Ausgabe 2/2011 Interview mit Neu–ESA–Astronaut Alexander Gerst Saturn–Sturm lässt Forscher staunen Magma–Ozean in Jupiter–Mond Io bestätigt Rückblick Astronomietag Porträt:Otto von Struve Die nächsten Veranstaltungen des AAP: Vereinsinternes Sommerfest am 10. September Kulinarische Wanderung um Bieselsberg am 11. September 2 Vorwort des Vorstands Vorwort des Vorstands Liebe Vereinskollegen, die erste größere Veranstaltung in diesem Jahr, den Astronomietag, haben wir erfolgreich hinter uns gebracht. Ansonsten war das Jahr bisher relativ ruhig und das Führungspersonal hatte (leider) auch nicht viel zu tun. Unsere Osterfeldvorträge waren bisher gut besucht, allerdings wie üblich fast ausschließlich von Mitgliedern. Da wir im August und September nicht ins Kulturhaus Osterfeld können, haben wir uns für unser Monatstreffen im September mal etwas neues ausgedacht: einen Aktivvortrag. Die Idee ist, den Vortrag in Bieselsberg abzuhalten und danach zu „spechteln“. Es wird über den Kleinplaneten Vesta gehen, den man dann auch gleich beobachten kann. Ich hoffe, dass auch hier zahlreiche Leute erscheinen und wir vor allem schönes Wetter haben. Auch im September steht dann die nächste kulinarische Wanderung rund um Bieselsberg an. Da wir dieses Jahr noch knapper an Helfern sind, bitte ich alle, den 11. September für den AAP freizuhalten und zum Helfen zu kommen! Jedes Jahr können wir da einige Euro für unsere Vereinskasse hinzuwirtschaften und trotz allem Einsatz bleibt auch die Geselligkeit nicht auf der Strecke! Vom Teleskopprojekt gibt es noch nichts neues zu berichten. Im Moment befindet sich ein Teil der Montierung auf Reise zum Härten und wird demnächst zurück erwartet. Dann können wir selbst daran weiterbasteln und unserem Traum näher kommen, der doch langsam aber sicher Wirklichkeit werden wird. Geniesst den Sommer, erholen Euch und wir sehen uns hoffentlich im September beim Vortrag und der Wanderung. In diesem Sinne bis demnächst Euer Martin Tischhäuser Editorial Liebe Leser, auch in unserem Sonnensystem passiert oft etwas unerwartetes. Schon einige Male haben wir Überraschendes erlebt, man denke nur an den Absturz des Kometen Shoemaker–Levy 9, Polarlichter auf den Gasplaneten oder neue große Wirbelstürme auf Jupiter, die miteinander verschmolzen und vieles andere mehr. Nun steht Saturn plötzlich ebenfalls im Rampenlicht — dieses Mal nicht mit seinen Ringen sondern einem riesigen Sturmgebiet. Gleich zweimal ist es Thema eines Beitrags in dieser Ausgabe, einmal aus wissenschaftlicher Sicht und einmal von der Amateur–Beobachtungsseite. Auch in weiteren Artikeln befassen wir uns dieses Mal viel mit unserem eigenen Sonnensystem. Selbst in der Ferne Plutos, bei eisigen Temperaturen tut sich noch was. Da darf man wirklich gespannt sein, wenn die Sonde New Horizons den Zwergplaneten besuchen wird. Aus der traditionsreichen Familie der Struves hat sich Wolfgang Schatz einen berühmten Mann herausgegriffen und berichtet uns mal wieder über eine bemerkenswerte Persönlichkeit. Die meisten werden eher etwas von seinen Ahnen gehört haben, aber auch Otto wurde durch seine Forschungen berühmt und bekannt. Besonders gespannt war ich auch auf einen weitern Artikel (und auch überrascht, dass es so einen Beitrag gibt). Christian Sollner hatte mir schon länger verraten, dass er einen Leckerbissen an der Angel hat. Er hatte die Ehre, ein kurzes Interview mit dem neuen ESA–Astronauten Alexander Gerst zu führen. Ungewöhnlich, wie es entstanden ist, ist es ein sehr schöner Beitrag geworden! Auch die Entstehungsgeschichte des Interviews verrät Christian uns hier. Viel Spaß beim Lesen dieser Ausgabe Martin Tischhäuser Titelbild: Alexander Gerst, Neu–ESA–Astronaut (Foto: ESA) Aus Wissenschaft und Forschung 3 Aus Wissenschaft und Forschung Turbulenter Ringplanet — SaturnSturm lässt Forscher staunen Infernalische Gewalten durchfahren die Atmosphäre des Saturn: Bei 40 Grad Nord begann sich im Dezember vergangenen Jahres ein gigantisches Sturmsystem zu entwickeln, dessen Dimensionen Astronomen in ungläubiges Staunen versetzten. Bis heute dauert das Schauspiel an. Zunächst waren nur weiße Wölkchen zu sehen, doch dann ging es richtig zur Sache. Im Wissenschaftsmagazin Science berichtet ein Forscherteam um Leigh Fletcher von der University of Oxford nun, wie der Monstersturm die Atmosphäre des Ringplaneten nachhaltig durcheinander brachte. Das Unglaublichste sei die Größe, sagt Fletcher. Das gigantische Sturmsystem wütete über eine Höhe von etwa 500 Kilometern in der Saturnatmosphäre, in der Wasserstoff, Helium und Wolken aus Ammoniakkristallen wabern. Die vertikale Ausbreitung lässt sich nur schwer bestimmen, weil bis heute weite Teile der Atmosphäre in Aufruhr sind. Fletcher spricht von einem Durchmesser von weit über einhunderttausend Kilometern. Das sei ein riesiges Biest, mit dem sie es da zu tun hätten. Es war der US–Astronom Asaph Hall, der im Jahr 1876 zum ersten Mal einen Sturm dieser Größenordnung auf dem Saturn beobachtete. Seitdem hat sich die planetare Show sechs Mal wiederholt, zuletzt im Jahr 1990. Die Stürme entwickeln sich auf der Nordhalbkugel in jedem Frühjahr. Weil sich der Planet langsamer um die Sonne dreht als unse- re Erde, ist es normalerweise etwa alle 30 Jahre so weit — so lange dauert die Abfolge von Frühjahr, Sommer, Herbst und Winter auf dem Gasriesen. Dieses Mal konnten Forscher den Sturm und seine Entwicklung allerdings zum ersten Mal auch im Bereich der thermischen Infrarotstrahlung untersuchen und nicht nur das vom Saturn reflektierte Sonnenlicht. Zum Einsatz kamen die Saturn–Sonde Cassini und das Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte in Chile. Die Atmosphäre des Saturn hat eine vergleichsweise geringe Dichte. Sie reicht also weit ins Weltall herein, weil der Planet im Vergleich zum Jupiter eine recht geringe Gravitationswirkung auf sie ausübt. Die Infrarotbilder zeigen die Atmosphäre in Aufruhr. Besonders auffällig sind riesige Bereiche wärmeren Gases, die sich mehrere hundert Kilometer in höhere Schichten ziehen. Die Forscher nennen sie stratosphärische Leuchtfeuer. Die euphorische Bezeichnung täuscht allerdings etwas darüber hinweg, dass die Areale immer noch vergleichsweise kalt sind. Statt den üblichen minus 130 Grad lassen sich in ihrem Inneren knapp 20 Grad mehr messen. Im Bereich des sichtbaren Lichts sind die Leuchtfeuer nicht zu erkennen, sehr wohl aber auf den Infrarotaufnahmen. Ob sie stets bei solchen Stürmen auftreten, oder ein Einzelfall sind, wissen die Forscher noch nicht. Im Vergleich zum turbulenten Nachbarn Jupiter gilt der Saturn eigentlich als ruhig. Doch der Eindruck täuscht, wie Forscher wissen. So erschüttern Sturm auf dem Saturn: Die Aufnahme ganz links zeigt den Planeten im sichtbaren Licht, auf den dann folgenden Bildern ist der Bereich des thermischen Infrarots zu sehen. Die Bilder zwei und vier zeigen die Turbulenzen in der Troposphäre des Planeten. Die Bilder drei und fünf zeigen stratosphärische Leuchtfeuer in den ansonsten ruhigen Atomsphärenschichten darüber. 4 Frühe Phase des Monstersturms (am 24.12.2010): Zunächst waren nur weiße Wölkchen zu sehen, doch dann ging es richtig zur Sache. Bei 40 Grad Nord begann sich im Dezember vergangenen Jahres ein gigantisches Sturmsystem zu entwickeln. massive Gewitter die Atmosphäre, mit Blitzen 10.000 Mal so stark wie auf der Erde. Dicke Schichten aus Schwebeteilchen und kleinen Tröpfchen versperren nur allzuoft den Blick ins sturmumtoste Innere. Wie es zu dem aktuellen Sturmsystem kam, das wissen die Astronomen deswegen nur in Grundzügen. Sie gehen davon aus, dass die Turbulenz in unteren Atmosphärenschich- Aus Wissenschaft und Forschung ten entstanden ist. Mächtige Wolken aus Wasserdampf gibt es hier, verborgen vom Blick der Teleskope und Sonden. In diesem Bereich dürfte sich ein Prozess abgespielt haben, der der Entstehung eines Gewitters auf der Erde gleicht. Durch den Aufstieg von wärmerem Gas bildete sich nach und nach eine mächtige Konvektionsströmung. Der perfekte Sturm war geboren, als sich die Turbulenzen ihren Weg auch in höhere Atmosphärenschichten bahnen konnten. Dort trafen sie auf die normalerweise wehenden zirkulären Winde, und fertig war der riesige Mixer. Er sorgte für großflächige Temperaturänderungen in der Atmosphäre, gebar Jetstreams wechselnder Richtung und einen riesigen kühleren Wirbel. Doch warum treten die Stürme auf der Nordhalbkugel ausgerechnet im Saturnfühling auf? Die Rotationsachse des Planeten ist stärker geneigt als die unserer der Erde. Deswegen fallen auch die Effekte der Jahreszeiten stärker aus. Doch das reicht für eine vollständige Erklärung nicht aus. Denn die Konvektionen, die den Sturm ans Laufen brachten, toben etwa 200 bis 300 Kilometer unterhalb der von der Erde aus sichtbaren Wolken. Sonnenlicht gelangt kaum in diese finstere Region. Dort gebe es keine saisonalen Effekte, sagt Forscher Fletcher. Offenbar verändert sich aber die Geometrie der gesamten Atmosphäre im Rhythmus der Jahreszeiten. Und das könne es den Konvektionsströmungen ermöglicht haben, auch höhere Schichten zu erreichen, obwohl seit dem letzten Sturm erst 20 Jahre vergangen sind. Doch eine weitere, ebenfalls entscheidende Frage bleibt: Warum rasen nicht auch im Südfrühling Stratosphärische Leuchtfeuer: Statt den üblichen minus 130 Grad lassen sich in ihrem Inneren knapp 20 Grad mehr messen. Im Bereich des sichtbaren Lichts sind die Leuchtfeuer zwar nicht zu erkennen, sehr wohl aber auf den Infrarotaufnahmen. Ob sie stets bei solchen Stürmen auftreten, oder ein Einzelfall sind, wissen die Forscher noch nicht. Aus Wissenschaft und Forschung entsprechende Windsysteme über die Südhalbkugel des Saturn? Solche Beobachtungen fehlen nämlich bis heute, auch wenn es zum Beispiel am Saturnsüdpol eine Art Hurrikan gegeben hat. Verglichen mit dem aktuellen Sturm fiel er jedoch selbst bei einem Durchmesser von 8000 Kilometern eher winzig aus. 5 Die Forscher vermuten, dass das mit dem veränderten Abstand des Saturns zur Sonne zu tun hat. Im Nordsommer ist die Distanz zwischen Planet und Zentralgestirn größer als im Südsommer. Ehrfürchtig spricht Leigh Fletcher von einem „großen Mysterium“. (ms) Ergebnis 11 Jahre nach Messung — Magma-Ozean in Io bestätigt Außer unserer Erde ist der Jupitermond Io der einzige Himmelskörper des Sonnensystems, auf dem es aktive Vulkane gibt. Wahrscheinlich zumindest. Doch während auf der Erde Vulkane entlang von Aktivitätszonen wie etwa dem pazifischen Feuerring zu finden sind, sind sie auf der Oberfläche von Io nahezu gleichmäßig verteilt. Die Vulkane des Jupitermonds produzieren bei ihren explosiven Ausbrüchen außerdem etwa hundert Mal mehr Lava als ihr Verwandten auf der Erde. Außerdem ist die Lava auf Io besonders heiß. Nun haben Forscher Hinweise darauf gefunden, dass sich unter der Oberfläche von Io eine mindestens 50 Kilometer dicke Schicht aus teilweise geschmolzenem Magma verbirgt. Sie stützen sich auf eine neue Auswertung von Magnetfelddaten der Raumsonde Galileo, die von 1995 bis 2003 den Jupiter umkreist hat. Der Magma–Ozean sei für den starken Vulkanismus auf Io verantwortlich, berichten amerikanische Forscher in der Online–Ausgabe des Fachmagazins Science. Der starke Vulkanismus und die hohe Temperatur der Lava deuteten auf ein globales Magma–Reservoir im Inneren von Io hin, aber bisher fehlte dafür ein direkter Beweis, berichten Krishan Khurana von der University of California in Los Angeles und seine Kollegen. Mit einem Trick konnten die Wissenschaftler diesen Beweis nun liefern: Sie nutzten das rotierende Magnetfeld des Planeten Jupiter, um einen Blick ins Innere des Mondes zu werfen. Anhand von Messungen der Sonde Galileo aus den Jahren 1999 und 2000 konnten Khurana und seine Kollegen analysieren, wie Io das Magnetfeld Jupiters beeinflusst. Sie konnten zeigen, dass ein vollständig fester Mantel keine ausreichende Reaktion erzeugt, um die Beobachtungen zu erklären, schreiben die Forscher. Nur eine über 50 Kilometer dicke Schicht aus zu mindestens 20 Prozent flüs- Io–Aufnahme der Galileo-Sonde: Die 140~km hohe Rauchfahne über dem Mond stammt vom Io–Volkan Pillan Patera. In der Bildmitte, nahe der Tag- und Nachtgrenze, erkennt man die 75 km hohe Rauchfahne samt Schattenwurf des Vulkans Prometheus. Letztere war auf allen bisherigen Aufnahmen dieser Io–Region seit der VoyagerVorbeiflüge 1979 erkennbar, woraus sich die Annahme ergibt, dass Prometheus die letzten 18 Jahre kontinuierlich aktiv war. sigem Magma besitzt eine ausreichende elektrische Leitfähigkeit, um die gemessenen Magnetfeldänderungen zu erzeugen. Jupiter besitzt ein starkes Magnetfeld, durch das sich Io beständig bewegt, und das starke Ströme in der Atmosphäre des Mondes induziert. Sie reißen 6 Aus Wissenschaft und Forschung große Mengen an Materie aus Ios oberer Atmosphäre. Auf diese Weise verliert der Mond jede Sekunde mehrere Tonnen Masse, die in einen donutförmigen Plasmaring um den Jupiter wabern. Bei seiner Reise durch die Plasmasuppe stört Io seinerseits die Jupiter–Magnetosphäre: Starke Plasmawellen elektrisch geladener Teilchen strömen in die Jupiteratmosphäre und bringen sie zum Leuchten. (ms) Magma-Ozean auf Io: Elektrische Leitfähigkeit beeinflusst Jupiter–Magentfeld. Blähungen am Rande des Sonnensystems — Pluto–Atmosphäre wuchs 3000 Kilometer weit ins All erstreckt sich die Gashülle des Pluto, haben Forscher entdeckt. Damit ist sie viel größer als bislang vermutet. Astronomen hatten angenommen, die Atmosphäre des Zwergplaneten würde in gut einhundert Kilometern Höhe enden. Doch sie füllt immerhin ein Viertel der Strecke bis zu Plutos größtem Mond Charon. Pluto selbst ist mit einem Durchmesser von weniger als 2400 km kleiner als der Mond der Erde. Die äußerste Schicht der Erdatmosphäre, die sogenannte Exosphäre, endet in bis zu zu 10000 km Höhe. Plutos extrem dünne Gashülle besitze vermutlich ein fragiles Gleichgewicht aus dem kühlend wirkenden Kohlenmonoxid und dem Treibhausgas Methan, berichten britische Astronomen, die die Atmosphäre mit dem James–Clerk–Maxwell–Teleskop auf Hawaii beobachtet haben. Sie sei wahrscheinlich die empfindlichste Planetenatmosphäre im Sonnensystem, sagte Jane Greaves von der Universität von St Andrews auf der Jahrestagung der britischen Königlichen Astronomischen Gesellschaft in Llandudno (Wales). Forscher hatten die Atmosphäre des Zwergplaneten zwar 1988 entdeckt, als Pluto von der Erde aus gesehen vor einem fernen Stern vorbeizog und dessen Licht nicht abrupt verschwand, sondern zunächst von der Gashülle abgeschwächt wurde. Der ferne Zwergplanet erlebe wahrscheinlich derzeit einen Klimawandel. Sie glauben, dass die Ausdeh- nung der Atmosphäre gewachsen sei. 1989 hatte Pluto den sonnennächsten Punkt seiner Umlaufbahn passiert. Wahrscheinlich habe das etwas stärkere Sonnenlicht zusätzliches Eis verdampft und so die Atmosphäre aufgeblasen, glauben die Astronomen, die ihre Entdeckung im Fachjournal Monthly Notices of the Royal Astronomical Society vorstellen. Trotz der momentan etwas geringeren Sonnenentfernung ist die Atmosphäre des Eiszwergs frostige minus 220° Celsius kalt. Im Schnitt beträgt die Entfernung vom Pluto zur Sonne 5.8 Milliarden Kilometer. Kohlenmonoxid und Methan, bislang das einzige andere auf Pluto nachgewiesene Gas, finden sich wahrscheinlich nur in Spuren in Plutos Hülle. Hauptbestandteil ist nach Annahme der Astronomen Stickstoff, wie auch in der Erdatmosphäre. Die Forscher wollen die Entwicklung der Pluto–Atmosphäre möglichst lange weiterverfolgen. Diese einfache, kalte Atmosphäre, die stark von der Sonnenwärme beeinflusst werde, könnte wichtige Hinweise auf die fundamentalen physikalischen Zusammenhänge geben, sagte Greaves. Dies könne auch zu einem besseren Verständnis der Erdatmosphäre beitragen. Der erst 1930 entdeckte Pluto war 2006 von der Internationalen Astronomischen Union zum Zwergplaneten degradiert worden. 2015 bekommt der Eiszwerg, der nur alle 248 Jahre einmal die Sonne umrundet, erstmals Besuch von einer irdischen Raumsonde: Dann wird die NASA–Mission New Horizons den Zwergplaneten erreichen. (ms) Aus Wissenschaft und Forschung Quarzmurmeln und Einstein–Theorie — Gravity Probe B Manchmal dauert es in der Wissenschaft halt ein bisschen länger. Rund 100 Jahre nach ihrer Formulierung hat ein Satellit zwei Aussagen aus der Allgemeinen Relativitätstheorie von Albert Einstein mit bisher in ungekannter Genauigkeit bestätigt. Der mittlerweile abgeschaltete NASA–Satellit Gravity Probe B hat zwei Vorhersagen von Albert Einsteins Relativitätstheorie mit bislang unerreichter Genauigkeit bestätigt. Die Erde verbiegt demnach die Raumzeit um sie herum. Der Effekt ist winzig, aber messbar, wie die US–Raumfahrtbehörde berichtet. Wenn man es bildlich ausdrücken will, dann dellt die Masse der Erde die Raumzeit ein, so wie ein Schlafender die Matratze seines Bettes. Dazu kommt, dass die Erde die Raumzeit bei ihrer Rotation gewissermaßen mit sich zieht. Man stelle sich vor, die Erde wäre in Honig getunkt, sagt Francis Everitt von der Universität Stanford. Während der Planet sich drehe, würde der Honig um sie herum 7 mitwirbeln. Mit Raum und Zeit sei es dasselbe. Beide Effekte, der geodätische Effekt und der Lense–Thirring–Effekt, sind Konsequenzen der Allgemeinen Relativitätstheorie und wurden zuvor bereits nachgewiesen. Der 2004 gestartete Satellit Gravity Probe B hat sie jedoch mit bislang unerreichter Genauigkeit vermessen, wie Forscher im Fachmagazin Physical Review Letters berichten. Herzstück des Satelliten waren vier Gyroskope. Sie konnten kleinste änderungen der Lage im Raum erfassen. Fast bis auf den absoluten Nullpunkt gekühlte Quarzkugeln mit Niob–überzug rotierten dazu mit etwa 10.000 Umdrehungen in der Minute. Weil es Probleme bei der Erhebung der Daten gab, mussten diese jahrelang nachbearbeitet werden. Erste Zwischenergebnisse hatte es aber bereits gegeben. Die NASA hatte seit Anfang der Sechziger an der Vorbereitung der Gyroskop–Experimente gearbeitet und insgesamt 750 Millionen Dollar in das Programm investiert. Forscher Everitt war seit 1963 dabei. Seine wissenschaftliche Mission ist nun erfüllt, genau so wie die von Gravity Probe B. Im Erde, Satellit und Raumzeit: Die Erde verbiegt die Raumzeit um sie herum. Der Effekt ist winzig, aber messbar von Gravity Probe B 8 Aus Wissenschaft und Forschung Dezember 2010 wurde der Satellit abgeschaltet, kreist aber weiter um die Erde. Die Ergebnisse dieser Mission werden Langzeitfolgen für die Arbeit theoretischer Physiker haben. Je- der künftige Zweifel an Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie muss präzisere Messungen anstreben als Gravity Probe B erreicht hat. (ms) Extremwanderer — Planeten vagabundieren durch die Milchstraße unwahrscheinlich, solche Mikrolinsen–Effekte überhaupt zu beobachten, schließlich muss sich dafür ein Exoplanet genau so vor einen Stern schieben, dass dies von der Erde aus zu sehen ist. Zum anderen sind die Ereignisse mit abnehmender Masse immer schwieriger nachzuweisen. Die zehn indirekt nachgewiesenen Exoplaneten sind allesamt mindestens zehn astronomische Einheiten (AE) von einem Stern entfernt. Planeten können auch weiter entfernt ihre Bahn um einen Stern ziehen: Der Neptun etwa kreist in einer Distanz von rund 30 AE um die Sonne. Frühere Beobachtungen deuten jedoch darauf hin, dass nicht alle Sterne über so weit entfernte Begleiter verfügen. Deshalb folgern die Forscher, dass nur rund ein Viertel dieser neuentdeckten Exoplaneten einen Heimatstern besitzt. Der Rest würde demnach frei durch die Milchstraße fliegen. Bisher wurden solche ungebundenen Exoplaneten nur in Sternenhaufen gesichtet, in denen viele sehr junge Sterne zu finden sind, und jene Planeten waren extrem massereich. Die Wissenschaftler schließen deshalb aus ihren Beobachtungen auf eine gigantische Zahl: In der Milchstraße gebe es demnach etwa 1,8-mal so viele vagabundierende Exoplaneten mit Jupiter–Masse wie Hauptreihensterne. Theorien zum Ursprung der freifliegenden Planeten gibt es bereits. Wenn Planeten entstehen, kreisen sie zum Teil in sehr nah beieinander liegenden Bahnen. Dabei könnten sie sich gegenseitig durch ihre Gravitation stark beeinflussen. Ein Planet kann so aus seiner Bahn gekegelt werden oder sogar der Gravitation ihres Heimatsterns komplett entfliehen. Bisher ließ sich nur nicht abschätzen, wie häufig so etwas vorkommt. (ms) Kreisen Planeten grundsätzlich um Sterne, oder geht es auch ohne? Die Frage dürfte unter Astronomen künftig brisant werden. Denn laut einer im Fachmagazin Nature veröffentlichten Studie finden sich in der Milchstraße überraschend viele Exoplaneten ohne Zentralgestirn. Ihre Zahl könnte Berechnungen zufolge sogar die der Sterne in unserer Heimatgalaxie übertreffen. Zwei internationale Forschergruppen kamen den kosmischen Vagabunden auf die Spur: die Microlensing Observations in Astrophysics Collaboration (MOA) und die Optical Gravitational Lensing Experiment Collaboration (OGLE). Die Astronomen des MOA–Projekts überwachten zwei Jahre lang die Helligkeit von 50 Millionen Sternen im Zentralbereich der Milchstraße, jeden Stern beobachteten sie mindestens einmal pro Stunde. Zieht ein anderes Objekt, ein Stern oder ein Exoplanet, vor einem der weit entfernten Sterne vorüber, so wirkt es dank seiner Schwerkraft wie eine Linse. Das führt dazu, dass der Stern dahinter aufflackert: Astronomen sprechen vom Gravitationslinseneffekt. Aus der Veränderung der Helligkeit können die Forscher ableiten, welche Masse das Objekt im Vordergrund besitzt. Zudem gilt: Je kürzer das Aufflackern, desto geringer die Masse der Linse. Insgesamt beobachteten die Astronomen 474 solcher Mikrolinsen–Ereignisse. Bei zehn hielt das Aufflackern des Hintergrundsterns weniger als zwei Tage an. In diesen Fällen muss sich ein Exoplanet vor den Stern geschoben haben, dessen Masse etwa der des Jupiters entsprach, schreiben die Forscher. Andere Verursacher des Effekts konnten sie nach eigenen Angaben ausschließen. Daten der OGLE–Arbeitsgruppe hätten den größeren Teil dieser Mikrolinsen–Ereignisse bestätigt. Zehn Entdeckungen binnen zwei Jahren bei der Beobachtung von 50 Millionen Sternen erscheinen zwar wenig. Für die Astronomen stellt es sich jedoch anders dar: Es waren deutlich mehr, als man vorher erwartet hatte. Zum einen ist es schon sehr 9 Aus Wissenschaft und Forschung Expandierendes Universum — Astronomen weisen Wirkung Dunkler Energie nach Der Kampf sei längst entschieden: Im kosmischen Wettstreit von Dunkler Energie und Gravitation erlangte erstere vor rund sechs Milliarden Jahren die Oberhand, meinen Astronomen. Deshalb dehne sich das Universum stetig weiter aus, und mit steigender Geschwindigkeit. Während die Gravitation dafür sorgt, dass die Sonne ihre Planeten in Umlaufbahnen zwingt, sich Millionen von Sternen zur Milchstraße zusammenfinden und Galaxien wiederum zu gewaltigen Galaxienhaufen anwachsen, bewirkt die Dunkle Energie das Gegenteil. Sie treibt den Raum auseinander. Mehrere Untersuchungen haben den Effekt der Dunklen Energie bereits bestätigt, doch nun liefert eine große internationale Studie erneut eine Fülle an Daten zu dem Phänomen. über einen Zeitraum von fünf Jahren haben Astronomen mehr als 200.000 Galaxien beobachtet, um dem Wirken der Dunklen Energie, die rund drei Viertel der Masse des Universums ausmachen soll, auf die Spur zu kommen. Die Daten stammen vom Galaxy Evolution Explorer der NASA sowie dem anglo–australischen Teleskop auf dem Siding Spring Mountain im Südosten Australiens, wie die Wissenschaftler in zwei Fachartikeln berichten, die in den Monthly Notices of the Royal Astronomical Society veröffentlicht wurden. Die Forscher kartierten, wie weit Galaxien voneinander entfernt sind. Dafür erstellten sie die nach eigenen Angaben größte 3D-Karte von Galaxien in weiter entfernten Bereichen des Universiums. Diese Daten kombinierten sie mit den Geschwindigkeiten, mit denen sich die Galaxien von der Erde entfernen. Sie maßen außerdem, in welchem Tempo sich Galaxiehaufen geformt haben. Solche Cluster ziehen durch die Gravitation weitere Galaxien an. Die Dunkle Energie jedoch behindert diesen Prozess. Beide Messungen bestätigten: Das Universum dehnt sich mit steigender Geschwindigkeit aus. (ms) Dunkle Energie (violett) und Gravitation (grün): Illustration gegensätzlich wirkender Kräfte. 10 Interview Alexander Gerst ESA-Astronaut Alexander Gerst Interview mit Alexander Gerst Biographie Alexander Gerst wurde am 3. Mai 1976 in Künzelsau geboren. Nach Abitur und Zivildienst bereiste er ein Jahr lang als Rucksacktourist verschiedene Länder. Beeindruckt von den Vulkanen Neuseelands studierte er anschließend am Institut für Technologie in Karlsruhe Geophysik und erlangte sein Diplom. Danach studierte er Geowissenschaften an der Victoria University of Wellington, Neuseeland wo er 2003 den Master of Science in Geophysik erhielt. Er promovierte an der Universität Hamburg über Eruptionsdynamik des antarktischen Vulkans Mount Erebus. Zahlreiche Expeditionen führten ihn unter anderem in die Antarktis, nach Äthiopien, Indonesien und Guatemala. 2007 bekam er den Bernd-Rendel-Preis der Deutschen Forschungsgesellschaft (DFG) für ausgezeichnete Nachwuchsgeophysiker. Sein Interesse an der Raumfahrt wurde früh durch seinen Großvater geweckt, der als Funkamateur Signale zum Mond schickte. Gerst konnte sich im Auswahlverfahren gegen 8413 Mitbewerber durchsetzen und wurde am 20. Mai 2009 zusammen mit fünf weiteren Astronauten vorgestellt. Im September 2009 begann er seine Ausbildung am Europäischen Astronautenzentrum (EAC) in Köln und wurde am 22. November 2010 nach Beendigung der Grundausbildung in einer öffentlichen Zeremonie zum Astronauten ernannt. Er soll als nächster deutscher ESA–Astronaut 2014 zur Internationalen Raumstation (ISS) fliegen. Zu seinen Lieblingssportarten zählt Fechten, Schwimmen und Laufen. Er mag auch OutdoorAktivitäten wie Fallschirmspringen, Snowboarden, Bergwandern, Bergsteigen, Klettern und Sporttauchen. Alexander Gerst ist Mitglied in folgenden Organisationen: International Association of Volcanology and Chemistry of the Earth's Interior (IAVCEI), Deutsche Geophysikalische Gesellschaft (DGG), European Geosciences Union (EGU), European Volcanological Society (SVE), American Geophysical Union (AGU) Sehr geehrter Herr Gerst, vielen herzlichen Dank das Sie trotz Ihres prall gefüllten Terminkalenders für ein Interview für unsere Vereinszeitschrift Astro-News zur Verfügung stehen. Uns als Astronomischen Verein interessiert natürlich ganz besonders ob Sie vielleicht selbst ein Teleskop besitzen? Alexander Gerst: Die Astronomie hat mich schon als kleiner Junge interessiert. Als ich 10 Jahre alt war, habe ich am Projektkreis Astronomie meiner Schule teilgenommen. Die Schule besaß damals ein schönes großes Teleskop, durch das wir sogar den Halleyschen Kometen beobachtet haben. Ich erinnere mich noch, dass ich besonders fasziniert war, als ich zum ersten Mal die Saturnringe gesehen habe. Ohne Teleskop ist es ja nur ein kleiner weißer Punkt, und plötzlich sah ich ihn so, wie ich ihn von den Bildern her kannte. Aber leider habe ich bisher persönlich nie ein Teleskop besessen. Sind Sie traurig oder eher froh nicht mehr mit dem Space Shuttle fliegen zu müssen? Gerst: Natürlich bin ich schon etwas wehmütig. Für mich ist das Space Shuttle immer der Inbegriff der Weltraumfahrt gewesen. Als ich aufgewachsen bin, habe ich das Space Shuttle ja oft in den Nachrichten gesehen und mir immer gewünscht, ich könnte einmal mitfliegen. Und natürlich habe ich es leider auch beim Challenger Unglück explodieren sehen müssen. Über 40 Jahre fliegt das Space Shuttle nun schon in den Weltraum. Daneben haben wir auch noch die Russische Sojus-Kapsel, die seit vielen Jahren zuverlässig Quellen: esa.int, dlr.de, wikipedia.org Menschen ins All transportiert. Dennoch gibt es Interview Alexander Gerst gute Gründe, unseren Blick in die Zukunft zu richten und neue Transportmöglichkeiten zu entwickeln, die uns in den Erdorbit und noch weiter transportieren können. Wann halten Sie die erste bemannte Marslandung für realistisch? Gerst: Aus technischer Hinsicht könnte das schon in wenigen Jahren geschehen. Auch das Ziel, zum Mond zu fliegen, wurde in einer relativ kurzen Zeit erreicht. Es kommt im Wesentlichen aber darauf an, daß wir in der Gesellschaft erkennen, wie wichtig es ist, wieder auf Entdeckungsreise zu gehen und noch weitere Himmelskörper zu erforschen. Wir können da draußen noch viel lernen, nicht zuletzt über uns hier auf der Erde. Folglich ist dies eher eine gesellschaftliche denn eine technische Frage. Würden Sie einer Mission zum Mars zustimmen, um dort zu forschen, die aber nicht mehr zur Erde zurückkehren würde? Gerst: Das ist eine Frage die ich oft gestellt bekomme. Ich finde sie etwas verwunderlich. Wir sollten eine solche Mission nicht planen, solange wir nicht auch sicherstellen können, dass es auch eine Rückkehr zur Erde gibt. Selbst wenn man Leute finden würde, die an so einer Mission teilnehmen wollten, so würde es doch der Menschheit kein gutes Zeugnis ausstellen. Wir Menschen sind soziale Wesen, und eine Heimat zu haben, ist wichtig für uns. Die Raumfahrt dient keinem Selbstzweck. Es geht deshalb nicht einfach nur darum, irgendwo hinzufliegen und dann dort zu sein. Es geht zum Großteil darum, dass man etwas zurückbringt. Zum Beispiel neues Wissen über unsere kosmische Umgebung, Wissen über uns selbst, oder eine Perspektive von einer anderen Welt auf unsere eigene Welt. Dieser Gewinn ist so wertvoll, dass wir darauf nicht verzichten sollten. Und wenn man nicht das eigene Leben opfert, sondern eine Kolonie aufbaut und dort eines natürlichen Todes stirbt? Gerst: Das ist etwas anderes. Ich bin mir sicher, dass dies eines fernen Tages passieren wird, und Menschen werden dies aus freien Stücken tun. Wie auch frühe Entdecker ihre Zelte an vertrauten Orten abgebrochen haben, und hinaus aufs Meer ins Unbekannte gefahren sind, so werden eines Tages Menschen zu anderen Sternensystemen aufbrechen, und vielleicht nie wieder zur Erde 11 zurückkehren. Andere wiederum werden umkehren, und sich dafür entscheiden, in ihrer Heimat zu bleiben. Auf diesem Prinzip basiert die Ausbreitung unserer gesamten Kultur. Die Frage einer Mission die auf dem Mars verbleibt, wurde vor kurzem diskutiert. Mich würde interessieren wie Sie persönlich dazu stehen? Gerst: Ehrlich gesagt habe ich noch nichts über solche Diskussionen gehört und kann mir auch nicht vorstellen, dass eine der Weltraumorganisationen ein solches Projekt ernsthaft planen würde. Ich vermute eher, dass die Idee im Bereich der Science Fiction einzuordnen ist. Es war zu lesen das Sie eventuell der erste Deutsche auf dem Mond werden. Wie hoch stehen die Chancen für diese Mission? Gerst: Wie die Frage nach der Marsmission, ist auch diese eine gesellschaftliche oder politische Frage, deren Antwort ich nicht kenne. Aus technischer Sicht wäre es natürlich möglich, und der Mond ist auch ein interessanter und sinnvoller Schritt, um sich auf eine Mission zum Mars vorzubereiten. Der Mond ist ja nur ein paar Flugtage entfernt, wohingegen es Monate oder gar Jahre dauert, um zum Mars zu fliegen. Abgesehen davon gibt es auf dem Mond noch sehr viel zu entdecken. Insgesamt waren die Astronauten nur sechsmal für ein paar Tage dort. Das ist vergleichbar mit dem berühmten Tropfen auf den heißen Stein. Mir persönlich geht es nicht darum, der erste Deutsche auf dem Mond zu sein, sondern vielmehr sollten wir als Gesellschaft erkennen, wie wichtig die weitere Erkundung unserer Umgebung im Sonnensystem ist. Sollten wir eines Tages vielleicht von einem Meteoriten oder einer anderen Katastrophe bedroht sein, könnten wir auf dieses Wissen angewiesen sein. Wann wird die Menschheit Ihrer Meinung nach erfahren, dass es Leben außerhalb unseres Sonnensystems gibt? Gerst: Dann setzen Sie ja voraus, dass es das gibt. Ich weiß es nicht. Es ist aber eine der interessantesten Fragen, die wir uns stellen können. Ich bin überzeugt davon, dass der Mars uns eine gute Chance bietet, mehr darüber zu erfahren. Es könnte zum Beispiel sein, dass wir auf dem Mars ehemaliges oder noch existierendes Leben finden, das uns ähnelt. Leben, das zum 12 Beispiel auf DNA und Kohlenstoff basiert und aus Proteinen und Aminosäuren aufgebaut ist. In diesem Fall wäre die Chance sehr groß, dass dieses Leben aus der gleichen Quelle stammt wie wir. Wir hätten quasi Geschwister im All vielleicht durch Kometen und Asteroiden transportiert — mit einem noch unbekannten Ursprung und unbekannter Ausbreitung. Genauso wäre es aber auch möglich, dass wir auf dem Mars Leben finden, das uns in keiner Weise ähnelt. Leben, welches sich unabhängig von unserem entwickelt hat. Wenn wir sozusagen beim ersten Mal „über den Tellerrand schauen“, und beim ersten Planeten, den wir erforschen, direkt außerirdisches Leben finden, dann wäre die Wahrscheinlichkeit, dass es auch auf weiteren Planeten außerhalb unseres Sonnensystems Leben gibt, sehr groß. Das würde vermutlich bedeuten, dass unser Universum vor Leben nur so blüht. Kann es sein, das man die Suche jetzt auch neu Gestalten muss nach den Meldungen über Arsenfressende Bakterien? Gerst: Ich finde das eine interessante Sache, denn sie bestätigt etwas, was zwar nicht überraschend klingt, aber schwierig nachzuweisen ist: nämlich dass Leben so anpassungsfähig ist, dass es in weitaus unwirtlicheren Umgebungen existieren und gedeihen kann, als wir uns bisher vorstellen konnten. Es zeigt uns, dass wir nicht den Fehler begehen sollten, Leben nur dann für Leben zu halten, wenn es unserem gleicht. Leben könnte theoretisch so aufgebaut sein, dass wir es noch nicht einmal erkennen würden, wenn wir es direkt vor unseren Augen hätten. Wir müssen deshalb offen sein, und unsere Suche entsprechend anpassen, d.h. genauer hinschauen. Beispiele dafür gibt es auf der Erde auch. Sobald wir irgendwo genauer hinschauen, finden wir Leben, sei es in Ölreservoiren, im Gestein tausende Meter unter der Erde, in siedend heißem giftigen Wasser, in vulkanischen Schloten, tief im Ozean. All das sind unvorstellbare Orte, in die sich unser Leben hin verschlagen hat, wo es eine Nische gefunden hat. Diese Anpassungsfähigkeit ist eine grundlegende Eigenschaft des Lebens, und daher kann ich mir auch gut vorstellen, dass wir nicht alleine im Universum sind. Welche privaten Gegenstände werden Sie auf Ihre erste Mission mitnehmen? Gerst: Leider kann man natürlich aus Interview Alexander Gerst Gewichtsgründen nicht sehr viel mitnehmen. Vermutlich meinen MP3 Player, ein Tagebuch und eine Kamera. Was haben Sie gefühlt als der Anruf der ESA kam und Sie erfahren haben, dass Sie ins Astronautenkorps aufgenommen werden? Gerst: Ich war natürlich erst einmal überrascht und überwältigt. Das war eine großartige Erfahrung und die Tragweite kann man in einem solch kurzen Moment, wenn man so einen Anruf bekommt, nicht wirklich erfassen. Ich war zu dem Zeitpunkt, es war abends um neun, gerade mit meiner Doktorarbeit beschäftigt und wollte danach schwimmen gehen, als der Anruf aus Paris kam. Mir wurde mitgeteilt, dass nur 36 Stunden später eine Pressekonferenz in Paris stattfinden würde, auf der meine Auswahl bekanntgegeben werden sollte – wenn ich denn überhaupt wolle. Ich wusste, mein Leben würde sich praktisch ab dem Moment komplett ändern. Das war natürlich überwältigend. Selbstverständlich habe ich dennoch sofort ja gesagt — und bin dann erst einmal zwei Kilometer schwimmen gegangen, um meine Gedanken zu sortieren. Wie sieht der Zeitplan für ein bemanntes ATV (Automated Transfer Vehicle) aus? Gerst: Hierzu gibt es noch keine konkreten Beschlüsse. Der Schritt davor ist ja erstmal, eine unbemannte Rückkehrkapazität zu haben. Im Moment befindet sich eine Weiterentwicklung des ATV, das sogenannte ARV (Advanced Re-entry Vehicle) noch in der Studienphase. Eine Transportkapazität aus dem All zurück zur Erde zu schaffen, ist aber sehr wichtig. Die Sojus Kapsel kann das Space Shuttle, das in diesem Jahr ja seinen letzten Flug absolvieren wird, nicht ersetzten, da sie nur begrenzte Möglichkeiten hat, z.B. Experimente und deren Aufbauten zurückzubringen. Hierzu finden intensive Diskussionen mit der NASA statt. Zu der für 2012 geplanten ESA Ministerratstagung sollen die Ergebnisse der Studie vorliegen. Was würden Sie einem Kind raten das den Berufswunsch Astronaut hat? Gerst: Das wichtigste ist, nicht aufzugeben, seine Träume nicht hinten anzustellen, sondern zu versuchen, ihnen wenigstens einmal eine faire Chance zu geben. Man kann aufgrund der statistischen Wahrscheinlichkeit natürlich nicht fest planen, Astronaut zu werden. Daher sollte Interview Alexander Gerst 13 Ingenieur oder Wissenschaftler gearbeitet haben. Auf der ESA Webseite gibt es sehr gute Informationen dazu und weitere Tipps! Wie schwer ist es Ihnen gefallen Russisch zu lernen? Gerst: Das war nicht einfach. Ich fand das Sprachtraining eines der anspruchsvollsten Dinge in meinem Training. Russisch ist natürlich auch keine einfache Sprache. Wir mussten es in nur drei Monaten Intensivkurs lernen, denn ein Teil unseres Trainings findet jetzt schon immer mal wieder im Sternenstädtchen bei Moskau statt — auf Russisch. Abgesehen davon bin Die neuen ESA–Astronauten: oben (v.l.n.r): Timothy Peake ich jedoch froh, diese Chance bekommen (GB), Andreas Mogensen (DK), Alexander Gerst (D), Luca zu haben. Russisch ist eine sehr schöne Parmitano (I); unten (v.l.n.r.): Samantha Cristoforetti (I), und ausdrucksstarke Sprache, und es war Thomas Pesquet (F) schon immer ein Traum von mir, einmal man sein Leben nicht komplett daran ausrichten, mit der Transsibirischen Eisenbahn zu fahren. Ich um dann enttäuscht zu sein, wenn es nicht klappt. hoffe, dass ich in der Zukunft einmal Zeit dafür Letztendlich ist es am erfolgversprechendsten, das haben werde. zu tun, was einem liegt und Spaß macht. Dann ist (cs) man automatisch auch gut darin und das ist die beste Voraussetzung. Um Astronaut zu werden, kann man vorher zum Beispiel als Pilot, Arzt, Wie es zum Interview mit Alexander Gerst kam Im Februar 2010 schrieb ich Alexander Gerst eine Mail in der ich Ihm zur Berufung ins europäische Austronautenkorps gratulierte und einen Autogrammwunsch äußerte. Zu meiner großen Freude bekam ich kurze Zeit später eine persönliche Antwort. Er schrieb dass er mir gerne ein Autogramm schickt, allerdings würde es etwas dauern da er sich zur Zeit in Russland zum Training befinde. Ein paar Wochen später bekam ich Post von der ESA. Voller Freude öffnete ich den Brief der zu meiner großen Überraschung nicht nur ein Autogramm von Alexander Gerst sondern zusätzlich noch ein Gruppenbild aller neuen ESA Astronauten: Samantha Cristoforetti (Italien), Alexander Gerst (Deutschland), Andreas Mogensen (Dänemark), Luca Parmitano (Italien), Timothy Peake (Großbritannien), Thomas Pesquet (Frankreich) mit Autogramm enthielt. Das war natürlich mehr als ich mir erhofft hatte und ich freute mich riesig. Am 22. November 2010 beendeten die sechs neuen ESA Astronauten Ihr Basistraining. Zu diesem Anlass schrieb ich Alexander Gerst wieder um Ihm zu gratulieren. In der Mail fragte ich Ihn ob er in einem Kurzinterview drei Fragen per Mail für unser Mitteilungsblatt Astro-News beantworten würde. Da ich natürlich weiß wie knapp die Zeit der Astronauten bemessen ist machte ich mir da keine allzu großen Hoffnungen. Allerdings erhielt ich kurz darauf eine sehr nette Mail von Frau Bärbel Niederlag-Scholz der ESA. Sie schrieb dass die Astronauten Fragen nicht so gerne schriftlich beantworten, da dies sehr viel Zeit in Anspruch nehme. Wir könnten aber gerne ein telefonisches Interview vereinbaren. Damit hatte ich nun gar nicht gerechnet. Die Vorfreude war groß und natürlich war ich etwas nervös. Das Interview fand dann am 14. Dezember 2010 statt. Alexander Gerst war supernett, und aus der Idee drei Fragen per Mail zu stellen wurde ein fast 20 minütiges Telefoninterview. (cs) 14 Sternwarten, Astronomietag Sternwarte Bieselsberg Führungen Im Frühjahr konnten wir endlich auch mal wieder Führungen durchführen und sogar Sonderführungen abhalten. Vom Klinikum Nordschwarzwald war eine kleine Gruppe zu Besuch, die von Christian Witzemann fachkundig durch den Abendhimmel geführt wurde. Und Kay Niemzig konnte einer Schulklasse die Faszination des Sterne beobachtens näher bringen. Auch die erste Sonnenführung Ende Mai brachte einige Besucher zur Sternwarte. Erfreulicherweise zeigte sich die Sonne auch ungewohnt aktiv und präsentierte dazu gleich fünf Sonnenfleckengruppen, von denen zwei jeweils etwa ein Dutzend Sonnenflecken hatte. Für die Besucher war das natürlich sehr interessant. Auch einige kleinere Protuberanzen waren zu sehen, die sich im Laufe des Nachmittags noch vergrößerten. Wie jedes Jahr in Bieselsberg geht es mit den Abendführungen erst ab August wieder los. Bis dahin stehen aber noch zwei Sonnenführungen auf dem Programm (26.6., 31.7.). Sternwarte Keplergymnasium Führungen Auf dem Kepler–Gymnasium ist derzeit die übli- che Beobachtunspause wegen der späten Dämmerung und der Sommerferien. Erst im Oktober geht es mit dem abendlichen Führungsbetrieb weiter. 9. Deutscher Astronomietag am 9. April Astronomietag Am Astronomietag herrschte bei uns recht gutes Wetter, so dass wir das volle Programm durchziehen konnten. Im Keplergymnasium begannen wir den Abend mit dem Vortrag über den Mond. Der Vortrag war leider nicht sehr gut besucht, aber den Anwesenden hat er sehr gut gefallen. Gleich im Anschluss ging es dann rauf in die Kuppel, wo noch eine ganze Weile der Abendhimmel beobachtet wurde. In Bieselsberg warteten schon vor 16 Uhr einige Besucher auf die Öffnung der Sternwarte! Als es dann pünktlich losging füllte sich die Kuppel schnell mit einigen Interessierten, die dann fasziniert die Sonnenflecken betrachteten. Auch die Protuberanzen und die Granulation der Sonnenoberfläche zogen die Beobachter in ihren Bann. Gegen Abend wurde dann der Andrang etwas geringer, aber dafür schaute ein Fotograf vorbei, der für die Vereinigung der Sternfreunde unterwegs war um von den verschiedenen Veranstaltungen Bilder zu schiessen. Nach einer sehr angeregten Unterhaltung zog er dann weiter Richtung Weil der Stadt. Parallel dazu wurde für die AAPler der Grill angeworfen um wir nutzten die fast besucherlose Zeit zwischen Sonnenbeobachtung und Sternführung um uns etwas zu stärken. Das war wie immer eine schöne gesellige Abwechslung des Beobachtungstages. Als so langsam die Dämmerung Einzug hielt kamen auch wieder ein paar Besucher. Zunächst konnten wir natürlich ausgiebig den Mond anschauen, bevor wir dann zu den Objekten außerhalb unseres Sonnensystems gewechselt haben. Der Orionnebel war noch tief im Westen anzuschauen und nach einigen weiteren Objekten gelangten wir dann wieder zurück ins Sonnensystem zum Ringplaneten Saturn. Nachdem so gegen 23 Uhr die Besucher alle verschwunden waren harrten drei Mitglieder noch ein wenig aus und nutzten die sehr klare Nacht und geringe Luftunruhe um noch bis weit nach 1 Uhr den Saturn mit bis zu 500-facher Vergrößerung zu geniessen. Alles in allem waren etwa 50 Besucher in beiden Sternwarten, was für uns ein ordentlicher Andrang war. Im Kepler hätte es zwar noch etwas mehr sein dürfen, aber insgesamt war der Astronomietag ein erfolgreicher Beobachtungstag. (mt) Astronomietag, Beobachtergruppe 15 Anblick der Sonne durch das PST am Astronomietag. Man erkennt rechts unten (auf 3 Uhr) und rechts oben (auf 1 Uhr) Protuberanzen. Auch die Sonnenoberfläche zeigt einige größere dunkle Filamente (vor allem rechts unten) und einige hellere aktive Gebiete. Die kleinen schwarzen Punkte und das kleine „L“ links unten sind Staub auf der Optik. Beobachtergruppe Sturm auf dem Saturn Im Frühjahr wurde Saturn für uns ein gutes Beobachtungsobjekt. Zumindest spät am Abend war er in gute Beobachtungsposition im Südosten gerückt und konnte studiert werden. Wie auch Jupiter im vergangenen Jahr wollte ich Saturn einige Male fotografieren, auch wenn er nicht so viele Oberflächenstrukturen zeigt wie sein größerer Nachbar. Zusätzliche Motivation, den Ringplaneten abzulichten bekam ich durch die Meldungen, dass ein Sturm auf ihm zu sehen war. Wie schon im wissenschaftlichen Artikel hier in dieser Ausgabe zu lesen ist, tobte er seit Ende 2010 in einem der Wolkenbänder. Durch seine Größe sollte er auch bequem mit Amateurmitteln zu beobachten sein. Als im März und April einige brauchbare Beobachtungsnächte kamen ging ich ans Werk. Mit meinem 11–Zöller und einer 2fach–Barlowlinse erreiche ich etwa 6m Brennweite. Als Aufnahmegerät dienten mir meine WebCam und meine (Schwarzweiß–)CCD–Kamera. Zusätzlich arbeite ich bei der CCD–Kamera noch mit Farbfiltern um zum einen die Abbildungsqualität noch zu steigern und zum anderen in verschiedenen Wellenlängenbereichen des Lichts arbeiten zu können, denn die Strukturen sehen nicht unbedingt bei allen Farben gleich aus. Mit meiner Ausrüstung bildet man unseren zweitgrößten Planeten auf etwa 100 Bildpunkte ab während die Ausdehnung des Ringsystems sogar etwa 250 Bildpunkte beträgt. Damit lassen sich schon einige Details erkennen. Auch wenn Luftunruhe meist recht hoch war, gelang es mir dennoch, an mehreren Abenden ganz gute Filmsequenzen aufzunehmen. Nach der Bearbeitung mit einem Auswerteprogramm (Registax) zeigte sich der Sturm an einigen Tagen sehr gut. Auch zeigte sich, dass er sich über Wochen hinweg veränderte und somit immer wieder einen neuen Anblick versprach. Es macht doch immer wieder viel Spaß, auch in unserem Sonnensystem auf Tour zu gehen und vor allem die schnellen Veränderungen zu beobachten. Auch mit einfacheren Mitteln kann man schon die großen Planeten digital einfangen, probieren sie es doch auch mal! (mt) 16 Beobachtergruppe, Vorträge Die linke Aufnahme enstand am 22.3.2011. Sie wurde mit einem Grünfilter (W58) aufgenommen und zeigt den Sturm auf Saturn über mehr als die halbe Breite des sichtbaren Bereichs des oberen Wolkenbandes. Im kleinen Ausschnitt ist noch mal ein kontrastverstärkter Ausschnitt des Sturms zu sehen. Nebenbei sieht man auch schön die Cassini–Teilung des Ringsystems. Die Aufnahme links wurde am 10.4.2011 aufgenommen. Dieses Mal wurde ein Rotfilter (W25) verwendet um bei nicht so optimalen Bedingungen die Verschmierung durch Luftunruhe zu verringern. Man erkennt den Sturm immer noch, allerdings ist er bei weitem nicht mehr so breit wie noch drei Wochen zuvor. Auch hier ist im kleinen Ausschnitt noch einmal ein kontrastverstärkter Teil des Wolkenbandes gezeigt. Vorträge 3. Juni: Kugelsternhaufen Jeder kennt sicher bekannte Kugelsternhaufen wie M13 im Herkules, M3 in den Jagdhunden oder auch M5 in der Schlange, in denen zwischen einer halben und einer ganzen Million Sterne 1. Juli: Die Milchstraße und ihr Platz im All kugelförmig um ein Zentrum angeordnet sind. Werner Löffler wird uns in seinem Vortrag in diese Welt der Kugelsternhaufen entführen — in diese großen wie auch die kleineren Vertreter dieser Gattung. bringen, wo sich unsere Heimatgalaxie in den fast endlosen Weiten des Alls befindet. Thilo Kranz wird uns in seinem Vortrag näher 2. September: Der Kleinplanet Vesta als Beobachtungsobjekt In diesem Aktivvortrag wird uns Bernd Vogt den Kleinplaneten Vesta vorstellen. An der Sternwar- te in Bieselsberg, an der wir ausnahmsweise diesen Vortrag machen, besteht dann bei gutem Wetter natürlich gleich die Möglichkeit, ihn auch zu beobachten, da er im Herbst am Abendhimmel zu finden ist. 17 Beobachtungsobjekte Beobachtungsobjekte Himmelsanblick am 1. Juli um 22 Uhr MESZ Beobachtungsobjekte im Sommer Imr Sommer sind ja bekannterweise die Nächte kurz und somit die Beobachtungszeit kostbar. Aber man kann ja in der Dämmerung schon beginnen den Mond oder die hellen Planeten ins Visier zu nehmen. Venus kann noch bis in den August hinein am Abendhimmel beobachtet werden. Die Phasenänderungen sind bequem über Monate hinweg festzustellen. Auch Saturn verabschiedet sich erst im August langsam von der abendlichen Himmelsbühne. Er ist zwar nicht mehr so groß wie noch im Frühjahr, aber das Ringsystem und die Wolkenstrukturen bieten trotzdem noch einen schönen Anblick. Und wie man gesehen hat wartet er auch ab und zu mit überraschenden Stürmen auf! Ab August findet sich dann spät in der Nacht auch wieder Jupiter am Himmel. Ihn kann man dann eher zum Abschluß der Beobachtungsnacht geniessen. Mit dem Fernglas wäre ich natürlich viel in der Milchstraße unterwegs. Der Nordamerikanebel ist zwar bei dunklem Himmel auch schon gut mit dem bloßen Auge sichtbar, aber mit dem Feldstecher kann man ihn noch besser anschauen. Im Süden bieten Skorpion und Schütze nun einige Schätze an. Vom Kugelsternhaufen M4 nahe Antares lässt man den Blick nach Ostern schweifen und nimmt den Lagunennebel (M8) im Schützen ins Blickfeld. Von dort ist es nur ein kurzer Schwenk weiter nach Osten zum Kugelsternhaufen M22. Nach Norden ist es dann nicht mehr allzu weit zu einem weiteren offenen Sternhaufen M11 im Schild. Der Fernrohrbeobachter hat natürlich im Schützen auch jede Menge Auswahl, jede Menge Messierobjekte finden sich dort wie z.B. der Trifidnebel (M20) und der Schwanennebel (M17). Mit größerem Teleskop oder nicht allzu langen Belichtungen mit dem Fotoapparat lässt sich auch 18 Pluto in der Nähe finden (etwas südöstlich von M18). Auch der Schlangenträger bietet noch ein paar Kugelsternhaufen, die interessant bei mittleren Vergrößerungen sind: M10 und M12. M107, M9 und M14 sind da schon „härtere Nüsse“, die nicht so schön aufgelöst erscheinen. Verschiedenes Und vergessen sie nicht: am 15. Juni ist eine totale Mondfinsternis bei der der Mond schon teilweise verfinstert aufgeht und zu bequemer Abendzeit komplett im Erdschatten verschwindet und! (mt) Verschiedenes Otto von Struve Otto von Struve (* 12. August 1897 in Charkow, Ukraine; † 6. April 1963 in Berkeley/Kalifornien USA), war ein russisch–amerikanischer Astronom, deutsch–baltischer Abstammung. Otto von Struve wurde am 12. August 1897 in Charkow als letztes Mitglied einer traditionsreichen deutsch–russischen Astro- nomenfamilie geboren, der es in dieser Wissenschaft zu Ruhm und Ehre brachte. Sein Ururgroßvater war der berühmte Friedrich Georg Wilhelm Struve (1793–1864), Direktor der Sternwarten zu Dorpat und Pulkowo, sein Vater Ludwig von Struve (1858–1920) stieg in diesen Observatorien ebenfalls in hohe Führungspositionen auf und wurde später Direktor der Charkower Sternwarte. Nach seiner Schulzeit begann Otto von Struve ab 1914 Astronomie an der Universität Charkow zu studieren. Sein Studium wurde durch den russischen Bürgerkrieg unterbrochen, in dem er auf der Seite der Weißen Armee kämpfte. Nach Kriegsende schloss er sein Studium ab und lehrte auch für kurze Zeit als Dozent. 1921 siedelte er in die Vereinigten Staaten über und wirkte schon bald als Assistant for stellar spectroscopy am Yerkes Observatory in Williams Bay, Wisconsin. Dieses Observatorium gehörte der University of Chicago, die ihm die Wiederaufnahme des Astronomiestudiums gestattete. Struve promovierte 1923 und im darauffolgenden Jahr avancierte er zum Dozenten in Yerkes. Als solcher heiratete er 1925 Mary Martha Lanning. Da die Ehe kinderlos blieb, blieb Otto von Struve der letzte Spross der großen Astronomenfamilie Struve. 1927 wurde Struve zum Assistant Professor ernannt und noch im selben Jahr bekam er die USamerikanische Staatsbürgerschaft. 1930 wurde er zum associate professor befördert und 1931 zum Assistant Director. Von 1932 bis 1947 war er deren Direktor und gleichzeitig ordentlicher Professor für Astronomie an der Universität Chicago und Direktor des McDonald–Observatory der University of Texas. 1950 legte Struve die Ämter aus gesundheitlichen Gründen in Austin und in Chicago nieder und nahm einen Ruf der University of California, Berkeley an. Dort lehrte er an der astronomischen Fakultät und leitete das Leuschner Observatory, das zu dieser Fakultät gehörte. 1952 bis 1955 war Otto von Struve Präsident der Internationalen Astronomischen Union (IAU) und ab 1959 leitete er dann das National Radio Observatory in Green Bank, eine erst kurz zuvor gegründete Sternwarte für radioastronomische 19 Termine Beobachtungen, bis an sein Lebensende. Zu Otto von Struves umfangreichen Tätigkeiten zählten die Herausgabe des Astrophysical Journal, die interstellare Materie, die Rotation von Sternen, die Radialgeschwindigkeiten galaktischer Sterne und extragalaktischer Sternsysteme, die spektroskopische Untersuchung von Doppelsternen, die theoretischen Untersuchungen über Sterne mit ausgedehnten Gashüllen und die erste Beobachtung von Radioquellen. 1925 entdeckte er das chemische Element Calcium in einigen Spektren, was er auf dessen Vorhandensein in der interstellaren Materie zurückführte, und 1938 gelang ihm der Nachweis, dass sie auch Wasserstoff in großen Mengen enthält. 1954 wurde er als Mitglied („Fellow“) in die Royal Society aufgenommen. Otto von Struve starb am 6. April 1963 in Berkeley. Weitere Ehrungen: 1944 Goldmedaille der Royal Astronomical Society 1948 Bruce Medal der Astronomical Society of the Pacific 1957 Henry Norris Russell Lectureship Ein Mondkrater, ein Asteroid (2227 Otto Struve) und ein Teleskop (Otto Struve Telescope) sind nach ihm benannt. (ws) Termine Astronomische Vorschau 1. Juni Partielle Sonnenfinsternis, nicht von Deutschland aus sichtbar (23.16–01.07 MESZ) 3. Juni Neptun stationär, wird rückläufig (Beginn der Oppositionsschleife) 11. Juni Mond: Goldener Henkel sichtbar am frühen Abend (Juraberge beleuchtet) 13. Juni Saturn stationär, wird rechtläufig (Ende der Oppositionsschleife) 15. Juni Totale Mondfinsternis (21.22 MESZ–23.03 MESZ), Beginn der Totalität praktisch bei Mondaufgang (21.21 MESZ) 17. Juni Frühester Sonnenaufgang des Jahres (5.22 MESZ) 21. Juni Sommersonnenwende (19.17 MESZ) 26. Juni Spätester Sonnenuntergang des Jahres (21.32 MESZ) 1. Juli Partielle Sonnenfinsternis, nicht von Deutschland aus sichtbar (09.53–11.22 MEZ) 10. Juli Uranus stationär, wird rückläufig (Beginn der Oppositionsschleife) 13. Juli Mond bedeckt 44 Oph (4,2m), Eintritt an dunkler Seite (3.42 MESZ) 20. Juli Mond bedeckt Kap Psc (5,0m), Eintritt an heller Seite (4.29 MESZ–5.35 MESZ) 23. August Neptun in Opposition (Entfernung 29,0 AE, Helligkeit 7,8m) 30. August Jupiter stationär, wird rückläufig (Beginn der Oppositionsschleife) 3. September Merkur: maximale Elongation, Morgensichtbarkeit 16. September Pluto stationär, wird rechtläufig (Ende der Oppositionsschleife) 23. September Tagundnachtgleiche (11.05 MESZ) 26. September Uranus in Opposition (Entfernung 19,1 AE, Helligkeit 5,7m) 30. September Venus nahe Saturn, Abstand 1,3° Impressum 20 Veranstaltungen und Treffen 3. Juni Monatstreffen des AAP im Pforzheimer Kulturhaus Osterfeld – Vortrag "Kugelsternhaufen" (20 Uhr) von W. Löffler 15. Juni Beobachterstammtisch im Gasthaus "Grüner Hof" in Huchenfeld (20 Uhr) 26. Juni Sonnenbeobachtung: ein Nachmittag auf der Sternwarte Nordschwarzwald (14-17 Uhr) 1. Juli Monatstreffen des AAP im Pforzheimer Kulturhaus Osterfeld – Vortrag "Die Milchstraße und ihr Platz im All" (20 Uhr) von T. Kranz 20. Juli Beobachterstammtisch im Gasthaus "Grüner Hof" in Huchenfeld (20 Uhr) 31. Juli Sonnenbeobachtung: ein Nachmittag auf der Sternwarte Nordschwarzwald (14-17 Uhr) 10. August Öffentliche Führung der Sternwarte Nordschwarzwald in Bieselsberg (ab 21 Uhr) 17. August Beobachterstammtisch im Gasthaus "Grüner Hof" in Huchenfeld (20 Uhr) 24. August Öffentliche Führung der Sternwarte Nordschwarzwald in Bieselsberg (ab 21 Uhr) 2. September Monatstreffen des AAP an der Sternwarte Bieselsberg – Aktivvortrag "Kleinplanet Vesta als Beobachtungsobjekt" (20 Uhr) von B. Vogt 7. September Öffentliche Führung der Sternwarte Nordschwarzwald in Bieselsberg (ab 21 Uhr) 11. September 5. Bieselsberger Spezialitätenwanderung (10-17 Uhr) 14. September Beobachterstammtisch im Gasthaus "Grüner Hof" in Huchenfeld (20 Uhr) 21. September Öffentliche Führung der Sternwarte Nordschwarzwald in Bieselsberg (ab 21 Uhr) Im August kein Monatstreffen! Impressum Die Astro–News erscheinen quartalsweise in einer Auflage von 150 Exemplaren und dienen zur Information von Mitgliedern, Freunden und Förderern des Astronomischen Arbeitskreises Pforzheim 1982 e. V. (AAP) Vereinsanschrift: Redaktion: Astronomischer Arbeitskreis Pforzheim 1982 e. V. Martin Tischhäuser z.Hd. Sylja Baalmann Silcherstraße 7 Rotestraße 22 72218 Wildberg 75334 Straubenhardt Bankverbindung: Konto 19 12 100, Sparkasse Pforzheim (BLZ 666 500 85) Redakteure: Martin Tischhäuser (mt), Martin Stuhlinger (ms), Wolfgang Schatz (ws) Christian Sollner (cs) Auflage: 150 Exemplare Redaktionsschluss für die nächste Ausgabe: 20. August 2011 Der AAP im Internet: http://www.aap-pforzheim.de http://www.sternwarte-bieselsberg.de http://www.sternwarte-nordschwarzwald.de © 2011 Astronomischer Arbeitskreis Pforzheim 1982 e. V.