwelliges Licht. Auf diese Weise entsteht ein Spektrum mit einer nichtlinearen Dispersionskurve, was deren Vermessung erschwert. In der astronomischen Praxis werden Prismenspektrographen nur noch selten angewendet. n Bei einem Gitterspektrograph wird ein optisches Reflektions- oder Transmissionsgitter als dispergierendes Element verwendet. Zu ihrer Herstellung werden mit Hilfe eines Diamanten möglichst viele parallele Furchen auf eine meist planparallele Glasplatte geritzt. Bedampft man diese gefurchte Fläche z.B. mit Aluminium, dann erhält man ein Reflektionsgitter. In der Praxis werden Gitter mit einer Gitterkonstanten von 300 bis 1800 Linien pro Millimeter verwendet. n Bei einem optischen Gitter wird die Beugung als physikalischer Effekt ausgenutzt, um Licht zu einem Spektrum aufzuspalten. Dabei entstehen Spektren unterschiedlicher Beugungsordnung k mit jeweils ansteigender Dispersion, die sich bei großen k jedoch überlappen. Das meiste Licht gelangt aber in die beiden symmetrisch liegenden Spektren der Ordnung k=1 sowie in die unbeeinflußte Ordnung k=0. Durch eine spezielle Gestaltung der Furchen kann jedoch erreicht werden, daß ein besonders großer Teil des Lichtes (bis 80%) in eine bestimmte Ordnung reflektiert wird (BlazeEffekt). n Bei einem Spaltspektrographen wird das Sternlicht auf einen schmalen Spektrographenspalt geleitet, der wiederum über Kollimator, dispergierendes Element und Kameraobjektiv auf einen Strahlungsdetektor (CCD, Fotoplatte) abgebildet wird. Zu Meß- und Kalibrierungszwecken wird außerdem unter- und oberhalb des Objektspektrums ein Vergleichsspektrum erzeugt, wobei dafür häufig das Licht verwendet wird, welches Neon-Eisen-Hohlkathoden in entsprechenden Röhren erzeugen. n Gitterspektren besitzen eine lineare Dispersion. Das Auflösungsvermögen hängt nur von der Ordnung k und der Anzahl N der Furchen auf der Gitterfläche ab. n Bei Fourierspektrographen verwendet man ein Michelson-Interferometer mit einem verschiebbaren Spiegel im Meßarm um ein Spektrum zu erhalten. Gemessen wird ein sogenanntes Interferogramm, aus dem sich mittels einer Fourier-Transformation das Spektrum berechnen läßt. Derartige Spektrographen werden häufig bei Beobachtungen im Infraroten sowie im Submillimeter- als auch Millimeterbereich (Molekülspektroskopie) sowie auf Forschungssatelliten zur Planetenfernerkundung eingesetzt. Optische Interferometrie n Die optische Interferometrie beruht auf dem kohärenten Zusammenführen zwei oder mehrerer Teilstrahlen eines Objekts, die um die Basislänge a voneinander getrennt sind. Damit läßt sich theoretisch das Auflösungsvermögen eines Einzelteleskopes mit einem Spiegel der Apertur a erreichen. n Das einfachste optische Interferometer ist das Doppelspaltinterferometer. Man kann es z.B. zur Abstandsmessung von Doppelsternen verwenden. Dazu wird vor die Öffnung eines Fernrohrs (dessen Öffnung aufgrund des Seeings 20 cm nicht übersteigen sollte) eine Spaltblende angebracht, deren Abstand stufenlos verändert werden kann. Da die beiden kohärenten Teilstrahlen interferieren, sieht man im Okular bei hoher Vergrößerung auf dem Beugungsscheibchen des Doppelsterns Interferenzstreifen („Fringes“), deren Kontrast mit wechselnden Spaltabstand zu- oder abnimmt. Dieser wechselnde Kontrast läßt sich über die Größe V („Visibility“) photometrisch quantifizieren und als Funktion des Spaltabstands a auftragen, woraus dann der Winkelabstand des Doppelsterns berechnet werden kann. n Verwendet man nicht ein Einzelteleskop sondern mehrere, dann stellt das kohärente Zusammenführen der Teilstrahlen ein großes technisches Problem dar, da die optischen Weglängen immer etwas unterschiedlich sein werden und es deshalb schwierig ist, die Teilstrahlen wieder genau in Phase zu bringen. Eine prinzipielle Lösung dieses Problem gelang erst 1974 E.H.Labeyrie. n Wenn man mehrere Einzelteleskope zu einem optischen Interferometer zusammenschaltet, dann lassen sich mit dem Prinzip der Apertursynthese echte bildgebende Interferometer aufbauen. Beispiele dafür sind das COASTInterferometer der Universität Cambridge / UK sowie das VLTI der Europäischen Südsternwarte auf dem Cerro Paranal. Die theoretische Grundlage dafür liefert u.a. das Cittert-Zernicke-Theorem. n Optische Interferometer kommen dann zum Einsatz, wo es auf sehr hohe Winkelauflösungen ankommt, d.h. z.B. bei der direkten Auflösung von Strukturen in Sternatmosphären, bei der Beobachtung zirkumstellarer Gas- und Staubscheiben, sowie bei der Suche nach Exoplaneten. Astronomische Beobachtungen – Teleskope, Detektoren, Techniken 219 Daten Halbleitermaterial Bandlücke in eV InSb 0.18 PbS 0.42 Ge 0.67 Si 1.12 GaAs 1.35 CdSe 1.8 CdS 2.4 Größe der Bandlücken verschiedener Halbleitermaterialien bei einer Temperatur von 295 K Filtertypen nach der Größe des Durchlaßbereichs Filtertyp Durchlaßbereich Beispiel / photometrisches System Breitbandfilter 30 – 150 nm UBV nach Johnson Mittelbandfilter 9 – 30 nm uvby nach Strömgren Schmalbandfilter < 9 nm Nebelfilter, monochromatische Sonnenfilter Aufgaben / Diskussionen 1. Zwei Sterne, die sich in ihrer Helligkeit um eine Größenklasse unterscheiden, unterscheiden sich in ihrer Intensität um das 2.5-fache. Um wie viel muß man eine Fotoplatte länger belichten, damit der schwächere Stern auf der neuen Aufnahme die gleiche Schwärzung erzeugt wie der Hellere zuvor? Man setze p zu 0.8. 2. Wie nennt man das Verfahren, die Empfindlichkeit einer photographischen Platte vor einer Aufnahme zu erhöhen? 3. Eine quadratische Schmidtplatte von 32 cm Kantenlänge soll mit einem Scanner bei einer Auflösung von 50 Linien/mm abgetastet werden. Dabei wird die Helligkeit jedes Bildpunktes mit 16 Bit erfaßt. Wie groß ist die Datei, die dabei entsteht und wie viele derartige Platten kann man auf einer 40 GByte-Festplatte speichern? 4. Warum kann man CCD-Detektoren auf Siliziumbasis nicht zum Nachweis von Strahlung im nahen Infrarot = 2.2 μm verwenden? (1 eV= 1.6 ∙ 10aM J ) Was für ein Halbleitermaterial würden Sie stattdessen einsetzen? 5. Erläutern Sie die Funktionsweise eines CCD-Chips. Informieren Sie sich zuvor über das Bändermodell einer MOS-Struktur. Von welchem Parameter hängt die spektrale Empfindlichkeit eines solchen Detektors ab? 6. Wie groß ist die Bilddatei, die ein CCD-Chip der Größe 1024x1024 Pixel bei einer Auflösung von 2 Byte lie- fert. Paßt sie noch auf eine gewöhnliche 1.44 MByteDiskette? 7. Erläutern Sie die Bildbearbeitungsschritte vom Rohbild bis zu einer fertig kalibrierten CCD-Aufnahme. Was verstehen Sie unter „Blooming“ und was unter „Binning“? 8. Ihnen steht ein Ritchey-Chretien-Teleskop mit einer Öffnung von 10 Zoll und einem Öffnungsverhältnis 1:7 zur Verfügung. Sie möchten dafür eine CCD-Kamera mit 1024x1024 Pixel anschaffen. Wenn das Seeing an ihrem Beobachtungsort an besseren Tagen 2“ beträgt, wie groß sollten dann die Pixel der CCD sein? Wie groß ist das Aufnahmefeld einer solchen Kamera? 9. Nennen Sie Gründe, weshalb Reflektionsgitter für astronomische Anwendungen meist geeigneter sind als Transmissionsgitter. 10. Wieviele Furchen muß ein Beugungsgitter mindestens besitzen, damit man damit die beiden Natrium-DLinien im Sonnenspektrum auflösen kann? = 580.30 nm, Δ = 0.59 nm 11. Mit Hilfe eines Michelson-Interferometer soll der scheinbare Durchmesser eines Sterns bestimmt werden. Es zeigt sich, daß das Interferenzmuster genau dann unsichtbar wird, wenn die verschiebbaren Spiegel einen Abstand von 6 m erreicht haben. Berechnen Sie den Winkeldurchmesser des Sterns. Die Beobachtungswellenlänge beträgt 550 nm. 220 Kapitelzusammenfassung, Aufgaben 12. Wie groß ist das theoretische Auflösungsvermögen eines Einzelspiegels des Cerro Paranal-Observatoriums und welche Auflösung kann bei einer Wellenlänge von 570 nm erreicht werden, wenn die beiden Äußersten (Abstand 128 m) der vier 8.2 Meter-Spiegel zu einem optischen Interferometer zusammengeschaltet werden? Vergleichen Sie den Wert mit dem Auflösungsvermögen des Radioteleskopkomplexes VLA (Very Large Array), dessen Basislänge 36 km beträgt, für = 21 cm. 13. An einem Teleskop soll die photographische Platte durch einen modernen CCD-Chip ersetzt werden. Wenn die Photoplatte 5% des einfallenden Lichtes registrieren kann, die CCD aber 70%, wie lange muß man dann mit der CCD-Kamera belichten um das gleiche Ergebnis wie mit der Photoplatte zu erhalten, wenn man sie 1 Stunde lang belichtet. 14. Zwei punktförmige Infrarotquellen im Orionnebel (Entfernung 1270 Lj) haben einen Abstand von 0.1 pc. Wie groß muß der Spiegel eines Teleskops sein, damit bei einer Wellenlänge von = 100 μm diese beiden Quellen gerade noch getrennt werden können? 15. Erläutern Sie die Funktionsweise des Interferometers, mit dem es Michelson und Pease gelang, den Durchmesser des Riesensterns Beteigeuze im Orion sowie die Durchmesser der Jupitermonde zu bestimmen. 16. Vergleichen Sie Prismen-, Gitter- und Fourierspektrographen in Bezug auf Funktion, Leistungsfähigkeit und Einsatzgebiete in der astronomischen Forschung. 17. Erläutern Sie anhand einer Skizze die Funktionsweise eines Interferenzfilters. Solch ein Filter soll eine maximale Durchlaßfähigkeit bei einer Wellenlänge von 486 nm 4 haben. Wenn der Filter in der zweiten Ordnung (d.h. bei m=2) arbeitet und die dielektrische Schicht einen Brechungsindex von n=1.35 aufweist, wie groß ist dann die Dicke d dieser Schicht? 18. Warum kann man mit Hilfe eines Polarisationsfilters störende Reflektionen beim Fotografieren (z.B. an Glasscheiben oder Wasserflächen) vermeiden?