Der Palmengarten Vierteljahresschrift des Palmengartens der Stadt Frankfurt am Main Heft 3 38. Jahrgang/ 1974 Aus dem Inhalt: Die Gartenschänke im Palmengarten Alfred Baresel, Frankfurt am Main 65 Blüten und Früchte im Herbst Helmut Carolus, Karlsruhe Ausstellungsrückblick Heribert von Esebeck, Frankfurt am Main 66 Blauendes Fleisch - ein Zeichen für Giftpilze? Heinrich Karl Prinz, Frankfurt am Main 78 Einen Heidegarten kann jeder haben Stefan Kunze, Bad Soden/ Ts. 65 Edelkastanie, Marone Heribert von Esebeck, Frankfurt am Main 79 Homogyne, der Alpen- oder Brandlattich Christian R. Jelitto, Berlin 67 80 Ge1bblühende Stauden Helmut Carolus, Karlsruhe 69 Ein Tropenwunder in Florida Leonie Kreckel-Renner, Wiesbaden Hitze, Staub, Kakteen Helga Barth, Langen 82 Buchbesprechungen 85 Rhabarber ist nicht allein zum Essen da Wertvolle Zier-Rhabarber Gerd Bauer, Frankfurt am Main Adenostyles, der Alpendost Christian R. Jelitto, Berlin Fragwürdiger Brombeerersatz Phytolacca americana Heinrich Rohrbach , Baden-Baden 70 72 73 76 Deutsche Bromelien-Gesellschaft e. V. Generalversammlung Das Bromeliario im botanischen Garten in Rio Christian Zechel, Frankfurt am Main 87 Tillandsia lehmannii 88 89 Ananas Johann Heinrich Kornmacher, Kiel 74 Tillandsia edithae Herbert Lehmann, Heidelberg Mimose Johann Heinrich Kornmacher, Kiel 75 Gesellschaft der „ Freunde des Palmengartens" 90 Titelbild: Netzstieliger Hexenröhrling (Boletus luridus FRIES) und Flockenstieliger Hexenröhrling (Boletus erythropus FRIES). Abbildung aus KNAURS PILZBUCH von Linus Zeitlmayr. Bild Claus Caspari, München. © 1955 by Droemersche Verlagsbuchhandlung Th. Knaur Nach!. München-Zürich. 63 hat rund 300 Arten neu im Botanischen Garten in Stellenbosch kultiviert. Er selbst hat aber nur 6 Arten selbst neu beschrieben und 2 Gattungen (Arenifera und Jensenobotrya) , andererseits haben andere Botaniker über 30 Arten nach ihm benannt, dazu kommen zwei neue Gattungen : Herrea und Herreanthus. Wenig ist - biologisch gesehen - über die Mesembryanthemaceae bekannt. Man erhofft sich durch dieses Buch einen neuen Impuls in der Erforschung dieser Pflanzenfamilie . Die Klassifikation erfolgte nach G. Schwantes mit H. Straka und H. D. lhlenfeldt. Die Einteilung erfolgte in 4 Unterfamilien: Mesembryanthemoideae ( = Aptenioideae), Hymenogynoideae, Caryotophoroideae und Ruschioideae. Es folgen Schlüssel zu den Gattungen nach H. M. L. Bolus und H. Herre und H. 0 . Volk. In den be 'den folgenden Abschnitten wird durch lhlemfeldt und Straka die Abgrenzung und der taxonomische Rang der Mesems abgesteckt. Die Geschichte der Entdeckung und der Botanischen Einführung der Mesembryanthemaceae mit bio- graphischen Notizen runden den 1. Teil gelungen ab. Den größten Umfang nimmt die Beschreibung der einzelnen Gattungen ein . Jede der Gattungen vom Acrodon bis Zeuktophyllum ist auf 2 Seiten dargestellt. Linke Seite: Name mit Erklärung der Herkunft bzw. Bedeutung , Verbreitungskarte der Gattung, Literaturangaben , Botanische Beschreibung, Angabe über ,A.rtenzahl und Vorkommen . Rechte Seite : Aquarell - und zeichnerische Darstellung einer für die Gattung typischen Art. Dies geschieht sehr oft durch mehrere Illustratoren. Dadurch gewinnt die Darstellung an Plastizität. Insgesamt betrachtet ist dies ein vorbildliches Werk der botanischen Literatur, das auf sehr instruktive Weise eine umfassende Information über eine besonders interessante Pflanzenfamilie vermittelt. - Leider ist es nur in englischer Sprache erschienen , aber es ist trotzdem für den Liebhaber sukkulenter Pflanzen lesbar. Gustav Schoser Deutsche Bromelien-Gesellschaft e. V. Frankfurt am Main Geschäftsstelle Palmengarten , Siesmayerstr. 61, Sonderkonto Hans Gülz, 6368 Bad Vilbel, Postscheckkonto Firn . 315729-606 Generalversammlung 1974 Die ordentliche Generalversammlung 1974 der Deutschen Bromelien-Gesellschaft e. V. wurde am 9. 5. 1974 einberufen und fand am 30. 6. 1974 im Botanischen Institut der Universität Heidelberg statt. Der bisherige Vorstand wurde auf Antrag einstimmig entlastet. In einen neuen Vorstand wurden durch Zuruf die Herren Dr. G. Schoser (1. Vorsitzender) , J .-Ch . Zeche! (2. Vorsitzender) , W. Motschenbach (Schriftführer) und H. Gülz (Schatzmeister) gewählt. Die Mitglieder der Deutschen Bromelien-Gesellschaft werden in einem Rundschreiben ausführlicher über den Ablauf der Generalversammlung unterrichtet werden. Christian Zechel Das Bromeliario im Botanischen Garten von Rio Wer noch im Frühjahr 1971 den botanischen Garten von Rio besuchte, der fand zwar eine ganze Reihe spontan angesiedelter Bromeliaceen über den ganzen Garten verteilt, aber nach einer eigentlichen Sammlung von Vertretern dieser Pflan- Der Palmengarten 3/74 zenfamilie hätte er vergeblich Ausschau gehalten . Und das in einem Land, in dem eine einmalige Vielzahl von Arten beheimatet ist! Inzwischen hat sich da einiges geändert. In der zweiten Hälfte 1971 übernahm Padre Raulino Reitz als Direktor die Leitung des botanischen Gartens in Rio, und damit waren für die Bromeliaceen nicht nur die von der Natur gegebenen geeigneten ökologischen Bedingungen vorhanden, sondern es war vor allem ein Förderer und Schutzherr auf den Plan getreten , wie sie ihn sich besser gar nicht hätten wünschen können. Gilt doch Padre Reitz nicht nur in Brasilien als exzellenter Botaniker, der besonders durch seine Arbeiten über Bromelien bekannt wurde. So hat der botanische Garten in Rio jetzt wieder eine Bromelien-Sammlung . Auf einem kleinen , teils besonnten , teils schattigen , baumbestandenen Hügel wurden aus kopfgroßen Granitbrokken „ Beete " aufgeschüttet, in deren Lücken Bromeliaceen gepflanzt werden . Andere sind als echte Epiphyten an den Bäumen befestigt, an denen sie rasch anwurzeln. Eine weitere Gruppe besiedelt am Fuß des Hügels eine Rasenfläche, zahlreiche Tillandsien und dafür geeignete Neoregelien sind, an Aststücke gebunden oder in Lattenkörbchen untergebracht, an den Sprossen einer Pergola aufgehängt. 87 Interessant ist es, daß die Sammlung nach systematischen Gesichtspunkten geordnet ist. Pitcairnioideae, Tillandsioideae und Bromelioideae sind jeweils für sich in getrennten Bereichen des Bromeliario untergebracht, um dem Besucher einen raschen Überblick über die Verwandtschaftsverhältnisse in der Familie zu geben. So finden wir die Cryptanthen an einer Stelle vereint, in der Nähe der versammelten Aechmeen, nicht allzu weit davon an einem Abhang große Billbergien, auf einer grasbewachsenen Fläche die Gattung Ananas. Auf der anderen Seite des Hügels sind wahre Felder von Pitcairnia-Arten angepflanzt, oben auf „Steinbeeten" wachsen Tillandsien und Vrieseen , sonst eigentlich reine Epiphyten. Die Kultur zwischen den Granitbrokken scheint jedoch ohne größere Probleme zu sein. Dem Gärtner erleichtert sie die Pflege der Sammlung , dem Betrachter den Blick in die Rosetten der großen Trichterbromelien, etwa um die Entwicklung eines Blütenstandes zu verfolgen. Noch ist das Bromeliario im Aufbau, noch sind nicht einmal die von Padre Reitz selbst entdeckten neuen Arten vollständig vorhanden . Aber seit der feierlichen Eröffnung des Bromeliario am 13. Juni 1973 anläßlich des 165. Jahrestages der Gründung des Botanischen Gartens in Rio ist ja allzu viel Zeit noch nicht vergangen. Später einmal soll die Anlage 500 Arten aufnehmen, jeweils in einer Vielzahl von Exemplaren. Das sind weitreichende Pläne, aber in einem Land, das so reich an Bromelien ist, lassen sie sich bestimmt verwirk! ichen. Pater Raulino Reitz, Direktor des Botanischen Gartens in Rio, in seinem neuen Bromeliario Literatur: Raulino Reitz , J. Bromeliad Sec., XXIII (1973), 132-137 ; Anonym, J. Bromeliad Sec. XXIII (1973), 237. Tillandsia lehmannii* Rauh, spec. nov., 1974 Hochblätter: dicht dachziegelartig angeordnet, aufrecht, mit den Scheiden den Schaft umhüllend, in eine fädige, bis 10 cm lange, zurückgekrümmte Spreite übergehend, grün , angedrückt grau beschuppt Pflanze: in größeren Gruppen epiphytisch wachsend, stammlos, mit Blütenstand ca. 40 cm hoch Blätter: zahlreich, flach ausgebreitete Rosetten von 30 bis 50 cm Durchmesser bildend Scheiden: 5-6 cm lang, 3-4 cm breit, beiderseits dicht braun beschuppt Spreiten: schmal-dreieckig, zurückgebogen, in eine fädige Spitze auslaufend, bis 40 cm lang , über der Scheide 2 cm breit, involut, dicht angedrückt, grau beschuppt Schaft: kurz, aufrecht, von den Rosettenblättern überragt, 10 cm lang, 6 mm dick, grün , kahl , schwach kantig 88 1nfloreszenz: bogig aufsteigend , bipinnat, aus 10-15 locker angeordneten Ähren zusammengesetzt, 20-25 cm lang , 12-15 cm breit Primäre Brakteen: aufrecht, den oberen Hochblättern ähnlich, aber mit sehr kurzer Spreite oder spreitenlos, kahl, nur an der Spitze grau beschuppt, grün bis leuchtend karminrot, 2-3 cm lang, einschließlich Spreitenspitze kürzer als der sterile, abgestielte Teil der Ähren Ähren: lang gestielt, vielzeilig um die Achse angeordnet, mit Stiel 9-10 cm lang, 1 cm breit, complanat, der gestielte Abschnitt aufrecht, der fertile Abschnitt bogig spreizend Der Palmengarten 3/74 Florale Brakteen: zweizeilig , dachziegelig angeordnet, schmal, die Rhachis zur Blütezeit teilweise sichtbar, 2 cm lang , ausgebreitet 1,2 cm breit, lanzettlich, zugespitzt, glatt, kahl , nur an der schwach carinaten Spitze etwas grau beschuppt, glänzend, leuchtend karminrot Sepalen: kürzer als die floralen Brakteen , 1,6 cm lang , ausgebreitet 5 mm breit, kahl , häutig , grünlich , zugespitzt, nicht gekielt, fast bis zum Grunde frei , an der Spitze rötlich fender Ceiba-Wälder, sowohl der Küstenregion als auch der höheren Lagen des südlichen Ekuador. In d er Kultur verlangt die Pflanze einen hellen, sonnigen Stand und nicht zu hohe Wassergaben. Im Sommer kann sie im Freien kultiviert werden. * Die Pflanze wurde nach H. Lehmann , Botanischer Garten Heidelberg , benannt. Petalen: violett, an die Basis weiß, 3,5 cm lang , 5 mm breit, ligulat, an der Spitze etwas zurückgebogen , aber keine Plattenbildung Staubblätter und Griffel: aus der Blüte herausragend Die Pflanze wurde von Prof. Rauh , Institut für Systematische Botanik der Universität Heidelberg im Jahre 1970 unter der Sammelnummer 24195 in einem laubabwerfenden Ceiba-Wald bei Macara (Südecuador) , nahe der peruanischen Grenze , in einer Höhenlage von 500 m gesammelt. Sie wächst dort zusammen mit Til/andsia floribunda, T. disticha, Vriesea espinosae und V. barclayana. Im Jahre 1973 wurde die Art an einem neuen Standort südlich Catacocha (Prov . Loja) einige 100 km nördlich des Typstandortes in 1300 m Höhe in der gleichen Vergesellschaftung gefunden . Eine weitere Aufsammlung der Art stammt aus einem laubabwerfenden CeibaWald nahe Jipijapa (zwischen Daule und Manta , Prov. Guayas) , Höhe 250 m. Tillandsia lehmannii ist demnach ein typischer Bewohner laubabwer- Tillandsia edithae* Rauh, spec. nov., 1974 Pflanze: an steilen Felswänden in dichten Polstern wach send , lange Stämme bildend bis ca. 35 cm , wahrscheinlich aber noch länger, die wachsenden Spitzen bogig aufsteigend Blätter: dicht spiralig , entlang der Achse angeordnet, kurz dreieckig , zugespitzt 5-6 cm lang, über der nicht deutlich abgesetzten Scheide 2-2,5 cm breit, etwas sukkulent, beiderseits grob , fast pruinos grau beschuppt Schaft: kurz, 3-5 cm lang , 5 mm dick, kahl , rund , grün Der Palmengarten 3/74 Hochblätter: fast blattartig , den Schaft umhüllend , spiralig angeordnet, die obersten oft gedrängt stehend und eine Art lnvolucrum bildend Infloreszenz: einfach , kopfig , etwa 4 cm lang , 2 cm breit, 812-blütig Florale Brakteen: länger als die Sepalen, die basalen mit kurzer Spreite, die apikalen spreitenlos, ca. 2 cm lang , bis 1,9 cm breit, ecarinat, cucculat, an der Basis grünlich , gegen die Spitze zu rötlich , dicht grau beschuppt Sepalen: 1,4 ein lang , 5 mm breit, weiß, häutig, bis zum Grunde frei , die hinteren cairnat, das vordere ecarinat 89 Petalen: 3 cm lang , 4 mm breit, an der Spitze gerundet und leicht spreizend (keine Plattenbildung), in der oberen Hälfte leuchtend zinnoberrot Staubblätter und Griffel: in der Blüte eingeschlossen Der Fundort dieser zur Blütezeit sehr attraktiven Tillandsie sind steile Felswände in einer Höhenlage von 2700 m bei Sorota, Prov. Larecaja, Dptm . La Paz in Bolivien. Die Pflanze wird in der Sammlung von Herrn A. Blass, München-Gräfelfing , unter der Nr. K 295 kultiviert. T. edithae gehört in den Verwandtschaftskreis der in Südperu in Trockentälern verbreiteten und an ähnlichen Standorten wachsenden T. ca/ocephala Wittm. Sie unterscheidet sich von dieser aber durch die einfachen und nicht zusammengesetzten Infloreszenzen sowie die leuchtend zinnoberroten Blüten, die bei T. calocephala von blaß- bis dunkelvioletter Farbe sind. Auch sind die Blätter jener weniger sukkulent und weniger pruinos beschuppt. T. edithae ist bisher nur vom Typstandort bekannt. * Die Pflanze , nach Edith Blass benannt, der Gattin des w eithin bekannten Münchener Tillandsien-Liebhabers A . Blass , durch den T. edithae nach Europa gelang te und in dessen Kulturen sie erstmalig geblüht hat. Gesellschaft der „Freunde des Palmengartens" e. V. Frankfurt/ Main Geschäftsstelle Palmengarten, Siesmayerstraße 61 Telefon 2 12 33 91 VERANSTALTUNGEN IM MONAT OKTOBER 1974 Donnerstag, 10. Oktober, 19.30 Uhr Farbfilm-Vortrag unseres Mitgliedes Frau Charlotte Ottens, Bad Homburg , über Rund um die Rose im Hochzeitssaal der Palmengarten-Gaststätte. Samstag, 12. Oktober, 15 Uhr Die monatliche Palmengartenführung mit Herrn v. Esebeck Treffpunkt: Haupteingang Pflanzenschauhäuser Postscheckkonto 275 75-605 Frankfurt a. M VERANSTALTUNGEN IM MONAT NOVEMBER 1974 Samstag, 9. November, 15 Uhr Die monatliche Palmengartenführung mit Herrn v. Esebeck Treffpunkt: Haupteingang Pflanzenschauhäuser Donnerstag, 21. November, 19.30 Uhr Farblichtbildervortrag von Frau Anita und Herrn Dieter Krammig, Frankfurt a. M., über Auf Orchideensuche im Himalaja im Hochzeitssaal der Palmengarten-Gaststätte. Bildnachweis: S. 66 , 79 v. Esebeck . Frankfurt - S. 68 . 72 C. R. Jelitto, Berlin - S. 69, 70, 76, 77 H. Carolus, Karlsruhe - S. 71 G. Bauer, Frankfurt - S. 73, 80-82 Palmengarten-Archiv - S. 75, 76 J. H. Kornmacher, Kiel - S. 83, 84 H. Barth, Langen - S. 80 J .-Ch . Zeche!, Frankfurt - S. 89, 90 Prof. Dr. Rauh , H_ e idelberg. Herausgeber: Dr. G. Schoser, Direktor des Palmengartens der Stadt Frankfurt a. M. Schriftleitung: H. v. Esebeck , Frankfurt a. M., Siesmayerstraße 61, Telefon 212 - 3391 . Bezug nur über den Palmengarten. Erscheinungsweise: Februar Mai , August, Oktober, vierteljährl ich DM 1,70 einschließlich Versandkosten auf Postscheckkonto : 1816-608 Palmengarten Frankfurt a. M. Für namentliche Beiträge sind die Verfasser verantwortlich . Die Schriftleitung behält sich die Oberarbeitung bzw. Kürzung von Beiträgen vor. Druck und Anzeigenverwaltung: Blümlein & Co , 6 Frankfurt a. M. , Lersnerstraße 23, Postfach 180106, Telefon 55 44 31 , 55 5313. 90 Der Palmengarten 3/74