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Warum mußte es Crenicichla sein?
Joachim Grad
Diese Frage muß ich mir einfach stellen, nach den Erflahrungen, die ich mit
dieser Cichlidengattung hatte. Wohl auch mancher andere Crenicichla-Fan kann ein
Liedchen von diesen torpedoförmigen Fischen singen.
Nachdem ich meine ersten erlebnisreichen Eindrücke mit den Zwerghechtcichliden Crenicichla luallacii und C. notophthalmls gemacht hatte, mußte es eine größer
werdende Art sein, nämlich Crenicichla lepidota. Bei einem Händ1er erwarb ich
zehn etwa sechs bis zehn Zentimeter große Tiere, die in einem recht mageren Zustand in einem Verkaufsbecken umherschwammen. Zu Hause angekommen, wurden die zehn aulzwei Aquarien verteilt. Schon am zweiten Tag konnte man auf den
ersten Blick nur jeweils ein Tier im Becken sehen, die anderen mußten sich in der
Dekoration oder hinter dem Innenfilter aufhalten. Da dies natürlich auf die Dauer
kein Zustand war, verteilte ich die zehn nun auf vier Becken, mit der Hoffnung, daß
sich die starke Aggressivität etwas legen würde. Beizwei Tieren konnte man das Geschlecht schon eindeutig erkennen. Das weibliche Tier zeigte bereits eine leicht rosafarbene Bauchregion und eine dunkle Zone in der Rückenflosse. Das Männchen
war grünlich bis gelblich gefiirbt Lrnd deutlich größer. Dieses Pärchen wanderte in
Balzendes Weibchen von Crenicichla lepidota
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ein 400-Liter-Becken, das gut bepflanzt war und zahlreiche Höhlen und Nischen
aus Wurzeln und Steinen bot. Die zwei fraßen gierig Regenwürmer, funderherz,
Muscheln und lebende Fische. Trockenfutter wurde aber von allen verschmäht. So
wuchsen die Crenis rasch heran und hatten in kurzer Zeit20 Zentimeter Gesamt1änge erreicht.
Beim Weibchen konnte man nun einen deutlichen Laichansatz erkennen. Außerdem war die Bauchregion stark rosa geftirbt. Von Balzvorgängen konnte man bis zu
diesem Zeitpunkt recht wenig beobachten, da sich das Weibchen meistens in seiner
Höhle aufhielt. Doch jetzt kam es wesentlich öfter aus seinem Versteck, wurde auch
vom Männchen nicht gleich wieder dorthin zurückgejagt. Wie ein S gekrümmt,
schwamm es auf das Männchen zu und bot ihm dann seine Breitseite, den wohlgefiillten, rosa leuchtenden Bauch.
Das Männchen umschwamm nun seinerseits das Weibchen, teils mit angelegten,
teils mit bis zum Zerreißen gespannten Flossen. Doch im nächsten Moment wurde
das Weibchen mit al1er Heftigkeit, die so ein halbwüchsiger Crenicichla-Mann aufzubieten hat, in seine schützende Höh1e gejagt. Dieses Verhalten dauerte einige Tage, bis dann beide Tiere p1ötzlich in der Höhle des Männchens standen und heltig
zu graben anhngen. Die Genitalpapillen wurden sichtbar, und beide waren ,,ein
Herz und eine Seele". Nun wird es bald soweit sein, dachte ich noch bei mir, als ich
das Licht ausschaltete.
Am nächsten Morgen schaute ich
vo11er
Erwartung ins Aquarium. Das Männchen
stand wie gewohnt an seinem Platz, und das Weibchen? Ich konnte es nirgends entdecken. Nun durchsuchte ich das ganze Aquarium, doch vergebens, das Weibchen
war nirgends zu sehen. Im Aquarium war es nicht, also mußte es außerhalb sein.
Tatsächlich, meine Suche hinter dem Aquarium brachte das noch etwas feuchte
Tier zum Vorschein. Doch jede Hilfe kam zu spät. Es hatte starke Bißwunden an
beiden Körperseiten, die von einem schweren Kamplmit dem Männchen herrühren mußten. Nach diesem Anblick war ich natürlich am Boden zerstört.
Ein paar Tage später stellte ich wieder ein Paar aus den restlichen neun Tieren zusammen. Es bezog ein 700-Liter-Becken, das es sich nur mit einem Paar ,,Aequidens" rivulatus teilen mußte. Zahlreiche Stein- und Wurzelaufbauten boten eine
versteckreiche Dekoration. Das Männchen bezog sofort eine Höhle unter einer großen Steinplatte, das Weibchen verschwand für die ersten Tage hinter dem Innenfilter.
Ich bot nun wieder abwechslungsreiche Nahrung. Die zwei hatten auch einen guten
Appetit, und so zeigte das Weibchen bald eine stark gerundete Bauchpartie. Das
Balzverhalten ähnelte weitgehend dem des vorhin beschriebenen Paares. Gelegentlich kam es vor, daß das Weibchen das Männchen kreuz und quer durch das
Oben: Pärchen von Crenicichla anthurus
Unten: Weibchen von Crenicichla spec.
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Crenicichla lepidota, Männchen mit
frei schwimmenilen
Jungfischen
Fotos: U. Werner
Aquarium jagte. Dieses Verhalten war lür mich neu und erschien mir recht ungewöhnlich, da das Männchen fast doppelt so groß warwie das Weibchen. Dieses stürmische Balzverhalten dauerte etwa drei Wochen. Danach wurde wieder kräftig in
der Höhle des Männchens gegraben.
Drei Tage spätet war es dann soweit, an der Höhlendecke wurde abgelaicht. Das
Weibchen heftete zahlreiche Eier, rund 400 bis 500, an das Substrat. Nach vier Tagen schlüpften die Larven bei einer Wassertemperatur von 26 Grad C, einer Härte
von 21 Grad dH und einem pH-Wert von 7,8. Sie wurden in eine vorher geschaffene
Mulde in der Höh1e gebracht. Einen Tag nachdem die Jungfische frei schwammen,
konnte ich aber schon keinen einzigen mehr sehen. Die Eltern hatten sich zerstritten, und dadurch waren die Jungfische eine leichte Beute dür die ,,Aequidens" rivu/a/as geworden.
Dies war bis jetzt das einzige Mal, daß das Paar lür Nachwuchs gesorgt hatte. Es kam
zwar ölter zu Balzverhalten bis hin zum gemeinsamen Anlegen einer Bruthöh1e,
doch die Partner zerstritten sich immer wieder.
Langweilig war es mit den Crenicichla lepidota bestimmt nicht. Allein die Jagd dieser hochspezialisierten Raubfische kann atemberaubend sein. Zwei Hypostomus
punctatus, zeht Zenttmeter lang, die ich zur Reinhaltung des Aquariums einsetzen
wollte, erreichten nicht einmal den Bodengrund, so schnell wurden sie von den Crenicichla gepackt. Auch pleilschnelle Jungfische von verschiedenen Paratheraps
wurden eine leichte Beute für diese Stoßjäger.
Das Paar schwimmt heute in einem 30O0-Liter-Becken. Hier sind die Tiere wesentlich ruhiger, stehen oft zusammen und lauern auf Beute. Doch hin und wieder blitzen ihr altes Temperament und ihre Aggressivität wieder auf. Dann geht es wieder
rund im Aquarium, das Männchen jagt das Weibchen, und das Weibchen jagt das
Männchen. - Ein Fisch für Leute mit starken Nerven!
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DCG-Info 20(9) 1989: 1?5
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