PTA E 17875 Pharmazie ❙ Marketing ❙ Praxis www.apotheke-aktuell.com PROFE SS IONAL August 2014 Einzelverkaufspreis: 4,50 Euro Österreich: 5,50 Euro Schweiz: 7,50 SFR Gina Lück liebt die Vielseitigkeit an ihrem Beruf Dermopharmazie: Sonnenpause für die Haut Kindergesundheit Eltern brauchen Beratung! Social Media Marketing: Versuch’s mal mit Facebook PTA des Monats Fortbildung Pilzerkrankungen BAK zertifiziert! unterstützt von PROFESSIONAL! Inhalt Aktuelles Verkürzung um 1 mm wegen Passge jetzt 104 mm (war nauigkeit mit Flappe vorher 105 mm wie Flappe) PTA 12 PTA des Monats Gina Lück aus der Herz-Apotheke in Frielendorf liebt an ihrem Beruf besonders die Vielseitigkeit. Und Beratung steht bei ihr ganz oben auf der Liste. Sie ist erst mit sich zufrieden, wenn Sie ihren Kunden helfen konnte. ❙ Mar keti ng ❙ Prax is E 17875 3 www.apotheke- aktuell.com PR OF E SS IO Einzelverkaufspr eis: 4,50 Euro Österreich: 5,50 Euro Schweiz: 7,50 SFR NA L Augu 8 st 2014 Gina Lück Vielseitigkeit liebt die an ihrem Beruf Dermopharm azie: Sonnenpause für die Haut 10 Kindergesund heit Eltern brauch en Beratung! 12 BAK zertifiziert! PTA des Monats unterstützt von PTA_08_14_S_01_Tite l [P].indd 1 22.07.14 08:48 16 Kindergesundheit Kinder sind keine kleinen Erwachsenen: Bei ihnen ist vieles anders bei der Gabe von Arzneimitteln. Und: Wenn Kinder Medikamente brauchen, sind die Eltern immer verunsichert. Gibt es Nebenwirkungen? Reicht nicht auch die Hälfte der Dosis? Kann ich die Therapie beenden, wenn die Symptome nachlassen? Hier ist es wichtig, dass Sie sich Zeit für die Beratung nehmen. 28 Leichte Beine Müde, geschwollene Beine, Schmerzen nach langem Stehen und Besenreiser können erste Anzeichen einer Venenschwäche sein. In der Therapie spielen ödemprotektive und gefäßabdichtende Phytopharmaka eine bedeutende Rolle. Zu den gut untersuchten „Venenfreunden“ zählen rotes Weinlaub, Rosskastanie und Mäusedorn. 4 PTA PROFESSIONAL August 2014 aktuell + anders Arthrose: Injektion statt Prothese Beratung aktuell: Der Sommerhitze trotzen Social Media Versuch’s mal Marketing: mit Facebook Fortbildung Pilzerkrankung en Editorial Kolumne: Prof. Dr. Theo Dingermann Ohne Verstand PTA des Monats August Gina Lück: „Vielseitig sein, das macht mir Spaß“ Pharmazie + Medizin 14 Hämorrhoiden Möglichkeiten der Selbstmedikation 16 Kindergesundheit Eltern brauchen Beratung! 20 Kinder sind keine kleinen Erwachsenen Tabelle über Auswirkungen auf die Arzneimitteltherapie 21 Obstipation bei Kindern Nehmen Sie die Anzeichen ernst! 24 Gesunder Schlaf Regeneration – wichtig fürs Wohlbefinden 28 Serie: Phytotherapie Drei für leichte Beine 30 Serie: Dermopharmazie Sonnenpause für die Haut 32 Menstruationsbeschwerden In der Regel gut beraten 35 Generationswechsel beim Klassiker MicroAktiv-Technologie für schnellere Wirksamkeit 36 Serie: Doppelblind oder personalisiert? Russisches Roulette www.apotheke-aktuell.com Abb.: Goodshoot / iStock / bluecinema / Thinkstock Pha rma zie Marketing + Kommunikation 40 E-Mail-Netiquette: So hinterlassen Sie einen guten Eindruck „Mit freundlichen E-Mail-Grüßen“ 44 Social Media Marketing I like this: Apotheker auf Facebook 46 PTA-Botschaft des Monats Hautsache gesund 48 Aufruf Titelfotoshooting Wir bringen Sie auf unsere Titelseite! 50 Burnoutprophylaxe Ganzheitlich entspannen 52 Englisch-Fortbildung Alzheimer’s dementia: blood test could predict dementia 61 Derma-News 62 Pharma-News 44 Facebook nutzen Denken Sie darüber nach, ob es Sinn macht, dass Ihre Apotheke auch auf Facebook präsent ist? Dann sollten Sie sich bald entscheiden, denn während Sie noch nachdenken, machen es andere längst. Das erste Ziel ist es, die Bekanntheit zu steigern. Daraus kann sich auch eine Umsatzsteigerung ergeben. Fortbildung 54 Artikel und Prüfungsfragen: Pilzerkrankungen 60 Antworten der Fortbildung Juni Herz-Kreislauf-Erkrankungen Abb.: iStock/ boygovideo / curtis_creative / Chiya Li / Thinkstock Service 64 Wissen kompakt Aktuelle Fachbücher Verlosung einer DVD Angeklickt: Das Schlaf-Portal 65 Gewinnspiel Hier können Sie Karten für SHREK gewinnen! 66 Impressum/Vorschau www.apotheke-aktuell.com 50 Ganzheitlich entspannen Beanspruchung im Beruf, Überforderung, Reizüberflutung, Lärm oder familiäre Probleme – das alles sind Stressoren, die viele Menschen täglich belasten. Wir zeigen Ihnen, wie Sie durch ganzheitliche Therapie wieder zur Ruhe zu kommen. 54 Pilzerkrankungen Pilze können Haut, Nägel und Schleimhäute befallen und zu Erkrankungen wie Fußpilz, Nagelpilz, Scheidenpilz und Mundsoor führen. Lebensgefährlich sind dabei systemische Pilzinfektionen. Welche Behandlung sich bei Pilzinfektionen eignet, erklären wir Ihnen in der neuen, BAK-zertifizierten Fortbildung. PTA PROFESSIONAL August 2014 5 PROFESSIONAL! Schwerpunktthema Eltern brauchen Beratung Elke Engels, Apothekerin Chefredakteurin PTA PROFESSIONAL 16 PTA PROFESSIONAL August 2014 www.apotheke-aktuell.com Abb.: Goodshoot / Thinkstock Kindergesundheit PROFESSIONAL! Schwerpunktthema Wenn Kinder krank sind, und Medikamente brauchen, sind die Eltern immer verunsichert. Gibt es Nebenwirkungen? Reicht nicht auch die Hälfte der Dosis? Kann ich die Therapie beenden, wenn die Symptome nachlassen? Hier ist es wichtig, dass Sie sich Zeit für die Beratung nehmen. V om Zeitpunkt der Geburt bis zum Erwachsenenalter verändert sich der Körper ständig, wobei jedes Kind unterschiedlich schnell wächst. Die einzelnen Organfunktionen passen sich dabei in jedem Entwicklungsabschnitt den neuen Gegebenheiten an und damit verändert sich auch der Stoffwechsel. Je jünger das Kind, desto größer können die Unterschiede in Bezug auf Dosierung, Compliance, Wirkung und Nebenwirkung zwischen zwei annähernd Gleichaltrigen ausfallen. Ein Frühgeborenes (Bezeichnung gilt vom Zeitpunkt der Geburt bis zum errechneten Termin) in der 30. Schwangerschaftswoche mit einem Geburtsgewicht von 1500g ist beispielsweise mit einem Frühgeborenen aus der 25. Schwangerschaftswoche mit 500g kaum zu vergleichen (1). Alter der Kinder ist entscheidend Eltern ist es oft gar nicht bewusst, dass es einen Unterschied zwischen Kleinkind und Vorschulkind oder Schulkind gibt (siehe Tabelle Altersstufen des Kindes). Ebenso wenig ist bekannt, dass die Dosierung eines Medikamentes nicht proportional zum Alter erfolgen kann. Ein dreijähriges Kind sollte nicht die Hälfte der Dosis eines Sechsjährigen erhalten. Es gelten die Empfehlungen im Beipackzettel. Doch die werden selten eingehalten. Eine Studie der Kinder- und Jugendklinik des Universitätsklinikums Erlangen (FAU Erlangen-Nürnberg) und des Robert Koch-Instituts ergab, dass Kinder in zehn bis 15 Prozent der Fälle ihre Medikamente von ihren Eltern in einer falschen, zu niedrigen Dosierung erhalten. Dahinter verbirgt sich die Angst, durch Nebenwirkungen dem Kind zu schaden. Deshalb verringern die Eltern der Studie zufolge oft eigenmächtig die Medikamentendosis. Das ist jedoch fatal, denn durch eine zu geringe Dosierung kann bei Medikamenten die Wirkung ausbleiben. Die Studienleiterin Dr. Antje Neubert von der Kinderklinik sieht das insbesondere im Hinblick auf die Einnahme von Antibiotika mit Sorge: „So können Resistenzen erzeugt werden.“ (2) www.apotheke-aktuell.com Antibiotika – nicht immer sind die Eltern schuld aus die ZAK Datenbank nutzen (www.zakkinderarzneimittel.de/). ZAK® steht für zugelassene Arzneimittel für Kinder. Das Portal wurde für Fachkreise entwickelt, die Nutzung ist kostenfrei. Wenn ein Kind Antibiotika einnehmen muss, sollten auch die Darreichungsform und der Geschmack stimmen. Wir Erwachsenen können mit Verstand den unangenehmen Geschmack tolerieren, Kinder nicht. Durch wissenschaftliche Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass der Grad der Compliance, insbesondere bei der Antibiotika-Behandlung von Kindern, sehr oft durch die Häufigkeit der Dosierung sowie durch den Geschmack beeinflusst wird (3). Mit wohlschmeckenden Säften kann man bei Kindern die Compliance deutlich verbessern. Idealerweise sollte auch dann die Einnahme maximal zweimal täglich erfolgen. Funktioniert das, sollten die Eltern das Antibiotikum so lange wie verordnet verabreichen. Erklären Sie die Tragweite der Antibiotikaresistenzen. Probleme können allerdings auftauchen, wenn ein Kind Arzneistoffe bekommen soll, die bislang nur bei Erwachsenen erprobt wurden. Das kommt nicht selten vor, denn nur ein Bruchteil der verfügbaren Arzneimittel ist auch für Kinder zugelassen. Häufig sind Kinder mit seltenen Erkrankungen oder beispielsweise sehr kleine/junge Kinder betroffen. Die Behandlung erfolgt dann im off-label-use. Das heißt, in manchen Fällen werden den Kindern Arzneistoffe und Darreichungsformen verabreicht, die nicht für die jeweilige Altersgruppe zugelassen sind. Die „Pädiatrischen Dosistabellen“ (s. Wissen kompakt, Seite 64) sind hier ein wertvoller Ratgeber. Online können Sie darüber hin- Nicht alle Arzneistoffe eignen sich für Kinder Wie die Tabelle „Kinder sind keine kleinen Erwachsenen“ auf Seite 20 zeigt, werden Medikamente – je nach Alter, Entwicklungsstufe und Gewicht – bei Kindern anders verstoffwechselt. Für die tägliche Praxis in der Apotheke ist es deshalb wichtig, dass Sie die Arzneistoffe kennen, die nur eingeschränkt bei Kindern zur Anwendung kommen sollten (1). Hier eine Auswahl. Von Acetylcystein… Acetylcystein: Es sollte bei Kindern unter einem Jahr nur bei lebenswichtiger Indikation und unter strengster ärztlicher Kontrolle angewendet werden. Bei Kindern unter zwei Jahren wird die Einnahme ebenfalls nur unter ärztlicher Kontrolle empfohlen. Acetysalicylsäure und -Derivate: Salicylsäure-Verbindungen können bei Kindern und Jugendlichen das Reye-Syndrom auslösen. Darunter versteht man eine akute, manchmal auch tödlich verlaufende LeberHirnerkrankung. Es entwickelt sich eine akute Enzephalophathie in Kombination mit einer Verfettung, teilweise auch Nekrose der Leber. Das Reye-Syndrom wird vor allem zwischen dem vierten und neunten Lebensjahr beobachtet, die Ursache ist unklar. Altersstufen des Kindes (1) Alter Bezeichnung Geburt bis 28 Tage Neugeborenes 1.-3. Lebensjahr Kleinkind (10-15kg) 3.-6. Lebensjahr Vorschulkind (16 bis 20 kg) 6.-16. Lebensjahr Schulkind (6-9 Jahre, 20 bis 29 kg) (10-12 Jahre, 30-39 kg) (Ab 12 Jahre, über 40 kg) PTA PROFESSIONAL August 2014 17 PROFESSIONAL! Schwerpunktthema kungen auslösen können. Codein setzt bei Säuglingen die Empfindlichkeit des Atemzentrums gegen CO2 herab. Es kommt zu einer Verminderung des physiologischen Atemminutenvolumens. Es besteht die Gefahr der Atemdepression. Daher sind diese Stoffe bei Säuglingen kontraindiziert. Glucocorticoide: Glucocorticoide sollten bei Kindern nur unter strenger Indikationsstellung zur Anwendung kommen. Es kann zu Wachstumsstörungen kommen. Man kann die Wachstumsverzögerung etwas abmildern, in dem man ein Dosierungsintervall von 48 Stunden wählt; die Nebennierenrinde atrophiert dann nicht so stark. Wissenstest 3 Fragen – 3 Antworten …über Antihistaminika… Haben Sie den Artikel aufmerksam gelesen? Dann wird es Ihnen leicht fallen, die unten stehenden Fragen zu beantworten. Bitte beachten Sie, dass nur eine Antwort richtig ist. Die Auflösung finden Sie auf Seite 64. 1. W ann wird ein Kind als Neugeborenes bezeichnet? A) im ersten Lebensjahr B) in den ersten zehn Lebenstagen C) Geburt bis 28 Tage 2. Unter welchem Portal sind im Internet zugelassene Arznei- mittel für Kinder zu finden? A) ZAK® B) BAK® C) MAK® 3. Bis zu welchem Lebensjahr sind Tetracycline kontraindiziert? A) bis zum achten Lebensjahr B) bis zum zwölften Lebensjahr C) bis zum 14. Lebensjahr 18 PTA PROFESSIONAL August 2014 Antihistaminika: Antihistaminika können bei Kleinkindern bzw. Kindern zentrale Erregungszustände (Hyperaktivität) verursachen. Eine Antihistaminikatherapie eignet sich nicht für Kinder unter sechs Jahren; bei älteren Kindern sollten die Einnahmevorschriften streng eingehalten werden wegen der hohen Toxizität. Unter der peripher vagolytischen Wirkung können bei Kindern folgende Symptome auftreten: Mydriasis mit Sehstörungen, Mundtrockenheit, zentralnervöse Nebenwirkung wie Delirien, Halluzinationen, Erregungszustände, Muskelzuckungen, Rigidität, Athetosen (Bewegungsstörung), klonisch-tonische Krämpfe und Hyperthermie (1). Bei einer deutlichen Überdosierung kann es sogar zu einer Lähmung des Atemzentrums kommen. Campher, Cineol, Menthol: Die drei Wirkstoffe, die häufig in Erkältungssalben für Erwachsene eingearbeitet sind, dürfen nicht im Bereich von Hals und Gesicht (insbesondere der Nase) bei Kleinkindern und Säuglingen aufgetragen werden. Es wurden Fälle von Atemstillstand bzw. Glottiskrampf beschrieben. Die Unterbrechung der Atmung kann durch den so genannten Kretschmer-Reflex, …und Gyrasehemmer… Gyrasehemmer: Gyrasehemmer können Knorpelzellschäden in Epiphysenfugen und Gelenken hervorrufen und sind deshalb für Kinder und Jugendliche kontraindiziert. Wichtig für Ihr Beratungsgespräch: Klären Sie die Eltern auf, dass unerwünschte Arzneimittelwirkungen oft nicht dosisabhängig auftreten. Es kann auch im unterdosierten Bereich dazu kommen und manchmal sogar gerade dann, wie das Beispiel der Antibiotikatherapie zeigt. Wenn ein Arzt ein Medikament und die entsprechende Dosierung empfiehlt, sollte diese auch eingehalten werden. Wenn die Dosierung nicht auf dem Rezept angegeben ist, sollten Sie dem Kunden die Angaben im Beipackzettel erläutern. www.apotheke-aktuell.com Abb.: wavebreakmedia / iStock / Thinkstock Neben der Einnahme bestimmter Arzneistoffe wie Salicylsäure-Verbindungen oder Valproinsäure (Antiepileptikum) werden als Auslöser auch Virusinfekte (fieberhafte Infekte der Atemwege) und Vergiftungen mit bestimmten Pilzsporen diskutiert. Zum Fiebersenken und gegen Schmerzen sollten Kinder und Jugendliche mit Wirkstoffen wie Paracetamol oder Ibuprofen behandelt werden. Codein und -Derivate: Die Blut-Hirnschranke ist bei Säuglingen noch nicht vollständig ausgereift, so dass Codein und Derivate passieren und zentrale Nebenwir- einem Atemschutzreflex, der allgemein bei stark riechenden Substanzen auftreten kann, erklärt werden. Im Beratungsgespräch sollten die Eltern unbedingt darauf hingewiesen werden, dass für Säuglinge und Kleinkinder mentholfreie Zubereitungen zur Inhalationstherapie angewendet werden sollten. Aminoglykosidantibiotika (z. B. Streptomycin- und Gentamycin-Verbindungen): In der Praxis bekommen Kinder bei eitriger Bindehautentzündung manchmal Kanamycin- oder Gentamycin-haltige Augentropfen bzw. -salben verordnet. Auch Salben, die Aminoglykosidantibiotika zur Behandlung infizierter oder infektionsgefährdeter Hautbezirke enthalten, finden bei Kindern Anwendung. Eine Anwendungsbeschränkung gilt vor allem für Früh- und Neugeborene, da es zu nephro- und ototoxischen Nebenwirkungen kommen kann. Bei Säuglingen und Kleinkindern wird die Anwendung nur bei strenger Indikationsstellung empfohlen. Aminoglykosidantibiotika hemmen die Proteinsynthese. Dies kann vor allem im Innenohr, wo ein extensiver Proteinstoffwechsel vorliegt, zu Schäden führen. In leichten Fällen ist die Schädigung der Haarzellen reversibel, in schweren Fällen verliert sich das Hörvermögen, beginnend bei den hohen Tönen. Häufig treten die Hörverluste zeitlich verzögert auf. PROFESSIONAL! Schwerpunktthema Sulfonamide: Sie haben eine hohe PlasmaEiweißbindung und sind bei Früh- und Neugeborenen kontrainidiziert. Sulfonamide binden Albumin und stören dadurch bei Neugeborenen und Säuglingen den Bilirubinabbau. Daraus können Ikterus und Bilirubinablagerungen in Basalganglien und Gehirn resultieren. Tetracycline: Sie können eine reversible Verzögerung des Knochenwachstums auslösen und sind bis zum achten Lebensjahr kontraindiziert. Gleichzeitig kann der Zahnschmelz durch Tetracycline bräunlich-gelb verfärbt werden (fluoresziert im UV-Licht). Dabei sind bei einer Einnahme im ersten Lebensjahr die Milchzähne, bei einer Einnahme bis zum siebten Lebensjahr die bleibenden Zähne betroffen. Dopaminantagonisten: Sie sind bei Kindern unter 14 Jahren kontraindiziert. Bei Kleinkindern kann man Methämoglobinbildung und Dyskinesien beobachten, in hohen Dosen tritt Benommenheit auf. Domperidon, Metoclopramid: Diese sind chemisch verwandt mit den Neuroleptika. Bei Kindern können sie als Dopaminantagonisten ein dyskinetisches Syndrom auslösen. Metoclopramid ist für Kinder unter zwei Jahren kontraindiziert, für Kinder unter 14 Jahren gilt eine Anwendungsbeschränkung. Für Domperidon gilt die Anwendungsbeschränkung für Kinder unter zwölf Jahren bzw. unter 40 kg Körpergewicht. Loperamid: Loperamid ist kontraindiziert bei Kindern unter zwei Jahren, es könnte sonst zu zenralnervösen Opiateffekten kommen, beispielsweise Verstopfung, Ileus, und Neurotoxizität (Krämpfe, Apathie, Somno- www.apotheke-aktuell.com lenz, Choreoathetose, Ataxie, Atemdepression). Die gleichen Symptome treten im Falle einer Überdosierung auf. Bei Kindern zwischen zwei und acht Jahren erfolgt die Dosierung nach dem Körpergewicht. Povidon-Iod und andere Iodverbindungen: Sie sind bei Kleinkindern unter sechs Monaten kontraindiziert. In Einzelfällen kann es zu Funktionsstörungen der Schilddrüse kommen. …bis hin zu NSAR Nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAR): Diese, wie beispielsweise Metamizol, sind bei Kindern in den ersten drei Lebensmonaten oder unter fünf Kilogramm Körpergewicht kontraindiziert. Es kann zu Benommenheit bis hin zu Bewusstseinsstörungen, Muskelzittern, Atemlähmung und Kreislaufkollaps kommen. In seltenen Fällen kann auch eine lebensbedrohliche Agranulozytose (Verminderung der Granulozyten im Blut) entstehen. Agranulozytosen können in jedem Lebensalter durch bestimmte Medikamente ausgelöst werden. Die klinischen Symptome dabei sind anfangs Schüttelfrost, dann kontinuierliches Fieber, Tachykardie, allgemeines schweres Krankheitsgefühl und typischerweise frühzeitig auftretende Schleimhautnekrosen (Rachen, Tonsillen, Anal-und Genitalbereich). Sympathomimetika (z. B. Xylometazolin, Oxymetazolin, Tetryzolin, Phenylephrin): Sie eignen sich nicht für Kinder unter zwei Jahren. Diese Arzneimittel dürfen als Nasentropfen nur niedrig dosiert eingesetzt werden, vorzugsweise in Tropfenform, nicht als Spray. Durch Resorption kann es zu Atemstörungen bis hin zu komatösen Zuständen kommen. Die Aufzählung berücksichtigt nur häufige Verordnungen. Lesen Sie in der nächsten Ausgabe, welche Darreichungsformen für Kinder problematisch sein können und welche Beratungstipps dabei wichtig sind. ■ Quellen: (1) Kinder in der Apotheke, Govi Verlag (2) www.uk-erlangen.de „Mehr als jedes zehnte Kind erhält die falsche Medikamentendosis“, 04.11.2013 (3) Reinert, RR; Resistenz-eine Konsequenz von NonCompliance? Praktische Pädiatrie; 13(3): 188-195, 2007. Merkzettel KIndergesundheit ➞Viele Arzneimittel für Kinder werden off-label verabreicht, besonders bei seltenen Erkrankungen oder bei Säuglingen. ➞Es ist wichtig, dass Sie bei der Beratung den Eltern die Anwendung und die Dosierung erklären. ➞Weisen Sie darauf hin, dass unerwünschte Wirkungen häufig nicht dosisabhängig sind und dass bei manchen Arzneimitteln (z. B. Antibiotika) eine Unterdosierung mehr Schaden anrichtet als die richtige Anwendung. PTA PROFESSIONAL August 2014 19 PROFESSIONAL! Schwerpunktthema Kinder sind keine kleinen Erwachsenen Physiologische Gegebenheiten Unterschiede Kind/Erwachsener Auswirkungen auf die Arzneitherapie Wasserverteilung ie Wassermenge pro Kilogramm Körpergewicht D liegt beim Neugeborenen um durchschnittlich 15 Prozent höher als beim Erwachsenen. Bei der Dosierung vieler Arzneistoffe sind größere Verteilungsvolumina zu berücksichtigen, da vor allem der Anteil des extra-zellulären Wassers erhöht ist. Enzymsysteme Bestimmte Enzymsysteme wie das Cytochrom P450 3A4 sind beim Neugeborenen noch nicht vollständig ausgebildet. Andere Enzymsysteme sind dagegen stärker aktiv. Arzneistoffe werden anders verstoffwechselt. Das kann bei manchen Arzneistoffen zur Kumulation führen oder sogar zu einer besseren biologische Verfügbarkeit, beispielsweise bei Substanzen mit einem hohen Firstpass-Effekt. Bestimmte Prodrugs können dagegen nur mangelhaft aktiviert werden. Azidität des Magens In den ersten Lebensmonaten ist das Magenmilieu neutral, bis zum Alter von drei Jahren ist die Azidität des Magens deutlich reduziert. ie Freisetzung des Arzneistoffs kann beeinträchtigt D werden, daraus ergeben sich verminderte Resorptionsraten. Magen-Darm-Passage Die Magen-Darm-Passage ist bei Neugeborenen und Kleinkindern verlangsamt. Sie kann ohne pathologischen Hintergrund bis zu sieben Tage dauern. Der Zeitpunkt der Arzneimittelwirkung kann deutlich verzögert eintreten. Dünndarm Die Verdauungsfunktion des Dünndarms ist bei Säuglingen noch nicht ausgereift. Die Resorptionseigenschaften des Dünndarms sind deutlich verringert. Niere Die Nieren sind erst ab dem zweiten Lebensjahr voll funktionstüchtig. Einige Arzneistoffe können kumulieren. Die Eliminationshalbwertszeiten sind vor allem bei Kindern im ersten Lebensjahr erhöht. Betroffen davon sind Antibiotika wie Ampicillin. Die Elimationshalbwertszeit kann hier doppelt so hoch sein. Das Gleiche gilt auch für Paracetamol. Haut Die Talgdrüsen produzieren bis zum Eintritt der Pubertät kein Fett, das Stratum corneum von Säuglingen und Kleinkindern enthält mehr Wasser und weist eine insgesamt lockere Textur auf, weil weniger Kollagenfasern in der Haut eingelagert sind. Steroide, Salicylate, Phenole und Alkohole werden in größerem Umfang resorbiert als beim Erwachsenen. Blut-Hirnschranke Die Blut-Hirnschranke ist bis zum ersten Lebensjahr noch nicht vollständig funktionstüchtig. Schlecht lipidlösliche Arzneistoffe, die die ausgereifte Blut-Hirnschranke nicht passieren können, vermögen deshalb teilweise ins Gehirn einzudringen. Es kann bei einigen Arzneistoffen zu zentralen Nebenwirkungen kommen. Knorpel, Knochen, Zähne Knorpel- und Knochengewebe unterliegen bei Kindern ständigen Wachstumsprozessen. Hier können bestimmte Arzneistoffe schädigend einwirken. Das Gleiche trifft auch für die Entstehung und Reifung der Zähne zu. Gyrasehemmer können die Bildung des Knorpelgewebes beeinflussen und sind bis zum 18. Lebensjahr kontraindiziert. Tetracycline können eine reversible Verzögerung des Knochenwachstums auslösen und sind bis zum achten Lebensjahr kontraindiziert. Gleichzeitig kann der Zahnschmelz durch Tetracycline bräunlich-gelb verfärbt werden. Dabei sind bei einer Einnahme im ersten Lebensjahr die Milchzähne, bei einer Einnahme bis zum siebten Lebensjahr die bleibenden Zähne betroffen. Die Tabelle zeigt die physiologischen Unterschiede zwischen Kindern und Erwachsenen und welche Auswirkungen diese auf die Wirkung von Medikamenten haben. 20 PTA PROFESSIONAL August 2014 www.apotheke-aktuell.com