Der Bohlen Der Bohlen befindet sich entlang der Bundesstraße B85 von Saalfeld in Richtung Probstzella und liegt bei Obernitz. Er ist circa 800 Meter lang und erreicht dabei von der Straße aufwärts eine Höhe bis zu 100 Meter. Die Höhe der Bohlenwand beträgt an der Köditzer Seite 324 Meter über NN. An der Obernitzer Seite ist die Wand 340 Meter über NN. Er liefert zudem eine großartige Aussicht auf Saalfeld und Umgebung. Der Name „Bohlen“ kommt vom slawischen Wort „plocha“, was so viel wie Fläche bedeutet.1 Sicht vom Bohlen auf Saalfeld Der Bohlen weist Gestein des oberen Mitteldevons, welches circa 375 Millionen Jahre alt ist, und Gestein des Unterkarbons, welches circa 350 Millionen Jahre alt ist, auf. Die Abfolge der Schwarzschiefer-Formation (Mittleres Oberdevon) und der Rußschiefer-Formation (Unterkarbon) wurde während der Variszischen Gebirgsbildung, welche im mittlereren Paläozoikum durch die Kollision von Gondwana und Laurussia stattfand. Diese Gebirgsbildung dauert von Devon bis zum Ende des Perms. Die Sedimente von Devon und Unterkarbon wurden dabei verschiefert und verfaltet. Durch Erosion wurde die Formation abgetragen und ungleichförmig durch Gesteine des Rotliegend und des Zechsteins bedeckt.2 1 Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie: „Ein Nationaler GEOTOP in Deutschland DER BOHLEN bei Saalfeld/Thüringen“; Reuter, Ingeborg und Breuer, Beate: „Von geologischen Kostbarkeiten und Funden aus der Steinzeit“ 2 Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie: „Ein Nationaler GEOTOP in Deutschland DER BOHLEN bei Saalfeld/Thüringen“; http://de.wikipedia.org/wiki/Variszische_Orogenese 22.08.2013 16.00 Uhr; http://www.nickolai.de/Lichtenberg/Geschichte/Erdgeschichte/Karbon/Variszische_Gebirgsbildung/variszische_gebirgsbildung. html 25.09.2013 18.30 Uhr Das Saalfelder Oberdevon und Unterkarbon ist zudem sehr wichtig, da es Typlokalität (Fundort für die erstmalige wissenschaftliche Beschreibung) zahlreicher Mikro- und Makrofossilien ist, die als Leitfossilien der Einstufung von Gesteinseinheiten nach dem Alter dienen.3 Das Profil der Bohlenwand Die Knotenkalke (auch als Fischersdorfer Marmor bekannt) des Bohlens zählen zu den bekanntesten Bau- sowie Dekorsteinen. Auch Schwarzschiefer (zur Alaunherstellung) und Mineralerzgänge (zur Gewinnung von silberhaltigen Klufereren und Farberde) wurden schon im späten Mittelalter hier abgebaut. Georg Christian Füchsel aus Rudolstadt fertigte 1761 die erste wissenschaftliche Profildarstellung zum Bohlen an. Später trugen Veröffentlichungen über die Schichtenfolge und die Fossilführung von Reinhardt Richter in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zum steigenden Bekanntheitsgrad der Bohlenwand bei. In seinem 1910 erschienenen Buch „Geologie von Deutschland“ von Johannes Walther wurde das Bohlenprofil für den Einband genutzt. Er selbst sagte 1910 über den Bohlen: „Wegen seiner Versteinerungen, aber noch mehr wegen des wunderbaren Faltenbaus ist besonders das Profil berühmt, das die Saale am Bohlen, östlich von Saalfeld angeschnitten hat.“4 Im Jahre 1938 wurde der Bohlen auf einer Fläche von 21 Hektar als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Dies kam vor allem wegen der geologischen Bedeutung sowie seiner besonderen Flora und Fauna zustande. Somit ist der Bohlen eines der ältesten Naturschutzgebiete Thüringens. Hier gibt es seltene, aber auch geschützte Tier- und Pflanzenarten. Besondere Pflanzen des Bohlens sind zum Beispiel der Alpenaster, der Erdstern, die Felsenbirne und die Zwergmistel. Die Flora besteht zudem noch aus dem Blaugras, dem Echten Federgras, der 3 Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie: „Ein Nationaler GEOTOP in Deutschland DER BOHLEN bei Saalfeld/Thüringen“; http://de.wikipedia.org/wiki/Typlokalit%C3%A4t 20.08.2013 17.30 Uhr 4 Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie: „Ein Nationaler GEOTOP in Deutschland DER BOHLEN bei Saalfeld/Thüringen“ Pfingstnelke, dem Berglauch und der weißen Fetthenne. Außerdem ist der Bohlen auch Lebensraum vieler Tiere. So leben dort seltene Tiere wie der Nachtigallgrashüpfer, der Feuersalamander und das Hufeisenklee-Widderchen, der Falter "Spanische Flagge" und die Fledermaus "Kleine Hufeisennase". Die Vogelwelt ist am Bohlen vertreten durch Gebirgsstelze, Heckenbraunelle, Hausrotschwanz Grasmücke, Baumpieper und Hänflinge. Ebenso war der Bohlen früher auch viele Jahre lang Brut- und Nahrungsort des Uhus. Der Bohlen ausgewiesen als Naturschutzgebiet Der Bohlen ist seit circa 250 Jahren ein wichtiges geologisches Exkursionsziel für Forscher. So mussten ostdeutsche Geologiestudenten pflichtgemäß mindestens auf einer Exkursion die Bohlenwand während der Ausbildung besuchen. Die Beobachtungen mussten dann in einem Feldbuch niedergeschrieben werden.5 Der Bohlen wurde 2006 von der Akademie der Geowissenschaften in Hannover als „Nationaler Geotop“ ausgezeichnet. Diese Auszeichnung bekamen nur 77 Geotope in Deutschland. Ein Geotop ist ein Ort der unbelebten Natur, der Aufschlüsse über die Entwicklung der Erde sowie das Entstehen des Lebens gibt. Im Jahr 2007 beschloss der Saalfelder Stadtrat am Bohlen einen Informationspunkt einzurichten. Das Aussichtspodest, welches sich an der B85 gegenüber der Bohlenwand befindet, wurde im Juni 2009 der Öffentlichkeit übergeben. Dort befinden sich zahlreiche Informationen zu den geologisch tektonischen Besonderheiten sowie zur Entwicklung der Flora und Fauna am Bohlen. Auf dem Weg nach oben zum Aussichtspodest befindet sich ein Zeitstrahl, der die Entstehung des Lebens auf der Erde darstellt. Der Saalfelder Geologe Konrad 5 Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie: „Ein Nationaler GEOTOP in Deutschland DER BOHLEN bei Saalfeld/Thüringen“; Krause, Reinhard: „Die steile Wand des Saalfelder Bohlen"; http://www.saalfeld.de/www/saalfeld/aktuelles/news/details.htm?recordid=12AA2ECE140 20.08.2013 18.00 Uhr Sicht vom Aussichtspodest auf die Bohlenwand Bartzsch erstellte zum großen Teil den Inhalt, der sich auf den Tafeln finden lässt.6 Auffällig für den Bohlen, befindlich bei Obernitz, ist das rote Gestein. Dieses Gestein erregt Aufmerksamkeit, da es vor allem für Touristen schön anzusehen ist, auch wenn man die Entstehungsgeschichte nicht kennt. Vor circa 360 Millionen Jahren war das Gebiet Teil eines Meeresbeckens. Dieses Becken hatte eine Tiefe von mindestens 400 bis 600 Metern Tiefe. Die Rotfärbung kommt durch eisenhaltige Wässer zustande, welche hervorgerufen wurden von intensiven Verwitterungsvorgängen. Die Wässer drangen in die Felsspalten ein, dadurch wurde die Gesteine gefärbt. Diese Vorgänge fanden im Rotliegend statt. Die Meeresablagerungen bildeten im Laufe der Zeit die Schichtenfolge von charakteristischen Gesteinen wie Knotenkalk und Tonschiefer. In diese Knotenkalke sind viele Fossilien eingebettet. So wurden dort Fossilien von Tintenfischen (Cephalopoden), Dreilappkrebsen (Trilobiten) sowie Kronen und Stielglieder von Seelilien oder Korallen gefunden. In der Obernitzer Heimatstube sind viele Stücke aus der Sammlung von Wilhelm Reuters zu sehen. Zudem werden am Bohlen noch Mikrofossilien durch Konrad Bartzsch, Doktor Dieter Meyer und Doktor Horst Blumenstengel erforscht. Mikrofossilien sind maximal bis 1 Millimeter groß. Bei den Forschungen handelt es sich um Muschelkrebse (Ostracoden) und innere Stützskelett-Teile von Weichtieren (Conodonten). Die Devonzeit war ziemlich artenreich. Die Gebirgsfaltung lässt sich am Bohlen gut erkennen, das macht die Wand so besonders. Die Faltung entstand ungefähr vor 340 Millionen Jahren. Am Vorderbohlen, der sich im Nordwesten befindet, steigt die Faltung mäßig an und biegt in einen sehr steilen Südost-Schenkel, den Hinterbohlen, um. Dieser Schenkel ist an einigen Stellen sogar überkippt, dort befinden sich Zimmermannssattel und Plattenbruch-Mulde. Ein Sattel, auch Antiklinale genannt, bezeichnet eine Faltung, 6 http://de.wikipedia.org/wiki/Nationaler_Geotop 20.08.2013 18.15; http://de.wikipedia.org/wiki/Geotop 20.08.2013 18.15; http://www.saalfeld.de/www/saalfeld/aktuelles/news/details.htm?recordid=12AA2ECE140 20.08.2013 18.00 Uhr welche durch die Aufwölbung aufgeschichteter Gesteine zustande kommt.7 Hier ist ein Sattel zu sehen. An diesem Schenkel man die Unterseite der Schichten sehen. Die Sättel zerschuppen durch den anhaltenden Faltendruck der Schichten. Dadurch entstanden die Köhler- sowie die Richterverwerfung. Diese innere Deformierung ist äußerlich als Schieferung zu erkennen. Eine Verwerfung ist eine Bruchstelle im Gestein. Hier werden zwei Krustenteile gegeneinander versetzt. 8 Hier sind Verwerfungen grafisch dargestellt. In der Zeichsteinzeit kam es zur erneuten Überflutung des Gebietes. Dies war vor ungefähr 220 Millionen Jahren. Die Bergstirn der Bohlenwand wurde zu dieser Zeit größtenteils von Zechsteinkalk gebildet. In diesem Kalk bildeten sich blasenförmige Drusen, welche mit vielfältigen Kalkspatkristallen belegt waren. Das Zechsteinmeer war an Fossilien artenarm, aber dafür reich an Individuen. Deshalb war nur eine Art von Tintenfischen für Forscher auffindbar. In den Erdzeitaltern Jura und Kreide (vor circa 160 bis 120 Millionen Jahren) wurden weitere Bruchspalten aufgerissen. Dies geschah durch erneute innere Kräfteäusserungen. Aus den Bruchspalten stiegen heiße und mineralbeladene Wässer aus großer Tiefe auf. Durch den Zechsteinkalk waren die Wässer sowie die Reuter, Ingeborg und Breuer, Beate: „Von geologischen Kostbarkeiten und Funden aus der Steinzeit“; http://de.wikipedia.org/wiki/Antiklinale 25.09. 19.35 Uhr 8 Reuter, Ingeborg und Breuer, Beate: „Von geologischen Kostbarkeiten und Funden aus der Steinzeit“, http://de.wikipedia.org/wiki/Verwerfung_(Geologie) 25.09. 19.40 Uhr 7 Dämpfe gezwungen, ihre Stoffe abzusetzen. In den Spalten schieden sich dadurch Mineralien und Erze ab. Das war die Voraussetzung für den späteren Bergbau am Roten Berg. Im Tertiär (vor ungefähr 50 bis 60 Millionen Jahren) wurde der Thüringer Wald herausgehoben. Durch das neu entstandene Gefälle flossen die Ur-Saale sowie ihre Nebenflüsse deutlich schneller. Dadurch wurden die Täler geformt. Deswegen wurde auch unsere heutige Bohlenwand sichtbar. Sie wurde somit von der Saale angeschnitten und freigelegt. Wie schon erwähnt wurde am Roten Berg Bergbau betrieben. Dabei wurden vor allem silberhaltige Kupfererze und Kobalt gefördert. Der am Bohlen vorhandene Knotenkalk konnte ebenfalls sehr vielfältig eingesetzt werden. So lieferten Brüche wie zum Beispiel der Plattenbruch Material für Haussockel, Fußböden, Treppen oder auch Brückenbauwerke. Bekannt ist auch der Fischersdorfer Marmor. So wurden die im Saalburger Marmorwerk bearbeiteten Knotenkalke genannt. Dort wurden sie gesägt, geschliffen sowie poliert.9 Dies ist Saalburger bzw. Fischersdorfer Marmor. Am Fuße des Bohlens, hier ist die Grenze zwischen Gestein aus Devon und Zeichstein 9 Reuter, Ingeborg und Breuer, Beate: „Von geologischen Kostbarkeiten und Funden aus der Steinzeit“