Quälender Dauerzustand Schlapp und erschöpft? Auch noch so viel Schlaf hilft nicht. Patienten berichten meist, dass sie schon neun Stunden geschlafen haben und immer noch vor Müdigkeit und Erschöpfung kaum aufstehen können. Schläfrigkeit am Tag ist ein nicht zu unterschätzendes Phänomen und kann viele Gründe haben. Die Lebensqualität kann dadurch mitunter stark eingeschränkt sein. Die Müdigkeit kann unterschiedlich stark ausgeprägt sein und sich individuell verschieden bemerkbar machen. Wer kennt es nicht? Es gibt einen kleinen «Durchhänger» nach dem Essen, oder morgens nach dem Aufstehen dauert es erst mal eine Weile, bis man richtig wach und ansprechbar wird. Es kann auch der Fall sein, dass man besonders wetterfühlig ist. Was aber, wenn die Müdigkeit chronisch wird und die üblichen Mittel wie frische Luft, Bewegung, starker Kaffee oder Tee oder ein kurzes Nickerchen nicht helfen? Manchmal lastet die Müdigkeit so schwer auf dem Geist, dass man nicht mal an einen Spaziergang denken kann und selbst das Denken Schwierigkeiten bereitet. Wenn dadurch die Konzentrationsfähigkeit und das geistige Leistungsvermögen eingeschränkt werden, wird die ständige Müdigkeit zu einem grösseren Problem. Viele Menschen kennen das Gefühl, welches man als Betroffener in Form einer Selbstdiagnose am treffendsten als Schlappheit, Müdigkeit oder Lustlosigkeit bezeichnen kann. Vorab können aber Schlafstörungen, Narkolepsie, Eisenmangel, Hypoglykämie, Allergien, Nitrostress, Umweltgifte, Nebennierenschwäche, Störfelder oder Elektrosmog als Ursachen verantwortlich gemacht werden. Symptome können beginnen mit leichter Müdigkeit, die sich schnell vertreiben lässt, bis hin zu extremer, ständi18 schweizer hausapotheke 2/12 ger Müdigkeit, die nicht weichen mag. Es können Konzentrationsschwierigkeiten bestehen mit abschweifenden Gedanken oder Sekundenschlaf während bestimmter Tätigkeiten. Eventuell treten Kopfschmerzen auf oder ein Verlangen nach übermässigem Schlaf, fast wie eine Schlafsucht. Wie geschildert, hängt es von den Ursachen und davon ab, wie die Müdigkeit gelagert ist und als wie störend sie empfunden wird. Da Müdigkeit generell nicht objektiv messbar ist, also eher subjektiv empfunden wird, ist es oftmals schwer bei anderen Personen Verständnis zu finden. Aussenstehende können sich nur bedingt in die Beschwerden einfühlen und die persönlich empfundenen Einschränkungen nicht nachvollziehen. Nicht umsonst spricht man von Müdigkeit an sich, bleierner Müdigkeit, lähmender Müdigkeit, Schlappheit, Erschöpfung... Der Erstzustand dabei gleicht einem beginnenden grippalen Infekt: Bereits in Ruhe und bei allen Arten von Anstren- gungen leiden die Patienten unter vielen Symptomen. Wenn da eine bleierne Müdigkeit auf dem Körper liegt, die sich einfach nicht vertreiben lässt, wird dies zu einem dauerhaften Problem. Chronisches Müdigkeitssyndrom (CFS) Manchmal nimmt die chronische Müdigkeit solch extreme Formen an, dass sie das gesamte Leben bestimmt. Dabei spricht man vom Chronischen Müdigkeitssyndrom oder Chronischen Erschöpfungssyndrom (CFS, Chronic Fatigue Syndrom). CFS ist eine ernste neurologische Krankheit; eine plötzlich oder schleichend auftretende, über mindestens sechs Monate anhaltende Erschöpfung, die auch mit Schlaf und Ruhe kaum bessert. Leider ist ihre Ursache noch immer nicht geklärt und die Diagnose schwierig. Als Auslöser wird vieles diskutiert, unter anderen Viren, Stoffwechselstörungen, Immunstörungen und Toxine. Diese Beschwerdebilder werden meist durch eine Ausschlussdiagnose gestellt und dies oft viel zu spät, wenn überhaupt. Meist gehen die Beschwerden einher mit weiteren wie Konzentrationsproblemen, Gelenkschmerzen, Halsschmerzen oder anderen Symptomen. Drei Viertel der Betroffenen sind Frauen zwischen 28 und 35 Jahren. Hinzu kommt, dass man den Betroffenen äusserlich nichts ansieht, weshalb sie vielfach als Simulierende behandelt werden. Das Chronic Fatigue Syndrom ist manchmal schwierig von anderen Krankheiten, wie beispielsweise der Depression, abzugrenzen. Eine gezielte Verhaltenstherapie und aufbauende Bewegungstherapie zeigen jedoch bei vielen Patienten eine gewisse Wirkung. Ob CFS heilbar ist? Auch das ist unterschiedlich: Bei etwa fünf Prozent der Betroffenen heilt das CFS spontan und bei rund vierzig Prozent bessern sich die Symptome mit der Zeit. Jacqueline Trachsel