Sanierung Sanierung mit Passivhauskomponenten Ein neues Pflegeheimgesetz das mehr Wohnraum vorsieht, und eine untragbare energetische Situation standen am Anfang einer Generalsanierung des Bezirkspensionistenheim Weiz. Ausgeführt wurde die Sanierung von FOCUS Engineering Ges.m.b.H, die im Vorfeld eine umfassende Studie über drei steiermärkische Bezirkspensionistenheime verfasste. I n der Studie, vom Sozialhilfeverband beauftragt, wurden für das Bezirkspensionistenheim Weiz sieben Sanierungsvarianten vorgestellt, die unterschiedliche Wirkungen auf das Gesamtergebnis zeigten. Die schließlich ausgewählte Alternative basiert u.a. auf einer Betrachtung der Kosten für den gesamten Lebenszyklus (siehe Abb.1). Kostenrechnung und Rentabilität Laut dem Leitfaden „Abwicklung von Gemeindehochbauten“ (Amt der steiermärkischen Landesregierung, 2002) stellen die Folgekosten von Gebäuden 80 % der gesamten Lebenszykluskosten dar. Abb. 1 zeigt, dass bei gleichbleibenden Energiekosten ein energetisch optimierter Bau in der gesamten Lebensdauer Energiekosten in der Höhe von ca. 16 % einspart – das wären in etwa die gesamten Errichtungskosten. Eine umfassende Lebenszyklusanalyse im Vorfeld entkräftet also das Argument der fehlenden Rentabilität in sehr anschaulicher Weise. Rentabilitätsberechnungen berücksichtigen allerdings meist nur die eingesparten Energiekosten. Begleitende Nutzen wie etwa verminderter Lärm, Wertsteigerung des Gebäudes und bessere Zinskonditionen infolge geringer Leerstände werden in diesen Kalkulationen meist nicht berücksichtigt. Ökoeffiziente Gebäudesanierung Das Bezirkspensionistenheim wurde als eines der ersten dieser Gebäudeart in Österreich mit einem Schwerpunkt auf Passivhaus-Komponenten saniert – in bewohntem Zustand. Im Vorfeld wurde eine Projektgruppe aus Bediensteten gebildet, um Anforderungen zu diskutieren. Dabei wurden u.a. die Ideen für die Erweiterung des Begegnungsraumes im Zubau und für Ruheräume für das Personal im Dachgeschoß geboren. Die architektonische Ausgestaltung allerdings lag völlig in den Händen des Architekten (Architekturbüro Erwin Kaltenegger). So wurde neben dem Wärmeschutz auch die Grundrisse, der Brandschutz, der Schallschutz und Abb. 1: Gegenüberstellung der Lebenszykluskosten eines konventionellen und eines energetisch optimierten Baus. Abb. 2: Begleitende Nutzen von Wärmeschutzmaßnahmen die technische Ausstattung so ausgeführt, dass das Gebäude aus dem Jahre 1975 den heutigen Anforderungen entspricht. Durch den teilweisen Ausbau des Dachgeschoßes (156 m2), eine Erweiterung des Begegnungsraumes (85 m2), die Vergrößerung der Wohnflächen jedes Zimmers um ca. 5,7 m2 (insgesamt 362 m2), die Bildung neuer verglaster Wintergärten (40 m2) und eine Erweiterung des Bügelraumes (14 m2) steigt die Nutzfläche von ursprünglich 4.321 m2 auf 4.978 m 2. Die erweiterten Räumlichkeiten wurden in die neugestaltete Gebäudehülle in Passivhausqualität integriert. Mit dieser konstruktiven Lösung konnten die auskragenden Balkone, massive Wärmebrücken, die hohe Wärmeverluste verursachten, in die wärmegedämmte Hülle integriert werden. ➤ IBOmagazin 1/06 17 Sanierung mit Passivhauskomponenten Balkons erweitert sind und eine angenehme Gliederung im Raum durch einen „Wintergarten“ schaffen (siehe Abb.9). Fortsetzung von Seite 17 Lüftung, Heizung, Warmwasser Umbau in bewohntem Zustand Planungsteam Planung und Bauleitung: FOCUS Engineering Ges.m.b.H. Weiz Projektarchitekt: Arch. DI Erwin Kaltenegger Projektleiter: Arch. DI Eugen Nagy HLS-Planung: TB Ing. Walter Bierbauer, Hohenau an der Raab Elektroplanung: TB Ing. Horst Fickel, Kirchberg an der Raab Fassadentechnik: TB Herbert Neuherz, Alukönigstahl Gleisdorf Gesamtbaukosten: Euro 1.912.374.– Während des gesamten Umbaus musste kein einziger Bewohner sein Zimmer auch nur vorübergehend verlassen. Heimleiter Markus Gruber erzählt: „Es wurde im Zimmer eine Staubwand befestigt, hinter der das Zimmer über die gesamte Dauer des Umbaus weiterhin benutzbar war. Da die Arbeiten hauptsächlich die Außenfassade betroffen haben, war das sehr gut möglich.“ Das Ergebnis sind Zimmer, die um die Größe des ehemaligen Bei einer Sanierung mit Passivhaus-Komponenten in dieser Größenordnung ist eine Lüftungsanlage zwingend notwendig. Die Absaugvorrichtungen wurden in die bestehenden Abluft-Schächte der Badezimmereinheiten, die gangseitig liegen, eingebaut. Die Leitungen für die vorgewärmte Zuluft wurden im Zuge der Fassadenarbeiten eingebaut. So konnten die Zimmer selbst, die sozusagen dazwischen liegen, durchgängig bewohnt werden. Das bestehende Heizsystem wurde durch ein konventionelles Niedertemperatur-System ersetzt, die Leitungen blieben bestehen. ➤ Detail A Abb. 3: Schnitt a-a Abb. 4: Grundriss Regelgeschoß a a Detail B 18 IBOmagazin 1/06 Sanierung 0,0 12,5 25,0 37,5 50,0 62,5 75,0 87,5 100,0 Wärmefluss in W/m2 -10,0 -6,3 -2,5 1,3 5,0 8,8 12,5 16,3 20,0 Isothermendarstellung in °C Abb. 5: Detail A vorher Anschluss Glaswand/Sturz/Decke/Dachvorsprung Loggia – Vertikalschnitt vor der Sanierung (Wärmefluss in W/m2) Die innere Oberflächentemperatur fällt in der Ecke Sturz/Decke auf 7,5 °C, somit besteht Kondensationsgefahr. Temperatur im Eck Fensterstock/Sturz auf 11,3 °C (Kondensationsgefahr). Die innere Oberflächentemperatur Glasrandverbund 3,2 °C und Verglasung 9,3 °C. Abb. 6: Detail A nachher Anschluss Sturz/Decke/Dachvorsprung Loggia – Vertikalschnitt nach der Sanierung (Isothermendarstellung in °C) Die Temperatur in der Ecke Sturz/Decke erhöht sich durch eine durchgehende, außenliegende Wärmedämmung von 7,5 °C auf 16,8 °C. Steigung der Temperaturen bedeutet auch eine Sicherheit gegen Kondensat. Die Dämmung der Loggiendecke, außenliegende Dämmung des Kniestocks und vorgesetzte Fassade löst das Wärmebrückenproblem im Bereich des Sturzes, weil er sich schon im beheizten Inneraumbereich befindet. Abb. 7: Detail B vorher Anschluss Glaswand/Außenwand im Loggienbereich – Horizontalschnitt vor der Sanierung (Wärmefluss in W/m2) Die innere Oberflächentemperatur fällt in der Ecke Fensterstock/Außenwand/Stahlbetonscheibe auf 6,1 °C, somit besteht Kondensationsgefahr. Die innere Oberflächentemperatur Glasrandverbund 3,1 °C und Verglasung 9,3 °C. Abb. 8: Detail B nachher Anschluss Vorgesetzte Fassade/ Stahlbetonscheibe im Loggienbereich – Horizontalschnitt nach der Sanierung (Isothermendarstellung in °C) Die innere Oberflächentemperatur fällt in der Ecke Vorgesetzte Fassade/Beplankung auf 17,9 °C. Mit Vorgesetze Fassade und 16 cm Dämmlage im Außenwand- und Stahlbetonträgerbereich ist Kondensat völlig ausgeschlossen. Die innere Oberflächentemperatur Glasrandverbund 14,4 °C und Verglasung 17,7 °C IBOmagazin 1/06 19 Sanierung mit Passivhauskomponenten Durch die gesamten Maßnahmen wie der Austausch der Fenster, Dämmhülle in Passivhausstandard und der Einsatz der Passivhaus-Technik ist es gelungen, den Heizwärmeverbrauch um 84,5% von 156,9 kWh/m2a auf 24,3 kWh/m2a zu senken. Fortsetzung von Seite 19 Die Warmwasserbereitung wird über zwei bestehende Kollektorfelder auf der west-orientierten Dachfläche solar unterstützt. Reduktion der Heizkosten Abb. 9: Ein Zimmer nach der Sanierung mit der Erweiterung um den ehemaligen Balkon. Wie schon erwähnt, verursachte ursprünglich eine Vielzahl an Wärmebrücken hohe Wärmeverluste. Eine sehr undichte Gebäudehülle sorgte zusätzlich dafür, dass aufgrund der Zugluft das Raumklima sehr unbefriedigend war. Vor der Sanierung war die Zugerscheinung extrem, die behagliche Temperatur im Gebäude lag bei 25, 26°C, nach der Sanierung liegt die als behaglich empfundene Temperatur bei 21°C. Schlussfolgerungen Aus den sieben in der ersten Studie vorgeschlagenen Sanierungsvarianten, wurde die für das Pensionistenheim optimale ausgewählt. Das ausgewählte Sanierungskonzept war das Ergebnis verschiedener voneinander abhängigen Maßnahmen, die schon beschrieben worden sind. Schon die einzelwirtschaftliche Analyse zeigt, dass unter den für die nächsten Jahrzehnte herrschenden Randbedingungen, das Qualitätsniveau des Passivhausstandards für Neubauten und Modernisierungen optimal ist, wenn man den vollständigen Lebenszyklus betrachtet. Bei allen Preisszenarien zeigt sich der ökonomische Vorteil des PassivhausStandards, weil die Verringerung des Heizwärmebedarfs angesichts der Entwicklung der Energiepreise sehr wirksam ist. Die Umsetzung der ökoeffizienten Gebäudesanierung Bezirkspensionistenheim Weiz zeigt, dass die Sanierung mit Passivhaus-Komponenten keine ferne Utopie, sondern ein bereits heute wirtschaftlich umsetzbares Konzept ist. Ulla Unzeitig IBO GmbH Abb. 10: Das Pensionistenheim vor und nach der Sanierung Fotos und Pläne: Architekturbüro Kaltenegger 20 IBOmagazin 1/06