pta E 17875 Pharmazie ❙ Marketing ❙ Praxis www.apotheke-aktuell.com profe ss ional Mai 2014 Einzelverkaufspreis: 4,50 Euro Österreich: 5,50 Euro Schweiz: 7,50 SFR Nina Adler: „Mich bringt nichts aus der Ruhe!“ Bloggen: Auf neuen Wegen ins Gespräch kommen Pilzinfektionen Richtig beraten bei Mykosen Burnoutprophylaxe: Tinnitus häufig durch Stress verursacht Fortbildung Arznei-Interaktionen BAK zertifiziert! PTA des Monats unterstützt vom PROFESSIONAL! Inhalt Aktuelles Verkürzung um 1 mm wegen Passge jetzt 104 mm (war nauigkeit mit Flappe vorher 105 mm wie Flappe) PtA Pha rma zie 12 PTA des Monats Nina Adler arbeitet in der RheinNeckar-Apotheke in Viernheim. In der großen Center-Apotheke ist immer viel los. Aber Nina ist der Fels in der Brandung: Geduldig berät sie die Kunden, arbeitet aber auch gerne im Labor oder der Rezeptur. ❙ Mar keti ng ❙ Prax is e 17875 3 www.apotheke- aktuell.com PR oF e ss Io Einzelverkaufspr eis: 4,50 Euro Österreich: 5,50 Euro Schweiz: 7,50 SFR nA l 8 Mai 2014 Nina Adler: „Mich bringt aus der Ruhe! nichts “ Bloggen: Auf neuen Wegen ins Gespräch kommen 10 Pilzinfektionen Burnoutprophylaxe häufig durch Stress : Tinnitus verursacht BAK zertifiziert! PTA_05_14_Titel aktuell + anders Darmkrebs: Früherkennung nutzen! Richtig bera bei Mykosenten Fortbildung Arznei-Interak tionen Editorial Kolumne: Prof. Dr. Theo Dingermann Verborgene Schätze Beratung aktuell: Migräne – typisch Frau! Veranstaltungstipp: Blick hinter Klostermauern PtA des Monats unterstützt vom [P].indd 1 14.04.14 08:00 12 16 Pilzinfektionen 22 Insektenschutz Bald werden uns die ersten Mücken wieder belästigen. Insektenstiche können jedoch manchmal auch gefährlich sein. Der Parasitologe Prof. Heinz Mehlhorn erklärt, wann das Auftragen von Insektenschutz sowohl im im Alltag als auch auf Reisen in ferne Ländern wichtig ist und was Sie dabei im Beratungsgespräch beachten müssen. 4 PTA PROFESSIONAL Mai 2014 Pharmazie + Medizin 14 Korrekte Anwendungstechnik Erklären Sie den Inhalator! 16 Pilzinfektionen Richtig beraten bei Mykosen 18 Vaginalpilz Mit Selbstmedikation begegnen 20 Beim Experten nachgefragt Beratung bei Nagelpilz 22 Beratungsschwerpunkt Insektenschutz Wie wichtig ist die Prävention? Diabetes mellitus Prävention von Folgeerkrankungen 24 26 Serie: Phytotherapie Drei für den Magen 30 Serie: Dermopharmazie Babypflege: Schutzbedürftige Haut 34 Serie: Doppelblind oder personalisiert? Einfluss der Gene auf die Arzneimittelwirkung 36 Abnehmen Was am besten funktioniert www.apotheke-aktuell.com Abb.: Alliance / ChinHooi / iStock / Thinkstock Die mikroskopisch kleinen Parasiten können ganz schöne Plagegeister sein und viele Krankheiten auslösen. An der Haut, der Schleimhaut und auf den Nägeln setzen sich Pilze gerne fest und verursachen unangenehme Infektionen. Wie Sie Ihre Kunden am besten bei den verschiedenen Pilzinfektionen beraten, erklären wir Ihnen in unserem Titelthema. PTA des Monats Mai Nina Adler: „Mich bringt nichts aus der Ruhe!“ Marketing + Kommunikation 44 PTA-Botschaft des Monats Entspannen Sie sich! 46 Category Management im Apothekenalltag Dem Kunden eine spezielle Themenwelt präsentieren 50 Aufruf Titelfotoshooting Wir bringen Sie auf unsere Titelseite! 52 Bloggen Auf neuen Wegen ins Gespräch kommen 56 Burnoutprophylaxe Ohrengeräusche häufig durch Stress verursacht 60 Englisch-Fortbildung Recommendation: Do not take thyroid hormone with coffee 69 Derma-News Pharma-News 70 Fortbildung 62 Artikel und Prüfungsfragen: Arzneimittelinteraktionen 68 Antworten der Fortbildung vom März Medikamente in der Schwangerschaft Abb.: Jane_Kelly / Paffy69 / OlgaMiltsova / iStock / Thinkstock Service 72 Wissen kompakt Aktuelle Bücher Verlosung einer DVD Wissenstest Angeklickt 73 Gewinnspiel Hier können Sie Karten für die Jubiläumsrevue im Tigerpalast gewinnen! 74 Impressum/Vorschau www.apotheke-aktuell.com 52 Bloggen Das Internet kann als Kommunikationsmittel für mehr Image aber auch zur Kundenbindung genutzt werden. Dies ist z. B. durch ein Blog möglich. Da das Medium authentisch und ungezwungen wirkt, kann es letztlich auch viele Personen erreichen. Wir zeigen Ihnen, wie es geht. 56 Tinnitus Es gibt viele Ursachen für Ohrgeräusche. Manchmal sind sie organisch bedingt und z. B. durch Dauerlärm verursacht. Zunehmend häufiger werden aber andere Auslöser beobachtet. Und hier spielt Stress eine maßgebliche Rolle. 62 Arzneimittelinteraktionen Bei der gleichzeitigen Einnahme mehrerer Arzneimittel kann es zu den unterschiedlichsten Wechselwirkungen kommen. In den meisten Fällen sind diese unerwünscht, aber sie werden auch gezielt eingesetzt. Auf welche Arzneimittelinteraktionen Sie achten müssen und wie Sie rechtzeitig Gefahren erkennen, erklären wir Ihnen in der neuen, BAK-zertifizierten Fortbildung. PTA PROFESSIONAL Mai 2014 5 Abb.: Alliance / iStock / Thinkstock PROFESSIONAL! Schwerpunktthema 16 PTA PROFESSIONAL Mai 2014 www.apotheke-aktuell.com PROFESSIONAL! Schwerpunktthema Pilzinfektionen Richtig beraten bei Mykosen Bettina Reich, Apothekerin Redakteurin PTA PROFESSIONAL Als Krankheitserreger werden in der Öffentlichkeit meist nur Bakterien und Viren wahrgenommen. Pilze können jedoch ebenfalls Krankheiten beim Menschen auslösen. Am häufigsten treten Pilzinfektionen (Mykosen) an den Nägeln oder auf der Haut auf. Aber auch Frauen mit Vaginalmykosen kommen häufig in die Apotheke, um sich Rat zu holen. Was Sie den Betroffenen empfehlen können. P ilze sind Parasiten und brauchen von anderen Lebewesen hergestellte organische Nährstoffe, weil sie diese nicht selbst produzieren können. Im Wald holen sich die „großen Brüder“ wie Steinpilz und Pfifferling diese Nahrung aus Baumwurzeln. Ihre mikroskopisch kleinen Verwandten halten sich an der Haut und den Schleimhäuten ihrer Wirte schadlos. Vorurteile ausräumen Es gibt über 100.000 Pilzarten, von denen nur etwa 50 beim Menschen Krankheiten auslösen können. Am häufigsten sind Faden-, Hefe- und Schimmelpilze für die lästigen Infektionen verantwortlich. Manche der krankheitserregenden Pilze leben bei gesunden Menschen im Darm, auf den Schleimhäuten oder auf der Haut, ohne Beschwerden zu verursachen. Erst wenn sich die Abwehrlage verschlechtert oder durch eine Antibiotika-Einnahme kann sich der Pilz massenhaft vermehren und eine Krankheit auslösen. Hartnäckig hält sich allerdings das Vorurteil, dass Pilzinfektionen durch mangelnde www.apotheke-aktuell.com Hygiene ausgelöst werden. Das stimmt aber nicht. Im Gegenteil: Übertriebene Hygiene kann Pilzinfektionen begünstigen. Führen Sie daher auch mal einen Aktionstag zum Thema Pilzerkrankungen durch. Sie werden sehen, wie viele Kunden sich dann ein Herz nehmen und Sie endlich ansprechen auf eine Pilzinfektion. Sie locken damit das Thema aus der Tabuzone. Ansonsten gilt, dass bei der Beratung ebenfalls der Beratungsplatz genutzt werden kann, wenn Sie den Eindruck haben, dass der Kunde sich geniert. Dabei sind die meisten Pilzinfektionen zwar lästig, aber in den meisten Fällen harm- Lang genug behandeln In jedem Fall ist Beratung wichtig. Viele Kunden wenden nämlich pilzwirksame Salben, Cremes oder Gele nicht lange genug an. Treten dann nach einiger Zeit die Symptome wieder auf, halten sie das für eine neue Infektion. In Wahrheit war der Pilz aber nie ganz weg, weil einige Pilzsporen auf der Haut überlebt haben. PTA PROFESSIONAL Mai 2014 17 PROFESSIONAL! Schwerpunktthema Dem Vaginalpilz mit Selbstmedikation begegnen Eine der häufigsten Pilzinfektionen ist eine Vaginalmykose: Schätzungsweise erkrankt jede zweite Frau im Leben daran, viele erwischt die durch Candida Albicans aus- Wissenstest 3 Fragen – 3 Antworten Haben Sie den Artikel aufmerksam gelesen? Dann wird es Ihnen leicht fallen, die unten stehenden Fragen zu beantworten. Bitte beachten Sie, dass nur eine Antwort richtig ist. Die Auflösung finden Sie auf Seite 72. 1. Pilzinfektionen können verursacht sein durch… A) …eine geschwächte Immunabwehr B) …Bakterien C) …mangelnde Hygiene 2. Was sollten Sie einer Schwangeren mit einer Pilzinfektion raten? A) Die Infektion nicht zu behandeln. B) Zuerst den Arzt aufzusuchen. C) Antimykotika einzunehmen. 3. Eine Hautflechte wird meist durch welche Pilze verursacht? A) Fadenpilze B) Schimmelpilze C) Hefepilze 18 PTA PROFESSIONAL Mai 2014 Guter Rat für Ihre Kundinnen Empfehlen Sie den betroffenen Frauen außerdem, im Genitalbereich nur ph-neutrale Seifen zu verwenden und die Haut regelmäßig einzufetten. So kann sich ein Pilzbefall nicht stärker ausbreiten. Da Pilze eine feucht-warme Umgebung für ihr Wachstum brauchen, kann man sie mit luftdurchlässiger Baumwoll-Unterwäsche und Trockenföhnen nach jedem Toilettengang „aushungern“. Auch Sitzbäder mit Kamille bringen manchmal Linderung. In jedem Fall ist es ratsam, die Haut im Genitalbereich zu schonen. Wann zum Arzt? „Wenn jemand zum ersten Mal an einer Pilzinfektion erkrankt, ist das kein Fall für die Homöopathie bei Mundsoor ➞ Acidum hydrochloricum (Salzsäure), gebräuchliche Potenzierung: D3 bis D6, bei grauweißen Belägen der Mundschleimhaut und großer Abneigung gegen jede Nahrungsaufnahme. ➞ Borax (Natriumtetraborat), gebräuchliche Potenzierung: D3 bis D6, bei weißlichen Belägen der Mundschleimhaut mit rotem Hof. Wegen starker Schmerzen ist das Essen schwierig. Selbstmedikation. Auch Kinder, Jugendliche oder Schwangere sollten grundsätzlich zuerst zum Arzt“, rät Erika Fink, Präsidentin der Bundesapothekerkammer. Bessern sich die Beschwerden durch ein rezeptfreies Medikament nicht innerhalb weniger Tage, sollte ebenfalls grundsätzlich ein Arzt aufgesucht werden. Wenn Candida den Mund befällt Am häufigsten befällt Candida albicans allerdings die Schleimhaut der Mundhöhle. Man findet weiße bis gelbliche, schmerzlose, leicht abwischbare Beläge auf der Mundschleimhaut. Soor tritt vor allem bei abwehrgeschwächten Personen wie Kleinkindern und alten Menschen, aber auch bei Diabetikern auf. Bei Senioren sind oft schlecht sitzende Zahnprothesen die Wurzel des Übels. Ansonsten gesunde Menschen sind vor allem durch eine Antibiotika- oder Kortison-Behandlung gefährdet. Erinnern Sie Ihre Kunden daran, dass ein solcher Mundpilz unbedingt rechtzeitig behandelt werden sollte. Sonst kann er nicht nur langfristig zur Zerstörung der Mundflora beitragen, sondern sich auch – gerade bei abwehrgeschwächten Personen – auf die Speiseröhre ausdehnen. Zur lokalen Therapie des Mundsoor eignen sich zum Beispiel die Wirkstoffe Miconazol, Amphotericin B und Nystatin, die unter anderem als Mundgel, Lutschtabletten oder Suspensionen erhältlich sind. Diese Mittel sollten nach dem Essen eingenommen werden und vor der Behandlung sind die Beläge möglichst mit einem Wattestäb- www.apotheke-aktuell.com Abb.: Alliance / iStock / Thinkstock los und gut zu behandeln: Der Fußpilz zum Beispiel, an dem jeder fünfte Erwachsene im Laufe seines Lebens leidet sowie der Nagelpilz, der jeden vierten Menschen trifft. gelöste Infektion auch mehrmals. Der Infektionsherd ist meist der Urogenitaltrakt. Zum Ausbruch der Krankheit kommt es, wenn das Immunsystem geschwächt ist, beispielsweise durch Stress, und sich die Hefepilze unkontrolliert vermehren. Zudem kann nach einer Antibiotikatherapie die Scheidenflora gestört sein, so dass sich die Candida-Infektion ausbreitet. Charakteristische Anzeichen einer vaginalen Pilzinfektion sind ein weißer, an Quark erinnernder Ausfluss sowie starker Juckreiz. Auch Rötungen des Intimbereichs, häufig in Kombination mit Wundsein, ist ein typisches Symptom. Oft finden sich auch weiße, nicht abwischbare Beläge auf den Schleimhäuten der Vagina. Verfügbare Antimykotika zur Selbstmedikation werden meistens als Drei-TageTherapie angeboten und bestehen aus einer Creme für den äußeren Genitalbereich und Zäpfchen zum Einführen in die Vagina. Besonders wirksam und gut verträglich sind die Imidazole (z. B. Clotrimazol, Miconazol, Fenticonazol). Präparate zur Einmalbehandlung sind mit Milchsäure angereichert, wodurch das Pilzwachstum angeregt und so die Wirkung der fungistatisch wirksamen Mittel verbessert wird. Nachhaltig ist auch die Applikation eines Gels, das die körpereigenen Laktobazillen fördert. Auf diesem Weg kann die Vaginalflora gestärkt werden. Umstritten ist, ob eine zuckerarme Ernährung dem Pilz die Lebenskraft entzieht. Zu den nicht wirksamen Methoden gehört außerdem die so genannte Darmsanierung mit Nystatin oder Amphotericin B. PROFESSIONAL! Schwerpunktthema chen zu entfernen. Sie sollten den Kunden zudem darauf hinweisen, dass er die Behandlung noch zwei bis drei Tage fortsetzt, nachdem die Beläge verschwunden sind. Das Einpinseln der Mundschleimhaut mit Myrrhe- oder Ratanhia-Tinktur wirkt desinfizierend. Der zeitliche Abstand zur Anwendung der antimykotischen Mittel sollte mindestens eine Stunde betragen. Hautflechten: Angriff der Dermatophyten Verursacht wird eine oberflächliche Hautflechte in der Regel durch eine Infektion mit Dermatophyten (Fadenpilzen). Eine Tinea, also eine durch Dermatophyten verursachte Hautmykose, entsteht durch Eindringen und Ausbreitung der Pilze in keratinisierte Merkzettel Abb.: Andreja Donko / iStock / Thinkstock Tipps für allgemeine Maßnahmen bei Pilzinfektionen ➞Die medikamentöse Therapie lang genug anwenden, um die Pilzsporen wirklich zu beseitigen. ➞Tägliches Waschen der infizierten Hautareale dient dem Entfernen von pilzhaltigem Hautmaterial. Dabei möglichst ein hautschonendes Syndet verwenden. ➞ Wichtig ist die Desinfektion von Textilien, die mit den betroffenen Körperstellen Kontakt haben. ➞Strümpfe und andere Textilien (z. B. Handtücher, Unterwäsche) sollten bei mindestens 60 Grad Celsius gewaschen werden. ➞Außerdem profitiert die Haut von Trockenheit: Daher ist insbesondere bei Unterwäsche, Socken und Schuhen auf atmungsaktive und saugfähige Materialien zu achten. ➞ Bei infizierten Körperstellen, an denen Haut auf Haut liegt wie bei den Zehenzwischenräumen oder unter der Brust, hilft das Einlegen von Mullstreifen oder Baumwollkompressen. www.apotheke-aktuell.com Gewebe wie die Hornschicht oder das Haar. Eine solche Infektion kann von Mensch zu Mensch erfolgen; übertragen werden die Pilzsporen, die zu einer Hautflechte führen können, durch Hautschuppen. Klassischerweise handelt es sich um kreisrunde Wachstumsringe, die sich immer weiter ausbreiten und von Papeln auf Haut oder Schleimhäuten begleitet werden. Hinzu kommt dann meist sehr rasch unangenehmer Juckreiz, der durch den Pilzbefall an der erkrankten Hautpartie ausgelöst wird. Patienten mit Hautflechte leiden zumeist an einer Schuppung der Haut, die im fortgeschrittenen Stadium auftritt. In der Regel nimmt eine Hautflechte bei frühzeitiger Behandlung einen positiven Verlauf. In einigen Fällen ist es aber auch möglich, dass die Hautflechte einen chronischen Verlauf zeigt. Dann kann die ursprünglich lokale Therapie mit einer systemischen Therapie ergänzt werden. Über Symptomfreiheit hinaus behandeln Für die lokal wirksame Behandlung der Hautflechte sind Cremes, Gele, Puder, Lösungen und Sprays mit unterschiedlichen Wirkstoffen wie Amorolfin, Bifonazol, Clotrimazol , Ketoconazol oder Terbinafin verfügbar. Eine gründliche Hautpilzbehandlung dauert etwa drei bis vier Wochen. In dieser Zeit haben sich die Zellen der Hornschicht komplett erneuert. Beim Abschilfern werden nach und nach auch alle darin enthaltenen Pilzsporen abgestoßen. Selbst wenn Juckreiz und sichtbare Hautveränderungen schon früher abklingen, ist der Behandlungszeitraum von drei bis vier Wochen einzuhalten. Wird die Therapie zu früh abgebrochen, kann in der Hornschicht zurückgebliebenes Pilzmaterial zu einem Wiederkehren der Infektion führen. Erklären Sie dies dem Kunden im Beratungsgespräch. ■ PTA PROFESSIONAL 19 PROFESSIONAL! Schwerpunktthema Beim Experten nachgefragt Beratung bei Nagelpilz Elke Engels, Apothekerin Chefredakteurin PTA PROFESSIONAL Nagelpilz kommt sehr häufig vor. Nahezu jeder vierte Deutsche ist betroffen. Neben einer genetisch bedingten Vorbelastung erhöhen vor allem Durchblutungsstörungen, zu enges Schuhwerk, Schweißfüße oder Mikroverletzungen im Nagelbereich sowie Grunderkrankungen wie Diabetes mellitus das Erkrankungsrisiko. Basics für Ihr Beratungsgespräch haben wir mit Prof. Dr. Hans-Jürgen Tietz für Sie zusammengetragen. Der Experte leitet in Berlin ein Institut für Pilzkrankheiten. Ist Nagelpilz heilbar? Wann ist Selbstmedikation möglich, wann muss die PTA den Kunden zum Arzt schicken? Prof. Tietz: Einfacher Nagelpilz ist durch Selbstmedikation zu 100 Prozent heilbar. Hat die Infektion mehr als zwei Drittel des 20 PTA PROFESSIONAL Mai 2014 www.apotheke-aktuell.com Abb.: Osuleo / iStock / Thinkstock Prof. Tietz: Die Infektion ist heilbar, da sie eine Ursache hat, einen Erreger, den man beseitigen kann. Selbst in schwierigen Fällen ist dies möglich. Durch eine gute Zusammenarbeit von Apotheke, Arzt und Patient. PROFESSIONAL! Schwerpunktthema Nagels befallen, dann ist der Pilz ins Nagelbett vorgedrungen. In solchen Fällen sind zusätzlich Tabletten und die Mitwirkung des Arztes erforderlich. Ebenso wenn mehr als drei Nägel gleichzeitig betroffen sind. Wie entscheidend ist die Behandlung überhaupt? Kann man Nagelpilz „aussitzen“? Prof. Tietz: Die Behandlung ist unverzichtbar, da es keine Selbstheilung gibt. Der Nagel besteht aus Hornmaterial, in dem es keine Blutgefäße und auch kein Immunsystem gibt, was den Pilz stoppen kann. Wie groß ist die Ansteckungsgefahr von benachbarten Geweben? Prof. Tietz: Ohne Behandlung wandert der Pilz. Von Nagel zu Nagel. Vom Nagel zur Haut, von Fuß bis Kopf. Vom Opa zur Enkeltochter. Man ist ansteckend für sich selbst und für andere. Wie sehr belastet Nagelpilz das Immunsystem? Prof. Tietz: Im Prinzip nicht. Erst wenn der Pilz ins Nagelbett vorgedrungen ist, hat er Kontakt zum Immunsystem. Sollte dieses dabei überreagieren, kann es zu Hautauschlägen an mitunter weit entfernten Hautstellen kommen. Man nennt das Mykid. Wie erfolgt die Therapie im Rahmen der Selbstmedikation? Prof. Tietz: Der erste Schritt ist der Wichtigste. Verdickte Nägel müssen abgetragen werden, am besten durch eine HarnstoffSalbe. Damit dabei sofort der Pilz abgetötet wird, sollte die Salbe auch ein Antipilzmittel enthalten. Abb.: MichaelNivelet / iStock / Thinkstock Gibt es Alternativen zu Harnstoff? Prof. Tietz: Harnstoff ist das einzige Mittel, welches radikal und schmerzfrei vom Patienten in Eigenregie und sehr erfolgreich angewandt werden kann, bis der vom Pilz betroffene Nagelanteil komplett beseitigt ist. Damit ist eine entsprechende Zubereitung beispielsweise mit Bifonazol Mittel der ersten Wahl. Mein Favorit ist das Canesten® Extra Nagelset. Alternativen durch eine Be- www.apotheke-aktuell.com handlung beim Arzt sind das Fräsen oder das Abtragen mit dem Laser. Beide Methoden sind jedoch teuer und schmerzhaft. Welche antimykotischen Wirkstoffe greifen am besten? Prof. Tietz: Wirkstoffe mit einem breiten Erregerspektrum wie Bifonzol oder Cilcopirox sind am besten geeignet. Antimykotika wie Amorolfin oder Terbinafin haben Erregerlücken und sind weniger effektiv, da sie Erreger aussparen, die man in der Apothekenpraxis nicht bestimmen kann. Je breiter der Wirkstoff, desto sicherer ist es, alle in Frage kommenden Keime zu erfassen. Welche wichtigen Informationen gehören ins Beratungsgespräch? Prof. Tietz: Eine lokale Behandlung des Nagels ist Pflicht, auch wenn man zusätzlich Tabletten braucht. Diese sind allein nur selten erfolgreich, da sie nicht die äußeren Pilzherde erreichen können. Der Erreger wird damit von zwei Seiten aus eliminiert, so dass auch in schweren Fällen Aussicht auf Erfolg besteht. Es sollte möglichst so lange behandelt werden, bis der Nagel gesund herausgewachsen ist. Greift die Therapie nicht, muss vom Arzt nach einer anderen Ursache gesucht werden. Wie kann die PTA die Compliance des Kunden unterstützen? Prof. Tietz: Indem sie Mut macht, dass Nagelpilz heilbar ist und ein gesunder Nagel nicht nur wieder schön aussieht, sondern auch nicht mehr ansteckend ist. Sie sollte sich mit dem Kunden möglichst zehn Tage nach Start noch einmal in der Apotheke verabreden, um den Erfolg der Nagelpilztherapie zu besprechen. Das Gespräch sollte auch zur Weiterbehandlung motivieren. Hilfreich dabei sind vorgefertigte Bilder, die den Heilverlauf zeigen, und die Funktionsweise der Medikamente erklären. Eine erfolgreiche Nagelpilz-Therapie steigert das Prestige der Apotheke immens. Welche allgemeinen Tipps sind für das Beratungsgespräch wichtig? Was sollte die PTA dem Kunden unbedingt erklären? Prof. Tietz: Ein Problem ist, dass gegen Pilze keine Immunität entsteht und die Erkran- kung deshalb wiederkommen kann. Man sollte daher alle möglichen Erregerkontakte meiden. In Hotels nicht barfuß laufen. Bade-Latschen bis zum Beckenrand des Pools, unter der Dusche und bis in die Saunakabine tragen. Betroffene Familienmitglieder mit behandeln. Schuhe zu Beginn der Therapie desinfizieren, mit Zeitungspapier auskleiden und auf die Heizung legen. Im Schuhgeschäft Probiersöckchen tragen. Nach dem Sport die Füße trocknen, am besten mit einem Fön. Bei Pilzverdacht sofort prophylaktisch behandeln. Empfehlen Sie darüber hinaus auch die Mitnahme von antimykotisch wirksamen Cremes oder Sprays in der Reiseapotheke. ■ Prof. Dr. HansJürgen Tietz beschäftigt sich seit Jahren schwerpunktmäßig mit Pilzerkrankungen. Er leitet in Berlin ein Institut für Pilzkrankheiten. PTA PROFESSIONAL Mai 2014 21