PTA E 17875 Pharmazie ❙ Marketing ❙ Praxis www.apotheke-aktuell.com PROFE SS IONAL Dezember 2014 Einzelverkaufspreis: 4,50 Euro Österreich: 5,50 Euro Schweiz: 7,50 SFR Cagla Selvi: „Als junge PTA braucht man Geduld!“ Wechseljahre: natürlich behandeln! Seniorenberatung Ältere Menschen aktiv begleiten Frisch gebackene Eltern brauchen Beratung! Fortbildung Therapie bei Schwindel BAK zertifiziert! PTA des Monats PROFESSIONAL! Inhalt Aktuelles 12 PTA des Monats Cagla Selvi arbeitet seit drei Jahren in der Turmapotheke in Schafheim. Sie freut sich jeden Tag aufs Neue über das tolle Team, das sie als Berufsanfängerin von Anfang an unterstützt hat. Bei Fragen sind die Kollegen immer hilfsbereit und geben Tipps. 3 8 Editorial Kolumne: Prof. Dr. Theo Dingermann Das Problem mit der Körpergröße 10 aktuell + anders Beratung aktuell: Senioren brauchen Hilfe Johanniskraut: Arzneipflanze des Jahres 12 PTA des Monats Cagla Selvi: „Geduld ist meine Stärke!“ 16 Seniorenberatung Senioren sind eine große Zielgruppe in Ihrer Apotheke, und es werden zunehmend mehr ältere Menschen, die Ihren Rat suchen. Laut Berechnung des Statistischen Bundesamtes sollen im Jahr 2020 etwa 16,5 Mio. Menschen 65 Jahre oder älter sein. Lesen Sie im Heft, was Sie bei diesen meist multimorbiden Kunden bei Ihrer Beratung beachten müssen. 34 Wechseljahre Die hormonellen Umstellungsprozesse im Leben einer Frau können mit einer Reihe von Beschwerden einhergehen: Hitzewallungen, Schweißausbrüche, Schlafstörungen und Stimmungsschwankungen gehören dazu. Gegen diese Beschwerden sind zahlreiche Heilpflanzen gewachsen, die in modernen Phytopharmaka Wirkung entfalten. 4 PTA PROFESSIONAL Dezember 2014 14 Minustemperaturen Die Haut braucht im Winter Schutz 16 Seniorenberatung Ältere Menschen aktiv und gut beraten 19 Antiaging Welche Geriatrika sind sinnvoll? 20 Laxanzientherapie für Senioren 22 Weihnachtssünden Fettes Essen belastet Leber und Galle 24 Stärkung des Immunsystems Wie Ihre Kunden fit und gesund bleiben 26 Erkältungshusten Am Anfang steht der Reizhusten 28 Serie: Dermopharmazie Pruritus 31 Neurodermitis Basispflege lohnt sich 32 Rauchentwöhnung Bieten Sie Unterstützung! 34 Serie: Phytotherapie Drei für die Wechseljahre www.apotheke-aktuell.com Abb.: George Doyle / Stockbyte/ Thinkstock, Tetra Images / Getty Images Pharmazie + Medizin Marketing + Kommunikation 38 Darf’s ein bisschen mehr sein? Zusatzverkäufe in der Weihnachtszeit 40 Die ersten Monate Frisch gebackene Eltern brauchen Beratung 44 PTA-Botschaft des Monats Die innere Unruhe überwinden 53 Derma-News 54 Pharma-News 57 Aufruf Titelfotoshooting Wir bringen Sie auf die Titelseite 38 Weihnachtliches Viele Ihrer Kunden brauchen noch gute Ideen für ein persönliches Weihnachtsgeschenk. Weihen Sie sie ein in die Kunst der Rezeptur und in die Aromatherapie. Von Marzipan bis zu Tee oder Glühweingewürz – diese Nische sollten Sie nutzen und Ihre Kunden werden es dankbar annehmen. Fortbildung 46 Artikel und Prüfungsfragen: Therapien gegen Schwindel 52 Antworten der Fortbildung Oktober Prophylaxe vor Krebserkrankungen Service 56 Wissen kompakt Abb.: egal / Kati Molin / yigit deniz özdemir / Goodshoot / iStock / Thinkstock Aktuelle Fachbücher Verlosung einer DVD Angeklickt: Wissenspaket zu Ebola Auflösung Wissenstest zum Titelthema Gewinner vom November: Zwei mal zwei Tickets für das Musical Dirty Dancing 58 Impressum / Vorschau www.apotheke-aktuell.com 40 Beratung für frischgebackene Eltern Das erste Baby verändert das ganze Leben. Beraten Sie deshalb schwangere Frauen und deren Partner rechtzeitig, damit alle notwendigen medizinischen Hilfsmittel und auch die entsprechenden Pflegeprodukte im Haus sind. 46 Schwindel Schwindel kann viele Ursachen haben. Mehr als 30 Prozent der Deutschen leiden regelmäßig unter Schwindelgefühlen und suchen Rat beim Arzt und in der Apotheke. Welche Mittel die Missempfindung im Kopf wieder ins Gleichgewicht zu bringen, zeigen wir Ihnen in unserer aktuellen zertifizierten Fortbildung. PTA PROFESSIONAL Dezember 2014 5 PROFESSIONAL! Schwerpunktthema Seniorenberatung Ältere Menschen aktiv und gut beraten Elke Engels. Apothekerin Chefredakteurin PTA PROFESSIONAL 16 PTA PROFESSIONAL Dezember 2014 PROFESSIONAL! Schwerpunktthema Senioren sind eine große Zielgruppe in Ihrer Apotheke – und es werden zunehmend mehr ältere Menschen, die Ihren Rat suchen. Laut Berechnung des Statistischen Bundesamtes sollen im Jahr 2020 etwa 16,5 Mio. Menschen über 65 Jahre oder älter sein. Das trifft dann auf nahezu jeden fünften Deutschen zu. Lesen Sie hier, was Sie bei diesen meist multimorbiden Kunden bei Ihrer Beratung beachten müssen. Z Abb.: George Doyle/ Stockbyte/ Thinkstock unächst ist es wichtig zu wissen, dass bei Senioren die Organ- und Stoffwechselfunktionen anders ablaufen als bei gesunden jungen Erwachsenen. Aber auch die Verteilung der Körpersubstanz verändert sich. So nimmt im Alter nicht nur die Muskelmasse ab, sondern auch der Eiweißgehalt verringert sich im Blut. Das ist für die Arzneimittelwirkung jedoch entscheidend, da viele Wirkstoffe an Eiweiß gebunden transportiert werden und so den Wirkort erreichen. In der gebundenen Form sind die Arzneistoffe inaktiv. Wenn nun weniger Eiweiß verfügbar ist, steigt der Blutspiegel des ungebundenen Wirkstoffs an und die Medikamente wirken stärker. Bei älteren Menschen kann dies beispielsweise bei den Nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) der Fall sein. Wirkstoffe wie Acetylsalicylsäure, Diclofenac, Indometacin, Bufexamac, Ibuprofen oder Naproxen sind Beispiele dafür. Hier kann es leicht zu Überdosierungen oder Nebenwirkungen kommen. Wichtig zu wissen: Durch den abnehmenden Eiweißgehalt wirkt der Arzneistoff möglicherweise auch kürzer, weil er rascher ausgeschieden werden kann. Verteilung im Körper Bei älteren Menschen nimmt die Herzleistung oft ab, sie bewegen sich weniger – teilweise auch auf Grund körperlicher Beeinträchtigungen – und die Durchblutung ist meist schlechter. Dementsprechend erfolgen der Transport und die Verteilung im Körper wesentlich langsamer. Es gibt hier vieles zu beachten, insbesondere auch der im Alter www.apotheke-aktuell.com ansteigende Körperfettanteil und der abnehmende Anteil des Körperwassers. Lipophile Arzneistoffe bekommen dadurch einen größeren Verteilungsraum und bleiben länger im Körper. Ein Beispiel dafür ist Diazepam, ein lang wirksames Benzodiazepin. Der fettlösliche Arzneistoff kann bei einem 70-Jährigen bis zu vier Tagen nach der Einnahme noch wirken. Die Verordnung erfolgt meist bei Schlafstörungen, Angst- und Erregungszuständen. Doch durch das lange Verweilen des Wirkstoffs im Körper kann es zu Nebenwirkungen wie Stürzen und/ oder Knochenbrüchen, Benommenheit und Schwindel, Beeinträchtigung der Aufmerksamkeit, des Reaktionsvermögens und des Gedächtnis kommen. Natürlich können Sie nicht in die Therapie des Arztes eingreifen. Dennoch sollten Sie den Kunden zum Arztbesuch auffordern und zusätzlich mit dem Arzt Kontakt aufnehmen, wenn der Kunde über entsprechende Nebenwirkungen klagt. Manchmal öffnen sich die Patienten dem Arzt nicht so ausführlich auf Grund der so genannten Weißkittelphobie. Hydrophile Mittel haben dagegen einen kleineren Verteilungsraum (weniger Körperwasser) und wirken stärker. Digoxin, Acetyl- digoxin, Metildigoxin sind Wirkstoffe mit ohnehin schon enger therapeutischer Breite (wenig Spielraum zwischen toxischem und therapeutischen Bereich) und Beispiele dafür. Sie werden bei Herzschwäche oder bei Herzrhythmusstörungen eingesetzt. Bei älteren Patienten kann es hier zu unerwünschten Nebenwirkungen kommen. Typisch sind hier Schwäche, Unwohlsein, Schwindel und vor allem eine erhöhte Sturzgefahr. Digoxin kann sich darüber hinaus im Körper leicht anreichern. Gemäß PRISCUS-Liste (siehe auch Seite 18) werden bei Herzschwäche alternativ je nach Patientenstatus ACE-Hemmer, Betablocker oder Diuretika empfohlen, bei Herzrhythmusstörung Amiodaron oder Betablocker. Veränderte Magen-Darm-Motilität Auch die Magen- und Darmmotilität verändert sich im Alter, was die Resorption vieler Arzneistoffe beeinträchtigen kann. Die Magensäureproduktion, der Transport der verzehrten Nahrungsmittel sowie die Aufnahme durch die Darmschleimhaut in die Blutbahn werden mit zunehmendem Alter langsamer. Unterschiede bei Senioren bezüglich der Organ- und Körperfunktionen Reduzierter Wasser- ➞Geringere Verteilungsanteil im Körper volumina für hydrophile ➞Verstärkte Wirkung möglich, z. B. bei Digitalis Erhöhter relativer Fettanteil im Körper ➞Längere Wirkung von Arzneistoffen wie Diazepam möglich Arzneistoffe ➞Größere Verteilungsvolumina für lipophile Arzneistoffe PTA PROFESSIONAL Dezember 2014 17 PROFESSIONAL! Schwerpunktthema Auf diese Nebenwirkungen sollten Sie achten! (1) Stürze: Sie können auch durch Medikamente beeinträchtigt werden. Mögliche Beispiele sind Acetyldigoxin, Amitryptylin, Bromazepam, Doxazosin, Doxepin. Verwirrung: Kann durch Wirkstoffe wie Acetyldigoxin, Amitryptylin, Bromazepam, Doxepin, Sotalol oder Trimipramin ausgelöst werden. Mundtrockenheit: Mögliche Nebenwirkung von Amitryptylin, Sotalol, Doxazosin, Doxepin. Schwindel und Benommenheit: Kann ausgelöst werden durch Amitriptylin, Bromazepam, Doxazosin, Doxepin, Etoricoxib, Flecainid, Sotalol, Trimipramin. Übelkeit, Bauchschmerzen, Verstopfung: häufige Nebenwirkung von Acetyldigoxin, Amitryptilin, Doxazosin, Etoricoxib, Flecainid, Piracetam, Sotalol. Inkontinenzprobleme: Hier sind Nebenwirkungen von Amitryptilin, Doxazosin und Trimipramin möglich. Schlafstörung: Mögliche Auslöser können Acetyldigoxin, Fecainid, Piracetam, Solatol und Trimipramin sein. Veränderte Ausscheidung von Arzneistoffen Bei älteren Menschen finden die Ausscheidungsprozesse über Darm und Niere nur noch verlangsamt statt, was durch die nachlassende Leistungsfähigkeit der Leber verstärkt wird. Wenn das Cytochrom P450Enzymsystem beispielsweise nur noch in geringerem Umfang arbeitet, können manche Prodrugs nicht in ausreichendem Umfang in ihre „Wirksubstanz“ umgewandelt werden. Das heißt: die Wirkstoffspiegel des betroffenen Arzneimittels sind in diesem Fall zu niedrig. Bei anderen Medikamenten wird der Wirkstoff dagegen langsamer abgebaut, es kommt zur Kumulation mit überhöhten Wirkstoffspiegeln. Die Veränderungen im alternden Körper sind sehr komplex und es ist schwierig vorauszusagen, wie ein Arzneimittel wirkt, und das nicht nur, weil sich manche Effekte gegenseitig aufheben oder verstärken könnten. Bei der Beurteilung der Wirksamkeit spielen auch das Alter, das Ge18 PTA PROFESSIONAL Dezember 2014 wicht, die Bewegung, die Co-Medikation, das Geschlecht und natürlich auch die Compliance eine Rolle. Ihre Beratung ist bei dieser Zielgruppe deshalb von besonderer Bedeutung. Sie müssen im Beratungsgespräch auf die korrekte Einnahme zum richtigen Zeitpunkt hinweisen – gegebenenfalls zeitversetzt, um Wechselwirkungen zu vermeiden. Ein wichtiger Hinweis ist auch, dass die Kunden die Medikamente in aufrechter Körperhaltung (Gefahr des Verschluckens wird verhindert) und mit ausreichend Flüssigkeit, möglichst Wasser, einnehmen. Darüber hinaus sollte auf eine Flüssigkeitszufuhr von eineinhalb bis zwei Liter am Tag geachtet werden. Viele Senioren schaffen das nicht, was die Wirkstoffkonzentration von Arzneistoffen im Blut dann unter Umständen erhöhen kann. Außerdem wichtig: Klären Sie den Kunden über die Wirkung des Medikamentes auf und informieren Sie auch darüber, dass irgendwelche körperlichen oder sonstigen Beeinträchtigungen in der Einstellungsphase umgehend mit dem Arzt besprochen werden sollten. In Zusammenarbeit mit dem Arzt kann dann die Dosis entsprechend der individuellen Situation angepasst werden. In manchen Fällen kann eine Dosisreduktion von 30 Prozent oder mehr notwendig sein. Bei Antihypertonika ist dies besonders zu beachten. Darüber hinaus sollten viele Arzneistoffe generell gemieden werden. Sehr nützliche Informationen zu Arzneistoffen, die im Alter ungeeignet sind, erfahren Sie in der PRISCUS-Liste (1) (priscus lat. bedeutet „altehrwürdig“). Hier werden 83 Medikamente für Senioren von Experten als un- geeignet aufgrund von Arzneimittelrisiken eingestuft. Als wichtige Beispiele für riskante Arzneimittelklassen werden beispielsweise Nichtsteroidale Antiphlogistika und -rheumatika (NSAID), trizyklische Antidepressiva, Anticholinergika und Benzodiazepine eingestuft. Wissenstest 3 Fragen – 3 Antworten Haben Sie den Artikel aufmerksam gelesen? Dann wird es Ihnen leicht fallen, die unten stehenden Fragen zu beantworten. Bitte beachten Sie, dass nur eine Antwort richtig ist. Die Auflösung finden Sie auf Seite 56. 1. Wie heißt die Liste mit im Alter ungeeigneten Wirkstoffen? A) PASCOE B) PRIMA C) PRISCUS 2. Welches Phytopharmaka fördert die Herzleistung? A) Weißdorn B) Lecithin C) Gingko 3. Was ist das Mittel der Wahl bei der Obstipation von Senioren? A) Macrogol B) Macrogol + Elektrolyte C) indische Flohsamenschalen www.apotheke-aktuell.com Abb.: AlexRaths /iStock / Thinkstock Bei bestimmten oral verabreichten Medikamenten, die im Dünndarm resorbiert werden, kann es deshalb viel länger dauern, bis der Wirkstoffspiegel erreicht wird. Tropfen können die Situation verbessern, manchmal auch Zäpfchen. Hier ist jedoch zu beachten, dass die Bioverfügbarkeit bei Zäpfchen im Vergleich zur oralen Darreichungsform deutlich verringert sein kann. Hinzu kommt, dass die Anwendung von Zäpfchen für manche Senioren schwierig ist. Die sicherste Alternative sind Injektionen, doch das ist oft nicht praktikabel. PROFESSIONAL! Schwerpunktthema Antiaging: Welche Geriatrika sind sinnvoll? Unter dem Begriff Geriatrika werden Mittel zusammengefasst, die Alterserscheinungen verbessern oder deren Fortschreiten verlangsamen sollen. Wundermittel gibt es nicht, empfehlen Sie deshalb nur Produkte, deren Wirkung als gesichert gilt. Hier ein paar Beispiele. D Abb.: serezniy, leungchopan ,rezkrr, witoldkr1, Menzhynsyi, dla4 /iStock / Thinkstock ie Vielfalt der auf dem Markt befindlichen Geriatrika ist groß, angefangen von Antioxidantien, Enzymen, Phytopharmaka, Hömöopathika, Lecithin, Procain bis hin zu Hormonpräparaten. Generell gilt: Vitamine, Mineralstoffe und sonstige Nahrungsergänzungsmittel sollten nur substituiert werden, wenn ein entsprechender Mangel besteht. Es gibt allerdings durchaus Mittel, die prophylaktisch und therapeutisch bei Alterserscheinungen helfen können, je nachdem, was man behandeln möchte. Ginkgo Ginkgo biloba wird schon seit jeher zur Förderung der Konzentration verwendet. Es Ginko fördert die Durchblutung des Gehirns, sodass sich Konzentration und Gedächtnis verbessern. GinkgoPräparate sollen unter anderem zur Prophylaxe einer Demenz geeignet sein oder um deren Fortschreiten zu verlangsamen. Adaptogene wie Ginseng oder Ginseng Rosenwurz Ginseng soll die Reaktions- und Konzentrationsfähigkeit stärken und so das Fortschreiten einer möglichen Demenzerkrankung möglichst lange verzögern. Rosenwurz soll die Ausschüttung der Botenstoffe im Gehirn stimulieren und für das richtige Verhältnis aller Botenstoffe zueinander sorgen. Der Heilpflanze werden ebenso wie dem Ginseng Eigenschaften zugesagt, die Geist und Psyche fördern. Lecithin Eine fettähnliche Substanz, die für die Funktion des Gehirns wichtig ist, ist das Phosphatidylcholin, besser bekannt als Lecithin. Lecithin zählt zur Gruppe der Phospholipide, die wichtiger Bestandteil der Zellmembranen sind, unter anderem von Gehirn und Nervenzellen. Phospholipde sind nicht nur zuständig für den Ionentransport durch die Zellmembranen, sondern isolieren auch die Nervenfortsätze, sorgen also für die reibungslose Weitergabe von Nervenimpulsen. Lecithin wird zudem in Nerven und Gehirn zu Acetylcholin umgewandelt, dem bedeutendsten Neurotransmitter des Nervensystems. Lecithin kann die Leistungsfähigkeit des Gedächtnisses verbessern und die Konzentrationsfähigkeit steigern. Hohe Gehalte an Lecithin finden sich in Walnüssen, Eiern, Mais, Erbsen, Sojaprodukten, Lupinen und Buttermilch – und in zahlreichen Präparaten. O O R2 CH2 O R1 CH3 O CH2 O P O CH2 CH2 N CH3 O CH3 O CH Strukturformel Lecithin Mistel Mistel wird unter anderem ergänzend zur Unterstützung der Krebstherapie eingesetzt. Unter der Therapie soll sich das Allgemeinbefinden verbessern und die Infektanfälligkeit verringert werden. Mistel-Lektine sollen Appetit, Gewicht und die physische und psychischen Beeinträchtigungen ausgleichen. Zur Erhaltung der Herz- und Kreislauffunktion leisten Kombinationen aus Weißdorn, Mistel und Magnesium einen wichtigen Beitrag. Weißdorn Weißdorn We i ß d o r n ist eine der wichtigsten Heilpflanzen zur Förderung der Herzleistung, die bei Senioren bakanntlich abnimmt. Medizinisch wirksame Inhaltsstoffe des Weißdorns sind Procyanidine und Flavonoide. Diese erweitern die Herzkranzgefäße und bewirken so eine gesteigerte Durchblutung des Herzmuskels. Außerdem sorgen sie für eine leichte Erhöhung der Herzleistung, indem sie die Schlagkraft erhöhen. Weißdorn unterstützt das Herz unter anderem durch eine verbesserte Durchblutung, was wiederum die Sauerstoffzufuhr zum Herzen fördert. Knoblauch Knoblauch enthält Inhaltsstoffe, denen positive Wirkungen auf Herz, Gefäße und Gehirn zugesprochen werden. Insbesondere wirken die standardisierten Extrakte dem Fortschreiten der Arterienverkalkung im Alter entgegen, wobei der Effekt bei Frauen größer als bei Männern ist. Studien zufolge üben Knoblauchextrakte einen positiven Einfluss auf die Blutfettwerte aus. Sie erhöhen die schützenden Effekte des HDLCholesterins. Knoblauch Rosenwurz www.apotheke-aktuell.com Mistel PTA PROFESSIONAL Dezember 2014 19 PROFESSIONAL! Schwerpunktthema Laxanzientherapie für Senioren Obstipation bedeutet für ältere Patienten eine enorme Beeinträchtigung der Lebensqualität und hohe gesundheitliche Folgerisiken. Bis zu 37 Prozent der über 65-Jährigen leiden an chronischer Verstopfung. Hier ist Ihre Beratung gefragt. Gehen Sie sensibel vor, denn vielen Betroffenen ist das Thema peinlich. F rühzeitiges Erkennen von Risikofaktoren und umgehende Behandlung sind für den Beschwerdeverlauf, dessen Dauer und die Abwendung schwerer Gesundheitsfolgen bei Obstipation im Alter entscheidend. Therapieziel ist immer, möglichst schnell eine vollständige, schmerzfreie und regelmäßige Stuhlentleerung wieder herzustellen. Ernährungsanpassung, verstärkte Flüssigkeitsaufnahme und Bewegung können dabei helfen, sind aber oft schwierig umsetzbar. Viele Senioren haben kein Durstgefühl und trinken zu wenig. Und nicht immer reichen diese Maßnahmen aus, denn auf Grund altersbedingter Veränderungen des Darms oder durch bestimmte chronische Erkrankungen wird eine chronische Verstopfung begünstigt. So können beispielsweise auch im Alter häufig verordnete Medikamente zu einer chronischen Obstipation führen. Beispiele dafür sind Antihypertensiva, Diuretika, trizyklische Antidepressiva, Neuroleptika, nicht steroidale Entzündungshemmer, Lipidsenker und Medikamente gegen Morbus Parkinson. Auch chronische Schmerzpatienten haben medikamentös bedingt ein hohes Obstipationsrisiko. Opioide, Antidepressiva und Neuroleptika begünstigen diese im besonderen Maße. Bei der Beratung ist zu unterscheiden, ob die Beschwerden akut oder chronisch sind. Eine zertifizierte Fortbildung zu diesem Thema bietet aktuell das LernCompactium „Obstipation – eine Herausforderung für Senioren und Pflegende“. Zu bestellen unter www.bvpta.de 20 PTA PROFESSIONAL Dezember 2014 Meist liegen allerdings dauerhafte Beschwerden bei älteren Menschen vor. Empfehlen Sie entsprechende Abführmittel, die für die Langzeitanwendung unbedenklich sind und die nicht mit den sonst eingenommenen Medikamenten in Wechselwirkung treten. Geeignete Abführmittel In der aktuellen Leitlinie der DGVS (Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (2) werden als „First Line Therapy“ – also die Mittel, die zuerst eingesetzt werden sollten – außer Macrogol erstmals auch Bisacodyl und Natriumpicosulfat bei chronischer Obstipation benannt. Stimulierende Laxanzien wurden bislang nur bei akuter Obstipation empfohlen und stoßen bei einigen Experten auf Kritik. So räumt die Leitlinie der World Gastroenterology Organisation (3) stimulierenden Laxanzien nur einen Platz für die temporäre, nicht aber für die Langzeittherapie ein. Anfang 2011 wurden im Rahmen einer Bewertung der Laxanzien hinsichtlich der geriatrietypischen Risiken der Multimorbidität und Multimedikation Untersuchungen über die gängigen, bei älteren Patienten zum Einsatz kommenden Produkte erstellt (4). Die im Markt befindlichen Laxanzien (Lactulose, Macrogol, Macrogol plus Elektrolyte, Bisacodyl, Natriumpicosulfat und Indische Flohsamenschalen) wurden entsprechend ausgewertet. Dabei zeigte sich, dass Macrogol plus Elektrolyte das Mittel der Wahl in der Therapie der chronischen Obstipation bei geriatrischen Patienten ist. ■ Quellen: (1) http://priscus.net/download/PRISCUSListe_PRISCUS-TP3_2011.pdf (2) Andresen et al. (2013): S2k-Leitlinie Chronische Obstipation: Definition, Pathophysiologie, Diagnostik und Therapie; unter www.amwf.org (3) World Gastroenterology Organisation, Practice Guidelines: Constipation, 2007, www. worldgastroenterology.org/assets/downloads/en/pdf/guidelines/05_constipation.pdf (4) Hildebrand J, et al. Bewertung der Laxantien hinsichtlich geriatrietypischer Risiken der Multimorbidität und Multimedikation. Kontinenz aktuell 61(3):5-13 Merkzettel Seniorenberatung ➞Die Organ- und Stoffwechselfunktionen laufen bei Senioren anders als bei gesunden jungen Erwachsenen. ➞Deshalb wirken Medikamente bei älteren multimorbiden Patienten oft verschieden. ➞Welche Medikamente für Senioren nicht geeignet sind, entnehmen Sie der PRISCUS-Liste. ➞ Es gibt viele Mittel mit einem Antiaging-Effekt, die für Senioren besonders geeignet sind. Dazu gehören z. B. Gingko-Präparate, Weißdorn-Kombinationen und auch Lecithin. ➞Verstopfung ist ebenfalls ein häufiges Problem bei älteren Patienten. ➞Achten Sie bei der Beratung darauf, dass es zu keinen Wechselwirkungen mit sonst eingenommenen Medikamenten kommt. ➞Als Mittel der Wahl bei Senioren hat sich in Untersuchungen der Einsatz von Macrogol plus Elektrolyte erwiesen. www.apotheke-aktuell.com