2017 Deutschland »Gut, sauber, fair« – so lauten die Prinzipien von Slow Food. Regional vor international, handwerklich vor extravagant, bezahlbar vor hochpreisig – das sind weitere Kriterien, nach denen der Genussführer von Slow Food Deutschland »seine« Gaststätten aussucht. Rund 400 Mitglieder aus mehr als 60 Städten und Regionalgruppen haben getestet und ihre Favoriten gefunden – von Aachen bis Görlitz und von Kiel bis Kempten hält die Schnecke unbeirrt Kurs. Und das sind die Guten: SLOW FOOD ● 403 Lokale, darunter 126 Neueinträge, die auf regionale Produkte und eine geschmackvoll-traditionelle Küche setzen ● dazu bayerische Bräustüberl und märkische Fischlokale als kulinarische Dreingabe ● interessante Produzenten und Manufakturen in der Nähe der Gasthäuser »Ehrliches Essen gibt’s zu Hause – oder in den Gasthäusern, die Slow Food aufspürt.« Focus, München 19,95 Euro [D], 20,60 Euro [A] www.oekom.de SLOW FOOD ● Tipps für Sehenswürdigkeiten, Touren und Ausflüge Deutschland 2017/18 über 500 Gasthäuser getestet und empfohlen oekom von Slow Food® Deutschland über 150 neue Gasthäuser oekom Dieses Buch wurde klimaneutral hergestellt. CO2-Emissionen vermeiden, reduzieren, kompensieren – nach diesem Grundsatz handelt der oekom verlag. Unvermeidbare Emissionen kompensiert der Verlag durch Investitionen in ein Gold-Standard-Projekt. Mehr Informationen finden Sie unter: www.oekom.de Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2016 oekom Gesellschaft für ökologische Kommunikation mbH Waltherstraße 29, 80337 München Umschlaggestaltung und Innenlayout: www.buero-jorge-schmidt.de Umschlagabbildung: © HLPhoto, fotolia (links); © Westend61, plainpicture (Mitte); © Ideenkoch, fotolia (rechts) Karten (Entwurf und Gestaltung): Reihs Satzstudio, Lohmar Illustrationen: www.margit-memminger.de Satz: Ines Swoboda, oekom verlag Herausgeber: Slow Food Deutschland e. V., Genussführer-Kommission Redaktion: Manfred Kriener Redaktionsassistenz: Ortha Dittmann Korrektur: Birgit Albrecht, Berlin Druck: CPI – Ebner & Spiegel, Ulm Dieses Buch wurde auf FSC®-zertifiziertem Papier gedruckt. FSC (Forest Stewardship Council) ist eine nichtstaatliche, gemeinnützige Organisation, die sich für eine ökologische und sozialverantwortliche Nutzung der Wälder unserer Erde einsetzt. Alle Rechte vorbehalten ISBN 978-3-86581-809-6 (,6%1 Slow Food® Deutschland (Hrsg.) Slow Food Genussführer Deutschland 2017/18 Benutzerhinweise Einteilung / Örtlichkeiten Jedes Lokal ist unter seinem Standort aufgeführt. Die Städte bzw. Ortschaften sind innerhalb der Länderkapitel alphabetisch geordnet, maßgeblich ist der Name der Hauptgemeinde. Teilgemeinden werden im Rahmen der genauen Adressbezeichnung aufgeführt. Ein Lokal in Eltville-Hattenheim finden Sie unter »E« wie Eltville. Informationen Ruhetage, Öffnungs- und Ferienzeiten sowie die Anzahl der Plätze wurden von den Wirten und Betreibern der Lokale selbst angegeben. Karten Die Karten bei jedem Lokal geben Ihnen eine erste Orientierung, wo das betreffende Haus liegt. Die beiden großen Deutschland-Karten am Anfang und Ende des Buches zeigen einmal die nördliche und einmal die südliche Hälfte Deutschlands mit allen empfohlenen Lokalen, die als rote Punkte markiert sind. Vor jedem neuen Kapitel finden Sie darüber hinaus eine Karte des jeweiligen Bundeslandes mit unseren Empfehlungen. Hier sind ausschließlich die Hauptgemeinden aufgeführt. Auf Namenszusätze wurde verzichtet: Neuburg an der Donau erscheint nur unter dem Namen »Neuburg«. Öffnungszeiten Die angegebenen Zeiten können sich je nach Jahreszeit, Saison und Personalsituation ändern. Bitte informieren Sie sich auf der Homepage oder telefonisch beim jeweiligen Restaurant Preise Angegeben ist in der Regel die Preisspanne für ein Hauptgericht. Getränke sind nicht inbegriffen. Symbole NEU Ein neu aufgenommenes Lokal im Vergleich zur Ausgabe 2015 Bio Das Restaurant ist biozertifiziert Das Lokal ist für Menschen mit Behinderung (nicht) barrierefrei zugänglich. Bitte informieren Sie sich vor Ihrem Besuch über die genauen Gegebenheiten vor Ort. ! Das Lokal hält Übernachtungsmöglichkeiten bereit. ➜ Besondere Attraktionen und Aktivitäten der Lokale und Tipps zum Wandern, Radeln oder Besichtigen im Umkreis Hier finden Sie empfehlenswerte Produzenten und Manufakturen in der Nähe der Lokale * Das Sternchen verweist auf Gerichte, die im »ABC der regionalen Spezialitäten« erläutert sind. Inhalt Herausgeber und Testgruppen 6 Baden-Württemberg 20 Bayern 136 Geleitwort von Ursula Hudson, Vorsitzende von Slow Food Deutschland 7 Vorwort der Slow Food Genussführer-Kommission 9 Berlin & Brandenburg 292 Die Genussführer-Testkriterien 12 Was ist eigentlich Slow Food? 14 Hessen 312 Die Arche des Geschmacks 17 Kleine Warenkunde Bier 272 Brot 276 Fisch 280 Fleisch 284 Wein 288 ABC der regionalen Spezialitäten 571 Mecklenburg-Vorpommern 354 Niedersachsen & Bremen 378 Nordrhein-Westfalen 414 Nachwort 589 Gaststättenregister 590 Rheinland-Pfalz 452 Ortsregister 597 Saarland 480 Sachsen 492 Sachsen-Anhalt & Thüringen 512 Schleswig-Holstein & Hamburg 530 6 HERAUSGEBER UND TESTGRUPPEN Herausgeber und Testgruppen Slow Food Deutschland e. V., Genussführer-Kommission (Hrsg.): Wieland Schnürch (Leitung), Armin Brucker, Robert Friedenberger, Karlheinz Hassis, Sabine Schäfer, Gerhard Tremel, Sebastian Wenzel Die Testgruppen folgender Convivien haben zum Genussführer beigetragen: Aachen Allgäu Altmühlfranken Augsburg Bad Tölz-Tegernsee Baden-Schwarzwald Barnim-Oderland Bergisches Land Berlin Bielefeld / Ostwestfalen Bocholt Bodensee Bonn Braunschweiger Land Bremen Bruchsal-Kraichgau Chiemgau-Rosenheimer Land Diepholz Dresden Duisburg-Niederrhein Düsseldorf Essen Frankfurt Freiburg Fulda Hamburg Hannover Harz Ingolstadt Karlsruhe Kiel Köln Lausitz Leipzig-Halle Lörrach Lübeck Lüneburg Mainfranken-Hohenlohe Mittelhessen München Münster Müritz Niederbayern Nordhessen Nürnberg Oberfranken Odenwald Oldenburg Osnabrück Ostfriesland Pfalz Pforzheim-Enzkreis Potsdam Regensburg-Oberpfalz Rhein-Mosel Rhein-Neckar Rostock Saarland Sauerland Schwäbische Donau Schwarzwald-Baar-Heuberg Stuttgart Südwest-Sachsen Taunus-Westerwald Tübingen Ulm Weimar-Thüringen Zugspitzregion GELEITWORT Geleitwort Wie froh bin ich, dass es eine neue Ausgabe unseres Genussführers gibt! Dass dieser Kraftakt erneut gelungen ist und dass sich die Arbeit der Testgruppen über Jahre fest etabliert hat, ist ein echtes Erfolgserlebnis. Der Genussführer ist nicht nur ein kulinarischer Kompass, er ist längst auch eine Visitenkarte von Slow Food. Er trotzt allen Diätvorschriften und ist jetzt noch dicker geworden. Und als besondere Zugabe ist endlich auch ein Gasthof aus meiner Heimat, der Nordalpenregion, im neuen Führer gelistet – wenigstens einer in einer kulinarisch sonst eher steinigen Region, in der nicht allzu viel wächst. Der Grund, warum ich über diese Gasthofempfehlung in der Zugspitzregion so glücklich bin, liegt in erster Linie daran, dass ich ihn als einzigartigen Betrieb mit ganz besonderen Wirtsleuten kennengelernt habe. Sie verkörpern für mich aufs Schönste das Netzwerke-Schaffen. Nichts kommt beim »Dorfwirt« auf den Teller, was nicht die Jahreszeit und die unmittelbare Umgebung anbieten. Der Wirt sucht sich seine Erzeuger, er arbeitet mit ihnen, er überzeugt sie davon, für ihn »veraltete« Schweinerassen zu halten, sucht sich diejenigen, die seltene Rinderrassen wie die heimischen Murnau-Werdenfelser extensiv auf die Weide stellen und am besten noch Stein- und Bergschafe dazu. Er nimmt den Gemüsegärtnern und Fischern ihre Beute ab; er freut sich über den frisch geschossenen Rehbock, das Wildschwein vom Jäger und macht Köstlichstes daraus. Ganztierverwertung ist dort etwas Selbstverständliches – dazu passt ein Kochstil, durch den sich ein Grundton von ganz in der Region ruhenden, traditionellen Zubereitungsweisen zieht. Einfach gut. Und das ist gar nicht so einfach. Selbst so schwierige gastronomische Themen wie Milch, Sahne und Rohmilchkäse gehen die Wirtsleute beherzt an und finden regionale Produkte aus vernünftiger Tierhaltung, ohne die Erhitzungs- und Verarbeitungsorgien der industriellen Molkereien. Der Erfolg ihrer Bemühungen gibt ihnen Recht und beschert dem Gast eine große Portion kulinarischen Glücks. Ohne Liebe, Leidenschaft und Beharrlichkeit kann so etwas nicht entstehen. Ich ziehe den Hut vor solchen Gastronomen. Und danke denen, die sie ausfindig machen und in diesem Führer vorstellen. Der Genussführer beschreibt eine andere Art der Gastronomie, die aber auch gar nichts zu tun hat mit dem allgegenwärtigen Lippenbekenntnis zur Regionalität, das ständig Heimatliches, Vertrautes, Authentisches verspricht, aber selten hält. Regionalität ist zu einem Modebegriff geworden. Abgehobene Superrestaurants, in denen man einen halben Monatslohn für ein Essen zu 7 8 GELEITWORT zweit hinblättert, rühmen sich ihrer regionalen Küche. Ihre Köche flanieren, von TV-Kameras begleitet, mit wehendem Gewand durch Wälder und Wiesen, zupfen an Blüten und Blättern, an Gräsern und Moosen, suchen immer wieder neue kulinarische Kicks und geben den Gralshüter der Region. Doch die Bauern in ihrem unmittelbaren Umfeld, die reihenweise die Höfe aufgeben, kommen nicht vor in solchen Filmen. Jammern wir nicht, denn der Modetrend ist auch eine Chance. Wenn Regionalität schick ist, kann das wirklich nicht schaden. Das schafft zumindest Aufmerksamkeit, wenn wir unsere Art der regionalen Partnerschaft von Erzeugern, Wirten und Restaurantbesuchern demonstrieren. So können wir den Jackpot der vielfältigen Landschaften und Regionen mit ihren kulinarischen Besonderheiten wieder stärker ins Bewusstsein rücken. Genauso, wie wir das mit unserem Genussführer erreichen wollen: die Wertschätzung des Regionalen verbunden mit den dazugehörigen Küchentraditionen. Hackstöck und Topfennudeln, Nonnenfürzle* und Breselschmarrn. Und weil Tradition kein Bremsklotz sein darf, ist auch noch Platz für Innovationen und manchmal wagemutige Neuinterpretationen. So werden in diesem Führer zum Voressen auch mal »Gedünstete Rapsblätter mit Blüten« serviert und zum Dessert gibt’s »Schattierungen von Früchten und Möhren«. Den Reichtum einer lokal verankerten Küche in unsere Zeit zu bringen, darum geht es uns. In diesem Prozess gibt es viele verschiedene Stadien: das Neugierig-Werden, das Sich-auf-den-Weg-Machen, das Netzwerke-Knüpfen und das Die-Bauern-und-Erzeuger-stärken. Es wird noch ein Weilchen dauern, bis sich die Gastronomen mehrheitlich im Slow-Food-Sinne als Netzwerker verstehen. Solange halten wir uns an diejenigen, die schon mal angefangen haben. Freuen Sie sich mit uns an der wunderbaren Vielzahl guter Gaststätten, in denen der Geist von gut, sauber und fair herrscht. Und danken Sie mit mir all denen, die Genuss und Verantwortung aufs Schönste und Schmackhafteste zusammenzubringen. Ursula Hudson Vorsitzende Slow Food Deutschland VORWORT Vorwort Wissen Sie, liebe Leser, was Bauchstechala* sind – vielleicht ein mittelalterliches Folterinstrument? Oder Geräisde*? Oder ein Holsteiner Mehlbüddel*? Oder haben Sie schon einmal von der Höri-Bülle* gehört? Oder gar von Nonnafürzle*? Falls nicht, finden Sie die Erklärung dieser seltsamen Ausdrücke im Anhang dieses Buches. Dort haben wir in einem »ABC der regionalen Spezialitäten« alle in den Speisekarten zitierten mundartlichen Spezialbegriffe für Sie zusammengetragen. So ist ein kleines Kompendium der regionalen Köstlichkeiten entstanden, das unseren Fokus auf Regionalität hervorragend ergänzt. Dies ist aber bei weitem nicht die einzige Neuerung im Genussführer 2017/18, der sich nach zwei Jahren mit stark erweitertem Umfang und zahlreichen Sonderkapiteln eindrucksvoll zurückmeldet. Slow Food-Deutschland tritt nun noch präsenter auf und erläutert in mehreren Beiträgen zur Programmatik der Bewegung, zur Arche des Geschmacks und zu wichtigen Grundnahrungsmitteln seinen Standpunkt. Auch unsere Kriterien für die Aufnahme in dieses Buch haben wir auf vielfachen Wunsch transparenter gemacht und ausführlich erläutert. Diese 3. Ausgabe des Genussführers knüpft an den großen Erfolg der ersten beiden Ausgaben an, der nicht zuletzt auf der Arbeit von über 500 ehrenamtlich tätigen Slow Food-Mitgliedern beruht, die ohne Spesenbudget oder finanzielle Zuwendungen ihre Testessen grundsätzlich aus eigener Tasche bezahlen und so ein Höchstmaß an Unbestechlichkeit und kritischer Distanz gewährleisten. Ohne ihren Dauereinsatz gäbe es dieses Buch nicht. Viele unserer Leser hatten uns im letzten Jahr geschrieben und sehnsüchtig auf einen Genussführer 2016 gehofft. Wir haben geantwortet, dass der relativ geringe Zuwachs an Neuzugängen ehrlicherweise keinen neuen Jahrgang gerechtfertigt hätte. Die schöpferische Pause hat hingegen allen gutgetan und wurde von unseren Testgruppen genutzt, um mit dieser Neuausgabe wiederum einen stattlichen Zuwachs von mehr als 150 Gasthäusern zu präsentieren. Wenn gleichzeitig mehr als 50 Lokale gestrichen wurden, so demonstriert auch dies erneut die große Aufmerksamkeit, mit der unsere Tester die Szene beobachten und auch auf negative Veränderungen rasch reagieren. Dabei ist ein Großteil der Streichungen einer natürlichen Fluktuation in der Gastronomie geschuldet: Wenn aufmerksame Leser alteingesessene Vorzeige-Lokale wie etwa Dorothee Kempers »Landhaus« im Harz in dieser Ausgabe vermissen, dann liegt dies einfach daran, dass die Wirtin sich beruflich verändert hat. Manchmal finden die 9 10 VORWORT Wirtsleute auch keine geeigneten Nachfolger - noch immer ein großes Problem in der regionalen Gastronomie. Aber leider mussten wir auch dieses Mal einigen Betrieben die Gunst dieses Buches entziehen, weil sie trotz intensiver Debatten mit unseren Testgruppen nicht auf Zusatzstoffe aus dem Chemiebaukasten der Lebensmittelindustrie verzichten wollten. Seit wir uns entschlossen haben, den Einsatz von deklarationspflichtigen Geschmacksverstärkern in der Gastronomie zu ächten, fällt eben das eine oder andere Lokal durch das Prüfungsraster. Hier ist aber auch ein Gegentrend feststellbar: Immer mehr Gastronomen erklären demonstrativ den Verzicht auf Geschmacksverstärker und Convenience und setzen auf den konsequenten Einsatz von Bioprodukten in ihrer Küche. Dies hat uns dazu bewogen, erstmalig biozertifizierte Lokale mit einem besonderen Symbol hervorzuheben. Saubere Grundprodukte und Transparenz sind für Slow Food wichtige Säulen einer neuen Gastronomie, die unseren Grundsätzen folgt. Dass dies zunehmend von den Gästen honoriert wird, zeigt die wachsende Anzahl der Lokale, die sich ein Biosiegel an die Gasthaustüre heften und damit wirtschaftlichen Erfolg haben. Die besten davon mit regionaler Küche finden Sie in diesem Buch. Und gerade, weil uns eine saubere und transparente Arbeitsweise am Herzen liegt, wurden die Restauranteinträge erstmals auch um ihre wichtigsten Bezugsquellen ergänzt. Wir nennen Ross und Reiter: Woher kommt der Fisch, das Fleisch, das Gemüse? Der neue Genussführer ist nicht einfach eine Fortschreibung der Ausgabe 2015. Alle Restaurantbeschreibungen wurden geprüft und, wenn nötig, sorgfältig überarbeitet. Der Leser hält also auch dieses Jahr wieder ein rundum erneuertes Buch in Händen und kann im Vergleich des einen oder anderen Eintrags die Entwicklung mitverfolgen. Erfreulich ist die Schar der Neuaufnahmen. Begeistert haben uns vor allem die vielen jungen Köche, die an Töpfen und Pfannen zunehmend engagiert den von Slow Food geforderten Grundsätzen einer Neuen Kultur des Essens folgen. Der frische Wind in den Gaststuben spiegelt sich oft schon in originellen Bezeichnungen der Häuser wieder. Da debütieren in Berlin ein »Braugasthaus Doldenmädel« oder ein »Herz & Niere«. Auch eine »Feld-Wirtschaft« bei Ulm trägt ihr Programm im Namen, ebenso wie die »Speisenkammer« in Brandenburg oder die »Meeresfrüchte« in Cuxhaven. Nomen est omen, das gilt auch für »WEINreich« in der Pfalz oder »red - die grüne Küche« in Heidelberg, für »Soul Food« in Koblenz oder die »Goldmarie« und das »Upper Eat Side« in München: Hier wächst eine junge Generation nach, die der regionalen Küche endgültig die ihr oft nachgesagte Biederkeit austreibt. Unser Entschluss, die Preisobergrenze für die Aufnahme in den Genussführer für eine durchschnittliche dreigängige Speisenfolge bundesweit einheitlich auf 50 Euro anzuheben, ermöglicht es uns, hochpreisigere Restaurants wie zum Beispiel das »Herrmannsdorfer Wirtshaus« zu berücksichtigen. Wir wollen mit dieser Neubewertung auf den gestiegenen Kostendruck in den Ballungsräumen reagieren, aber auch den Einsatz von erstklassigen, jedoch nicht billigen Grundprodukten durch die Genussführer-Wirte honorieren. Der Sterne-Gastronomie werden wir uns dennoch nicht zuwenden. Die von uns empfohlenen Lokale müssen alltagstauglich und auch für den schmaleren Geldbeutel VORWORT erschwinglich sein. Und tatsächlich bleibt die große Mehrheit der in diesem Buch präsentierten Häuser weit unter dem von uns gezogenen Limit. Dies ist nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, dass die regionale Küche noch immer in überwiegend ländlichen Gegenden, nahe bei den Erzeugern, ihre Stärken ausspielt – was einer der Gründe für die in Deutschland zum Teil krassen Preisunterschiede zwischen Stadt und Land ist. Für einen Paukenschlag sorgten unsere Tester in der Lausitz. Im »Sorbischen Restaurant Wjelbik« werden Sie mit einem »Witaj e k nam« willkommen geheißen, und vielen Gästen wird angesichts der Sorbischen Rinderroulade oder den Fünf Lausitzer Köstlichkeiten vielleicht erstmalig bewusst, dass auch die sorbische Kochkultur ein fester Bestandteil der deutschen Regionalküche ist. Mit Stolz sehen wir, wie die letzten »weißen Flecken« auf der Landkarte und zunehmend auch das Nord-Süd-Gefälle verschwinden. Stattliche Zuwächse an Nord- und Ostsee und in den neuen Bundesländern, aber auch im Südosten der Republik, knüpfen das Netz der Genussführer-Lokale noch enger. Dass eine Region wie das bayerische Oberfranken endlich mit mehreren würdigen Vertretern in diesem Buch glänzt, erfüllt den Verfasser dieser Zeilen, selbst oberfränkischer Herkunft, mit Genugtuung. So war es für mich ein besonderes Erlebnis, in der »Harmonie« in Lichtenberg bei einem Testessen Fränkische Schiefertrüffelsuppe und Blaue Zipfel* im Weingemüsesud genießen zu dürfen. Eine Genussführer-Reise durch Deutschland hat also künftig noch mehr Etappen mit Stätten guter Gastlichkeit und weist auch dem Kurzentschlossenen, der nur rasch von der Autobahn abfährt, um sich ein vernünftiges Mittagessen zu gönnen, den richtigen Weg. Ich hoffe, Ihnen geht es schon beim Lesen dieses Buches ähnlich wie mir: ein in Apfelwein geschmorter Schweinebraten oder ein Winterdorsch auf RosinenGrünkohl oder eine Crème brûlée vom Gesseler Goldkaffee lassen einem schon beim lustvollen Blättern das Wasser im Mund zusammenlaufen. Ich wünsche mir, dass unser kulinarischer Kompass Lust macht auf Ihren nächsten Ausflug in die Welt der Slow Food-Lokale. Wir wollen mit diesem Buch beweisen, dass Köche und Wirte, die den Slow Food-Kriterien des »gut, sauber & fair« folgen, einen neuen Weg in der Gastronomie einschlagen. Mit dem Genussführer 2017/18 sollen die Umrisse dieser »Neuen Kultur des Essens«, wie sie uns vorschwebt, sichtbar werden. Sommer 2016 Wieland Schnürch Leiter der Genussführer-Kommission 11 12 DIE GENUSSFÜHRER-TESTKRITERIEN Die Genussführer-Testkriterien Herausgeber und Testgruppen Natürlich werden wir immer wieder nach den Kriterien für die Aufnahme in den Genussführer gefragt. Der Slow Food-Genussführer ist ein Projekt von Slow Food Deutschland. Im Genussführer werden ausschließlich Gastronomiebetriebe mit regionaler Küche empfohlen, die den Slow Food-Prinzipien entsprechen. Slow Food Deutschland testet deshalb mit Hilfe von örtlichen Testgruppen bundesweit Lokale mit regionaler Küche nach einheitlichen Vorgaben. Warum gibt es den Slow Food-Genussführer? Wir distanzieren uns mit dem Slow Food-Genussführer bewusst von herkömmlichen Gourmet-Konzepten. Wir betreiben keine Restaurantkritik im klassischen Sinne. Wir verfolgen mit dem Genussführer vielmehr konkrete Ziele im Sinne der Slow Food-Bewegung. Es geht uns deshalb auch um etwas grundlegend anderes als der traditionellen Restaurantkritik: Mit dem Slow Food-Genussführer hat sich eine neue Form der Restaurantkritik etabliert. Geschmack, Textur und Komposition einzelner Speisen, woran sich herkömmliche Restaurantkritiker ausschließlich abarbeiten, sind nicht mehr allein entscheidend. Wichtiger ist uns vielmehr, ob die gesamte Richtung stimmt: gut, sauber, fair, regional, saisonal, frisch, authentisch und preiswert. Damit wird die Restaurantkritik jedoch auf ein neues Gleis gesetzt. Es geht bei der Beurteilung von Gasthäusern eben nicht allein um den reinen Gaumenkitzel, wie dies von der traditionellen Restaurantkritik leider noch immer häufig so gesehen wird. Wir versuchen hingegen, ein ganzheitliches Bild zu zeichnen. Wir wollen die Speise auf dem Tisch in ihrem Kontext sehen, inklusive aller ihrer Beziehungen zu Produzenten, zu kulinarischen Traditionen, zu Verarbeitungstechniken, zu Natur und Umwelt. Wenn sich Restaurantkritik allein darauf beschränkt, Geschmack und Zusammenspiel der Speisen zu beschreiben, dann ist sie aus unserer Sicht inzwischen wertlos und nicht mehr zeitgemäß. Es geht uns also um nicht weniger als um die Begründung und Förderung einer neuen Gastronomie. DIE GENUSSFÜHRER-TESTKRITERIEN Was sind die Prinzipien dieser neuen Gastronomie? Die von uns angestrebte und geförderte neue Kultur des Essens verbindet auf innovative Art und Weise den Genuss von Speisen und Getränken mit t EFS4BVCFSLFJUVOE/BDIIBMUJHLFJUEFS(SVOETUPGGFVOE)FSTUFMMVOHTXFJTFO t 5SBOTQBSFO[ JO EFO #F[JFIVOHFO [XJTDIFO &S[FVHFSO )µOEMFSO ,¤DIFO und Gästen, t EFNGBJSFOVOETDIPOFOEFO6NHBOHNJU.FOTDI5JFSVOE6NXFMU t EFN8JTTFOVNIBOEXFSLMJDIF5SBEJUJPOFOJOEFS,DIFBVGEFS8FJEFVOE auf dem Acker, t EFS&SIBMUVOHPEFS8FJUFSFOUXJDLMVOHUSBEJUJPOFMMFS3F[FQUVSFOVOEEFS#Fwahrung der Artenvielfalt in der Natur. Zur Erreichung dieser Ziele pflegen wir den konstruktiven Dialog mit den Gastronomen. Wir wollen den bereits existierenden Restaurantführern keinen weiteren Führer im üblichen Sinne hinzufügen, sondern wünschen uns, dass wir mit diesem Buch eine Bewegung anstoßen, die so manchem Wirt und Koch Mut macht, sich auf die Grundsätze einer Regionalküche zu besinnen, die schmeckt, weil sie den Slow Food-Kriterien des »gut, sauber und fair« folgt. Wer testet die Lokale? Mit Hilfe von derzeit 68 örtlichen Testgruppen und deren über 500 Mitgliedern durchforstet Slow Food die Küchenlandschaft hierzulande und zeigt mit dem Genussführer: Es gibt sie, die gute und saubere Regionalküche! Dabei testen unsere Mitglieder vor Ort strikt ehrenamtlich und ohne Spesenbudget. Nur so bleiben Unparteilichkeit und der kritische Blick auf das Dargebotene garantiert. Die Arbeit der lokalen Testgruppen wird von der zentralen GenussführerKommission von Slow Food Deutschland koordiniert. Sie ist der Herausgeber dieses Buches. 13 14 WAS IST EIGENTLICH SLOW FOOD? Was ist eigentlich Slow Food? Die Gasthausempfehlungen in diesem Buch wurden von mehr als 500 engagierten Slow-Food-Mitgliedern zusammengetragen, die in ihren Testgruppen nach festgelegten Maßstäben die Lokale geprüft haben. Aber was ist eigentlich Slow Food, was verbirgt sich hinter der renitent langsamen Schnecke, dem Symbol der Vereinigung? Slow Food ist eine weltweite Bewegung, die sich für eine lebendige und nachhaltige Kultur des Essens und Trinkens einsetzt. Wir wollen die biologische und geschmackliche Vielfalt bewahren und engagieren uns für eine verantwortliche Landwirtschaft und Fischerei, für artgerechte Tierhaltung und das traditionelle Lebensmittelhandwerk. Wir leisten Ernährungs- und Geschmacksbildung und bringen Erzeuger von handwerklich hergestellten Lebensmitteln mit bewussten Verbrauchern zusammen, die damit im Idealfall zu Ko-Produzenten werden. Gutes Essen muss nicht teuer sein. Gut kann Essen jedoch nur sein, wenn es auch sauber und fair ist, so lautet der Grundsatz von Slow Food. Gutes Essen ist wohlschmeckend und nahrhaft, es befriedigt aber nicht nur die körperlichen Sinne, es steht auch in einem sozialen und kulturellen Kontext, es ist Teil der eigenen Identität. Sauber sind Lebensmittel, wenn ihre Herstellung weder Mensch noch Natur Schaden zufügt, wenn Ressourcen gepflegt, Tiere artgerecht aufgezogen und Ökosysteme erhalten werden. Wenn das Essen bekömmlich ist und ohne Chemiebaukasten und Geschmacksverstärker zubereitet wird. Fair kann unser Essen nur sein, wenn diejenigen, die es erzeugen und bearbeiten, ihren Lebensunterhalt in Würde verdienen können, und wenn wir die Leistungen anerkennen, die Landwirte, Fischer, Winzer und andere Lebensmittelhandwerker für unsere Gesellschaft erbringen. Dazu gehören die Landschaftspflege, der Erhalt der biologischen Vielfalt und des kulturellen Wissens im Umgang mit Lebensmitteln ebenso wie das Schaffen und Erhalten von Arbeitsplätzen und die Aus- und Weiterbildung der jüngeren Generation. Handwerkliche Lebensmittelherstellung beruht oft auf einem Jahrhunderte alten menschlichen Wissen und Können rund um chemische, physikalische, biologische und technologische Zusammenhänge und Abläufe. Die handwerkliche Tradition ist das Gegenteil der heute vorherrschenden seelenlosen industriellen Massenherstellung: Beim Handwerk steht der Mensch im Mittelpunkt. Vielfalt statt Masse – so könnte man die Slow Food-Philosophie auch zusammenfassen. Dieser Gedanke spielte schon 1989 bei der Gründung und Namens- WAS IST EIGENTLICH SLOW FOOD? wahl eine wichtige Rolle für den internationalen Verein: Slow Food statt Fast Food. Statt des ewig und überall gleichen Angebots der globalen Fast FoodKetten setzen wir auf Individualität und auf die regionalen Spezialitäten, mit handwerklichem Können traditionell oder innovativ erzeugt und verarbeitet, den Jahreszeiten und klimatisch-geografischen Bedingungen entsprechend. Vielfalt statt Uniformität bringt ein Mehr an Lebensqualität, an Geschmack und Auswahl. Eine bunte Mischung an Cafés, Gaststätten und Straßenverkäufern, statt Kettenrestaurants von der Stange. Bäuerliche Landwirtschaft mit Mehrnutzungshühnern und Weidevieh statt antibiotikagespritzter Turbotiere in Massenhaltung. Kulinarische Kreativität statt laborgeprüftem Durchschnittsgeschmack. Leidenschaft statt Fließbandarbeit. Die biologische Vielfalt ist das unerlässliche Fundament für die Vielfalt auf unserem Teller. Es gibt mehr als 2 000 Sorten Reis und Tausende verschiedener Tomaten. Die Eingrenzung auf wenige Sorten, die von der Industrie gut zu bearbeiten sind, lässt ganze Geschmackswelten verloren gehen. Aber nur die Vielfalt garantiert das Gleichgewicht in der Natur, sie steht in engem Zusammenhang mit der kulturellen Identität: Aus der lokalen Artenvielfalt, dem dazu passenden Klima und der örtlichen Geografie entwickeln sich eine spezifische Landwirtschaft, Küche und Tradition. Die Vielfalt, die sich in Geschmack, Aroma, Farbe und Form von regionalen Lebensmitteln sowie in Rezepten und Bräuchen manifestiert, ist Teil unseres kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Reichtums. Nachhaltig erzeugte regionale Lebensmittel erhalten nicht nur die Regionalwirtschaft, sie schaffen auch ein abwechslungsreiches Straßenbild durch Märkte, inhabergeführte Läden und Handwerksbetriebe, eine vitale Landschaft und eine reiche Auswahl für die Kunden. Die Stärkung der direkten Beziehungen zwischen den handwerklichen Erzeugern von Lebensmitteln und ihren bewussten Verbrauchern ist ein wichtiger Baustein in der Arbeit von Slow Food. Eine tragfähige Lokalwirtschaft und nachhaltige Landwirtschaft sind vielfältig, sie sind anpassungsfähig und belastbar, nicht zuletzt, weil sie auf dem Kreislaufprinzip beruhen: Nichts wird über Gebühr belastet, nichts wird verschwendet. Dabei ist die Stärkung der lokalen Lebensmittelwelt keinesfalls eine Verneinung globaler Beziehungen. Um sie zu pflegen, brauchen wir keine global agierenden Konzerne, sondern die im Idealfall weit gespannten lokale Netzwerke mit vielen Querverbindungen rund um die Erde. Slow Food ist in mehr als 100 Ländern aktiv und organisiert viele internationale Meetings. Bildung spielt eine zentrale Rolle in der Vereinsarbeit, denn Geschmacks- und Lebensmittelbildung sind grundlegende Alltagskompetenzen, die eine selbstbestimmte und zukunftsfähige Ernährungsweise ermöglichen. Verloren gegangenes Wissen im Umgang mit Nahrungsmitteln soll zurückgeholt werden – in Geschmackslaboren, Degustationen und über Besuche bei den Erzeugern. Die Slow Food-Herangehensweise – mit Lust und Freude, statt des erhobenen Zeigefingers – wird durch vielerlei Aktivitäten umgesetzt, auch durch Konferenzen, Kinderkochclubs und mannigfache Literatur. Slow Food wurde 1986 in Italien von dem Journalisten und Soziologen Carlo Petrini als Verein zur Erhaltung der Esskultur gegründet und 1989 auf interna- 15 16 WAS IST EIGENTLICH SLOW FOOD? tionaler Ebene erweitert. Slow Food Deutschland wurde 1992 etabliert und hat inzwischen rund 14 000 Mitglieder in 85 lokalen Gruppen. Die in den Städten und Regionen zusammengeschlossenen Gruppen, auch Convivien genannt, setzen die Slow Food-Prinzipien in die Tat um. Sie treffen sich regelmäßig, leben Geselligkeit, bauen Kontakte zwischen Erzeugern, Köchen, Händlern und Verbrauchern auf und fördern durch Veranstaltungen und Projekte das kulinarische Erbe. Und: Fast alle Convivien haben eigene Testgruppen, die das gastronomische Umfeld beobachten und empfehlenswerte Lokale für den Genussführer auswählen und testen. Unser Netzwerk umfasst Millionen von Menschen weltweit, die sich aus Überzeugung und Leidenschaft für gutes, sauberes und faires Essen einsetzen. Slow Food proklamiert das Recht auf Genuss, fordert gutes (und ausreichendes!) Essen für alle Menschen. Deshalb hat jeder Mensch die Verantwortung, das kulinarische Erbe, die Kultur und die Traditionen zu schützen, die diesen Genuss möglich machen. Mit jeder Mahlzeit entscheiden wir uns, ob wir eine vernünftige ökologische Landwirtschaft unterstützen oder endlose Monokulturen. Ob wir unser Geld einer familiengeführten Gaststätte geben oder einem multinationalen Konzern, der uns Einheitsessen vom Fließband verkauft. Der Slow Food-Genussführer spiegelt die Vielfalt der in unserem Sinn geführten Wirtshäuser, Restaurants und Weinstuben Deutschlands wider. Mit jedem Besuch eines Genussführer-Lokals unterstützen Sie auch eine lebendige und nachhaltige regionale Esskultur. Das ist nicht nur eine vernünftige Entscheidung. Das bereitet hoffentlich auch Vergnügen und ein wohliges Bauchgefühl. Anke Klitzing Leiterin des Pressereferats bei Slow Food Deutschland DIE ARCHE DES GESCHMACKS Kartoffeln und Linsen, Schweine und Rinder segeln zusammen im großen Rettungsboot Die Arche des Geschmacks In vielen Restaurantbeschreibungen dieses Genussführers tauchen plötzlich »Arche-Passagiere« auf, mit denen gekocht wird. Mal ist es die Alblinse*, »Albleisa« genannt, mal eine seltene Kohlsorte oder eine alte Rinderrasse. Wir wollen Ihnen an dieser Stelle erklären, was es mit der Arche, dem Rettungsschiff in Slow Foods Diensten, auf sich hat. Was verstehen wir landläufig unter einer Arche? Es ist ein Schiff, das in der Bibel während der großen Sintflut Menschen und Tiere an Bord genommen hat, um sie vor dem Ertrinken zu retten und nach der Flut einen Neuanfang des Lebens zu ermöglichen (von der Mitnahme von Pflanzen wird weder im biblischen Text noch auf Bildern berichtet). Das Symbol der Arche nahm Slow Food zum Anlass, 1996 das Projekt »Arche des Geschmacks« zu starten. Es sollte versinnbildlichen, dass Tiere, Pflanzen, aber auch Methoden und Techniken zum Herstellen von Nahrungsmitteln einen Platz zum Überleben brauchen und auf dieser Arche auch finden. Die Arche ist ein Beitrag zur Erhaltung der »Biodiversität«, also der Artenvielfalt. Das Aussterben von gefährdeten Rassen und Pflanzen kann unterschiedliche Ursachen haben. Sie liegen meist im veränderten Verbraucherverhalten. Alte Schweinerassen haben beispielsweise in der Regel ziemlich viel Fett auf den Rippen, die Verbraucher wollen aber mageres Fleisch. Sie verzichten dafür auch auf Geschmack – Hauptsache mager, auch wenn das Schnitzel zäh ist. Zu geringe Leistung ist eine andere Ursache für das Verschwinden bestimmter Sorten und Rassen. Alte Rinderrassen wie das Angler Rind alter Zuchtrichtung oder das Original Braunvieh aus dem Allgäu liegen mit einer Jahresleistung von 4 000 Litern Milch weit hinter den modernen Hochleistungsrindern. Sie bringen diese Milchleistung aber ohne hohen Kraftfuttereinsatz und in besserer Milchqualität. Außerdem bleiben sie länger fit und übertreffen in der Lebensmilchleistung ihre Hochleistungsverwandten bei weitem, da sie nicht nach drei Laktationszyklen schon zum Schlachthof wandern. Dennoch bleibt die moderne Hochleistungs- und Turbokuh das Maß aller Dinge. 17 18 DIE ARCHE DES GESCHMACKS Der veränderte Lebensstil verändert auch die kulinarische Landschaft. Noch vor 50 Jahren war beispielsweise die Bergische Kaffeetafel* fester Bestandteil des Lebens im Bergischen Land. Zu dieser kulinarisch üppigen Mahlzeit mit Kaffee, Backwaren, Marmelade, Wurst und Milchreis mit Zucker und Zimt gab es als festen Bestandteil die Burger Brezel*, eine aus Zwieback-Teig mehrfach aus der Hand geschlungene Brezel. Sie war identitätsstiftend für eine ganze Region und gehört heute zu ihrem kulinarischen Erbe. Doch durch die Veränderung des Lebensstils verschwand die Bergische Kaffeetafel mehr und mehr. Damit sank auch die Nachfrage nach der Burger Brezel, während die Nachfrage nach »Burgern« stieg. Das Ende vom Lied: Es blieben nur zwei Bäckereien übrig, die das Gebäck in Handarbeit herzustellen vermochten. Die Aufnahme der Brezel in die Arche des Geschmacks sorgte zusammen mit den Aktivitäten eines Fördervereins für neue Aufmerksamkeit in der Region und damit zu einer Renaissance der Burger Brezel. Zu geringe Erträge und aufwändige Handarbeit haben einer alten Kartoffelsorte fast den Garaus gemacht. Bamberger Hörnla heißt eine festkochende Kartoffelsorte, die sich durch hervorragenden Geschmack auszeichnet, aber in Anbau und Ernte große Herausforderungen an Erzeuger und Verbraucher stellt. Sie braucht nährstoffreiche, durchlässige Böden, sie ist nicht sehr groß, was der maschinellen Ernte nicht förderlich ist. Sie wächst auch noch krumm, was den Einsatz als Salzkartoffel fast ausschließt. Aber als geschnittene Pellkartoffel liefert sie wundervollen Kartoffelsalat. Die Nachteile bei Anbau und Verarbeitung und die mangelnde züchterische Bearbeitung hat ihren Anbau fast zum Erliegen gebracht. Auch hier hat die Aufnahme des Bamberger Hörnla als Passagier in die Arche die gewünschte Steigerung der Aufmerksamkeit bewirkt. Der Verbrauch stieg, die Virusfreiheit des Saatgutes wurde verbessert, und von der EU erhielt das Hörnla den Status einer G. g. A. – einer geschützten geographischen Angabe. Gefährdete Arten können auf verschiedene Weise erhalten werden. Entweder »ex situ«, das heißt außerhalb des natürlichen Verbreitungsgebietes, oder »in situ«, also innerhalb des natürlichen Biotops. In einem Fall erfolgt die Aufbewahrung in einer Samen- oder Genbank, im anderen Fall erfolgt die Erhaltung durch Anbau oder Vermehrung vor Ort. Letzteres führt dann ganz schnell dazu, dass man das, was man retten will, auch aufessen muss – denn was nicht verzehrt wird, wird auch nicht mehr lange angebaut. Die Arche des Geschmacks hat sich zum Ziel gesetzt, seltene Rassen, Pflanzen, Produkte, Anbau- und Herstellungsmethoden zu sammeln und zu beschreiben. Sie müssen vom Aussterben bedroht sein, aber sie müssen noch angebaut/ gezüchtet werden, also erhältlich sein und produziert werden. Nur, wenn noch ein gewisser Grundstock vorhanden ist, kann man durch Bekanntmachung die Nachfrage nach dem Passagier wecken und ankurbeln. Es können jedoch nicht nur einzelne Passagiere in die Arche aufgenommen werden, sondern auch Anbaumethoden, die regionaltypisch und landschaftsprägend sind. Ein Beispiel ist der Linsenanbau auf der Schwäbischen Alb. Dieser war noch bis in die 50er-Jahre des letzten Jahrhunderts weit verbreitet. DIE ARCHE DES GESCHMACKS Sinkende Nachfrage und aufwändige Kultivierung brachten ihn fast zum Erliegen. Die Aufnahme der auf der Alb erzeugten Linsen in die Arche des Geschmacks, zusammen mit der Entdeckung der Späth’schen Alblinsen I und II im Wawilow-Institut der weltweit größten Genbank für Pflanzen in St. Petersburg, brachten einen ungeahnten Aufschwung in den Linsenanbau der Schwäbischen Alb. Waren es im Jahr 2005 nur neun Betriebe, die auf 13 Hektar Linsen anbauten, so ist die Zahl bis 2015 auf 70 Betriebe mit einer Fläche von 150 Hektar nahezu explodiert. Dies ist eine der Erfolgsgeschichten dessen, was man mit der Arche des Geschmacks und dem Motto »Aufessen, was man erhalten will« erreichen kann. Vielleicht haben Sie jetzt Appetit auf die Arche bekommen, dann schauen Sie doch mal, welche der Restaurants mit Arche-Passagieren kochen! Hanns-Ernst Kniepkamp Leiter der Arche-Kommission 19 Baden-Württemberg Mannheim Ladenburg Heidelberg Neckargemün Leimen Hockenheim Angelbachtal Östringen Karlsruhe Heil Sternenfels Illingen Pforzheim Straubenhardt 8 Baden-Baden Bad Liebenzell Böblingen Rh e in Dobel 5 Freudenstadt 81 Ettenheim Villingendorf Dietingen Biederbach Elzach Kenzingen Freiamt Schramberg Ratshausen Emmendingen Königsfeld Vogtsburg VillingenLeibertingen Schwenningen Freiburg Kirchzarten Emmingen Ebringen Bollschweil Münstertal BodmanLudwigsh Blumberg Todtnau Schliengen Sulzburg Tunau Radolfzell Tengen Steinen Zelle Kandern Zell im Wiesental Moos See Stühlingen Schopfheim Weil Bankholzen Lörrach n Rhei Baden-Württemberg Tauberbischofsheim Weikersheim Dörzbach Mulfingen r cka Ne nd Schöntal Braunsbach 6 lbronn Löchgau Beilstein Schwäbisch Vellberg Hall 7 Bietigheim-Bissingen STUTTGART Fellbach Winterbach Esslingen Steinenbronn Steinheim Neckartailfingen Reutlingen Pfullingen Hayingen Ehingen Do n au Sonnenbühl Römerstein St. Johann Münsingen Blaustein Ulm Heiligenberg hafen Überlingen Deggenhausertal Salem er KonstanzFriedrichshafen Neukirch Bo Tettnang de nse Langenargen e Leutkirch 22 ANGELBACHTAL Heckerstuben im Wasserschloss Schlossstraße 1, 74918 Angelbachtal-Eichtersheim 0 72 65 / 49 99 07 [email protected] www.heckerstuben.de Größe: 60 Plätze Preise: Hauptgerichte 21 bis 27 € Kreditkarten: EC Öffnungszeiten: Mo, Do bis Sa 12 bis 14 Uhr und ab 18 Uhr, So, Feiertag ab 12 Uhr durchgehend; Ruhetag: Di, Mi Tafeln im Schloss! Das Wasserschloss Eichtersheim in der Gemeinde Angelbachtal im Kraichgau nahe Sinsheim liegt, wie es sein muss, von einem Wassergraben umgeben im Schlosspark. Das Restaurant »Heckerstuben« teilt sich die Schlossräume im Erdgeschoss mit der Ortsverwaltung und der Polizei. Übrigens: Friedrich Hecker, der badische Revolutionär von 1848, ist im Rentamt geboren, das gegenüber vom Schloss liegt. Heute lebt dort der Bildhauer Jürgen Goertz, dessen Werke im Schlosspark zu Diskussionen anregen. Die Wirtsleute Robert Petermann (Koch) und Isabell Landsgesell (Service) zogen 2007 in die Heckerstuben ein. Dezent konnten sie in den Gasträumen den Schlosscharakter erhalten. Die Beleuchtung ist angenehm, die Dekoration stilvoll und schlicht. Im Sommer sitzt man entspannt am Wasser. Petermann verzichtet konsequent auf Convenience und setzt, wann immer möglich, Bioprodukte und regionale Zutaten ein. Kraichgauer Ochsenfleisch und Wild aus heimischen Wäldern werden regelmäßig verarbeitet, das Gemüse wächst in Sichtweite. Die Speisekarte wechselt monatlich und mit der Saison und ist erfreulich übersichtlich. »Badisches« und »mal was Anderes« sowie vegetarische Gerichte machen neugierig. Der Gruß aus der Küche weckt den Appetit und wir löffeln andächtig eine feine Essenz vom Tafelspitz mit Markklößchen. Die im Glas servierte Erbsenschaumsuppe mit Einlage hebt den Geschmack der jungen Erbsen hervor. Wer sich nicht entscheiden kann, isst sich in Mini-Portionen quer durch die Vorspeisen. Nach diesem Auftakt sind wir gespannt auf die Hauptspeisen. Kalbsbäckchen in badischem Rotwein zart geschmort mit Schnittlauch-Kartoffelstampf und kleinem Gemüse liegen duftend auf dem Teller. Das Stück vom Hirschkalb, zart und rosa an Wirsinggemüse mit Biss und ungesüßten Preiselbeeren, Champignons, Esskastanien und selbst gemachten Schupfnudeln überzeugt ebenso wie die Kalbsleber, außen kross und innen zart, oder der Winterkabeljau auf Lauch-Tomatengemüse mit Senfschaumsoße. Glücklicherweise gibt es Kraichgauer Weine im offenen Ausschank, so kommt zu jedem Gericht der passende Wein ins Glas. Regionale und ausländische Weine werden natürlich auch in Flaschen angeboten. Als erfrischender Schlusspunkt ein hausgemachtes Sorbet. Guter Service! BAD LIEBENZELL 23 Monbachstraße 47, 75378 Bad Liebenzell-Monakam 0 70 52 / 23 67 [email protected] www.hirsch-genusshandwerk.de Größe: 35 Plätze und 12 im Nebenraum Preise: Hauptgerichte 18 bis 30 € Kreditkarten: EC Öffnungszeiten: Do bis Mo ab 17.30 Uhr, Sa, So 11.30 bis 14 Uhr und ab 17.30 Uhr; Ruhetag: Di, Mi ! Das Lokal liegt an der langen Hauptstraße des alten Ortskerns. Haus und Fassade sind eher unscheinbar. Innen gefällt die geschmackvolle Einrichtung, auch im stilvoll eingerichteten Nebenraum sind Tisch und Garderobe aus eigenem Holz hergestellt. Der »Hirsch« ist ein Familienbetrieb, bei dem tatsächlich die gesamte Familie um Koch Andreas Sondej eingebunden ist. Lieferanten sind in der Speisekarte gelistet. Zahlreiche Produkte wie Kräuter und Gemüse kommen aus eigenem Anbau. Der Inhaber und Küchenchef lebt seine Philosophie des Genusshandwerks mit klarer Linie: Statt des üblichen Speisekarten-Allerlei setzt er auf wenige, handwerklich gekonnt und kreativ umgesetzte Gerichte. Und was in den Kochtopf wandert, hat nicht nur Saison, sondern stammt zudem aus der Region oder wird selbst erzeugt. Einzige Ausnahme: Fisch. Den bezieht der Gastronom auch aus der Nordsee – eine Verbeugung vor der Sylter Küche, die er während der Ausbildung lieben gelernt hat. Die Gerichte verraten Einflüsse der gehobenen Gastronomie, in der Sondej früher tätig war. Nun hat er ihr eine entschieden regionale Bodenhaftung verliehen. Sondej ist Vertreter eines modernen Regionalitätsprinzips, das trotz heimischer Wurzeln nicht den Blick über den Tellerrand scheut. Aber immer leidenschaftlich daran festhält, dass nur hochwertige Ausgangsprodukte wirklich schmecken. Die Speisekarte mit einem Fischgericht, fünf Fleischspeisen sowie einem vegetarischen Angebot wechselt alle drei bis vier Wochen. Auf die versprochenen Genüsse stimmt das Entrée trefflich ein: ein Wintersalat oder eine fein abgeschmeckte Sauerkrautsuppe mit einer Einlage aus Blutwurst und Apfel. Vorzüglich auch die Hauptgerichte: So die interessante Komposition des Lehninger Landschweins mit fettem Speck, Datteln, Heckengäulinsen und Ziegenquark. Andere Gäste aßen mit Wonne Rinderfilet auf Kürbis. Im Frühjahr fanden wir Kalbsnieren in Senfsoße auf der Karte mit Steckrüben-Kartoffelstampf, Brotchips, gebratenen Schwarzwurzeln und kandierten Johannisbeeren. Abschließend mundeten das Hausgemachte Haselnussparfait und ein Birnensorbet. Hauptgerichte gibt’s auch als kleinere Menüportion. Bunt gemischte Weinkarte, Brände eigener Herstellung. Baden-Württemberg Gasthaus Hirsch NEU 24 BAD LIEBENZELL Gasthaus Lamm NEU Calmbacher Straße 23, 75378 Bad Liebenzell-Zainen 0 70 84 / 48 33 Keine Mailadresse www.gasthaus-lamm-zainen.de Größe: 25 Plätze Preise: Hauptgerichte ab 16 € Kreditkarten: Keine Öffnungszeiten: Do bis Sa ab 18 Uhr, So 17 bis 23 Uhr; Ruhetag: Mo bis Mi Das »Gasthaus Lamm« liegt nicht gerade auf dem Weg, es befindet sich eher abgelegen und beinahe versteckt in Zainen, einem höher gelegenen Ortsteil von Bad Liebenzell. Keinesfalls sollte man das Lamm links liegen lassen, der Besuch lohnt sich. Die Eigentümer Gudrun Rembold-Kast und Raymond Kast haben es verstanden, die rustikale Aura des alten Bauernhauses zu bewahren, aber geschmackvoll aufzuwerten. Wo kann man sonst unter einem Kronleuchter mit echten Kerzen ungezwungen sein Essen genießen? Einladend ist auch der an die Gaststube angrenzende Nebenraum mit uriger Wohnzimmeratmosphäre. Seit mehr als 25 Jahren hat sich hier ein früheres Lehrerehepaar seinen kulinarischen Traum verwirklicht – vom Klassenzimmer in die Gaststube: Fair verteilt, betreiben die beiden Inhaber im Wechsel Küche und Service und halten dabei gemeinsam Kurs auf eine bodenständige Küche mit handwerklich hohem Niveau. Dafür werden Produkte zweifelsfreier Qualität und, wenn möglich, regionaler Herkunft verarbeitet: Gemüse und Obst überwiegend in Bioqualität, Fleisch aus artgerechter Tierhaltung. Die Speisekarte wechselt regelmäßig und ist bewusst reduziert, mit einer kleinen, aber feinen Auswahl an Vorspeisen und Zwischengängen, etwa einer Gemüsesuppe, einem Forellentatar mit mariniertem Spargel und einer Champignon-Bärlauch-Lasagne. Bei unserem Besuch gab es gerade einmal drei Hauptspeisen. Die konnten allerdings überzeugen. Egal ob man sich für das vegetarische Gericht, eine feine Auberginen-Aprikosen-Komposition, entschied oder für eines der beiden Fleischgerichte wie den Tafelspitz mit Kräutersauce und Frühlingsgemüse oder die Entenbrustscheiben auf Pflaumensauce. Genuss war garantiert. Und als süßer Abschluss gefiel der Erdbeerflan auf Orangensauce. Die Weinkarte zeigt 70 Positionen, darunter ein Dutzend offener Weine, die mehrheitlich aus biologischer Produktion kommen. NEU Hauptstraße 89, 76534 Baden-Baden-Lichtental 0 72 21 / 7 23 33 [email protected] www.goldener-loewe-lichtental.de Größe: 4 Räume, 110 Plätze Preise: Hauptgerichte 13 bis 20 € Kreditkarten: Keine Öffnungszeiten: Mo, Di, Mi, Do, So von 11 bis 14 Uhr und ab 16.30 Uhr, Fr ab 17 Uhr; Ruhetag: Sa Nach einem romantischen Spaziergang entlang der Lichtentaler Allee erreicht man, vom Zentrum Baden-Badens kommend, die Zisterzienserinnen-Abtei Lichtenthal mit Grundschule, Gästehaus und Seminarräumen. Nur ein paar Schritte weiter steht seit fast 500 Jahren die »Gaststätte Goldener Löwe«. Es war das Lieblingsrestaurant von Johannes Brahms, der nicht weit entfernt wohnte. Familie Franz führt die Gaststätte mittlerweile seit mehr als 30 Jahren. Für die schwäbisch-badische Küche werden Produkte aus der Region bevorzugt und alte Gemüse- und Obstsorten verwendet. Stefanie Franz, gelernte Köchin, kocht mit Leidenschaft: »Haben Sie einen besonderen Wunsch, träumen Sie manchmal nachts von Leckereien, die Sie bei Ihrer Großmutter genießen durften? Wenden Sie sich an uns …« Gemeinsam mit Christa Franz führt sie die beliebte Gaststätte. Im Hauptraum mit einem großen Stammtisch, der immer besetzt ist, und in allen anderen Räumen sitzt man an alten, schön dekorierten Holztischen. Neben der Standardkarte gibt es wöchentlich eine Karte mit saisonalen und regionalen Speisen. Beliebt sind Hausgemachte Maultaschen – mit Zwiebelschmälze oder in der Brühe. Der Zwiebelrostbraten vom Weiderind von der Metzgerei Glasstetter in Völkersbach kommt mit Zwiebeln oder Kräuterbutter, Pommes frites oder kross gebratenen Bratkartoffeln, letztere sind ein Gedicht. Auch das panierte Schweineschnitzel mit Brot und Salat und das Cordon bleu mit Kroketten oder Bratkartoffeln sind fester Bestandteil der Speisekarte. Der saftige Wurstsalat mit und ohne Käse ergänzt das Angebot. In der Wochenkarte finden sich neben Lammbratwürsten und der Badischen Ochsenbrust mit Meerrettich auch eine Sülze der Metzgerei Glasstetter mit Radieschenvinaigrette und Bratkartoffeln. Als vegetarisches Angebot werden Spinatravioli mit geschmolzenen Tomaten, Basilikumrahm und Salatteller angerichtet. Zum süßen Finale ein Eis mit hausgemachtem Eierlikör und Sahne oder ein warmes Schokotörtchen mit Walnusseis. Die Lieferantenliste ist kurz, weil die Damen auf dem Markt einkaufen, Kräuter und Kleingemüse wachsen im Garten, Obst kommt von der eigenen Wiese. Wild liefert der Jäger aus der Region, Forellen die Fischkultur Oberbeuern. Baden-Württemberg Gaststätte Goldener Löwe BADEN-BADEN 25 26 BADEN-BADEN Restaurant im Golfclub NEU Fremersbergstraße 127, 76530 Baden-Baden 0 72 21 / 2 35 27 [email protected] www.restaurant-im-golfclub.de Größe: 80 Plätze Preise: Hauptgerichte 9 bis 20 € Kreditkarten: EC, Master, Visa Öffnungszeiten: Warme Küche 12 bis 14 Uhr und 18 bis 21.30 Uhr; Ruhetag: Mo Der 1901 gegründete Baden-Badener Golfclub ist der drittälteste in Deutschland. Auf Initiative des englischen Reverends T. Archibald S. White soll er Anfang des vorigen Jahrhunderts entstanden sein. Das Restaurant im Clubhaus wird seit vielen Jahren von Christine und Uli Krause bewirtschaftet und steht allen Besuchern offen, auch solchen, die noch nie einen Golfschläger in ihren Händen hielten. Das Ambiente ist gemütlich, im Winter flackert der offene Kamin und im Sommer lädt die schöne Terrasse unter alten Kastanien mit Blick in den Schwarzwald zum Entspannen ein. Die Küche verwöhnt Sie mit Produkten aus der Region, die hauptsächlich aus dem Baden-Badener Umland, aus der Ortenau und dem nahen Elsass bezogen und immer frisch zubereitet werden. Das Restaurant pflegt eine Partnerschaft mit Erzeugern und Lieferanten, darunter die Metzgerei Glasstetter, die Gemüselieferantin »Margots Paradies« und der Geflügelhof Siebert. Nur so, sagen die Krauses, kann Qualität gewährleistet werden. Spezialitäten im Herbst und Winter sind Enten und Gänse, die nach alter Tradition zubereitet werden. Probieren Sie als Vorspeise den Salat mit Carpaccio vom Brezelknödel und Pfifferlingen oder eine wärmende Rinderbrühe mit Backerbsen. Bei den Hauptgängen bietet die Karte neben klassischen Gerichten, wie Rindertafelspitz in Meerrettichsoße mit Roter Bete und Bouillonkartoffeln oder den deftig-rustikalen Blutwurstbratkartoffeln mit Spiegelei und Gewürzgurke auch Saisonales wie Spargel oder Wild. Beim preiswerten Mittagstisch landet auch mal ein aus der Hüfte geschnittener Zwiebelrostbraten mit Bohnen und Spätzle auf dem Teller. Der Dauerrenner bei den Desserts ist ein Espresso mit Vanilleeis. Nachmittags gibt es kleine Gerichte, Vesper und hausgemachte Kuchen. Kleine Weinkarte, auf der unter anderen auch der österreichische Veltliner-Spezialist Jurtschitsch zu finden ist. NEU Schienerbergstraße 23, 78345 Bankholzen am Bodensee 0 77 32 / 24 22 [email protected] www.zum-sternen.de Größe: 90 Plätze Preise: Hauptspeisen 10 bis 20 € Kreditkarten: EC Öffnungszeiten: Mo ab 17 Uhr, Mi bis Sa 11.30 bis 13.30 Uhr und 17.30 bis 20.30 Uhr, So 10 bis 21 Uhr; Ruhetag: Di ! Seit 130 Jahren bewirtet die Familie Bohner-Seibold den »Landgasthof zum Sternen« in der Ortsmitte von Bankholzen am westlichen Bodensee. Der Ort liegt am Fuß des Schienerbergs. Im Biergarten unter einer alten Kastanie oder in der Gaststube bekommen Sie badische und schwäbische Gerichte im neuen Gewand. Fleisch und Gemüse in Bioqualität stammen aus der Region, der Fisch vom Bodensee. Die Erzeuger, Fischer und Verarbeiter der Produkte werden auf der Karte namentlich genannt. Noch hält die langjährige Wirtin Brigitte Bohner-Seibold die Zügel in der Hand, aber in der Küche prägt Sohn Florian schon einen neuen Stil, ohne den langjährigen Stammkunden zu viel Veränderung zuzumuten. Gefallen hat uns die große Auswahl an knackigen, tagesfrisch geernteten Salaten mit »Vogelfutter« garniert. Und es gibt Bioerzeugnisse vom Schienerberg und von der Höri. Die Karte versammelt verschiedene Suppen und viele saisonale Gerichte wie etwa den Bärlauch-Pfannkuchen mit Spargel in Weißweinsud. Das Fischangebot richtet sich nach dem aktuellen Fang aus dem See. Uns gefielen Hechtklößchen in Weißherbstsoße mit wunderbar aromatischen Kartoffeln. Weitere Angebote sind die Wacholderschäufele*, zart geräucherte und gekochte Schweineschulter mit Kartoffelsalat, oder der Zwiebelrostbraten mit einer Soße, die binnen zwei Tagen ganz slow entsteht. Auch die Fleischmaultaschen werden mit dem äußerst beliebten Kartoffelsalat serviert. Vegetarier genießen die Höri-Tortilla-Kartoffel oder Rösti mit Appenzeller Käse und Ei. Bei den Desserts finden wir alle saisonalen Früchte, eingebettet in hauchdünne Pfannkuchen oder kombiniert mit Joghurt und Fruchtsaucen. Die Weinkarte listet Bodenseeweine, noch im echten Viertele ausgeschenkt, und frisch gezapfte Biere aus der Region. Der Service ist schnell, kompetent und freundlich. Baden-Württemberg Landgasthof zum Sternen BANKHOLZEN 27 28 BEILSTEIN Mayers Burgrestaurant Langhans 1, 71717 Beilstein 0 70 62 / 65 07 7 [email protected] www.burg-beilstein.de Größe: 90 Plätze im Restaurant, 55 im Gewölbekeller, 75 im Burghof Preise: Hauptgerichte 11 bis 23 € Kreditkarten: EC Öffnungszeiten: Mi bis Fr 11.30 bis 14 Uhr und 17.30 bis 22 Uhr, Sa und So 11.30 bis 22 Uhr; Ruhetag: Mo, Di Hoch über dem Weinort Beilstein, am Rande der Löwensteiner Berge, liegt – umringt von Weinreben – die Burg Hohenbeilstein. Das ökologisch wirtschaftende Schlossgut gleichen Namens befindet sich in unmittelbarer Nähe. Nicht zu vergessen die wunderschöne Aussicht von der Burg oder vom gemütlichen Burggarten. Auch ohne Restaurantbesuch lohnt ein Ausflug, mit Einkehr wird’s eine runde Sache. Im alten restaurierten Burggemäuer befindet sich die heimelige Burgstube, sie liegt über dem ausgebauten Kellergewölbe, das für spezielle Feiern genutzt wird. Schnuckelig grüßt der runde Kachelofen in der Stube mit seinen verzierten Suppenschüsseln. Die Decke ist hoch, den Gast erwartet ein passabler Mix aus Tradition und Moderne. Die übersichtliche Speisekarte bietet saisonale Monatsangebote und eine »Schwäbische Karte«. Der Inhaber betont den Einsatz regionaler Produkte und begrüßt uns mit einem luftigen Kräuterquark als Brotaufstrich. Die Steinpilzsuppe aus heimischen Steinpilzen mit Tiroler Speckknödel ist ein Gaumenschmeichler. Die Gebratene Lammleber auf Petersilienpüree ist ihren stolzen Preis wert und geschmacklich ein Gedicht. Besonderes Lob gebührt dem Karpfen mit selbst gemachter Remoulade und Kartoffelsalat. Der Karpfen kommt aus einer benachbarten Zucht und findet sich nur noch selten auf schwäbischen Speisekarten. Der Sauerbraten vom regionalen Weiderind entsprach den hohen Erwartungen, mit einer dunklen Soße, in der sich die Spätzle wohlfühlen. Dazu ein Salat mit pikant-säuerlicher Betonung. Alblinsen auf Saitenwürstle*, Paniertes Schnitzel, selbst gemachte Maultaschen oder Käsespätzle: Hier kommt der Genießer ebenso auf seine Kosten wie beim Siedfleisch aus dem Unterland oder den Medaillons vom Schweinelendchen. Die Salatesser waren am Ende wohl doch nicht ganz satt geworden und bestellten zum Nachtisch Geschmorten Pfirsich mit Karamelleis und Thymian-Butterstreusel. Ein süßer, wohlschmeckender Abschluss mit feinem Duft. Das Getränkeangebot ist reichhaltig und besonders bei den Weinen gut bestückt. Aus der Region und vom Schlossgut gibt es viele gute Tropfen, die probiert werden wollen. Die Bedienung ist freundlich und kompetent. Bei gutem Wetter sitzt man im Weinund Biergarten des Burghofs. BIEDERBACH 29 Dorfstraße 19, 79215 Biederbach 0 76 82 / 3 27 [email protected] www.hirschen-dorfmuehle.de Größe: 120 Plätze in Restaurant und Nebenzimmern Preise: Hauptgerichte 10 bis 20 € Kreditkarten: EC, Visa Öffnungszeiten: Mi bis Mo 9 bis 24 Uhr; Ruhetag: Di ! Die attraktive Lage des Landgasthofs von Paul und Renate Burger im Dorfmittelpunkt von Biederbach, im Herzen des Schwarzwalds, ist ein idealer Ausgangspunkt zum Wandern, Walken und Biken. Das familiär geführte, gemütliche Gasthaus liegt bei Elzach und ist im traditionellen Schwarzwälder Ambiente gestaltet, hell und freundlich. Auf der Speisekarte dominiert eine traditionell badische Küche: Fleisch- und Fischgerichte mit saisonalem Pfiff. Gekocht wird mit frischen Zutaten und regionalen Produkten der Umgebung. Auffallend sind die vielen Wildgerichte des Hauses. Reh, Hirsch und Wildschwein kommen von heimischen Jägern und werden im Haus verarbeitet. Das Lammfleisch stammt aus der eigenen, kleinen Schafzucht. Salate werden mit besonderen EssigSpezialitäten angerichtet. Auf der Saisonkarte fanden wir Zweierlei vom Biederbacher Bison: Geschmorte Keule mit Pilzen und Bison-Medaillon mit Kräutern gratiniert, dazu feines Gemüse und Dauphiné-Kartoffeln. Das Bisonfleisch stammt von Tieren aus ökologischer Aufzucht, die der Melcherhof in Biederbach liefert. Im Frühjahr gibt es Gefülltes Schweinefilet mit Frischkäse und Bärlauchnudeln. Den Frischkäse stellt die Hofkäserei Monte Ziego her, der Bärlauch wächst in den Wäldern des Elztales. Typisch für die Region sind auch die Maultaschen. Im »Hirschen« werden Maultäschle vom Lamm mit Zwiebelschmelze und buntem Salat serviert. Das hofeigene Lammfleisch wird auch zu Wurst und Schinken verarbeitet. Neben den Sitzplätzen im Gasthof bietet die Terrasse vor dem Haus viel sommerliche Schwarzwaldluft. Die Weinkarte listet vor allem badische Tropfen vom Kaiserstuhl und aus dem Markgräflerland. Der Gasthof hat sich dem Gemeinschaftsprojekt »Schmeck den Süden« angeschlossen. Baden-Württemberg Gasthof Hirschen-Dorfmühle 30 BIETIGHEIM-BISSINGEN Koppe‘s Tafelhaus - Restaurant & Bistro NEU Hauptstraße 32, 74321 Bietigheim-Bissingen 0 71 42 / 91 80 40 [email protected] www.koppes-tafelhaus.de Größe: 30 Plätze und die Terrasse Preise: Hauptgerichte 14 bis 30 € Kreditkarten: EC, Amex, Master, Visa Öffnungszeiten: Mo 11.45 bis 14 Uhr, Di bis Sa 11.45 bis 14 Uhr und ab 17 Uhr; Ruhetag: So, Feiertag »Koppe‘s Tafelhaus« befindet sich im ersten Stock eines renovierten spitzgiebligen Altbaus in der Hauptgeschäftsstraße der malerischen historischen Altstadt von Bissingen. Am Fuß der Außentreppe informiert ein Schaukasten über die zu erwartenden Genüsse. Zwei imponierende Soft-Leuchten begleiten den kurzen Aufstieg zur Eingangstüre. Der Gastraum ist schlicht, aber modern in warmen Farben eingerichtet und dezent dekoriert, ohne aufgesetzten Retrolook. Die schön eingedeckten Plätze mit Stoffservietten und Mühlen für Salz und Pfeffer wirken einladend. Das Speisenangebot gliedert sich in eine »Kleine Karte für jeden Abend« mit Suppen, verschiedenen Salaten und kleinen warmen Gerichten. Die Karte »Zeit zum Genießen« ist unterteilt in traditionelle und innovative Speisenangebote. Das Amuse-Gueule bestand aus einer Gemüsesuppe mit einem Stückchen Käse aus der Region. Das Schaumsüppchen von der Brunnenkresse aus Bissingen mit gerösteten Pinienkernen hatte einen aromatisch intensiven Geschmack. Das Original Wiener Schnitzel vom Hohenloher Kalbsrücken wurde von tadellosen Pommes Frites und einem leckeren Salat nach schwäbischer Art mit würzigem Dressing begleitet. Der Zwiebelrostbraten stammt von Rindern aus süddeutscher Zucht, reift im Dry-Age-Verfahren in einer Korntaler Metzgerei, also gleich um die Ecke, und verzückte durch seine zarte Konsistenz. Die selbst gemachten Spätzle und der köstliche Kartoffelsalat fanden große Zustimmung. Ohne die Hausgemachten Sorbets probiert zu haben, sollte man das Lokal nicht verlassen. Für Vegetarier gibt es regelmäßig ein eigenes Menü. Fazit: Alles war auf den Punkt gegart und geschmacklich vortrefflich, ein schöner Abend. Die kleine Weinkarte muss ohne Jahrgangsangaben auskommen, sie enthält verschiedene Tropfen vom lokalen Weingut Dautel, dazu die Weine einiger Genossenschaften. Der freundliche Service bemüht sich um die Gäste. Auf Wunsch gibt es auch kleinere Portionen.