Ausgabe 4/2014 Unser neues Teleskop steht! Stärker als vorhergesagt — Gespenstische Ausrichtung der Quasare Wahrlich abgestanden — Großteil unseres Wassers ist älter als die Sonne Kraterentstehung — schufen Vulkane Mondgesicht? Im Porträt: Leonhard Euler Die nächsten Veranstaltungen des AAP: Vereinsinterne Weihnachtsfeier am 12. Dezember Jahreshauptversammlung am 16. Januar 2015 2 Der Vorstand informiert Der Vorstand informiert Liebe Vereinskollegen, ten, wie Kay Niemzig und Jürgen Wummel sowie die Helfer vor allem im letzten Jahr, allen voran Werner Löffler, der fast immer da war, wenn es et­ was zu helfen gab. Dazu kamen zum Glück noch weitere Helfer, die auch immer wieder hier in den Astro­News bei den Bauberichten auf Bildern zu sehen sind und ohne die es auch nicht möglich ge­ worden wäre. Ich hoffe, dass dieses Projekt uns wieder ein we­ nig Schwung verleiht und auch im nächsten Jahr, wenn wir den Neubau weiter treiben werden noch Helfer zu finden sind. Da hoffe ich auch ein wenig auf diejenigen, die in diesem Jahr keine Zeit fin­ den konnten vorbeizuschauen. Aber jetzt erfreuen wir uns erst einmal an der Fer­ tigstellung und ich hoffe, dass wir auch bald die Früchte unserer Arbeit bei einer sternenklaren Nacht genießen können. Denkt bitte daran, dass im Januar unsere Haupt­ versammlung stattfindet und zeigt Euer Interesse am Verein durch Eure Anwesenheit! ein arbeitsreiches Jahr für den AAP geht zu Ende. Diese Schlagzeile hört sich eigentlich eher negativ an, aber wir empfinden es doch ganz anders — zu­ mindest wenn ich für die Beteiligten spreche. Nach endlos erscheinender Zeit, weit mehr als zehn Jahren Bauzeit, konnten wir im Dezember endlich alle zum ersten Betrieb unseres AAP­Tele­ skops notwendigen Arbeiten abschließen! Wenn das mal kein Grund zum Jubeln ist weiß ich auch nicht. Selbstverständlich werden wir das auch ge­ bührend feiern, allerdings erst im Frühjahr, in dem wir dann ganz offiziell „first light“, also die offizi­ elle Inbetriebnahme mit einem kleinen Fest bege­ hen werden. Dazu werden wir dann auch Gäste einladen wie die Vereine und Gruppen aus der Re­ gionaltagungsgruppe und Vertreter der Gemeinden aus der Gegend. Dass es in den letzten 15 Monaten diese großen Fortschritte gab haben wir hauptsächlich Armin Lindenmann zu verdanken, der das Projekt mit viel Elan und Zeit zur Vollendung getrieben hat. Bis zum nächsten Mal, Euer Nicht vergessen möchte ich aber an dieser Stelle Martin Tischhäuser alle, die davor schon sehr viel Zeit investiert hat­ Editorial Liebe Leser, am Ende voran ging. Daneben haben wir auch wieder einiges aus der Welt der Forschung gepackt. Was können wir aus den Strukturen des Universums lernen? Zufall scheint es nicht zu sein, der die Anordnung treibt, aber was steckt dahinter? Und warum entstehen Planeten vielleicht früher als gedacht? Sobald wir ein paar Antworten gefunden haben tauchen neue Fragen auf, das finde ich so spannend an der For­ schung. Werden wir aber deswegen unsere Welt immer komplizierter beschreiben müssen oder schaffen wir es wieder ein vereinfachteres Modell zu finden? Ich bin gespannt. nun halten Sie endlich die aktuelle Ausgabe in der Hand. Dieses Jahr musste es leider etwas länger dauern bis die letzte Ausgabe des Jahres fertig ge­ stellt werden konnte. Da es aber darauf zurückzu­ führen ist, dass wir schwer mit der Fertigstellung des Teleskops zu tun hatten denke ich, dass es in aller Sinne war. Dafür können wir nun auch ganz brandaktuelle In­ formationen zur Fertigstellung bieten! Einige Be­ richte in dieser Ausgabe beschäftigen sich mit diesem Thema und bei weitem nicht alle Einzelhei­ ten konnten Berücksichtigung finden. Aber ich denke, dass es ausreichend beschrieben ist, welch Viel Spaß beim Lesen dieser Ausgabe, Anstrengungen dahinter standen und wie zügig es Martin Tischhäuser Titelbild: Unser AAP­Teleskop nach dem Aufbau (Foto: © Tischhäuser) — es fehlen Bernd Weisheit, Hermann Huissel und Kay Niemzig 3 Aus Wissenschaft und Forschung Aus Wissenschaft und Forschung Stärker als vorhergesagt — Gespenstische Ausrichtung der Quasare Die Achsen supermassiver Schwarzer Löcher scheinen sich über Milliarden Lichtjahre hinweg aneinander auszurichten. Vollständig erklären kön­ nen Astronomen diese erstaunliche Entdeckung bislang nicht. Wissenschaftler haben 93 Quasare auf Aufnahmen des Very Large Telescope (VLT) in Chile analy­ siert, von denen bekannt war, dass sie riesige Gruppen bilden, die sich über Milliarden von Lichtjahren verteilen. Quasare sind Galaxien mit sehr aktiven supermas­ sereichen Schwarzen Löchern in ihren Zentren. Umgeben sind diese Schwarzen Löcher jeweils von einer sich drehenden Scheibe aus extrem heißem Material. Dieses werde oft in langgezoge­ nen Strahlen, sogenannten Jets, entlang ihrer Rota­ tionsachsen hinausgeschleudert. Die Analyse ergab, dass die Rotationsachsen der zentralen Schwarzen Löcher über Milliarden von Lichtjahren parallel zueinander ausgerichtet sind. Sie tendieren also dazu, in die gleiche Richtung zu zeigen. Die Astronomen stellten außerdem fest, dass die Rotationsachsen dieser Quasare dazu nei­ gen, sich an den riesigen Strukturen im kosmi­ schen Netz zu orientieren, in dem sie sich befinden. Über ihre Entdeckung berichten die For­ scher im Fachblatt Astronomy & Astrophysics. Das Phänomen sei schon eine seltsame Sache, sag­ te Damien Hutsemékers von der Universität Liège. In der eigenen Pressemitteilung ist gar von einer gespenstischen Ausrichtung die Rede. Schließlich ist der Abstand von einem Quasar zum nächsten selbst für kosmische Verhältnisse gigantisch. Die untersuchten Quasare sind nicht gleichmäßig übers Universum verteilt. Sie ballen sich vielmehr an bestimmten Stellen, andere Regionen sind dafür so gut wie leer. Das von den Galaxien gebildete Netz wird großräumige Struktur genannt. Die VLT–Daten legten nahe, dass sich die Rotati­ onsachsen der Quasare parallel zum Netz der großräumigen Strukturen ausrichten, in denen sie sich selbst befinden, schreiben die Forscher. Die Wahrscheinlichkeit, dass die beobachtete Ausrich­ tung zufällig ist, beträgt nach Schätzung der For­ scher weniger als ein Prozent. Eine Korrelation zwischen der Ausrichtung von Achsen Schwarzer Löcher aneinander ausgerichtet (künstlerische Darstellung) 4 Quasaren und der Struktur, zu der sie gehören, sei eine wichtige Vorhersage numerischer Simulatio­ nen der Entwicklung unseres Universums, erklärt Dominique Sluse vom Argelander–Institut für Astronomie in Bonn. Insofern passt die Entde­ ckung zu bereits bestehenden Theorien des Univer­ HL Tauri — Das schärfste Bild eines jungen Sonnensystems Planeten um frisch geborene Sterne entstehen of­ fenbar deutlich früher als angenommen. Das zei­ gen eindrucksvolle Bilder aus dem All. Es handele sich um die bislang detailreichsten Aufnahmen ei­ nes entstehenden Sonnensystems, berichten die Forscher. Die Bilder des Radioobservatoriums Alma in Chile zeigen die Staubscheibe um den jungen Stern HL Tauri im Sternzeichen Stier. Deutlich sind in der Scheibe dunkle Ringe und Lücken zu erken­ nen, die höchstwahrscheinlich von entstehenden Planeten stammen, wie die europäische Südstern­ warte ESO in Garching bei München mitteilte. HL Tauri ist nicht mehr als eine Million Jahre alt, und trotzdem scheint seine Scheibe voll von entste­ henden Planeten zu sein. Das sei überraschend, da so junge Sterne eigentlich keine großen planetaren 450 Lichtjahre entfernte Staubscheibe: Junge Sterne sollten eigentlich keine großen planetaren Begleiter haben. Aus Wissenschaft und Forschung sums. Dass die beobachteten Ausrichtungen sogar größer seien als Vorhersagen von Simulationen, könnte laut Sluse ein Hinweis darauf sein, dass es eine fehlende Zutat in unserem heutigen Modell des Universums gebe. (ms) Begleiter haben sollten, die in der Lage seien, sol­ che Strukturen zu verursachen, erläutert Stuartt Corder, stellvertretender Direktor von Alma. Diese eine Aufnahme allein werde die Theorien zur Pla­ netenentstehung revolutionieren, betont Corders Kollegin Catherine Vlahakis. Die Scheibe im Sternbild Stier demonstriert die Entstehung einer Welt: Sterne entstehen aus kos­ mischen Gas­ und Staubwolken, in denen sich von Schwerkraft getrieben die heißen Kerne zusam­ menballen. Die restliche Wolke sammelt sich in ei­ ner protoplanetaren Scheibe um den jungen Stern. In dieser Scheibe ballt sich wiederum Materie zu­ sammen, und mit der Zeit entstehen daraus Aste­ roiden, Kometen und Planeten. Größere planetare Körper pflügen Spalten und Ringe in die Scheibe, wie sie jetzt mit dem Radioteleskop Alma beob­ achtet wurden. Die beobachtete Staubscheibe ist 450 Lichtjahre entfernt. Ein Lichtjahr ist die Strecke, die das Licht Scheibe mit Löchern: Deutlich sind in der Scheibe dunkle Ringe und Lücken zu erkennen, die höchstwahrscheinlich von entstehenden Planeten stammen. Aus Wissenschaft und Forschung 5 Umgebung der jungen Staubscheibe: Die Aufnahme legt nahe, dass Planeten um frisch geborene Sterne deutlich früher entstehen als angenommen. in einem Jahr zurücklegt, und entspricht fast zehn Billionen Kilometern. Um die Details in der Staubscheibe erkennen zu können, haben die Astronomen die zahlreichen An­ tennenschüsseln des ALMA–Observatoriums (Ata­ cama Large Millimeter/submillimeter Array) zu Astrophysik — Hinweise auf Dunkle Materie in der Sonne entdeckt einem virtuellen Riesen–Radioteleskop zusam­ mengeschaltet. Auf diese Weise erreicht die Anlage eine Detailschärfe, die jene des Hubble– Welt­ raumteleskops weit übersteigt, allerdings bei einer anderen Wellenlänge. (ms) rätselhaften dunklen Materieformen fehlt bislang. Vielleicht ist ein solcher direkter Nachweis nun Astronomen aus Großbritannien geglückt. Andy Das Universum bestehe fast ausschließlich aus Read und seine Kollegen von der University of Dunkler Energie und Dunkler Materie, sind Astro­ Leicester haben nämlich Variationen in der Rönt­ physiker überzeugt. Die uns bekannte Materie ma­ genstrahlung im Weltall nahe der Erde entdeckt, che nur etwa fünf Prozent der gesamten Materie die sich durch sogenannte Axione erklären lassen, aus. Aber ein hieb­ und stichfester Beleg für die bislang hypothetische Teilchen. Sie gehören laut 6 Aus Wissenschaft und Forschung Die Sonne aus der Sicht des Solar Dynamics Observatory (NASA) Theorie der Teilchenphysiker zur Dunklen Materie. Nach Aussagen der Forscher sollen die leichten, la­ dungsfreien Partikel im Innern der Sonne entstehen und von dort in alle Richtungen ins Weltall fliegen. Axione wechselwirken nicht mit herkömmlicher Materie, dafür aber mit dem Magnetfeld der Erde. Dabei entsteht Röntgenstrahlung — und diese wol­ len die Wissenschaftler nun nachgewiesen haben. Der direkte Nachweis der Dunklen Materie be­ schäftige Physiker seit mehr als 30 Jahren, sagte George Fraser, mittlerweile leider verstorbener Hauptautor der Studie. Sollte der Nachweis von Axionen bestätigt werden, wäre dies zweifellos ei­ ne Sensation. Aber so weit sind die Astrophysiker noch nicht. Die Forscher aus Leicester hatten einen riesigen Berg an Messdaten ausgewertet, den das ESA–Röntgenteleskop XMM–Newton im Laufe von zwölf Jahren gesammelt hat. Dabei stellten sie fest, dass die Intensität der Röntgenstrahlung im­ mer dann leicht erhöht war, wenn sich das Tele­ skop zwischen Erde und Sonne befand und nicht, aus Perspektive der Sonne, hinter der Erde. In ihrer 67 Seiten umfassenden Studie, die bereits auf arxiv.org publiziert ist, beschreiben die For­ scher, wie sie Schritt für Schritt mögliche andere Erklärungen für das Phänomen untersucht und dann ausgeschlossen haben. Wenn man alle be­ kannten Quellen aus dem Signal herausrechne, müsste die Röntgenstrahlung auf beiden Seiten der Erde eigentlich gleich groß sein, schreiben die Forscher im Fachblatt Monthly Notices of the Roy­ al Astronomical Society. Dies sei aber nicht der Fall. Eine ähnliche Signatur habe man auch in Da­ ten das NASA–Röntgenteleskops Chandra ent­ deckt. Das sei ein faszinierendes Ergebnis, sagte Martin Barstow, Präsident der Royal Astronomical Socie­ ty. Er forscht wie die Autoren an der University of Leicester, war an der Studie jedoch nicht beteiligt. Weniger enthusiastisch gab sich der Astronom Pe­ ter Coles von der University of Sussex. Der Be­ weis, dass das Signal auf Axione zurückgehe, sei umständlich, man müsse zwingend alle anderen möglichen Quellen von Röntgenstrahlung heraus­ rechnen. Das Ganze klinge verlockend, aber er würde da kein Geld drauf wetten. Er glaube eher an einen rätselhaften Effekt der Plasmaphysik als Ursache denn an ein fundamentales Phänomen. (ms) Zeichnung des hypothetischen Effekts: Die Partikel, sogenannte Axione, werden in der Sonne erzeugt und rasen Richtung Erde. Sie wechselwirken nicht mit herkömmlicher Materie, dafür aber mit dem Magnetfeld der Erde. Dabei entsteht Röntgenstrahlung (X–ray), diese wollen die Wissenschaftler nun nachgewiesen haben. Die Intensität der Strahlung war immer dann leicht erhöht, wenn sich das Teleskop zwischen Erde und Sonne befand und nicht, aus Perspektive der Sonne, hinter der Erde. Aus Wissenschaft und Forschung 7 Dampfsauna — Wasser auf kleinem Exoplaneten entdeckt HAT P­11b liegt etwa 124 Lichtjahre von der Erde entfernt und ist ungefähr so groß wie Neptun. Nun ha­ ben Forscher auf dem Exoplaneten Wasserdampf nachgewiesen. Es ist der bislang kleinste Planet au­ ßerhalb unseres Sonnen­ systems, bei dem dieser Nachweis gelungen ist. Die Arbeit sei ein wichtiger Meilenstein für die Suche nach Wasser auf erdgroßen Planeten, schreiben For­ Vielfalt im Weltall: Auf einem kleinen Planeten haben Astronomen jetzt scher um Jonathan Fraine Wasser entdeckt von der US–Universität von Maryland in College Park im Fachmagazin Wasserdampf, wie die Untersuchung mit den Welt­ Nature. raumteleskopen Hubble und Spitzer gezeigt habe. Wasser ist eine Voraussetzung für Leben, wie wir Astronomen hoffen, mit künftigen Teleskopen es kennen. Unter anderem deshalb suchen Astrono­ auch Wasser auf etwa erdgroßen Planeten nach­ men nach Spuren von Wasser auf Planeten anderer weisen zu können, die sich in der bewohnbaren Sterne, den extrasolaren oder Exoplaneten. Dazu Zone ihres Heimatsterns aufhalten. nutzen sie die Tatsache, dass manche Planeten von Die Analyse stützt auch die gegenwärtige Vorstel­ der Erde aus gesehen regelmäßig vor ihrem Stern lung der Astronomen von der Planetenentwick­ vorbeiwandern, der dabei die Planetenatmosphäre lung, nach der schwerere Moleküle und Elemente durchleuchtet. Je nach ihrer chemischen Zusam­ umso häufiger vorkommen, je kleiner ein Planet mensetzung schluckt die Planetenatmosphäre un­ ist. Die Vorstellungen von der Planetenentstehung terschiedlich viel Licht bei verschiedenen seien so entwickelt worden, dass sie zu unserem Wellenlängen. Sonnensystem passten, und sie wüssten nicht, ob Auf diese Weise haben Astronomen bereits Wasser sich andere Planetensysteme genauso verhielten, in der Atmosphäre verschiedener Riesenplaneten erläuterte Forschungsleiter Drake Deming von der nachgewiesen, die so groß sind wie der Jupiter, der Universität von Maryland. Sie möchten die grund­ größte Planet in unserem Sonnensystem. Der jetzt legende Frage untersuchen, ob kleine Planeten untersuchte Planet HAT P­11b hat dagegen nur et­ mehr schwere Elemente wie den Sauerstoff im wa den vierfachen Durchmesser der Erde und ist Wasserdampf besitzen. Der Nachweis auf HAT P­ damit ähnlich groß wie der Neptun. Allerdings um­ 11b sei dabei ein wichtiges Teil des Puzzles und kreist er seinen Heimatstern sehr viel dichter als passe zu den gegenwärtigen Vorstellungen der der Neptun die Sonne. Dadurch ist es auf ihm rund Astronomen. 600 Grad Celsius heiß, viel zu heiß für Leben. (ms) Der Planet habe vermutlich einen Gesteinskern, der von einer dichten Atmosphäre umhüllt sei, ver­ muten die Forscher. In den wolkenfreien oberen Atmosphärenschichten finde sich die Signatur von 8 Aus Wissenschaft und Forschung Wahrlich abgestanden — Großteil unseres Wassers ist älter als die Sonne Die Frage nach dem Ursprung des irdischen Was­ sers treibt Forscher schon lange um. Kam es aus dem Sonnensystem selbst? Also aus jener Gas­ und Staubscheibe, die um die junge Sonne rotierte und aus der vor rund viereinhalb Milliarden Jahren Pla­ neten, Kometen und Asteroiden entstanden? Oder ist das Wasser noch älter und stammt aus jener kal­ ten molekularen Wolke, die einst unsere Sonne ge­ bar? Neue Berechnungen haben nun ergeben, dass ein großer Teil tatsächlich aus eben dieser molekularen Wolke herrührt. 30 bis 50 Prozent vom irdischen Nass, schreiben Forscher um Ilsedore Cleeves von der University of Michigan in Ann Arbor im Fach­ blatt Science, seien älter als die Sonne selbst. Diese Zahl, sollte die Modellrechnung stimmen, beinhal­ tet noch eine weitere Botschaft: Wenn unser Son­ nensystem auf diese Weise derartig große Mengen Wasser abbekommen hat, dürfte das in anderen Planetensystemen ebenfalls der Fall sein, was wie­ derum die Wahrscheinlichkeit von Leben in fernen Welten steigern könnte. Die Wissenschaftler haben für ihre Analyse die Chemie des frühen Sonnensystems simuliert und sich dabei das Verhältnis zwischen normalem und dem sogenannten schweren Wasser angeschaut, das statt Wasserstoff Deuterium besitzt. Deuterium ist eine Wasserstoffvariante, die ein zusätzliches Neutron im Atomkern enthält. Sie verhält sich chemisch etwas anders als normaler Wasserstoff, etwa bei sehr tiefen Temperaturen. Die Chemie verrate ihnen, dass die Erde einen Teil des Wassers aus einer sehr kalten Quelle empfangen haben müsste, nur knapp über dem absoluten Nullpunkt, erläutert Cleeves' Kollege Ted Bergin in einer Mit­ teilung seiner Hochschule. Die Simulation habe die Chemie des Sonnensys­ tems über einen Zeitraum von etwa einer Million Jahre abgebildet, die typische Lebensdauer einer planetenformenden Scheibe. Die chemischen Pro­ zesse in der Scheibe hätten aber nur sehr ineffizi­ Aus alter Zeit: Eis aus molekularen Wolken gelangt in planetenformende Scheiben um junge Sterne Aus Wissenschaft und Forschung ent schweres Wasser erzeugt. Wenn die planetare Scheibe das Wasser nicht hergestellt habe, müsse es eingeschleppt worden sein, erklärt Bergin. Das lege wiederum nahe, dass die meisten jungen Planetensysteme über ähnliche Wasserreserven verfügen, argumentieren die Wissenschaftler. Falls das Wasser im frühen Sonnensystem hauptsächlich in Form von Eis aus dem interstellaren Raum ein­ geschleppt wurde, dann ist es wahrscheinlich, dass ähnliches Eis, zusammen mit den präbiotischen or­ ganischen Verbindungen, die darin enthalten sind, 9 auch in den meisten oder allen protoplanetaren Scheiben von entstehenden Sternen reichlich vor­ handen ist. Falls aber das Wasser im jungen Son­ nensystem vor allem ein Ergebnis der chemischen Prozesse während der Geburt der Sonne war, dann kann die Häufigkeit von Wasser in entstehenden Planetensystemen erheblich variieren, was natür­ lich Bedeutung für die potenzielle Entstehung von Leben dort haben würde. (ms) Kraterentstehung — schufen Vulkane Mondgesicht? Der Mann im Mond ist wahrscheinlich das Er­ gebnis von Vulkanausbrüchen auf dem Erdtra­ banten. Davon zeugt eine gigantische rechteckige Struktur unter der Mondoberflä­ che. Erkenntnisse aus der NASA–Mondmission GRAIL (Gravity Recovery and Interior Labo­ ratory) widerlegen demnach die weit verbrei­ tete Vorstellung, dass der Oceanus Procellarum (Ozean der Stürme) durch einen Asteroideneinschlag entstanden ist. Die Aus­ wertung der GRAIL–Daten präsentiert das Forscherteam um Jeffrey Andrews–Hanna von der Colorado School of Mines in Golden im britischen Wissenschaftsblatt Nature. Der Oceanus Procellarum ist das größte der Oceanus Procellarum: Menschen erkennen in der sogenannten Maria auf dem Mond. Diese Kraterlandschaft ein Mondgesicht. dunklen Becken, die von frühen Beobachtern für Meere (lateinisch maria) gehalten wurden, gelten als magmagefüllte Einschlagkrater. ungefähr 2600 Kilometern Durchmesser, das sich Der Oceanus Procellarum, in dem manche Men­ in weiten Teilen mit dem Oceanus Procellarum schen einen großen Teil eines Mondgesichts erken­ überlappt. Die Schwerkraft zeichnet also ziemlich nen, hat eine Nord–Süd–Ausdehnung von rund exakt das Rechteck nach. Die Forscher deuten die 2500 Kilometern. Manche Theorien legen nahe, Struktur als Hinweis auf früheren Vulkanismus auf dass es sich beim Oceanus Procellarum um den dem Mond. Ein Meteoriteneinschlag hätte schließ­ größten Einschlagkrater auf dem Mond handelt. lich eine rundliche Schwerkraftstruktur hinterlas­ Andere sehen das große Bassin als Ergebnis von sen müssen. Vulkanausbrüchen. In der Frühzeit könnten Brüche in der Oberfläche Mit den GRAIL–Zwillingssonden haben Forscher entstanden sein, die als Kanäle für geschmolzenes die Anziehungskraft des Erdtrabanten genau ver­ Gestein gedient hätten, wie das an der Studie be­ messen. Durch Schwerkraftschwankungen lassen teiligte Massachusetts Institute of Technology sich unterirdische Strukturen aufspüren bei denen (MIT) in einer Mitteilung erläutert. Eine Simulati­ sich die Dicke der Mondkruste ändert. on des Schwerkraftmusters in diesem Szenario Die Auswertung zeigt ein riesiges Rechteck von passe zu den GRAIL–Messungen. 10 Aus Wissenschaft und Forschung Karte der Anziehungskraft des Mondes: Erstaunliche Überstimmung mit Rechteck–Form Die Schwerkraftdaten eröffneten ein neues Kapitel ge, die heute mit bloßem Auge sichtbar sei, meint der Mondgeschichte, in dem der Mond ein dyna­ Andrews­Hanna. mischerer Ort war als die Kraterlandschaft nahele­ (ms) Mangalyaan — erste Sonde aus Indien erreicht Mars erwarten. Hauptziel des Marsprojekts ist der Imagegewinn. Das aufstrebende Schwellenland Indien wollte vielmehr zeigen, dass es überhaupt zu einer Mission im interplanetaren Raum fähig ist. Von den bislang 51 Mars–Missionen waren nur 21 erfolgreich. Versuche Chinas und Japans schei­ terten. Im Vergleich zu allen anderen Missionen ist die indische mit geplanten Gesamtkosten von umge­ rechnet knapp 55 Millionen Euro sehr günstig. So­ gar der Hollywood–Weltraumfilm Gravity war mit umgerechnet 78 Millionen Euro deutlich teurer. Weitere Weltraummissionen sollen folgen. Für das Jahr 2016 ist geplant, ein indisches Roboterfahr­ zeug auf den Mond zu schicken, dann könnte 2018 ein Landeversuch auf dem Mars folgen. (ms) Mangalyaan (Hindi für Mars–Gefährt) hat nach ei­ ner zehn Monate langen Reise Ende September die Mars–Umlaufbahn erreicht. Beim alles entschei­ denden Manöver, bei dem Mangalyaan in den Or­ bit eintrat, wurde die Sonde von einer Geschwindigkeit von 22,2 Kilometern pro Sekun­ de auf 4,4 Kilometer pro Sekunde abgebremst. Es ist die erste Sonde aus Asien, die so weit ge­ kommen ist, was in Indien ausgiebig gefeiert wur­ de. Das Wettrennen zum Mars sei gewonnen, titelte die Tageszeitung Hindustan Times. Die Ti­ mes of India jubelte, Indien sei in den superexklu­ siven Mars–Klub eingetreten. Bislang haben nur Flugkörper aus den USA, Russland und Europa den Roten Planeten erreicht. Mangalyaans Eintritt in die Mars–Umlaufbahn hat ganz Indien in einen Freudentaumel versetzt. Auch hat die Raumsonde einen Schnappschuss aus dem Orbit des Roten Planeten an die Erde geschickt. Auf der leicht unscharfen Aufnahme sind Krater verschiedener Größe sehr gut zu erkennen. Der Blick sei wunderschön dort oben, schrieb die indische Weltraumbehörde auf Facebook zu einem vorherigen Foto von der Mars–Oberfläche. Es sei aus einer Höhe von etwa 7300 Kilometern aufge­ nommen worden. Die Sonde funktioniere einwand­ Sonde Mangalyaan vor dem Start. Rechts und links frei, sagte ein Sprecher der Weltraumbehörde. sind die Hälften der Nutzlaststufe der Rakete Neue wissenschaftliche Erkenntnisse sind kaum zu Sternwarten 11 Sternwarte Bieselsberg Kleben was das Zeug hält — kein Weg zurück Der November zeigte sich in diesem Jahr wieder von seiner wenig astro­ freundlichen Seite: praktisch kaum Beobachtungsmöglichkeiten und wenn, dann meist von kurzer Dauer am Abend bevor der Nebel alles ver­ hüllte. Aber in diesem Jahr konnten wir dem trotzdem etwas gutes abge­ winnen, denn das gab uns wenig schlaflose Nächte und ermöglichte uns ein ausgeschlafenes Arbeiten am Te­ leskop. Präzision war aber auch nötig bei den Arbeiten, die wir noch am Teleskop auszuführen hatten. Es galt zum einen, einige Teile unwiderruflich zusam­ menzufügen und zum anderen bei den Arbeiten auch keinerlei noch so kleine Schäden an den Teilen zu verursa­ chen. Das erste Treffen fand ohne Vorsichtig werden die beiden mit Klebstoff bestrichenen Teile ineinander geschoben mich statt, so dass ich wenig darüber berichten kann. Die erste größere Aufgabe bestand dann darin, die schüssigen Klebstoff zu befreien. Auch wenn wir Lagersitze zu verkleben. Damit die schöne Präzisi­ das nicht ausnutzten konnten wir doch schon einen on aber nicht durch ungewollte Staubteilchen vermiest wird ver­ brachte Armin schon am Freitag Abend mehrere Stunden damit, seine Werkstatt wesentlich sorgfältiger als sonst von Staub zu befreien und selbst die unzugänglichsten Ecken nicht auszulassen. Nach dieser Vorarbeit konnten wir uns am Samstag in kleinem Kreis (Werner, Armin und ich) treffen um das Werk in Angriff zu nehmen. Vor jedem Arbeitsgang mussten die Werkstücke nochmals peinlich genau begutachtet und von Schmutz und Fetten befreit werden, die sonst den Erfolg beeinträchtigt hätten. Nach dem Mischen des Zweikomponen­ tenklebers hatten wir bis zu einer Sorgfältig wird die Oberfläche des Gehäuses abgenomme. Man Stunde Zeit, die Teile vorsichtig zu­ kann Armin förmlich die Konzentration ansehen, die er immer an den Tag legt. sammenzufügen und vom über­ 12 Sternwarten deutlich Unterschied feststellen als wir eine kleine ungeplante Pause von ca. zehn Minuten zusätzlich zwischen Anmischen und Anbringen einlegen mussten. Der Kleber war schon deutlich zäher ge­ worden und die Teile ließen sich nicht mehr ganz so leicht ineinander schieben. Auch wenn wir zunächst dachten, die Arbeiten bis zum Nachmittag abschließen zu können, dauerte es bis zum Abend bis die letzten Teile verklebt waren. Aber lieber wollten wir genau arbeiten als uns hin­ terher ärgern zu müssen, wenn irgend etwas falsch verklebt, beschädigt oder nicht ausreichend fest verklebt wäre! Schon am darauf folgenden Samstag trafen wir uns erneut, um die nächsten Schritte anzugehen: die Anpassung der Motorantriebe. Dazu mussten die Schneckengehäuse auf die exakte Position des Schneckenrads eingestellt werden damit sie perfekt ineinander greifen und möglichst wenig Fehler ent­ stehen. Armin hatte dazu bei den Gehäusen etwas weniger Material abgetragen und noch Spielraum zu haben. Zuerst galt es also zu ermitteln, wie viel Material noch abgetragen werden musste. Mittels dünner genormter Unterlagstreifen brachten wir das Schneckenrad in unterschiedliche Höhen und er­ zeugten eine Tragbild mittels Tuschierfarbe. Nach­ dem wir die optimale Position gefunden hatte konnte Armin dann das Gehäuse auf Maß bringen. Um den Lauf des Schneckenrads noch zu verbes­ sern (Unebenheiten) war uns geraten worden, es noch leicht einlaufen zu lassen. Dazu wurde es mit einer speziellen Paste versehen und mit der Bohr­ maschine einige Umdrehung gedreht. Danach musste es wieder gereinigt werden, wobei sich die Paste leider als sehr säuberungsresistent erwies, so dass auch diese Aktion länger als gedacht dauerte. Selbst im Nachhinein musste Armin noch mal ein paar Stunden in die weitere Säuberung investieren bis die Reste der Paste verschwunden waren. Damit war nun aber alles vorbereitet für den Um­ zug nach Bieselsberg. (mt) Die Bohrmaschine leistet beim Einschleifen Drehhilfe 13 Sternwarten Der große Tag — die Verwirklichung eines Traums Wofür verwendet man ein Schaukelgerüst? Die Antwort auf diese Frage wird den meisten nicht schwer fallen und die Frage überhaupt gestellt zu bekommen dürfte den meisten eher einen fragen­ den Blick oder Stirnrunzeln entlocken. Nun könnte man es im übertragenen Sinn dafür verwenden „wir werden das Kind schon schaukeln“ zu sagen, aber auch das hätte bis vor einigen Monaten nur ein mitleidiges Lächeln auf die Gesichter der AAP­ ler gezaubert. Nein, das alte Schaukelgerüst von Armin wurde von uns ganz praktisch eingesetzt. Als Ersatz für eine nicht vorhandene Befestigungsmöglichkeit für einen Flaschenzug kam es uns gerade recht, dass es gerade frei wurde und für unsere Zwecke einge­ setzt werden konnte. Da wir es nicht erwarten konnten wurde der Auf­ bautermin schon auf den Samstag nach den letzten gemeinsamen Arbeiten in Armins Werkstatt gelegt. Armin startete einen Aufruf per EMail und suchte nach möglichst vielen Helfern, um die schweren Einzelteile nach Bieselsberg in die Kuppel zu brin­ gen. Man darf nicht vergessen, dass einige Teile weit mehr als 150kg wiegen! Erfreulicherweise fanden sich einige Helfer ein, um bei diesem großen Augenblick dabei sein zu können und bis zu 8 Miitglieder waren zeitgleich im Einsatz. Armin hatte wieder einmal einige Vorarbeit geleis­ tet und alles transportfertig auf Paletten verpackt. Diese wurden dann aus seiner Werkstatt gehievt, auf Anhänger verladen und auf ihre letzte Reise geschickt. In Bieselsberg angekommen stand aber die größte Herausforderung an, das Tragen in die Kuppel. Mit vereinten Kräften gelang es aber, die schweren Elemente vorsichtig und ohne Schäden über die schmale Treppe in die Kuppel zu bringen. Dort wurde dann das Schaukelgestell zum Einsatz ge­ bracht um die schweren Achsen ganz langsam und präzise an ihren Bestimmungsort zu bringen. Hier war nun weniger die Kraft als die Genauigkeit ge­ fragt. Aber auch das ist anstrengend und die Helfer hat­ ten sich dann nach einigen Stunden Arbeit erst ein­ mal eine kleine Pause zur Stärkung verdient. Christian Witzemann hatte dafür extra leckeres Chili inlusive Brot mitgebracht, was von allen dan­ kend verputzt wurde und so blieb nicht mehr viel davon übrig (sorry, Christian). Danach mussten ei­ nige Helfer (zu ihrem Leidwesen) leider den Heimweg antreten, aber die meisten wollten nicht weichen, bevor nicht die Montierung fertig da stand. Als ich um diese Zeit hinzustieß waren die Achsen bereits montiert und man konnte mit dem Aufbau des Teleskops selbst beginnen. Dafür wurde das Fernrohr (auch knapp 100kg) auf einen Hubwagen gehoben und genau nach Armins Messungen in den Rohrschellen befestigt, so dass es zum einen gut ausbalanciert ist und zum anderen noch gut an den Schneckenrädern vorbeigeschwenkt werden kann. Nun kamen auch die fünf Hantelscheiben als Gegengewichte zum Einsatz, was allein ein impo­ santer Anblick ist, denn jede wiegt 25kg. Lutz konnte auch schon mal den Einblick in Zenit­ nähe testen. Er war der einzige von uns, der groß genug war, um auf der Treppenleiter stehend in den Okularauszug zu blicken, die restlichen müs­ sen noch wachsen. Nein, natürlich werden wir uns Nein, Armin kann sich noch so anstrengen, es reicht nicht bis zum Okularauszug 14 noch um eine höhere Leiter bemühen. Beim Aufbau stellte sich dann heraus, dass ein paar Schrauben noch ein wenig zu weit überstanden, aber selbst um 21 Uhr wollten die meisten nicht aufgeben. Also fuhr Armin noch mal schnell in sei­ ne Werkstatt um die notwendigen Schrauben zu besorgen und ich nach Hause um ein paar Adapter­ kabel für die Montierungssteuerung zu besorgen während sich der Rest erst einmal wieder im An­ bau aufwärmen konnte, denn die Stunden bei nur wenigen Plusgraden machten sich bemerkbar. Als wir dann wieder anpackten um die Schrauben auszutauschen und der Endspurt nun wirklich spür­ bar war wich die Müdigkeit der Vorfreude der Fer­ tigstellung. Kurz nach 23 Uhr war es dann soweit: die Mechanik stand und Armin machte die letzten feinfühligen Einstellungen der Schneckenräder während ich die Steuerung anschloss. Sternwarten Dann kam der Moment: die Steuerung übernahm das Kommando und schob das Teleskop ganz leicht durch die Kuppel — ein Augenblick zum Atem anhalten! Kaum zu glauben, aber ohne grö­ ßere Probleme schob sich der weiße Koloss durch die Kuppel, welch ein Anblick. Auf diesen historischen Moment für den AAP konnten wir dann verdientermaßen mit einem Glas Sekt (Danke, Werner!) anstossen und geniessen. Auf dem Titelbild kann man die Freude darüber si­ cher ohne Mühe erkennen, auch wenn wir es da­ nach doch recht eilig hatten, den Heimweg anzutreten, denn bei einer Wolkengrenze von 0m über Boden (Nebel) war an die erste Beobachtung leider nicht zu denken. (mt) Wie definiert man „fertig“? Oder: die unendliche Geschichte? Nun ist es vollbracht, unser Teleskop ist fertig! Wirklich? Nun ja, nicht ganz wenn wir ehrlich sind... Aber was fehlt noch? Es waren noch ein paar Kleinigkeiten, die wir uns aufgehoben hatten. Unter anderem waren die Schneckenräder noch nicht geschmiert und damit die Staubschutzkästen auch noch nicht fertig verschraubt. Dafür trafen sich Armin und ich ei­ ne Woche später noch einmal um das zu erledi­ gen, denn dafür brauchte es ja auch kein großes Helferaufgebot. Mittlerweile hatte Armin auch noch mal Hand angelegt und unseren guten alten Refraktor in die Rohrschellen für das Nachführfernrohr gesteckt, wovon er auch schon stolz die Bilder am Ver­ einsabend zeigen konnte. Wenn man nun so in die Kuppel kommt, fühlt sie sich gar nicht mehr so leer und groß vor. Wenn man sich allerdings neben das Teleskop stellt fühlt man sich selbst doch wieder ganz klein neben diesem Ungetüm. Nach diesem Eindruck gingen wir ans Werk und befreiten die Schneckenräder und die Schnecke vom Staub und den Holzspänen, die beim Trans­ port und Aufbau entstanden waren und versorg­ ten sie dann mit dem zähflüssigen Öl. Mittlerweile war auch Jürgen Wummel zufällig eingetroffen und half mit. Erst der Vergleich mit einem Erwachsenen läßt die Dimensionen richtig zur Geltung kommen Sternwarten Danach stellten wir noch die Klemmung ein und ließen das Teleskop probeweise durch die Kuppel rotieren, was hervorragend funktionierte, bevor wir die Staubschutzabdeckung befestigten. Neben der Heizung für die Rektaszensionsachse hatte Armin nun auch eine Heizung für die Deklinationsachse gebastelt, die wir ebenfalls anbrachten. Die Hei­ zungen werden dafür sorgen, dass sich das Tele­ skop selbst bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt noch drehen lässt, denn sonst würden sich die Achsen jeweils auf Grund der unterschied­ lichen Temperaturausdehnung der Materialien zu sehr verklemmen. Wer bei solchen Temperaturen beobachten möchte muss also rechtzeitig für Wär­ me sorgen, denn das Aufheizen dauert schon ein bis zwei Stunden je nach Temperatur. Bisher wurde der Strom von einem mobilen Netz­ gerät geliefert. Das wird demnächst noch durch ei­ ne fest installierte Stromversorgung über die im Betonsockel vorgesehenen Kabelschächte ersetzt. Dazu werden wir die noch herumhängenden Kabel fest anbringen, so dass auch in der Dunkelheit kein Besucher der Führung aus Versehen ein Ende setz­ ten kann. Auch werden wir noch Schutzvorichtun­ gen anbringen, dass sich die Besucher im Dunkeln weder an den Gegengewichten noch der Schne­ ckenradabdeckung stossen können, denn die Si­ Führungen Im Herbst konnten wir leider kaum Führungen an­ bieten, da das Wetter mal wieder nicht mispielte. Zum einen ist das sehr schade, zum anderen half es uns natürlich, über die Zeit zu kommen, in der kein fest installiertes Teleskop zur Verfügung stand. Christian Witzemann hatte extra sein privates Tele­ skop an der Sternwarte geparkt um gewappnet zu sein. Nun mit der Installation des neuen Teleskops sollten wir wieder voll einsatzfähig sein und brau­ 15 cherheit für unsere Gäste (aber natürlich auch uns) hat höchste Priorität. Eine höhere Treppe für unsere Besucher werden wir auch noch besorgen müssen. Da suchen wir wieder nach einer kleinen Stufentreep mit Platt­ form. Außerdem muss sie ein Geländer haben, denn bei einer Höhe von 1m bis 1,20m im Dunkeln trauen sich sonst nicht viele darauf. Eventuell kann man dort auch noch kleine Positions­LEDs anbrin­ gen um die Orientierung zu erleichtern. So lange die noch nicht vorhanden ist, werden wir im neuen Teleskop nur Objekte bis in etwa 50 Grad Hori­ zonthöhe zeigen, denn sonst kann man nicht in den Okularauszug blicken. Weiter oben liegende sind nach wie vor über den Einblick in den Refraktor zu erreichen, so dass wir erst einmal keine großen Einschränkungen in der Objektwahl haben. Auch wenn wir ein anderes Leitrohr benutzen hätten würde die Auswahl auf eine Cassegrain­Bauweise fallen, bei der man von hinten (in dem Fall von unten) einblicken kann. Und dann bleibt uns nur noch das Warten auf eine schöne, klare Winternacht um unser Prachtstück auszuprobieren. Das ist fast wie das Warten auf das Christkind zu Kindeszeiten — nur ohne festen Zieltermin, was es eher noch schlimmer macht. (mt) chen nur noch gutes Wetter für seinen Einsatz. Ab Januar geht es wieder weiter mit den Führun­ gen. Jupiter und wenn möglich der Mond werden sicher die Hauptrollen bei den Führungen spielen. Daneben werden wir auch thematisch das Winter­ sechseck beackern und die Nebel und Sternhaufen aus diesem Himmelsbereich zeigen. (mt) Sternwarte Keplergymnasium Führungen Auch das Kepler­Team konnte nicht auf ausrücken um Besucher zu beglücken. Auch hier geht es im Januar wieder weiter mit den regulären Führungen. Themen sind Jupiter sowie die Objekte im Bereich des Wintersechsecks sowie weitere ausgewählte Objekte wie h+x Persei. (mt) 16 Verschiedenes Verschiedenes Leonhard Euler kam in den folgenden Jahren immer stärkere Pro­ bleme mit seinem Augenlicht und war ab 1740 (* 7. September + 18. September 1783 in Sankt rechtsseitig blind. Petersburg) Er war ein Schweizer Mathematiker 1741 wurde er von Friedrich dem Großen an die und Physiker und starb während er die Bahn des Königlich­Preußische Akademie der Wissenschaf­ vor kurzem aufgefunden Planeten Uranus berech­ ten berufen. Euler korrespondierte weiterhin mit nen wollte. Christian Goldbach und verglich seine Theorien mit denen von Goldbach. An seine Tätigkeit und sein damaliges Wohnhaus in Berlin erinnert eine Gedenktafel an der Behrenstraße 22/23, das heuti­ ge Haus der Bayerischen Vertretung in Berlin. CC­BY­SA 3.0, Autor: Wikipedia:OTFW Euler wurde als ältester Sohn des Pfarrers Paul Eu­ ler und dessen Ehefrau Margaretha geb. Brucker in Basel geboren und wuchs im Pfarrhaus von Riehen auf. Schon mit 13 Jahren studierte er an der Universität Basel und hörte hier Vorlesungen von Johann Ber­ noulli. 1723 erlangte er durch einen Vergleich der newtonschen und cartesianischen Philosophie in lateinischer Sprache die Magisterwürde. Seinen Plan, auch Theologie zu studieren, gab er 1725 auf. Euler vollendete 1726 sein Studium in Basel. Am 17. Mai 1727 berief ihn Daniel Bernoulli an die Petersburger Akademie der Wissenschaften. Er erbte die Professur des 1726 verstorbenen Niko­ laus II. Bernoulli. Hier traf er auf Christian Gold­ bach, mit dem er jahrzehntelang in Briefwechsel stand. 1730 erhielt Euler die Professur für Physik und trat schließlich 1733 die Nachfolge von Daniel Bernoulli als Professor für Mathematik an. Er be­ Nach 25 Jahren in Berlin kehrte er 1766 zurück nach St. Petersburg, wo Katharina die Große seit 1762 als Kaiserin von Russland residierte. An der Akademie der Wissenschaften wurde Euler ein eh­ renvoller Empfang bereitet. Er arbeitete wie in der ersten Sankt Petersburger Periode in der Kunst­ kammer und lebte in einem von Katharina der Großen geschenkten Palais mit seinem Sohn Jo­ hann Albrecht direkt an der Newa. Friedrich der Große und Katharina von Russland in Berlin und St.Petersburg boten Euler die materi­ ellen Voraussetzungen für seine Arbeiten. Russland verzichtete nie völlig auf Euler. Noch während sei­ ner letzten Jahre in Berlin bezahlte man ihm einen Teil seines Gehaltes weiter. Akademien von damals waren Forschungsstätten, die ihre führenden Mitglieder dafür bezahlten, dass sie wissenschaftliche Arbeiten leisteten. Die Ge­ hälter waren so großzügig, dass eine Familie be­ quem davon leben konnte. 17 Verschiedenes, Vorträge Euler war ein ungeheuer produktiver Wissenschaft­ ler: Insgesamt gibt es 866 Publikationen von ihm, die meist in den Zeitschriften der bedeutendsten naturwissenschaftlichen Akademien Europas er­ schienen. Obwohl er nie regulären Unterricht zu erteilen hatte, verfasste er zahlreiche auf lange Zeit hinaus maßgebliche Lehrbücher, so zur Differenti­ al­ und Integralrechnung, zu Mechanik, Ballistik und Akustik, zu Astronomie, Musiktheorie und Schiffbau, sowie — in den Lettres à une Princesse d'Allemagne — eine dreibändige Zusammenfas­ sung der naturwissenschaftlichen Anschauungen seiner Zeit. Nicht einmal die völlige Erblindung im Jahre 1771 konnte Eulers Produktivität hemmen: Noch Jahrzehnte nach seinem Tod füllte die Peters­ burger Akademie einen großen Teil ihrer Publika­ tionen mit seinen Forschungsbeiträgen. 1783 starb Euler an einer Hirnblutung und wurde neben seiner Frau auf dem lutherischen Smolens­ ker Friedhof auf der Wassiljewski­Insel in Sankt Petersburg begraben. In der Sowjetzeit wurden seine sterblichen Überreste auf den Lazarus­Fried­ hof des Alexander­Newskij­Klosters umgebettet. Da Euler und Friedrich der Große sich im Streit trennten, befinden sich heute neben den originalen Dokumenten aus der ersten und der zweiten Pe­ tersburger Periode auch die Dokumente aus der Berliner Zeit im Archiv in Sankt Petersburg. (ws) CC­BY­SA 2.0, Autor: Wikipedia:Pausanias2 Vorträge nen unserer Teleskopbauer werden uns einen bild­ reichen Abriss geben und die verschiedenen Nach einer gefühlten Unendlichkeit (womit wir als Abschnitte und Stillstände der Bauzeit noch einmal Hobby­Astronomen ja traditionell gut umgehen lebendig werden lassen. können) ist unser neues Teleskop endlich betriebs­ Sollte es das Wetter zulassen können wir bestimmt fertig. In diesem Vortrag wollen wir uns ein biss­ auch schon erste Aufnahmen betrachten, lassen wir chen ausführlicher mit ihm und der Geschichte uns mal überraschen, was bis dahin noch alles pas­ seiner Fertigstellung beschäftigen, bei der es ja siert! sehr viel zu erzählen gibt. Vertreter aller Generatio­ 13. März: Das neue AAP­Teleskop 18 Beobachtungsobjekte Beobachtungsobjekte Himmelsanblick am 1.Januar 2015 um 21 Uhr MEZ Beobachtungsobjekte im Winter Jetzt im Winter zeigt sich Jupiter von seiner besten Seite. Gerade in Opposition lassen sich die Struk­ turen seiner Wolken am besten beobachten und auch fotografieren. Da er mit seiner kurzen Rotati­ onszeit in einer Nacht komplett durchrotiert ließe sich sein gesamtes Antlitz in einer Nacht bewun­ dern — wenn da nicht da leidige Theme der tiefen Temperaturen wäre. Aber vielleicht bleibt es ja wieder so mild und eine der Nächte gestattet eine durchgehende Beobachtung. Ansonsten könnte man sich natürlich auch mit einer einfachen Web­ cam und einem Kabel bis ins warme Zimmer be­ helfen... Am Abendhimmel lässt sich die Andromedagalaxie noch eine Weile betrachten bevor im Süden und Osten die Wintersternbilder den Himmel dominie­ ren. Nahe des Zenits findet man Perseus mit h+x, darunter dann das Wintersechseck mit den hellen Sternen und einer Vielzahl von Objekten. Stern­ haufen gibt es jede Menge im Fuhrmann, den Zwillingen, dem Stier und großen Hund, aber auch die Nebel (allen voran der Orionnebel) kommen nicht zu kurz. Der Eskimo am Himmel harmoniert sehr gut mit den tiefen Temperaturen draussen. Eventuell lässt sich Ende Dezember/Anfang Januar auch der Komet C/2014 Q2 (Lovejoy) mit dem Fernglas erspähen. Eine Aufsuchkarte findet man an vielen Stellen, unter anderem auch auf Winnies Kometenseiten. Ende Januar kommt uns auch ein Apollo­Asteroid sehr nahe. Bis auf drei Mondradien nähert sich 2004BL86 unserer Erde in der Nacht vom 26. auf den 27. Januar, vielleicht eine gute Gelegenheit solch ein Objekt anzuschauen. Seine Helligkeit ist mit 9m noch fernglastauglich. (mt) 19 Termine Termine Astronomische Vorschau 3 Dezember Mond bedeckt ο Psc (4,3m), Eintritt an dunkler Seite (3.55 MEZ–4.30 MEZ) 6 Mond bedeckt δ2 Tau (4,8m), Eintritt an dunkler Seite (1.01 MEZ–1.34 MEZ) 8 Jupiter stationär, wird rückläufig (Beginn der Oppositionsschleife) 9 Mond bedeckt τ Gem (3,6m), Eintritt an heller Seite (7.16 MEZ–8.09 MEZ) 21 Uranus stationär, wird rechtläufig (Ende der Oppositionsschleife) 22 Wintersonnenwende (0.03 MEZ) 31 Mond: Goldener Henkel sichtbar am Abend (Juraberge beleuchtet) 8 Januar Mond bedeckt π Leo (4,7m), Eintritt an heller Seite (20.57 MEZ–21.55 MEZ) 30 Mond: Goldener Henkel sichtbar am Abend (Juraberge beleuchtet) 1 Februar Mond bedeckt λ Gem (3,6m), Eintritt an dunkler Seite (19.30 MEZ–20.36 MEZ) 6 Jupiter in Opposition (Entfernung 4,3AE, Helligkeit ­2,6m) 1 März Mond: Goldener Henkel sichtbar am frühen Morgen (Juraberge beleuchtet) 3 Mond bedeckt Acubens (4,3m), Eintritt an dunkler Seite (4.38 MEZ–5.33 MEZ) 14 Saturn stationär, wird rückläufig (Beginn der Oppositionsschleife) 20 Totale Sonnenfinsternis, in Deutschland partiell 77% Bedeckung (9.28 MEZ–11.48 MEZ) 20 Frühlingsbeginn (23.45 MEZ) Veranstaltungen und Treffen Dezember 3 Öffentliche Führung der Volkssternwarte Keplergymnasium (20 Uhr) 5 Monatstreffen des AAP im Pforzheimer Kulturhaus Osterfeld – ohne Vortrag(20 Uhr) 10 Öffentliche Führung der Sternwarte Nordschwarzwald in Bieselsberg (20 Uhr) 17 Beobachterstammtisch im Gasthaus "Grüner Hof" in Huchenfeld (20 Uhr) Januar 7 Öffentliche Führung der Volkssternwarte Keplergymnasium (20 Uhr) 14 Öffentliche Führung der Sternwarte Nordschwarzwald in Bieselsberg (20 Uhr) 16 Jahreshauptversammlung des AAP im Pforzheimer Kulturhaus Osterfeld (20 Uhr) 21 Beobachterstammtisch im Gasthaus "Grüner Hof" in Huchenfeld (20 Uhr) 28 Öffentliche Führung der Sternwarte Nordschwarzwald in Bieselsberg (20 Uhr) 20 6 Termine, Impressum Februar Monatstreffen des AAP im Pforzheimer Kulturhaus Osterfeld – Vortrag "" von (20 Uhr) 11 Öffentliche Führung der Volkssternwarte Keplergymnasium (20 Uhr) 11 Öffentliche Führung der Sternwarte Nordschwarzwald in Bieselsberg (20 Uhr) 18 Beobachterstammtisch im Gasthaus "Grüner Hof" in Huchenfeld (20 Uhr) 25 Öffentliche Führung der Sternwarte Nordschwarzwald in Bieselsberg (20 Uhr) März 4 Öffentliche Führung der Volkssternwarte Keplergymnasium (20 Uhr) 11 Öffentliche Führung der Sternwarte Nordschwarzwald in Bieselsberg (20 Uhr) 13 Monatstreffen des AAP im Pforzheimer Kulturhaus Osterfeld – Vortrag "" von (20 Uhr) 18 Beobachterstammtisch im Gasthaus "Grüner Hof" in Huchenfeld (20 Uhr) 21 Deutscher Astronomietag Sternwarte Bieselsberg: Sonnenbeobachtung und Sternführung (ab 16 Uhr) Sternwarte Keplergymnasium: Sternführung (20 Uhr) Impressum Die Astro–News erscheinen quartalsweise in einer Auflage von 150 Exemplaren und dienen zur Information von Mitgliedern, Freunden und Förderern des Astronomischen Arbeitskreises Pforzheim 1982 e. V. (AAP) Vereinsanschrift: Redaktion: Astronomischer Arbeitskreis Pforzheim 1982 e. V. Martin Tischhäuser z.Hd. Sylja Sollner Silcherstraße 7 Rotestraße 22 72218 Wildberg 75334 Straubenhardt Bankverbindung: Konto 19 12 100, Sparkasse Pforzheim (BLZ 666 500 85) Redakteure: Martin Tischhäuser (mt), Martin Stuhlinger (ms), Wolfgang Schatz (ws) Auflage: 150 Exemplare Redaktionsschluss für die nächste Ausgabe: 21. Februar 2015 Der AAP im Internet: http://www.aap­pforzheim.de http://www.sternwarte­bieselsberg.de http://www.sternwarte­nordschwarzwald.de © 2014 Astronomischer Arbeitskreis Pforzheim 1982 e. V.