SONNTAG, 22. AUGUST 2010 | NR. 228 MENSCHEN STYLE STYLE Mit Turban und Fussballtrikot am Herd: Argentiniens Starkoch Chakall. SEITE 4 Gewachsene Schönheit: Neue Kosmetika setzen auf natürliche Inhaltsstoffe. SEITE 7 Für einen starken Auftritt und ein gutes Gewissen: Bio-Baumwolle ist in. SEITE 9 REINES GEWISSEN Echte Herausforderung PET-Flaschen, Aludosen, Glas – täglich sind wir von unzähligen Materialien umgeben, die zu recyceln sich lohnt. Doch sammeln allein genügt nicht. Es braucht Innovationen, um aus dem Gesammelten Neues zu machen. Von Astrid Hüni Alle kennen ihn, den mehr oder weniger lästigen Gang zur PET-Sammelstelle, zum Glascontainer und zur Alumulde. Für viele ganz selbstverständlich, der erste Gang vor dem Wocheneinkauf, andere sehen diese «Bürgerpflicht» als gesellschaftlichen Anlass und als Möglichkeit zum kurzen Schwatz mit dem lange nicht mehr gesehenen Nachbarn. Längst ist sie eingeläutet, die Ära, in der Umweltbewusstsein, Umweltfreundlichkeit und Nachhaltigkeit eine immer entscheidendere Rolle spielen. Es sind längst nicht mehr nur Ökos in Sandalen und Handgestricktem, die sich am Sammelcontainer anstellen und recyceln. Umweltschutz und Recycling ist in – und damit auch zu einem lohnenden Geschäft geworden. Kleines Land als Vorreiter Recycling ist mittlerweile ein wichtiges Element im Wirtschaftskreislauf.Wir Schweizer sind Weltmeister im Sammeln und Recyceln von Verpackungsmaterialien. Insgesamt wurden hirzulande im letzten Jahr rund 38 000 Tonnen PET gesammelt. Das entspricht einerVerwertungsquote von 81 Prozent. Und das Beste daran: Dank dieses PET-Recyclings konnten 36 Millionen Liter Erdöl eingespart werden. Eine Menge, die ausreichte, um alle Haushaltungen im Kanton Appenzell Ausserrhoden ein Jahr lang zu heizen. Aber nicht überall auf der Welt sind die Menschen so Recyling-freudig wie in der Schweiz – sonst hätte Bankiersohn und Öko-Aktivist David de Rothschild nicht mit seinem auf alten PET-Flaschen basierenden Katamaran «Plastiki» über den Atlantik schippern müssen, um auf die Verschmutzung der Meere aufmerksam zu machen und gleichzeitig ein Zeichen für ein verbessertes Recycling-Bewusstsein zu setzen. Innovationen sind (nach wie vor) gesucht Erfreulich aber, dass in der westlichen Welt neben dem Umweltbewusstsein auch der Recycling-Gedanke stetig wächst. Ein Beispiel dafür haben wir in der spanischen Tabernas-Wüste gefunden: Für Francisco Martínez-Cosentino, Firmenchef von Cosentino, einem Hersteller von Küchenabdeckungen, ist Recycling eine Technologie mit Zukunft. Seit gut einem Jahr ist sein Unternehmen mit einem neuartigen Material auf dem Markt, das zu 75 Prozent aus recycelten Materialien wie Spiegel, Glas, Porzellan, Steingut und verglaster Asche besteht. «Wir beweisen damit unsere Verpflichtung gegenüber dem Grundsatz, Umweltbewusstsein, Umweltfreundlichkeit und Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt unserer Entwicklung zu stellen», sagt Martínez-Cosentino. «Nachhaltiges Konsumverhalten rückt immer mehr in den Mittelpunkt.Wir müssen uns täglich fragen, wie können wir unser Konsumverhalten fördern und vor allem verändern», so Martínez-Cosentino. Laut Zukunftsforschern führt der erste Schritt in Richtung der Änderung von Herstellungsprozessen. Aber auch die Verbrauchergewohnheiten werden sich in den kommenden Jahrzehnten grundlegend ändern müssen. Recycling und Wiederaufbereitung ist Herausforderung, nicht Last Recycling ist zu einem elementaren Teil der Gesellschaft geworden. Fachleute nennen das Sammeln und Verwerten intelligentes Abfallmanagement. Eine neue Generation von Verbrauchern versteht dies als Herausforderung. Es geht darum, den Lebenszyklus eines Produkts als ganzheitlichen Prozess zu betrachten, in welchem Recycling undWiederaufbereitung eine zentrale Rolle spielen. Darin eingeschlossen ist auch der Anspruch ans Design. REINES GEWISSEN A L A I N PA S S A R D DIE SÜDOSTSCHWEIZ AM SONNTAG | 22. AUGUST 2010 2 Genussreicher Leitfaden gegen die Müdigkeit Alain Passard, Eigentümer des Pariser 3-Sterne-Restaurants «Arpège», hat die Gastronomie mit seinen «Haute Couture»-Gemüsemenüs revolutioniert. «Um die Müdigkeit zu besiegen, müssen wir das Geniessen neu lernen», sagt er. Hier verrät er seinen Leitfaden gegen Müdigkeit. «Müdigkeit macht sich natürlich in erster Linie durch äussere Anzeichen bemerkbar. Man sieht sie im Gesicht. Möglich, dass ich aus diesem Grund keinen Spiegel im Badezimmer habe … Ich bin fest davon überzeugt, dass man durch die Verwertung natürlicher Ressourcen, insbesondere des unendlichen Reichtums von Früchten und Gemüse, sein persönliches Gleichgewicht finden kann. Müdigkeit ist auch ein psychologisches Phänomen. So ging es mir jedenfalls 1999. Ich hatte es satt, Fleisch zuzubereiten, ich habe überhaupt keine Freude mehr dabei empfunden. Aus diesem Grund habe ich es von meiner Karte verbannt und mich dem Gemüse zugewandt. Ich hatte viel zu entdecken und neu zu entwickeln. So habe ich meine alte Form wiedererlangt! Im Rhythmus der Jahreszeiten zu leben und sich zu ernähren, ist meiner Meinung nach die beste Methode, um Stress und Müdigkeit zu bekämpfen.» Das Leben des Gasts verschönern «Eine Frau, die müde mein Restaurant betritt, erkenne ich sofort. Meine ganze Aufmerksamkeit gilt nun vor allem ihr, denn ich möchte sie unbedingt wieder zum Lächeln bringen. Meine Aufgabe ist es, ihr Leben während der Mahlzeit zu verschönern, sie ihre Sorgen vergessen zu lassen. Und wenn es mir gelingt, empfinde ich eine unglaubliche Freude! In meinem Küchenteam ermüden die Männer sehr viel schneller als die Frauen. Im täglichen Leben allerdings auch. Die Kehrseite der Medaille ist, dass bei Frauen, die wirklich erschöpft sind, die Reaktion sehr viel heftiger ist. Wir Köche bezeichnen den Moment, in dem an alle Tische gleichzeitig serviert wird, als ‘die heisse Phase’.Vorspeisen, Hauptgänge und Desserts müssen dann synchron aufgetischt werden. Ich versuche immer, in diesen Momenten möglichst keine zusätzlichen Spannungen zu erzeugen, was nicht immer leicht ist … Ich habe den Eindruck, dass sich die meisten modernen Frauen heute permanent in der ‘heissen Phase’ befinden: Sie bringen täglich Freunde, Bezie- naturbelassen wie möglich zu verarbeiten. Spargel gare ich aus diesem Grund vertikal: zwei Stunden auf ganz kleiner Flamme in ein wenig Butter und Champagner. Das Ende ist knusprig, der Schaft lauwarm und der Kopf fast roh. Köstlich! Wechseln Sie den Rhythmus: Das grösste Kochvergnügen sind für mich das Grillen und die Bratenzubereitung. Hier geht es darum, die Hitze im richtigen Moment zu regulieren, je nach Rezept und Gemüsesorte zu variieren, besonders lange Garzeiten, das Schmoren und Anbraten oder starke Hitze auf kleine Flamme zu reduzieren … Frauen, die in ihrem Leben immer auf Hochtouren laufen, brauchen zwangsläufig Pausen und Zeit für sich. Sie sollten wissen, wie man das Tempo und die Hitze im Leben reguliert und sich klar machen, dass man sehr viel leistungsfähiger und ausgeruhter ist, wenn man ab und zu die PauseTaste drückt. Das ist wie beim Grillen. Erfrischen Sie sich unter der Dusche: Ich finde, es gibt nichts Belebenderes als zu duschen. Baden mag ich überhaupt nicht. Ein Bad macht meiner Meinung nach eher schlapper, und ich persönlich fühle mich danach wie ein dampfgegarter Chicoree. Spitzengastronom Alain Passard bezeichnet sich als Vollzeitgärtner: «Seit ich drei Gemüsegärten besitze, habe ich die Sinnlichkeit der Erde schätzen gelernt. Einen Tag im Garten zu verbringen, ist für mich die reinste Verjüngungskur.» hung, Arbeit und Kinder unter einen Hut, und sie lieben dieses Leben! Aus diesem Grund glaube ich, dass die Natur vor allem über die Ernährung, aber sicherlich auch über kosmetische Produkte auf Basis von pflanzlichen Inhaltsstoffen für sie eine Wohltat ist.» Rezepte für Herd und Leben «Um die Müdigkeit zu besiegen, müssen wir meiner Meinung nach erst einmal neu lernen, uns zu ver- wöhnen. Bequemlichkeit und alltägliche, festgefahrene Gewohnheiten müssen wir hinter uns lassen, um Spass am Genuss guter Lebensmittel zu haben und um richtig kreativ sein zu können. Verfeinern Sie Ihre Küche leise und diskret: Ich mag dieAusstrahlung natürlicher Frauen. Durch ihre Ausdruckskraft und Frische erscheinen sie hellwach. In meiner Küche achte ich sehr stark darauf, die Produkte so Gehen Sie auf Endeckungsreise: Um Energie zu tanken und neue Ideen zu entwickeln oder andere Dinge in mir zu entdecken, fahre ich einmal im Monat ins Ausland. Ich lerne neue Leute kennen, andere Produkte, andere Arten der Zubereitung, und das tut wahnsinnig gut! Man kann aber auch sehr weit reisen, indem man eine Ausstellung im Museum gleich um die Ecke besucht oder ein Wochenende auf dem Land verbringt … Deshalb fahre ich auch so oft in die Bretagne. Wagen Sie neue Wege: In einer Küche bereitet mir kaum etwas grösseren Spass, als für Unordnung zu sorgen. Das kann man auch auf das tägliche Leben anwenden. Verwöhnen Sie sich mit verrückten Dingen, um die Nerven zu stimulieren. Ich liebe es, meine Gäste mit ungewohnten Kombinationen wie Schokoladen- karotten oder Gemüse-Sushi mit Orléans-Senf zu überraschen. Sport macht wach: Ich bin überzeugt, dass sportliche Aktivitäten Müdigkeit reduzieren und fit halten. Ich gehe Fallschirmspringen, habe schon über 1000 Sprünge hinter mir und finde es immer noch spannend, ins Leere zu springen und mich vom Luftstrom tragen zu lassen. Wechseln Sie Ihren Look: Ich beneide Frauen darum, dass sie sich mit fast nichts komplett verwandeln können. Ein neuer Duft auf ihrer Haut, eine andere Farbe als das ewige Schwarz, das sie viel zu oft tragen … Manchmal braucht es nicht viel, um die Wahrnehmung anderer Menschen oder Dinge zu beeinflussen. MeineApfeltarte Bouquet de roses entspricht genau diesem Konzept. Ein neu interpretierter Klassiker. Oft reicht ein bisschen Fantasie, um neue Energie zu tanken. Die Persönlichkeit des Brokkoli «Ich befasse mich gerne mit vergessenen Gemüsesorten wie zum Beispiel dem Brokkoli. Er ist ein sehr schönes und interessantes Gemüse, aber noch viel zu unverstanden. Ich liebe es, ihn zu variieren, doch um die Quintessenz aus ihm herauszuholen, dieses leicht blumige Aroma von Heidekräutern, bedarf es sehr viel Fingerspitzengefühl. Brokkoli wird meist durch Dampfgarung malträtiert, durch die er seine ganze Persönlichkeit verliert. Ich finde, dass man seine Vorzüge sehr viel besser herausarbeitet, indem man ihn räuchert, gratiniert oder flambiert, also ein bisschen Kreativität einbringt. Brokkoli sprudelt geradezu vor Vielseitigkeit, denn er verleitet zu einzigartigen Kombinationen. Er entfaltet seine ganze Persönlichkeit am besten mit anderen Elementen. Zum Beispiel mit einer Austernemulsion und etwas Essig sowie Muscadet. Das reinste aromatische Feuerwerk! Im ‘Arpège’ bereiten wir ihn häufig als Mousseline zu. Aber auch als wunderbares ‘Brocolisotto’, ein Risotto, in dem der Brokkoli den Reis ersetzt. Das erfordert natürlich höchste Sorgfalt beim Schneiden und Verarbeiten.» HAUTPFLEGE Frischekick für das Gesicht der Generation 30+ Dem Gesicht ist die Müdigkeit der Haut zuerst anzusehen. Unausgewogene Ernährung, Tabak, Alkohol, Termindruck, Umweltverschmutzung, Schlafmangel – die Haut leidet immer. Sie ist in der körpereigenen Versorgungskette die erste, die mit Giftstoffen in Kontakt kommt, und die letzte, die mit Nährstoffen versorgt wird. Kann sich der Körper nicht mehr vollständig regenerieren, wird die Müdigkeit sichtbar. Das Leben heutiger Frauen zwischen 30 und 40 ist vollgepackt mit den genannten Stressfaktoren. Die Generation 30+ profitiert von den Errungenschaften der Frauenbewegung. Die Folge davon: Diese Frauen wollen (zu) viel unter einen Hut bringen. Und irgendwann beim Blick in den Spiegel stellen sie fest, dass ihre Haut müde wirkt. Erste Alterserscheinungen? Kosmetikhersteller Biotherm bekämpft die sichtbaren Zeichen müder Haut mit Hilfe von Frucht- und Gemüsewirkstoffen. Da auch SpitzengastronomAlain Passard auf Gemüse setzt, spannt man zusammen. Er ist Botschafter der Frischekosmetik «Skin.Energic». fam Serum, Tages- und Nachtcreme: Ab Oktober ist die Biotherm-Pflegelinie gegen müde Haut «Skin.Ergetic» erhältlich. REINES GEWISSEN RECYCLING DIE SÜDOSTSCHWEIZ AM SONNTAG | 22. AUGUST 2010 3 Schutt und Asche in der Küche Eine moderne, hochwertige Küchenabdeckung aus Altglas, Glasasche und alten Spiegeln herzustellen liegt im Trend. Dem spanischen Marmorspezialisten Cosentino ist es gelungen, in einem völlig neuen Verfahren den Ansprüchen von Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein gerecht zu werden. Von Astrid Hüni In unseren Breitengraden ist der Süden Spaniens, namentlich die Gegend um die StadtAlmería, vor allem durch die riesigen Gewächshäuser bekannt. Kommen doch viele der hierzulande gegessenen Tomaten, Peperoni und anderen Gemüse von dort. Die Gegend ist heiss und sehr trocken; kein Wunder, befindet sich in dieser Ecke zwischen Granada und Valencia auch die einzige Wüste Europas, die Desierto de Tabernas. Rund 3000 Sonnenstunden pro Jahr sind die Regel. Die auf den ersten Blick öde wirkende Landschaft hat es aber in sich.Wegen ihrer Ähnlichkeiten mit dem «Wilden Westen» Nordamerikas sowie den Wüsten Nordafrikas und Arabiens dient die Desierto de Tabernas seit den Fünfzigerjahren als Drehort für zahlreiche hochkarätige Filme undWestern. Hier sind «Lawrence von Arabien», «Für eine Handvoll Dollar», «Indiana Jones und der letzte Kreuzzug» sowie viele weitere Kassenschlager entstanden. Der grosse «Paco» Aber in dieser Gegend gibt es neben Hollywoodträumen noch einen anderen wertvollen Schatz: Marmor. Dessen Abbau hat in den Steinbrüchen von Macael bei Almería seit Jahrhunderten Tradition. Seit mehr als 50 Jahren mischt die Familie Cosentino im Marmorgeschäft mit. Umsichtiges Wirtschaften und Investition in neue Technologien lassen das Familienunternehmen stetig wachsen. «Cosentino musste in seiner langen Geschichte aber auch einige herbe Rückschläge einstecken, und einmal stand ich kurz davor, alles zu verlieren», sagt Francisco «Paco» Martínez-Cosentino, der Patron der Firma. Aber weil er sich auf seine Familie – zu der er auch alle Mitarbeiter zählt – verlassen konnte, fand der beeindruckende Unternehmer auf die Gewinnerstrasse zurück. 2008 wurde der gebürtige Andalusier von «El Mundo» gar zum «Unternehmer derWelt» ernannt. Mit viel unternehmerischem Gespür führt der charismatische Firmenchef sein Imperium. Heute ist Cosentino einer der wichtigsten Arbeitgeber in der sonst wirtschaftlich schwachen Region um Macael. Der Durchbruch gelang Cosentino aber nicht mit Mar- Charismatischer Firmenchef: Francisco «Paco» MartínezCosentino. mor und Granitsteinen, sondern mit einer revolutionären Erfindung. «Ich achte stets darauf, in immer neue Technologien zu investieren», erklärt Martínez-Cosentino. Lange haben die Cosentino-Forscher getüftelt und ausprobiert, nach vielen Versuchen ist es 1990 geglückt: Das Unternehmen entwickelt Silestone, eine künstlich hergestellte Steinabdeckung aus Quarz. Diese Erfindung katapultierte Cosentino zum weltweiten Marktführer in Sachen Steinoberflächen. Innovativ ins neue Jahrtausend Silestone ist eine besonders harte Steinplatte, ideal für Küchenoberflächen, aber auch für Wandabdeckungen, Lavabos oder Duschen. Es besteht zu 93 Prozent aus natürlichem Quarz. Quarz ist nach Diamant eines der härtesten Minerale. Aufgrund seiner Härte und der extrem dichten Oberfläche, die eine feuchtigkeit- und schmutzabweisende Funktion hat, ist Silestone ein sehr pflegeleichtes, kratzfestes und langlebiges Produkt. Zudem ist die Arbeitsplatte mit Microban, einem integrierten Hygieneschutz, ausgestattet. Die antibakterielle Silestone-Arbeitsplatte wurde vom US-amerikanischen Nachrichtenmagazin «Time» als «eine der sieben herausragendsten technologischen Erfindungen des 21. Jahrhunderts» bezeichnet. «Wir stehen am Beginn einer neuen Ära», ist sich Francisco MartínezCosentino sicher. Umweltbewusstsein, Umweltfreundlichkeit und Nachhaltigkeit spielen in der modernen Gesellschaft eine immer wichtigere Rolle. Diese Grundsätze setzt Cosentinos Firma durch konsequentes Recycling um. Vor gut einem Jahr wurde die Oberfläche Eco entwickelt, ein Kunststein, der zu rund 75 Prozent aus rezyklierten Materialien besteht, ein Mix aus Altglas, gebrauchten Spiegeln, Glasasche und Keramik. Im ersten Produktionsjahr sind 65 Millionen Altglasflaschen, 530 Kubikmeter Glasasche, zwei Millionen Quadratmeter Spiegel und eine grosse Menge Keramik verarbeitet worden. Die restlichen 25 Prozent der Bestandteile setzen sich aus Natursteinen und natürlichen Harzen zusammen. Mit Eco entspricht Cosentino einem zunehmenden Bedürfnis und der wachsenden Nachfrage nach ökologischen Produkten – davon ist nicht nur der Firmenchef überzeugt. Ein grosser Treffer Mittlerweile beschäftigt die Firma über 2500 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, weitere Expansionen sind geplant. Am Hauptsitz werden in den nächsten zwei Jahren zwei weitere Fabrikationshallen sowie ein zusätzliches Logistikzentrum er- stellt. «Aber auf dem Erfolg von Silestone dürfen wir uns nicht ausruhen», sagt der Firmenchef und blickt dabei bereits in die Zukunft. Und er fürchtet sich dabei auch nicht vor der Konkurrenz aus Fernost: «Nur billig zu produzieren reicht in unserem Segment nicht aus», sagt MartínezCosentino, «unser Name steht für höchste Qualität und Verlässlichkeit, und das ist unser Kapital, das nicht kopiert werden kann.» Mit Silestone und Eco hat Cosentino das sprichwörtliche Goldkörnchen in der Wüste gefunden. Dieser Schatz will gehütet werden. «Das Herstellungsprinzip ist geheim, und wir hüten das Verfahren wie unseren Augapfel», führt Jan Schuitemaker von Cosentino aus. Der gebürtige Holländer lebt seit bald 30 Jahren im Süden Spaniens und fühlt sich hier heimisch. Eine seiner grossen Leidenschaften sind Filme. Schuitemaker hat es sich zum Hobby gemacht, in der Freizeit in und um seine neue Heimat Almería nach Schauplätzen von Hollywoodstreifen Ausschau zu halten. Das Gespräch mit ihm wird dann auch richtig spannend, als er beginnt Dutzende von Filmen aufzuzählen – unter anderem «Conan, der Barbar» – und gleich auch die entsprechenden Szenen zu beschreiben, die nur wenige Kilometer vom Hauptsitz seines Arbeitgebers gedreht wurden. Eco ist das jüngste Kind aus der umfangreichen CosentinoFamilie. Die Küchenabdeckung wird aus Altglas, alten Spiegeln, Glasasche und Keramik hergestellt. Der Hauptsitz von Cosentino liegt in einer der sonnenreichsten Gegenden Spaniens in Almería. MENSCHEN K A F F E E K L AT S C H M I T … DIE SÜDOSTSCHWEIZ AM SONNTAG | 22. AUGUST 2010 Chakall H A P P Y B I R T H D AY Mats Wilander Weltenbummler, Musiker, Paradiesvogel – all diese Bezeichnungen treffen beim argentinischen Koch mitten ins Schwarze. In Portugal bereits ein Star, macht sich Chakall nun auf, auch das deutschsprachige Europa zu erobern. Von Astrid Hüni Sich mit ihm zu einem Gespräch zu treffen ist, wie wenn man sich mitten in einen Haufen geschäftiger Ameisen setzen würde. Stillzuhalten ist nicht seine Stärke. Er ist der Exot unter den Spitzenköchen Europas: Chakall. Eigentlich stammt der quirlige Topfkünstler aus Argentinien, in seinen Adern fliesst aber auch indianisches, französisches, baskisches, galizisches, italienisches und nicht zuletzt auch Schweizer Blut. Einer seiner Grossväter war Schweizer – und nach Argentinien ausgewandert. «Gemeinsam kochen verbindet» Wir treffen uns am Rande einer Kochveranstaltung, an der Chakall gemeinsam mit rund 20 Personen ein Essen inklusive Apéro und Dessert zubereitet. «Das mag ich am liebsten, gemeinsam kochen verbindet», sagt er. Die mitkochenden Laien profitieren dabei vom Wissen des Profis. Trifft man den 38-Jährigen zum ersten Mal, überrascht er einen mit einer speziellen Mischung aus stechendem Blick und herzhaftem Lachen. Ein orientalisch anmutender Turban auf dem Kopf und eine gute Portion Humor sind Chakalls Markenzeichen. Eigentlich passt er so ganz und gar nicht in das Bild, das man landläufig von einem Gourmetkoch hat. Auch wenn man schon einige schräge Vögel der Kochzunft getroffen hat, für Chakall trifft ein Attribut ganz sicher nicht zu: Durchschnitt. Eigentlich nicht weiter überraschend, dass er beim Interview seine Gesprächspartner ganz unorthodox zum Tomatenschneiden auffordert. «Ich brauche Musik» Plötzlich schallt südamerikanische Musik durch die Küche. Ein lachender Chakall fordert auf: «Noch mehr Tomaten.» Die Musik kommt von seinem Laptop, der ist vollgepumpt mit heissen Rhythmen: «Ich brauche Musik, wenn ich koche. Also eigentlich brauche ich immer und für alles Musik», doppelt Chakall nach. Dass der umtriebige Zauberer am Herd hierzulande noch beinahe unbekannt ist, überrascht. In seiner Wahlheimat Portugal ist er nämlich ein richtiger Star, mit eigener Kochsendung und eigenen Kochbüchern. Eines dieser Bücher – «Chakall kocht» (Dorling Kindersley Verlag) – erscheint im September endlich auch in deutscher Sprache. Dann können Kochbegeisterte hierzulande à la Chakall kochen. Aber nur Kochen allein genügt dem Rastlosen nicht. Der «Koch-Autodidakt» schreibt Reiseberichte und Kolumnen für diverse Zeitungen, betreibt ein Catering-Unternehmen und ein Sterne-Restaurant in Lissabon sowie ein Restaurant in Porto, und im Herbst wird er sein erstes Bistro in Berlin eröffnen. Dort lebt der Argentinier, wenn er gerade mal nicht in Portugal oder auf Reisen ist, gemeinsam mit seiner Frau, der deutschen Schauspielerin Svenja Beneke und den drei gemeinsamen Kindern Zoél, Soluna und Leanne. Das Kochen, die Welt, der Turban Kosmopolit ist Chakall nicht nur wegen seiner Herkunft, er ist ein echter Weltenbürger. Bereits über 100 Länder hat er bereist. Angenehmer Nebeneffekt: Er spricht sechs Sprachen fliessend – Französisch, Portugiesisch, Deutsch, Spanisch, Englisch und Arabisch. Sein Markenzeichen, der Turban, ist darum auch kein Mode-Gag, sondern das Mitbringsel von einer zweijährigen Afrikareise, die Chakall mit seinem alten Land Rover vor einigen Jahren unternommen hat. Mit dem Turban schützte er sich auf dem heissen Kontinent vor der Hitze, «und ich hasse Kochmüt- 4 Mats Wilander wuchs in der südschwedischen KleinstadtVäxjö auf und spielte bereits imAlter von 15 Jahren sein erstes Match auf der ATP-Tour. Ihm gelangen in seiner Karriere als Tennisprofi 33 Turniersiege, unter anderem auch sieben Grand-Slam-Titel, sowie drei Davis-Cup-Siege mit dem schwedischen Team. Wilander stand 20Wochen an der Spitze der ATP-Weltrangliste. Nach vielen sportlichen Höhepunkten folgte 1995 der Tiefpunkt: Wilander wurde bei den French Open positiv auf Kokain getestet. Im Jahr darauf beendete er seine aktive Karriere, blieb aber dem Tennis weiter eng verbunden. Er arbeitete bis letzten Oktober als schwedischer Davis-Cup-Kapitän und Trainer. Wilander lebt mit seiner Frau Sonya und vier Kindern in den USA. Name: Chakall Alter: 38 Jahre Nationalität: Argentinien Wohnorte: Berlin, Porto und Lissabon Arbeitsort: Gourmetrestaurant «Quinta dos Frades», Lissabon zen», sagt er. «Da kam derTurban gerade recht, ich habe ihn behalten und trage ihn nun auch bei der Arbeit in der Küche.» Fussballtrikot statt Kochbluse Schwungvoll werden nun den klein gehackten Tomaten Knoblauch, Oregano, Salz, Zucker und Olivenöl untergemischt. Chakall hat aber nicht nur seine Kochtöpfe im Griff. Er ist auch ein grossartiger Entertainer und – wie es sich für einen echten Südamerikaner gehört – ein angefressener Fussball-Fan. Darum trägt er gerne zu Kochjacken umfunktionierte Fussballshirts. Sein Sponsor Puma hat diese eigens für ihn entworfen. Bei unserem Treffen trägt Chakall das Nationaltrikot Kameruns. «Ich habe aber auch ein Schweizer Shirt, ist doch logisch.» Aber eigentlich schlägt sein Fussballerherz für Argentinien – für Messi und Co. So ganz nebenbei verrät der ehemalige Musikjournalist Chakall, dass er auch noch ein Instrument spielt.Welches? «Ich zupft die Sitar, ein indisches Instrument, das mindestens 19 Saiten hat.» Kochen und Spass «Lauter!» ruft Chakall plötzlich. Sein Assistent lässt heisse südamerikanische Rhythmen durch die Küche hallen, Chakall springt auf und beginnt zu tanzen. Er fordert die Umstehenden auf, ebenfalls die Hüften zu schwingen. Und so endet ein aussergewöhnliches Gespräch unter fröhlichem Lachen. Aus den klein geschnittenenTomaten sind mittlerweile köstliche Bruschette geworden. Quinta dos Frades Geboren: Wohnort: Beruf: am 22. August 1964 in Växjö, Schweden Sun Valley, US-Bundesstaat Idaho Tennisspieler (ATP Champions Tour), Tennistrainer KNIGGE Blumen schenken Sie sind ein wunderschönes Geschenk, doch viel zu oft müssen Blumen auch aufgrund von Ideenlosigkeit als Notnagel-Präsent herhalten. Wer bewusst einen Strauss schenkt, sollte darauf achten, zum Anlass passende Blumen zu wählen. Dann bleibt das Geschenk nämlich in guter Erinnerung und sichert Sympathien. Noch im 18. Jahrhundert war die Sprache der Blumen allgemein bekannt. Jeder Haushalt, der etwas auf sich hielt, besass ein damals übliches Buch der Blumensprache. Eine eindeutige Sprache sprechen Rosen. Sie stehen für grosse und leidenschaftliche Liebe. Sie sollten wirklich nur für Liebeserklärungen gewählt werden. Ganz wichtig: Im Geschäftsleben niemals Rosen verschenken. Und selbst wenn es keine Rosen sind, sollte mit einem roten Strauss vorsichtig umgegangen werden. Rot signalisiert Leidenschaft oder Liebe, besonders wenn im Strauss Gladiolen, Dahlien, Gerbera oder rote Nelken enthalten sind. Andersfarbige Rosen gelten zwar nicht als Liebesbeweis, aber doch als Bitte um oder als Zeichen von Zuneigung, Verehrung, Nähe oder Freundschaft. Deswegen sollte man Fremden oder gar Geschäftspartnern niemals Rosen schenken. chch Beilage zur «Südostschweiz am Sonntag» Redaktion: Mirjam Fassold (Leitung), Astrid Hüni Im Herzen von Lissabon betreibt Chakall eines der besten Restaurants der portugiesischen Hauptstadt. Im «Quinta dos Frades» serviert er seinen Gästen das ganze Spektrum seines Könnens. Er überzeugt durch Kreativität und Innovation. Das Restaurant des jungenArgentiniers ist in kürzester Zeit zum kulinarischen Hotspot der Stadt geworden. Auf raffinierteste Weise kombiniert Chakall südamerikanische, mediterrane, afrikanische und asiatische Aromen und kreiert so eine wahre Erlebnisreise für den Gaumen. hue Gourmetrestaurant «Quinta dos Frades», Rua Luis de Freitas Branco 5 D, Lissabon; www.quintadosfrades.com. Redaktion «Chili» Die Südostschweiz, Postfach 102, 7007 Chur Telefon 081 255 50 50 E-Mail: [email protected] Anzeigen: Südostschweiz Publicitas AG, Chur Comercialstrasse 20, Postfach, 7007 Chur Telefon 081 255 58 58 E-Mail: [email protected] Bilder dieser Ausgabe: Marco Hartmann, Astrid Hüni, Keystone, Pressedienste. BEI TISCH A U S G E L Ö F F E LT DIE SÜDOSTSCHWEIZ AM SONNTAG | 22. AUGUST 2010 5 Städtlibeiz, Ilanz Durch die Ilanzer Altstadt weht ein frischer Wind. Mit Patrick Buser steht in der «Städtlibeiz» ein Koch am Herd, der ein beachtliches Palmarès vorweisen kann – und doch nur seinen Gast glücklich machen will. Von Gisela Femppel Patrick Buser und Claudia Voccia vor ihrer «Städtlibeiz». Aus der glamourösen Welt der Spitzengastronomie hinein ins beschauliche, bodenständige Leben in den Bergen – Patrick Buser ist als Koch einenWeg gegangen, der nicht alltäglich ist. Vor wenigen Wochen hat er zuammen mit seiner Lebenspartnerin Claudia Voccia die «Städtlibeiz» in Ilanz übernommen, hat den JetSet gegen Bodenständigkeit eingetauscht. Es muss die berühmte «Liebe auf den ersten Blick» gewesen sein.Was angesichts des «Objekts der Begierde» auch nicht verwundert. Gemütlichkeit strahlen die beiden Mini-Gasträume der «Städtlibeiz» aus, das beinahe 650 Jahre alte Haus zeigt derweil Charakter. Von Stucki über Mosimann … Der Rucksack, den Buser mit nach Ilanz gebracht hat, ist voluminös. In den 20 Jahren seiner Karriere war der Baselbieter bisher nur im Kochhimmel unterwegs. Schon als er anfing, lag kein profanes Schnitzel in seiner Pfanne, seine Lehre begann er direkt bei «Altmeister» Hans Stucki in Basel. Nach einem Abstecher ins «Beau Rivage» in Interlaken landete Buser als einziger Deutschschweizer in der Küchenbrigade von Fredi Girardet in Crissier – eine wie er sagt sehr harte, aber supergute Erfahrung. Bereits mit 23 Jahren stand Buser zuoberst in der Hierachie: Er kehrte ins «Beau Rivage» als Küchenchef zurück, um das neue À-la-carte-Restaurant zu übernehmen und sich 16 «GaultMillau»-Punkte zu erkochen. Weiter gings mit einem erfolgreichen Zwischenstopp im «Victoria Eden» in Adelboden und langen Jahren im «Albana» in Silvaplana, bevor sich Buser neben die nächste Koryphäe an den Herd stellte: Zwei Jahre lang pendelte er für Anton Mosimann zwischen London und dessen Dependance in Olten hin und her. Ein «vorbildlicher Kollege» sei Mosimann gewesen, erzählt Buser. … bis zur Goldküste Noch war Busers Wanderleben aber nicht zu Ende. Für sein anschliessendes Engagement im Hotel «Widder» in Zürich gabs vom «GaultMillau» nicht nur erneut 16 Punkte, sondern auch grosses Lob: «Besser als im TRAFOIER ‘Widder’ isst man in Zürich City selten.» Als sich vor wenigen Jahren eine längerfristige berufliche Perspektive im «Kunsthof» in Uznach zerschlug, zog sich Buser ins gastronomische Privatleben zurück, er begab sich in den Dienst eines Nobelhaushalts an der Zürcher Goldküste und bekochte etliche prominente Gäste. Ein solch glanzvolles Vorleben könnte einen einfachen Gast durchaus von einem Besuch der «Städtlibeiz» abhalten. Bitte nicht! Buser ist nämlich ein unkomplizierter, aufgeschlossener Gastgeber, der sich nicht zu schade ist, seine Kreationen selbst zu servieren. Und mit ClaudiaVoccia hat er eine Partnerin an der Seite, die als gastronomischer Neuling ebenso unbeschwert auf die Gäste zugeht und überall fleissig mitanpackt. Vor allem aber ist Busers Küche alles andere als abgehoben oder teuer – und dennoch vom Feinsten. Er bezeichnet sie als verständlich, leicht und bekömmlich – und sie ist gesund. Bei Buser wird auch glutenfrei gekocht. Dass die «Städtlibeiz» ein Alltagsbeizli sein will, zeigt sich schon bei den Öffnungszeiten.Von 11 Uhr vormittags bis spät am Abend ist der Die Brombeere Der deutsche Name der Brombeere hat sich aus dem Althochdeutschen entwickelt: Damals nannte man sie brâma beri – die Beere des Dornenstrauchs. Denn dornig sind sie, die Brombeersträucher, schliesslich zählen sie auch zu den Rosengewächsen (Rosaceae). Jörg Trafoier (43) ist Küchenchef im Restaurant «Kuppelrain» im Vinschgauer Dorf Kastelbell. Zusammen mit Gattin Sonya EggerTrafoier (49), einer «Donna del Vino», hat er das Restaurant 1988 übernommen, umgebaut und baulich wie kulinarisch aufpoliert – 16 «GaultMillau»-Punkte und ein «Michelin»-Stern stehen derzeit zu Buche. Der alte Gewölbekeller bietet eine perfekte Ambiance für einen Apéro. In unserem Garten wachsen und reifen derzeit die schönsten Brombeeren; im Frühling hatten uns die Sträucher mit rosa und weissen Blüten erfreut. Doch jetzt beginnt hier in Südtirol die Brombeer-Erntezeit. Da wir verschiedene Sorten gepflanzt haben, zieht sich die Ernte bis in den Oktober. Ich habe mir sagen lassen, dass es mittlerweile in Mitteleuropa über 400 verschiedene (Klein-)Arten von Brombeeren geben soll – in unserem Garten gedeihen deren sieben. te geht das Brombeerpflücken bequemer: Wer immer von der Familie Zeit hat, geht mit einer kleinen Schüssel auf die Gartenterrasse und pflückt die reifen Früchte. Derzeit gibt es jeden Tag frische, reife Brombeeren – in Südtirol nennen wir sie Muiren. Dies, weil die Beeren verschiedene Reifezeiten haben. Im Frühjahr freuten sich unsere Gäste, wenn die Bienen an den Brombeerblüten fleissig Honig sammelten. Jetzt hängen die Beeren an den Seitentrieben der Pflanzen so schwer, dass sie fast auf die Teller der Gäste fallen – gerade so, als warteten die Beeren in ihrer prallen Fülle nur darauf, verkostet zu werden. Die enorme Formenvielfalt der Brombeeren kommt daher, dass sich diese Pflanze einfach und rasch vermehrt – durch Samen,Ausläufer oder auch durch Absenker.Wird beispielsweise ein junger Ast vom Brombeerstrauch mit etwas Erde und einem Stein bedeckt, bildet er Wurzeln. Später kann er von der Mutterpflanze getrennt und als eigenständige Pflanze (Klon) eingepflanzt werden. Aus den Brombeeren machen wir Konfitüre: Nimmt man nur Brombeerfrüchte zum Einkochen, so ist es ratsam, die Hälfte der eingekochten Konfitüre durch ein Passiersieb zu streichen, die ganze Masse wieder aufkochen zu lassen, mit Kandiszucker nach Belieben zu süssen und kochend heiss in Gläser abzufüllen. Wir machen das deshalb, weil einige Brombeerarten winzige Kerne haben; wenn es deren viele sind, ist dies beim Verzehr der Konfitüre alles andere als angenehm. Schön war die Kindheit, als wir vom Fuchsbandwurm keine Ahnung hatten und es die heute allgegenwärtigen Umweltverschmutzungen noch nicht gab. Damals verzehrten wir jede wild wachsende Brombeere, die wir an einer Mauer oder am Waldrand fanden, sofort. Deshalb kamen wir oft mit blauen und mehr oder weniger zerstochenen Fingern sowie zerkratztenArmen nach Hause. Heu- Aus frischen oder auch aus getrockneten Brombeerblättern lässt sich ein guter Tee zubereiten, den ich aus Neugierde manchmal trinke, ohne irgendwelche Beschwerden zu haben. Laut einer Anekdote, die im grossen Kräuterheilbuch des Schweizer Kräuterpfarrers Künzle zu finden ist, soll Brombeerblättertee bei «heftig beschleunigter Verdauung» Linderung bringen. Gast willkommen. Es gibt Mittagsmenüs, es gibt Kaffee und hausgemachte Kuchen, es hat Platz für das Feierabendbier oder ein Glas Wein. Selbst was am Abend auf dem Menü steht, das kann und sollte man im Alltag des Öfteren haben. Denn, wer einmal einen Capuccino von der Kokosnuss mit Zitronengras parfümiert oder Tagliatelle mit frischen Trüffeln genossen hat, wer sich mit gebratenen Riesencrevetten oder einem australischen Lammrückfilet ein wohliges Völlegefühl verschafft hat, und wer sich dann noch ein Pannacotta auf Sauerkirschenkompott gönnte – der muss einfach wieder kommen. Sie könnten dem Chef dann auch mithelfen, seinen urigen Weinkeller zu füllen, weil der noch freie Gestelle für die Lieblingsweine seiner Gäste hat. Vielleicht trinken Sie bei Ihrem Besuch ja zuerst mal ein Kännchen wunderbaren frischen Tee … Restaurant «Städtlibeiz», Rosmaringässli 1, 7130 Ilanz; Tel. 081 925 25 05; [email protected]; Sonntag und Montag Ruhetag. Dienstag bis Samstag ab 11 Uhr geöffnet. GLASKLAR Griechische Überraschung Weinbau hat in Griechenland eine jahrtausendealte Tradition – auf der nördlichsten Ägäis-InselThasos beispielsweise kannte man bereits vor 2400 Jahren ein sehr strengesWeingesetz, das den Handel mit Trauben, Most und Wein sowie die Kennzeichnung der Amphoren regelte. Und dennoch, wenn das Stichwort «Griechischer Wein» fällt, denken Herr und Frau Schweizer eher an Udo Jürgens’ gleichnamigen Welthit aus dem Jahr 1975 denn an qualitativ hochstehenden Rebensaft. Dies zu ändern, hat sich die Firma Kantos zur Aufgabe gemacht. Der Importeur griechischer Weine arbeitet unter anderem mit dem 1997 gegründeten Weingut Alpha Estate in Nordwestgriechenland zusammen. Dessen Rebfläche erstreckt sich über 65 Hektaren. Die Hauptrebsorte in diesem Gebiet ist Xinomavro. Sie liefert säurebetonte Weine mit unverkennbarer Aromatik, liefert und verträgt den Ausbau in Barriques gut. Wir haben aus dem Alpha-Estate-Sortiment den Axia Red 2006, VDP Florina – Florina bezeichnet in Griechenland einen Landwein – gekostet und waren positiv überrascht. Die Cuvée (60 Prozent Xinomavro, 40 Prozent Syrah) schimmert purpurrot im Glas. In der Nase wartet sie mit einem vollen Bouquet von schwarzen Beeren, Kirschen, Gewürzen und Vanille (neun Monate in kleinen Barriques) auf. Am Gaumen überzeugen die ausgewogene Säure und die schön eingebundenen Tannine. Der Wein hat einen guten Abgang – und ein erstklassiges Preis-Leistungs-Verhältnis. fam Axia Red 2006, VDP Florina. Fr. 18.90. Kantos GmbH Greek Wines, Huebacher 13B, 8153 Rümlang; Tel. 044 818 02 58. www.kantos.ch und www.greekwines.ch. STYLE DIE SÜDOSTSCHWEIZ AM SONNTAG | 22. AUGUST 2010 7 Schönheit kann wachsen HAUTSACHE Brokkoli, Granatäpfel, Basilikum, Kurkuma, Pilze und Äpfel gehören nicht nur zu einer ausgewogenen und schmackhaften Ernährung, sondern auch zu einer gesunden Haut. Auch bei äusserer Anwendung. Von Mirjam Fassold Über 80 Prozent der Weltbevölkerung wenden sich in medizinischen Belangen der Pflanzenwelt zu. Auch viele Haut-Pharmazeutika waren ursprünglich Pflanzenheilmittel. In der westlichen Gesellschaft drängte der industrielle Fortschritt das uralte Wissen um die wohltuendenWirkungen von Pflanzen lange Zeit in den Hintergrund. Mittlerweile aber besinnt sich die moderne Gesellschaft auf die Wurzeln. Und damit auch auf Pflanzenwirkstoffe, die der Schönheit dienen. Kosmetikfirmen und -linien, die auf Natur und Nachhaltigkeit setzen, boomen. Ohne Erdöl … Dass ein Produkt die gewünschte Wirkung hat, ist beim Kauf von Kosmetika nur noch eines von vielen Entscheidungskriterien.Weitere sind der Duft und die Frage von Tierversuchen und Allergietest. Zunehmend an Bedeutung gewinnt die Provenienz der Inhaltsstoffe. Die amerikanische Marke Origins hat sich bei ihrer Gründung vor 20 Jahren der natürlichen Kosmetik verschrieben. Ihre Produkte würden «mit natürlichen organischen Inhaltstoffen und 100 Prozent natürlichen ätherischen Ölen» hergestellt, heisst es. Der Hersteller ist stolz, bei der Produktion weder Mineralöl noch tierische Inhaltsstoffe zu verwenden. Nun setzt auch die zum L’OréalKonzern gehörende Marke Biotherm mit ihrer «Skin.Ergetic»-Linie auf dieses Pferd. Die Produkte seien paraben- und mineralölfrei – «97,5 Prozent der Inhaltsstoffe der Tages- und Nachtpflege sind natürlichen Ursprungs», lassen die Biotherm-Verantwortlichen verlauten. … aber mit natürlichen Vitaminen Die Kosmetikindustrie setzt nun also auch – oder wieder – auf erneuerbare Ressourcen. Dabei packt sie das Beste aus einerVielzahl von Pflanzen in ihre Cremes und Seren. Im neuen Biotherm-Serum beispielsweise verpassen Brokkoli, Soja-Proteine und native Apfelzellen der Haut einen Frischkick. Bei der zum EstéeLauder-Konzern gehörenden Marke Clinique setzt man seit längerem auf die Vitamine aus dem Granatapfel. Sie schützen vor freien Radikalen und damit vor Entzündungen – die Haut bleibt gesund und altert langsamer. Origins arbeitet seit einiger Zeit mit dem Mediziner und Botaniker AndrewWeil zusammen, der als Pionier der integrativen Medizin gilt. Aus dieser Kooperation entstand die Linie «Dr.Andrew Weil for Origins», die nun mit neuen Produkten aufwartet. Spannend dabei ist der patentierte Mix von sechs Wirkstoffen, die Rötungen und Hautalterung vorbeugen: Ulmenausternpilz, Tibetischer Raupenpilz, Reishi-Pilze, Kurkuma, Ingwer und «heiliges Basilikum». Ein Blick auf das breite Angebot von Seren, die in diesem Herbst auf den Markt kommen, beweist: Früchte und Gemüse sind nicht nur auf dem Teller, sondern auch im Fläschchen, respektive der Pipette, sehr gesund. Früchte und Gemüse auf dem Teller sind gut für die Gesundheit – Früchte- und Gemüse-Extrakte als Bestandteile moderner Kosmetikprodukte sind gut für die Gesundheit der Haut und helfen, die Hautalterung zu verlangsamen. Seren mit natürlichen Inhaltsstoffen und Anti-Aging-Effekt (von links): Biotherm «Skin.Ergetic Concentré», 50 ml, 79 Franken (ab Oktober). Mit Wirkstoffen aus Brokkoli und Apfelzellen. Clinique «Repairwear Laser Focus Wrinkle & UV Damage Corrector», 30 ml, 95 Franken (ab Ende September). Mit Wirkstoffen aus Granatapfel und Senfpflanze. Dr. Andrew Weil for Origins «Mega-Mushroom Skin Relief Advanced Serum», 50 ml, 117 Franken (ab September). Mit Wirkstoffen aus Reishi-Pilzen, Kurkuma, Ingwer und Basilikum. L’Occitane en Provence «Divine Extract», 30 ml, 134 Franken (ab September). Mit ätherischen Ölen von Immortelle und Myrte. ANGESAGT Reduce, Reuse und Recycle Reduzieren, wiederverwenden und wiederverwerten sind die Maximen nachhaltiger Produkte. Zudem dürfen sie gut aussehen – und gar von Apple lizenziert sein. Wo man solche findet? Beispielsweise im Onlineshop rrrevolve. Mit und ohne Mobiltelefon: das Solarladegerät «Surge». Zwei Stunden in der Sonne geben dem Handy Kraft für 30 Gesprächsminuten. Immer mehr Menschen möchten ihren Teil dazu beitragen, unsere Umwelt zu schützen, dabei aber nicht auf hochwertiges Design verzichten. Leider ist es nicht immer einfach, Produkte zu finden, die dem modernen Empfinden von Nachhaltigkeit, Ökologie, sozialer Fairness und grünem Gedankengut – je nach Weltanschauung würde einem als Konsumenten oft schon eines der Kriterien reichen – entsprechen. Und wenn ein Produkt die oben genannten Kriterien erfüllt, sieht es leider selten wirklich richtig gut aus. – bereits im Namen. Der lautet nämlich rrrevolve, und die drei «r» stehen für reduce, reuse, recycle. Das Sortiment, das Lanz in seinem Shop präsentiert, ist breit gefächert. «Die Produkte haben verschiedene Ansätze. Manche helfen beim Recyceln, manche sind aus recycelten Materialien. Manche sind aus nachwachsenden Rohstoffen, andere sind 100 Prozent biologisch abbaubar», sagt Lanz.Was alle Artikel in seinem Shop gemeinsam haben: «Es sind gut designte Produkte, die nicht als erstes als ‘Öko-Artikel’ wahrgenommen werden.» Öko, aber das muss man den Produkten nicht ansehen Wer den modernen Lifestyle of Health and Sustainability (Lebensstil für Gesundheit und Nachhaltigkeit) pflegen und sich – wie Julia Roberts und Leonardo DiCaprio – zur Gruppe der Lohas zählen möchte, erhält jetzt Unterstützung. Vor einem Monat hat der Zürcher Jungunternehmer Sebstian Lanz den ersten Deutschschweizer Onlineshop für ökologische Designprodukte gestartet. Und dieser trägt die drei Maximen nachhaltiger Produkte – reduzieren, wiederverwenden, wiederverwerten Solarstrom fürs iPhone Die Probe aufs Exempel, sprich ein Besuch auf www.rrrevolve.ch, beweist: Die Auswahl hält, was der Shopbetreiber verspricht. Ins Auge gestochen ist uns eine (von Apple lizenzierte) Schutzhülle fürs Handy, die gleichzeitig als Solarladegerät fungiert. Einfach das Smartphone in die Hülle stecken und zwei Stunden an der Sonne liegen lassen, danach kann man 30 Minuten plaudern. fam Solarladegerät «Surge», 119 Franken; www.rrrevolve.ch STYLE DIE SÜDOSTSCHWEIZ AM SONNTAG | 22. AUGUST 2010 9 Gummistiefel im Trend WETTERFEST Der Herbst steht vor der Tür und mit der wechselnden Jahreszeit kommt sie wieder, die ewige Frage nach dem passenden Schuhwerk. Gummistiefel sind bei schmuddeligem Herbstwetter eine gute Alternative. Sie haben sich vom grauen Mäuschen zum Salontiger gemausert. Von Astrid Hüni Gummistiefel sind für viele ein Kindheitstrauma. Hiess es nicht bei Regenwetter aus Mamas Mund: «Kind, zieh die Gummistiefel an», und man wusste, jetzt gehts wieder ab in die giftgrünen Plastiktreter mit ihrem unverwechselbaren Geruch. Mutters Anordnungen entwachsen, landete die Gewohnheit, bei Regenwetter in die Gummistiefel zu schlüpfen, in die hinterste Hirnwindung unserer Erinnerung. Aber jetzt sind sie wieder total hip. Seit Promis wie Julia Roberts die Kautschuktreter für sich entdeckten und namhafte Hersteller mit neuen Designs dem Allwetterschuhwerk einen modischen Anstrich verliehen, erobern sie sich den Platz im Schuhschrank zurück. Eigentlich sind sie unverzichtbar. Durch neues Design und gute Passform sind sie salonfähig geworden. Dafür kosten Gummistiefel, die was hermachen, heute auch schon mal 500 Franken. Luxushersteller wie Céline, Burberrys oder Hilfiger erheben den Gummistiefel zum Must-Have-Accessoire auch in diesem Herbst. Der Gummistiefel hat sich selbstbewusst den Platz in Modeboutiquen oder angesagten Shoppingplattformen im Internet seinen Platz neben ledernen Edeltretern zu- rückerobert. Dabei halten die Designer meist an der um 1815 erfundenen Form des «Wellington Boot» – wie der Gummistiefel einst hiess – nicht viel verändert. «Back to the Roots» heisst es auch beim Schlechtwetterschuh. Denn sein Namensgeber, der Duke of Wellington, bestellte nichts Geringeres als einen schmalen, schlichten und perfekt sitzenden Lederstiefel für seine Einsätze auf dem Schlachtfeld. Nach dem Sieg über Napoleon in der Schlacht von Waterloo wollten Tausende patriotischer Briten den Schuh ihres Helden tragen – der Kult um den «Wellie» war geboren. Zum urbequemen Farmer- und Jägerschuh aus Kautschuk wurden die Schuhe erst gut 50 Jahre später. In diesem Herbst sind die Gummistiefel wieder auf dem Vormarsch. Viele Hersteller machen durch modisches Design noch mehr Lust auf ihre Kautschuktreter. Gummistiefel sind unter anderen erhältlich von Célline, Hilfiger, Burberrys, Giesswein, Aigle, Hatley und vielen anderen. Für jedes Portemonnaie ist etwas dabei von 50 bis 500 Franken. Auch Promis wie Schauspielerin Amanda Seyfried («Briefe an Julia», «Mamma Mia») tragen gerne die Allwetterschuhe. ANGESAGT Bio-Baumwolle – auch für den Herbst Die Tage werden langsam kürzer, die Nächte merklich kühler, doch noch ist die Zeit nicht reif für dicke, wollene Rollkragenpullis. Die ideale Kleidung für die Übergangszeit vom Spätsommer zum Herbst ist aus Baumwolle gefertigt. Baumwollstoffe sind angenehm zu tragen, saugen in der Mittagshitze Schweisstropfen auf und wärmen, wenn beim Sonnenuntergang ein kühlererWind bläst. Zudem sind Baumwollstoffe äusserst strapazierfähig – man denke an die unverwüstliche Jeans – und geben jedem Kleidungsstück eine sportliche Note. Bio-Chic für die ganze Familie: Rund zehn Prozent aller Baumwolltextilien der Modekette C&A werden aus zertifizierter Bio-Baumwolle hergestellt. Da Baumwolle ein nachwachsender Rohstoff ist, kann man Baumwollkleidung guten Gewissens tragen. Zumindest wenn es sich um Bio-Baumwolle handelt. Die liegt im Trend, obwohl derzeit nur gerade 0,75 Prozent der weltweiten Baumwollproduktion den Ansprüchen an «Bio» und «FairTrade» genügen. Doch der Druck auf die Produzenten wächst. Die Modekette C&A vermarktet bereits heute zehn Prozent der Baumwoll-Kollektionen – das waren im Vorjahr immerhin 18 Millionen Kleidungsstücke – unter dem Label «Bio Cotton». Und der Marktführer will weiter wachsen. «Wir sind davon überzeugt, dass unsere Kunden zunehmend an nachhaltigen und umweltfreundlichen Produkten zu einem attraktiven Preis-LeistungsVerhältnis interessiert sind», sagt Andreas Seitz, Mitglied und Sprecher des C&A-Europavorstandes. Die von C&ABio-Baumwolle ist zertifiziert, Pestizide, künstliche Dünger und gentechnisch verändertes Saatgut sind tabu. fam Kleidung aus zertifizierter Bio-Baumwolle ist in allen C&A-Filialen erhältlich. www.c-und-a.ch UNTERWEGS IM HOTEL WOHNEN DIE SÜDOSTSCHWEIZ AM SONNTAG | 22. AUGUST 2010 Adlon, Berlin Das Wetter war echt Scheibenkleister, als wir das letzte Mal in Berlin angekommen sind: Regen, Regen und nochmals Regen, dazu ein eisiger Wind. Und dann betraten wir die Lobby des «Kempinski Adlon» – und die Sonne ging auf! Von Jnes Rampone-Wanger 1905 kaufte der Hotelier Lorenz Adlon zwei Grundstücke Unter den Linden nahe dem Brandenburger Tor Mitten in Berlin und erbaute darauf ein Hotel, das seinen Namen trug – und noch immer trägt. Nach der Eröffnung strömten Prinzessinnen, Staatsoberhäupter und Weltstars in die Nobelherberge, um rauschende Feste zu feiern und sich standesgemäss verwöhnen zu lassen. Wie durch ein Wunder überstand das «Adlon» die Schrecken des Zweiten Weltkriegs. Sein eigenes Inferno erlebte das Gebäude erst in der Nacht vom 2. auf den 3. Mai 1945: Ein bis heute ungeklärter Brand verwüstete das stolze Haus fast vollständig. AM SPRUNG Erst nach der Wende im jahrzehntelang geteilten Deutschland nahm sich eine Investorengruppe des «Adlon» an und gab ihm seinen Glanz zurück. Seither kommen erneut anspruchsvolle Menschen aus der ganzen Welt, um die wahre «Adlon»Klasse zu geniessen. Selbstredend, dass das «Kempinski Adlon» als 5-Sterne-Haus alles bietet, was seinen Weltruhm rechtfertigt: fast 400 Suiten und DeluxeRooms, die Klassik und Moderne herrlich verbinden, sternegekürte Restaurants mit internationaler Küche, eine stilvolle Bar und ein Day Spa, das Seinesgleichen sucht. Für grosseVeranstaltungen stehen herrliche Säle bereit, die an legendäre Ballnächte erinnern. Luxus, Stil und Tradition: Die Lobby des «Adlon» … Wer sich auch heute noch wie in alten (Glanz-)Zeiten fühlen möchte, besteigt vor dem Hotel eine romantische Pferdekutsche und lässt sich durch die Stadt chauffieren. Hotel «Kempinski Adlon», Unter den Linden 77, 10117 Berlin; Telefon +49 30 22 61 0; www.kempinski.com; Doppelzimmer ab rund 270 Euro pro Nacht. … bezaubert genauso wie das (Bade-)Zimmer. … London Aber der Alltag in London bietet auch ganz andere Erinnerungsstücke an jeneTage. Zum Beispiel in der Form von Redewendungen, die schrecklich veraltet sind, umständlich und überkommen, aber doch unglaublich liebenswürdig. Im öffentlichen Verkehr hört man ab und an beim Einsteigen in den Zug noch «all aboard» (alle an Bord). Und wenn es, was ja nicht selten vorkommt, regnet, dann wird in Bahnhöfen mit der umwundenen Formulierung «due to the inclement weather, please take extra care on the station; surfaces may be slippery» vor Rutschgefahr gewarnt. «Inclement» ist fast nicht zu übersetzen – es ist irgendwo zwischen rau, unfreundlich und unbarmherzig. Ein Wort zum Jauchzen. Aber dieser altmodische Charme im Kleinen kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Umgangston und die Sitten hier auf derselben Talfahrt sind wie anderswo auch. Höflichkeit und zuvorkommendes Verhalten scheinen verschwunden aus dem Leben, zumindest aus dem öffentlichen. Nicht nur aus diesem, fürchte ich. Schlimmer, wenn man jemanden die Türe aufhält oder gar einer Dame in den Mantel helfen möchte, dann folgen oft verdutzte Blicke, mitunter auch vorwurfsvolle. So ist erfrischend zu sehen, dass es ein Grüppchen von Menschen gibt, die bewusst Gegensteuer geben. Eine ihrer Gallionsfiguren ist Gustav Temple, der seit mehr als zehn Jahren «The Chap» herausgibt, die Zeitschrift für den modernen Gentleman. Hier kann man sich über Tweed-Mode, Pfeifentabake, Brogues und gepresste Hosen informieren und Abhandlungen lesen über Zeiten, als einer Dame automatisch der bequemere Sitz angeboten wurde und es alsAkt derAggression galt, seinen Hut nicht zu lüften. Natürlich, diese Art von Nostalgie ist überzeichnet. Aber die Mahnung zu Anstand und höflichem Umgang, die sie in ihrem Kern trägt, hat etwas, was sich manch einer zu Herzen nehmen sollte. Sonst erinnern bald nur noch zugige Gebäude an glanzvolle Zeiten. Andreas Trabesinger (39), aufgewachsen in Liechtenstein, ist Redaktor bei «Nature Physics», einer internationalen Wissenschaftszeitschrift. Einmal im Ferrari um den Sempachersee … Davon hat wohl jeder schon mal geträumt: eine Fahrt im offenen Ferrari! Der Schweizer Ex-Formel-1-Pilot Jo Vonlanthen lässt diesen Traum für viele in Erfüllung gehen. Beim 2. Ferrari Day in Sempach sammelt er Geld für gute Zwecke. Für die meisten Menschen bleibt der eigene Ferrari ein Kindertraum.Aber die Fahrzeuge aus Maranello faszinieren, wo immer sie aufkreuzen: Flitzen sie auf der Strasse vorbei, drehen sich die Köpfe der anderen Bei der ersten Austragung des Ferrari Day im letzten Jahr in Baar eröffnete Jo Vonlanthen in seinem Ferrari Mondial den Corso. MAIL AUS … Jetzt, da der Sommer in London auch schon wieder vorüber zu sein scheint, bekomme ich es unmittelbar zu spüren, dass ich in einem viktorianischen Haus wohne. Zugig ist es, und Fensterschliessen hilft nur bedingt. FallendeTemperaturen sind auch im Hausinneren zu spüren, bisweilen auch die Konsequenzen heftiger Regengüsse. Aber trotzdem, das Haus hat Charme, ist reich an Details, von kunstvollen Kacheln über farbige Glasmosaike bis zu längst obsoleten Einrichtungen wie einem Gaslaternenhalter. Königin Victoria hat das Vereinigte Königreich von 1837 bis 1901 regiert, und in einem Haus aus jener Epoche zu leben, hat nichts Extravagantes an sich. Es ist eine der üblichen Optionen bei der Wohnungssuche in London. Ganze Strassenzüge sind gefüllt mit diesen backsteinrot-stuckaturweissen Häusern, alle im selben Grunddesign, wie Dominosteine aneinandergestellt. Diese frühen Reihenhäuser erinnern an eine Zeit, als London im Zuge der Industrialisierung zu einer ihrer Blütezeiten emporschoss – 1800 hatte die Stadt rund eine Million Einwohner, 100 Jahre später waren es deren sechs. Erste Adresse in der deutschen Hauptstadt: das «Kempinski Adlon» Unter den Linden, nahe dem Brandenburger Tor. Nach dem freundlichen Empfang an der Rezeption des «Kempinski Adlon» in Berlin bewunderten wir bei unserem letzten Besuch erst einmal unser zauberhaftes Zimmer. Und dann taten wir genau das Richtige: Wir schauten uns auf dem Hauskanal des «Adlon» einen Film über die spannende Geschichte des Traditionshauses an. Ein halbes Stündchen, das sich mehr als gelohnt hat, denn wer Bescheid weiss, schätzt es noch mehr, Gast in diesem wunderbaren Hotel zu sein. 11 Verkehrsteilnehmer, auf Parkplätzen bleiben Passanten stehen, um einen Blick ins Cockpit des Boliden zu erhaschen. Und meist stellt sich der Betrachter vor, wie es wäre, am Steuer dieses Fahrzeugs zu sitzen. Ein (teu- res) Vergnügen, das nur wenigen Glücklichen vergönnt ist. JoVonlanthen, ehemaliger Formel-1Pilot undWahltessiner, hat seine Passion zum Beruf gemacht. Er organisiert Events mit exklusiven Fahrzeugen. Als ehemaliger Rennfahrer weiss er aber auch um die (finanziellen) Sorgen von Nachwuchssportlern. Und er ist sich bewusst, dass es auch Menschen gibt, die aufgrund so- Die Männer hinter dem 2. Ferrari Day: Ex-Formel-1-Fahrer Jo Vonlanthen und Christian Mooser. zialer Probleme auf Unterstützung angewiesen sind. Deshalb engagierte sich Vonlanthen bereits im letzten Jahr für eine Zentralschweizer Benefiz-Veranstaltung mit dem Titel Euro Ferrari Day. Knapp 13 000 Franken – und 180 Ferrari-Fahrer mit ihren Fahrzeugen – waren damals zusammengekommen. Jetzt geht der Ferrari Day in die zweite Runde. «Ferraristi mit und ohne Ferrari sind benvenuti», sagt Vonlanthen. Der Anlass liege ihm am Herzen. Er winkt mit einem verlockendenAngebot: Für eine 50-Franken-Spende kann sich in Sempach jeder den Traum von einer Ferrari-Fahrt erfüllen. Zwar «nur» auf dem Beifahrersitz, aber ganz einfach sollen die Flitzer ja nicht zu fahren sein … fam 2. Euro Ferrari Day, 29. August, ab 9.30 Uhr, beim Restaurant «Seeland» in Sempach; Ferrari-Corso um 11 Uhr und 14 Uhr, dazwischen Taxifahrten für einen guten Zweck (Preis: 50 Franken pro Fahrt); www.ferrariday.eu. SONNTAG DIE SÜDOSTSCHWEIZ AM SONNTAG | 22. AUGUST 2010 Zwiebeln oder Knoblauch? HOROSKOP Auch mal loslassen AM RANDE Stellen Sie sich vor, es geschieht über Nacht ein Wunder – was wäre dann morgen anders? Da Wunder sehr selten sind, ist es zielführender zu fragen, was ich anders machen muss, damit das «Wunder» geschehen kann. Die Antworten auf diese Frage sind jene Gedanken, die eine wertvolle Inspiration darstellen. Dazu ist es hilfreich, sich zu entspannen und alle Vorstellungen, die den freien Fluss der Gedanken blockieren könnten, loszulassen. Gönnen Sie sich ein paar Momente der Musse! Wassermann 21.1.–19.2. Kreativität ist im Job der Schlüssel zum Erfolg. Ebenso Ihr Improvisationstalent und Ihr Humor. Nun können Sie die Liebe und das Leben in vollen Zügen geniessen. Sie haben eine tolle Ausstrahlung und fallen positiv auf. Es fällt Ihnen auch leicht neue Leute kennen zu lernen und für Ihre Ideen zu begeistern. Fische 20.2.–20.3. Ihre Geduld und Ausdauer haben sich bezahlt gemacht. Nun geht es aufwärts. Das haben Sie sich auch redlich verdient. Es gibt zwar Neider, doch die können Ihnen nichts anhaben. Schwierigkeiten machen einer gewissen Leichtigkeit Platz. Geniessen Sie Ihre Lorbeeren und gönnen Sie sich ein paar freie Tage. Widder 21.3.–20.4. Innere Anspannung könnte Ihnen diese Woche zu schaffen machen. Besinnen Sie sich auf Ihre Ziele und entwickeln Sie einen Schlachtplan. Es wäre auch gut zu überlegen, wie Sie sich regenerieren könnten. Mal einige Stunden in der freien Natur zu verbringen, kann Ihnen viel Entspannung und innere Ruhe verschaffen. Stier 21.4.–21.5. Die Sonne wandert in einen harmonischen Winkel zu Ihrem Zeichen, das zeigt einen Zuwachs an vitaler Lebensfreude an. Von den Turbulenzen des Weltgeschehens bleiben Sie weitgehend unberührt, es sei denn, andere Horoskopfaktoren sprechen dagegen. Freuen Sie sich des Lebens und geniessen Sie die Woche. Zwillinge 22.5.–21.6. Eine gute Woche für Job und Karriere. Die Dinge gehen flott von der Hand, und Sie wissen intuitiv, was zu tun ist. Es fällt Ihnen auch leicht, die Unterstützung von Kollegen zu gewinnen und Vorgesetzte für Ihre Pläne zu begeistern. Nun können Sie auch neue Leute kennen lernen. Eine gute Woche für Ferien. Krebs 22.6.–22.7. Unzufrieden im Beruf? Gedanken, sich zu verändern? Lieber noch ein wenig warten, übereilte Wechsel und impulsive Entscheidungen bringen Sie diese Woche nicht weiter. Vielleicht ist es möglich, Ihren Arbeitsalltag zufrieden stellend umzustrukturieren. Damit wäre viel gewonnen, ohne unnötige Risiken einzugehen. Löwe 23.7.–23.8. Sie sind gefragt wie selten zuvor. Ob als Chef, Mitarbeiter, Liebhaber oder Freund, Sie haben mehr Angebote, als Sie annehmen können. Das schmeichelt dem Stolz, ist aber ganz schön anstrengend. Ein paar Dinge werden Sie wohl oder übel absagen müssen. Nun ist es wichtig, die Potenziale richtig einzuschätzen. Jungfrau 24.8.–23.9. Es wird wieder übersichtlicher und ruhiger. Nutzen Sie diese Zeit, um neue Kräfte zu sammeln und um Ihre Kontakte zu festigen. Forsten Sie Ihr Adressbuch durch, dann entdecken Sie, wen Sie wieder einmal anrufen könnten. Sie brauchen sich nun auch um das allgemeine Wohlbefinden keine Sorgen zu machen. Waage 24.9.–23.10. Erst einmal alle Fakten zusammensammeln, ehe Sie sich ein Urteil bilden. Im Umgang mit Behörden und Vorgesetzten ist Vorsicht geboten. Und manche Dinge, von denen Sie dachten, sie wären leicht zu handhaben, entpuppen sich als schwere Brocken. Doch dank Ihrer Umsicht können gute Lösungen gefunden werden. Skorpion 24.10.–22.11. Sie werden der landläufigen Meinung vom stachelbewehrten Skorpion voll gerecht. Besser, man lässt Sie in Ruhe und redet Ihnen nicht drein. Das entspannt das Betriebsklima und spart «leere Kilometer». Passen Sie gut auf sich auf, vor allem wenn Sie Ferien machen; die Brieftasche sitzt bei einigen sehr locker. Schütze 23.11.–21.12. Venus und Mars schaffen in dieser Woche beste Voraussetzungen für zärtliche und romantische Stunden zu zweit. Sie müssen nur noch für die richtige Atmosphäre und ungestörte Zweisamkeit sorgen. Sie schaffen nun auch locker, was Sie sich beruflich vorgenommen haben. Anstrengungen stecken Sie locker weg. Steinbock 22.12.–20.1. Alles selber machen zu wollen, bringt speziell in dieser Woche Stress. Es darf nicht alles auf Ihren Schultern lasten. Auf Dauer können Sie nicht für alles die Verantwortung übernehmen. Widmen Sie sich auch der vergnüglichen Seite des Lebens. Kurzferien regenerieren, erfrischen und setzen neue Kräfte frei. 12 Von Stefan Bisculm. – Was kommt in den puristisch italienischen Sugo di pomodoro rein: Zwiebeln oder Knoblauch? Ich war immer der Meinung, dass Zwiebeln und Tomaten das SugoTraumpaar bilden. Doch als ich dies an dieser Stelle einmal schrieb, wurde ich bald zur Zielscheibe der italienischen Knoblauchfraktion. «Der Knoblauch im Sugo hat in Italien mehr Anhänger als die Kommunisten, die Mafia und die Katholische Kirche zusammen», behauptete ein Leser kess. ten Rezepte gibts von mir ein dreifaches Halleluja! Halleluja! Halleluja! für die Zwiebel. Weil ich den Geschmack vonTomaten so mag, rücke ich ihm auch in Zukunft nicht mit einer Knoblauchfahne zu Leibe. Das puristische Rezept eines Calabresen, der vor rund 40 Jahren mit dem Sugo-Rezept seiner Mutter nach Graubünden einwanderte, schmeckt mir bis heute am besten. Mit diesem Rezept nehme ich es locker mit den Kommunisten, der Mafia und der Katholischen Kirche auf. Ich beschloss, die Probe aufs Exempel zu machen und eröffnete in einem italienischen Kochforum im Internet eine Diskussion zum Thema: «Sugo di pomodoro classico – con aglio o cipolla?» Das Thema wurde sehr ernst genommen. In dreiTagen klickten knapp 1000 Personen in die Diskussion, über 20 hinterliessen ihr Rezept. Fazit der Umfrage: Die Italiener sind sich auch nicht einig. Die einen nehmen Zwiebeln, die anderen Knoblauch, die meisten beides. Einzig beim Basilikum waren sich alle grün, der gehört in jeden Sugo. Und so gehts: Ausreichend Olivenöl in einer Pfanne erhitzen, Zwiebelringe beifügen und zusammen ein, zwei Minuten brutzeln. 800 Gramm Büchsentomaten, fünf Basilikumblätter und etwas Salz beigeben. Zugedeckt zehn Minuten köcheln lassen, dann mit einem Gläschen Wasser verdünnen. Weiterköcheln lassen, bis der Hunger zu gross wird. Basilikumblätter entfernen (einige nehmen auch die Zwiebeln wieder raus oder pürieren die Sauce), Sugo über die Pasta kippen und essen. Noch ein Tipp: Verzichten sich vor dem Essen auf die Lektüre des untenstehenden Gesundheitsartikels. Nach gründlicherVerkostung der meis- Kampf dem Nagelpilz HAUSARZT Der Nagelpilz wird in der Regel als Bagatelle angesehen, ist aber eigentlich eine chronische Infektionskrankheit ohne Tendenz zur Selbstheilung und kann sich auf die Haut oder auf andere Personen übertragen. Dazu kommt, dass Nagelpilz ein «ästhetisches Problem» darstellt, das sich zu einem psychischen Problem entwickeln kann. Nicht jede Nagelveränderung ist eine Onychomykose, also ein Nagelpilz. Ist man unsicher oder spricht der Patient nicht auf die Behandlung an, kann, um die Diagnose zu sichern, eine Pilzkultur gezüchtet werden. Sofern nur der vordere Teil des Nagels befallen ist, genügt es, einen Nagellack wie Loceryl, der ein Pilzmittel enthält, einmal pro Woche auf den abgefeilten Nagel aufzutragen. Falls der Nagel bereits verändert aus dem Nagelwalz herauskommt, muss zusätzlich eine Tablette eingenommen werden. Das Medikament Terbinafin muss täglich geschluckt werden, Flucona- B U C H S TA B E N zol einmal pro Woche und Itraconazol jeweils eine Woche pro Monat als so genannte Pulstherapie. Die Behandlung dauert in der Regel drei bis sechs Monate, in einzelnen Fällen aber auch länger. Dabei sind Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten und Nebenwirkungen zu beachten. Wer viel Zeit mit verschwitzten Füssen in geschlossenen Schuhen verbringt, muss auch bei erfolgreichem Ansprechen auf die Therapie mit Rückfällen rechnen. Pilze wachsen im warmen, feuchten Milieu. Stark überverhornte Nägel muss man vor der Behandlung mit einer Zange oder Feile kürzen – in der Praxis habe ich für ganz schlimme Deformitäten schon mit Erfolg die Gipssäge benutzt! Befallene Nägel auszureissen ist aber definitiv überholt. Der Autor Dr. med. Rico Stocker (50) ist Allgemeinmediziner FMH mit eigener Praxis in Davos Dorf. Ein Thriller ragt aus der Masse Von Olivier Berger. – Historische Thriller liegen im Trend. Es gäbe also keinen Grund, der Fülle ein weiteres Werk hinzuzufügen. Dass der Verlag Paul Zsolnay Léa Cohens «Calderon-Imperium» trotzdem herausgegeben hat, ist allerdings vollkommen verständlich: Qualitativ hebt sich der Roman von der Masse vergleichbarer Publikationen ab. Cohens Thriller beginnt im bulgarischen Sofia des Jahres 1943: Der Industrielle Jules Calderon soll ent- eignet werden und nimmt sich das Leben. Nach dem Tod stellt sich heraus, dass der findige Calderon sein immenses Vermögen noch kurz vor dem Freitod hat verschwinden lassen. 50 Jahre später macht sich Eva Marinova, Tochter des einstigen Calderon-Anwalts, auf die Suche nach den Millionen. Dabei kreuzen sich Evas Wege mit jenen alter Freundinnen und eines früheren Liebhabers. Auch wenn Cohens Buch vordergründig ein Wirtschaftsthriller ist: Das Buch lebt nicht nur von der Handlung, die am Ende fast zwanghaft aufgelöst werden muss. Was das «Calderon-Imperium» unbedingt lesenswert macht, sind vielmehr die Figuren, von welchen Cohen präzise Psychogramme entwirft. Eingebettet ist die Handlung zudem in die Geschehnisse in Bulgarien während der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts – eine Lehrstunde in Sachen Kommunismus. Und schliesslich ist da die Autorin selber: Cohen war einst bulgarische Botschafterin, auch in der Schweiz. Deshalb rät der Leser mit, was an dem Roman wahr ist und was nicht – was fast so spannend ist, wie die Handlung an sich. Léa Cohen: «Das Calderon-Imperium», Paul Zsolnay Verlag, Wien. 382 Seiten, 32.90 Franken.