Experimentalphysik 2 für Maschinenwesen

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Skript zur Vorlesung
Experimentalphysik 2 für Maschinenwesen
Sommersemester 2009
Prof. Dr. Peter Müller-Buschbaum
Technische Universität München
Physik Department E 13
2
Experimentalphysik 2 für Maschinenwesen
Zeit und Ort: Mo, 10:15 - 11:15, MW 2001 und MW1801
Literatur
Paul A. Tipler, Gene Mosca, Dietrich Pelte, Physik für Wissenschaftler und Ingenieure, 2.
Aufl. Spektrum Akademischer Verlag 2006, ISBN 3-8274-1164-5 (78 Euro)
Ekbert Hering, Rolf Martin, Martin Stohrer, Physik für Ingenieure, 10. Aufl. Springer Verlag 2007, ISBN-10: 3540718559 (44,95 Euro)
Frank L. Pedrotti, Leno S. Pedrotti, Werner Bausch, Hartmut Schmidt, Optik für Ingenieure: Grundlagen, 4. Aufl. Springer Verlag 2007, ISBN-10: 3540734716 (74,95 Euro)
Übungen
Übung 1: Mo 14:00 - 16:00,
Raum MW 1250: Tilo Hoppe
Übung 2: Mo 15:00 - 17:00,
Raum MW 2001: Robert Meier
Übung 3: Mo 15:00 - 17:00,
Raum MW 0350: Matthias Ruderer
Übung 4: Mi 11:00 - 12:00,
Raum MW 1801: Matthias Ruderer
Übung 5: Fr 10:00 - 12:00,
Raum CH 21010: Tilo Hoppe
Übung 6: Fr 12:00 - 14:00,
Raum MW 1801: Wolfgang Schmid
-
jede Woche ein Blatt mit Aufgaben
Blatt zum Download im Internet
Besprechung der Aufgaben in der darauffolgenden Woche
Übungsaufgaben als Training für die Klausur und Verständnis
Sprechstunden
Koordinatorsprechstunde: Di 17:00 - 18:30, Raum PH 3734
Dozentensprechstunde: nach Vereinbarung, Raum PH 3278
Internetseiten
http://www.e13.physik.tu-muenchen.de/Muellerb/index.php
http://av.ph.tum.de/
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Klausur
im Anschluss an die Vorlesungszeit - weitere Informationen später
(nicht-programmierbarer Taschenrechner)
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Inhaltsverzeichnis
6 Relativitätstheorie
6.1 Spezielle Relativitätstheorie . . . . . . . .
6.1.1 Lorentz-Transformation . . . . . .
6.1.2 Vereinigung von Raum und Zeit zur
6.1.3 Äquivalenz von Masse und Energie
6.1.4 Lichtgeschwindigkeit als Grenze . .
6.2 Allgemeine Relativitätstheorie . . . . . . .
6.2.1 Global Positioning System (GPS) .
. . . . . .
. . . . . .
Raumzeit
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7 Atomphysik
7.1 Die Teilchennatur des Lichts . . . . . . . . . .
7.1.1 Äußerer photoelektrischer Effekt . . . .
7.1.2 Innerer photoelektrischer Effekt . . . .
7.1.3 Compton Streuung . . . . . . . . . . .
7.2 Atommodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.2.1 Thomsonsches Atommodell . . . . . .
7.2.2 Rutherfordsches Atommodell . . . . .
7.2.3 Bohrsches Atommodell . . . . . . . . .
7.2.4 Anregung eines Atoms durch Stöße . .
7.2.5 Sommerfeldsches Atommodell . . . . .
7.2.6 Orbitalmodell . . . . . . . . . . . . . .
7.3 Quantentheorie der Atome . . . . . . . . . . .
7.3.1 Heisenbergsche Unschärferelation . . .
7.3.2 Wellenfunktion . . . . . . . . . . . . .
7.3.3 Schrödingergleichung . . . . . . . . . .
7.3.4 Wellenmechanik des Wasserstoffatoms
7.3.5 Spin-Bahn Wechselwirkung . . . . . .
1
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39
Kapitel 6
Relativitätstheorie
Die Relativitätstheorie besteht aus zwei physikalischen Theorien, der 1905 veröffentlichten
speziellen Relativitätstheorie und der 1916 abgeschlossenen allgemeinen Relativitätstheorie.
Die spezielle Relativitätstheorie beschreibt das Verhalten von Raum und Zeit aus der
Sicht von Beobachtern, die sich relativ zueinander bewegen, und die damit verbundenen
Phänomene. Darauf aufbauend führt die allgemeine Relativitätstheorie die Gravitation
auf eine Krümmung von Raum und Zeit zurück, die unter anderem durch die beteiligten
Massen verursacht wird.
6.1
Spezielle Relativitätstheorie
Es gibt zwei grundlegende Axiome der Relativitätstheorie:
• Prinzip von der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit: Die Geschwindigkeit des Lichts
ist unabhängig vom Bewegungszustand der Lichtquelle.
• Relativitätsprinzip: Physikalischen Gesetze haben für alle Beobachter, die sich mit
konstanter Geschwindigkeit bewegen, das heißt keiner Beschleunigung unterliegen,
dieselbe Gestalt (Inertialsystem).
Abbildung 6.1: links: Beide Beobachter messen für die Geschwindigkeit des Lichtes denselben Zahlenwert, obwohl der Linke sich bewegt. rechts: Für ein fliegendes Flugzeug ist, in guter
Näherung, die Erde ein Inertialsystem, obwohl die Erde nicht ruht.
Aus diesen Axiomen kann alles Weitere hergeleitet werden. Das Relativitätsprinzip gilt
auch für die klassische Mechanik. Aus ihm folgt unmittelbar, dass es keine Möglichkeit
2
6.1. SPEZIELLE RELATIVITÄTSTHEORIE
3
gibt, eine absolute Geschwindigkeit eines Beobachters im Raum zu ermitteln und damit
ein absolut ruhendes Bezugssystem zu definieren.
6.1.1
Lorentz-Transformation
Die Lorentz-Transformationen verbinden in der speziellen Relativitätstheorie die Zeit- und
Ortskoordinaten, mit denen verschiedene Beobachter angeben, wann und wo Ereignisse
stattfinden.
Dabei handelt es sich um gradlinig gleichförmig bewegte Beobachter, deren Relativgeschwindigkeit kleiner als die Lichtgeschwindigkeit ist, und um Koordinaten, in denen
kräftefreie Teilchen gerade Weltlinien durchlaufen. Bei Lorentz-Transformationen bleibt
die Lichtgeschwindigkeit c unverändert.
Abbildung 6.2: Veranschaulichung von ruhendem und bewegtem Bezugssystem.
Ist ein gleichförmig bewegter Beobachter mit Geschwindigkeit v in x-Richtung gegenüber einem anderen Beobachter bewegt, so hängen die Koordinaten (x0 , y 0 , z 0 , t0 ), die
er einem Ereignis zuschreibt, durch die Lorentz-Transformation mit den Koordinaten
(x, y, z, t) zusammen, die der andere Beobachter für dasselbe Ereignis verwendet. Unter
der üblichen Annahme, dass zur Zeit t = t0 = 0 die Ursprünge O und O0 der Bezugssysteme zusammenfallen, lauten ihre Gleichungen:
x−vt
x0 = q
,
v2
1 − c2
y0 = y ,
z0 = z ,
t − v2 x
t0 = q c
2
1 − vc2
(6.1)
t0 + v2 x0
t= q c
.
2
1 − vc2
(6.2)
und für die Rücktransformation
x0 + v t 0
x= q
,
2
1 − vc2
y = y0 ,
z = z0 ,
Eine vereinfachte Schreibweise ergibt sich mit dem Lorentzfaktor
1
γ=p
1 − β2
und der Relativgeschwindigkeit β = v/c.
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(6.3)
6.1. SPEZIELLE RELATIVITÄTSTHEORIE
4
Abbildung 6.3: Lorentzfaktor für verschiedene Relativgeschwindigkeiten β zwischen 0 und
0.999 c.
Im klassischen Limit v << c geht β → 0 und γ → 1. Hingegen ist im anderen Grenzfall
v → c und damit β → 1 und γ → ∞.
Die Folge der Lorentz-Transformation sind Zeitdilatation und Längenkontraktion durch
relative Bewegung.
Zeitdehnung (Zeitdilatation)
Befindet sich ein Beobachter im Zustand der gleichförmigen Bewegung bzw. ruht er in
einem Inertialsystem, geht nach der speziellen Relativitätstheorie jede relativ zu ihm bewegte Uhr aus seiner Sicht langsamer. Die Zeitdilatation in einem Inertialsystem, welches
sich relativ mit einer konstanten Geschwindigkeit v bewegt, ist
∆t0 = γ ∆t
(6.4)
wobei ∆t die Zeitdifferenz im ruhenden und ∆t0 die Zeitdifferenz im bewegten Inertialsystem sind.
Gemäß der nach dem Relativitätsprinzip geforderten Symmetrie der Zeitdilatation gilt:
Jeder sieht die Uhr des jeweils anderen langsamer gehen.
Längenkontraktion
Für einen Beobachter erscheinen Objekte um so kürzer, je schneller sie sich relativ zu
ihm bewegen. Es sei l die Länge des Objekts, die der ruhende Beobachter misst, v ist die
Geschwindigkeit des Objekts, c ist die Lichtgeschwindigkeit, l0 ist die Länge des Objekts,
die der mit dem Objekt bewegte Beobachter misst, dann gilt
l0 =
l
γ
.
(6.5)
Bewegte Objekte erweisen sich im Vergleich zum Ruhezustand in Bewegungsrichtung als
verkürzt.
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6.1. SPEZIELLE RELATIVITÄTSTHEORIE
6.1.2
5
Vereinigung von Raum und Zeit zur Raumzeit
Bei Ereignissen ist wie bei Verabredungen wichtig, wann und wo sie stattfinden. Diese
Angaben sind in einem Spaltenvektor zusammengefasst. Aus gewöhnlichen Vektoren im
dreidimensionalen Raum werden dabei sogenannte Vierervektoren. Der Orts-Zeit Vektor r
ist also zusammengesetzt aus dem bisher bekannten dreidimensionalen Ortsverktor ~r und
einer vierten Komponente, die die Zeit beschreibt
 
x
µ ¶
y
~r

r=
=
(6.6)
z .
ict
ict
Entsprechend berechnet sich der Betrag zu
|r| = x2 + y 2 + z 2 − c2 t2 .
(6.7)
Somit folgt zum Beispiel aus der Annahme |p| = 0 die Bedingung für eine Kugelwelle
x2 + y 2 + z 2 = c2 t2 .
6.1.3
(6.8)
Äquivalenz von Masse und Energie
Einem System mit der Masse m lässt sich auch im unbewegten Zustand eine Energie E
zuordnen, und zwar nach
E0 = m0 c2 .
(6.9)
wobei c die Geschwindigkeit des Lichtes ist.
Als Vierervektoren ergibt sich der Impuls-Energie Vektor zu


p
x
¶
µ
 py 
p~

p=
=
 pz  .
iE/c
iE/c
(6.10)
Entsprechend berechnet sich der Betrag zu
|p| = p2x + p2y + p2z −
E2
E2
2
=
p
~
−
.
c2
c2
(6.11)
Somit folgt zum Beispiel aus der Annahme |r| = −m20 c2 der allgemeine Zusammenhang
zwischen Ruhemasse m0 , Impuls und Energie für ein relativistisches Teilchen
q
E = p2 c2 + m20 c4 .
(6.12)
Ein Körper mit der Ruhemasse m0 , der sich mit der Geschwindigkeit v relativ zu einem
Inertialsystem bewegt, erfährt einen relativistischen Massenzuwachs
Mrel (v) = q
m0
1−
c
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v2
c2
.
(6.13)
6.1. SPEZIELLE RELATIVITÄTSTHEORIE
6
Diese rechnerische Masse hängt also von der Geschwindigkeit ab und ist nicht auf einer
Waage messbar. Entsprechend ist die Energie eines solchen Teilchens
m0 c2
E(v) = Mrel (v) c = q
= γ m0 c2 .
2
1 − vc2
2
(6.14)
Jede Energiezufuhr ist also mit einem Massenanstieg verknüpft.
6.1.4
Lichtgeschwindigkeit als Grenze
Kein Objekt und keine Information kann sich schneller bewegen als das Licht im Vakuum.
Nähert sich die Geschwindigkeit eines materiellen Objektes der Lichtgeschwindigkeit, so
wächst der Energieaufwand für eine weitere Beschleunigung immer stärker an, weil die
kinetische Energie mit wachsender Geschwindigkeit immer steiler ansteigt. Zum Erreichen
der Lichtgeschwindigkeit müsste unendlich viel Energie aufgebracht werden.
Aufgrund der Relativität der Gleichzeitigkeit können Relativgeschwindigkeiten nicht
einfach addiert werden, wie es bei den geringen Geschwindigkeiten des Alltags noch sehr
genau zutrifft. Stattdessen ergibt sich für die Gesamtgeschwindigkeit die Formel von zwei
relativ zueinander mit v1 und v2 bewegten Objekten
vges =
v1 + v2
v1 v2
1+ 2
c
.
(6.15)
Geschwindigkeitstransformation
Differenzieren wir die Gleichungen der Lorentz-Transformation, so können wir berechnen,
wie sich die Geschwindigkeiten beim Übergang von einem Bezugssystem zu einem anderen
transformieren.
In einem System S 0 , das sich mit der Geschwindigkeit v entlang der x-Richtung relativ
zum System S bewegt, laufe ein Punkt mit der Geschwindigkeit u0 . Seine Geschwindigkeit
im System S ergibt sich gemäß der Lorentz-Transformation zu
dx = γ dx0 + γ v dt0 , dy = dy 0 , dz = dz 0
(6.16)
und
v
dx0 .
c2
Für die Geschwindigkeitskomponente in x-Richtung gilt also
dt = γ dt0 + γ
ux =
dx
γ dx0 + γ v dt0
=
.
dt
γ dt0 + γ cv2 dx0
(6.17)
(6.18)
Mit u0x = dx0 /dt0 vereinfacht sich dieser Ausdruck zu
ux =
c
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u0x + v
.
1 + cv2 u0x
(6.19)
6.2. ALLGEMEINE RELATIVITÄTSTHEORIE
7
Entsprechend ergibt sich für die y- und z-Komponente
uy =
und
uz =
¡
u0y
γ 1+
v
c2
u0x
¢
u0z
¡
¢ .
γ 1 + cv2 u0x
(6.20)
(6.21)
Für kleine Systemgeschwindigkeiten (v ¿ c) geht auch dieser Satz von Gleichungen in die
klassische Form über.
6.2
Allgemeine Relativitätstheorie
Es wird die Wechselwirkung zwischen Materie (einschließlich Feldern) einerseits und Raum
und Zeit andererseits beschrieben. Sie deutet Gravitation als geometrische Eigenschaft des
gekrümmten vierdimensionalen Raum-Zeit-Kontinuums.
Abbildung 6.4: Die Allgemeine Relativitätstheorie erklärt die Gravitation dadurch, dass Ansammlungen von Masse und Energie die Raumzeit krümmen. Das führt dazu, dass Massen Licht
ähnlich wie eine Sammellinse ablenken: Sie krümmen Lichtstrahlen zu sich hin.
Es gibt zwei grundlegende Grenzfälle:
• Für hinreichend kleine Gebiete des Raum-Zeit-Kontinuums geht die allgemeine Relativitätstheorie in die spezielle Relativitätstheorie über.
• Für hinreichend kleine Massendichten und Geschwindigkeiten enthält die allgemeine
Relativitätstheorie das Newtonschen Gravitationsgesetz als Grenzfall.
Die Grundlage der allgemeinen Relativitätstheorie ist das Äquivalenzprinzip: Ein homogenes Gravitationsfeld ist zu einem gleichmäßig beschleunigtem Bezugssystem völlig
äquivalent.
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6.2. ALLGEMEINE RELATIVITÄTSTHEORIE
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Betrachten wir zum Beispiel eine Raumkapsel, die sich weit weg von jeglicher Materie
befindet und einer gleichförmigen Beschleunigung a unterliegt (siehe Abbildung 6.5 links).
Im Inneren dieser Kapsel kann kein mechanisches Experiment durchgeführt werden, das
einen Hinweis darauf liefern würde, ob die Kapsel im leeren Raum beschleunigt wird oder
in einem gleichförmigen Gravitationsfeld mit aG = −a ruht.
Abbildung 6.5: Ergebnisse von Experimenten in einem gleichmäßig beschleunigten Bezugssystem
(links) lassen sich nicht von denen in einem gleichförmigen Gravitationsfeld (rechts) unterscheiden.
Aus der Mechanik ist uns dies bereits als die Äquivalenz von träger und schwerer Masse
bekannt. Es galt:
• Die träge Masse mt widersetzt sich der Beschleunigung und die Kraft ist F = mt a.
• Die schwere Masse ms ist verantwortlich für die Gravitationskraft (Gewichtskraft)
Fg = ms g mit g = 9.81 m/s2 .
Für das Beispiel des freien Falls liefert die Beobachtung, dass dieser im Vakuum unabhängig
von der Masse ist, also a = −g gilt, die Beziehung
ms = mt
(6.22)
Die erste Schlussfolgerung aus dem Äquivalenzprinzip, die experimentell überprüft wurde ist die Ablenkung von Licht in einem Gravitationsfeld. In einem Raumgebiet ohne
Gravitation bewegt sich der Lichtstrahl geradlinig mit der Lichtgeschwindigkeit c. Das
Äquivalenzprinzip sagt uns, dass ein solches Raumgebiet ohne Gravitationsfeld nur in einer Kapsel gibt, die sich im freien Fall befindet. Betrachten wir also eine Kapsel, die relativ
zu einem Bezugssystem im freien Fall beschleunigt wird und einen Lichtstrahl, der in diese
Kapsel eintritt (siehe Abbildung 6.6). Da die Kapsel beschleunigt wird, vergrößert sich die
c
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6.2. ALLGEMEINE RELATIVITÄTSTHEORIE
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Abbildung 6.6: links: Lichtstrahl, der sich geradlinig durch eine Kapsel bewegt, die relativ zu
einem Bezugssystem im freien Fall gleichmäßig beschleunigt ist. Eingezeichnet sind Positionen
des Lichtstrahls zu gleich weit auseinander liegenden Zeitpunkten t1 , t2 , t3 und t4 . (rechts): Im
Bezugssystem der Kapsel bewegt sich der Lichstrahl entlang einer parabolischen Bahn.
zurückgelegte Distanz in jedem gleich großen Zeitintervall. Aus Sicht eines Beobachters im
Inneren der Kapsel beschreibt das Licht daher eine Parabel.
Nach dem Äquivalenzprinzip gibt es jedoch keine Möglichkeit zwischen der beschleunigten Kapsel und einer Kapsel, die in einem gleichförmigen Gravitationsfeld ruht, zu
unterscheiden. Also wird Licht genau wie ein massebehafteter Körper in einem Gravitationsfeld beschleunigt. In der Nähe der Erdoberfläche wird das Licht entsprechend eine
Beschleunigung von 9.81 m/s2 erfahren. Auf Grund der hohen Lichtgeschwindigkeit ist
dieser Effekt jedoch schwer zu beobachten. Die Ablenkung von Licht eines weit entfernten
Sterns durch die Sonne konnte im Jahr 1919 nachgewiesen werden.
Abbildung 6.7: links: Die stark übertrieben dargestellte Ablenkung von einem Lichtstrahl durch
das Gravitationsfeld der Sonne. rechts: Schwarzes Loch.
Beispiel: Die allgemeine Relativitätstheorie sagt voraus, dass ein äußerst kompakter
Körper das Raum-Zeit-Kontinuum so stark krümmt, dass sich eine Raumregion bildet, aus
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6.2. ALLGEMEINE RELATIVITÄTSTHEORIE
10
der kein Licht und damit auch keine Materie mehr entkommen kann. Ein solches Objekt
wird als schwarzes Loch bezeichnet.
6.2.1
Global Positioning System (GPS)
Ein Global Positioning System, (deutsch: Globales Positionsbestimmungssystem) (GPS)
dient zur weltweiten Positionsbestimmung und Zeitmessung. Es basiert auf Satelliten, die
ständig ihre sich ändernde Position und die genaue Uhrzeit ausstrahlen. Aus deren Signallaufzeit können GPS-Empfänger dann ihre eigene Position und Geschwindigkeit berechnen.
Da in der Praxis GPS-Empfänger keine Uhr haben, die genau genug ist, um die Laufzeiten
korrekt messen zu können, werden vier statt drei Satelliten benötigt. Die die Genauigkeit
des SPS (Standard Positioning Service), der für jedermann verfügbar ist, beträgt ca. 15 m.
Eine Erhöhung der Genauigkeit (0.01 - 5 m) kann durch Einsatz von DGPS (DifferentialGPS) erreicht werden.
Die Zeit, die die Atomuhren auf den GPS-Satelliten anzeigen, unterliegt den Effekten
der relativistischen Zeitdilatation. Dabei hängt nach der allgemeinen Relativitätstheorie
die Ganggeschwindigkeit einer Uhr vom Ort im Gravitationsfeld ab und nach der speziellen
auch von ihrer Geschwindigkeit. Das höhere Gravitationspotenzial in der Satellitenbahn
lässt die Zeit schneller vergehen, die Bahnbewegung der Satelliten relativ zu einem ruhenden Beobachter auf der Erde verzögert sie. In einer Flughöhe von ca. 3000 km heben sich
beide Effekte gerade auf. In der GPS-Satellitenbahn überwiegt der gravitative Effekt um
mehr als das 6-fache. Auf den Satelliten geht damit die Zeit vor.
Abbildung 6.8: 24 Satelliten kreisen ständig in Bahnen mit einen Abstand von ca. 20000 Kilometer um den Mittelpunkt der Erde.
Der relative Gangunterschied (∆t/t) zu einer irdischen Uhr liegt zwar bei nur 4.4 ·
10−10 , er ist jedoch deutlich größer als die relative Ganggenauigkeit von Cäsium-Rubidium
Atomuhren, die besser als 10−14 sind.
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Kapitel 7
Atomphysik
Die Atomphysik beschäftigt sich mit dem Aufbau der Atome aus Atomkern und Elektronenhülle und der Wechselwirkung der Atome und Ionen mit anderen Atomen oder Ionen,
mit Festkörpern, mit elektromagnetischer Strahlung, mit elektrischen und magnetischen
Feldern. Sie untersucht die Verteilung der Elektronen auf die quantenmechanischen Energieniveaus und beschreibt damit die beobachteten Spektrallinien der Atome, den Aufbau
des Periodensystems der Elemente und die Grundlagen für das Verständnis der chemischen
Bindung.
7.1
Die Teilchennatur des Lichts
Im Rahmen des Welle-Teilchen Dualismus von Licht wird die Ausbreitung von Licht (Beugung, Interferenz) durch die Welleneigenschaften erklärt und der Austausch von Energie
zwischen Licht und Materie ist durch Teilcheneigenschaften beschrieben. Bisher haben wir
im wesentlichen die Welleneigenschaften betrachtet.
Abbildung 7.1: Beleuchteter Doppelspalt, links: Einzelne Lichtteilchen treffen an isolierten Orten auf den Detektor (heller Punkt). rechts: Gemittelt über eine große Anzahl ergibt sich das
Beugungsmuster des Doppelspalts.
So entsteht bei Beleuchtung eines Doppelspalts das in Kapitel 4.7 besprochene Beugungsmuster. Betrachten wir jedoch einzelne Lichtteilchen, so können diese irgendwo (im
11
7.1. DIE TEILCHENNATUR DES LICHTS
12
Bereich der später in einer quantenmechanischen Beschreibung verständlichen Wahrscheinlichkeitswelle) auf dem Detektor auftreffen. Es ist nicht wirklich vorhersehbar, wo genau
das sein wird. Erst eine sehr große Anzahl (Kollektiv) von Lichtteilchen, die den Doppelspalt passiert haben, ergibt das Beugungsmuster bzw. die Helligkeitsverteilung auf dem
Detektor.
7.1.1
Äußerer photoelektrischer Effekt
Ausgehend von Max Plancks Postulat von der Energiequantisierung konnte Albert Einstein im Jahr 1905 den photoelektrischen Effekt erklären (im Lichtquantenmodell) und
erhielt hierfür 1921 den Nobelpreis in Physik. Unter dem äußeren photoelektrischen Effekt,
versteht man das Freisetzen von Elektronen aus einer Metalloberfläche, die von elektromagnetischer Strahlung (zum Beispiel Licht oder UV-Strahlung) getroffen wird.
Versuch 3350: Photoeffekt: Selenphotoelement
Ein Selen-Scheibenphotoelement wird an ein Spannungsmessgerät angeschlossen. Bei
verdunkeltem Hörsaal zündet man vor dem Element ein Streichholz an und zeigt den Ausschlag am Spannungsmessgerät.
→ Die Bestrahlung mit Licht setzt Ladungsträger aus dem Metall frei.
Abbildung 7.2: Bei Bestrahlung mit kurzwelligem Licht werden aus der Oberfläche eines Metalls
Elektronen herausgelöst.
Versuch 3345: Photoeffekt: Zinkplatte und UV-Anteil
Eine (frisch abgeschmirgelte) Zinkplatte wird auf das Blättchenelektrometer gesteckt
und mit der Influenzmaschine aufgeladen. Bestrahlt man sie nun mit ultraviolettem Licht
aus einer Quecksilberdampflampe (Kolben mit Öffnung), dann entlädt sich das Elektrometer nur dann, wenn die Ladung negativ war. Im anderen Fall bleibt der Elektrometerausschlag erhalten. Nach diesem Vorversuch zur Ermittlung der Ladungsart zeigen wir,
dass die Entladung durch einen unsichtbaren Strahlungsanteil verursacht wird, den man
mit einer Glasscheibe zurückhalten kann. Das Elektrometer nach Bennet wird in optischer
Abbildung gezeigt.
→ Es werden negativ geladene Ladungsträger (Elektronen) freigesetzt.
→ Es gibt eine Grenzfreuqnz für den Effekt.
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7.1. DIE TEILCHENNATUR DES LICHTS
13
Insgesamt lässt sich für den photoelektrischen Effekt beobachten:
• Die Menge der ausgelösten Elektronen ist proportional zur Bestrahlungsstärke.
• Die kinetische Energie der freiwerdenden Elektronen hängt von der Frequenz (und
damit von der Farbe) des Lichtes ab, aber nicht von dessen Intensität.
• Die Freisetzung der Elektronen beginnt sofort bei Einfall des Lichtes.
• Bei einer Erhöhung der Frequenz des einfallenden Lichtes steigt die kinetische Energie
der freiwerdenden Elektronen.
• Der Effekt tritt erst unterhalb einer bestimmten Wellenlänge λG (bzw. ab einer bestimmten Frequenz fG ) auf. Diese ist materialspezifisch, siehe Fundamentalabsorption.
Bis auf die erste Beobachtung stehen alle gefundenen Zusammenhänge im Widerspruch
zur klassischen Vorstellung von Licht als Wellenerscheinung. Die Energie einer Welle hängt
nämlich allein von deren Amplitude, nicht jedoch von ihrer Frequenz ab. Somit müsste mit
steigender Intensität auch die kinetische Energie der Elektronen zunehmen und auch bei
niedrigen Intensitäten dürfte der Effekt nur verzögert auftreten, da die Energie der Welle
über einen längeren Zeitraum auf das Elektron übertragen werden würde. Der Zusammenhang zwischen Frequenz und kinetischer Energie bzw. dem Auftreten des Effekts überhaupt
ist mit der Wellentheorie ebenfalls nicht vereinbar.
Versuch 3355: Photoeffekt: Bestimmung von h
Man erzeugt mit einer Quecksilberhochdrucklampe (Kolben mit Öffnung) und einem
Geradsichtprisma ein gut zugängliches Linienspektrum, dessen Einzelfrequenzen genau bekannt sind. Mit diesen Frequenzen wird nacheinander eine Photozelle (Kalium- Vakuumzelle mit Platin - Anode) bestrahlt und die Bremsspannung gemessen, die den Photostrom
gerade zu Null macht. Trägt man diese Spannungen gegen die zugehörigen Frequenzen
graphisch auf, so erhält man eine Gerade, deren Steigung dem Planck´schen Wirkungsquantum entspricht.
Der Photostrom wird über den Gleichstrom-Messverstärker gemessen. Vor Beginn der
Meßreihe muss gelegentlich die Photozelle ausgeheizt werden (2 sec. lang mit 2V / 1A).
Während des Versuchs muss man dafür sorgen, dass nur das Licht der fraglichen Linie in die
Photozelle gelangt (Vorsicht: Neonröhren der allgemeinen Beleuchtung!). Vor dem Versuch
muss die Zelle lichtdicht abgedeckt werden. Ein Vorbereitetes Diagramm auf Klarsichtfolie
steht zur Verfügung, in das die Messwerte eingetragen werden können. Folgende Linien des
Quecksilbers werden für den Versuch benutzt:
Farbe
Wellenlänge (nm)
Frequenz (1014 / sec.)
Gelb
Grün
Blau
Violett
UV
577.6
546
435
405
366
5.2
5.5
6.9
7.4
8.2
c
°Lehrstuhl
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7.1. DIE TEILCHENNATUR DES LICHTS
14
Wir messen die kinetische Energie Ekin der herausgeschlagenen Elektronen in Abhängigkeit
von der Frequenz f des Lichtes. Es ergibt sich die in Abbildung 7.3 gezeigte Kurve (der
Teil unter der x-Achse ist extrapoliert), dort werden keine Elektronen herausgeschlagen.
Abbildung 7.3: Wie von Einstein in seiner photoelektrischen Gleichung postuliert liegen die
Messpunkte der kinetischen Energie der herausgeschlagenen Elektronen in Abhängigkeit von der
Frequenz des eingestrahlten Lichts f auf einer Gerade mit der Steigung h.
Eine Energiebetrachtung liefert
Ekin = ELicht − WA .
(7.1)
Wie Abbildung 7.3 zeigt, besteht ein linearer Zusammenhang und die Photonenenergie ist
ELicht = h f .
(7.2)
Die Steigung ergibt sich zu h= 6.626·10−34 Js. Diese Konstante wird Plancksches Wirkungsquantum h genannt. Sie ist, unabhängig vom Material, eine universelle Naturkonstante.
Da die Austrittsarbeit der Elektronen WA nicht von der Frequenz des Lichtes abhängt,
gilt −WA ∼ −1.95 eV. Es gibt eine Grenzfrequenz fG , unter der keine Elektronen herausgeschlagen werden, egal wie stark die Lichtintensität ist:
WA
.
(7.3)
h
Für Schwermetalle ist also kein Photoeffekt mehr möglich, da die Austrittsarbeit der Elektronen WA zu groß ist.
Ekin = 0
→
ELicht = WA
→
fG =
Das Photon
Einsteinsche Deutung des Photoeffekts: Die Lichtenergie ist gequantelt. Nicht die gesamte
Energie des Lichtes spielt für die Emission von Elektronen eine Rolle, sondern nur Lichtpakete der Energiemenge h f , die sogenannten Photonen. Das Photon hat hierbei die
Energie ELicht , die von der Wellenlänge λ bzw. der Frequenz f der Lichtwelle abhängen
ELicht = h f =
c
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hc
λ
.
(7.4)
7.1. DIE TEILCHENNATUR DES LICHTS
15
Hierbei bezeichnen c = 2.998 · 108 m/s die (Vakuum-)Lichtgeschwindigkeit. Der Impuls p
eines Photons beträgt damit
E
hf
h
p=
=
=
.
(7.5)
c
c
λ
Die Ruhemasse eines Photons wird zu Null angenommen. Das Photon ist ein Elementarteilchen.
7.1.2
Innerer photoelektrischer Effekt
Im Gegensatz zum äußeren photoelektrischer Effekt werden beim innerer photoelektrischer
Effekt die Elektronen bei Bestrahlung mit kurzwelligem Licht nicht herausgelöst, sondern in
einen energetisch höheren Zustand versetzt. Die Abbildung 7.4 zeigt dies im Energieschema,
für den Übergang zwischen dem tieferen Energieniveau E2 und dem höheren Energieniveau
E1 , wobei
E1 − E2 = h f
(7.6)
erfüllt ist. Ein Elektron wird von einem tieferen Energiezustand durch die Aufnahme der
Energie eines Photons h f auf ein höheres Energieniveau angehoben.
Abbildung 7.4: Der Prozess der Photoabsorption ist im Energieschema dargestellt. links: vor
der Absorption, Mitte: während der Absorption und rechts: nach der Absortption.
Materialien, die einen inneren photoelektrischen Effekt zeigen sind zum Beispiel Halbleiter. Photonen, deren Energie größer ist als die Energielücke Eg im Halbleiter, können ihre
Energie an Valenzelektronen abgeben und damit im Halbleiter Elektronen-Loch-Paare erzeugen. Ein Loch (Defektelektron) entsteht dort, wo vor der Photoabsorption das Elektron
war.
Anwendung: Photovoltaischer Effekt
Im photovoltaischen Effekt wird der innere photoelektrische Effekt, der durch Photoabsorption Elektronen-Loch-Paare erzeugt, mit einem (inneren) elektrischen Feld, was diese
Elektronen-Loch-Paare trennt, kombiniert. Durch das elektrische Feld werden die Elektronen und die Löcher in entgegengesetzte Richtung bewegt und ein Stromfluss entsteht.
Ein Teil der Ladungsträger rekombiniert auf dem Weg durch das Material und geht
in Wärme verloren, der übrige Strom (Photostrom) kann direkt von einem Verbraucher
benutzt werden. Auf diesem Prinzip basieren die heute benutzen Solarzellen (siehe Abbildung 7.6). Typisch für alle Solarzellentypen ist, dass immer Gleichspannung bzw. Gleichstrom erzeugt wird.
c
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7.1. DIE TEILCHENNATUR DES LICHTS
16
Abbildung 7.5: Darstellung des photovoltaischen Effekts für halbleitende Materialien im Energieschema.
Solarzellen bestehen aus mehreren dünnen Schichten aus Halbleitermaterialien. Weltweit wird für die Solarzellenherstellung fast immer (zu 98 %) auf Silizium als Basismaterial zurückgegriffen. Eine Anzahl von kristallinen oder Dünnschicht-Solarzellen miteinander
zu größeren Einheiten verschaltet und witterungsbeständig verpackt wird Solarmodul genannt. Als Verpackungsmaterial kommen auf der Vorderseite meist Glas, teilweise Kunststofffolien zum Einsatz. Für die Rückseite werden häufig Kunststofffolien, aber auch Gläser
verwendet. Die Solarzellen befinden sich dazwischen in einem transparenten Material eingebettet, das gleichzeitig das Modul als Ganzes zusammenhält.
Abbildung 7.6: links: Schematische Darstellung des Aufbaus einer Solarzelle unter Sonneneinstrahlung, rechts: Schema eines Solarmoduls.
Der Wirkungsgrad für reale Solarmodule liegt zwischen 14 - 17 % für monokristallines
Silizium und zwischen 5 - 7 % für amorphes Silizium. Mit größtem technischen und finanziellen Aufwand bei Siliziumzellen im Labor sind Wirkungsgrade knapp über 28 % möglich.
Versuch 3357: Modellauto mit Solarzellenantrieb
Der Motor eines Modellautos wird über sechs am Heck angebrachte Solarzellen angetrieben, indem man sie mit einer starken Lichtquelle (Fotolampe oder Spot) beleuchtet.
Die Geschwindigkeit bleibt jedoch trotz hoher Energiezufuhr relativ klein. Es bewältigt
auch nur kleine Steigungen.
c
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7.1. DIE TEILCHENNATUR DES LICHTS
17
Grundsätzlich lassen sich zwei photovoltaische Anlagetypen zur Nutzung der Sonnenenergie voneinander unterscheiden: Inselsysteme oder netzunabhängige Systeme und netzgekoppelte oder netzparallele Systeme. Inselsysteme sind unabhängig vom Stromnetz und
werden bei Bedarf durch eine andere Stromquelle, z.B. einen Dieselgenerator unterstützt.
Bekannt sind die Einsatzmöglichkeiten für Uhren, Taschenrechner oder Parkscheinautomaten. Inselsysteme haben aber auch dort Sinn, wo die nächste Stromquelle sehr weit
entfernt ist. In Deutschland werden überwiegend netzgekoppelte Photovoltaik-Anlagen,
also mit Anschluss an das Stromnetz, installiert. Überschüssig produzierter Strom wird
in das Netz eingespeist, deckt die eigene Produktion den Bedarf nicht, so wird zusätzlich
Strom aus dem Netz aufgenommen.
7.1.3
Compton Streuung
Die Teilchennatur des Lichts, also die Vorstellung, dass es aus Photonen besteht, spiel auch
für die Erklärung des Compton Effekts die zentrale Rolle. Der Compton Effekt beschreibt
die Streuung von elektromagnetischer Strahlung, also zum Beispiel Licht, an Elektronen.
Im Teilchenbild wird diese Streuung als Stoß behandelt.
Der Impuls des Photons mit Frequenz f ist
p=
E
hf
=
c
c
und mit
folgt
p=
h
.
λ
f
1
=
c
λ
(7.7)
(7.8)
Abbildung 7.7: Streuung von elektromagnetischer Strahlung an einem (ruhenden) Elektron.
Wie bei der Betrachtung von Stößen in der Mechanik werden Impuls- und Energieerhaltung angewendet. Vor dem Stoß hat das Photon den Impuls p~γ und nach dem Stoß den
Impuls p~γ 0 . Das Elektron ruht vor dem Stoß und hat nach dem Stoß den Impuls p~e . Somit
gilt nach der Impulserhaltung
p~i = p~f
(7.9)
p~γ = p~γ 0 + p~e
c
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(7.10)
7.1. DIE TEILCHENNATUR DES LICHTS
also
18
p~e = p~γ − p~γ 0
(7.11)
und nach Bildung des Skalarproduktes auf jeder Seite
0
p2e = p2γ + p2γ − 2 pγ p0γ cos(θ) .
(7.12)
Der Streuwinkel zwischen einfallendem und gestreutem Photon gemäß Abbildung 7.7 ist
θ.
Weil die kinetisch Energie des Elektrons nach dem Stoß einen merklichen Anteil seiner
Ruheenergie ausmachen kann, ist der relativistische Ausdruck für den Zusammenhang
zwischen Energie des Elektrons Ee und seinem Impuls pe anzusetzen (siehe Gleichung
6.12):
p
(7.13)
Ee = p2e c2 + (me c2 )2 .
Darin ist me = 9.109 ·10−31 kg die Ruhemasse des Elektrons. Aus der Energieerhaltung
Ei = Ef
folgt also
pγ c + me c2 = p0γ c +
(7.14)
p
p2e c2 + (me c2 )2
(7.15)
mit der Ruheenergie des Elektrons
Ee,0 = me c2 .
(7.16)
Abbildung 7.8: Versuchsaufbau bei Experiment zur Comptonstreuung mit der 60 keV Linie
von Ameritium, links: direkt eingestrahlte Referenzspektrum, rechts: an einem halbkreisförmig
gebogenen Aluminiumblech unter 90o reflektierte Strahlung.
Versuch 3360: Compton-Effekt mit 60 keV-Photonen (aus Am 241)
Das Gammaspektrum von Ameritium 241 enthält eine Linie bei 26.35 keV und eine
Linie bei 59.54 keV. Letztere eignet sich besonders gut zur Demonstration des ComptonEffekts. Das Spektrum wird mit einem Impulshöhenanalysator (Vielkanal) aufgenommen.
Als Detektor dient ein NaJ-Kristalldetektor. Wir nehmen zunächst das direkt eingestrahlte
Referenzspektrum auf und speichern es. Dann reflektieren wir die Strahlung an einem halbkreisförmig - gebogenen Aluminiumblech (Thaleskreis) unter 90◦ in den Detektor. Dieses
c
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7.1. DIE TEILCHENNATUR DES LICHTS
19
Spektrum wird mit dem Vielkanal analysiert, wobei man auf dem Bildschirm das bereits
gespeicherte Referenzspektrum überlagern kann. Man sieht auf diese Weise unmittelbar,
wie das neue Spektrum der gestreuten Strahlung neben den Originallinien herauswächst.
Die Abweichung der Linienmaxima lässt sich direkt als Energiedifferenz ablesen, die mit
dem theoretischen Wert sehr gut übereinstimmt. Die Wellenlänge der 60 keV Linie beträgt
0.0204 nm, die Comptonverschiebung bei 90o ist 0.0024 nm. Wir erwarten als eine Wellenlängen- oder Energieverschiebung von 12 Prozent. Dieser Wert wird auch im Versuch
erreicht. Die Messzeit für das Referenzspektrum beträgt 90 sec, während für die Messzeit
des Streuspektrums 300 sec benötigt werden.
Relativistisches Elektron
Bei einem ruhenden Teilchen sind Masse m0 und Energie E0 äquivalent, das heißt, bis auf
einen konstanten Faktor gleich
E0 = m0 c2 .
(7.17)
Die Ruheenergie des Elektrons ist Ee,0 = 511 keV.
Ein Elektronenvolt ist die Energie, die ein Teilchen mit der Ladung 1 e (Elementarladung) erhält, wenn es die Spannung von 1 V im Vakuum durchläuft und es dadurch
beschleunigt wird und somit kinetische Energie gewinnt. Entsprechend ist Elektronenvolt
eine Energieeinheit, die günstig ist für Elementarteilchen und es gilt:
1 eV = 1.602·10−19 J .
Die Energie E(v) eines Teilchens der Masse m > 0, das sich mit Geschwindigkeit v < c
bewegt, ist eine Funktion der Geschwindigkeit
E(v) =
2
qm c
2
1− v2
.
(7.18)
c
Streuung von Photon an Elektron
Eliminieren von p2e aus den Gleichung 7.12 und 7.15 ergibt
1
1
1
=
[1 − cos(θ)] .
−
0
pγ
pγ
me c
(7.19)
Einsetzen des Photonenimpulses p = h/λ ergibt schließlich die Änderung der Photonenwellenlänge durch den Stoß mit dem ruhenden Elektron
λγ 0 − λγ =
h
[1 − cos(θ)] .
me c
(7.20)
Durch den Stoß nimmt die Wellenlänge also zu, da die Energie des Photons wegen des
Rückstosses des Elektrons abnimmt. Die Zunahme hängt also nicht von der Wellenlänge
des einfallenden Photons ab. Die maximale Zunahme der Wellenlänge ist bei einem Stoß
unter θ = 90o möglich. Diese maximale Zunahme wird Compton Wellenlänge genannt
λCompton =
c
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h
= 2.43 · 10−12 m .
me c
(7.21)
7.2. ATOMMODELLE
20
Der Compton-Effekt wird erst bei Photonen merklich, deren Wellenlänge nicht zu groß
gegenüber der Compton-Wellenlänge ist, das heißt, wenn die Energie des Photons nicht zu
klein gegenüber der Ruheenergie des Elektrons von etwa 511 keV ist. Dies ist bei Röntgenoder Gammastrahlung der Fall.
Anwendung: Sicherheitsscanner zur Personenkontrolle
Im Bereich der Flugsicherung wurden Scanner-Geräte entwickelt, welche die ComptonRückstreuung (engl. Backscatter) von Röntgenstrahlung an Oberflächen nutzen. Diese
werden zur Zeit in den USA getestet.
Die schwachen Röntgenstrahlen mit 3 microREM durchdringen zwar die Kleidung, nicht
aber das Fleisch. So kann alles, was aus Plastik und Metall unter der Kleidung versteckt
worden ist, gesehen werden, einschließlich des nackten Körpers.
7.2
Atommodelle
Auf Dalton geht die Atomhypothese (1803) zurück:
• Materie besteht aus kleinsten kugelförmigen Teilchen oder Atomen.
• Diese Atome sind unteilbar und können weder geschaffen noch zerstört werden.
• Alle Atome eines chemischen Elements sind untereinander gleich. Atome unterscheiden sich nur in der Masse von Atomen anderer Elemente.
• Diese Atome können chemische Bindungen eingehen und aus diesen auch wieder
gelöst werden.
• Das Teilchen einer Verbindung wird aus einer bestimmten, stets gleichen Anzahl von
Atomen der Elemente gebildet, aus denen die Verbindung besteht.
Mit der Annahme von Atomen als feste Kugeln können viele Beobachtungen aus der Thermodynamik erklärt werden. Gegenargument für diese Theorie ist unter anderem das elektrische Aufladen von Materie (Atomen), welches die Teilbarkeit der Atome voraussetzt.
Versuch 2000: Reibungselektrizität
Ein Braun´sches Elektrometer wird mit einem Plexiglas- bzw. Hartgummistab aufgeladen, den man an Seide bzw. Katzenfell gerieben hat. Die Ladung wird jeweils am
Elektrometer abgestreift.
Ein Körper, mit einer Gesamtladung Null (von beiden Ladungsarten gleich viel), ist
nach außen hin elektrisch neutral. Es gibt also 2 Arten von Ladungen. Wir unterscheiden
diese mit dem Vorzeichen (+/−). Dabei bedeutet positiv geladen Elektronenmangel und
negativ geladen Elektronenüberschuss.
Diese Ladungen sind also stets an Masseteilchen gebunden.
c
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7.2. ATOMMODELLE
7.2.1
21
Thomsonsches Atommodell
1903 von Joseph John Thomson entwickeltes Modell, nach dem das Atom aus gleichmäßig
verteilter Masse und positiver Ladung besteht, in denen sich die Elektronen bewegen.
Aufgrund der Anordnung der Elektronen in der Masse, vergleichbar mit Rosinen in einem
Kuchen, wird es auch Rosinenkuchenmodell genannt.
Abbildung 7.9: Veranschaulichung eines Atoms nach dem Thomsonschen Atommodell: Elektronen sind grün und der positive Hintergrund rot gezeigt.
Problem: Im Wasserstoffatom befindet sich nur ein Elektron. Wird dieses angeregt,
führt es harmonische Schwingungen durch den Mittelpunkt des Atoms aus und sendet
dadurch Licht aus. Dies erlaubt im krassen Gegensatz zum Experiment jedoch nur eine
Spektrallinie und nicht das beobachtete Linienspektrum mit vielen Spektrallinien.
Der Rutherfordsche Streuversuch (1909) zeigte, dass die positive Ladung in einem
Atomkern vereinigt ist und widerlegte das Thomsonsche Atommodell. Es wird die Streuung
von Helium-4-Atomkernen, Alphateilchen genannt, welche aus zwei Protonen und zwei
Neutronen bestehen, untersucht (siehe Abbildung 7.10).
Abbildung 7.10: links: Versuchsanordnung zur Streuung von Alphateilchen an dünnen Metallfolien wie zum Beispiel einer Goldfolie, rechts: beobachtete Ablenkung der alpha-Teilchen an den
Goldatomen der Goldfolie
c
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7.2. ATOMMODELLE
22
Versuch 3361: Rutherfordstreuung
Die Versuchsapparatur von Leybold besteht aus einer zylindrischen Vakuumkammer,
in der die Streuung von Alphateilchen (241Am) an dünnen Metallfolien einfach demonstriert werden kann. In der Kammer befindet sich ein integrierter Halbleiterdetektor mit
einer Silizium-Fotodiode, in deren Sperrschicht Alphateilchen absorbiert werden. Außerdem ist die Kammer mit einem drehbaren Folienhalter mit Winkelskala ausgestattet. Der
Halbleiterdetektor ist über einen Diskriminator-Vorverstärker an einen Digitalzähler angeschlossen. In den Folienhalter werden eine Goldfolie und ein Spalt eingesetzt und die
Kammer anschließend lichtdicht abgedeckt. Nach dem Abpumpen der Rutherfordkammer
werden die Zählraten für verschiedene Winkel gemessen.
Erwartungsgemäß durchdringt der allergrößte Teil der Alphateilchen die Folie ungehindert. Im Thomsonschen Atommodell ist unverständlich, dass wenige Teilchen (ca.
1 von 8.000) beim Durchfliegen der Metallschicht stark abgelenkt und einzelne sogar
zurückgestreut werden, als ob sie auf ein massives Zentrum im Inneren der Atome gestoßen wären. Dieses massive Zentrum im Inneren des Atoms bezeichnete Rutherford als
Atomkern.
7.2.2
Rutherfordsches Atommodell
1911 von Ernest Rutherford aufgestelltes Modell, nach dem das Atom einen Atomkern
enthält, der die positive Ladung und ein Großteil der Masse vereinigt. Der Atomkern ist
von Elektronen umgeben, wobei die Gesamtanzahl der Elektronen pro Atom genau der
Kernladungszahl entspricht, um die Neutralität der Atome zu berücksichtigen. Über die
räumliche Verteilung der Elektronen gibt es keine weiteren Annahamen.
Abbildung 7.11: Veranschaulichung eines Atoms nach dem Rutherfordschen Atommodell: Elektronen sind grün und der positive Atomkern rot gezeigt.
Problem: Emission und Absorption von Energiequanten kann mit dem Modell von
Rutherford nicht erklärt werden. Die experimentell beobachteten Spektrallinien diverser
Gase sind in diesem Modell nicht verständlich.
Versuch 3335: Gitterspektrum von Quecksilber
Das Linienspektrum von Hg wird mit einem Gitterspektrograph in verkürzter Bauweise gezeigt. Wir benutzen Gitter verschiedener Strichzahl, um das Auftreten der zweiten
c
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7.2. ATOMMODELLE
23
Beugungsordnung zu zeigen. Die nullte Ordnung (weiß) muss wegen der hohen Intensität
mit einem schwarzen Papierstreifen ausgeblendet werden.
7.2.3
Bohrsches Atommodell
In dem 1913 von Niels Bohr aufgestellten Modell besteht das Atom aus einem positiv
geladenen Kern und negativ geladenen Elektronen, die diesen auf diskreten konzentrischen
Bahnen umkreisen (ähnlich den Planeten eines Sonnensystems).
Abbildung 7.12: Veranschaulichung eines Atoms nach dem Bohrsches Atommodell: Beispiel der
Elektronenanordnung des Barium Atoms mit 56 Elektronen.
Problem: Wird eine Ladung, also das Elektron, auf einer Kreisbahn bewegt, so führt
dies zur Abstrahlung von elektromagnetischen Wellen und damit zu einem Energieverlust.
Anstelle der Kreisbahn entsteht somit eine Spiralbahn des Elektrons, die auf den Kern
gerichtet ist. Die Lebensdauer wäre nur von der Größenordnung 10−14 s. Dies widerspricht
der Stabilität der Atome.
Um stabile Atome zu beschreiben, in denen Elektronen auf konzentrischen Bahnen um
den Kern kreisen, löste sich Bohr mit seinen Postulaten teilweise von der Gültigkeit der
klassischen Mechanik.
Bohrsche Postulate
1. Bohrsches Postulat: Strahlungslose Umlaufbahnen
Das Elektron kann sich strahlungslos nur auf bestimmten, kreisförmigen Umlaufbahnen
(bzw. stationären Zuständen) bewegen.
2. Bohrsches Postulat: Photonenfrequenz und Energieerhaltung
Der Radius der Elektronenbahn ändert sich nicht kontinuierlich, sondern sprunghaft. Bei
diesem Quantensprung wird elektromagnetische Strahlung abgegeben (oder aufgenommen). Wenn E1 die Energie des Ausgangszustands und E2 die Energie des Zielzustands
ist, dann wird ein Lichtquant emittiert mit der Frequenz
f=
c
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E1 − E2
h
(7.22)
7.2. ATOMMODELLE
24
der ausgesandten Strahlung.
3. Bohrsches Postulat: Quantisierter Drehimpuls
Elektronenbahnen sind nur stabil, wenn der Bahndrehimpuls L des Elektrons ein ganzzahliges Vielfaches des reduzierten planckschen Wirkungsquantums ~ = h/(2π)= 1.055·10−34
Js ist
L = mvr = n~ .
(7.23)
Energie einer kreisförmigen Umlaufbahn
Wir betrachten ein Elektron mit der Ladung q1 = −e, das auf einer Kreisbahn mit dem
Radius r eine positive Ladung q2 = +Ze umrundet. Die Ausdehnung des Kerns sei vernachlässigt.
Abbildung 7.13: Bohrsches Modell für eine kreisförmige Umlaufbahn des Elektrons um einen
Atomkern.
Die potentielle Energie ist dann
Epot =
1 q1 q2
1 Z e2
=−
.
4 π ε0 r
4 π ε0 r
(7.24)
Hierbei ist die Influenzkonstante ε0 = 8.85 × 10−12 C2 /(Nm2 ). Die elektrische Anziehungskraft (Coulomb Gesetz) ist die Zentripetalkraft, die das Elektron auf seiner Umlaufbahn
hält, mit
m v2
1 Z e2
FZ = −
= FC = −
.
(7.25)
r
4 π ε0 r 2
Entsprechend ist die kinetische Energie
Ekin =
m v2
1 Z e2
=
2
4 π ε0 2 r
(7.26)
und folglich der Betrag der potentiellen Energie doppelt so groß wie die kinetische Energie
Epot = −2 Ekin .
(7.27)
Die Gesamtenergie ist also
Eges = Epot + Ekin = −
c
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1 Z e2
.
4 π ε0 2 r
(7.28)
7.2. ATOMMODELLE
25
Zur Berechnung des Radius der Elektronenumlaufbahn gehen wir vom dritten Bohrschen Postulat L = m v r = n ~ aus und setzten
v=
n~
mr
(7.29)
in das Kräftegleichgewicht (Gleichung 7.25) ein:
n 2 ~2
1 Z e2
1 Z e2
→
.
mv =
=
4 π ε0 r
m r2
4 π ε0 r
2
(7.30)
Es folgt die Bedingung für den Radius
r = n2 4 π ε0
~2
m Z e2
(7.31)
und mit dem Bohrschen Radius
a0 = 4 π ε 0
~2
∼ 0.0529nm
m e2
(7.32)
schliesslich
r=
n2 a0
Z
.
(7.33)
Der Bohrschen Radius ist also der Radius des Wasserstoffatoms (Z = 1) im sogenannten
tiefsten Zustand.
Energieniveaus im Bohrschen Atommodell
Setzten wir die Bedingung für den Radius (Gleichung 7.31) in die Gesamtenergie einer
kreisförmigen Umlaufbahn ein (Gleichung 7.28), so folgt
En = −
1
m Z 2 e4
(4 π ε0 )2 2 n2 ~2
oder
En = −Z 2
R
n2
(7.34)
(7.35)
mit der Rydbergkonstante
R=
m e4
1 1 e2
1
=
∼ 13.6eV
(4 π ε0 )2 2 ~2
2 4 π ε 0 a0
(7.36)
Gemäß dem zweiten Bohrschen Postulat gilt somit für den Übergang zwischen zwei dieser
Energieniveaus
¸
·
E1 − E2
Z 2R 1
1
f12 =
=
−
.
(7.37)
h
h
n22 n21
c
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7.2. ATOMMODELLE
26
Das Wasserstoffatom im Bohrschen Atommodell
Ein Elektron umkreist einen einfach positiv geladenen Kern mit Z = 1. Die gesamte Energie des Elektrons im Wasserstoffatom hängt also gemäß Gleichung 7.35 vom Radius seiner
kreisförmigen Umlaufbahn ab. Die Werte sind quantisiert, da es nur diskrete Umlaufbahnen
mit n = 1, 2, 3, ... gibt, und es gilt
En = −
R
.
n2
(7.38)
Abbildung 7.14: links: Bohrsches Modell für Wasserstoffatom, rechts: entsprechende Energieniveaus im sogenannten Termschema.
Im Grundzustand, dem tiefsten energetischen Zustand, des Wasserstoffatoms ist n = 1
und damit
E1 = −R = −13.6eV .
(7.39)
Durch die 1/n2 -Abhängigkeit liegen angeregte Zustände immer dichter (siehe Abbildung
7.14).
Für den Grenzfall n → ∞ geht die Energie gegen null. Wird ein Elektron aus dem
Atom entfern, so spricht man von Ionisierung. Die dazu aufzubringende Energie ist die
Ionisationsenergie. Vom Grundzustand aus gerecht hat das Wasserstoffatom die Ionisationsenergie von 13.6 eV. Dies ist sozusagen die Bindungsenergie des Elektrons im Wasserstoffatom.
Versuch 3396: Wasserstoffspektrum
Über eine Hochspannung von 6 kV betreiben wir eine H2 gefüllte Geisslerröhre. Durch
Ionisation entsteht in der Röhre ein Gasgemisch aus H, H+ und H+
2 . Das entsprechende
Spektrum wird über einen Prismenspektrographen dargestellt.
c
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7.2. ATOMMODELLE
27
Abbildung 7.15: Linienspektrum des Wasserstoffatoms mit Zuordnung zu den entsprechenden
Serien auf Wellenlängenskala.
Weil die Energien quantisiert sind, kann die Frequenz der Strahlung, die ein Wasserstoffatom emittiert oder absorbiert, nur bestimmt Werte haben. Es entsteht ein Linienspektrum und die möglichen Übergänge zwischen zwei Energiezuständen En und Em erfüllen
·
¸
En − Em
R 1
1
fnm =
=
−
.
(7.40)
h
h m2 n2
Abbildung 7.16: Die Energieniveaus des Wasserstoffatoms. Die senkrechten Pfeile deuten einige
Übergänge der entsprechenden Serien zum Linienspektrum an.
Die Anregung eines Atoms geschieht zum Beispiel durch Absorption von Photonen oder
durch Stöße mit Elektronen.
c
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7.2. ATOMMODELLE
28
Die entsprechenden Serien sind
• Lyman-Serie n = 1, m = 2, 3, 4, ...
• Balmer-Serie n = 2, m = 3, 4, 5, ...
• Paschen-Serie n = 3, m = 4, 5, 6, ...
• Brackett-Serie n = 4, m = 5, 6, 7, ...
• Pfund-Serie n = 5, m = 6, 7, 8, ...
Das einfach ionisierte Heliumatom
Betrachten wir ein einfach ionisiertes Heliumatom im Rahmen des Bohrschen Atommodells.
Durch die einfache Ionisation ist eines der beiden Elektronen vom Heliumatom entfernt
und es entspricht somit dem Wasserstoffatom, jedoch mit Z = 2. Im Linienspektrum
sollte folglich jedes zweite Niveau von He+ mit dem von Wasserstoff zusammenfallen (siehe
Abbildung 7.17). Tatsächlich werden aber geringe Abweichungen gemessen.
Abbildung 7.17: links: Schema für den erwarteten Zusammenfall von Linien im einfachen Bohrschen Atommodell für den Vergleich von H und He+ . rechts: Bohrsches Modell für ionisiertes
Heliumatom mit Korrektur im Zweikörperproblem.
Ursache ist, dass nicht nur die Elektronen eine Bewegung auf einer Kreisbahn ausführen,
sondern zudem auch der Atomkern eine (kleine) kreisförmige Bewegung erfährt. Beide,
Elektron und Atomkern, bewegen sich um ihren gemeinsamen Massenmittelpunkt. Dies
entspricht dem klassischen Zweikörperproblem.
Wir führen eine sogenannte reduzierte Masse
µ=
mM
m+M
(7.41)
ein, wobei m die Masse des Elektrons und M die Masse des Atomkerns ist. In der gesamten Betrachtung ist nun m gegen µ zu ersetzten und es folgt eine Korrektur an die
Rydbergkonstante
R
.
(7.42)
Rµ =
m
1+ M
c
°Lehrstuhl
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7.2. ATOMMODELLE
29
Für schwere Kerne M → ∞ folgt Rµ → R. Diese leichte Massenabhängigkeit hat zur Folge,
dass die Spektrallinien von H und He+ nicht zusammenfallen können.
7.2.4
Anregung eines Atoms durch Stöße
Die Methode des Franck-Hertz-Versuchs, die Anregung des Atoms auf ein höheres Energieniveau statt mit Licht durch einen unelastischen Stoß mit Elektronen zu realisieren,
ermöglichte eine eindrucksvolle Bestätigung des Bohrschen Atommodells. Wir schreiben
dies als
A + e → A∗ + e0 .
(7.43)
Versuch 3410: Frack-Hertz Versuch
Kernstück der Apparatur ist eine quecksilbergefüllte Triode, die zur Einstellung des
Quecksilber-Dampfdrucks in einem regulierbaren Heizofen steckt (Thermostatschalter auf
6 bis 7 stellen; 180 o C - 200 o C). Ein Betriebsgerät erzeugt die nötigen regelbaren Spannungen. Der Anodenstrom wird in Abhängigkeit von der Beschleunigungsspannung, zwischen
Glühkathode und Gitter gemessen. Er zeigt charakteristische Maxima und Minima im
Abstand von jeweils 4.9 Volt. Das Betriebsgerät liefert eine mit 50 Hz oszillierende Beschleunigungsspannung, deren Maximalwert einstellbar ist. Man legt sie an den x-Eingang
eines Oszillographen, während am y-Eingang die Spannung liegt, die der Anodenstrom an
einem Arbeitswiderstand erzeugt. Man erhält auf diese Weise direkt die typische FranckHertz-Kurve, ohne sie punktweise ausmessen zu müssen. Das Oszillographenbild wird über
die Fernsehanlage gezeigt.
Elektronen werden von der Kathode zum Gitter beschleunigt, nehmen kinetische Energie auf und müssen dann gegen eine Spannung anlaufen, um zur Anode zu gelangen. Wenn
die Energie ausreicht, tragen sie zu einem Strom I bei. Wenn die Energie ausreicht, um
ein Hg-Atom anzuregen (4.9 eV), verlieren die Elektronen ihre kinetische Energie.
Abbildung 7.18: links: Schema für den Aufbau des Franck-Hertz-Versuch, rechts: StromSpannungs-Charakteristik.
Der durch den Stoß angeregte Zustand des Atoms ist instabil und es fällt unter Emission
eines Lichtquants kurze Zeit später zurück in den Grundzustand. Das von den Quecksilberatomen emittierte Licht (der Energie 4.9 eV) ist mit einer Wellenlänge von 253 nm
c
°Lehrstuhl
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7.2. ATOMMODELLE
30
allerdings im ultravioletten Bereich und damit nicht sichtbar.
Mit steigender Spannung:
• Zunächst gelangen immer mehr Elektronen zur Anode
• Bei U=4.9 V verlieren Elektronen ihre Energie in Gitternähe durch inelastischen Stoß
und gelangen nicht zur Anode
• Vorgang wiederholt sich, bis 2 Stöße möglich werden, einer auf halbem Weg, der
andere in Gitternähe, usw.
7.2.5
Sommerfeldsches Atommodell
Das 1916 von Arnold Sommerfeld vorgeschlagene Atommodell stellt eine Verfeinerung des
Bohrschen Atommodells dar. Es wird angenommen, dass sich die Elektronen um den
Atomkern auf Bahnen bewegen, die sich aus den Bewegungsgleichungen der klassischen
Mechanik ergeben. Quantentheoretische Prinzipien werden durch zusätzliche Quantisierungsbedingungen (Bohr-Sommerfeld-Quantisierung) eingeführt. Diese Quantisierungsbedingungen führen dazu, dass nur eine kleine Teilmenge der Bahnen, die nach der klassischen
Mechanik möglich wären, erlaubt sind. Als Folge davon können auch die mit der Bahnbewegung verbundenen Erhaltungsgrößen (Energie, Drehimpuls) nicht mehr beliebige, sondern
nur noch bestimmte, diskrete Werte annehmen. Diese sind also gequantelt.
Während im Modell von Bohr die möglichen Bahnen des Elektrons Kreise um den
Atomkern sind, führt Sommerfeld allgemeinere Ellipsenbahnen ein, der Kreis kommt noch
als Spezialfall der Ellipse vor. Der Kern befindet sich nach diesem Modell in einem der
Brennpunkte einer Bahnellipse, so dass sich eine geometrische Konfiguration wie bei den
Planetenbahnen nach den Keplerschen Gesetzen ergibt.
Eine Ellipse kann nicht mehr wie ein Kreis durch einen Parameter (Radius) beschrieben
werden, sondern dazu benötigt man zwei (z. B. große und kleine Halbachse). Deshalb
sind bei Ellipsenbahnen auch zwei Quantenzahlen notwendig, um den Bahnparameter und
damit den Zustand des Atoms zu beschreiben:
• Die Hauptquantenzahl n wird aus dem Bohrschen Modell übernommen, ist aber
nicht mehr mit einem bestimmten Drehimpuls verbunden, sondern gibt nur noch das
Energieniveau an.
• Die Neben- oder (Bahn-)Drehimpulsquantenzahl l hat einen Wertebereich,
der von der Hauptquantenzahl n abhängt, in dem sich das Atom befindet. l kann als
Werte natürliche Zahlen von 0 bis n − 1 annehmen.
Diese beiden Quantenzahlen reichen, um eine Ellipse in der Ebene zu beschreiben. Um
die Lage der Ellipsenebene im dreidimensionalen Raum zu kennzeichnen, wird noch eine
dritte Quantenzahl benötigt:
• Die magnetische Quantenzahl m hat einen Wertebereich, der von der Nebenquantenzahl l abhängt. m kann die Werte −l, ..., −1, 0, 1, ..., +l annehmen.
c
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7.2. ATOMMODELLE
31
Nebenquantenzahl
In der geometrischen Betrachtung wird jede erlaubte Kreisbahn im Bohrschen Modell,
welche durch die Hauptquantenzahl n charakterisiert ist, durch ein System von Ellipsen
ersetzt. Die Zahl der Ellipsen pro Hauptquantenzahl ist gleich n. Jede Ellipse entspricht
genau einem Drehimpuls. Für den Betrag des Bahndrehimpulses L im Sommerfeldschen
Atommodell gilt
L = (l + 1) ~ .
(7.44)
Mit der Drehimpulsquantenzahl l werden die Ellipsen des Systems so durchnummeriert,
dass l = 0 die am meisten gestreckte Ellipse (größte numerische Exzentrizität) und l = n−1
ein Kreis, welcher der bohrschen Bahn entspricht, ist. Die große Halbachse einer Ellipse
ist gleich dem Radius der Kreisbahn im Bohr-Modell (siehe Abbildung 7.19).
Abbildung 7.19: Elektronenbahnen für Wasserstoff im Sommerfeldsches Atommodell für n =
1, 2, 3. Die Skalenwerte sind in Ångström angegeben.
Magnetische Quantenzahl
~ st ,
Das sich um den Atomkern bewegende Elektron erzeugt ein statisches Magnetfeld B
dessen Richtung (Feldvektor) senkrecht auf der Bahnellipse steht und parallel zum Bahn~ verläuft. Bringt man das Atom in ein äußeres Magnetfeld B
~ ext , dann
drehimpulsvektor L
richtet sich die Bahn des Elektrons so aus, dass sein Feldvektor bzw. Bahndrehimpulsvektor
~ B
~ ext ) einschließen,
mit dem des äußeren Feldes nur bestimmte diskrete Winkel φm ≡ ∠(L,
die durch die magnetische Quantenzahl beschrieben sind. Für einen vorgegebenen Bahn~ gilt
drehimpuls L
L cos φm = m ~
(7.45)
und mit Gleichung 7.44 eingesetzt folgt für die möglichen eingeschlossenen Winkel bei
vorgegebener Nebenquantenzahl l:
cos φm =
m
.
l+1
(7.46)
Da sich m im Wertebereich von −l, ..., 0, ...l bewegt, ist der Kosinus immer kleiner 1 bzw.
bleibt der Betrag des eingeschlossenen Winkels kleiner als ein rechter Winkel.
c
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7.2. ATOMMODELLE
32
Abbildung 7.20: links: Skizze zum Drehimpuls bei einem um den Atomkern bewegten Elektron.
rechts: Magnetische Quantenzahlen für die Nebenquantenzahl l = 1 und die zugehörige Bewegung
eines Elektrons im externen Magnetfeld.
Die Wechselwirkung des Magnetfeldes mit dem magnetischen Moment des Atoms, die
vom Bahndrehimpuls des Elektrons erzeugt wird, ist nur im Sommerfeldschen Atommodell
zu erklären. Als Zeeman-Effekt bezeichnet man das mehrfache Aufspalten von Spektrallinien, wenn sich die emittierende Materie in einem schwachen externen Magnetfeld befindet.
Versuch 3406: Zeeman - Effekt
Eine Cadmium-Lampe steht im Zentrum eines starken Magneten mit durchbohrten
Polschuhen. Der Magnet wird durch ein Heinzinger Netzgerät mit 20 V, max. 4 A versorgt.
Über eine Sammellinse (fest eingebaut), und einen roten Farbfilter wird ein Fabry-PerotEtalon beleuchtet. Mit der Fernsehkamera (Entfernung unendlich) mit Teleobjektiv lassen
sich sehr lichtstarke Interferenzringe beobachten.
Beobachtet man durch die Polschuhbohrung, longitudinal zum Feld des Magneten, die
Cadmiumlampe so sieht man im Etalon konzentrische Kreise. Beim Zuschalten des Feldes
spalten sich diese Ringe in je zwei neue Ringe (symmetrisch zur Lage des Ringes ohne Feld)
auf. Bei der Messung transversal zum Magnetfeld erfolgt nach angelegtem Magnetfeld eine
Aufspaltung in drei Ringe. Mit einem zwischengeschaltetem Polfilter kann man, je nach
Stellung des Filters entweder den Mittelring oder die beiden Außenringe ausblenden.
Da zu einem festen Wert der Hauptquantenzahl n verschiedene Werte der Nebenquantenzahl l und der magnetischen Quantenzahl m gehören, ist die Energie entartet. Das
Einschalten des äußeren Magnetfelds hebt diese Entartung auf und die Energieniveaus
spalten auf (siehe Abbildung 7.21).
Die potentielle Energie in einem Magnetfeld ist
~
Epot = −µ~l · B
(7.47)
mit dem magnetischen Moment des umlaufenden Elektrons
µ~l = −
c
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e ~
L .
2 me
(7.48)
7.2. ATOMMODELLE
33
l=2
µB B0
e−
(2)
(3)
(1)
B0
(2)
(3)
B0 = 0
ml
+2
+1
0
−1
−2
B0 , 0
Abbildung 7.21: links: Klassische Erklärung der Aufspaltung. rechts: Zeeman-Effekt ohne SpinBerücksichtigung beim l = 2-Energieniveau.
Es folgt
Epot =
e ~ ~
L·B
2me
(7.49)
~ orientiert ist, ist wegen
und unter der Annahme, das das äußere Magnetfeld parallel zu L
der Quantisierung des Drehimpulses (Lz = m~) die Zeemanaufspaltung
Epot =
e~
m B = m µB B ,
2me
(7.50)
wobei m die magnetische Quantenzahl und µB das Bohrsche Magneton ist. Diese Energiedifferenz hebt die (2l + 1)-fache Entartung der Energieeigenwerte En im Magnetfeld auf.
Die Energieniveaus innerhalb des Atoms erfüllen nun also mit Gleichung 7.35
En = −Z 2
R
+ m µB B
n2
.
(7.51)
Dies ist in Abbildung 7.21 für das l = 2-Energieniveau veranschaulicht.
Abbildung 7.22: Elektronenübergänge unter Lichtemission im Cadmium-Atom führen zur Zeemanaufspaltung. Die möglichen Übergänge werden durch eine Auswahlregel bestimmt.
Insgesamt sind nicht alle möglichen Übergänge erlaubt. Eine Auswahlregel ∆m =
−1, 0, 1 beschreibt die möglichen Übergänge.
c
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7.2. ATOMMODELLE
7.2.6
34
Orbitalmodell
Das Atom besteht aus einem Kern, der von Orbitalen umgeben ist. Die Form der Orbitale
ist durch die räumliche Aufenthaltswahrscheinlichkeit der Elektronen gegeben. Im strengen
Sinn ist ein Orbital eine Lösung der Schrödingergleichung. Orbitale werden anhand der vier
Quantenzahlen n, l, m und s klassifiziert:
• Hauptquantenzahl n = 1, 2, 3, ...
• Neben- oder (Bahn-)Drehimpulsquantenzahl l = 0, 1, 2, ...n − 1
• Magnetquantenzahl m = 0, ±1, ±2, ... ± l
• Spinquantenzahl s = ±1/2
Die Orbitale zu den verschiedenen Zahlen l haben charakteristische (grobe) Formen, die
auch bei höheren n-Werten qualitativ erhalten bleiben.
Form der Orbitale
Tabelle 7.1: Zuordnung der Orbitale
Name
s-Orbital
p-Orbital
d-Orbital
f-Orbital
ausgeschrieben
sharp
principal
diffuse
fundamental
Wert von l
0
1
2
3
Aussehen
radialsymmetrisch
hantelförmig in den drei Raumachsen
gekreuzte Doppelhantel
rosettenförmig
Abbildung 7.23: Grafische Veranschaulichung der s-, p- und d-Orbitale, wobei die verschiedenen
Vorzeichen der Wellenfunktion durch hell und dunkel dargestellt sind.
Die höheren s-Orbitale besitzen Knotenebenen, insgesamt sind sie kugelförmig und die
Aufenthaltswahrscheinlichkeit verschiebt sich weiter vom Kern weg.
c
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7.2. ATOMMODELLE
35
Abbildung 7.24: Grafische Veranschaulichung der s-Orbitale, für die Hauptquantenzahlen
n =1,2 und 3.
Quantisierungsbedingungen
1) Die Hauptquantenzahl n beschreibt das Hauptenergieniveau, welches ein Elektron besitzt. Sie beschreibt einen Bereich, in dem die Aufenthaltswahrscheinlichkeit eines Elektrons sehr hoch ist. Je größer n wird, desto weiter entfernt vom Atomkern bewegt sich das
Elektron und so geringer ist seine Bindungsenergie. Die maximale Anzahl der Elektronen
in einer Schale ergibt sich als 2n2 . Es gilt
En = −Z 2
R
n2
.
(7.52)
2) Die Nebenquantenzahl (Bahndrehimpulsquantenzahl) l beschreibt den Bahndrehimpuls
des Elektrons
p
|L| = ~ l(l + 1) .
(7.53)
und damit die Form des Orbitals.
3) Die Magnetquantenzahl m beschreibt die räumliche Ausrichtung, die das Orbital bezüglich
eines äußeren Magnetfeldes einnimmt. Die resultierenden Orbitale sind energetisch gleich,
nur wenn von außen ein Magnetfeld angelegt wird, lassen sie sich unterscheiden. Für die
Projektion des Drehimpulsvektors auf die Richtung des Magnetfeldes gilt
Lz = ~ m
.
(7.54)
4) Die Spinquantenzahl s gibt die Rotationsrichtung (rechts herum oder links herum) also
den Spin an. Sie wird mit den Werten +1/2 oder −1/2 beziehungsweise den Symbolen ↑
oder ↓ angegeben.
Auswahlregeln
Elektronische Übergänge der Elektronen in den Orbitalen geschehen vornehmlich durch
elektrische Dipolstrahlung. Für Einelektronenübergänge gelten folgende Auswahlregeln:
∆l = ±1 , ∆m = 0, ±1 , ∆s = 0
c
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.
(7.55)
7.3. QUANTENTHEORIE DER ATOME
7.3
36
Quantentheorie der Atome
Die räumliche und zeitliche Entwicklung des Zustands eines Quantensystems wird durch
die Schrödingergleichung beschrieben. Ihre Lösungen werden Wellenfunktionen genannt.
Die Wellenfunktion beschreibt den quantenmechanischen Zustand im Ortsraum und bestimmt eine Aufenthaltswahrscheinlichkeit. Im Unterschied zur Klassischen Physik ist eine
exakte Aussage über den Aufenthaltsort ~r eines Teilchens im Allgemeinen nicht möglich
(Heisenbergsche Unschärferelation).
7.3.1
Heisenbergsche Unschärferelation
Zwei Messgrößen eines Teilchens sind nicht immer gleichzeitig beliebig genau bestimmbar.
Das bekannteste Beispiel für ein Paar solcher Messgrößen sind Ort x und Impuls p und es
gilt
∆x∆p & h .
(7.56)
Mit dem Impuls
h
h 2π
=
= ~k
λ
2π λ
(7.57)
∆x∆k & 2π
(7.58)
∆ω∆t & 2π
(7.59)
E = ~ω = hf
(7.60)
∆E∆t & h
(7.61)
p=
folgt
und nach Fouriertransformation
was sich mit der Energie
zu
umformen läßt.
Abbildung 7.25: Materiewelle als Wellenpaket
Die Abbildung 7.25 zeigt eine Materiewelle als Wellenpaket. Der Mittelpunkt des Wellenpakets befindet sich zur Zeit t = 0 bei x = 0. Die Größe ∆x ist die Paketbreite auf
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7.3. QUANTENTHEORIE DER ATOME
37
halber Höhe der maximalen Elongation bei x = 0 und stellt ein Maß für die Unschärfe des
Ortes des Teilchens dar. Die Wellenlänge λ errechnet sich nach der de Broglie-Gleichung
λ=
7.3.2
h
.
p
(7.62)
Wellenfunktion
Ausgehend von der Existenz des Quantenteilchens muss es sich (zu jeder Zeit) irgendwo
aufhalten, weshalb dessen Wellenfunktion ψ die Normierungsbedingung
Z
(7.63)
ψψ ∗ dV = 1
Raum
erfüllen muss. Dies führt zur Wahrscheinlichkeit dP , das Teilchen am Ort ~r = (x, y, z) im
Volumenelement dV = dx dy dz anzutreffen
dP (x, y, z) = ψψ ∗ dV
.
(7.64)
Als Orbital bezeichnen wir den Aufenthaltsraum, in dem sich das betrachtete Elektron
eines Atoms mit ca. 90 % Wahrscheinlichkeit aufhält.
Abbildung 7.26: Aufenthaltswahrscheinlichkeiten für 1s, 2s und 2pz Orbitale.
7.3.3
Schrödingergleichung
Die Schrödingergleichung beschreibt allgemein die zeitliche Veränderung eines quantenmechanischen Zustands. Sie zeichnet den Hamiltonoperator H als denjenigen aus, der die
Dynamik des Systems bestimmt. Allgemein ist
Hψ = Eψ
.
(7.65)
Betrachten wir zunächst nur eine Dimension (nur Bewegung entlang der x-Achse) und die
zeitunabhängige Form, so ist der Hamiltonoperator
H=−
c
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~2 d2
+ V (x) .
2m dx2
(7.66)
7.3. QUANTENTHEORIE DER ATOME
38
Für ein freies Teilchen ist das Potential V (x) = 0 und es folgt
~2 d2
−
ψ(x) = E ψ(x) .
2m dx2
Mit
E = Ekin =
(7.67)
p2
h2
~2 k 2
m v2
=
=
=
2
2m
2mλ2
2m
(7.68)
ergibt sich die Bewegungsgleichung
k 2 ψ(x) +
d2
ψ(x) = 0 .
dx2
(7.69)
Die allgemeine Lösung ist
ψ(x) = A exp(i k x) + B exp(−i k x)
(7.70)
mit den Koeffizienten A und B.
Für einen harmonischen Oszillator ist zum Beispiel das Potential gegeben durch
V (x) =
k x2
.
2
(7.71)
Verallgemeinerungen
a) Verallgemeinern wir von der zeitunabhängigen zu zeitabhängigen Schrödingergleichung,
so wird aus Gleichung 7.65
µ
¶
~2 ∂ 2
∂
−
+ V (x, t) ψ(x, t) = i ~ ψ(x, t) .
2
2m ∂x
∂t
(7.72)
Mit ψ(x) als Lösung der zeitunabhängigen Schrödingergleichung folgt als allgemeine Lösung
µ
Et
ψ(x, t) = ψ(x) exp(−i ω t) = ψ(x) exp −i
~
¶
.
(7.73)
Entsprechend ergibt sich für das freie Teilchen
ψ(x, t) = A exp(i [k x − ω t]) + B exp(−i [k x + ω t])
(7.74)
was je nach Koeffizienten A und B einer nach rechts oder links laufenden Welle entspricht.
b) Verallgemeinert auf drei Dimensionen folgt schließlich aus Gleichung 7.65
¶
µ
∂
~2
∆ + V (~r, t) ψ(~r, t) = i~ ψ(~r, t) .
−
2m
∂t
c
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(7.75)
7.3. QUANTENTHEORIE DER ATOME
7.3.4
39
Wellenmechanik des Wasserstoffatoms
Im Wasserstoffatom wirkt das Potential einer Zentralkraft (siehe Gleichung 7.24)
1 Z e2
.
4 π ε0 r
Eingesetzt in Gleichung 7.65 ergibt sich die zugehörige Schrödingergleichung
µ
¶
~2 2
1 Z e2
−
∇ −
ψ(r) = E ψ(r) .
2m
4 π ε0 r
V (r) = −
(7.76)
(7.77)
Um der Kugelsymmetrie des Problems gerecht zu werden, gehen wir von den karthesischen
Koordinaten in Kugelkoordinaten über, was einen Separationsansatz
ψ(r, Θ, φ) = R(r) Y (Θ, φ)
(7.78)
erlaubt. Dies führt nach einer längeren Rechnung zu Gleichungen, die die Energie, den
Bahndrehimpuls und die Orientierung des Bahndrehimpulses beschreiben und die entsprechenden Quantisierungsbedingungen darstellen:
1) Energie (Hauptquantenzahl n):
H ψn l m = −
R
ψn l m
n2
(7.79)
2) Bahndrehimpuls (Nebenquantenzahl l):
L2 ψn l m = l(l + 1) ~2 ψn l m
(7.80)
3) Orientierung des Bahndrehimpuls (magnetische Quantenzahl m):
Lz ψn l m = m ~ ψn l m
(7.81)
In dieser Beschreibung ist also der Spin des Elektrons noch nicht enthalten. Entsprechend wird ψn l m nur durch die drei Quantenzahlen n, l und m beschrieben.
7.3.5
Spin-Bahn Wechselwirkung
Die Eigenschaften des Elektrons sind beschrieben durch
• Spinquantenzahl s = 1/2
• innerer Drehimpuls (Spin) S =
p
s(s + 1) ~
• magnetische Spinquantenzahl ms = ±1/2
Das magnetische Moment des Elektrons ist
~
e ~
S
S = −gs µB
(7.82)
2me
~
mit dem so genannten G-Faktor gs = 2.0024 und dem Bohrschen Magneton (Magneton
e~
des Elektrons) µB = 2m
= 9.274 · 10−24 J/T.
e
Um den Spin des Elektron zu berücksichtigen, wird also die Wellenfunktion des Elektrons im H-Atom um den Spinanteil χms ergänzt, die nur 2 Werte annimmt
~µs = −gs
ψn l m ms = Rn l Ylm χms .
c
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(7.83)
7.3. QUANTENTHEORIE DER ATOME
40
Abbildung 7.27: Der Spin kann als Rotation des Elektrons um die eigene Achse aufgefasst
werden (links), wobei das Elektron allerdings punktförmig ist! Im Magnetfeld kann sich der Spin
in zwei Positionen ausrichten (rechts). Dann bewirkt das Drehmoment eine Präzessionsbewegung.
Stern-Gerlach Experiment
Ein Strahl aus wasserstoffähnlichen Atomen spaltet in einem Magnetfeldgradienten in zwei
nach der magnetischen Spinquantenzahl getrennte Strahlen auf.
Abbildung 7.28: Ein Magnetfeldgradient bewirkt die Aufspaltung eines Atomstrahls in zwei nach
der magnetischen Spinquantenzahl getrennte Strahlen auf.
Diese Aufspaltung resultiert aus der Kraft Fz , die auf das magnetische Moment wirkt
Fz = −µz
dB
e ms ~ dB
= gs
.
dz
me dz
(7.84)
Dies führt zur Ablenkung des Strahls in Abhängigkeit von der magnetischen Spinquantenzahl ms .
Im Magnetfeld erzeugt das magnetische Momente ein Drehmoment, das wie beim Kreisel zu einer Präzessionsbewegung mit der Larmor-Frequenz ωL führt. Analog zur Mechanik
eines Kreisels ist
~
pB
µs B
2gs
p~ × B
=
=
=
B .
(7.85)
ωL =
Lz
L
S
~
c
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7.3. QUANTENTHEORIE DER ATOME
41
LS-Kopplung
Der Gesamtdrehimpuls des Elektrons setzt sich aus einem Spin- und einem Bahnanteil
vektoriell zusammen. Es gilt
~ +S
~ .
J~ = L
(7.86)
Damit gelten für den Gesamtdrehimpuls des Elektrons die quantenmechanischen Eigenschaften:
p
J = j(j + 1) ~
(7.87)
und
Jz = m J ~
(7.88)
mit −j ≤ mJ ≤ j. Beim H-Atom kann die Gesamtspinquantenzahl j je nach Kopplung
zwei Werte annehmen:
• parallel: j = l + 1/2
• antiparallel: j = l − 1/2
Die Zustände sind 2j+1-fach entartet.
Abbildung 7.29: Beispiel der LS-Kopplung für l = 1. mit s = 1/2 ergibt sich bei paralleler
Ausrichtung der Spins j = 3/2 (links) und bei antiparalleler Ausrichtung j = 1/2 (rechts).
Es können nur gleichzeitig scharf gemessen werden:
• Bahndrehimpuls L2 = l(l + 1)~2
• Gesamtdrehimpuls J 2 = j(j + 1)~2
• Projektion des Gesamtdrehimpulses Jz = mJ ~
Nicht scharf messbar sind die
• Projektion des Bahndrehimpulses ml
• Projektion des Spins ms
Für Übergänge muss gelten: ∆l = ±1, ∆j = 0, ±1, ∆mj = 0, ±1. ∆j = 0 (Spinflip) ist
unwahrscheinlicher.
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7.3. QUANTENTHEORIE DER ATOME
42
Abbildung 7.30: Die Präzession des Gesamtspins durch LS-Kopplung (links) und die aus der
Projektion des Gesamtdrehimpulses J folgende Messgröße mJ (rechts).
Elektronenspinresonanz (ESR)
Für eine Probe mit permanentem magnetischem Moment spalten sich die entarteten Energiezustände in ein Magnetfeld auf. Diese Aufspaltung ist in erster Näherung proportional
zum angelegten Magnetfeld B und
EZee = gS µB mJ B
(7.89)
mJ ist dabei die magnetische Quantenzahl. Jedes magnetische Energieniveau besitzt deshalb den Abstand ∆E = gS µB B vom nächsten benachbarten Zustand (äquidistante Aufspaltung). Für Übergängen zwischen Niveaus unterschiedlicher Hauptquantenzahl (δn = 1)
wird dies als Zeeman-Effekt bezeichnet (siehe Abschnitt zuvor). Es sind jedoch auch
Übergänge zwischen Niveaus gleicher Hauptquantenzahl beobachtbar, was als Elektronenspinresonanz (abgekürzt ESR) bezeichnet wird. Diese magnetisch Dipolar-Übergänge
zwischen benachbarten Niveaus erfüllen ∆mJ = ±1.
In der Praxis wird die zu untersuchende Probe in einem veränderlichen Magnetfeld
mit einer Mikrowelle fester Frequenz bestrahlt. Das aufgezeichnete Absorptionsspektrum
erlaubt Rückschlüsse auf die magnetische Umgebung der magnetische Momente. Die ESR
wird heutzutage hauptsächlich zur Analyse von Kristallstrukturen und chemischen Reaktionen eingesetzt.
Versuch 3407: Elektronen-Spin-Resonanz
Das Gerät besteht aus einem Betriebsgerät und einem mit einem Drehkondensator abstimmbaren Parallelschwingkreis extrem hoher Güte. Die Anordnung arbeitet nach dem
Prinzip der magnetischen Resonanz. Eine Probesubstanz (Diphenylpicrylhydrazyl) mit einem ortsgebundenen, ungepaarten Elektron dient als Absorber für HF-Quanten genau
definierter Energie (f = 146 MHz) , die von einem quarzstabilisierten Oszillator im Betriebsgerät erzeugt werden. Der Absorbtionsmechanismus ist das Umklappen des Elektronenspins von einer Einstellung im Magnetfeld in einer andere. Die Differenz beider
Einstellungen und damit die benötigte Quantenenergie hängt von der Stärke des Magnetfeldes ab, dem die Probe ausgesetzt wird. Diese Feldstärke ist die Versuchvariable. Sie wird
c
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7.3. QUANTENTHEORIE DER ATOME
43
von einem Helmholtz-Spulenpaar erzeugt, zunächst von Hand möglichst genau eingestellt
und dann mit einem überlagerten Magnetfeld von 50 Hz moduliert, so dass man auf dem
Schirm des Oszillographen (Fernsehanlage) eine Resonanzkurve erzeugen kann. Gemessen
wird dabei Diagonalstrom einer Brücke, deren einer Zweig den auf die Resonanzfrequenz
abgestimmten Parallelschwingkreis enthält . Die Probe befindet sich in der Spule dieses
Schwingkreises, so dass sich beim Eintreten der Resonanz der Wechselstromwiderstand der
Brücke ändert. In der vorher stromlosen Diagonale fließt dabei ein Strom, der im Betriebsgerät gleichgerichtet und verstärkt wird und dem Oszillographen als y- Signal zugeführt
wird. Das x- Signal oszilliert wie die Magnetfeldstärke mit Netzfrequenz und kann mit
einer Phasenschieber auch phasenrichtig eingestellt werden.
Durchführung des Versuches: Der Kreis wird abgestimmt (vor der Vorlesung) und die
Resonanzkurve gezeigt. Dann nimmt man die Probe aus der Spule, die Resonanz verschwindet.
Bei der paramagnetischen Resonanz ergibt sich die Resonanzbedingung
h f = g S µB B .
(7.90)
Für ein Magnetfeld um 0.35 T liegt die Resonanzfrequenz im sogenannten X-Band zwischen
9 und 10 GHz.
Abbildung 7.31: links: Zum Nachweis der Resonanz wird die Flussdichte des Magnetfelds linear
um die Resonanz variiert und die Variation der absorbierten Energie mit Bo als Signal eines sog.
ESR-Spektrometers aufgezeichnet. rechts: Beispiel eines Oszilloskopbildes.
Versuch 3408: Modellversuch zur Elektronenspinresonanz
Eine luftgelagerte Kunststoffkugel mit einer Magnetachse (Bohrung mit eingelassenem
Permanentmagnet) dient als Modellelektron. Sie wird zwischen zwei Spulen mit Eisenkern
gestellt, die ein konstantes Magnetfeld erzeugen. Man bringt die Kugel durch Kippen der
Luftkissenpfanne zum Rotieren und lenkt sie dann mit einem Permanentmagneten etwas
c
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7.3. QUANTENTHEORIE DER ATOME
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aus ihrer stabilen Rotationsachse ab. Sie präzediert jetzt um die Feldachse des konstanten
Magnetfeldes. Wenn man nun den Permanentmagnet senkrecht zu dieser Richtung mit
einer geeigneten Frequenz der rotierenden Kugel nähert und wieder entfernt, so schaukelt
sich die Präzessionsbewegung der Kugel bis zum Umklappen auf.
Abbildung 7.32: Aufbau des Modellversuchs zur ERS.
LS- Nomenklatur
Für ein einzelnes Elektron haben wir die 4 Quantenzahlen n, l, m und j zur vollständigen
Beschreibung. In der LS- Nomenklatur werden diese zu
nlj
(7.91)
angeordnet. So bezeichnen wir zum Beispiel ein Elektron mit n = 3, l = 1 und j = 1/2
mit 3p1/2 . Allgemein ist die Nomenklatur in Tabelle 7.2 aufgeführt.
Tabelle 7.2: LS- Nomenklatur
l
j
lj
c
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0
1/2
s1/2
1
1/2
p1/2
3/2
p3/2
2
3/2
d3/2
5/2
d5/2
7.3. QUANTENTHEORIE DER ATOME
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Abbildung 7.33: Zusammenfassung der Energieniveaus für ein Elektron gemäß der Einteilung
nach Hauptquantenzahlen n, unter zusätzlicher Berücksichtigung der Nebenquantenzahl l, bei
Aufspaltung im Magnetfeld (Zeemann-Effekt) und unter Berücksichtigung der LS- Kopplung (von
links nach rechts, durch vertikale gestrichelte Linien getrennt).
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