Unser Ausflug zur römischen Stadt Colonia Ulpia Traiana (XANTEN

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Unser Ausflug zur römischen Stadt Colonia Ulpia Traiana (XANTEN) – A. D. 2012 „Varus, Varus gib mir meinen Legionen wieder!“, soll Kaiser Augustus im Jahre 9 nach der verlorenen Schlacht gegen Hermann den Cherusker im Teutoburger Wald ausgerufen haben. Eine der Legionen stammte aus dem Lager Vetera, dem heutigen Xanten. Durch Varus trat Xanten also zum ersten Mal ins Rampenlicht der Ge‐
schichte. Mit dieser bekannten Geschichte begann unser Stadtführer seinen historischen Vortrag beim unterhaltsamen Gang durch den weitläufigen Archäologischen Park von Xanten. Augustus gab, so erfuhren wir, nach der verlorenen Schlacht im Teutoburger Wald seinen Plan einer Provinz Großgermanien auf, und der Rhein wurde zur endgültigen Reichsgrenze des römischen Imperiums. Weiter südlich entstand fast zeitgleich eine Kolonie römi‐
schen Rechts, die heutige Stadt Köln. Nördlichster Vorpos‐
ten wurde mit einem großen Legionslager die Gegend um Xanten. Dabei entstand eine zivile Siedlung zu einer stattli‐
chen Größe mit 10.000 Einwohnern. Um 100 n. Chr. ver‐
lieh Kaiser Trajan ihr seinen Namen und gleichfalls die Rechte einer Colonia und wurde in der Antike eine der bedeutendsten Metropolen der germanischen Provinzen Roms. Da standen wir nun fast 2000 Jahre später auf diesem historischen Gelände, wo sich früher eine multikulturelle Bevölkerung bestehend aus Galliern, Germanen und Menschen aus anderen Teilen des römischen Reiches niedergelassen hatte. Es gab eine zivile Verwaltung nach dem Vorbild Roms, und es wurde nicht nur Latein gesprochen. Wir gingen hinüber zum Hafentempel, der einer un‐
bekannten Gottheit geweiht war. Der Hafentempel war mit 27 Metern Höhe nach dem Kapitol der zweit‐
größte Tempel der Stadt. Seine Größe und der auf‐
wändig verzierte und ursprünglich farbig bemalte Kalkstein kündeten vom Anspruch der Colonia, ein Stück „Rom in der Fremde" darzustellen. Die Funda‐
mentplatte ist teilweise freigelegt, die Aufbauten sind durchweg rekonstruiert, wirken auf den Betrach‐
ter jedoch recht authentisch. Gleichfalls in historischer Umgebung hatte man die römische Herberge wieder aufgebaut. Sie bot in der Antike den Reisenden eine komfortable Unterkunft, Bewirtung und die Wonnen eines heißen Badehauses. Die prachtvollen Räume der Bäder dienten der Reinigung und Entspannung und waren ein beliebter Treffpunkt. Ein Brunnen im Hof versorgte die Herbergsthermen mit Wasser. In der daneben liegenden Heizungsanlage unterhielten Heizer mit Holz und Holzkohle ein Feuer. Sie beheizte die Bäderanlage durch heiße Luft, die in den Hohlräumen der Wände und des Fußbodens zirkulierte. Wasser wurde in einem Kessel erhitzt und floss durch einen Zulauf in die Badebecken. Nach Besichtigung der einzelnen Örtlichkeiten, ja auch die menschlichste davon(…), ließen wir uns zum Mittagessen im römischen Restaurant nieder. Wir orientierten uns auf der Speisekarte eher an die modernen Geschmacksrichtungen, auch wenn die Speisen mit phantasievollen la‐
teinischen Namen bezeichnet waren. Das Amphitheater, das wir danach aufsuchten, imponiert auch in seiner rekonstruierten Form. Es entsprach bei einem Fassungsvermögen mit rund 10.000 Plätzen in etwa der Einwohnerzahl der Colonia Ulpia Traiana. Wo früher grausame Gladiatorenkämpfe angesagt waren, finden heutzutage Veranstaltungen statt, bei denen es natürlich völlig unblutig zugeht. Bei den Xantener Sommerfestspielen mit Opern, Operetten und Musicals treten internationale Künstler auf. Modernes Leben auf den Ruinen der Vergangenheit. Warum gibt es aber nach 2000 Jahren über eine so große Fläche des Archäologischen Parks so viel Zeugnisse der römischen Kultur? Im Laufe des 4. Jahrhunderts er‐
losch das städtische Leben auf dem Gelände der alten Colonia endgültig, und die römische Epoche war been‐
det. Vorangegangen waren längeren Unruhen, die von den germanische Stämmen jenseits des Rheins ausgin‐
gen, und es kam zu wirtschaftlichen Krisen. Franken überrannten und zerstörten die Stadt. Sie siedelten au‐
ßerhalb der alten Stadt in kleinen Dörfern. In den folgenden Jahrhunderten holten sich die Menschen die Stei‐
ne aus dem Ruinenfeld und errichteten damit die mittelalterliche Stadt Xanten. Die alte Colonia verfiel indes‐
sen immer weiter, ihr Areal wurde nicht mehr bewohnt und gilt heute als die größte nicht überbaute römische Stadt nördlich der Alpen. Die Forschung geht mit modernster Satelli‐
tenortung an die Überreste der Stadt heran und kommt durch zielgenaue Ausgrabungen, wie wir im Archäologischen Park sehen konn‐
ten, dem römischen Leben auf die Spur. Zusammengetragen sind die historischen Zeugnisse im Römer‐Museum mitten im Ar‐
chäologischen Park. Historisches mag manchmal trocken wirken – doch hier weit gefehlt. Wir waren uns einig, wir haben sel‐
ten so ein interessant aufgebautes modernes Museum, das in eine historische Stätte voll integriert ist, erlebt: Ansprechend aufgebaut, Aufzüge, hell, übersichtlich, systematisch angeordnet. Die Entwicklung der römischen Stadt, das Leben der Menschen ist über Ebenen in die Höhe als begehbares „Zeitband“ zu erfahren, somit in verständlicher chronologischer Abfolge. Hier sind es Grabsteine, die die Geburtsorte der Legionäre nennen. Die meisten stammten aus Oberitalien und Südfrankreich. Auch den Warenströmen für das Militär wird gründlich nachgegangen: Getreide, Olivenöl und Wein kamen aus den französischen, spanischen und italienischen Provinzen, ebenso Bronzegefäße, Glas und Möbel. Detailliert und anschaulich die Exponate über das Wohnen in der Colonia und die römische Arbeitswelt mit den hier nachgewiesenen Handwerken. Ein imponierendes Zeugnis für die damalige Rheinschiff‐
fahrt ein Plattbodenschiff, das frei aufgehängt in zwölf Metern Höhe wie vor einer Kaianlage schwebt. Wer von uns noch Zeit fand, schaute sich die dem Museum benachbarten freigelegten Ruinen der römischen Badean‐
lage an. Ein großer Hallenbau über dem Badetrakt der Thermen schützt die Reste der römischen Wellnessberei‐
che vor Wind und Wetter. Es war eine phantastische Geschichtsreise durch die Epoche der Römer bei uns am Niederrhein, und wir müs‐
sen noch einmal wieder kommen! Bernd Zellmer 
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