Pforzheim, natürlich Neobiota – die neuen Wilden Pforzheim Amt für Umweltschutz Pforzheim, natürlich Neobiota – die neuen Wilden Inhalt Die neuen Wilden in Pforzheim 4 Beifußblättrige Ambrosia 6 Drüsiges Springkraut 8 Kanadische Goldrute 10 Japanrohr 12 Riesen-Bärenklau 14 Robinie 16 Sommerflieder 18 Kamberkrebs 20 Kartoffelkäfer 22 Kastanien-Miniermotte 24 Nutria 26 Waschbär 28 Die stadtökologischen Rundgänge 30 Das Amt für Umweltschutz 32 3 Die neuen Wilden in Pforzheim In Pforzheim ist die Welt zu Hause! Bei einem Spaziergang im Enzauenpark, einem der beliebtesten Naherholungsziele, kommt man mit Bewohnern fast aller Kontinente in Berührung. Gemeint sind allerdings nicht Touristen, die die Attraktionen der Goldstadt besichtigen wollen, sondern Tiere und Pflanzen aus fernen Gegenden, die hier eine Heimat gefunden haben. Im Stillgewässer tummeln sich südamerikanische Nutrias, an den Gewässerufern wuchert das Japanrohr und das Indische Springkraut lockt mit seinen pinkfarbenen Blüten Insekten als Bestäuber an. Im Wasser flitzt die Regenbogenforelle als schimmernder Pfeil vorbei, während der Amerikanische Flusskrebs bei einbrechender Dunkelheit im Schlamm vergraben auf Beute lauert. „Neobiota“ – „Neue Lebewesen“ ist der Sammelbegriff für diese bei uns gebietsfremden Pflanzen- (Neophyten), Pilz(Neomyceten) und Tierarten (Neozoen), die nach 1492 aus einem fremden Land oder Kontinent eingeführt oder unbeabsichtigt eingeschleppt worden sind. Man wählte das Jahr 1492 als zeitlichen Einschnitt, da mit der Entdeckung Amerikas durch Christoph Columbus ein weltumspannender Austausch von Handelswaren begann. Die „Reisemöglichkeiten“ für Tiere und Pflanzen sind außerordentlich vielfältig: Zahlreiche Organismen gelangen als „blinde Passagiere“ in unsere Breiten. Insekten heften ihre Eigelege an Waren, in Paletten und anderem Holz bieten sich „Mitfahrgelegenheiten“ für Holzschädlinge, Muscheln heften sich an Schiffsrümpfe an. Oft wurden Pflanzen auch eingeführt, als Zierpflanzen in Gärten und Parkanlagen (Robinie, Sommerflieder), als Bienenweide (Herkulesstaude, Indisches Springkraut) oder als Deckungspflanze für Wild (Japanrohr). Pelztiere wie der Waschbär oder die Nutria entkamen aus Zuchtfarmen und gründeten erfolgreich Freilandpopulationen. Fast täglich kommen neue Arten hinzu. Nur die wenigsten bleiben auf Dauer. Als fest etabliert gelten die Neobiota nur dann, wenn sie sich ohne Zutun des Menschen unter natürlichen Bedingungen über mehrere Generationen und einen längeren Zeitraum vermehren (bei Gefäßpflanzen z.B. mindestens 30 Jahre, bei Wirbeltieren 25 Jahre und/oder mindestens 3 Generationen). Einige der „Zugereisten“ verursachen allerdings erhebliche Probleme. Sie breiten sich dank großer Konkurrenzkraft und effektiven Vermehrungsstrategien rigoros aus und verdrängen einheimische Arten aus ihren angestammten Lebensräumen. Struktur und Funktion von Ökosystemen können so nachhaltig verändert werden. Zunehmend werden auch die wirtschaftlichen und medizinischen Probleme, die einige Arten mit sich bringen, offenbar. So wurden z.B. die starken allergischen Reaktionen, die der Pollen der Beifuß-Ambrosie auslösen kann, in der Presse ausführlich diskutiert. Der Naturschutz bezeichnet Neophyten und Neozoen, die die biologische Vielfalt schädigen oder gefährden als „Invasive Arten“. Ihre Bekämpfung und Zurückdrängung ist schwierig, arbeitsintensiv und nur dann einigermaßen erfolgreich, wenn sie konsequent über einen längeren Zeitraum hinweg erfolgt. Einige der interessantesten Neophyten und Neozoen, die im Pforzheimer Raum vorkommen, werden im Folgenden vorgestellt und beschrieben. 4 5 Beifußblättrige-Ambrosia Botanischer Steckbrief Deutsche Namen: Beifuß-Ambrosie, Traubenkraut Wissenschaftl. Name: Ambrosia artemisiifolia Pflanzenfamilie: Korbblütler (Asteraceae) Herkunft: Nordamerika Problematik Der Pollen der Beifuß-Ambrosie ist stark Allergie auslösend. Natürlich sind in dieser Hinsicht besonders Menschen gefährdet, die bereits auf Pollen anderer Arten reagieren. Für diesen Personenkreis verlängert sich die Leidenszeit durch die späte Blütezeit der Ambrosie bis in den Herbst hinein. Nicht selten werden Menschen, die bisher noch nicht mit Allergien geplagt waren, durch Ambrosiapollen sensibilisiert. Eine auffallend hohe Zahl an Asthmaerkrankungen durch Ambrosia-Allergie wurde ebenfalls beobachtet. Darüber hinaus kann es auch allein durch Berührungen der Pflanze zu Hautekzemen kommen. Im 19. Jahrhundert wurde die Beifuß-Ambrosie nach Europa eingeschleppt. In verschiedenen europäischen Ländern, wie Schweiz, Italien und Ungarn kommt sie heute relativ häufig vor. In Deutschland gibt es bisher nur vereinzelte Vorkommen, verschiedene Beobachtungen sprechen aber dafür, dass die Pflanze auch bei uns auf dem Vormarsch ist. Für Pforzheim liegen zwar bisher nur wenige Meldungen zur BeifußAmbrosie vor, eine Entwarnung für Allergiker in unserem Raum kann trotzdem nicht gegeben werden, da der Pollen weit verfrachtet werden kann. Maßnahmen Eigenschaften Die Beifuß-Ambrosie ist eine einjährige Pflanze, die jedes Jahr aus Samen neu heranwächst und bei uns ca. 1 m hoch wird. Unter besonders günstigen Bedingungen kann die Pflanze auch eine Höhe von 2 m erreichen. Die Beifuß-Ambrosie blüht von Spätsommer bis Herbst. An der ansonsten unscheinbaren Pflanze fallen dann die langen, walzigen männlichen Blütenstände auf, die sehr viel Pollen enthalten. Die weiblichen Blüten bilden sich in den Blattachseln. Nur wenn der Herbst mild ist, können die Samen zur Reife kommen. Die Beifuß-Ambrosie wächst bei uns bevorzugt auf offenen Böden, wie in Neubaugebieten, an Straßenrändern und auf Schutthalden. In der Landwirtschaft ist sie vor allem auf Sonnenblumenfeldern anzutreffen. Von dort gelangen die Samen in Vogelfutter und können mit der Winterfütterung der Vögel auch in Privatgärten verbreitet werden. 6 Um die weitere Verbreitung der Beifuß-Ambrosie einzudämmen, empfiehlt die Biologische Bundesanstalt: Kaufen Sie nur Vogelfutter, das keine Ambrosiasamen enthält und kontrollieren Sie sicherheitshalber den Futterplatz das Jahr über auf eventuell aufgehende Ambrosiapflanzen. Junge Pflanzen herausreißen und über den Kompost oder die Mülltonne entsorgen (nur mit Handschuhen anfassen!). Beim Herausreißen bereits blühender Pflanzen zusätzlich eine Staubmaske tragen und diese Pflanzen in Plastik fest verpackt in den Hausmüll geben. Allergiker sollten mit der Pflanze keinen Umgang haben. Größere Pflanzenbestände melden Sie bitte den zuständigen Behörden, in Pforzheim dem Amt für Umweltschutz (Tel. 39-2000) weitere Informationen für unsere Region: ausführliches Faltblatt von LGA und LUBW erhältlich auf www.lubw.baden-wuerttemberg.de (Pfad: Service-Publikationen) 7 Drüsiges Springkraut Botanischer Steckbrief Deutsche Namen: Drüsiges Springkraut, Indisches Springkraut Wissenschaftl. Name: Impatiens glandulifera Pflanzenfamilie: Springkrautgewächse (Balsaminaceae) Herkunft: westliches Himalajagebiet Eigenschaften Das Drüsige Springkraut ist eine einjährige, im blühenden Zustand sehr auffällige Pflanze, die in ihrer Heimat vor allem im Gebirge vorkommt, bei uns aber entlang von Bächen und Flüssen ausgedehnte Bestände bilden kann. Der Stängel der Pflanze verzweigt sich im Bereich des Blütenstands und wird bis zu 2,50 m hoch. Die Blätter sind 10 - 25 cm lang, lanzettlich und lang gestielt. Blattstiel und Blattgrund weisen Drüsen auf. Die Blütenstiele entwickeln sich in den Blattachseln und tragen einen traubenartigen Blütenstand mit 5 - 20 gespornten Einzelblüten von einer blassrosa bis weißlichen Farbe. Die Blütezeit erstreckt sich vom Juni bis in den Oktober, mitunter bis in den November hinein. Die Blüten werden hauptsächlich von Bienen und Hummeln bestäubt. Die Pflanze entwickelt walzenförmige Kapselfrüchte, die die Samen bei Reife einige Meter weit hinausschleudern. Pro Pflanze können mehr als 4000 Samen gebildet werden. 8 Problematik Das Drüsige Springkraut ist im 19. Jahrhundert als Gartenpflanze aus dem asiatischen Raum zunächst nach England importiert worden und hat sich von dort fast in ganz Europa ausgebreitet. Der stark zuckerhaltige Nektar ihrer Blüten macht die Pflanze für Bienen ausgesprochen attraktiv. Imker haben deshalb zur weiteren Verbreitung des Drüsigen Springkrauts beigetragen. Die Pflanze bevorzugt die Ufersäume der Fließgewässer, siedelt sich dort vor allem in Überschwemmungsbereichen, in Auwäldern und Weidengebüschen an und kann Dominanzbestände ausbilden. Die Samen werden mit den Fließgewässern transportiert und sorgen so für die Besiedlung weiterer ufernaher Abschnitte. In den vergangenen Jahren hat man dem Drüsigen Springkraut einen Verdrängungseffekt der heimischen Vegetation zugeschrieben. Das wird von Fachleuten heute differenzierter gesehen. Trotz der Dominanz ist der Verdrängungseffekt durch die einjährige Pflanze wohl nicht so stark wie vielfach angenommen. Da das Springkraut erst im Hochsommer voll zur Entfaltung kommt, sind Pflanzen, die bis dahin ihre Blütezeit abgeschlossen haben, relativ wenig beeinträchtigt. Für die Pflanzen, die zur selben Zeit blühen wie das Springkraut, besteht allerdings eine Konkurrenz um die Bestäuber, die in der Regel die mit zuckerreichem Nektar versehenen Blüten des Springkrauts bevorzugen. Maßnahmen Auch in Pforzheim ist das Drüsige Springkraut an vielen Fließgewässern anzutreffen. Die hohe Keimfähigkeit der Samen und deren Ausbreitung über die Gewässer, machen eine nachhaltige Bekämpfung ausgesprochen schwierig. In den meisten Fällen ist der Aufwand nicht gerechtfertigt. Wer das Drüsige Springkraut in seinem Garten hat und es loswerden möchte, sollte die Stängel während der Blütezeit abschneiden und die Pflanze anschließend kompostieren. Keinesfalls dürfen Pflanze oder Samen aktiv in die Natur ausgebracht werden. Das verbietet das Bundesnaturschutzgesetz – und zwar nicht nur in Bezug auf das Drüsige Springkraut, sondern im Falle aller gebietsfremden Pflanzen. 9 Kanadische Goldrute Botanischer Steckbrief Deutsche Namen: Kanadische Goldrute Späte Goldrute, Riesengoldrute Wissenschaftl. Name: Solidago canadensis Solidago gigantea Pflanzenfamilie: Korbblütler (Compositae) Herkunft: Nordamerika Problematik Die Goldruten wurden schon im 17. Jhd. als Zierpflanzen in europäische Gärten eingeführt. Mit ihren flugfähigen Samen gelang ihnen der „Sprung über den Gartenzaun“. Heute besiedeln sie nicht nur von Menschen geprägte Standorte wie Brachen, Straßenränder und Bahndämme, sondern auch naturnahe und schützenswerte Lebensräume wie Flussauen, Röhrichte, Feuchtwiesen und Trockenrasen. Die ausgeprägte Konkurrenzkraft der Goldruten liegt auch in ihrer vegetativen Vermehrung aus den unterirdischen Rhizomen. Die Kanadische Goldrute wird als invasiver und folglich problematischer Neophyt eingeordnet. In Baden-Württemberg breiten sich die Goldruten seit den 50-er Jahren oft flächendeckend aus. Dabei verdrängen sie ursprünglich hier vorkommende Pflanzenarten, so dass zahlreichen Tierarten die Nahrungsgrundlage entzogen wird. Der Pollen- und Nektarwert der oft als Bienenweide gepriesenen Goldrute ist, ebenso wie der Zuckergehalt, gering. Nur 4 von 429 Wildbienenarten nehmen die Kanadische Goldrute als Nahrungspflanze an. In Europa hat die Kanadische Goldrute keine natürlichen Feinde, während sich in ihrer Heimat Nordamerika etwa 290 Fraßinsekten von ihr ernähren. Maßnahmen Eine Bekämpfung der Goldrute ist nur dann sinnvoll, wenn sie über mehrere Jahre hinweg konsequent durchgeführt wird. Bewährt hat sich eine zweimalige Mahd - im Frühsommer vor der Bildung von Rhizomknospen (Ende Mai) und im Hochsommer, kurz vor der Blüte (August). Durch anschließende Aussaat von landschaftstypischen und an den Standort angepassten heimischen Pflanzen kann die Goldrute weiter zurückgedrängt und gleichzeitig eine Nahrungsgrundlage für die heimische Insektenfauna geschaffen werden. Eigenschaften Die mehrjährigen Pflanzen werden 50 bis 250 cm hoch. Ab Juli erscheinen die grazilen, goldgelben Blüten an einer bogenförmigen Rispe. Falter, Schwebfliegen und Bienen zählen zu den häufigsten Blütenbesuchern. Jeder Blütenstängel bildet Tausende von flugfähigen Samen, die wie winzige Fallschirme aussehen. 10 11 Japanrohr Botanischer Steckbrief Deutsche Namen: Japanischer Staudenknöterich, Japanrohr Wissenschaftl. Name: Fallopia japonica Pflanzenfamilie: Knöterichgewächse (Polygonaceae) Herkunft: Ostasien (China, Japan, Korea) Neben dem Japanrohr gibt es noch eine zweite eng verwandte Art, den Sachalin-Knöterich (Fallopia sachalinensis), mit ähnlichen Eigenschaften. Die beiden Arten bastardisieren. Problematik Das Japanrohr ist im 19. Jahrhundert als Gartenpflanze aus dem ostasiatischen Raum zunächst nach England importiert worden und hat sich von dort in ganz Mitteleuropa ausgebreitet. Die Pflanze bevorzugt die Ufersäume der Fließgewässer, ist aber auch auf städtischen Brachflächen, an Straßenrändern und Böschungen zu finden. Über seine Wurzelmasse hat das Japanrohr eine enorme Ausbreitungskraft. Selbst kleinste Wurzel- aber auch Stängelstücke, können neu austreiben und weitere Pflanzen entstehen lassen. Mit den Fließgewässern werden die Pflanzen entlang der Ufer weiter verbreitet, an denen sie häufig Dominanzbestände aufbauen. Kontaminierter Erdaushub kann die Art neu in Böschungen und Baugebiete einbringen. Ökologisch sind die durch den Massenaufwuchs verursachte Verdrängung angestammter Arten und die Veränderung des Abflussverhaltens der betroffenen Fließgewässer, deren Ufer durch das Japanrohr destabilisiert werden, problematisch. Durch seine Eigenschaft, in kleine Ritzen von Mauerwerk einzudringen und es durch Dickenwachstum zu sprengen sowie Pflaster und Asphalt anzuheben, verursacht der Japanknöterich aber auch wirtschaftlichen Schaden. So erfordern Schäden an Deichen, Schleusen und Straßen sowie an Gleisanlagen jedes Jahr einen hohen Aufwand an Reparaturen. Maßnahmen Eigenschaften Der Japanische Staudenknöterich ist eine ausdauernde, imposante Pflanze, die ausgedehnte Bestände bildet. Die kräftigen Stängel sind innen hohl und wachsen 1 - 3 m hoch. Die Blätter sind ledrig derb, 5 -13 cm lang, und breit eiförmig mit schmaler Spitze. Die Blütenzweige entspringen aus den Blattachseln und tragen die weißen Blüten, die in Scheinrispen angeordnet sind. Da das Japanrohr zweihäusig ist, sitzen männliche und weibliche Blüten auf unterschiedlichen Pflanzen. Bei uns kommt überwiegend die weibliche Form vor. Die Vermehrung erfolgt fast ausschließlich vegetativ über die zahlreichen Wurzelausläufer, die neue Sprosse bilden. Über Winter stirbt die oberirdische Pflanzenmasse ab. 12 Das Zurückdrängen des Japanischen Staudenknöterichs ist ausgesprochen schwierig. Da die tief im Boden liegenden Wurzeln nicht ausgegraben werden können, konzentrieren sich die Anstrengungen auf das regelmäßige Abmähen der oberirdischen Pflanzenteile. Auf Dauer kommt es so zu einer Schwächung der Pflanze. Daneben muss verstärkt darauf geachtet werden, dass sich die Pflanze nicht aufgrund des Transports über Erdaushub, Baumaschinen und Gartenabfälle ausbreitet. Auch in Pforzheim ist der Staudenknöterich relativ häufig. Eine flächendeckende Bekämpfung ist aufgrund der weiten Verbreitung und der Regenerationsfähigkeit der Pflanze nicht sinnvoll. In ausgewählten Bereichen werden aber durchaus mit konsequenten Maßnahmen Erfolge erzielt. So konnte das Amt für Umweltschutz die weitere Ausbreitung des Staudenknöterichs an Enz und Nagold eindämmen. 13 Riesen-Bärenklau Botanischer Steckbrief Deutsche Namen: Riesen-Bärenklau, Herkulesstaude Wissenschaftl. Name: Heracleum mantegazzianum Pflanzenfamilie: Doldenblütler (Apiaceae) Herkunft: Kaukasus Problematik Der Riesen-Bärenklau gelangte im 19. Jahrhundert als Zierpflanze nach Nordeuropa und hat sich von dort weiter ausgebreitet. Heute ist die Art in den meisten europäischen Staaten häufig anzutreffen. Der Pflanzensaft des Riesen-Bärenklaus enthält phototoxisch wirkende Furanocumarine. Diese können beim Menschen zu gefährlichen Hautreaktionen führen. Nach der Berührung, die noch nicht schmerzhaft ist, stellen sich nach 1-2 Tagen unter der Einwirkung von Sonnenlicht schmerzhafte Hautveränderungen ein, die im Aussehen einer Verbrennung dritten Grades gleichkommen können. Die entsprechenden Hautpartien sind bräunlich verfärbt und zeigen eine starke Blasenbildung. Die Heilung dauert einige Wochen. Eigenschaften Der Riesen-Bärenklau ist eine imposante dekorative Pflanze, die mehr als drei Meter hoch werden kann. Eine mächtige Pfahlwurzel verankert die Pflanze etwa 60 cm tief im Boden. Im Jahr der Keimung bildet der Riesen-Bärenklau eine Rosette von großen 3-5-teiligen Blättern. Im zweiten Jahr wächst dann ein hohler gefurchter Stängel, der am Grund bis zu 10 cm dick wird. An der Spitze trägt der Stängel einen großen tellerförmigen Blütenstand, der etwa 50 cm im Durchmesser erreichen kann und tausende weiße bis rosafarbene Einzelblüten enthält. Jede der Einzelblüten bildet zwei Früchte aus, die für die Verbreitung des Riesen-Bärenklaus sorgen. Nach der Fruchtreife stirbt die Pflanze in der Regel ab. In seiner Heimat wächst der Riesen-Bärenklau in gebirgigen Regionen, bei uns besiedelt er vor allem die Flussufer. Die Flüsse und Bäche, die die schwimmfähigen Samen transportieren, sorgen für eine schnelle Verbreitung entlang der Fließgewässer. Größere Bestände findet man jedoch auch an Ruderalstellen und entlang von Verkehrswegen. 14 Maßnahmen Auch im Pforzheimer Raum hat sich der Riesen-Bärenklau ausgebreitet. An einigen Stellen z.B. entlang von Enz und Nagold führt die Stadtverwaltung regelmäßig Bekämpfungsmaßnahmen durch. Wer einen Riesen-Bärenklau im Garten oder in Hausnähe hat, sollte seine Besucher und besonders Kinder auf die Verletzungsgefahr hinweisen. Will man der Pflanze zu Leibe rücken, sollte man auf jeden Fall Schutzkleidung tragen und eine Berührung mit bloßer Haut vermeiden. Junge Pflanzen können ausgegraben und kompostiert werden. Bei Pflanzen, die bereits Blüten gebildet haben, schneidet man den Stängel vor der Samenreife – also etwa Ende Juli – ab. Die Pflanze stirbt dann ab und kann sich nicht weiter verbreiten. Die Maßnahmen müssen dann Jahr für Jahr wiederholt werden, bis der Samenvorrat im Boden verbraucht ist. Bei sehr starken Verletzungen ist es ratsam, frühzeitig einen Arzt aufzusuchen. 15 Robinie Botanischer Steckbrief Deutsche Namen: Robinie, Falsche Akazie, Scheinakazie, Silberregen, manchmal auch fälsch licherweise nur Akazie genannt Wissenschaftl. Name: Robinia pseudoacacia Pflanzenfamilie: Schmetterlingsblütler (Papilionaceae) Herkunft: Nordamerika Problematik Robinien sind in der Lage, mit ihren Wurzeln Erdreich an Wegböschungen und Schutthalden zu befestigen. Die Wurzel des raschwüchsigen Baums reicht anfangs tief in den Boden hinein und bildet dann flache, weit reichende Seitenwurzeln aus, die einen guten Erosionsschutz abgeben. Als Pionierbaum gedeiht die Robinie auch auf sehr armen Standorten, denn sie ist, wie alle Schmetterlingsblütler, in der Lage, den freien Luftstickstoff zu binden. An den oberflächennahen Wurzeln der Bäume befinden sich auffallende Knötchen, die Stickstoff aufnehmende Bakterien enthalten und in für den Baum wertvolle Verbindungen umwandeln. Leider ist es gerade diese für den Baum nutzbringende Eigenschaft, die andererseits zu großen Problemen führt. Auf Dauer wird der Boden durch das Falllaub mit Stickstoff angereichert. Der fremdländische Baum verdrängt dadurch viele einheimische Pflanzen, die ein Zuviel an Stickstoff nicht vertragen und absterben. Dadurch sind vor allem seltene Biotoptypen wie Magerrasen, Kalkmagerrasen und Sandtrockenrasen bedroht. Eigenschaften Als eine der ersten nordamerikanischen Baumarten wurde die Robinie aus den Appalachen schon zu Beginn des 17. Jahrhunderts nach Europa gebracht. Jean Robin, Arzt und Hofgärtner Heinrichs des IV kultivierte sie im Jardin des Plantes in Paris. Daher erhielt der Baum den Gattungsnamen Robinia, während der Artname pseudoacacia zum Ausdruck bringt, wie ähnlich die Robinie den Akazien Afrikas und Australiens ist. Ihre zarten Fiederblättchen entfalten sich erst spät im Jahr und fallen schon früh im Herbst wieder ab, so dass der Baum mehr als sechs Monate kahl steht. Starke Dornen bewehren ihre Zweige. Im Mai erscheinen die intensiv duftenden Schmetterlingsblüten, angeordnet in weißen, lila oder hellpurpurfarbenen Blütentrauben. Ihr Nektarreichtum macht sie zu einer hervorragenden Bienenweide. Der leicht scharf schmeckende „Akazienhonig“ gilt bei Kennern als Delikatesse. Hartes Robinienholz enthält einen fäulnishemmenden Stoff, das Robinetin. Daher eignet sich das Holz vor allem für wetterexponierte Gegenstände wie Gartenmöbel und Zaunpfähle. Auch im Schiffsbau wird es eingesetzt. 16 Maßnahmen Die aufwändige Beseitigung von Robinienbeständen ist nur dort sinnvoll, wo die Bäume in der Nähe von gefährdeten Biotoptypen stehen. Da die Robinie zahlreiche Wurzelausläufer bildet und auch aus dem Stock wieder ausschlagen kann, nützt das Fällen der Bäume nur wenig. Heutzutage wird meist eine als „Ringelung“ bezeichnete Technik angewendet. Man entfernt während des Sommers die Rinde an einem ausgewachsenen Baum bis auf einen schmalen Steg. Die Robinien bilden daraufhin keine Wurzelsprosse aus. Zwei Jahre nach der Ringelung kann man den Baum vollständig entfernen. 17 Sommerflieder Botanischer Steckbrief Deutsche Namen: Sommerflieder, Herbstflieder, Fliederspeer, Schmetterlingsflieder, Schmetterlingsstrauch Wissenschaftl. Name: Buddleja davidii Pflanzenfamilie: Sommerfliedergewächse (Buddlejaceae) Herkunft: China und Tibet Problematik Da der Sommerflieder nicht vollständig winterhart ist und bei Temperaturen ab minus 20°C abstirbt, wurde der Strauch zunächst in den wärmeren Teilen Europas als Zierpflanze in Gärten und Parkanlagen eingeführt. 1928 wurde die Pflanze das erste Mal auf einer Kiesbank im Rhein entdeckt. Explosiv konnte sich Buddleja nach dem zweiten Weltkrieg ausbreiten, wo sie auf den Trümmerschuttflächen der zerbombten Innenstädte reichlich Lebensraum fand. Bei der Neubesiedlung von Ruderalstellen wie Bahndämmen, Straßenböschungen, Industriebrachen und Kiesbänken in Flüssen kommt ihr die reichliche Samenproduktion (3 Mio. Samen pro Strauch, Windverbreitung) und das hohe Stockausschlagsvermögen zugute. Eigenschaften Der Sommerflieder wächst als Strauch und kann bis zu 5 m hoch werden. Er besitzt charakteristische, filzig behaarte Zweige, an denen bis zu 25 cm große, gegenständig angeordnete schmal-lanzettliche Blätter sitzen. Im Juni öffnen sich die stark duftenden, lila Blüten. Sie bilden 15-20 cm lange, kegelförmige Rispen, die bei Gartenformen auch weiß, rosa, purpurrot oder dunkelviolett sein können. Bienen, Schmetterlingen und Hummeln bietet der Sommerflieder eine reichhaltige Nektarquelle. Während der Blütezeit besuchen Tagpfauenaugen, Distelfalter und Admirale den Strauch oft in großer Zahl. Er ist daher gut geeignet zur Tierbeobachtung und wird deshalb gerne bei Kindergärten und Grundschulen angepflanzt. Für die Artenvielfalt und den Bestand von Schmetterlingen spielt der Sommerflieder jedoch, anders als gemeinhin vermutet, kaum eine Rolle. In der Blütezeit des Sommerflieders ist Nahrung reichlich vorhanden. Viel entscheidender für den Artenschutz der Schmetterlinge ist die Raupenfutterpflanze, auf die jede Art sich spezialisiert hat. 18 Maßnahmen Trotz der raschen und effektiven Ausbreitung des Sommerflieders in Deutschland sind bisher keine negativen Auswirkungen von Sommerfliederbeständen auf die heimische Flora erkennbar. Daher werden nur in begründeten Einzelfällen, z.B. in Naturschutzgebieten, Bekämpfungsmaßnahmen ergriffen. Im Osten Deutschlands wird die weitere Ausbreitung durch Winterfröste begrenzt. In den sommerwarmen Gebieten Westdeutschlands hält die Ausbreitung weiter an, daher ist ein genaues Beobachten hier das Mittel der Wahl. 19 Kamberkrebs Zoologischer Steckbrief Deutsche Namen: Amerikanischer Flusskrebs, Kamberkrebs Wissenschaftl. Name: Orconectes limosus Familie: Cambaridae (Neuweltliche Flusskrebse) Herkunft: Ostasien (China, Japan, Korea) Problematik Der Kamberkrebs ist Ende des 19. Jahrhundert aus Amerika eingeführt und in Gewässern im Odersystem ausgesetzt worden. Von dort verbreitete er sich entlang der großen Fließgewässer relativ rasch und ist heute in ganz Deutschland anzutreffen. Auch in Pforzheim ist die Art an verschiedenen Stellen zu finden. Der Kamberkrebs erkrankt nicht an der Krebspest, kann aber die Erreger übertragen. Diese Eigenschaft, die hohe Vermehrungsrate, das schnellere Wachstum und die Tatsache, dass der Kamberkrebs keine besonderen Ansprüche an seinen Lebensraum stellt, haben dazu geführt, dass Bestände der ursprünglich hier lebenden Krebsarten sehr stark dezimiert worden und an manchen Stellen gänzlich verschwunden sind. Maßnahmen Kamberkrebse dürfen nicht aktiv in freie Oberflächengewässer eingebracht werden. Eigenschaften Der Kamberkrebs gehört mit ca. 10 cm Körperlänge zu den kleineren hier lebenden Krebsarten. An seinen braunroten Querbinden auf den Hinterleibsringen kann man ihn gut erkennen. Der Krebs besiedelt nahezu alle Arten von Still- und Fließgewässern, meidet allerdings sehr schnell fließende kalte Abschnitte und kleinere Bäche. Dagegen machen ihm schlammige und verschmutzte Bereiche nichts aus. Er verbirgt sich in Pflanzenbeständen oder wühlt sich in den Bodenschlamm. Den Winter verbringt er in der Gewässertiefe. Die Nahrung des Kamberkrebses besteht aus Würmern, Insekten und kleinen Fischen. Auch Aas verschmäht der Krebs nicht. Die Eiablage erfolgt im Oktober, dabei kann ein Weibchen mehr als 400 Eier produzieren. Die Jungen schlüpfen dann im November/Dezember. 20 21 Kartoffelkäfer Zoologischer Steckbrief Deutsche Namen: Kartoffelkäfer, Colorado-Käfer Wissenschaftl. Name: Leptinotarsa decemlineata Familie: Blattkäfer (Chrysomelidae) Herkunft: Nordamerika Problematik Ursprünglich war der Kartoffelkäfer im Westen der USA (Colorado) beheimatet und ernährte sich hauptsächlich von dem Nachtschattengewächs „Büffelklette“ (Solanum rostratum). Die Kartoffelpflanze, die ebenfalls zu den Nachtschattengewächsen gehört, wurde zu seiner neuen Nahrungsgrundlage als der Kartoffelanbau - hauptsächlich durch europäische Siedler - in Nordamerika vorangebracht wurde. Mit dem Warenaustausch zwischen Nordamerika und Europa gelangte der Käfer schließlich auch nach Europa. Erste Meldungen über das Auftreten des Kartoffelkäfers gab es Ende des 19. Jahrhunderts aus europäischen Häfen. Trotz vieler einschneidender Maßnahmen, die darauf abzielten, die Plage einzudämmen, konnte sich der Kartoffelkäfer weiter ausbreiten und ist heute in ganz Europa anzutreffen. Die Käfer und ihre Larven sind in der Lage, ganze Kartoffelfelder kahl zu fressen und richten damit großen Schaden an. Bei uns gibt es außer den Fasanen, die den Kartoffelkäfer inzwischen als Nahrung akzeptieren, praktisch keine Fressfeinde. Maßnahmen In den 1930er Jahren und während der Kriegsjahre wurden die Kartoffelfelder immer wieder abgesammelt. Ganze Schulklassen wurden dazu auf den Acker geschickt. Später kamen Behandlungsmittel auf den Markt, darunter solche mit Arsen oder DDT. Eigenschaften Der Kartoffelkäfer ist etwa 1 cm groß und ist an den 10 dunklen Längsstreifen auf seinen gelben Flügeldecken und seinem dunkel getupften Halsschild eindeutig zu erkennen. Er fliegt bei uns in ein bis zwei Generationen. Der Käfer und seine Larven fressen an verschiedenen Nachtschattengewächsen – bevorzugt an Kartoffelpflanzen. Die Weibchen legen ihre Eier (bis zu 1200 je Tier) in kleinen Gelegen an der Blattunterseite ab. Die daraus schlüpfenden rot gefärbten Larven wachsen schnell heran, häuten sich mehrmals und verpuppen sich anschließend in der Erde. Nach einer Puppenruhe von ca. 2 Wochen schlüpfen die Käfer und der Zyklus beginnt von neuem. Den Winter verbringt der ausgewachsene Käfer in der Erde. 22 Das Absammeln ist auch heute noch eine bewährte Methode bei kleinen Flächen, beispielsweise im Garten. In der Landwirtschaft wird der Kartoffelkäfer heute mit verschiedenen Spritzmitteln bekämpft, darunter gibt es auch Präparate, die für den biologischen Anbau zugelassen sind und sich dort bewährt haben. 23 Kastanien-Miniermotte Zoologischer Steckbrief Deutsche Namen: Kastanien-Miniermotte Wissenschaftl. Name: Cameraria ohridella Familie: Blatttütenmotten (Gracillariidae) Herkunft: Mazedonien Problematik Seit den 1990er Jahren wird die Kastanien-Miniermotte, die vermutlich in Mazedonien beheimatet ist, auch bei uns beobachtet. Sie tritt in der Regel in Massen auf und befällt vornehmlich die weiß blühende Rosskastanie. Vereinzelt wird auch über den Befall anderer Bäume wie Bergahorn oder Linde berichtet. Natürliche Feinde wie verschiedene Schlupfwespen, Marienkäfer und Vögel sind nicht in der Lage die Invasion entscheidend einzudämmen. Die befallenen Bäume können in ihrer Vitalität stark eingeschränkt werden. Die von Larven besetzten Blätter verbraunen zusehends und es kommt zum vorzeitigen Blattfall. Mitunter sind die Bäume im August bereits kahl. Im Herbst kann es dann zu Neuaustrieben und vereinzelt auch zur Blütenbildung kommen. Der auf diese Weise bereits geschwächte Baum wird im nächsten Frühjahr leicht wieder befallen, denn im Falllaub überwintern zahlreiche Puppen der verschiedenen Larvengenerationen, aus denen neue Falter schlüpfen. Eigenschaften Die Kastanien-Miniermotte ist ein Kleinschmetterling, der ca. 5 mm groß ist. Die braune Färbung der Flügel ist von schwarz geränderten weißen Querbändern unterbrochen. Der leichte Körperbau und die fransig ausgebildeten Hinterflügel erlauben dem Falter ein Schweben in der Luft. Mit dem Wind kann das Insekt verdriftet werden. Die Motte lebt fast ausschließlich auf den weiß blühenden Rosskastanien. Sie kann im Jahr etwa drei Generationen ausbilden. Im Frühjahr legen die Weibchen auf den Blattoberseiten entlang der Blattadern ihre Eier ab. Die Larven bohren sich in das Blatt hinein und verursachen durch ihre Fraßtätigkeit breite Platzminen, in denen später auch die Verpuppung erfolgt. Nach einer Puppenruhe von ca. 2 Wochen schlüpft der Falter und ein neuer Zyklus kann beginnen. Die gesamte Entwicklung dauert je nach Witterung 6 – 8 Wochen. 24 Maßnahmen Man kann den Befallsdruck der betroffenen Rosskastanien mindern, indem man das Falllaub einsammelt und entsorgt. Dabei reicht das Kompostieren im eigenen Garten nicht aus, um die Motte unschädlich zu machen, da erfahrungsgemäß im Hauskompost die dafür nötigen Temperaturen nicht an allen Stellen erreicht werden. Will man trotzdem das Laub im eigenen Kompost verwerten, sollte man es vorher mit einem Häcksler oder mit dem Rasenmäher zerkleinern. Auf diese Weise wird ein großer Teil der Mottenpuppen abgetötet. Eine Entsorgung über die Kompost-Tonne mit der anschließenden Verarbeitung in Großkompostierungsanlagen ist allerdings die sicherere Wahl. Zusätzlich kann eine Abdeckung des Falllaubs mit Folie oder Ähnlichem zum Zeitpunkt des Schlupfs im Frühjahr bis etwa im Juni den Befallsdruck mindern. 25 Nutria Zoologischer Steckbrief Deutsche Namen: Nutria, Sumpfbiber, Biberratte Wissenschaftl. Name: Myocastor coypus Familie: Biberratten (Capromyidae) Herkunft: Südamerika Eigenschaften Eigenschaften: Die Nutria ist ein Nagetier, das etwas größer als die Bisamratte und erheblich kleiner als ein Biber ist. Von Kopf bis Schwanz misst das Tier 45 – 65 cm. Die Fellfarbe ist variabel und reicht von dunkelbraun über silbergrau bis hin zu weiß. Die Tiere sind an Land ziemlich plump. Dagegen sind sie, dank der Schwimmhäute, die sich an den Hinterpfoten zwischen 4 der 5 Zehen ausspannen und der Schwimmborsten, ausgezeichnete Schwimmer. Die Nutria besitzt die für größere Nager typischen orange gefärbten, kräftigen Schneidezähne, die nachwachsen. Sie ernährt sich ausschließlich von pflanzlicher Kost. Dabei sind es im Sommer vor allem Blätter und Früchte der Wasserpflanzen, im Winter muss sie mit den Wurzeln und Rhizomen vorlieb nehmen. Zwei- bis dreimal pro Jahr werfen die weiblichen Tiere Junge, die bereits relativ weit entwickelt sind und schon nach wenigen Tagen auch pflanzliche Nahrung aufnehmen. Nutrias leben bei uns im gemäßigten Klima vor allem entlang der Flussläufe. Dabei bevorzugen sie an den größeren Flüssen die Altarme und eher sumpfige Bereiche. In Pforzheim kommen sie an der Enz vor allem im Staubereich des Flusskraftwerks Eutingen vor. Ihre unterirdischen Baue graben sie in Ufernähe, wobei die Ein- und Ausgänge oberhalb des Wasserspiegels liegen. Daneben halten sich die Nutrias oft an verschiedenen Ruheplätzen auf, die sie in Ufernähe anlegen. 26 Problematik Die Nutria ist ursprünglich in Südamerika beheimatet. Tiere, die in unserem Raum leben, stammen aus Farmen, in denen die Art wegen des Fells gezüchtet und gehalten wurde. Natürliche Feinde haben die Nutrias hier nicht. Kalte, strenge Winter, auf die die Nager nicht eingestellt sind, sorgen aber immer wieder für Populationseinbrüche. Größere Nutria-Verbände können dem Schilf- und Röhrichtbestand der Gewässer zusetzen. Ihre Grabtätigkeiten unterhöhlen die Ufer. Die Exkremente tragen zu einer erhöhten Nährstoffdichte der Gewässer bei. Schwerer wiegen in dieser Hinsicht allerdings die Fütterungen durch den Menschen, die die gar nicht so scheuen Tiere gerne annehmen. Auch in Pforzheim kann man immer wieder beobachten, dass Ausflügler die possierlichen Tiere mit Brot und anderen für Nutrias ungeeigneten, Nahrungsmitteln füttern. So werden nicht nur die Nutrias geschädigt, sondern auch das Gewässer, das mit einer übermäßigen Nährstofffracht belastet wird. Maßnahmen Für Ausflügler und Spaziergänger - besonders mit Kindern sind die Nutrias eine Attraktion. Sie lassen sich gut in der Natur beobachten. Zum Schutz der Tiere und der Gewässer sollte allerdings jegliche Fütterung unterbleiben. 27 Waschbär Zoologischer Steckbrief Deutsche Namen: Waschbär Wissenschaftl. Name: Procyon lotor Familie: Kleinbären (Procyonidae) Herkunft: Amerika Eigenschaften Der Waschbär wird etwa fuchsgroß, hat ein graubraunes bis grauschwarzes Fell und eine schwarze Gesichtsmaske. Sein buschiger Schwanz ist schwarz geringelt und weist stets eine schwarze Spitze auf. Der Sohlengänger ist dämmerungs- und nachtaktiv. Gelegentlich kann man ihn aber auch am Tag beobachten. Er bewegt sich relativ langsam, ist aber ein guter Kletterer. Diese Eigenschaft nutzt der Waschbär, um sich vor Verfolgern in Sicherheit zu bringen. Deshalb bevorzugt der Waschbär als Lebensraum Laubholzaltbestände – vor allem aus Eichen – in Wassernähe und meidet baumlose Gegenden. In Gebieten mit kalten Wintern hält das Tier eine etwa 4-monatige Winterruhe ein. Problematik Der Waschbär ist eigentlich in Nord- und Mittelamerika zuhause. Die bei uns inzwischen heimisch gewordenen Waschbären gehen auf Aussetzungen von Tieren in den 1930er Jahren zurück. Auch in Pforzheim sind Waschbären schon beobachtet worden. Die Tiere sind sehr anpassungsfähig und sind als Kulturfolger auch in der Nähe menschlicher Siedlungen anzutreffen, wo sie auf der Suche nach Fressbarem Scheunen, Gärten und Müllkippen durchstreifen. Gibt es genügend Versteckmöglichkeiten kann der Waschbär in menschlicher Nähe auch seine Jungen aufziehen. Waschbären unterliegen dem Jagdrecht und werden bejagt. Eine Schonzeit besteht während der Aufzucht der Jungen von April bis August. Als Allesfresser ernährt sich der Waschbär von pflanzlicher wie von tierischer Kost. Früchte, Getreide, Blätter, Weichtiere wie Schnecken und Würmer, Insekten, Amphibien, Vögel Kleinsäuger und sogar Fische stehen auf seinem Speisezettel. Auch Aas verschmäht er nicht. Der Waschbär hat einen ausgeprägten Tastsinn und untersucht seine Nahrung vor dem Verzehr ausgiebig mit beiden Vorderpfoten. Diese Eigenschaft hat ihm zu seinem Namen „Waschbär“ verholfen, denn wenn er die Nahrung im Wasser untersucht – was vor allem dann oft zu beobachten ist, wenn er in Gefangenschaft lebt – hat es den Anschein als würde der Kleinbär seine Nahrung waschen. Im Zeitraum April/Mai bringen die Waschbärinnen in einer Höhle ihre Jungen zur Welt. Ein Wurf besteht in der Regel aus 3-5 Jungtieren, die zu Beginn noch blind sind. Die ersten 6 Wochen werden die Jungen ausschließlich mit Milch ernährt. Im Alter von 8 Wochen nimmt das Muttertier die kleinen Bären mit auf nächtliche Streifzüge. Der Familienverband bleibt bis zum nächsten Frühjahr zusammen, danach gehen die Jungen ihrer eigenen Wege. 28 Maßnahmen Um einen besseren Überblick über das Wildvorkommen des Waschbären in Pforzheim zu erhalten bittet das Amt für Umweltschutz entsprechende Beobachtungen unter der Telefonnummer 07231-391456 zu melden. 29 P F O R Z H E I M, N A T Ü R L I C H STADTÖKOLOGISCHER RUNDGANG Broschüren im Westentaschenformat mit Übersichtskarte und genauer Wegbeschreibung; Preis 1,50 Euro pro Stück Band Nr. 1 Rodgebiet und Dillweißenstein Band Nr. 5 Hauptfriedhof - Wallberg - Hachel Vom städtisch geprägten Rodgebiet mit seinen schönen Vorgärten und üppigen Fassadenbegrünungen schlägt der Rundgang den Bogen über das eher dörfliche Dillweißenstein zum Hinteren Tal, einem Feuchtgebiet mit seltenen Tieren und Pflanzen, das glücklicherweise vor der drohenden Trockenlegung bewahrt werden konnte. Der auf einem Bergplateau oberhalb der Nordstadt gelegene Hauptfriedhof gilt mit seinem wertvollen alten Gehölzbestand und seinen kunstvoll gestalteten Grabmälern als einer der schönsten Friedhöfe Südwestdeutschlands. Von hier aus verläuft der Rundgang über den Wallberg und die Wilferdinger Höhe bis in die Gärten und Streuobstwiesen des Hinteren Hachel. Band Nr. 2 Buckenberg und Haidach Band Nr. 6 Brötzingen - Arlinger Klingen, Parkanlagen und Waldgesellschaften sind die Themenschwerpunkte dieses Führers durch die Stadtgebiete Buckenberg und Haidach. Ob bei den römischen Ruinen, in der Waldsiedlung, im Haidach oder beim Naturschutzgebiet - immer wieder nimmt der Rundgang Bezug auf die Siedlungsgeschichte unserer Stadt. Die Gartenstadt Arlinger mit ihren charakteristischen Walmdächern und den blühenden Gärten ist der Ausgangspunkt dieses Rundgangs, der durch verschiedene Wald- und Wiesengesellschaften des Pforzheimer Westens führt und dabei Einblicke in die Siedlungsentwicklung dieses Stadtbereichs mit ihren Auswirkungen auf die Natur gewährt. Band Nr. 3 Unteres Würmtal und Lettenbach Band Nr. 7 Die ufernahen Bereiche der mal kräftig sprudelnden mal sanfter fließenden Würm sowie die wildromantische Lettenbachklinge stehen im Mittelpunkt dieses Rundgangs. Unzählige Insekten, viele Fische sowie Graureiher, Wasseramsel und Feuersalamander sind hier zu Hause. „Lebensadern“ der Landschaft um die Berggemeinde Büchenbronn sind die Fließgewässer - die Enz, der Pfatschbach mit seinen artenreichen Lebensräumen, der Beutbach, dessen Quellen Büchenbronn lange Zeit mit Trinkwasser versorgten, schließlich die Nagold, in deren naturnahem Tal sich nicht nur zahlreiche Tiere und Pflanzen wohlfühlen, sondern auch Menschen, die Ruhe und Erholung in der Natur suchen. Band Nr. 4 Enzauenpark - Eutingen - Wartberg Band Nr. 8 Vom nassen Element der Fließ- und Stillgewässer in der Enzaue führt der Rundgang zu den Lebensgemeinschaften trockener Wiesen und Waldsäume auf dem Wartberg. Die Trinkwassergewinnung sowie die Energieumwandlung am Flusskraftwerk mit ihren Auswirkungen auf die Gestalt und die Natur der Enzaue sind weitere Themen des Rundgangs. Die ehemals selbstständigen Dörfer Huchenfeld und Hohenwart haben, entsprechend ihrer Entstehungsund Entwicklungsgeschichte ihre natürliche Umgebung geprägt. Äcker, Wiesen, Weiden und Streuobstbestände sind Zeugen der kleinbäuerlichen Landwirtschaft. Der umgebende Wald wurde genutzt, um das Überleben zu sichern. Über die Jahrhunderte ist so eine facettenreiche, naturnahe Kulturlandschaft entstanden. Büchenbronn – Sonnenberg Huchenfeld – Hohenwart Das Amt für Umweltschutz Besuchen Sie das Umweltportal der Stadt Pforzheim auf www.pforzheim.de und erfahren Sie mehr über: 9 Luft und Klima Die Pforzheimer Messstellen für Luftschadstoffe und ihre Ergebnisse; Informationen zu den Kaltluftentstehungsflächen und dem Talwindsystem in Pforzheim Wald und Forstwirtschaft Ökologie, Bewirtschaftung und Nutzung der Wälder in Pforzheim Wir sind für Sie da. Öffnungszeiten: Mo-Fr 8 - 12 Uhr und 14 - 16 Uhr Do bis 18 Uhr Zentrale Rufnummer: 39-2000 Telefax: 39-1419 Dienstgebäude: Östliche Karl-Friedrich-Str.9 Postanschrift: Stadt Pforzheim Amt für Umweltschutz 75158 Pforzheim e-mail: [email protected] Internet: www.stadt-pforzheim.de Naturschutz Am Zusammenfluss von Nagold, Enz und Würm gelegen, zeichnet sich der Stadtkreis Pforzheim durch eine vielgestaltige Natur aus. Amphibienschutz Seit vielen Jahren organisieren ehrenamtlicher und amtlicher Naturschutz sowie viele Bürgerinnen und Bürger die Amphibienschutzaktion im Stadtkreis Pforzheim. Baumpflanzaktion für die Streuobstwiesen in Pforzheim Kein Frühling ohne blühende Obstbäume. In Zusammenarbeit mit den Pforzheimer Obst- und Gartenbauvereinen Wildsträucher mehr Leben für Ihren Garten! Übersichtstabelle und Kurzportraits der wichtigsten Wildsträucher Wasser und Boden Hydrogeologisches Kartenmaterial und weitere Informationen Umweltberatung in Pforzheim Kostenloser Beratungsservice für Bürgerinnen und Bürger, Schulen und Kindergärten, Vereine und Gruppen der Stadt Pforzheim Problematische Pflanzen- und Tierarten Wild lebende Pflanzen und Tiere, die im Zusammenleben mit dem Menschen mehr oder weniger problematisch sind. Wespen und Hornissen Informationen zu Wespen und Hornissen; Rat und Hilfe bei Problemen mit diesen Insekten 32 33 Neobiota – die neuen Wilden Impressum Herausgeber: Stadt Pforzheim Amt für Umweltschutz Konzept und Text: Amt für Umweltschutz Layout: Druck: zink und vipotnik_designbüro Goldstadt – Druck GmbH Bildnachweise S. 4: Karola Keitel* S. 6: oben links: Littmann, Biologische Bundesanstalt andere: Starfinger, Biologische Bundesanstalt S. 8: oben + links: Manfred Bauer* rechts: Karola Keitel* S. 10:Karola Keitel* S. 11:Karola Keitel* S. 12:links unten: Manfred Bauer* andere: Karola Keitel* S. 14:links: Matthias Hilligardt* rechts: Karola Keitel* S. 15:CC 2.5 by Line1 S. 16:Manfred Bauer* S .17:links: Karola Keitel* rechts: Manfred Bauer* S. 18:Manfred Bauer* S. 19:CC 2.5 by Willow S. 20:Matthias Hilligardt* S. 21:Matthias Hilligardt* S. 22:Martin Beutler (www.gartenfreunde.de) S. 24:CC 2.5 by Opuntia S. 25:Karola Keitel* S. 26:Manfred Bauer,* S. 27:Timo Sack, Zoo Dortmund S. 29:Matthias Hilligardt* S. 32:Matthias Hilligardt* *Amt für Umweltschutz, Stadt Pforzheim 34