Auf einen Blick – Ernährung und Haushalt

Werbung
Umschlag end
12.04.2002
10:58 Uhr
Seite 3
Ursula Buchner
Auf einen Blick Ernährung und Haushalt
Beiträge zur Fachdidaktik
Lehrerband
Lehrerband zu SB-Nr. 105844
© 2002 (Nachdruck 2008) by Ed. Hölzel, Wien
www. hoelzel.at
Umschlaggestaltung: Susanne Redl
Illustrationen: Eva Matthews
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
3
5
Vorwort zum Schulbuch "Auf einen Blick –
Ernährung und Haushalt"
Die Intentionen des Lehrerhandbuchs
5
5
1 Anmerkungen zum Fachverständnis
6
1.1 Von "Hauswirtschaft" zu "Ernährung und Haushalt" 6
1.1.1 Die Bildungsanliegen des Faches im Lernbereich Ernährung
1.1.2 Die Bildungsanliegen des Faches im Lernbereich Haushalt
Zusammenfassung: Bildung in 'Ernährung und Haushalt'
Muster für einen Elternbrief
7
9
9
10
1.2 Zum Theorie-Praxis-Verständnis im EH-Unterricht 11
1.2.1 Organisationsstrukturen für einen schülerzentrierten,
handlungsorientierten Unterricht
12
1.2.2 Aufgabenstellungen und Lernhilfen
13
1.3 Schlussbetrachtung
Den Unterricht in 'Ernährung und Haushalt' gibt es nicht
2 Themenbereich ‚Ernährung
und Gesundheit'
Kommentar
2.1 Anhand einer Lebensmittelgruppe Kriterien der
Lebensmittelqualität kennen lernen.
2.1.1 Kernbereich
2.1.2 Erweiterungsbereich
2.1.3 Kommentar
Gesundheit und Geschmack - ein Widerspruch?
Umweltverträglichkeit
Ökonomie und Ökologie - ein Widerspruch?
14
14
15
15
15
15
16
16
16
17
18
2.2 Verzehrsempfehlungen für die Lebensmittelgruppen
kennen.
19
2.2.1 Kernbereich
19
Modelle zur Veranschaulichung
Kopiervorlage
2.2.2 Erweiterungsbereich
2.2.3 Kommentar
Verzehrsempfehlungen - wer gibt welche Normen vor?
2.3 Aufgaben der Nahrungsinhaltsstoffe kennen.
2.3.1 Kernbereich
Symbole zur Veranschaulichung
Kopiervorlage
2.3.2 Erweiterungsbereich
Kommentar
Daraus resultierende Verzehrsempfehlungen
19
20
20
20
20
22
22
22
22
22
22
23
2.4 Nährstoffschonende Lebensmittelbearbeitung üben. 23
2.4.1 Kernbereich
23
Kopiervorlage
2.4.2 Erweiterungsbereich
2.4.3 Kommentar
Üben erfordert Zeit!
Üben erfordert korrekte Arbeitsanleitungen
23
24
24
24
24
2.5 Ernährungsphysiologisch sinnvolle Ergänzung von
Convenience Food anwenden.
26
2.5.1 Kernbereich
26
2.5.2 Erweiterungsbereich
26
2.5.3 Kommentar
26
Convenience Food im Spannungsfeld von Meinungen
28
2.6 Einflüsse auf das individuelle Ernährungsverhalten
reflektieren.
2.6.1 Kernbereich
2.6.2 Erweiterungsbereich
2.6.3 Kommentar
29
29
29
30
2.7 Zusammenhänge zwischen Ernährung und Gesundheit
reflektieren.
31
2.7.1 Kernbereich
31
Methodische Anregung
31
2.7.2 Erweiterungsbereich
2.7.3 Kommentar
31
31
Konsequenzen für die fachpraktischen Übungen zur
Nahrungszubereitung
32
2.8 Die Bedeutung der Mahlzeiten für das individuelle
Leistungsvermögen erkennen.
2.8.1 Kernbereich
2.8.2. Erweiterungsbereich
2.8.3 Kommentar
32
32
32
32
2.9 Ernährungsphysiologisch sinnvolle Mahlzeiten planen
und zubereiten.
32
2.9.1 Kernbereich
32
Methodische Anregung
33
2.9.2 Erweiterungsbereich
2.9.3 Kommentar
33
33
Ernährungsphyisologisch sinnvolle Mahlzeiten
33
2.10 Abhängigkeiten zwischen Nährstoff- und
Energiebedarf unter Berücksichtigung der Lebensphase
Jugend kennen lernen
2.10.1 Kernbereich
2.10.2 Erweiterungsbereich
2.10.3 Kommentar
35
35
35
35
Abhängigkeiten zwischen dem Nährstoff- und Energiebedarf 35
Kurven und Indexe
35
3 Themenbereich ‚Haushalt und
Gesellschaft'
38
Kommentar
3.1 Aufgabenbereiche privater Haushalte kennen (der
Haushalt als Bereich des Zusammenlebens, als
Wirtschafts- und Versorgungsbereich).
3.1.1 Kernbereich
Der Einstieg in den Unterricht
Kopiervorlage "Aufgaben privater Haushalte"
38
38
38
38
39
3.1.2 Erweiterungsbereich
3.1.3 Kommentar
39
39
3.2 Auswirkungen der Berufstätigkeit auf das Leben im
Haushalt analysieren.
3.2.1 Kernbereich
3.2.2 Erweiterungsbereich
3.2.3 Kommentar
40
40
40
41
Kinder und Berufsarbeit
Das Kinderbetreuungsgeld
Auswirkungen der Berufsarbeit auf das familiäre Leben
3.3 Soziale Netze - famlienergänzende Einrichtungen
kennen lernen.
3.3.1 Kernbereich
Kopiervorlage
Methodische Anregung
41
41
41
42
42
42
42
3
3.3.2 Erweiterungsbereich
3.3.3 Kommentar
Berufsorientierung
4 Themenbereich ‚Verbraucherbildung und Gesundheit'
42
42
43
44
Kommentar
44
Die ethisch-normative Orientierung in der Verbraucherbildung:
Nachhaltigkeit
45
57
57
57
57
Lernanlässe für Vorratswirtschaft
5 Themenbereich ‚Lebensgestaltung
und Gesundheit'
57
58
4.1 Einflüsse auf die Kaufentscheidung anhand eines
Beispiels kennen lernen.
4.1.1 Kernbereich
4.1.2 Erweiterungsbereich
4.1.3 Kommentar
47
47
47
47
4.2 Die Notwendigkeit der Planung von
Haushaltseinkommen und -ausgaben erkennen.
4.2.1 Kernbereich
4.2.2 Erweiterungsbereich
4.2.3 Kommentar
5.1 Unfallvorsorgemaßnahmen im Wohn-, Arbeits- und
Freizeitbereich anwenden bzw. kennen.
59
5.1.1 Kernbereich
59
5.1.2 Erweiterungsbereich
59
5.1.3 Kommentar
59
48
48
48
48
5.2 Zusammenhang zwischen Hygieneverhalten und
Gesundheit erkennen.
5.2.1 Kernbereich
5.2.2 Erweiterungsbereich
5.2.3 Kommentar
60
60
60
60
5.3 Kultur des Zusammenlebens üben.
5.3.1 Kernbereich
5.3.2 Erweiterungsbereich
5.3.3 Kommentar
61
61
61
61
Exkurs: Armut in Österreich
Kommentar
49
4.3 Kriterien der Arbeitsorganisation kennen und
anwenden.
4.3.1 Kernbereich
4.3.2 Erweiterungsbereich
4.3.3 Kommentar
50
50
50
50
4.4 Kennzeichen von Qualitätsprodukten und
Lebensmitteln erkennen.
4.4.1 Kernbereich
4.4.2 Erweiterungsbereich
4.4.3 Kommentar
52
52
52
52
Lebensmittelkennzeichnung
Die Kennzeichen für österreichische Produkte
Das österreichische Umweltzeichen
Bio-Gütesiegel
Methodische Anregungen
4.5 Den Prozess von der Informationsbeschaffung zur
Kaufentscheidung anhand eines Produkts
nachvollziehen
4.5.1 Kernbereich
4.5.2 Erweiterungsbereich
4.5.3 Kommentar
Methodische Anregung
52
52
53
53
53
54
Methodische Anregungen
55
58
Methodische Anregungen
62
5.4 Bedürfnisse, Werte und Normen für die persönliche
Lebensgestaltung reflektieren
5.4.1 Kernbereich
5.4.2 Erweiterungsbereich
5.4.3 Kommentar
64
64
64
64
5.5 Einstellungen und Verhaltensweisen, die der sozialen
Integration dienlich sind, entwickeln.
66
5.5.1 Kernbereich
66
5.5.2 Erweiterungsbereich
66
5.5.3 Kommentar
66
Methodische Anregungen
54
54
54
54
4.6 Technologien und/oder Güter anhand eines Beispiels
nach differenzierten Gesichtspunkten bewerten.
55
4.6.1 Kernbereich
55
4.6.2 Erweiterungsbereich
55
4.6.3 Kommentar
55
4
4.7 Maßnahmen des Zivilschutzes im Privathaushalt
kennen.
4.7.1 Kernbereich
4.7.2 Erweiterungsbereich
4.7.3 Kommentar
6 Leistungsbeurteilung
Gesetzliche Grundlagen
Die Beurteilung der Mitarbeit
Lernzielorientierte Leistungsfeststellung
67
69
69
69
70
Literaturverzeichnis
72
Lösungen
74
Kopiervorlagen
75
Vorwort
Vorwort zum Schulbuch „Auf einen Blick – Ernährung und Haushalt“
Das Schulbuch „Auf einen Blick – Ernährung und Haushalt“ ist eine Neubearbeitung der Inhalte für den Pflichtgegenstand
„Ernährung und Haushalt“ in der Hauptschule, die den aktuellen Entwicklungen im Fachbereich Rechnung trägt:
–
–
–
–
Lehrplanreform 2000 mit der Definition eines verbindlichen Kernbereichs
Explizite Ausweisung der Lernbereiche „Ernährung“ und „Haushalt“ in der neuen Fachbezeichnung
Fachdidaktische Entwicklungen in den Bereichen „Ernährung“ und „Haushalt“
Gesellschaftliche Entwicklungen privater Haushalte
Das Grundlagenwissen, das die Lernziele des Kernbereichs abdeckt, wird im Schulbuch übersichtlich „auf einen Blick“
dargestellt. Für den Erweiterungsbereich sind vertiefende Inhalte ausgewählt worden bzw. können diese aus den
Fragestellungen entwickelt werden.
Die Stoffauswahl erfolgte exemplarisch unter folgenden Prämissen:
– Welche typischen Situationen erleben Schüler/innen gegenwärtig in den Bereichen „Ernährung“
und „Haushalt“?
– Welche typischen Situationen in den Bereichen „Ernährung“ und „Haushalt“ werden Schüler/innen
in der Zukunft zu bewältigen haben?
– Welche Kompetenzen benötigen die Schüler/innen zur Bewältigung der Situationen in den
Bereichen „Ernährung“ und „Haushalt“?
– Welche gesellschaftlichen, ökonomischen, ökologischen und technologischen Bedingungen in den
Bereichen „Ernährung“ und „Haushalt“ sind heute bestimmend, welche werden in Zukunft relevant
sein?
Kind-Sach-Bezug
Lehrplan-Bezug
SchlüsselQualifikationen
Leitbilder, Werte,
Normen
Zahlreiche Arbeitsaufgaben sprechen die Schüler/innen in ihrer Rolle als aktive Mit-Gestalter der Bereiche „Ernährung“,
„Haushalt“ und „Gesundheit“ an. Sie fordern Schüler/innen zur Stellungnahme heraus. Die vorgegebenen Stichworte dienen als
Hilfestellung beim sprachlichen Ausdruck und als Strukturierungshilfe des Unterrichtsgesprächs. Die Arbeitsaufgaben bieten
Anknüpfungspunkte für eine handlungsorientierte Auseinandersetzung mit Fragen rund um „Ernährung“, „Haushalt“ und
„Gesundheit“ an. Um den eigenen Erlebens- und Handlungsspielraum zu erweitern, werden Schüler/innen immer wieder
angehalten, externe Informationsquellen zu Recherchen heranzuziehen.
Die Rezeptauswahl erfolgte nach dem Motto: „Gesunde Ernährung schmackhaft machen“. Durch die verschiedenen Rezepte
werden folgende Anliegen vermittelt:
– einfache grundlegende Techniken zur Nahrungszubereitung
– lebensmittelgerechte, qualitätsschonende Verarbeitungsverfahren
– grundlegende Hygienemaßnahmen bei der Lebensmittelverarbeitung
– grundlegende Sicherheitsvorkehrungen beim Arbeiten in der Küche
– Gesunde Ernährung ist alltagstauglich, gesunde Ernährung muss also nicht zeit- und arbeitsaufwändig sein.
Das Buch zeichnet sich durch eine übersichtlich strukturierte und anschauliche Präsentation der Inhalte aus. Die qualitativ
hochwertige Ausstattung soll zu einer positiven Besetzung der Lebensbereiche „Ernährung“ und „Haushalt“ beitragen und die
Bereitschaft fördern, Verantwortung zur aktiven Mitgestaltung zu übernehmen.
Die Intentionen des Lehrerhandbuchs
Es gibt in Österreich für den Fachbereich „Ernährung und Haushalt“ kaum fachdidaktische Literatur, die das Selbstverständnis
des Faches artikuliert, eine Reflexion der Ziele, der Auswahl der Inhalte oder der Methoden zum Inhalt hat oder Fragen zur
Evaluation des Unterrichts aufwirft1. Dieses Lehrerhandbuch liefert als Nachfolgewerk des Lehrerhandbuchs zum Schulbuch
„Du und ich – wir leben im Haushalt“2 einen solchen Beitrag zur fachdidaktischen Diskussion.
Das Lehrerhandbuch stellt den Lehrplan-Bezug zu den im Schulbuch „Auf einen Blick: Ernährung und Haushalt“ dargestellten
Inhalten her. Es gliedert sich in vier Hauptabschnitte, die den vier Themenbereichen des Lehrplans entsprechen. Die
1
Der Grund liegt wohl darin, dass das Fach in Österreich auf keine anerkannte wissenschaftliche Tradition auf universitärer Ebene
zurückgreifen kann. Jede einzelne Bezugswissenschaft (Psychologie, Soziologie, Betriebswirtschaft, Medizin, Ernährungswissenschaft usw.)
für die Bereiche „Ernährung“ und „Haushalt“ hat zwar ihren akademischen Status, aber eine integrative Forschungsrichtung, die ihre
Fragestellungen speziell auf die Lebensgestaltung im Privathaushalt ausrichtet, gibt es nicht. Die Beschäftigung mit dem privaten Haushalt
als Lebens-, Wirtschafts- und Versorgungsbereich des Menschen gilt als „nicht wissenschaftlich“.
2
Buchner 1993
5
Überschriften der einzelnen Kapitel sind wortident mit den Lehrplan-Zielen. Jedes Kapitel ist in sich abgeschlossen und nach
dem gleichen Schema gegliedert:
– Kernbereich: Inhalte des Schulbuchs, die das jeweilige Lehrplanziel exemplarisch vermitteln
– Erweiterungsbereich: Inhalte des Schulbuchs - meist mehrere zur Auswahl –, die zu einer Vertiefung und Erweiterung des
jeweiligen Lehrplanziels beitragen
– Kommentar
Wie aus der Lehrplananalyse deutlich wird, ist es möglich, dass ein und derselbe Inhalt mehrere Ziele des Lehrplans abdecken
kann.
Der Kommentar zu den einzelnen Themenbereichen und Lehrplanzielen
– zeigt die Sachstrukturen zu den im Schulbuch dargestellten Inhalte auf,
– definiert Schlüsselbegriffe,
– vermittelt Hintergrundwissen zu ausgewählten Sachbereichen,
– gibt methodische Anregungen zur Unterrichtsgestaltung,
– regt zur Reflexion des Unterrichtsgeschehen an.
Das Lehrerhandbuch
– richtet sich an Kolleginnen/Kollegen, die sich für die Entwicklungen im Fachbereich interessieren und daran teilhaben
wollen,
– nimmt für sich in Anspruch, für die Fachdidaktik in der Lehrer/innenausbildung ein Grundlagenwerk darzustellen und
– hilft fachungeprüften Kolleginnen/Kollegen, für den Unterricht in „Ernährung und Haushalt“ beispielhafte Lernanlässe zu
finden und zu gestalten.
1 Anmerkungen zum Fachverständnis
1.1 Von „Hauswirtschaft“ zu „Ernährung und Haushalt“
Mit September 1997 trat die Änderung der Gegenstandsbezeichnung in "Ernährung und Haushalt" anstelle des Wortes
3
"Hauswirtschaft" in Kraft . Die Änderung der Gegenstandsbezeichnung unterstreicht die Bedeutung des Faches für die
Ernährungsbildung im Rahmen der schulischen Gesundheitsbildung.
Durch die Wortwahl „Ernährung“ wird deutlich, dass der Unterricht inhaltlich und methodisch weit über das traditionell
vorherrschende Verständnis von Nahrungszubereitung im Hauswirtschaftsunterricht hinausgeht. Durch die Vermittlung von
traditionellen Kochtechniken allein wird man das Lehrplanziel, „sich für eine der Gesundheit dienlichen Ernährungsweise
4
entscheiden zu können“ , nicht erreichen, aber das Zubereiten und Verkosten gesunder Gerichte mit den Schüler/innen im
Unterricht ist ein anerkannter methodischer Zugang zu gesunder Ernährung. Dieser wird erweitert durch die Reflexion des
persönlichen Essverhaltens, die Vermittlung ernährungswissenschaftlicher Erkenntnisse und das Erproben von
Handlungsalternativen, die sich im Lebensbereich „Ernährung“ für jeden Menschen stellen. Die Bildungsanliegen des Faches im
Lernbereich „Ernährung“ sind auf S. 7 im Überblick dargestellt.
Die explizite Anführung des Begriffes „Ernährung“ macht - im Gegensatz zum allumfassenden Begriff „Hauswirtschaft“ – auch
deutlich, dass Ernährung nicht zwingend an Leistungen, die in privaten Haushalten erbracht werden, gebunden ist. Zwar essen
und trinken Menschen in ihren Privathaushalten nach wie vor Selbstgemachtes, aber die Grießnockerlsuppe aus dem Beutel,
die Frühstücksmarmelade aus dem Supermarkt, der gekaufte Aufstrich und die Fertigpizza sind längst fixer Bestandteil der
täglichen Kost. Ernährung hat sich - nicht nur in der Bezeichnung des Unterrichtsgegenstandes - vom Haushalt quasi
verselbständigt. Vor allem der jugendliche Esser kauft heute schon mehr Nahrung, als er selbst zubereitet. Dementsprechend
hat sich auch das Wissen, das für eine bedarfsgerechte Ernährung notwendig ist, verlagert. Ernährungswissen ist zum Großteil
Entscheidungswissen und damit Teil der Verbraucherbildung geworden: Schüler/innen müssen Kriterien kennen, nach denen
sie aus der schier unüberschaubaren Zahl von Produkten am Markt eine bedarfsgerechte Auswahl treffen können.
Das Wort „Haushalt“ in der neuen Gegenstandsbezeichnung verdeutlicht, dass im Unterrichtsgegenstand „Ernährung und
Haushalt“ über den Bereich Ernährung hinausgehende Kompetenzen für die Führung eines Haushalts vermittelt werden. Der
Haushalt wird damit ganzheitlich als Versorgungs-, Wirtschafts- und Lebensraum gesehen und nicht auf einen Teilbereich
eingeschränkt, wie dies etwa bei einer Fachbezeichnung „Haushaltsökonomie“ der Fall wäre.
Dem zeitgemäßen haushaltswissenschaftlichen Verständnis entsprechend, vermittelt Bildung für den Haushalt soziale,
wirtschaftliche und ökologische Kompetenzen zur Bewältigung von Hausarbeit und zur persönlichen Lebensgestaltung.
3
13. Bundesgesetz vom 30. Dezember 1996, BGBl. Nr. 766/1966 § 10 Abs. 3. Siehe dazu die Ausführungen „Was ist neu in Ernährung und
Haushalt“ in Lehrplanmagazin 1999
4
Lehrplan 2000, Bildungs- und Lehraufgabe für den Themenbereich „Ernährung und Gesundheit“
6
Der Begriff Hausarbeit geht über Tätigkeiten im Sinne manueller Arbeiten5 hinaus und inkludiert die oft wenig sichtbare
Planungs- und Entscheidungsarbeit sowie die in Familienhaushalten geleistete soziale Arbeit. Als Haus- und Familienarbeit
werden im haushaltswissenschaftlichen Verständnis jene Versorgungs- und Betreuungsleistungen verstanden, die
1. als unbezahlte Tätigkeiten von Haushaltsmitgliedern in der Regel für Angehörige verrichtet werden und
2. das so genannte „Dritt-Personen-Kriterium6“ erfüllen: All jene Tätigkeiten und Leistungen, die statt mir auch eine andere
Person verrichten könnte, gelten als „Haushaltsproduktion7“.
Aktivitäten, die der Regeneration der Arbeitskraft dienen (schlafen, essen, Sport betreiben, sich weiterbilden), die also eine
dritte Person nicht an meiner Statt durchführen kann, sind nicht „produktiv“, d.h. sie haben keinen Marktwert und zählen
daher nicht zur Haus- und Familienarbeit. Diese Aktivitäten sind als Lebensstilfaktoren zur persönlichen Gesunderhaltung von
Bedeutung und unter dem Themenbereich „Lebensgestaltung und Gesundheit“ im Lehrplan für „Ernährung und Haushalt“
verankert.
Der Unterricht im Lernbereich „Haushalt“ dreht sich also um die Aufgaben der Alltagsgestaltung und Daseinsvorsorge, die jeder
Mensch für sich und gegebenenfalls zur Versorgung anderer bewältigen muss und die erwiesenermaßen - trotz der ihnen
entgegengebrachten Geringschätzung - einen erheblichen Beitrag zur Wohlfahrt des Staates darstellen. Man kann behaupten:
Der Aufwand für Hausarbeit ist privatisiert, der Ertrag/Nutzen von Hausarbeit jedoch sozialisiert, d.h. er kommt der
Gesellschaft zu Gute. Das hat zur Folge, dass immer, wenn Leistungen in Privathaushalten nicht mehr oder nicht adäquat
erbracht werden, Kosten für die Allgemeinheit entstehen. Betrachtet man nun, wie Menschen ihren Alltag tatsächlich meistern
– Stichworte: Beziehungsfähigkeit, Gewalt in Familien, Verschuldung privater Haushalte, Gesundheits- und
Ernährungsverhalten –, so ist die Bildungswürdigkeit der Lebensgestaltung im Privathaushalt durchaus zu erkennen8.
Die traditionelle Verknüpfung hauswirtschaftlicher Bildungsinhalte mit Mädchenbildung und die geringe Wertschätzung der
Hausarbeit9 in unserer Gesellschaft haben verhindert, dass im Zuge der Gleichberechtigung hauswirtschaftliche
Bildungsinhalte für Männer gleichermaßen attraktiv wurden wie Allgemeinbildung und außerhäusliche Berufstätigkeit für
Frauen10. So kam es einerseits zu einer Marginalisierung hauswirtschaftlicher Bildung in der Schule, andererseits zeugen die
zahlreichen Bildungs- und Beratungsangebote für die Lebensgestaltung im Privathaushalt im außerschulischen Bereich von
einem durchaus vorhandenen Bildungsbedarf.
1.1.1 Die Bildungsanliegen des Faches im Lernbereich Ernährung
Jeder Mensch muss sich ernähren. Tagtäglich muss jeder mehrmals Entscheidungen zur Nahrungsauswahl treffen. Dabei bilden
sich Gewohnheiten heraus, welche die tägliche Entscheidungsfindung erleichtern. Im Laufe seines Lebens kommt jeder
Mensch, ob Frau oder Mann, auch in eine Lebensphase, in der er Verantwortung für die Ernährung anderer Menschen zu
übernehmen hat, sei es als Elternteil eines Kindes und/oder als pflegender Angehöriger. Ernährungsbildung mit dem Ziel, sich
(und andere) bedarfsgerecht mit Nahrung versorgen zu können, richtet sich daher an alle Menschen.
Jeder Mensch muss seinen Körper mit den lebensnotwendigen Inhaltsstoffen versorgen. Eine Kost,
die so zusammengestellt ist, dass sie alle lebensnotwendigen Inhaltsstoffe dem Bedarf
entsprechend in ausreichender Menge und im richtigen Verhältnis zueinander enthält, nennt man
vollwertig11.
Um sich eine vollwertige Kost zusammenstellen zu können, wird Wissen benötigt: Welche
Lebensmittel sollen aus der riesigen Angebotspalette ausgewählt und miteinander kombiniert
werden, welche Verzehrsportionen decken den Bedarf? Dieses Wissen wird durch
Verzehrsempfehlungen weitergegeben.
vollwertige Ernährung
empfehlenswerte
Lebensmittelauswahl
5
Zu den einzelnen Arbeitsarten in Privathaushalten siehe S. 39.
Reid 1934, in Oltersdorf 1996, S. 160.
7
Produktive Arbeiten haben grundsätzlich einen Marktwert. Da Hausarbeit aber per Definition unentgeltlich geleistete Arbeit ist, wird sie im
offiziellen Bruttoinlandsprodukt nicht erfasst. Der Wert der in privaten Haushalten geleisteten Arbeit wird im so genannten erweiterten
Bruttoinlandsprodukt erfasst. Vergleicht man die Wertschöpfung verschiedener Produktionsbereiche, so ist ersichtlich, dass die
Produktionsleistungen privater Haushalte als durchaus gleichrangig zu den Leistungen der Waren- und Dienstleistungsproduzenten zu
betrachten sind.
8
Buchner/Schuh 2000, S. 6.
9
Die geringe Wertschätzung ergibt sich ebenso aus der Geringschätzung von unentgeltlich geleisteten Tätigkeiten im Unterschied zur
Lohnarbeit („Was nichts kostet, ist nichts wert“) wie aus der Geringschätzung von Arbeiten, die traditionell in den weiblichen
Zuständigkeitsbereich fallen.
10
Buchner/Schuh 2000, S. 18.
11
Der Begriff „vollwertig“ ist ernährungsphysiologisch definiert und nicht an eine bestimmte Ernährungsideologie, z.B. Naturküche, Biokost
usw. gebunden (vgl. dazu Normen zu den Verzehrsempfehlungen S. 20).
6
7
Das beste Wissen nützt dem Einzelnen nichts, wenn er nicht grundlegende Techniken zur
Nahrungszubereitung beherrscht und Lebensmittel so zubereiten lernt, dass die Nährstoffe
möglichst weitgehend erhalten bleiben. Auch müssen bei der Nahrungszubereitung einschlägige
Sicherheits- und Hygienemaßnahmen berücksichtigt werden, um die Anreicherung der Kost mit
unerwünschten, schädlichen Bestandteilen zu vermeiden.
nährstoffschonende
Nahrungszubereitung
Die Fähigkeit, den Verzehrsempfehlungen entsprechend im Alltag zu leben, ist abhängig von der
Fähigkeit, eigenes Handeln als solches wahrzunehmen, also ein Bewußtsein seiner selbst und seines
Verhaltens zu entwickeln. Menschen, die sich ihr eigenes Essverhalten nicht vergegenwärtigen,
werden dieses auch nicht selbstbestimmt steuern können.
Reflexion des
Essverhaltens
Die lebenslang gelebten Ernährungsgewohnheiten haben nachhaltigen Einfluss auf die Gesundheit
des Menschen. Gesundheit wird von Menschen in ihrer alltäglichen Umwelt geschaffen und gelebt,
12
dort, wo sie spielen, lernen, arbeiten, … und eben auch essen. Eine wichtige Möglichkeit,
Lebensqualität bis ins hohe Alter zu erhalten, liegt daher in der täglichen Ernährung.
Prophylaxe
ernährungsabhängiger
Erkrankungen
So klar sich die Bildungsanliegen in den unterschiedlichen Ebenen darstellen lassen, so ambivalent ist die Bewertung der
Tätigkeiten im Zusammenhang mit „Ernährung“, wenn sie in unterschiedlichen Kontexten gesehen werden. Am Beispiel der
Zubereitung einer Mahlzeit soll aufgezeigt werden, wie – je nach Kontext – die Bewertungsmaßstäbe variieren.
Berufsarbeit
(Erwerbsarbeit)
Hausarbeit
(Familienarbeit)
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
Hobby
–
–
–
–
–
–
–
bezahlte Tätigkeit
Berufsausübung ist an eine definierte Ausbildung geknüpft
gesellschaftliche Anerkennung – „Haubenköche“
Orientierung an „Trends“, am „Markt“ …
13
standardisierbare Qualitätsansprüche wie „Preis“, „Leistung/Kategorie“, „HACCP“ , …
unbezahlte Tätigkeit
keine spezielle allgemeine Bildung (kein AHS-Pflichtfach) vorgesehen
keine besondere gesellschaftliche Anerkennung, sondern Selbstverständlichkeit, die traditionell in
den weiblichen Zuständigkeitsbereich fällt
ein Qualitätsmerkmal ist die Möglichkeit, unmittelbar auf individuelle Bedürfnisse eingehen zu
können
14
trägt in hohem Maße zur Gewohnheitsbildung und kulturellen Geschmacksprägung bei
die Zeit, die für die Zubereitung einer Mahlzeit benötigt wird, steht oft konflikthaft einer
15
anderswertigen Zeitverwendung gegenüber
kann der Beschäftigung der Kinder dienen
kann dem Kochen-Lernen der Kinder dienen
16
kann als Beziehungszeit genutzt werden
Freizeitgestaltung
ev. Leistungen im Rahmen eines Ehrenamts (z.B. Backen für den Adventbasar)
Anerkennung und qualitative Bewertung der Arbeitsergebnisse als kreative schöpferische Tätigkeit
gesellschaftliche Anerkennung selbstständig angeeigneten Spezialwissens
Die unterschiedlichen, kontextgebundenen Bewertungen spiegeln sich sowohl bei der Gestaltung des Unterrichts in
„Ernährung und Haushalt“ als auch in den Erwartungen, was der Unterricht denn nun leisten soll, wider:
– Soll berufsvorbereitende Bildung vermittelt und mit den mit Kochhauben ausgestatteten Schüler/innen der Berufsalltag in
einer Betriebsküche simuliert werden?
– Sollen Schüler/innen während der Unterrichtszeit mit Kochen „beschäftigt“ werden?
– Ist der Fachbereich „Ernährung und Haushalt“ automatisch für ehrenamtliche Dienstleistungen für die Schule zuständig?
Eine Rückbesinnung auf die Bildungsanliegen, wie sie auf Seite 7f. dargestellt sind, ist ganz nützlich, will man sich von
kontextgebundenen Bewertungen lösen.
12
vgl. Ottawa Charta Seite 58.
Hazard Analysis Critical Control Point: Hygienerichtlinie der EU
14
Wie die Sprechfähigkeit ist auch die Fähigkeit zu schmecken dem Menschen angeboren. Welche Sprache das Kind erlernt bzw. welcher
Geschmack als Wohlgeschmack wahrgenommen wird, ist jedoch vom kulturellen Kontext abhängig. Geschmack wird durch die tägliche
Gewöhnung an das dem Kind verfügbar gemachte Nahrungsangebot gebildet.
15
In Zeitverwendungsstudien wird unterschieden zwischen öffentlicher Zeit (Berufsarbeit, Ehrenamt, Ausbildung, Wegezeiten dafür),
familialer Zeit (Aktivitäten im Privathaushalt) und personaler Zeit (Regeneration, persönliche Freizeitgestaltung). Aus diesen drei Zeitblöcken
lassen sich Zeitverwendungsmuster für Einzelpersonen, Familien, aber auch Lebensphasen erstellen. Die unterschiedliche Bewertung der
einzelnen Zeitblöcke kann dazu führen, dass man seine Zeit, statt zu kochen, doch lieber für „Wichtigeres“ verwenden möchte und daher auf
Convenience Food zurückgreift.
16
Siehe dazu auch Seite 32, Fußnote 95.
13
8
1.1.2 Die Bildungsanliegen des Faches im Lernbereich Haushalt
In allen gesellschaftlichen Kulturen organisieren sich Menschen in kleineren überschaubaren Lebensbereichen. Private
Haushalte sind solche Orte des Zusammenlebens, Versorgungs-, Rückzugs- und Erholungsbereiche und Lebensräume von
Kindern. Auch wenn man „fast nie daheim“ ist, ist ein Haushalt mit einem Mindestaufwand an Planung und Hausarbeit
verbunden, damit er den an ihn gestellten Anforderungen entspricht.
Die Zahl der Singlehaushalte und Ein-Eltern-Familien steigt, der Anteil der
Mehrpersonenhaushalte sinkt. Auf die Hausarbeit hat diese gesellschaftliche
Umschichtung eine eigenartige Wirkung: Gesamtwirtschaftlich gesehen nimmt
Hausarbeit mit der steigenden Zahl von Haushalten zu und verteilt sich auch auf immer
mehr Menschen. War früher eine Person mit der Instandhaltung eines
Mehrpersonenhaushalts ausgelastet, haushaltet heute jeder Mensch „nebenberuflich“
vor sich hin17. Bildung für den Haushalt richtet sich daher an alle Menschen.
Gesellschaft
Haushalt
Der Haushalt ist …
… ein Ort des Zusammenlebens
Beziehungen werden gepflegt. Für Kinder sind Haushalte Lebensräume, in denen sie Geborgenheit,
Sicherheit und persönliche Nähe erfahren. Hausarbeit ist soziale Arbeit.
Bildung für den Haushalt ist soziale Bildung, die die Fähigkeit zu Kommunikation, Kooperation und
Konfliktbewältigung fördert.
Wirtschaft
Bildung für den
Haushalt ist …
… soziale Bildung
… ein Versorgungsbereich
Physische, psychische, soziale und kulturelle Bedürfnisse der Menschen werden in Haushalten
gesichert.
Bildung für den Haushalt vermittelt das Wissen, die Einstellungen und die Fertigkeiten, die zur
bedarfsgerechten Versorgung befähigen.
… Gesundheitsbildung
… ein Wirtschaftsbereich
Haushalte wirtschaften mit Geld, Gütern, Zeit, physischer und psychischer Arbeitskraft und Umwelt.
Hausarbeit ist Planungs- und Entscheidungsarbeit.
Bildung für den Haushalt trägt dazu bei, einen zukunftsfähigen Lebensstil, der diese Ressourcen
nachhaltig nutzt, zu entwickeln.
… Verbraucherbildung
Zusammenfassung: Bildung in „Ernährung und Haushalt“
– orientiert sich an einem der Gesundheit dienlichen Lebensstil,
– bietet als Verbraucherbildung Entscheidungshilfen für die Lebensgestaltung,
– schult Eigenverantwortlichkeit, Selbstwahrnehmung und Reflexionsfähigkeit,
– fördert Sozialkompetenz,
– richtet sich an Mann und Frau,
– ist Bewusstseinsbildung für die gesellschaftliche Bedeutung der in Haushalten geleisteten Arbeit18.
Das Erkennen der Aufgabenbereiche privater Haushalte und der daraus resultierenden Anforderungen an das Fach sind
Voraussetzung dafür, dass die Auswahl der Inhalte und ihre methodische Aufbereitung in einer Weise erfolgen, die den
Lernenden tatsächlich befähigen, die unterschiedlichen Arbeiten, die in privaten Haushalten anfallen, zu bewältigen.
Die ganzheitliche Sicht des Haushalts und das Ziel, die persönliche Selbstverantwortung für die Bewältigung von Aufgaben aus
allen drei Haushaltsbereichen zu fördern, entspricht in vielen Fällen nicht dem Bild vom EH-Unterricht in den Köpfen der
Schüler/innen und Eltern, aber auch der Kolleginnen/Kollegen und Vorgesetzten. In wohl kaum einem anderen
Unterrichtsgegenstand hat die Erwartungshaltung die didaktisch-methodische Weiterentwicklung des Faches in Richtung
einer zeitgemäßen Unterrichtsgestaltung in derart einengender Weise beschränkt:
– Reduktion der inhaltlichen Auseinandersetzung auf Fragen der Nahrungszubereitung,
– Reduktion der Methodenvielfalt im Unterricht auf Kochen als einzig goutierte Unterrichtsmethode.
17
Gab es früher ein Bad, das für 5 Personen geputzt wurde, so gibt es heute 5 Haushalte mit 5 Badezimmern, die von 5 Personen geschrubbt
werden. 5 Personen entscheiden sich für Reinigungsmittel, wobei sie sich - in Ermangelung einschlägiger hauswirtschaftlicher Bildung - an
einem problematischen, hauptsächlich von der Werbung vermittelten Sauberkeitsbegriff orientieren. Der daraus folgende vermehrte
Gebrauch chlorhältiger Reiniger und Desinfektionsmittel in Privathaushalten macht Umwelt- und Gesundheitsmedizinern große Sorge.
18
Vgl. dazu Buchner/Schuh 2000 (Folder)
9
Ein Elternbrief ist eine Möglichkeit, die Bildungsanliegen des Faches Eltern gegenüber zu kommunizieren. Der Musterbrief kann
den schulischen Anforderungen entsprechend aktualisiert werden.
Im Zuge der Gestaltung schulautonomer Stundentafeln wurde ebenfalls sehr deutlich, dass die Vorstellungen vom EHUnterricht, die in den Köpfen von Entscheidungsträgern vorhanden sind, nicht dem aktuellen Stand der Entwicklungen im
Fachbereich entsprechen. Dieser „time-lag“ führt dazu, dass bildungspolitische Entscheidungen gefällt werden, die die
Vermittlung der Bildungsanliegen behindern statt unterstützen. Es ist daher wichtig, die Bildungsanliegen des Faches auch
gegenüber Kolleginnen/Kollegen und Vorgesetzten zu kommunizieren. Das Lehrerhandbuch leistet Ihnen dabei Hilfestellung.
Muster für einen Elternbrief
Titel, Name
Fachbereich „Ernährung und Haushalt“
Schule
Ort, Datum
Liebe Eltern!
Ich freue mich, dass Ihre Tochter/Ihr Sohn meinen Unterricht in „Ernährung und Haushalt“ besucht. Jeder Mensch muss sich
ernähren und jeder Mensch lebt in einem Haushalt: Das Wissen um eine bedarfsgerechte Versorgung ist daher für jeden
Menschen von Belang.
Der Unterricht im Lernbereich „Ernährung“ soll einen Einblick in gesunde Ernährung geben. Ihr Sohn/Ihre Tochter wird über
Verzehrsempfehlungen, Beachtenswertes beim Einkauf, bei der Verwendung und Lagerung von Lebensmitteln im Haushalt
informiert. Wir werden jedoch nicht nur über gesunde Ernährung reden, sondern auch empfehlenswerte Speisen zubereiten,
Lebensmittel verkosten und nach verschiedenen Gesichtspunkten bewerten.
Der Unterricht im Lernbereich „Haushalt“ beschäftigt sich mit Arbeitsplanung und partnerschaftlicher Arbeitsteilung,
sparsamem Wirtschaften und umweltbewusstem Haushalten, Unfallverhütung und Hygiene im Haushalt. All das werden wir
an praktischen Beispielen und beim gemeinsamen Kochen üben.
Für das Arbeiten in der Schulküche sind mitzubringen:
– Saubere Kochschürze, Hausschuhe mit fester Sohle
– 2 frisch gewaschene Geschirrtücher
– __ € für den Lehrmitteleinkauf19
– Schulbuch
– 15 Klarsichthüllen
– Mappe mit Einlegeblättern
Jede Schülerin/jeder Schüler wird pro Semester einmal mit einer Mitschülerin/einem Mitschüler den Lebensmitteleinkauf
für die gesamte Gruppe übernehmen. Es wird erwartet, dass Ihre Tochter/Ihr Sohn die Lebensmittel verlässlich und der
Einkaufsliste entsprechend einkauft und diese Aufgabe nicht einfach an Sie delegiert.
Das Mitführen der oben aufgelisteten Unterrichtsmittel und die Gestaltung der Mappe wird als Teil der Mitarbeit bei der
Notengebung berücksichtigt. Jede Schülerin/jeder Schüler bekommt einen Prüfungspass20 mit den Leistungen, die im Laufe
des Semesters nachgewiesen werden können. Bei der Durchführung der praktischen Arbeiten werden Selbständigkeit,
Übernahme von Verantwortung und die Zusammenarbeit innerhalb der Lerngruppe in die Beurteilung einfließen.
Mit freundlichen Grüßen
19
Der Lehrmittelbeitrag kann auch klassenweise fächerübergreifend eingesammelt werden. Das Lehrmittelgeld ist auch zu bezahlen, wenn
Schüler/innen nicht mitessen, da auch sie im Rahmen der Übungen zur Nahrungszubereitung die Lebensmittel als Übungsmaterial
verwenden. Fehlende Schüler/innen können nur bei langfristiger Abmeldung (14 Tage im Voraus) berücksichtigt werden. Diesbezügliche
Hinweise können im Elternbrief ergänzt werden oder gegebenenfalls durch eine weitere Elterninformation während des Schuljahres
übermittelt werden.
10
1.2 Zum Theorie-Praxis-Verständnis im EH-Unterricht
Auffallend ist, dass das Theorie-Praxis-Verständnis im Unterricht in „Ernährung und Haushalt“ vom
unterrichtswissenschaftlichen Verständnis in einigen Punkten abweicht. Dazu zwei Beispiele:
Unterrichtswissenschafter:
Das ist „Theorie“!
EH-Lehrer/in spricht
von „Praxis“.
Beispiel 1
Lehrer/in demonstriert in der Schulküche Handfertigkeiten –
Schüler/innen schauen zu.
EH-Lehrer/in spricht von
„Theorie“-Unterricht.
Unterrichtswissenschafter:
Das ist „Praxis“!
Beispiel 2
Schüler/innen arbeiten an einem Arbeitsblatt und suchen nach
Lösungen aus dem Buch.
Der Unterricht in „Ernährung und Haushalt“ wird im landläufigen Verständnis in einen „theoretischen“ Teil, in dem ein Thema
bearbeitet wird, und einen „praktischen“ Teil, in dem Schüler/innen eine Speise zubereiten, geteilt. Damit einher gehen auch
die Bewertung des Unterichts und die an ihn gerichteten Erwartungen: Nur nicht zu viel „Theorie“, das geht auf Kosten der
Zeit des „eigentlichen“ Unterrichts, nämlich der Speisenzubereitung21. Aber auch für dieses – auf Küchenpraxis eingeschränkte
- Praxisverständnis ist Theorie im Sinne einer sorgfältigen Anleitung22 (erstes Beispiel) notwendig. Und genauso notwendig ist
es, die Themen des sogenannten „theoretischen“ Teils praxisorientiert aufzubereiten (zweites Beispiel).
Beispiele
Merkmale
Zur Klärung der Begriffe werden in der folgenden Übersicht die Merkmale und einige Beispiele für Theorie und Praxis im
Unterricht einander gegenübergestellt:
Theorie
Lehrer/in ist tätig.
Praxis
Schüler/innen sind tätig.
– Lehrer/in spricht,
– macht etwas (Tätigkeit, Handgriff) vor,
– zeigt etwas (eine Ware, ein Bild, einen
Film …).
– Schüler/innen machen etwas laut Anleitung (schriftlich/mündlich)
nach.
– Schüler/innen führen eine Handlung durch (kognitiv, sozialkommunikativ, sensorisch, manuell …).
– Schüler/innen sind kreativ tätig (gestalten nach eigenen Ideen).
– Schüler/innen hören zu, schauen zu, sind
passiv rezeptiv.
– Verzehrsempfehlungen begründen
– empfehlenswerte Lebensmittel vorstellen
(Warenkunde, Einkaufskriterien)
– Anleitungen zur nährstoffschonenden
Zubereitung (Geräte, Handgriffe vorzeigen)
geben und demonstrieren.
– Anleitungen zur sachgerechten
Haushaltsführung (Reinigung, Hygiene,
Unfallverhütung, Müll, Verrechnung, …)
geben und vorzeigen.
– die Gruppeneinteilung vornehmen
– die Arbeitsaufteilung vornehmen
– die Arbeitsplätze vorrichten
– Lehrer/in beaufsichtigt, ermutigt, greift ggf. korrigierend ein, …
(z.B. Hygiene- und Sicherheitsmanagement, …)
– Über das eigene Handeln nachdenken (Reflexion des Essverhaltens,
Problembewusstsein entwickeln)
– Speisenfolgen nach den Vorgaben planen
– ein Arbeitsblatt ausfüllen, ein Plakat gestalten, die Lernkartei
durcharbeiten, Information aus einem Buch suchen, …
– eine Arbeitseinteilung in der Gruppe vornehmen
– den Arbeitsplatz den Anforderungen der Rezeptanleitung
entsprechend ausstatten
– die vorgezeigten Handgriffe während des Kochens nachmachen und
üben
– den Tisch decken, dekorieren
– das Haushaltsbuch führen, die Ausgaben abrechnen
– Reinigungsarbeiten durchführen
– Rückmeldungen zum Prozess/Produkt geben
(Sprache/Ausdrucksfähigkeit üben)
– zwei Produkte nach vorgegebenen Kriterien vergleichen
– bei einem Geschmackstests die sinnlichen Eindrücke wiedergeben
– Arbeitsaufgaben im Rahmen eines Lernzirkels durchführen
20
Siehe Arbeitsblatt 1.
Besonders bei Stundenkürzungen wird das auf Küchenpraxis eingeschränkte Praxisverständnis deutlich artikuliert: „Da bleibt keine Zeit
mehr für Theorie, da müssen wir gleich mit der Praxis (m.a.W.: mit dem Kochen) anfangen“. Das Ziel, im Unterricht eine Mahlzeit
zuzubereiten, ist so dominant, dass alle anderen Ziele untergeordnet werden. Die Gefahr, dass ein so verstandener Unterricht zum
Aktionismus verkommt, ist hoch. Legitimiert wird dieser auf die Methode „Kochen“ beschränkte Praxisbegriff mit Hinweisen wie: Lernen in
den restlichen Unterrichtsgegenständen ist ohnedies so kopflastig, Schüler/innen wollen nichts anderes als Kochen, Eltern begrüßen es,
wenn ihre Kinder eine anständige Mahlzeit bekommen, usw.
22
Siehe S. 25f.
21
11
Dauer, Zeitbedarf
Synonyme
Die Aufmerksamkeitsspanne ist abhängig von
der Art der Darbietung. Als
Verständlichkeitsmesser23 gelten:
– Kürze und Prägnanz
– Einfachheit
– Anschaulichkeit
– Gliederung
Daher die Zeit nicht für „Romane“
verschwenden, sondern informative, auf den
Punkt gebrachte Darbietungen, die von
anschaulichen Demonstrationen begleitet
werden.
Theorie-Praxis-Abfolge innerhalb einer
Lehreinheit ist abhängig vom Thema und den
geplanten Praxisbezügen.
Lehrerzentrierter Unterricht
– Die Ermüdung bzw. Konzentrationsfähigkeit ist abhängig von
Anforderungen der Aufgabe und Schülermerkmalen.
– Die manuelle Geschicklichkeit darf nicht überschätzt werden!
Wegen der mangelnden Routine benötigen auch „einfache“
handwerkliche Fertigkeiten Zeit.
– Kreative, schöpferische Tätigkeiten brauchen Zeit (Verzieren von
Speisen, Abschmecken, Tisch/Arbeitsblatt gestalten).
– Soziale Prozesse wie Arbeitsaufteilung, Organisation und
Arbeitsteilung in Kleingruppen brauchen Zeit (Abstimmen, Meinung
vertreten, …)
– Schüler/innen brauchen unterschiedlich lange Zeit zur
Durchführung der praktischen Tätigkeiten. Daher ist es sinnvoll,
kurze Reservethemen bereitzuhalten, um die „Restzeiten“ sinnvoll
zu nutzen (Arbeitsblätter, Lernkarteien, Lernspiele …).
Schülerzentrierter Unterricht
Handlungsorientierter Unterricht
Aus der Erkenntnis, dass der Lerngewinn bei einem passiv-rezeptiven Schülerverhalten gering ist, wurde die Forderung nach
einem schülerzentrierten, handlungsorientierten Unterricht laut. Als guter Unterricht gilt ein Unterricht, der so gestaltet und
organisiert ist, dass Schüler/innen sich möglichst aktiv handelnd mit dem Lehrstoff auseinandersetzen können.
Der Unterricht in „Ernährung und Haushalt“ wird seit jeher diesen Forderungen entsprechend, nämlich handlungsorientiert
gestaltet: Die praktische Anwendung von Erkenntnissen ist als fachdidaktischer Grundsatz24 in allen Lehrplänen verankert. Der
Unterricht wird meist in Form eines Stationenunterrichts organisiert. Die Schüler/innen werden in Kleingruppen den diversen
Übungsstationen zugeteilt, damit möglichst alle Gelegenheit zum praktischen Tun haben. Das Verständnis von „Praxis“ bezieht
sich dabei jedoch fast ausschließlich auf manuelle Tätigkeiten rund um die Nahrungszubereitung.
Das Lenken, Fördern und Reflektieren der sozialen Prozesse in der Gruppe wird schon weniger als „eigentlicher“
Unterrichtsinhalt gesehen25. Und dies, obwohl der große Vorteil im Unterricht in „Ernährung und Haushalt“ vor allem darin
liegt, dass für soziales Handeln keine „künstlichen“ Spielanleitungen geschaffen werden müssen, sondern die sozialen Prozesse
sich aus der gemeinsamen Arbeit bei der Herstellung eines Produkts unmittelbar ergeben. „Ernährung und Haushalt“ ist nicht
nur aufgrund der Inhalte –der Haushalt als Ort des Zusammenlebens –, sondern auch aufgrund der Unterrichtsorganisation ein
Trägerfach für soziale Bildung in der Schule26.
Für die Vermittlung von Themen, die im landläufigen Verständnis der „Theorie“ im EH-Unterricht zugeordnet werden, kann es
auch für Lehrer/innen in „Ernährung und Haushalt“ eine Herausforderung sein, Inhalte schülerzentriert und
handlungsorientiert aufzubereiten und das eigene Methodenrepertoire zu erweitern.
1.2.1 Organisationsstrukturen für einen schülerzentrierten, handlungsorientierten
Unterricht
Handlungsorientierter Unterricht beschreibt ein Verfahren, bei dem Lernen als Folge von Handlungen der Schüler/innen
ermöglicht wird. Unter Handlungen werden zielgerichtete, planvolle materielle Tätigkeiten und soziale Verhaltensweisen
verstanden. In Handlungen gehen sinnliche Wahrnehmungen27, konkrete Operationen28 und intellektuelle Selbststeuerung29
ebenso ein wie zielgerichtete Zusammenarbeit, Einhalten von Vereinbarungen und wechselseitige Hilfeleistungen mit den
Lernpartnern.
23
Siehe dazu Seite 25.
Praxis umfasst Planen, Entscheiden, Durchführen, Gestalten und Bewerten. Siehe dazu Lehrplan 2000, Ernährung und Haushalt, Abschnitt
Fachdidaktische Grundsätze.
25
Störungen im Miteinander-Arbeiten, z.B. Streitereien über Arbeitseinteilung und Zuständigkeiten werden durch rigide Einteilungsschemata
ausgeschaltet, weil sie auf Kosten der Zeit für die Speisenzubereitung gehen, die als „eigentlicher“ Unterrichtsauftrag angesehen wird.
26
Als ein Gradmesser des Selbst-Verständnisses der Rolle als Lehrer/in in „Ernährung und Haushalt“ kann auch das persönliche
Fortbildungsverhalten gesehen werden: Begegne ich den Störungen im Miteinander-Arbeiten durch Weiterbildung in Kursen zur
Teamentwicklung in der Klasse oder besuche ich lieber einen Kurs zur Perfektion meiner küchentechnischen Fertigkeiten?
27
Sinnestests, z.B. Geschmacksvergleiche
28
Manuelle Tätigkeiten wie Kochen, Reinigen, Tisch decken, …
29
Kognitive Leistungen wie: Informationen aus einem Buch suchen, ein Arbeitsblatt ausfüllen, einen Text lesen und zusammenfassen, eine
Einkaufsliste erstellen, Arbeitsschritte für die Herstellung einer Speise ordnen, …
24
12
Damit sich die Schüler/innen den Lernstoff nicht nur passiv-rezeptiv sondern möglichst aktiv - eigenständig handelnd aneignen können, wird der Unterricht in verschiedenen Organisationsformen gestaltet. Diese Organisationsformen finden auch
beim projektorientiertem Lernen (Projektunterricht) Anwendung.
Lernzirkel
Stationenlernen
Schüler/innen bearbeiten einen Sachverhalt
mit Hilfe unterschiedlicher Lernmaterialien.
Sie durchwandern verschiedene Lernstationen
in beliebiger oder festgelegter Reihenfolge.
Schüler/innen sind einer fixen Lernstation
zugeteilt. Bei thematisch unterschiedlichen
Lernstationen erreichen sie in einer Lehreinheit
jeweils unterschiedliche Lernziele.
Expertenlernen
Schüler/innen eignen sich in
Expertengruppen Wissen an, das sie in
ihren Stammgruppen weitergeben.
(„peers teaching“)
Drei Organisationsformen für handlungsorientierten Unterricht
Über konkrete Aufgabenstellungen (siehe unten) setzen sich die Schüler/innen in Einzel-, Partner- oder Kleingruppenarbeit mit
dem Lehrstoff auseinander. Ergebnisse des Lernprozesses sind ein Produkt (Arbeitsblatt, -mappe, -heft, Plakat, Folder,
Interview, eine Entscheidungsmatrix, eine nach bestimmten Gesichtspunkten hergestellte Speise, ein sorgfältig gedeckter
Tisch, …) und dessen Präsentation. Konkrete methodische Anregungen für einen handlungsorientierten Unterricht finden sich
in Publikationen meist unter dem Arbeitstitel „offenes Lernen“.
Bei der zeitlichen Organisation eines handlungsorientierten Unterrichts ist zu berücksichtigen, dass die den Handlungen
zugrundeliegenden Denk- und Handlungsstrategien und die aus den Handlungsergebnissen zu gewinnenden Erkenntnisse
sowohl auf fachlicher als auch auf sozialer Ebene von den Schüler/innen tatsächlich nachvollzogen werden: Es interessiert
nicht nur, was (Stofffülle, Erkenntnisgewinn, das Produkt), sondern auch, wie (Prozesse, Beziehungen) gelernt wurde. Von
purem Aktionismus unterscheidet sich das handlungsorientierte Lernen also durch die Zielgerichtetheit, Selbstbestimmtheit
und die begleitende Metakommunikation, d.h. das Reden über den Lern- und Arbeitsprozess. Damit dies gelingt, ist v.a. im
Rahmen der Nahrungszubereitung im EH-Unterricht „weniger oft mehr“!30
Effektives Handeln ist
– zielgerichtet: es gibt Leitlinien und längerfristige Zielvorstellungen. Siehe dazu S. 25 - Arbeitsanleitungen geben.
– realistisch: Das Ziel muss erreichbar sein mit der/den zur Verfügung stehenden Zeit, Arbeitsmitteln, Fertigkeiten, …
– organisiert: Teilhandlungen werden in einen größeren Sinnzusammenhang gebracht. Arbeitsorganisation ist Teil der
Handlung: Der Zeitbedarf dafür ist entsprechend zu berücksichtigen!
– stabil-flexibel: Grundsätzliches Festhalten am sachlichen Ziel unter Wahrung eines Handlungsspielraum (kreative
Lösungsstrategien sind zum Unterschied zu Verstößen gegen die fachliche Richtigkeit zuzulassen).
1.2.2 Aufgabenstellungen und Lernhilfen
Den Aufgabenstellungen kommt beim handlungsorientiertem Lernen eine Schlüsselfunktion zu. Zum einen sollen die
Aufgabenstellungen durch ihren Aufforderungscharakter den Lernenden motivieren, sich aktiv an der Lösungsfindung zu
beteiligen. Zum anderen sollen die Aufgabenstellungen so gewählt sein, dass der Lernende zu Transferleistungen (zur
Anwendung von Einzelkenntnissen und Einzelfertigkeiten im außerschulischen Kontext) fähig ist.
Beispiele für Aufgabenstellungen
Fallgeschichten/Fallstudien
Diskussion/Standpunkte vertreten
Vergleichende Produktanalysen
Erhebung, Erkundung
Experimente, entdeckendes Lernen
Rezeptanweisungen (konkret / offen)
Seiten im Schulbuch
7, 9, 19, 21, 23, 40, 60, 77, 92, 100, 102, 112
7, 23, 29, 31, 52, 77, 78, 79, 83, 90, 94, 96, 107, 108, 112
24, 37, 38, 49, 54, 68, 95, 97
24, 26, 50, 74, 75, 83, 85, 87, 91, 97, 99, 100, 105,114, 115
13, 15, 32, 37, 54, 63, 64, 66, 97
21, 24, 32, 36, 42, 47, 43, 52, 58, 60, 86, 101, 103
30
Das gilt für die Unterrichtsvorhaben wie die Anzahl der Speisen, nicht aber für die Unterrichtszeit! Es ist unstimmig, auf der einen Seite
handlungsorientierten Unterricht zu fordern und andererseits die für Handlungen einfach erforderliche Zeit durch Stundenkürzungen zu
begrenzen.
13
Als Lernhilfen dienen alle Maßnahmen, die den Lernenden auf seinem Weg zum Erkenntnisgewinn unterstützen.
Beispiele:
– korrekte mündliche und/oder schriftliche Arbeitsanleitungen (siehe S. 25)
– Impulse zur Überbrückung der Initialhemmung vor Beginn praktischer Tätigkeiten: „Was ist Deine erste Arbeit?“
– Gliederung größerer Arbeitsaufträge in Übungsschritte, Teilaufgaben
– Orientierungshilfen: Übersichten, Strukturvorgaben, Checklisten, … (z.B. mit Hilfe einer Pinnwandmoderation)
– Korrekte Hilfestellungen – sachbezogene Korrekturen (keine personbezogenen Bewertungen!)
– Visualisierung abstrakter Inhalte durch Schemata, Symbole, Bilder, Medien, …
– Einsatz von Lernspielen (Dominos, Bandolinos, Lernkarten, …), die das Lernen als Prozess emotional positiv besetzen bzw.
den „Spieltrieb“ als Motivator nutzen
– Erfolgsbestätigungen (z.B. in Form von Leistungspässen)
– Eingehen auf Individualitäten
– Gruppendynamische Einfühlung (Reflexionsphasen, Maßnahmen zur Förderung des Gruppenklimas)
1.3 Schlussbetrachtung
Den Unterricht in „Ernährung und Haushalt“ gibt es nicht
Jede Lehrerin/jeder Lehrer muss eigenverantwortlich die der aktuellen Klassensituation angemessenen Methoden zur
Lernzielerreichung festlegen und verwirklichen. Dies kann dazu führen, dass je nach Situation in der Klasse ein und dasselbe
Thema in unterschiedlichen Herangehensweisen umgesetzt werden wird.
Den Unterricht in „Ernährung und Haushalt“ gibt es nicht, und schon in einzelnen Schulen gibt es Gruppen, bei denen der
Schwerpunkt in der Unterrichtsgestaltung variiert und die praktische Unterrichtsgestaltung sich schwerpunktmäßig
unterschiedlichen Aufgabenbereichen31 der Schule widmen muss:
– Gruppen, in denen sozial-integrative Bildungsziele vorrangig sind: Entscheidungen fällen, einen
Arbeitsplan erstellen, miteinander arbeiten, …
– Gruppen, mit denen auf der konkret fachlichen, ev. auch berufsvorbereitenden Ebene
gearbeitet wird: Lebensmittel verkosten und bewerten, Arbeitsverfahren üben, Routinen
erlernen, …
– Gruppen mit Schüler/innen, die dahingehend gefordert werden müssen, ihre Einstellungen zu
hinterfragen und ihre Fähigkeiten zur Selbstwahrnehmung und Selbstreflexion schulen.
31
14
Lehrplan 2000, allgemeiner Teil
Sozialkompetenz
Sachkompetenz
Selbstkompetenz
2 Themenbereich „Ernährung und Gesundheit“
Im Themenbereich „Ernährung und Gesundheit“ sollen die Schülerinnen und Schüler befähigt werden, sich für eine der
Gesundheit dienlichen Ernährungsweise entscheiden zu können.32
Kommentar
Um sich für oder gegen etwas entscheiden zu können, ist Bildungsarbeit auf drei Lernebenen notwendig:
„Sich entscheiden“ setzt einen Entscheidungswillen voraus. Um das „Wollen“ anzuregen, muss das
Ziel positiv besetzt33 und erstrebenswert erscheinen, ein Nutzen muss erkennbar sein.
Gesundheitsbildung ist demnach primär Motivationsarbeit. Verschiedene Strategien werden
eingesetzt, um Menschen zu motivieren, sich gesund zu erhalten und aktiv etwas für ihre
Gesundheit zu tun. Die erfolgreiche Strategie wird es nicht geben, denn Menschen sprechen
unterschiedlich auf die verschiedenen Motivationsstrategien an: Was den einen anzieht, findet der
andere uninteressant. Motivationsstrategien haben auch ein Ablaufdatum, d.h. sie nutzen sich mit
der Zeit ab und müssen von neuen Motivatoren abgelöst werden.
„wollen“
positive Einstellung
Bereitschaft wecken
affektive Lernebene
„wissen“
Um sich „entscheiden zu können“, benötigt man Hintergrundwissen. Wer nicht weiß, worauf es
Sachkompetenz
ankommt, kann sich nicht entscheiden, sondern ist auf (Ver-)Führung angewiesen und bleibt
kognitive Lernebene
unmündig. Wer die relevanten Gesichtspunkte34 zur Beurteilung von „gesunder Ernährung“ nicht
kennt, wird aus Gewohnheit handeln, in unserem Fall Nahrung auswählen und zubereiten, essen
und trinken. Dann bleibt es dem Zufall überlassen, ob die Gewohnheiten gesundheitsförderlich sind
oder nicht, man kann aber nicht mehr von einer Entscheidung sprechen.
Während jüngere Kinder noch lernen, indem Vorbilder unmittelbar nachgeahmt werden, sind 1314jährige auf einer kognitiven Entwicklungsstufe angelangt, in der Handlungen durchaus kritisch
hinterfragt werden.
Auch für den erwachsenen Lernenden gilt, dass das Wissen angemessen und anschaulich-konkret35
dargeboten werden muss. Ein mündiger Lernender muss auch wissen, woher er Sachwissen
beziehen kann – nur allzu häufig ist Ernährungswissen Werbungswissen!
Das beste Wissen nützt nichts, wenn es nicht in Handlungen umgesetzt werden kann.
Ernährungsbezogene Handlungen umfassen Planung (der einzelnen Mahlzeiten, Vorratswirtschaft),
Einkauf und Lagerung sowie Techniken zur Nahrungszubereitung. Die Auswahl und Zubereitung der
Nahrung muss den diätetischen36 Anforderungen entsprechend vorgenommen werden können.
Wie oben schon argumentiert, ist es dem Alter der Schüler/innen angemessen, dass
ernährungsbezogene Handlungen (Einkauf, Nahrungszubereitung) mit Sachwissen unterlegt werden
und Anleitungen begründet werden: Das unterscheidet Lernen in den fachpraktischen Übungen von
purem Aktionismus.
„können“
Handlungskompetenz
psychomotorische
Lernebene
Das Schulbuch „Auf einen Blick - Ernährung und Haushalt“ folgt diesen 3 Ebenen: Es leistet durch die Gestaltung
Motivationsarbeit, gibt wesentliche Sachinformation, indem es Zusammenhänge „auf einen Blick“ aufzeigt und leitet zu
eigenständigen Handlungen an.
2.1 Anhand einer Lebensmittelgruppe Kriterien der Lebensmittelqualität
kennen lernen
2.1.1 Kernbereich
Schulbuch S. 32: Abschnitt Nahrung auswählen und zubereiten.
Zu jeder Lebensmittelgruppe werden folgende Kriterien der Lebensmittelqualität besprochen:
– Gesundheitswert: Gehalt essentieller Inhaltsstoffe – Grundaussagen
– Verzehrsempfehlung
32
Lehrplan 2000, Ernährung und Haushalt: Bildungs- und Lehraufgabe
Gesunde Ernährung muss ein positiv besetzter Wert sein und darf auch gut schmecken, Genuss ist keine „Sünde“. Allzu oft wird Ernährung
mit bedrohlichen Bildern verknüpft: Drohung vor Krankheit („Der Tod sitzt im Darm“, Übersäuerung, Verschlackung), Angst vor Schadstoffen,
Zusatzstoffen, Allergenen und Toxen überwiegen, sodass es gefährlich erscheint, Nahrung zu sich zu nehmen. Damit einher geht der Verlust,
unbeschwert genießen zu können.
34
Gesundheitswert - siehe S.16f.
35
Lehrplan 2000, allgemeiner Teil: Allgemeine didaktische Grundsätze
36
Diätetik im Sinne einer gesunden Ernährung, siehe Lehrplan 2000
33
15
– Beachtenswertes beim Einkauf und/oder bei der Lagerung
– Beachtenswertes bei der Zubereitung
– Spezifische, lebensmitteltypische Kriterien
2.1.2 Erweiterungsbereich
Schulbuch S. 94: Was bietet der Lebensmittelmarkt? Die Qualität unserer Nahrung.
Vorgegebene Schlagwörter geben verschiedene Aspekte von Lebensmittelqualität vor und strukturieren damit das
Unterrichtsgespräch. Jeder Aspekt soll von den Schüler/innen mit Beispielen konkretisiert werden.
2.1.3 Kommentar
37
Die Kriterien zur Beurteilung dessen, was „gut“ ist, d.h. was die Qualität eines Lebensmittels ausmacht, sind vielschichtig .
38
Grundsätzlich können bei der Beurteilung von Lebensmitteln (Gütern, Dienstleistungen, Lebensstilen) drei Kategorien
unterschieden werden, die sich auf jeweils unterschiedliche Ziele beziehen: Gesundheitsverträglichkeit (Individuum),
Umweltverträglichkeit (Umwelt) und Sozialverträglichkeit (Gesellschaft). Die Interessen und Zielvorstellungen des Einzelnen
stehen dabei nicht selten konflikthaft den Interessen der Gesamtgesellschaft oder der Umwelt gegenüber.
Kategorien für Qualität von Waren, Dienstleistungen, Lebensstile.
Vergleiche dazu die Darstellung im Schulbuch S. 77: Nachhaltige
Lebensstile erhalten die Gesundheit, schonen die Umwelt und sind
sozial gerecht.
Mensch
Gesundheitsverträglichkeit
Sozialverträglichkeit
Umweltverträglichkeit
Umwelt
Gesellschaft
Diese Kategorien können in einzelnen Kriterien näher definiert werden.
Gesundheit und Geschmack – ein Widerspruch?
Kriterien der Gesundheitsverträglichkeit
Das ernährungswissenschaftliche Kriterium für die Beurteilung von Lebensmittelqualität ist der Gesundheitswert, ausgedrückt
durch den Gehalt und die Dichte essentieller Inhaltsstoffe. Zur Berechnung der Nährstoffdichte wird der Gehalt an einem
Nährstoff in Beziehung zum Energiegehalt eines Lebensmittels (einer Mahlzeit oder eines Tagesspeiseplans) gesetzt.
Nährstoffdichte =
37
38
16
Nährstoffgehalt (mg oder µg pro 100 g)
Energiegehalt (MJ pro 100g)
Koerber et al. 1999, S.53ff.
Spitzmüller/Pflug-Schönfelder/Leitzmann 1993, S. 171ff.
Lebensmittel mit einer hohen Nährstoffdichte sind die meisten Grundnahrungsmittel wie z.B.Gemüse und Hülsenfrüchte,
Vollkorngetreide, Fleisch, Frischmilchprodukte.
Die Nährstoffdichte kann mit Hilfe der Symbole für die Inhaltsstoffe anschaulich und vereinfacht dargestellt werden. Je mehr
Symbolkarten39 einem Lebensmittel zugeordnet werden können, desto höher ist der Gesundheitswert. Dabei ist allerdings die
Verzehrsmenge zu berücksichtigen. So enthalten Kräuter zwar z.B. einen hohen Vitamin- und Mineralstoffgehalt, aufgrund der
geringen Verzehrsmenge ist ihr Beitrag zur Nährstoffbedarfsdeckung jedoch vernachlässigbar40.
Beispiele für Lebensmittel mit einer geringen Nährstoffdichte, die nur einige wenige Nährstoffe enthalten und deshalb nur in
kleinen Mengen zu verzehren sind:
– Salz (Natrium)
– Süßwaren und Limonaden (Zucker)
– Stärkemehl (Stärke)
– Fett (Fett)
Fett kann die Nährstoffdichte von Speisen ungünstig verschieben, da es zu einer Energieanreicherung kommt. Das erklärt,
warum die Nährstoffdichte von gedämpften Erdäpfeln höher ist als die von Pommes frites.
Salz, Zucker, Weißmehl und Fett sind jedoch die Geschmacksbildner in der gewohnten österreichischen Hausmannskost.
Gesundheitsbezogene Änderungen der Art, dass Salz, Zucker oder Fett sparsam verwendet werden und Weißmehl durch
Vollkornmehl ersetzt wird, führen zu gravierenden Änderungen des Geschmackserlebens41. Für den Esser, der die in den
Lebensmitteln enthaltenen Inhaltsstoffe ja in der Regel nicht als solche wahrnimmt, spielt vorrangig der Genusswert
(= Geschmack, Gewohnheit, Erwartung) eine Rolle. Somit drohen „gesund“ und „gut“ tatsächlich im Widerspruch zueinander
zu stehen, zumindest so lange als „gut“ gilt, was den bisherigen Geschmacksgewohnheiten entspricht.
Dieser Widerspruch spiegelt sich auch in der Bewertung der Ergebnisse im Unterricht wieder und führt dazu, dass
Schüler/innen von einer Speise begeistert sind, weil sie gut schmeckt, und nicht, weil sie etwas Gesundes zubereitet haben.
Die Kunst des Unterrichtens in „Ernährung und Haushalt“ besteht darin, gesunde Ernährung im wahrsten Sinne des Wortes
„schmackhaft“ zu machen, also solche Rezepte als Beispiele für die fachpraktischen Übungen auszuwählen und zuzubereiten,
die gesunde Ernährung veranschaulichen und den geschmacklichen Erwartungen der Schüler/innen entsprechen, also zu einer
positiven emotionalen Besetzung von „gesunder Ernährung“ führen.
Umweltverträglichkeit
Eine weitere Kategorie zur Beurteilung der Ernährung ist die Umweltverträglichkeit.
Kriterien der Umweltverträglichkeit
Zur Veranschaulichung des Begriffs „Umweltverträglichkeit“ gibt es drei verschiedene Denkmodelle42:
– Der ökologische Rucksack,
– der ökologische Fußabdruck,
– der Umweltraum.
39
Symbolkarten aus laminierten Farbkartons sind im Medienpaket von Barta, Buchner 2000 enthalten.
Kräuter spielen als Duft-, Farb- und Geschmacksstoffe eine größere Rolle denn als Vitamin- und Mineralstoffspender.
41
Womit beim Esser das Vorurteil, dass „Gesundes nicht gut schmecken kann“, bestätigt wird.
42
In: Jakubowitz 1999
40
17
Beim ökologischen Rucksack geht es um Materialmengen und Energien, die „unsichtbar“ in einem
Gegenstand stecken und die wir bei Benützung dieses Gegenstandes mit verbrauchen. So steckt zum
Beispiel in jeder Aludose eine enorme Menge Energie, die vom Bauxitbergbau über die Aluschmelze und
den Transport der Rohstoffe bis hin zur Manipulation im Supermarkt für sie verwendet und für ihre
künftige Entsorgung noch gebraucht werden wird. Dazu kommen eine beachtliche Menge Abraum, der
beim Bauxitbergbau bewegt wird, und Bauxitschlamm, der Flüsse verschmutzt und Lebensräume
zerstört. All das trägt die Aludose wie einen riesigen Rucksack mit sich.
Das Konzept vom ökologischen Fußabdruck legt das
Schwergewicht nicht auf die Tonnen Material und Energie,
sondern auf die Quadratmeter Lebensraum, die durch
Produktion bzw. Konsum von Gütern verbraucht werden. Bei
diesem Konzept tritt der Aspekt der globalen Gerechtigkeit
zusätzlich in Erscheinung. Die gesamte global verfügbare
Fläche wird nach Kategorien wie Ackerfläche, Weide, Wald,
bebaute Fläche usw. getrennt aufgeführt und durch die Anzahl
der auf der Welt lebenden Menschen dividiert. Die statistisch
Bildquelle: Wackernagel/Mathis: Unser ökologischer Fußabdruck.
verfügbare Fläche von 1,45 ha pro Person ist aber weltweit
Basel – Boston – Berlin 1997
ungleich belegt. Durch den Konsum verbrauchen
Mitteleuropäer etwa 4-5 ha, ein US-Amerikaner 8 ha, ein Inder belegt nur 0,59 ha. Die Berechnungen werden unterschiedlich
angestellt, grob gesprochen kann man sagen, dass die Menschen in westlich orientierten Industriestaaten drei Mal so viel
Lebensraum konsumieren, wie ihnen zustünde, drei andere Menschen sich dafür mit einem Drittel ihres Erdanteils begnügen
müssen.
Das Konzept vom Umweltraum geht ebenfalls von der Voraussetzung aus, dass die Güter der Welt rechnerisch auf alle
Menschen aufgeteilt werden, verzichtet aber auf die Umwandlung in eine einzige Größe wie Tonnen (Rucksackmodell) oder
Hektar Land (Fußabdruck). Die pro Kopf der Weltbevölkerung zur Verfügung stehende Menge wird als Umweltraum bezeichnet.
So gibt es einen Umweltraum Boden, einen Umweltraum CO2-Emission, einen Umweltraum Roheisen oder einen Umweltraum
Wasser usw. Jedem Menschen steht ein fairer Anteil zu, unabhängig vom Vorkommen der jeweiligen Ressource in der Region,
in der er tatsächlich lebt.
Ökonomie und Ökologie – ein Widerspruch?
Neben den Kriterien, die mittels der Sinnesorgane geprüft werden können (Geschmack, Aussehen), spielt für den Konsumenten
der Preis die größte Rolle bei der Auswahl von Lebensmitteln. Umfragen machen zwar deutlich, dass der Verbraucher
biologisches Gemüse, Fleisch aus artgerechter Tierhaltung, eine intakte Umwelt, sauberes Wasser und reine Luft wünscht, das
konkrete Kaufverhalten ist jedoch inkonsequent. Jeder will zwar Fleisch artgerecht gehaltener Tiere essen, aber um einen Preis,
der nur über Massentierhaltung zu erreichen ist!
„Viel um wenig Geld“, auch wenn es zuviel des Guten ist: „3 zum Preis von 2“ und „mehr Inhalt zum gleichen Preis“ und der
„Preishammer beim Schweinefleisch“ fördern den Kaufimpuls besser, als es ein Ei aus artgerechter Tierhaltung jemals könnte.
Der Bio-Markt kämpft mit erheblichen Absatzproblemen, da nur eine Minderheit der Verbraucher bereit ist, den mit dem
arbeitsintensiveren Produktionsaufwand verknüpften höheren Preis zu bezahlen oder auf Produkte aus umweltschädigenden
Produktionstechnologien zu verzichten.
Solange Lebensmittel nicht kostenwahr berechnet werden, kann hoch verarbeitete Nahrung wie z.B. das Kartoffelpürreepulver
billiger sein als empfehlenswerte, wenig verarbeitete Grundnahrungsmittel, z.B. Erdäpfel aus umweltgerechtem Anbau.
Bananen aus Übersee können billiger sein als der Apfel aus der Region, obwohl die mit Produktion und Transport verbundenen
negativen Auswirkungen auf Mensch, Umwelt und Gesellschaft (Chemieeinsatz, Energieverbrauch, Lärmbelastung,
Luftschadstoffe) ungleich höher sind.
43
Immer lauter werden daher die Forderungen , eine neue ethische Kategorie – Sozialverträglichkeit - zur Beurteilung der
Qualität von Gütern und Dienstleistungen aufzunehmen. Verlangt wird eine Unternehmensethik, die weder Arbeitnehmer44
noch Menschenrechte verletzt und gerechte Entlohnung für die geleistete Arbeit garantiert, die weder die Umwelt schädigt
noch die Lebensräume indigener Völker zerstört und den Konsumenten über Inhalt und Entstehung der Produkte restlos
aufklärt. Gesundheit, Bildung, aber auch der Zugang zu Wasser sowie Patente auf Lebewesen sollen keine Handelswaren
werden. Auf der Seite des Verbrauchers bedeutet sozialverträgliches Verhalten den Verzicht auf individuelle Vorteile und Luxus
auf Kosten der Lebenschancen anderer.
43
Globalisierungsgegner kritisieren ein Politikverständnis, das Konzerninteressen über Allgemeininteressen stellt. So können beispielsweise
Verkehrsbeschränkungen aus Umweltschutzgründen (Lärmbelastung der Anrainer, Schadstoffemissionen entlang der Transitrouten) beim
europäischen Gerichtshof geklagt werden, da sie das Recht auf freien Warenverkehr beschränken!
44
Z.B.: Transfair, clean clothes compagne
18
Kriterien der Sozialverträglichkeit
2.2 Verzehrsempfehlungen für die Lebensmittelgruppen kennen
2.2.1 Kernbereich
Schulbuch S. 8: Gesunde Ernährung = abwechslungsreiche Mischkost. Die Verzehrsempfehlungen sind „auf einen Blick“ den
jeweiligen Lebensmittelgruppen zugeordnet.
Modelle zur Veranschaulichung
Als Modelle zur Veranschaulichung von Verzehrsempfehlungen dienen Essenskreise und Ernährungspyramiden. Essenskreise
wurden durch die DGE im deutschsprachigen Raum verbreitet, während die aus dem anglo-amerikanischen Raum kommende
Ernährungspyramide v.a. durch Frühstücksflocken bekannt geworden ist.
Die Arbeit mit dem Essenskreis auf der Fläche erweist sich in der Schulküche als praktikabel, deshalb wurde dieses Modell im
Schulbuch gewählt. Der Essenskreis weicht in einigen Punkten vom Lebensmittelkreis der DGE45 ab.
Segment
Getreide und Getreideprodukte
Gemüse und Obst
Milch und Milchprodukte
Gewürze und Süßungsmittel
Abweichung
Erdäpfel und Hülsenfrüchte werden zur Gruppe Gemüse und nicht zu dieser
Lebensmittelgruppe gezählt. Dies widerspräche einfach den vorhandenen BiologieKenntnissen der Schüler/innen.
Werden gemeinsam in einer Lebensmittelgruppe geführt. „5 am Tag“ lautet die für beide
gültige Empfehlung.
Ab einem Fettgehalt von 15% werden fettreiche Milchprodukte zu den Fetten gezählt.
Werden in einer eigenen Spalte angeführt, da es auch für sie Verzehrsempfehlungen
gibt: moderater Kochsalz- und Zuckerkonsum. Es hat wenig Sinn, Zucker gemeinsam mit
positiv besetzten anderen kohlenhydratreichen Lebensmitteln in einer gemeinsamen
Spalte anzuführen, wenn die Verzehrsempfehlungen dann erst recht eine
Unterscheidung notwendig machen.
Vorbereitung - Herstellen eines großen Essenskreises
Einen Kreis aus Packpapier mit einem Durchmesser von 80-100cm ausschneiden. Die Segmente größenmäßig den
Verzehrsempfehlungen entsprechend einteilen und die Lebensmittelgruppen beschriften.
Die Arbeit mit dem Ernährungskreis
Im Unterricht können die Lebensmittel, die zur Zubereitung einer Speise verwendet werden, von den Schüler/innen nun direkt
in die entsprechenden Spalten des Essenskreises hineingestellt werden. Jedes Lebensmittel wird anhand der
Verzehrsempfehlung für die Lebensmittelgruppe hinterfragt.
Beispiele:
– Das Mehl für die Spätzle wird der Gruppe Getreide zugeordnet. - Die Verzehrsempfehlung für diese Lebensmittelgruppe
lautet: Getreide täglich, reichlich, zum Sattessen, bevorzuge Vollkornmehl - entspricht das für die heutige Speise
verwendete Mehl der Empfehlung?
45
DGE = Deutsche Gesellschaft für Ernährung
19
– Das Öl gehört in die Spalte „Fett“ - Die Verzehrsempfehlung lautet „Fett sparsam verwenden. Wenn schon Fett, dann
pflanzliche Fett bevorzugen.“ - Um welches Fett handelt es sich bei dem heute verwendeten Fett, wieviel Fett gießt Du
zum Braten in die Pfanne?
Lebensmittel, die den Ausgleichsbedarf decken bzw. nicht mehr verzehrt werden sollen, lassen sich sofort erkennen.
Kopiervorlage
Arbeitsblatt 3: Essenskreis – Verzehrsempfehlungen eintragen.
2.2.2 Erweiterungsbereich
Schulbuch S. 32ff: Nahrung auswählen und zubereiten – Zu jeder Lebensmittelgruppe werden die Verzehrsempfehlungen
ausgewiesen. Die Verzehrsempfehlungen werden durch Beachtenswertes bei Einkauf, Lagerung und Zubereitung ergänzt.
Schulbuch S.95: Was bietet der Lebensmittelmarkt? Der Gesundheitswert von Fertigkost – Verzehrsempfehlungen zur
Anreicherung von erhitzter, vorgefertigter Nahrung.
Schulbuch S.114: Umweltbewusste Ernährung: bio-logisch! – Erweiterung der Verzehrsempfehlungen um ökologische
Aspekte.
2.2.3 Kommentar
Verzehrsempfehlungen sind Aussagen, die dem Laien verständliche und nachvollziehbare Anleitungen zur gesunden Ernährung
vermitteln. Sie zeichnen sich durch Kürze und Prägnanz aus, auf Begründungen wird verzichtet. Verzehrsempfehlungen
enthalten quantitative und qualitative Angaben.
Quantitative Angaben: wie viel, wie oft, wie groß eine Verzehrsportion sein soll.
Qualitative Angaben: wie das Lebensmittel beschaffen sein soll; roh/gekocht, geschält/ungeschält, pflanzlich/tierisch.
Die im Schulbuch gegebenen Verzehrsempfehlungen entsprechen den Empfehlungen des Beratungs-Standards46 der DGE. Der
normative Charakter im Hinblick auf die Gesundheitsverträglichkeit wird bei den Lernanlässen zum Erweiterungsbereich um
Aspekte der Umwelt- und Sozialverträglichkeit erweitert.
Verzehrsempfehlungen - wer gibt welche Normen vor?
Es gab und gibt vielfältige Normen, wann, was, wie zu essen ist. Die normsetzenden Instanzen verfolgen unterschiedliche Ziele.
Im folgenden ein kurzer Überblick:
normsetzende Instanz
Ziel – normative Implikation
Beispiele für Verzehrsempfehlungen
nationale
Gesellschaften für
Ernährung
DACH47-Empfehlungen
Vertreter der
ErnährungsWissenschaft
Ernährungsökologie48
Vollwertige Ernährung im Sinne einer
bedarfsgerechten Versorgung mit
allen essentiellen
Nahrungsinhaltsstoffen sichert die
Gesundheit und Leistungsfähigkeit
des Menschen.
– abwechslungsreiche Mischkost
– betont pflanzliche Kost mit geringerem Anteil an
tierischen Lebensmitteln
– Fett sparsam verwenden, wenn schon Fett, dann
pflanzliche Fette bevorzugen
– mehrere kleine Mahlzeiten über den Tag verteilt
Ernährung, die
– gesundheitsverträglich
– umweltverträglich
– sozialverträglich
ist, sichert nicht nur die individuelle
Gesundheit, sondern auch eine intakte
Umwelt und den sozialen Frieden
nachhaltig.
Leben im Einklang mit göttlichen
Geboten; Lösung von diesseitigen,
körperlichen, subjektbezogenen
Bedürfnissen; ein gottgefälliges Leben
im Diesseits rechnet sich für das
Leben im Jenseits.
–
–
–
–
–
–
–
ganzheitlich orientierte
Wissenschafter
unterschiedlicher
Sparten
Religionen
(christliche, jüdische,
islamische,
buddhistische,
hinduistische,
Speisengebote,
Naturreligionen)
46
eine betont pflanzliche Ernährung
Nahrung aus ökologischem Anbau
Nahrung aus der Region
Veredelungsverluste vermeiden
tierische Produkte aus artgerechter Tierhaltung
gerechte Preise für landwirtschaftliche Produkte
fairer Handel
– alle Religionen schreiben Mäßigung beim Essen und
Trinken vor
– rituelle Handlungen wir Speisenweihen, Opfergaben,
Schlachtriten,...
– Fastenzeiten und Fastengebote
– Tabus (Verbote bestimmte Lebensmittel zu verzehren
oder miteinander zu kombinieren)
Die Beratungs-Standards sind eine laufend aktualisierte Loseblattsammlung, die Multiplikatoren eine Orientierungshilfe bieten. Aussagen
zu ernährungswissenschaftlichen Themen werden kurz zusammengefasst, weiterführende Literatur wird angeführt.
47
D für Deutschland, A für Österreich, CH für Schweiz
48
Ernährungsökologie ist eine integrative Wissenschaftsrichtung, die das gesamte Ernährungssystem ganzheitlich betrachtet und
ernährungswissenschaftliche, ökologische und wirtschaftswissenschaftliche bzw. gesellschaftspolitische Aspekte der Ernährung miteinander
verknüpft.
20
Kulturelle
Gepflogenheiten
Brauchtum und Sitten
der jeweiligen Region
und der
gesellschaftlichen
Schichten
früher: Mit dem verfügbaren
regionalen Nahrungsangebot
(= bodenständige Küche) den
Nahrungs- und Energiebedarf der
Bevölkerung decken. Standesgemäße
Kost/Ernährung.
heute: Traditionen der ursprünglich
bäuerlichen Tischgemeinschaft
bewahren. Tischkultur der gehobenen
Gesellschaftsschichten pflegen.
– in den alpinen Regionen überwiegende Verwendung
von tierischen Fetten (Viehzucht, Milchwirtschaft)
und Getreide (Mehlspeisen); wenig Rohkost zum
49
Unterschied zu mediterranen Gegenden mit
überwiegend pflanzlichen Fetten (Olivenöl), Gemüse,
Getreide und Fisch
– traditionelle Menüfolgen zu den Tagesmahlzeiten und
Festtagen
– sättigende, kostengünstige Speisen
(„Hausmannskost“)
– Trinksitten
– regionales, jahreszeitliches Angebot
– Tischregeln, die den sozialen Status der Personen
widerspiegeln
50
Jede dieser vier normsetzenden Instanzen ist für den Schulunterricht wirksam . Daneben existieren noch weitere
normsetzende Instanzen in Form von Sonderkostformen und Außenseiterdiäten. Die vielfältigen und sich z.T. auch
widersprechenden Ernährungsempfehlungen sorgen für eine den Laien verwirrende Meinungsvielfalt am Ernährungssektor.
Eine Auswahl ohne Anspruch auf Vollständigkeit:
Vertreter
Naturküche
(Bircher, Kollath,
Schnitzer, Bruker, …)
Gastronomen der
Nationalpark-Regionen
Pharmaindustrie
Struntz, FitnessStudios, …
Wellness-Branchen
Vegetarismus
Anthroposophische
Ernährung
(R. Steiner)
Trennkost
(Hay, Walb,
Diamond, …)
Mayr
(Rauch, Ärzte)
Grundaussagen
Natur ist gut und liefert alles, was der
Mensch braucht.
Industriell verarbeitete Nahrung ist
Mangelernährung, es fehlen die
Vitalstoffe. Um gesund zu bleiben, gilt
der Leitsatz: „Lasst unsere Nahrung so
natürlich wie möglich“
Eine ausreichende
Nährstoffversorgung kann nur durch
Nahrungsergänzungsmittel
sichergestellt werden.
„Du sollst nicht töten.“ Moralisch
einwandfreies Handeln durch Verzicht
auf Lebensmittel, die durch Töten von
Tieren gewonnen wurden.
Leben im Einklang mit Natur und
Kosmos.
Gesundheit erhalten, indem eine
Übersäuerung des Körpers vermieden
wird.
Voraussetzung für Gesundheit ist die
Darmgesundheit. Diese wird erreicht
und erhalten durch Entschlackung
und Darmpflege.
Beispiele
– Produkte aus biologischem Anbau
– Vollkorngetreide
– betont vegetarische Ernährung
– Butter, Obers als natürliche Fette
– wenig Fleisch (Biofleisch)
– „natürliche Zucker“: Rohzucker, Honig
– Meersalz
– Zutaten aus der Naturküche
– gepaart mit funktionellen Lebensmitteln
(nährstoffangereicherte Produkte)
– eiweißreiche Ernährung
– Nahrungsergänzungsmittel
– ovo-lacto-vegetabile Kost
– lacto-vegetabile Kost
– veganische Ernährung
– Rohköstler
– Produkte aus biologisch-dynamischer Landwirtschaft
– Vollkorngetreide, Gemüse
– Zutaten aus der Naturküche
– Trennen von eiweiß- und kohlenhydratreichen
Lebensmitteln
– Kombinationsvorschriften zu den Tagesmahlzeiten
– Gründliches Kauen
– Milch-Semmel-Kur
– leichte Vollkost
Selbst im 21. Jahrhundert spielen mystische und magische Vorstellungen eine nicht zu unterschätzende Rolle bei
Verzehrsempfehlungen. So spielt z.B. die Aussage: „Der Mensch ist, was er isst“ eine erhebliche Rolle in einigen
Ernährungsideologien. In sich schlüssige Konzepte vermitteln die Überzeugung, dass die (moralische) Integrität des Menschen
von seiner Nahrungsauswahl bzw. seinen Verzehrsgewohnheiten abhängt.
51
Letztlich begründet sich auch der Verkaufserfolg von sogenannten funktionellen Lebensmitteln mit Zusatznutzen (schlank, fit,
schön, darmgesund usw.) in den magischen Vorstellungen, dass durch die Aufnahme von bestimmten Produkten im Inneren
49
Die „Mittelmeerdiät“ – die mediterrane Ernährungsweise, deren positiver Einfluss auf Gesundheit und Wohlbefinden in zahlreichen Studien
nachgewiesen wurde, kann als kollektives und kulturelles Erbe der Menschheit gesehen werden. Vgl. in: Müller 1998, S. 219f.
50
Vgl. Lehrplan 2000, Allgemeiner Teil, 3. Leitvorstellungen: „Der Unterricht hat sich entsprechend § 17 des Schulunterrichtsgesetzes sowohl
an wissenschaftlichen Erkenntnissen als auch an den Erfahrungen und Möglichkeiten, die die Schülerinnen und Schüler aus ihrer Lebenswelt
mitbringen, zu orientieren.“
51
siehe S. 27.
21
des Körpers etwas zu verändern sei, ohne schmerzliche Verhaltensveränderungen (Verzicht auf „zu viel, zu fett und zu süß“,
52
mehr Bewegung) auf sich nehmen zu müssen.
2.3 Aufgaben der Nahrungsinhaltsstoffe kennen
2.3.1 Kernbereich
Schulbuch S. 10: Die lebensnotwendigen Inhaltsstoffe unserer Nahrung – Darstellung der Aufgaben der Nahrungsinhaltsstoffe
„auf einen Blick“.
Symbole zur Veranschaulichung
Hilfreich ist der Einsatz von Symbolkarten zur anschaulichen Darstellung der abstrakten Inhaltsstoffe. Jeder Inhaltsstoff hat
eine charakteristische Form und Farbe. Beim Unterricht in der Schulküche werden folierte Symbolkarten aus bunten Kartons
den verwendeten Lebensmitteln zugeordnet. Das erleichtert die Beurteilung des Gesundheitswertes eines Lebensmittels und
veranschaulicht den Begriff „vollwertige Ernährung“.
53
Die Arbeit mit den Inhaltsstoff-Kärtchen wird ausführlich im Medienpaket „Die Inhaltsstoffe unserer Nahrung“ vorgestellt
und begründet, weshalb hier auf weitere methodische Ausführungen verzichtet wird.
Kopiervorlage
Arbeitsblatt 4 zum Mitwachsen oder zur Zusammenfassung der erlernten Inhalte am Ende der Unterrichtssequenz
2.3.2 Erweiterungsbereich
Schulbuch S. 6: Stoffwechsel – Aufgaben der Inhaltsstoffe als Bau-, Betriebs- und Energiestoffe.
Schulbuch S. 22: Gesunde Ernährung beugt Krankheiten vor – Die allen Nahrungsinhaltsstoffen zugrundeliegende Aufgabe ist
der Erhalt der Gesundheit.
Schulbuch S. 27: Ernährung und Knochendichte - Hier wird die Aufgabe eines Nahrungsinhaltsstoffes exemplarisch
herausgegriffen.
54
Schulbuch S. 32ff: Nahrung auswählen und zubereiten – Bei der Zuordnung der relevanten Nahrungsinhaltsstoffe zu den
einzelnen Lebensmitteln kann immer wieder die Aufgaben der Nahrungsinhaltsstoffe wiederholt und gefestigt werden.
Kommentar
Wissensvermittlung rund um die Inhaltsstoffe unserer Nahrung läuft Gefahr, eine recht theoretische Angelegenheit zu werden,
wenn der Bezug zum persönlichen Essverhalten fehlt. Die Schüler/innen werden mit einer Fülle von abstrakten Begriffen
konfrontiert. Das Erlernen der Begriffe wird erschwert, da man sich von Dingen, die nicht mit den Sinnen wahrgenommen
werden können, kein Bild machen kann.
In den Gehirnen unserer Schüler/innen herrscht oft ein rechtes Durcheinander:
– Die Zuordnung der einzelnen Begriffe zu Oberbegriffen und Elementen fällt schwer
(z.B.: Kohlenhydrate - Zucker, Stärke, Ballaststoffe; Spurenelemente - Mineralstoffe - Calcium, Natrium, Eisen; Eiweiß und
Aminosäuren; Fett - Fettsäuren, Linolsäure, Cholesterin; usw.)
– Es herrscht Unklarheit, ob ein Begriff den Inhaltsstoff oder das Lebensmittel bezeichnet
(z.B.: Zucker, Fett, Wasser, Eiweiß als Synonym für Eiklar).
– Die Klassenbildung bei den Inhaltsstoffen wird in den einzelnen Unterrichtsfächern nach fachspezifischen Aspekten
vorgenommen und ist deshalb nicht einheitlich. Das führt auch zu einer unterschiedlichen Bewertung, je nachdem, welcher
Gesichtspunkt im Vordergrund steht.
Beispiel Kohlenhydrate – Zucker
Biologie (Einteilung nach Herkunft):
Natürlich vorkommende Zucker
Pflanzen
Tiere
reifes Obst
Honig
Trockenobst
Milchzucker
Sirup
Künstlich hergestellte Zucker
Raffinierte Zucker
Rohr- und Rübenzucker in
allen Handelsformen
(Haushaltszucker)
Zuckeraustauschstoffe
Fructose
Sorbit
Mannit
Xylit
Süßstoffe (chemisch)
Saccharin
Cyclamat
Aspartam
Acesulfam
Thaumatin
55
Implikation: positive Emotionen für Natur und Umwelt sollen geweckt werden .
52
So wie der Jäger durch Verzehr bestimmter Teile des erlegten Wildes sich dessen Tapferkeit, Schnelligkeit aneignet, so hat der Grün-TeeTrink-Boom auch sonst rational denkende Menschen zum Tee aus dem Tetrapack greifen lassen, um sich dessen assoziierte Eigenschaft
„schlank“ einzuverleiben.
53
Barta/Buchner 2000
54
Symbole für Inhaltsstoffe mit Grundaussagen
22
Chemie
Einteilung nach der chemischen Struktur:
Monosaccharide
Glucose
Fructose
Galactose
Mannose
Disaccharide
Saccharose (Glucose + Fructose)
Maltose (Glucose + Glucose)
Lactose (Glucose + Galactose)
Polysaccharide
56
Amylum (n Glucose )
Cellulose
Pektine
Pflanzengummis
Hemicellulose
Fructane
Die Welt ist aus verschiedenen Stoffen aufgebaut. Die unterschiedlichen chemischen Eigenschaften, die sich aus der
molekularen Zusammensetzung ergeben, können in eindrucksvollen Experimenten dargestellt werden. Die für die menschliche
Ernährung bedeutsamen Kohlenhydrate sind nur ein kleiner Ausschnitt aus der als Materie bedeutsamen Stoffgruppe der
Kohlenwasserstoffe.
Ernährung
Einteilung nach der ernährungsphysiologischen Bedeutsamkeit:
empfehlenswert
Glucose aus Stärke ist der optimale Energielieferant für alle
menschlichen Zellen. Stärke wird langsam zu Zucker
verdaut (in Glucosebausteine zerlegt) und versorgt den
Körper langfristig mit Energie.
Daher ist Stärke - nicht Zucker - der essentielle Inhaltsstoff,
der als wertgebender Bestandteil unserer Nahrung gilt.
kritische Beurteilung
Als Zucker werden süßschmeckende Substanzen bezeichnet.
Allen gemeinsam ist die Bedeutung als
57
– Geschmacksstoff .
Mono- und Disaccharide erhöhen das
– Kariesrisiko
und bewirken eine prompte
58
– Insulinausschüttung .
Daraus resultierende Verzehrsempfehlungen
– Zucker sparsam als Gewürz einsetzen, das Empfinden für „süß“ (Süßschwelle) soll nicht an große Mengen gewöhnt werden.
– Honig und Trockenfrüchte sind nicht gesünder als Industriezucker (beide wirken kariogen).
– Der Verzehr von Brot, Teigwaren, Erdäpfeln …, also stärkereichen Lebensmitteln beugt „Süßattacken“ vor, da der Körper
langfristig mit Glucose versorgt wird.
Ziel ist es, den Körper langfristig und gleichmäßig mit Nährstoffen und Energie zu versorgen und stark schwankende
Blutzuckerkurven (bzw. die damit verbundenen Insulinspitzen) und damit einhergehende Leistungsschwankungen zu
vermeiden.
2.4 Nährstoffschonende Lebensmittelbearbeitung üben
2.4.1 Kernbereich
Schulbuch S. 12: „Auf einen Blick“: Nährstoffe durch richtige Zubereitung erhalten
Schulbuch S. 14: Die Garverfahren im Überblick – Vorteile (+) und Nachteile (-) des Garens werden gegenübergestellt mit
dem Ziel, die Bedeutung des Garens für die Ernährung zu erkennen und gezielt zu nutzen bzw. Nährstoffverluste
auszugleichen. Die Garverfahren werden in den einzelnen Lehreinheiten der Reihe nach bei der Lebensmittelzubereitung
praktisch nachvollzogen. Es entspricht nicht den Intentionen eines handlungsorientierten Unterrichts, dass in einer
Unterrichtseinheit die Garverfahren theoretisch im Überblick durchgenommen werden.
Schulbuch S. 32ff: Nahrung auswählen und zubereiten – Die Auswahl der vorgestellten Rezepte orientiert sich an den
59
fachdidaktischen Grundsätzen des Lehrplans.
Kopiervorlage
Arbeitsblatt 5: Die wichtigsten Garverfahren im Überblick
55
Lehrplan 2000 Biologie und Umweltkunde
n = vielfache Verknüpfung von Glucosemolekülen: „Vielfachzucker“ als Trivialname
57
Die Gefahr, das Sättigungsgefühl zu übergehen und mehr zu essen als erforderlich, ist hoch. „Der süße Nachtisch rutscht immer“: der
Wechsel der Geschmacksrichtung von pikant auf süß regt den Appetit an und es wird gegessen, obwohl man eigentlich von der Hauptspeise
schon satt ist. Insofern können auch Süßstoffe dick machen, obwohl sie selbst keine Energie liefern, den Appetit aber genauso stimulieren.
58
Insulin wird benötigt, um Glucose aus dem Blut in die Körperzellen einzuschleusen. Insulin ist darüber hinaus ein den Gesamtstoffwechsel
aktivierendes Hormon, das z.B. auch auf den Fettstoffwechsel anregende Wirkung hat (Fettaufbau).
59
Lehrplan 2000, Ernährung und Haushalt, fachdidaktische Grundsätze: Einfache, grundlegende Arbeitstechniken sind zu vermitteln. und zu
üben. Bei der Nahrungszubereitung ist auf eine lebensmittelgerechte, qualitätsschonende Verarbeitung zu achten. Bei der Auswahl von
Lebensmitteln und beim Zusammenstellen von Speisenfolgen ist ernährungswissenschaftlichen Erkenntnissen Rechnung zu tragen.
56
23
2.4.2 Erweiterungsbereich
Schulbuch S. 50: Garen mit dem Schnellkochtopf
Schulbuch S. 96: Garen mit der Mikrowelle
Schulbuch S. 101: Lebensmittel haltbar machen: Was beim Tiefkühlen zu beachten ist
2.4.3 Kommentar
Übungen zur Lebensmittelbearbeitung umfassen folgende Stufen:
– Reinigen von Lebensmitteln
– Üben der jeweils empfehlenswerten Garverfahren zu den einzelnen Lebensmitteln
– Sachgerechte Lagerung von Lebensmitteln und Speisen im Haushalt
Übungen, die zu einer gesundheitsorientierten Speisenzubereitung befähigen, bedeuten den Abschied von mancher
Kochtradition, besonders was die Verwendung von Fett, Mehl, Zucker und Fleisch/Wurst anbelangt. Und so manches Kapitel
der österreichischen Kochlehre60 ist irrelevant für eine gesunde Ernährung. Diese Inhalte werden in berufsbildenden Schulen
und in der Lehre weitergegeben, dem Land droht kein Kulturverlust, wenn sich die Hauptschule hierbei „Mut zur Lücke“
erlaubt!
Üben erfordert Zeit!
Das Lernziel „nährstoffschonende Lebensmittelbearbeitung üben“ wird auch und vermutlich eher erreicht, wenn nicht
vollständige Menüs zubereitet werden, sondern ausreichend Zeit zur korrekten Durchführung der Arbeiten auf allen oben
angeführten Stufen verwendet wird.
Stundenkürzungen im Zuge schulautonomer Schwerpunktbildungen gefährden das Lehrplanziel „Üben“!
– Handwerkliche Geschicklichkeiten, wie sie etwa für Putz-, Schäl- und Schneidearbeiten notwendig sind, können nicht
vorausgesetzt werden.
– Bei der Verarbeitung von Grundnahrungsmitteln wie Hülsenfrüchten, Getreide, Kartoffeln sind Vorbereitungs-,
Verarbeitungs- und längere Garzeiten mit einzuplanen.
– Eine Reduktion des „Übens“ auf Vollendungsarbeiten rund um Fertigprodukte entspricht nicht der Intention des
Lehrplanziels. Schüler/innen sollen einfache, grundlegende Techniken zur nährstoffschonenden Zubereitung von
Grundnahrungsmittel kennenlernen.
Üben erfordert korrekte Arbeitsanleitungen!
Arbeitsanleitungen können schriftlich und mündlich erfolgen.
Schriftliche Arbeitsanweisungen
Rezepte werden im Schulbuch in unterschiedlicher Schreibweise dargestellt. Damit soll die Fähigkeit, „schriftliche Arbeits- und
Gebrauchsanleitungen und Rezepte sinngemäß erfassen und in Handlungen umsetzen“61 zu können, trainiert werden:
1. Die zuerst senkrecht (Zutatenkontrolle), dann waagrecht (Abfolge der Arbeitsschritte) zu lesenden Grundrezepte sind mit
Balken als Lesehilfe unterlegt, damit die zusammengehörenden Zutaten und Arbeitsschritte besser „auf einen Blick“ erfasst
werden können. Es handelt sich um Rezepte, die stellvertretend für die Lebensmittelgruppe eine typische Speise vorstellen
und einfach variiert werden können.
2. Rezeptschreibweisen mit konventioneller Leserichtung gliedern sich in „Zutaten“ und „Zubereitung“ mit schrittweisen
Anleitungen (1., 2., 3., …), die ein direktes Nachvollziehen erlauben. Das Leseverständnis kann vor Arbeitsbeginn insofern
überprüft werden, als der Arbeitsplatz selbständig mit den erforderlichen Geräten zu rüsten ist.
3. Bei beschreibenden Texten (z.T. ohne konkrete Mengenangaben) müssen selbständig Handlungsstrategien entwickelt
werden: Zutaten, Geräte, Vorarbeiten, Arbeitsschritte und Vollendungsarbeiten. Planungsarbeit ist auch Praxis62!
Gelegentliche schriftliche Hausübungen zur planenden Vorbereitung für den Unterricht sind möglich.
4. Im Schulbuch finden sich auch Anweisungen, Rezepte aus diversen Kochbüchern zu einem bestimmten Thema zu suchen.
Diese Rezepte werden wahrscheinlich in Schreibweise und Anleitung wieder eine andere Form haben. ‘Informationen
suchen’ und ‘sinnerfassend Lesen’ werden gefördert.
Mündliche Anleitungen
Eine mündliche Arbeitsanleitung ist dann erfolgreich, wenn sie die Merkmale einer guten Kommunikation63 aufweist:
60
Unterschiede zwischen Spätzle- und Nockerlteig, Frittaten und Palatschinken, …
Lehrplan 2000, Ernährung und Haushalt: Beitrag des Faches zum Bildungsbereich Sprache und Kommunikation
62
Vgl. dazu die Ausführungen zum Theorie-Praxis-Verständnis, S. 11.
63
Verständlichkeitsindikatoren einer guten Rede nach Schulz v. Thun, 1994
61
24
+
–
weitschweifig
langwierig
kurz,
prägnant
– Nicht mehr als 1-2 verschiedene Rezepte vorbesprechen, um die
Aufmerksamkeitsspanne nicht zu überziehen.
– Daher den Unterricht nicht als Kochunterricht mit einer kompletten
Menüfolge überfrachten.
– Den Blick auf das Wesentliche lenken – es muss nicht immer das gesamte
Rezept besprochen werden
gegliedert
übersichtlich
– Gliederungen sind Orientierungshilfen.
– Sie erleichtern das Behalten von Informationen.
– Sachlogisch gegliederte Erklärungsmuster siehe unten
unübersichtlich
zusammenhanglos
anschaulich
– Den erwünschten Zielzustand mit Bildern von Speisen, Dekorationen
veranschaulichen.
– Zutaten, Geräte in die Rezeptbesprechung einbeziehen.
– Die wesentlichen Handgriffe sachgerecht demonstrieren.
abstrakt
ohne Anregung
einfach
– einfache, kurze Sätze
– angemessene, korrekte Sprache
– das Verständnis von Fachausdrücken hinterfragen („Küchenlatein“)
kompliziert
Ein sachlogisches Erklärungsmuster für die Besprechung eines Rezepts
Schritte
1. Lernbereitschaft herstellen
Welchen Nutzen (Lerngewinn) hat die
Schülerin/der Schüler, wenn er/sie
diese Speise selbständig herstellen
kann? Den Zielzustand (Bild) zeigen –
worum geht’s eigentlich?
Beispiele
– sich selbständig eine gesunde Speise zubereiten können
– ein Grundrezept beliebig variieren können
– andere64 versorgen können
– ein traditionelles, wohlschmeckendes Gericht zubereiten können
2. Die wesentlichen Zutaten vorstellen:
Grundzutaten
geschmacksgebende Zutaten
Mengenverhältnisse
– unbekannte Lebensmittel/Gewürze vorzeigen (Sinnesprobe)
– Warenkunde: Beachtenswertes beim Einkauf, bei der Lagerung und bei der
Verwendung des Lebensmittels
– Austauschmöglichkeiten bei den Zutaten (Flexibilität im haushälterischen
Handeln)
3. Zubereitung:
die korrekte Durchführung
wesentlicher Handgriffe
demonstrieren
– Verarbeitungstechniken vorzeigen (waschen, schälen, kneten, mixen,
rühren, …)
– Schneidetechniken demonstrieren (Standfläche, Krallengriff, Hebelbewegung,
wie klein ist „klein schneiden“?)
– hygienisch Abschmecken (Kostschale, eigener Kostlöffel)
4. Hinweise,
Beachtenswertes
– Vollendungsarbeiten: Wie wird die Speise serviert, dekoriert (Bild)
– Gefahrenhinweise (was kann überkochen, spritzen, anbrennen, …)
– Wie wird die Speise gegessen (Hinweise dazu während der Mahlzeit)
Ein sachlogisches Erklärungsmuster für die Vorführung eines Gerätes
Schritte
1. Lernbereitschaft herstellen
Welchen Nutzen habe ich davon,
wenn ich dieses Gerät verwende?
Beispiele
– Sparschäler: dünnes Schälen erhält Inhaltsstoffe
– Dampfdruckkochtopf: verkürzt Garzeit
– Dämpfereinsatz: verhindert Auslaugen
2. Die Bestandteile des Gerätes
benennen
– Sparschäler: flexible Klinge, Griff, Ausstechvorrichtung
– Mixbecher: Schlagmesser, Dichtungsring, Messbecher, Deckel, …
– Allesschneider: Messerblatt, Griffbügel, Fingerschutz, …
64
Als zukünftige Eltern Kinder versorgen, Gäste bewirten, …
25
3. Den korrekten Einsatz, die korrekte
Handhabung vorzeigen
4. Hinweise
Beachtenswertes
– Schneiden: Standfläche, Krallengriff und Hebelbewegung
– Dampfdruckkochtopf: bestücken, schließen, ankochen und fortgaren,
abdampfen
– Gefahren- und Sicherheitshinweise
– Anleitungen zur sachgerechten Reinigung des Geräts
Kritische Anmerkungen zur Arbeitsunterweisung im Unterricht
Aus lauter Angst vor „zu viel Theorie“ und um der Erwartungshaltung der Schüler/innen zu entsprechen („Wir wollen endlich
kochen!“) wird manchmal auf eine solide Arbeitsunterweisung verzichtet. Gelegentlich wird seitens der Schüler/innen der
Versuch einer professionellen Arbeitsunterweisung auch ignoriert bzw. ein Lernzuwachs schlichtweg verweigert: „Wir machen
das zu Hause aber immer so …“.
Es erscheint empfehlenswert, nicht mehr als 1-2 neue Speisen in einer Unterrichtseinheit zuzubereiten, um einerseits die
Aufmerksamkeitsspanne nicht zu überschreiten und andererseits die den fachpraktischen Übungen zugrundeliegenden
Lernziele auch entsprechend bewusst machen zu können.
Da im Unterricht in „Ernährung und Haushalt“ für die Durchführung der fachpraktischen Übungen zur Nahrungszubereitung
sehr wenig Zeit zur Verfügung steht, findet meist kein tatsächlicher Lernprozess im Sinne eines „Übens“ statt: Die
Schüler/innen sehen zu bzw. machen eine Tätigkeit zwar einmal nach, sie haben aber nicht die Gelegenheit, dieselbe Tätigkeit
ausreichend oft zu wiederholen und zu üben. Es werden keine Fertigkeiten im Sinne von Routinen (skills) aufgebaut. Oft genug
profitiert der Unterricht vom Niveau der außerschulisch bereits erworbenen Geschicklichkeiten und nicht von den im
Unterricht vermittelten Fertigkeiten.
Das Ziel „nährstoffschonende Lebensmittelbearbeitung üben“ kann mit dem Ziel „Kultur des Zusammenlebens üben“
konkurrieren. Beide Ziele können nur im Rahmen zeitaufwändiger Prozesse erreicht werden. Zeiten zum Planen, Entscheiden,
Gestalten, Durchführen und Bewerten65 können auch nicht einfach „eingespart“ werden, da sie ja sämtlich Übungsinhalte sind.
Man wird also bei jeder Lehreinheit entscheiden müssen, ob beim Üben der handwerklich-technische Aspekt der
Nahrungszubereitung oder der sozial-integrative Aspekt des Zusammenlebens (siehe 5.3) im Vordergrund steht.
2.5 Ernährungsphysiologisch sinnvolle Ergänzung von Convenience Food
anwenden
2.5.1 Kernbereich
Schulbuch S. 94: Was bietet der Lebensmittelmarkt? Fertigprodukte - Convenience Food: Eine Einteilung macht deutlich,
welcher Zusatznutzen (siehe unten) mitgekauft wird.
Der Gesundheitswert von Fertigkost: Beliebige (z.B. die am Foto auf Seite 94 abgebildeten) Convenience-Produkte können
einem Punkt in der Tabelle auf Seite 95 zugeordnet werden. Dadurch ist leicht herauszufinden, ob man sich vollwertig ernährt
oder nicht, und welche Ergänzung empfehlenswert ist.
2.5.2 Erweiterungsbereich
Schulbuch S. 20: Die Tagesmahlzeiten - Außer-Haus-Verpflegung
Arbeitsauftrag: Ergänzung von Mahlzeiten aus dem Fast-Food-Restaurant
Schulbuch S. 92: Kaufen oder Selbermachen? Eine Fallgeschichte rund um das Beispiel Pizza
Schulbuch S. 95: Essen mit Zusatznutzen (funktionelle Lebensmittel)
2.5.3 Kommentar
Convenience bedeutet Annehmlichkeit, Zweckmäßigkeit, Komfort, Bequemlichkeit, Vorteil, Nutzen, …
Convenience Food (CF) umfasst eine immer größer werdende Produktpalette von Nahrungsmitteln, die einen Zusatznutzen
besitzen. Sie stillen nicht nur den Hunger, sondern sind – der Wortbedeutung entsprechend - für den Verbraucher in irgend
einer zusätzlichen Weise nützlich, praktisch, geeignet, bequem, brauchbar, günstig, zweckdienlich, …
Lebensmittel mit Zusatznutzen
Halbfertig- und Fertigprodukte
–
–
–
–
–
–
–
–
–
65
Zeitersparnis
Verfügbarkeit
gelingsichere Zubereitung
bequemer Verzehr
optimierter Eignungswert66
küchenfertig
garfertig
aufbereitfertig
verzehrsfertige Nahrung
–
–
Funktionelle Lebensmittel
positiver Einfluss auf die Gesundheit und Wohlbefinden
ernährungsassoziierte Krankheitsrisiken senken
–
–
–
optimierter Gesundheitswert67
angereicherte Lebensmittel
Light-Produkte
vgl. Lehrplan 2000, Ernährung und Haushalt: Fachdidaktische Grundsätze
vgl. Kategorien und Kriterien der Lebensmittelqualität, S. 19.
67
vgl. Kategorien und Kriterien der Lebensmittelqualität, S. 16.
66
26
Grundsätzlich können auch natürliche Nahrungsmittel diese Anforderungen erfüllen68, die begriffliche Definition bezieht sich
jedoch auf gewerblich oder industriell be- bzw. verarbeitete Produkte. Die in der Nahrungsmitteltechnologie bislang übliche
Verwendung des Begriffs „Convenience Food“ beschränkte sich dabei auf jene Lebensmittel, die so bearbeitet sind, dass die
küchenmäßige Zubereitung verkürzt und/oder erleichtert wird69, oder bezog sich auf direkt verzehrsfertige Ware. Der
Konsument erwartet in der Regel nicht nur küchentechnische Erleichterung, sondern auch einen höheren Komfort beim
Einkauf70 und einen bequemen Verzehr ohne einengende Tischsitten (finger food, fast food). Gesundheit und Leistungsfähigkeit
auf dem „bequemen“ Weg, d.h. ohne Veränderung bestehender falscher Gewohnheiten, erhofft sich sicherlich auch mancher
durch den Verzehr von angereicherten Nahrungsmitteln (functional food) und Nahrungsergänzungsmittel (neutroceuticals)71.
Die traditionelle Definition von Convenience Food muss daher erweitert werden. Beiden Lebensmittelgruppen werden auch in
Zukunft steigende Absatzzahlen vorausgesagt, was im Zusammenhang mit den gesellschaftlichen Entwicklungen gesehen
werden kann:
– Die Personenzahl der Haushalte sinkt. Arbeitsaufwändige Nahrungszubereitung „lohnt“ sich nicht72.
– Durch die Erwerbstätigkeit ist die für Nahrungszubereitung verfügbare Zeit eingeschränkt 73. Die Bereitschaft, Freizeit für
Hausarbeit (im konkreten Fall für das Einkaufen, Kochen, Abwaschen) zu „opfern“, sinkt74.
– In Familien differieren die Essenszeiten der Mitglieder. Daher sind Gerichte, die just in time zubereitet werden können,
nachgefragt: Tiefkühlkost, Mikrowellenkost.
– Aufgrund der Sehnsucht der Menschen nach Gesundheit und umfassendem Wohlbefinden sowie der Tatsache, dass der
„gesunde und motivierte Mitarbeiter“ das wertvollste Kapital von Unternehmen ist, wird der Faktor Gesundheit zum
vermutlich einträglichsten Wirtschaftsfaktor werden.
Aufgrund der Unterschiedlichkeit der Produkte kann CF nicht einheitlich bewertet werden. Die Bewertung selbst kann aus
unterschiedlichen Gesichtspunkten erfolgent75.
Halbfertig- und Fertigprodukte
Brot, Teigwaren, Wurst, Joghurt, … täglich verzehren wir Nahrung, die wir nicht selbst hergestellt haben, sondern aus
industrieller Lebensmittelproduktion zukaufen.
Immer, wenn Menschen von ihren Küchen getrennt unterwegs sind, waren und sind sie auf Fertiggerichte angewiesen. So
entstanden entlang von Reiserouten, an Marktplätzen und in der Nähe von Arbeitsstätten Imbiss-Stuben und Straßenbuden,
an denen Speisen für den sofortigen Verzehr angeboten wurden. Der Zusatznutzen der seit alters her hergestellten Halbfertigund Fertigprodukte liegt in der Zeitersparnis bei der Nahrungszubereitung und in der prompten Verfügbarkeit von Essbarem.
Dem Misstrauen, dass Nahrung, die andere76 zubereiten, vergiftet sei oder zumindest unbekömmliche Zutaten enthalten könne,
begegnen wir in allen geschichtlichen Epochen77. Lebensmittelgesetze78 und die im Codex Alimentarius79 festgelegten
Rezepturen dienen dazu, Menschen vor gesundheitlichen Gefahren und Täuschung zu schützen. Nahrungsmittel-Sicherheit hat
- wie die immer wiederkehrenden Lebensmittelskandale zeigen – auch heute nichts an Aktualität verloren und die Schaffung
einer neuen Agentur für Lebensmittelsicherheit ist sowohl innerhalb Österreichs als auch auf der Ebene der EU ein politisches
Anliegen.
Funktionelle Lebensmittel
Relativ jung ist der Trend in der Lebensmittelindustrie, der den Zusatznutzen im Hinblick auf gesundheitliche Vorteile
industriell hergestellter Kost hervorstreicht: Durch Konsum der Nahrung wird nicht nur Hunger gestillt, sondern auch „etwas
für die Gesundheit getan“. Diese Lebensmittel werden völlig neu komponiert (food design):
– Isolierte Inhaltsstoffe werden Lebensmitteln zugesetzt, die in dieser Zusammensetzung nicht in der Natur vorkommen.
Beispiele: Jodanreicherung von Kochsalz, Vitamin- und Mineralstoffanreicherung von Getränken, Omega-3-Fettsäuren im
Brot, pro- und präbiotisch wirksame Komponenten in Milchprodukten usw.
68
Der Apfel besitzt z.B. Eigenschaften eines Fertigprodukts und eines funktionellen Lebensmittels.
vgl. dazu die Definitionen in Duden 1994, Dr Oetker Lexikon 1983
70
Verpackungseinheiten, die dem Verzehrsvolumen einer Person entsprechen (z.B. Desserts, einzeln verpackte Käsescheiben, …)
71
nach Küpper 1999 in Diehl in: Ernährung im Fokus 04/01
72
Interessant ist, dass dennoch viel Geld in die Küchenausstattung investiert wird.
73
Diesem oft zitierten Argument muss entgegengehalten werden, dass die Wochenarbeitszeit heute auf ein Niveau gesunken ist wie nie
zuvor. Auch sinkt die Zeit für Erwerbstätigkeit durch Kurzarbeit und atypische Beschäftigungsverhältnisse.
74
Dieses Argument wird meist im Zusammenhang mit der Tatsache verwendet, dass Frauen heute nicht mehr selbstverständlich ihre
Arbeitskraft und Freizeit für die Erfüllung der Rolle als Hausfrau verwenden. Auch früher war die Mehrheit der Frauen immer erwerbstätig
(Landwirtschaft, Arbeiterhaushalte) und stand unter Doppel- und Dreifachbelastung, das bürgerliche Ideal der „Nur“-Hausfrau beschränkte
sich auf Haushalte, die mit dem Einkommen eines Alleinverdieners das Auslangen fanden.
75
siehe dazu auch Kategorien und Kriterien zur Beurteilung der LM-Qualität, S. 16.
76
V.a. das Misstrauen gegenüber dem anonymen Zubereiter „Lebensmittelindustrie“ ist groß. Mit Hilfe von Werbestrategien wird versucht,
diesem Misstrauen durch Beziehungspflege (Vertrauen in die Marke, Assoziation an bekannte, vertrauenserweckende Personen („nach
Großmutters Rezept“), Verwendung von Güte- und Kontrollsiegeln und Bildern von Land(wirt)schaftsidyllen zu begegnen.
77
Vgl. dazu die Rolle des Vorkosters am Hof und überlieferte Märchen und Sagen sowie die modernen schaurigen „Großstadtlegenden“
(Maus im Hamburger usw.)
78
Hethiter, 2000 v. Chr.: „Du sollst nicht vergiften Deines nächsten Öl“ (Verbraucherschutz) und „Du sollst nicht verzaubern Deines nächsten
Öl“ (Täuschungsschutz). Das erste Lebensmittelgesetz Österreichs stammt aus dem Jahre 1896.
79
Lebensmittelbuch
69
27
– Ausgewählte Nährstoffe (Zucker, Fett, Alkohol) werden reduziert oder durch Ersatzstoffe (Süßstoffe, Fettersatzstoffe)
ersetzt. Beispiele: Light-Getränke, fettreduzierte Brotaufstriche, Salatsoßen, alkoholfreies Bier,...
Die Produkte werden meist für bestimmte Zielgruppen80 und z.T. ziemlich aggressiv mit gesundheitsassoziierten Aussagen81
beworben. Der Konsument erhält den Eindruck, dass natürliche Nahrungsmittel nicht mehr ausreichen, den Nährstoffbedarf zu
decken bzw. die Gesundheit zu erhalten. Untersuchungen des Angebots zeigen auf, dass die Nährwertanreicherung ziemlich
willkürlich erfolgt und sich auf einige offensichtlich in technischer Hinsicht besonders geeignete Inhaltsstoffe 82 und
Lebensmittel beschränkt und weniger an der tatsächlichen Versorgungslage der Risiko- oder Zielgruppen83 orientiert ist. Die
von den Lebensmittelproduzenten und Befürwortern vorgenommene Implikation, dass die Rolle, die eine Substanz im
Intermediärstoffwechsel spielt, besonders gesundheitswirksam ist, wenn diese Substanz vermehrt über angereicherte Nahrung
oder als Nahrungsergänzungsmittel84 aufgenommen wird, muss in Frage gestellt werden. Kritische Forscher weisen darauf hin,
dass die Nahrung mit z.T. hohen Dosen harnpflichtiger Substanzen angereichert wird, der leistungssteigernde Effekt marginal
ist oder am Menschen überhaupt nicht nachgewiesen wurde85.
Hoher Verarbeitungsgrad
Allen CF-Produkten gemeinsam ist ein hoher Verarbeitungsgrad. Die Lebensmittel werden geschält, gewässert, erhitzt,
gedämpft, getrocknet, hohem Druck ausgesetzt ..., d. h. einem oder mehreren Behandlungs- und Erhitzungsverfahren
unterworfen86. Dabei kommt es bei vielen Produkten zu einer unerwünschten Anreicherung mit Kochsalz und Fett.
Verarbeitungshilfen, Farb- und Geschmacksstoffe sowie Konservierungsmittel sind notwendig, damit die Produkte den
Erwartungen des Verbrauchers entsprechen.87 Eine lange Zusatzstoffliste (viele E-Nummern) lässt auf einen hohen
Verarbeitungsgrad und dementsprechende Verluste bei den natürlichen bioaktiven Substanzen (Duft-, Farb-,
Geschmacksstoffe, sekundäre Pflanzenstoffe, die als Schutzstoffe wirken, Ballaststoffe, Vitamine, Mineralstoffe und
Spurenelemente) schließen.
Daher lautet die Empfehlung im Schulbuch (S. 95), sich nicht ausschließlich von CF zu ernähren und CF mit frischen, möglichst
naturbelassenen Lebensmitteln zu ergänzen, um die darin enthaltenen Schutzstoffe aufzunehmen.
Convenience Food im Spannungsfeld von Meinungen
Fast Food, Finger Food, Junk Food, Würstlbude, Stehbüffet, Quick Lunch, Snack, Imbiß, Wellness-Lunch, Picknick, Jause, … alles
Synonyme für vorgefertigte Kost, die aber emotional unterschiedlich bewertet werden und daher unterschiedliches Prestige
besitzen.
Convenience Food …
… ist der Sieg über die Zeit, die für
Nahrungszubereitung aufgewendet
werden muss
Mit Hilfe von CF wird es Menschen ermöglicht, in der „gewonnenen“ Zeit anderen
Beschäftigungen nachzugehen: „Befreiung“ vom Herd.
… bedeutet einen Kulturverlust
Kochen können ist heute keine lebensnotwendige Kulturtechnik mehr. Damit verknüpft sich ein
Bedeutungsverlust von Nahrungszubereitung und Ernährung, der sich in Geringschätzung
ausdrücken kann. Sinkt die Kochlust, wird auch das Bedürfnis die Kochkunst zu erlernen,
abgeschwächt.
80
Vitamin- und mineralstoffangereicherte Frühstücksflocken für Kinder, isotonische Getränke für Sportler, Light-Produkte für
Übergewichtige, fettmodifizierte Produkte für Personen mit Fett-Stoffwechselstörungen, z.B. mit erhöhtem Cholesterinspiegel, pro- und
präbiotische Milchprodukte für Personen mit ernährungsassoziierten Gesundheitsproblemen im Magen-Darm-Trakt, Energiedrinks für den
leistungsmäßig/kognitiv geforderten Menschen, …
81
Erlass des Bundeskanzleramtes GZ AV 31.901/31-VI/B/12/99 vom 2.6.1999: Gesundheitsbezogene (“ein täglicher Beitrag für Ihre
Gesundheit“) und krankheitsbezogene (“schützt vor Osteoporose“) Aussagen sind verboten. Erlaubt sind allgemein gehaltene,
wahrheitsgemäße Angaben über die Wirkung bzw. Funktion eines Inhaltsstoffes (“Calcium ist ein Mineralstoff, den der Körper zum Aufbau
und zur Härtung von Knochen und Zähnen benötigt“).
82
Besonders häufig wird eine Nährwertanreicherung mit Vitamin C vorgenommen, obwohl der Ernährungsstatus der Bevölkerung mit
Vitamin C als sehr gut eingestuft werden kann.
83
vgl. GZE, 5/99
84
Carnithin, Taurin, Ubichinon, …, alle diese Stoffe sind am Intermediärstoffwechsel beteiligt. Aus dieser Tatsache lässt sich jedoch nicht die
Notwendigkeit einer Nährstoffanreicherung der Nahrung begründen.
85
vgl. dazu Schek 1998; Ernährung im Fokus 12/01
86
Neue, unkonventionelle Methoden wie die Veränderung der Molekularstruktur (Fettersatzstoffe, Süßstoffe) oder die Produktion von
Inhaltsstoffen und Nahrungsmitteln mit Hilfe gentechnisch veränderter Organismen sind im Rahmen der Novel-Food Verordnung geregelt.
87
Zusatzstoffe unterliegen einer restriktiven Gesetzgebung. Sicherheitsabschläge sollen garantieren, dass die höchstzulässige Gesamtdosis
normalerweise auch bei täglichem Verzehr nicht erreicht wird. Die Gesundheitsgefahr - v.a. das Intoleranz- und Allergieproblem, das von
Zusatzstoffen ausgeht - wird vom Konsumenten in der Regel überschätzt. Allergien sind überschießende Abwehrreaktionen des
Immunsystems gegenüber Proteinen, die in erster Linie aus natürlichen Nahrungsmitteln (Milch, Ei, Nüsse, Fisch, …) und Naturstoffen
(Pollen, Tierhaare, Milben) stammen. Pseudoallergische Reaktionen und Intoleranzen können jedoch auch gegenüber Zusatzstoffen
[Farbstoffen (Azofarbstoffe), Süßstoffen (Zuckeralkohole, Aspartam), Verarbeitungshilfen und Konservierungsstoffen (Phosphate)] auftreten.
Vgl. Schulbuch S. 98.
28
… hat keinen emotionalen Wert
Die Anonymisierung der Nahrungszubereitung und die „Entfremdung“ des Menschen von Nahrung
führt dazu, dass industriell hergestellte Nahrung keinen „emotionalen“ Wert hat. Dieser muss über
einschlägige Werbemittel geschaffen werden: Oma, Landhaus, sich etwas gönnen/sich etwas
Gutes tun, schmeckt wie selbstgemacht …
… sichert die Nährstoffversorgung
auch bei mangelnden
Kochkenntnissen
Menschen, die nicht gelernt haben, nach welchen Gesichtspunkten sie ihre Nahrung auswählen
sollen und wie diese zuzubereiten ist, gehören zu Risikogruppen im Hinblick auf Fehlversorgung.
Hier könnten funktionelle Lebensmittel zur Gesundheitsversorgung bzw. zur Minimierung von
88
Krankheitsrisiken eine Rolle spielen .
… ist Mangelnahrung
Schutzstoffe (v.a. die sekundären Pflanzenstoffe) werden durch Verarbeitung wirkungslos.
… ist ein mit Hilfe von Zusatzstoffen
hergestelltes Kunstprodukt, keine
natürliche, menschengerechte
Nahrung
Die vielfältigen Verarbeitungsschritte sind nur mit Hilfe zahlreicher Verarbeitunghilfen möglich.
Zusatzstoffe, die die Sinne ansprechen, sollen optische und geschmackliche Verluste wettmachen.
Sie täuschen den Konsumenten und standardisieren das Geschmacksempfinden. Problematische
Zusatzstoffe stellen den Wert des Zusatznutzens in Frage.
… macht völlig neue sinnliche
Erfahrung möglich, indem Nahrung in
Einzelbestandteile zerlegt und neu
komponiert wird
Der Wert einer unbegrenzten Genussorientierung wird insofern relativiert, als gesicherte
wissenschaftliche Nachweise und v.a. Langzeitstudien fehlen, die die gesundheitlichen
Auswirkungen von food design (Nahrungsmittel mit neu definierter Nährstoffzusammensetzung,
mit gentechnisch veränderter Molekularstruktur, oder die selbst GVO enthalten) bewerten zu
können.
… macht den Menschen vom
jahreszeitlich verfügbaren
Nahrungsangebot unabhängig.
Der Erntereichtum wird haltbar gemacht. Nahrung kann unabhängig vom tatsächlichen Angebot
verfügbar gemacht werden. Es entstehen rasch verfügbare Nahrungsmittel, bei denen aufwändige
Vorbereitungs- und Gartechniken entfallen, da sie im Zuge der Konservierung schon erfolgt sind.
… ist ökologisch nicht vertretbar
Der technologische Aufwand zur Produktion der Güter schafft einen großen Markt:
Rohstoffbeschaffung, Produktion, Verpackung, Transport, Lagerung, Entsorgung …, alles kostet
Ressourcen und bedeutet eine Umweltbelastung, für die die Gesellschaft aufkommen muss.
… schafft Arbeitsplätze am
Lebensmittelsektor und im
Dienstleistungsbereich
Durch die Produktion von Waren und Dienstleistungen mit Zusatznutzen wird es möglich, an
einem an sich gesättigten Lebensmittelmarkt noch Absatzsteigerungen zu erwirtschaften.
… schafft neue Abhängigkeiten
Um sich CF-Produkte im Privathaushalt leisten zu können, muss ein entsprechendes Einkommen
erwirtschaftet werden. Viele CF verlangen die Anschaffung von (teuren) Tiefkühltruhen und
Mikrowellenherden in Privathaushalten. Steigender Verpackungsmüll macht Verbrennungsanlagen
notwendig, …
2.6 Einflüsse auf das individuelle Ernährungsverhalten reflektieren
2.6.1 Kernbereich
Schulbuch S. 30: Ernährung –(k)ein Thema für dich? – Einstellungen/Meinungen und situative Vorgaben bestimmen das
Essverhalten. „Auf einen Blick“ werden Einflüsse auf das individuelle Essverhalten dargestellt. Dabei wird auf abstrakte Begriffe
wie „soziale Einflüsse“ oder „kulturelle Einflüsse“ verzichtet. Die Aussagen sind lebensweltbezogen und können – bezogen auf
eine beliebige, konkrete Aussage - folgendermaßen reflektiert werden:
– Was isst und trinkt der/die Jugendliche, der diese Aussage tätigt?
– Ist eine solche Ernährung bedarfsgerecht?
– Welche gesundheitsfördernden Aspekte, welche Gesundheitsrisiken bestehen langfristig?
Bildungsarbeit zu diesem Lernziel soll sich nicht in „Ursachenforschung“ erschöpfen, sondern zur konstruktiven Bewältigung
von Lebenssituationen beitragen.
2.6.2 Erweiterungsbereich
Schulbuch S. 6: Was auf den Tisch kommt. Die Essgewohnheiten haben sich gewandelt.
Schulbuch S. 7: Das Geheimnis der Hochbetagten – „auf einen Blick“ sind die vier wesentlichen Merkmale des
früheren/heutigen Lebensstils dargestellt. Arbeitsaufgabe dazu.
Schulbuch S. 20: Essen im richtigen Takt – Auch hier soll die Reflexion darüber, wie die täglichen „Umstände“ das
Ernährungsverhalten der Schüler/innen beeinflussen, nicht in der Beschreibung der Ist-Situation stehen bleiben, sondern es
sollen allfällig notwendige Alternativen zur Änderung des Ernährungsverhaltens erarbeitet werden.
88
Das löst aber nicht das grundsätzliche Problem, dass wir erstmals in einer Kultur leben, die es nicht mehr als Wert erachtet, einschlägiges
Ernährungswissen und Fertigkeiten zur bedarfsgerechten Versorgung als Allgemeinbildung allen Menschen zugänglich zu machen.
29
Schulbuch S. 24: Ernährungserziehung im Kleinkindalter – Familiäre Gewohnheiten werden „vererbt“ und sind oft ein Leben
lang verhaltenswirksam. Schüler/innen müssen auf ihre Aufgabe als zukünftige Eltern vorbereitet werden, Kinder
bedarfsgerecht versorgen zu können.
Schulbuch S. 26: Ich bin zu dick – ich bin zu dünn! – Die Unzufriedenheit mit dem Körperbild bzw. die Unterwerfung unter
Modediktate beeinflussen das Essverhalten auf Kosten der Gesundheit.
Schulbuch S. 32: Vom Riechen und Schmecken – Geschmacksbildner erkennen und gezielt einsetzen (Koch-„Kunst“).
Schulbuch S. 68: Getränke – Arbeitsauftrag: Motive für die Auswahl von Getränken erheben. Warum wird nicht einfach
Wasser getrunken? Warum werden so viele Getränke in Aludosen gekauft?
Schulbuch S. 86: Gastfreundschaft leben – Semesterthema: Eine kulinarische Weltreise – kulturell geprägte Vorlieben und
Abneigungen bewußtmachen.
Schulbuch S. 92: Kaufen oder Selbermachen? – Stichworte als Hilfen für die Diskussion.
2.6.3 Kommentar
Essverhalten findet immer eingebettet in ein komplexes psychosoziales, kulturelles und ökonomisches Bedingungsgefüge statt.
Dementsprechend vielfältig sind die Einflüsse und Ausprägungen individuellen Essverhaltens.
Einflüsse auf das individuelle Essverhalten
Diese Komplexität des Verhaltens macht eine Veränderung ungünstigen Essverhaltens sehr schwierig. Es müssen die einzelnen
das ungünstige Essverhalten stabilisierenden Faktoren herausgefiltert werden und es müssen alternative Strategien gefunden
werden, die optimiertes Essverhalten unterstützen. Essens-Tagebücher, in denen protokolliert wird, wann, was, wie oft, warum
... gegessen wurde, bilden dabei den Ausgangspunkt für längerfristige Ernährungsberatung und -therapie. Abgesehen davon,
dass das Anfertigen solcher Ernährungstagebücher für Schüler/innen keine leichte Sache ist, stellt sich die Frage, was mit den
Ergebnissen solcher Protokolle passieren sollte – die Lehrerin/der Lehrer ist kein/e Ernährungsberater/in für das Kollektiv
Schule.
Angemessener für die Arbeit im Rahmen der Ernährungsbildung89 in der Schule sind daher jene Fragen, die das Tun im
Unterricht in „Ernährung und Haushalt“ direkt reflektieren. Bei jeder Speise, die zubereitet wird, bietet sich der Anlass, das
eigene Essverhalten dahingehend zu hinterfragen, ob es den Verzehrsempfehlungen entspricht und welche Einflüsse/Gründe
gegebenenfalls dazu führen, keinen gesundheitsorientierten Lebensstil im Alltag zu leben bzw. welche Maßnahmen positives
Ernährungsverhalten fördern könnten. Im Schulbuch gibt es eine Fülle von Inhalten, die auf dieses Lehrplanziel bezogen sind.
89
Beachte: Ernährungsaufklärung (allgemein) und Ernährungsinformation (zu konkreten Themen/an konkrete Zielgruppen gerichtet),
Ernährungsbildung, Ernährungsberatung und Ernährungstherapie sind unterschiedliche Interventionsstrategien mit unterschiedlichen
Zielsetzungen.
30
2.7 Zusammenhänge zwischen Ernährung und Gesundheit reflektieren
2.7.1 Kernbereich
Schulbuch S. 22: Gesunde Ernährung beugt Krankheiten vor – Allgemein anerkannte ernährungsbezogene
Gesundheitsstrategien sind „auf einen Blick“ dargestellt.
Methodische Anregung
Schüler/Innen besitzen, bevor sie den Unterricht in „Ernährung und Haushalt“ besuchen, bereits ein mehr oder weniger
umfangreiches gesundheitsrelevantes Wissen, vertreten ernährungs- und gesundheitsrelevante Überzeugungen und
Einstellungen und leben konkrete alltägliche Ernährungsgewohnheiten. Befragt man Schüler/innen über den Zusammenhang
zwischen Ernährung und Gesundheit, so wird man mit einer Fülle von Aussagen konfrontiert, die sich aus
gesundheitsbildenden fächerspezifischen Inhalten, Zitaten aus der Werbung und Formen familienspezifischen
Gesundheitsverhaltens zusammensetzen. Um das vorhandene Wissen zu sammeln und sich einen Überblick zu verschaffen,
eignet sich dessen Darstellung in einem Körperschema.
Phase der Problembegegnung – Vorkenntnisse sammeln
Jede Kleingruppe (3-4 Personen) erhält einen 2x1 m großen Papierbogen und zeichnet den Umriss eines Körpers darauf (dazu
legt sich ein/e Schüler/in auf das Papier).
Die Schüler/innen stellen in dem Körperschema die ihnen bereits bekannten Zusammenhänge zwischen Ernährung und
Gesundheit dar (Text, Bilder).
Gegenseitiger Vergleich und gegebenenfalls eine Ergänzung schließen die erste Phase ab.
Phase der Problembewältigung - Alternativen suchen
Im zweiten Schritt wird nun geprüft, ob zu jedem Zusammenhang zwischen Ernährung und Gesundheit positive Ansätze zur
Vermeidung ernährungsabhängiger Erkrankungen dargestellt werden können. Die Empfehlungen zur gesunden Ernährung
werden auf Karten dargestellt und bei der Präsentation der Arbeiten an der entsprechenden Stelle im Körperschema
positioniert: Unterricht in Gesundheitsbildung darf sich nicht darin erschöpfen, Krankheiten aufzuzählen, sondern muss
konstruktive Verhaltensweisen zur Gesunderhaltung als Alternativen anbieten.
2.7.2 Erweiterungsbereich
Schulbuch S. 7: Das Geheimnis der Hochbetagten
Schulbuch S. 16: Hygiene in der Küche
Schulbuch S. 17: Vorsicht: Lebensmittelvergiftungen
Schulbuch S.25: Gesunde Zähne - ein Leben lang!
Schulbuch S. 27: Ernährung und Knochendichte
Schulbuch S. 28: Hunger – (k)ein Schicksal?
Schulbuch S. 30: Ernährung -(k)ein Thema für dich?
Schulbuch S. 32ff: Abschnitt Nahrung auswählen und zubereiten – Die Auswahl der Rezepte nach gesundheitsrelevanten
Gesichtspunkten ist ein im Schulbuch durchgängig vertretenes Prinzip. Auswahl und Kombination der Gerichte, die im EHUnterricht zubereitet werden, sollen diesem Prinzip Rechnung tragen90.
Schulbuch S. 76: Nachhaltige Lebensstile gesucht
Schulbuch S. 95: Der Gesundheitswert von Fertigkost
Schulbuch S. 96: Garen mit der Mikrowelle
2.7.3 Kommentar
Bildungszielen auf der Ebene der Reflexion91 liegt die Ansicht zugrunde, dass „Einsicht“ in Zusammenhänge Verhalten
verändert. Einsicht92 liegt dann vor, wenn allgemeines Wissen konkret auf eine bestimmte Situation bezogen umgesetzt wird.
Damit jedoch „Einsicht“ tatsächlich verhaltenswirksam wird, ist eine persönliche emotionale Beteiligung Voraussetzung. Dass
das alltäglich gelebte Ernährungsverhalten langfristig gesehen Auswirkungen auf die Gesundheit des Menschen hat, gehört
zum Allgemeinwissen. Umgekehrt steigen jedoch die Ausgaben für die Folgen so genannter lebensstilbedingter Krankheiten,
was als Indikator dafür gesehen werden kann, dass Wissen allein nicht in der erforderlichen Weise verhaltenswirksam ist. Erst
durch emotionale Beteiligung (wenn Ernährung für den Betroffenen einen hohen Stellenwert hat oder wenn jemand persönlich
von ernährungsbedingten Erkrankungen betroffen ist und ein Leidensdruck entsteht) entsteht die Chance, dass das
Ernährungsverhalten den Anforderungen entsprechend verändert93 wird.
90
Vgl. Lehrplan 2000, Ernährung und Haushalt, fachdidaktische Grundsätze.
reflektieren = über Zusammenhänge nachdenken, Zusammenhänge bedenken
92
Verständnis, Erkenntnis
93
Dies wiederum hängt von vielerlei Faktoren ab, wie z.B. dem tatsächlichen Vermögen, eine Ernährungs-Umstellung durchzuführen, den
Widerständen der Umgebung, usw.
91
31
Einer der Gründe, warum Ernährungsverhalten so schwer zu ändern ist, liegt darin, dass Ernährungs-Fehlverhalten keine sofort
spürbaren negativen Konsequenzen nach sich zieht. Umgekehrt sind der Lustgewinn und das Genußerleben jedoch unmittelbar
spürbare, positiv besetzte Konsequenzen, die belohnenden Charakter haben und somit das Verhalten stabilisieren. Soll um
dieses unmittelbaren Gewinns willen auf etwas verzichtet werden, dessen Auswirkungen vielleicht nach 10-20 Jahren
eintreten?
Konsequenzen für die fachpraktischen Übungen zur Nahrungszubereitung
Zu jeder Speisenfolge werden die aus ernährungsphysiologischer Sicht relevanten Aspekte zur Gesundheitserhaltung
hervorgehoben. Dies setzt voraus, dass die Speisen, die im Unterricht zubereitet werden, den gesundheitlich relevanten
Anforderungen entsprechen. Die wichtigsten „auf einen Blick“:
– hoher Anteil pflanzlicher Nahrung
– bei jeder Mahlzeit ein Anteil unerhitzter Nahrung
– kleine Portionen Fleisch
– sparsamer Umgang mit Fett
– bevorzugte Verwendung pflanzlicher Fette
– Kuchen, Mehlspeisen aus Vollkornmehl
– sparsamer Einsatz von Zucker, Honig, Süßungsmitteln
– Wasser als Getränk
– kleine Portionen
2.8 Die Bedeutung der Mahlzeiten für das individuelle Leistungsvermögen
erkennen
2.8.1 Kernbereich
Schulbuch S. 20: Die Tagesmahlzeiten – Essen im richtigen Takt – Außer-Haus-Verpflegung
2.8.2. Erweiterungsbereich
Schulbuch S. 28: Hunger - (k)ein Schicksal?! – Unterernährung und Hunger verringern die Leistungsfähigkeit. Geringere
Arbeitsfähigkeit führt zu Lohnverlust und vergrößert das Ernährungsproblem. Eine Hungerspirale („Teufelskreis
Unterernährung“94)setzt ein.
2.8.3 Kommentar
Zu jeder Tagesmahlzeit können Beispiele genannt werden, die dazu beitragen, das individuelle körperliche und mentale
Leistungsvermögen positiv/negativ zu beeinflussen.
körperliches Leistungsvermögen
mentales Leistungsvermögen
kognitive Leistungen
emotionale Ausgeglichenheit
(„Wellness“)
Beiträge der Tagesmahlzeiten
– Nach der Nachtruhe ist Wasserzufuhr notwendig.
– Trinken fördert die Ausscheidung harnpflichtiger Substanzen.
– Mehrere kleine Mahlzeiten beugen Leistungsschwankungen vor.
– Zwischenmahlzeiten können zum Ausgleich von Defiziten in der Versorgung
dienen.
– ...
– Statt Hektik am Morgen den Tag mit einer gemütlichen Tasse Tee zu beginnen,
gehört zu einer Standardanweisung im Stressmanagement.
– Soziokulturelle Bedeutung von Mahlzeiten: Im Rahmen gemeinsamer Mahlzeiten
werden Beziehungen gepflegt95
– Süßes bewusst genießen können, ohne sofort mit schlechtem Gewissen zur
Nährwerttabelle greifen oder auf die Waage steigen zu müssen
– ...
2.9 Ernährungsphysiologisch sinnvolle Mahlzeiten planen und zubereiten
2.9.1 Kernbereich
Schulbuch S.20: Die Tagesmahlzeiten - Essen im richtigen Takt
Empfehlungen für das Zusammenstellen von Tagesmahlzeiten
Arbeitsauftrag: Kostzusammenstellung
94
in Buchner 1997, nach: Atlas der Weltverwicklungen 1992
An diesen Stellenwert geknüpft ist auch die unterschiedliche Bewertung der Zeitverwendung für die Nahrungszubereitung: Bereite ich eine
Mahlzeit für ein Geschäftsessen, für einen Plausch mit Freunden, für meine Familie oder für mich alleine zu?
95
32
Schulbuch S. 33: Was soll ich heute kochen?
Es gibt 30 Hauptspeisen und zahlreiche kleine Gerichte zur Auswahl. Zu den vorgeschlagenen Speisen muss eine passende
Rohkost (Variationen Schulbuch S. 44) gefunden werden.
Methodische Anregung
Die Planungsarbeit im Sinne des Lehrplanziels kann im Rahmen des Unterrichts die Arbeitsaufgabe einer Station während der
fachpraktischen Übung sein. Während Schüler/innen in Partnerarbeit oder in Kleingruppen Speisen herstellen, den Tisch
decken oder die Abrechnung vornehmen, arbeitet eine Teilgruppe an der Planung einer konkreten Speisenfolge zu einer
vorgegebenen Tagesmahlzeit und erstellt auch nach Kontrolle der Vorräte den Einkaufszettel.
2.9.2 Erweiterungsbereich
Schulbuch S. 24: Ernährungserziehung in der Familie – Fertigkost oder selbstgemachte Breie?
Schulbuch S. 60: Fleisch - warum nicht täglich? – Fleisch-Beilage–Relationen
Schulbuch S. 92: Kaufen oder Selbermachen – Dieses Fallbeispiel kann auf weitere Mahlzeiten übertragen werden.
Schulbuch S. 89: Ein Büffet wird ein Gesundheitsbüffet durch …
2.9.3 Kommentar
Mahlzeiten können geplant werden in Hinblick auf
1. Energie - Bedarfsdeckung
2. Inhaltsstoffe – Zufuhr
3. Lebensmittel - Auswahl
1. Mahlzeiten planen unter Berücksichtigung des Energiegehalts
Prozentangaben zur Verteilung der Energieaufnahme über den Tag, sind für den Laien nur schwer nachvollziehbar, da der
Energiegehalt der Speisen nicht als bekannt vorausgesetzt werden kann. Solche Vorgaben setzen zudem einen geregelten
Norm-Arbeits-Alltag voraus, der für viele Menschen einfach nicht der Realität entspricht.
Empfehlenswerte Energiezufuhr zu den einzelnen Tagesmahlzeiten
Frühstück
25%
Vormittagsjause
10%
Mittagessen
30%
Abendessen
10%
Nachmittagsjause
25%
Gesamtenergiezufuhr
100%
2. Mahlzeiten planen unter Berücksichtigung der Nährstoffrelationen
Die Abbildung der Nährstoffrelationen im Schulbuch auf Seite 11 verlangt von den Schüler/innen, dass Nährstoffe in konkrete
Lebensmittel umgesetzt werden und aus der Höhe der Balken auf die empfehlenswerten Portionsgrößen geschlossen wird. Eine
gute Übung zur Interpretation von graphischen Darstellungen! Als hilfreich erweisen sich Listen mit empfehlenswerten
Lebensmitteln zu jedem Inhaltsstoff (siehe Arbeitsblatt 4).
Ein anschauliches Beispiel hierzu ist die Abbildung der Schnitzelportionen im Schulbuch (S. 60). Das erste Bild zeigt die übliche
Verzehrsportion mit problematischer Nährstoffrelation (20% Eiweiß, 40% Fett, 30% Kohlenhydrate), das zweite Bild zeigt den
Teller mit den empfehlenswerten Nährstoffrelationen (15% Eiweiß, 25% Fett, 60% Kohlenhydrate).
3. Mahlzeiten planen unter Berücksichtigung der Lebensmittelauswahl
Die aus ernährungsphysiologischer Sicht begründeten Empfehlungen zu den einzelnen Lebensmittelgruppen müssen für die
verschiedenen Tagesmahlzeiten (Frühstück - Schuljause - Mittagessen - Nachmittagsjause – Abendessen) in konkrete Speisen
umgesetzt werden:
– Wer z.B. ein Frühstücksei verzehrt, dem sei geraten, zu den übrigen Tagesmahlzeiten auf eihältige Speisen zu verzichten:
Alternativen müssen gefunden werden.
– Wer eine Fleischspeise als Mittagessen verzehrt, sollte auf die Wurstjause als Abendessen verzichten: Alternativen für das
Abendessen müssen gefunden werden (siehe Schulbuch S. 20).
Mahlzeiten mit Hilfe des Essenskreises und konkreter Lebensmittel zu planen, ist für die Arbeit mit Schüler/innen wohl am
geeignetsten.
Ernährungsphyisologisch sinnvolle Mahlzeiten
Epidemiologische Studien haben gezeigt, dass in Ländern mit einer hohen Lebenserwartung der Kohlenhydratanteil der Kost
hoch ist. Der Anteil der KH-Menge an der Gesamtenergiezufuhr sollte daher mehr als 50% betragen. Als Richtwert für die
Ballaststoffzufuhr gilt beim Erwachsenen eine Menge von mindestens 30 g pro Tag.
33
Die Empfehlungen lauten daher:
– Getreide und Gemüse sind die Basis einer gesunden Ernährung. Bei allen Mahlzeiten, die Schüler/innen planen, sind
Getreide und Gemüse/Obst ein Bestandteil.
Vorbildliche Speisenauswahl für die fachpraktischen Übungen! (Schulbuch S. 40ff)
– Getreide, v.a. das tägliche Brot, auch in Form von Vollkorn verzehren.
Unterrichtseinheit: Vollkorngebäck backen (Schulbuch S. 38f)
– Öfter eine Getreidemahlzeit als Hauptmahlzeit essen (Schulbuch S. 34-37)
Speisen zubereiten - Thema für mehrere Unterrichtseinheiten
– Fleisch ist Beilage, Getreide und Gemüse spielen die Hauptrolle am Teller
Abbildungen der Relationen Beilage-Fleisch (Schulbuch S.60)
Durch einen hohen Kohlenhydratgehalt der Nahrung wird der Anteil fetthaltiger Lebensmittel verringert. Der Richtwert für die
Fettzufuhr beträgt 25-30% der Gesamtenergie. Derzeit liegt die Fettaufnahme bei ca. 40% der Gesamtenergie - ist also um
ein Drittel höher als erwünscht -, was im Zusammenhang mit der steigenden Anzahl von Gefäßkrankheiten (Herz-KreislaufErkrankungen) und Übergewicht mit seinen Folgeerkrankungen (z.B. Diabetes) gesehen wird.
Hinsichtlich der Fettsäurezusammensetzung lautet die Empfehlung (maximal):
1/3
1/3
mehrfach ungesättigte Fettsäuren
einfach ungesättigte Fettsäuren
Linolsäure, Linolensäure = Omega-3-Fettsäuren, Ölsäure – enthalten in allen
hoch ungesättigte Fettsäuren aus Fischölen
pflanzlichen Ölen, z.B. Olivenöl
1/3
gesättigte Fettsäuren
z.B. Buttersäure im Milchfett
Die Fettsäurezusammensetzung kann aus der Nährwertkennzeichnung und aus der Zutatenliste (gehärtete Fette = gesättigte
Fette) nachvollzogen werden. Cholesterin ist ein Fettbegleitstoff, der in tierischen Lebensmitteln enthalten ist. Die tägliche
Cholesterinzufuhr sollte 300 mg nicht überschreiten. Da ein erhöhter Blutcholesterinspiegel durch die Nahrungsauswahl kaum
beeinflussbar ist, liegt der Schwerpunkt bei der Prävention.
Die Empfehlungen lauten daher:
– Fett sparsam einsetzen.
Im Unterricht fettärmere Alternativen für fettreiche Lebensmittel und Zubereitungsweisen vorstellen!
– Wenn schon Fett, dann pflanzliche Fette bevorzugen.
Den Konsum tierischer Lebensmittel einschränken!
– Weniger tierische Nahrungsmittel, mehr pflanzliche Kost essen
Den Schüler/innen Speisen als Alternativen zur eingefleischten österreichischen Küche schmackhaft machen!
– Brotscheiben dicker schneiden – Aufstrich dünn auftragen, sichtbare Fette wegschneiden, auf das „Verfeinern“ von Soßen
mit fettreichen Milchprodukten verzichten, …
Aufgrund der Abhängigkeit des Proteinbedarfs von der Lebensphase liegen die Empfehlungen zur Eiweißzufuhr zwischen 12
und 15% der Gesamtenergiezufuhr. Kinder und Jugendliche im Wachstum haben einen höheren Eiweißbedarf, während der
durchschnittlichen Eiweißbedarf von 0,8 g/kg Körpergewicht für Erwachsene eine Drosselung der Proteinzufuhr auf 12%
erlaubt. Die durchschnittliche Proteinzufuhr liegt in den Wohlstandsländern wesentlich über den empfohlenen Werten. Zu
beachten ist, dass die tierischen Proteinlieferanten gleichzeitig relativ viel Fett, Cholesterin und Purine enthalten können.
– Nicht täglich Fleisch, Wurst, Eier.
Genügend fleischfreie Speisen im Unterricht vorstellen!
Alternativen zur Wurst-/Leberkässemmel als Jause!
– Mehr Speisen aus pflanzlichen Lebensmitteln wie Getreide, Hülsenfrüchte zur Eiweißbedarfsdeckung verzehren.
siehe oben
– Kleine Portionen Fleisch und Fisch genügen, um den Eiweißbedarf zu decken.
Fleischportionen auf 80-100 g pro Person reduzieren!
Als Energielieferant darf Alkohol mit einem Energiegehalt von ca. 30 kJ nicht vergessen werden.
Neben den energieliefernden Inhaltsstoffen sind die nicht-energieliefernden Nährstoffe zu berücksichtigen. Ballaststoffe,
Vitamine, Mineralstoffe, sekundäre Pflanzenstoffe (Schutzstoffe in pflanzlicher Kost, die wir teilweise als Duft-, Farb- und
Geschmacksstoffe wahrnehmen können) müssen ebenfalls in den Kostvorschlägen berücksichtigt werden. Auch für die Zufuhr
von Vitaminen und Mineralstoffen gibt es Referenzwerte (Gramm/g, Mikrogramm/µg oder internationale Einheiten/i.E. pro Tag)
in Abhängigkeit von Alter und Geschlecht: Durchschnittsangaben mit Sicherheitszuschlägen, Untergrenzen zur Verhütung von
Mangelversorgung bzw. bei einzelnen Nährstoffen auch Obergrenzen, um toxikologische Effekte bei (chronischer)
Überversorgung zu vermeiden.
Die für den Laien nachvollziehbaren Empfehlungen lauten jedoch:
– 5 Portionen Gemüse und Obst am Tag!
Vorschläge für die Umsetzung der Verzehrsempfehlung siehe Schulbuch S. 40ff
34
– Gemüse und Obst auch als Rohkost verzehren!
Æ Auch in der Schule bei der Nahrungszubereitung einen Rohkostanteil einplanen, damit Erhitzungsverluste ausgeglichen
werden.
Die numerischen Nährstoffangaben dienen als Orientierungshilfe. Sie müssen nicht zwanghaft an jedem Tag und v.a. nicht zu
96
jeder Mahlzeit erreicht werden. Es reicht aus, im Wochenschnitt die Vorgaben zu erreichen .
2.10 Abhängigkeiten zwischen Nährstoff- und Energiebedarf unter
Berücksichtigung der Lebensphase Jugend kennen lernen
2.10.1 Kernbereich
Schulbuch S. 27: Ernährung und Knochendichte – Abhängigkeit zwischen Nährstoffbedarf und Lebensphase Jugend: Wer in
Kindheit und Jugend mit einer calciumreichen Kost und ausreichend Bewegung für seine Knochendichte vorsorgt, ist im Alter
gut gerüstet!
Schulbuch S. 26: Ich bin zu dick - ich bin zu dünn! – Energiebilanz, Gewichtskurve
Während des Wachstums besteht ein hoher Nährstoff- und Energiebedarf. Nach dem Wachstum sinkt der Energiebedarf. Der
Nährstoffbedarf jedoch bleibt aufrecht, der Körper benötigt weiterhin ausreichend Vitamine, Mineralstoffe, Schutzstoffe aus
pflanzlicher Nahrung. Daher sind Lebensmittel mit einer hohen Nährstoffdichte bei gleichzeitig geringerem Energiegehalt zu
bevorzugen (siehe Abb. unten).
2.10.2 Erweiterungsbereich
Schulbuch S.24: Ernährungserziehung in der Familie
Hier sind die Jugendlichen in ihrer Rolle als zukünftige Eltern angesprochen. Aber auch die Möglichkeit, sich für den Job als
97
Babysitter zu qualifizieren, kann eine Motivation darstellen, sich mit Fragen der Kinderernährung auseinander zu setzen.
1. Phase: Sammeln von Fragestellungen: Interview von Eltern. Welches sind die häufigsten Ernährungsprobleme?
98
2. Phase: Expertenlernen : Zur Beantwortung der Fragen erwerben die Schüler/innen in Kleingruppen das notwendige
Expertenwissen.
3. Phase: Gegenseitiger Austausch der Experten.
2.10.3 Kommentar
Abhängigkeiten zwischen dem Nährstoff- und Energiebedarf
Energiebedarf - Nährstoffdichte (in kJ, nach Schlieper)
12000
10000
8000
6000
männlicher Jugendlicher
weibliche Jugendliche
Erwachsener
Kinder, ältere Personen
Männliche Jugendliche haben während des Wachstums den größten Energiebedarf. Die größte Portion und der Nachschlag
99
stehen zu Recht dem heranwachsenden Jugendlichen zu. Der Energiebedarf steigt bei körperlicher Belastung . Der Jugendliche
muss als junger Erwachsener jedoch sein Essverhalten umstellen und von den gewohnten Verzehrsportionen auf kleine
Mengen umsteigen, um nicht nach Abschluss der Wachstumsphase zuviel Energie zuzuführen. Personen, die eine geringe
Nahrungsmenge aufnehmen und einen niedrigen Energiebedarf haben, müssen darauf achten, dass die Nährstoffdichte der
Kost hoch ist. Das gilt für Säuglinge, Kleinkinder und alte Menschen, aber genauso für (meist weibliche) Personen, die
Dauerdiäten machen, d.h. ständig den Energiegehalt ihrer Kost reduzieren. Leicht kann es bei längerfristiger Reduktion der
Nahrungsaufnahme (nicht selten kombiniert mit einer missbräuchlicher Verwendung von Abführ- und Entwässerungsmitteln)
zu einem Nährstoffmangel kommen. FdH gilt nur für die Energiemenge, nicht für die Nährstoffdichte!
Kurven und Indexe
Bei Gewichtsfragen sind Menschen ganz erpicht auf Waagen, Maßbänder, Gewichtstabellen und Körperformeln. Jugendliche
sind von der „Mess-Manie“ nicht ausgenommen, zumal alle einschlägigen Magazine solche Körper-Normvorgaben verbreiten.
Sollten Referenzwerte nachgefragt werden, ist darauf zu achten, dass die Werte nicht zu eng interpretiert werden! Besonders
junge Mädchen und Frauen, aber auch immer mehr Burschen sind mit einem Gewicht innerhalb des relativ breiten
Normalbereiches nicht zufrieden, sondern streben den unteren Grenzwert an oder versuchen diesen zu unterbieten.
96
Quellen für die Empfehlungen zur Mahlzeitenplanung: Beratungsstandard, 2001 und Ernährungsmedizin in der Praxis, 2000
Siehe auch S. 59.
98
Siehe S. 13.
99
Allerdings wird der Energieverbrauch beim Breitensport in der Regel überschätzt!
97
35
Das Maßband-Maß: „Waist-to-Hip-Ratio“
Das Verhältnis des Taillenumfangs zum Hüftumfang (Taille/Hüfte) gibt Aufschluss über das Fettverteilungsmuster.
Fettansammlungen im Bauchraum (androide „Apfelform“) werden im Unterschied zur Fettansammlung im Gesäß- und
Oberschenkelbereich (gynoide „Birnenform“) als Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen gesehen. Als Referenzwert gilt
für Männer der Faktor 1, für Frauen der Faktor 0,8.
Der BMI-Index (Body-Mass-Index)
Die derzeit häufigste gebrauchte Kerngröße zur Bestimmung des Ernährungsstatus berechnet sich aus dem Verhältnis des
Gewichts zur Körperoberfläche.
BMI =
Gewicht [kg]
2
Größe[m]
Nomogramm zur Bestimmung des BMI (nach Schek 1998)
Untergewicht
Normalgewicht
Übergewicht
Adipositas
BMI-Referenzwerte
männlich
< 20
20-25
25-30
>30
100
weiblich
< 19
19-24
24-30
>30
Wachstums- und Gewichtskurven für Kinder
Die Graphiken (Perzentilen) geben Auskunft über die durchschnittliche Entwicklung. Die 50-Prozent-Perzentile bedeutet: 50
Prozent aller Kinder sind zum jeweiligen Zeitpunkt schwerer, 50 Prozent sind leichter als die mittlere Linie angibt. Nur wenn
100
36
Quelle: Beratungsstandard, 2001
die Entwicklung des Kindes um mehr als zwei Linien von der mittleren Linie abweicht, wäre das ungewöhnlich. Von
Übergewicht spricht man, wenn die 90-Prozent-Perzentile überschritten wird.
Wachstum und Gewicht bei Jungen (links) und Mädchen (rechts) (nach Müller 1998)
37
3 Themenbereich „Haushalt und Gesellschaft“
Im Themenbereich Haushalt und Gesellschaft soll die politische, soziale, kulturelle, ökonomische und ökologische Bedeutung
101
privater Haushalte für die Gesellschaft erkannt werden .
Kommentar
Die Entscheidungen, die in Privathaushalten getroffen werden, beeinflussen alle gesellschaftlichen Lebensbereiche maßgeblich.
Die einzelnen Aspekte des Handels, die – betrachtet man einen Privathaushalt für sich allein – im Einzelfall marginal
erscheinen mögen, sind in Summe gesehen jedoch enorme, auf die Gesamtgesellschaft wirksame Faktoren. Im folgenden
Mindmap sind einige Beispiele angeführt:
Bedeutung privater Haushalte für die Gesellschaft
Familienhaushalte nehmen eine Sonderstellung ein. Sie bieten als begrenzter, überschaubarer Lebensbereich den
heranwachsenden Kindern und Jugendlichen Modelle und Spielräume für das Verhalten in allen oben dargestellten
gesellschaftlichen Lebensbereichen an:
– Entwicklung von Demokratiebewußtsein und politischer Verantwortung
– Zivilcourage und soziales Engagement
– aktiver Umweltschutz und schonender Umgang mit Ressourcen
– kulturelle Entfaltung und ethische Grundorientierung
– Grundlagen ökonomischer Entscheidungen und Erhalt der Humanressourcen
3.1 Aufgabenbereiche privater Haushalte kennen (der Haushalt als Bereich
des Zusammenlebens, als Wirtschafts- und Versorgungsbereich)
3.1.1 Kernbereich
Schulbuch S.74: Aufgaben und Leistungen privater Haushalte „auf einen Blick“
Der Einstieg in den Unterricht
Pinnwandmoderation
Unter dem Titel „Im Haushalt ist viel zu tun“ werden Tätigkeiten und Aufgaben, die im Haushalt anfallen, aufgezählt. Jede
Schülerin/jeder Schüler beschriftet 3-5 Post-its mit Tätigkeiten.
Auf der Pinnwand werden die großformatigen Bilder der 3 Haushaltsbereiche montiert und mit den Überschriften
„Zusammenleben“ „Versorgen“ „Wirtschaften“ versehen.
101
Lehrplan 2000 Ernährung und Haushalt: Bildungs- und Lehraufgabe
38
Die Schüler/innen ordnen ihre beschrifteten Post-its den Haushaltsbereichen zu.
Auf dem Arbeitsblatt 2 wird der Unterrichtsertrag festgehalten.
Erkenntnisgewinn: Schüler/innen sehen den Haushalt primär als Versorgungs- und Wirtschaftsbereich. Das Miteinander-Leben
als eigener Funktionsbereich wird bewußt.
Kopiervorlage
Arbeitsblatt 2: „Aufgaben privater Haushalte“
3.1.2 Erweiterungsbereich
Schulbuch S.75: Haushalt - Wirtschaft - Gesellschaft
Schulbuch S.80: Familienhaushalte leisten mehr
3.1.3 Kommentar
Das dem Schulbuch (und dem Lehrplan) zugrundeliegende theoretische Modell sieht den Haushalt als Ort des
Zusammenlebens, als Wirtschafts- und Versorgungsbereich des Menschen (siehe dazu auch S. 9).
Miteinander
leben
Versorgen
Wirtschaften
Um die Aufgaben in diesen drei Bereichen erfüllen zu können, werden Arbeiten verrichtet, denen unterschiedliche
Kompetenzen zugrunde liegen. Aus arbeitswissenschaftlicher Sicht kann man die in Haushalten anfallenden Arbeiten
unterteilen in:
Arbeitsarten im Haushalt
– Muskelarbeit
(physische Arbeit)
– Beziehungs- und Betreuungsarbeit
(soziale Arbeit)
– Planungs-, Informations- und
Entscheidungsarbeit
Beispiele
… zur Durchführung der Wohnraum- und Bekleidungsreinigung,
Nahrungszubereitung, … – bedarf ergonomischer Arbeitsgestaltung
… im Rahmen der Beziehungspflege, Kinderpflege und –erziehung,
Hauskrankenpflege, Altenbetreuung, … – bedarf sozialkommunikativer Fähigkeiten
… im Rahmen der Ausgabenplanung, Güterbeschaffung, Zeitplanung
und Arbeitsverteilung – bedarf dynamischer Fähigkeiten102
Dass das Erfüllen von Aufgaben in privaten Haushalten Kompetenzen erfordert, wird selten explizit wahrgenommen und
anerkannt, sondern eher stillschweigend vorausgesetzt.
Erst wenn Defizite103 auftreten, die sich auf die Gesamtgesellschaft auswirken, wird der Ruf nach kompetenten Fachleuten laut.
Dementsprechend ist auch das Beratungsangebot in allen drei haushälterischen Bereichen gewachsen.
Durch den grundlegenden sozialen Wandel in unserer Gesellschaft haben Kompetenzen für die Hausarbeit ihren
geschlechtsspezifischen Charakter verloren. Früher wurden die hauswirtschaftlichen Kompetenzen von einer weiblichen
Generation zur nächsten weitergegeben, auch die schulische Mädchenbildung war vorrangig mit hauswirtschaftlichen
Inhalten gefüllt. Heute sind Frauen nicht mehr selbstverständlich und bedingungslos bereit, ihre Lebenszeit und Arbeitskraft
zur Versorgung anderer zur Verfügung zu stellen. Umgekehrt wird das so entstandene Vakuum nicht in dem erforderlichen
Maße durch Bereitstellung familiärer Leistungen von Männern aufgefüllt.
102
Die Fähigkeit, erworbene Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten auf neue Situationen anwenden zu können.
Beispiele für Defizite: Haushalte, in denen die Haushaltsmitglieder sich falsch ernähren bzw. auf diätetische Anforderungen nicht adäquat
reagieren können, junge Eltern, die mit ihren Säuglingen und Kleinkindern überfordert sind, verschuldete Haushalte, die Grundbedarfe nicht
mehr decken können …
103
39
Aus diesem gesellschaftlichen Wandel lassen sich auch die Argumente für die Notwendigkeit hauswirtschaftlicher Bildung im
Sinne einer Bildung für alle (Allgemeinbildung) begründen:
– Die zur Bewältigung haushälterischer Aufgaben notwendigen Kompetenzen sind weder „angeboren“ noch stellen sie sich
automatisch mit der Gründung eines Haushalts oder mit der Elternschaft ein.
– Männer wie Frauen müssen zur bedarfsgerechten Eigenversorgung und zur Versorgung anderer im Familienhaushalt
befähigt werden. Dem westlichen Demokratieverständnis entsprechend sind Menschen nicht aufgrund ihres Geschlechts
für bestimmte gesellschaftliche Bereiche (in unserem Fall Haus- und Familienarbeit) verantwortlich zu machen.
– Kompetenzen zur Durchführung von Hausarbeiten werden heute nicht mehr „automatisch“ in den Herkunftshaushalten
weitergeben. Mädchen wie Burschen verlassen ihre Herkunftshaushalte oft ohne adäquates Grundlagenwissen, kennen
weder einen Dämpfereinsatz noch einfache pflegerische Handgriffe. Geputzt wird mit Mitteln, die die Werbung anpreist,
die aber Umwelt und Gesundheit belasten.
– Umgekehrt haben sich auch die Anforderungen an Hausarbeit geändert, und es kann nicht mehr selbstverständlich auf dem
Erfahrungswissen aus vorangegangenen Generationen aufgebaut werden. Beispielsweise können traditionelle Ess- und
Kochgewohnheiten einem gesundheitsverträglichen Lebensstil widersprechen; die Fähigkeit, angesichts der Produktvielfalt
Entscheidungen zu fällen, war früher mangels Alternativen nicht im gleichen Maße gefragt wie heute.
Heute werden die Aufgaben der Privathaushalte nicht mehr ausschließlich von Haushaltsmitgliedern in Eigenleistungen erfüllt.
Für die Leistungen, die von Wirtschaft und Gesellschaft bereitgestellt werden, sind Marktpreise und Steuern zu zahlen.
Grundsätzlich kann man zwischen Dienstleistungs- und Vergabehaushalten unterscheiden, wobei in der Realität immer
Mischtypen bestehen werden.
Dienstleistungshaushalte
Vergabehaushalte
produzieren Eigenleistungen
kaufen Dienstleistungen vom Markt zu
sind hochtechnisiert (eigene Waschmaschine, Tiefkühltruhe,
Geräte zur Vorratswirtschaft, …)
haben höheren Raumbedarf (Wirtschaftsraum, Küche)
sind kapitalintensiv, der typisch junge DoppelverdienerHaushalt (DINKS „double income, no kids)
arbeits- und zeitintensiv
arbeitsextensiv, vorrangig Informations- und
Entscheidungsarbeit, stärkere außerhäusliche Freizeit- und
Konsumorientierung
Gefahr der Mehrfach- und Überbelastung der
haushaltsführenden Person, besonders wenn diese auch
berufstätig ist
sind angewiesen auf kundenfreundliche Öffnungszeiten von
Ämtern, Handel, Gesundheitsdiensten usw., der Arbeitszeit
angepasste Öffnungszeiten der Betreuungseinrichtungen für
Kinder
benötigen Wissen und Übung zur sachgerechten
Durchführung von Arbeiten
benötigen Wissen, um die zugekauften Produkte und
Dienstleistungen vom Markt hinsichtlich ihrer Eignung zur
Bedarfsdeckung beurteilen zu können
Da viele hauswirtschaftliche Leistungen als Dienstleistungen am Markt gekauft werden, hat sich ein weites Berufsfeld mit z.T.
neuen Berufsbildern eröffnet. Für die zugekauften Dienstleistungen müssen Qualitätsstandards eingefordert werden können.
Die dafür notwendigen Kompetenzen können durch anerkannte, z.T. neu geschaffene Ausbildungen erworben werden. Siehe
dazu Schulbuch S. 75.
3.2 Auswirkungen der Berufstätigkeit auf das Leben im Haushalt
analysieren
3.2.1 Kernbereich
Schulbuch S. 74: Aufgaben und Leistungen privater Haushalte – Wenn alle Haushaltsmitglieder berufstätig sind, und niemand
seine persönliche Lebenszeit und Arbeitskraft ausschließlich für die Versorgung der anderen Haushaltsmitglieder aufbringt,
dann heißt dies für
– das Zusammenleben im Haushalt …
– für das Versorgen …
– für das Wirtschaften im Haushalt …
3.2.2 Erweiterungsbereich
Fragestellungen zu konkret ausgewählten Problembereichen, die bei Berufstätigkeit der Haushaltsmitglieder einer besonders
sorgfältigen Planung bedürfen:
40
Schulbuch S. 78: Der Haushalt als Ort des Zusammenlebens - Miteinander leben
Schulbuch S. 97: Zukauf von Dienstleistungen - zum Beispiel Wäschepflege
Schulbuch S. 108: Halbe-Halbe: partnerschaftliche Arbeitsteilung im Haushalt – Zeitverwendung für Berufsarbeit, Freizeit
und Erholung versus Hausarbeit
Schulbuch S. 82: Familie und Beruf – Wahl der geeigneten Betreuungsform für Kinder
3.2.3 Kommentar
Kinder- und Altenbetreuung, Einkaufen, Kochen, Reinigen, Amtswege erledigen …: Haushaltsarbeit muss, wenn sie neben der
Erwerbsarbeit verrichtet wird, auf alle Haushaltsmitglieder aufgeteilt werden, damit eine zufriedenstellende Balance im
Zusammenleben möglich ist. Je nach Haushaltsphase wird die eine oder andere Person mehr mit Haushaltsarbeiten belastet
werden.
Arbeitsteilung verlangt klare Absprachen:
– Was ist von wem wann zu tun?
– Wer bestimmt, wann die Arbeit als erledigt gilt? (Was gilt als „sauber“ oder „aufgeräumt“?)
– Wie lange gelten die Vereinbarungen, wann sind Änderungen nötig? Muster können sich bewähren, müssen aber auch
geändert werden, wenn sie nicht mehr stimmen.
Günstig ist es, Hausarbeit zeitlich zu strukturieren, damit sie sich nicht über die gesamte Woche hinwegzieht. Feste
Haushaltshalbtage in der Woche oder ein fixer „Besorgungstag“ für Erledigungen wie Behörden, Bank, Einkauf, Reparatur und
Arztwege haben sich besonders für Familienhaushalte als günstige Zeitstrukturen erwiesen. Ebenso muss täglich mindestens
eine halbe Stunde „Familienkonferenz“ für organisatorische Absprachen und familieninterne Aussprachen, an denen alle
Haushaltsmitglieder teilnehmen, eingeplant werden. Dies ist für das Knüpfen stabiler Beziehungen unerlässlich.
Kinder und Berufsarbeit
Kinder zu haben verlangt, die persönliche Lebenszeit mit ihnen zu teilen. Dabei entscheidet die Qualität und nicht so sehr die
Quantität der gemeinsam verbrachten Zeit: Fixe, zuverlässig eingehaltene Zeiten, die berufstätige Eltern nur für ihr Kind
reserviert haben, verschaffen dem Kind die notwendige Sicherheit einer stabilen Beziehung. Für den Wiedereinstieg ins
Berufsleben muss, vor allem wenn das Kind erst 2-3 Jahre alt ist, eine angemessenen Betreuungsform gefunden werden.
Das Kinderbetreuungsgeld
Das gesetzlich verankerte Recht auf Elternschaftsurlaub zählt wohl zu einer der größten sozialpolitischen Errungenschaften
des letzten Jahrhunderts.
Mit dem ab 2002 in Kraft getretenen Kinderbetreuungsgeld wird die Erziehung und Betreuung der Kinder als eine
unverzichtbare Leistung aller Eltern im Interesse der gesamten Gesellschaft anerkannt und für einen bestimmten Zeitraum
(aus dem Familienlastenausgleichsfond) finanziert.
Das Kinderbetreuungsgeld ersetzt das Karenzgeld, welches eine Versicherungsleistung war und an die (unselbständige)
Erwerbstätigkeit der Mutter vor Geburt des Kindes gekoppelt war. Das Kindergeld wird als Familienleistung bezahlt. Daher sind
(ausländische) Hausfrauen, selbständig tätige Frauen und Bäuerinnen, Studierende, junge arbeitssuchende Frauen, als „neue
Selbständige” tätige Frauen sowie geringfügig Beschäftigte und freie Dienstnehmer/innen, die zuvor keinen Anspruch bzw. nur
Anspruch auf das halbe Karenzgeld hatten und in der Regel nur über unterdurchschnittliche Einkommen verfügen, ebenfalls
anspruchsberechtigt.
Das Kinderbetreuungsgeld wird für die Dauer von zweieinhalb Jahren bzw. bei Teilung mit dem zweiten Elternteil für drei Jahre
in der Höhe von 436 € monatlich ausbezahlt. Für Alleinerziehende und sozial benachteiligte Paare gibt es monatliche
Sonderzuschüsse (182 €).
Von den insgesamt 30 bzw. 36 Monaten Bezugsdauer werden 18 Monate als pensionsmitbegründende Beitragszeit
angerechnet.
Für Bezieher von Kinderbetreuungsgeld gilt eine Zuverdienstgrenze von 14.600 € brutto jährlich, womit der Wieder- bzw.
Ersteinstieg in das Erwerbsleben sowie auch die verstärkte Inanspruchnahme der Elternkarenz durch Väter gefördert werden
soll. Der arbeitsrechtliche Kündigungsschutz bleibt allerdings nur für 24 Monate erhalten.
Auswirkungen der Berufsarbeit auf das familiäre Leben
– Zeitbudget für Familien: Beschäftigungsverhältnisse mit atypischen Arbeitszeiten (die v.a. bei Frauen die Norm sind) ziehen
nach sich, dass gemeinsame Zeiten für die tägliche Familienkonferenz ebenso geplant werden müssen, wie Arbeits-, Schulund Geschäftszeiten von außen vorgegeben werden.
– Berufsarbeit bringt Doppelbelastung mit sich, auch wenn Hausarbeit auf alle im Haushalt lebenden Personen aufgeteilt
wird. Auch Kindern und Jugendlichen ist eine altersgemäß übertragene Verantwortung von Hausarbeit zumutbar, wobei die
Mithilfe im Haushalt ein häufiger Konfliktstoff in Haushalten mit Jugendlichen ist. Die für die persönliche Freizeit
vorgenommenen Vorhaben konkurrieren häufig in der Wertigkeit mit Familienzeit und Hausarbeit.
– Vorsicht vor kalkulatorischen Fallen: Zeit bekommt durch Bezahlung andere Prioritäten. Wer die realen Kosten für die
Betreuung des Kindes unter Verzicht auf Lohnarbeit auf der einen Seite und die Betreuung des Kindes durch die
41
Tagesmutter und Erwerbsarbeit auf der anderen Seite gegeneinander aufrechnet, mag zum Ergebnis kommen, dass es
„kostengünstiger“ ist, das Kind in Fremdbetreuung zu geben, statt es selbst zu betreuen. In solchen Kalkulationen werden
humane, nicht geldmäßig erfassbare Werte jedoch nicht berücksichtigt.
– Berufsarbeit und Geldwirtschaft entwickeln eine Eigendynamik: Im Allgemeinen steigt durch die Berufstätigkeit das
Anspruchsniveau an den Lebensstandard, wodurch die Lebenshaltungskosten zunehmen. So wird z.B. mehr Convenience
Food verbraucht. Tiefkühlkost, Gerichte für die Mikrowelle, Essen außer Haus sind in der Regel teurer als selbst zubereitete
Speisen aus Grundnahrungsmitteln. Auch der Mehraufwand für Kleidung, Wegekosten usw. ist zu berücksichtigen. Mehr
Lohnarbeit ist notwendig, um die zusätzlichen Ausgaben bestreiten zu können.
– Kindern eröffnet sich durch die Berufstätigkeit ihrer Eltern ein Einblick in die Berufs- und Arbeitswelt, nicht nur auf der
Sachebene durch Gespräche der Eltern über die Art der Arbeit an sich, sondern auch über den informellen Bereich der
vorgelebten Arbeitstugenden, Arbeitsfreude, Einstellungen zu Kolleg/innen usw. Sie übernehmen damit einen Gutteil der
elterlichen Einstellungen und Werthaltungen dem beruflichen und gesellschaftlichen Leben gegenüber.
3.3 Soziale Netze - famlienergänzende Einrichtungen kennen lernen
3.3.1 Kernbereich
Schulbuch S. 82: Familie und Beruf, Wahl geeigneter Betreuungsformen
Kopiervorlage
Arbeitsblatt 2 unter dem Titel „Erste Hilfe für Haushalte“: Hilfe und Beratungsangebote sowie Einrichtungen des sozialen
Netzes für Familienhaushalte mit Kleinkindern zuordnen.
Methodische Anregung
Erkundung einer Einrichtung z.B.: eine Babyklappe, Beratungsstelle für werdende Mütter und Väter in Krisensituationen
(Aktion Leben) – siehe unten.
3.3.2 Erweiterungsbereich
Schulbuch S. 84: Der Haushalt im Alter – Arbeitsblatt 2: Hilfe und Beratungsangebote sowie Einrichtungen des sozialen
Netzes für Haushalte im Alter erkunden.
Schulbuch S. 91: Erkundungsaufgabe Schuldnerberatungsstelle
Schulbuch S. 75: Berufsorientierung – Arbeitsblatt 2: Berufe zuordnen. Einen Beruf wählen und erkunden.
3.3.3 Kommentar
Das soziale Netz ist in Österreich gut ausgebaut: Arbeitsrecht, medizinische Vorsorge, psychosoziale Beratungsangebote und
finanzielle Absicherungen bilden ein engmaschiges Netz, in dem familienergänzende Einrichtungen ein Teilbereich sind.
Regional können jedoch Versorgungsengpässe auftreten, und es kommt immer wieder vor, dass Menschen bei ihrer
Daseinsvorsorge überfordert sind. Die folgende Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie gliedert sich nach den
Lebensphasen des Menschen im Haushaltszyklus (Schulbuch S. 80)
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
42
Einrichtungen des sozialen Netzes
Schwangerschaftskurs für werdende Eltern
Beratungsstelle für junge Mütter und Väter in Konfliktsituationen
Mutterschutzbestimmungen
Vorsorgeuntersuchungen
Anonyme Geburt
Babyklappe
Elternberatungsstellen (ehem. Mutterberatung)
Stillberatung
Mutter-Kind-Pass-Untersuchung
Impfpass
Elternschaftsurlaub
Betreutes Wohnen für junge Mütter in Krisensituationen
Krabbelstuben
Tageseltern
Kindergarten
Hort
Kindergeld
Babysitter-Ausbildungen
Pflegeurlaub
Eltern-Kind-Gruppen
Elternbriefe
Familienberatung in Eltern-Kind-Zentren für spezielle Problembereiche, wie
z.B.
y Behinderungen
y Verhaltensauffälligkeiten
Lebensphase/-situationen
Schwangerschaft, vorgeburtliche Phase
Eltern mit Säugling und Kleinkind(ern)
Familienergänzende Einrichtungen zur Betreuung
abhängig vom Alter des Kindes (Kernbereich)
Krankheit von Angehörigen
Eltern mit Kind(ern)
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
y Stoffwechselstörungen
y Erziehungsproblemen
y Schul- und Lernprobleme
y Gewalt in der Familie
y Sexueller Missbrauch
Rechte zwischen Eltern und Kindern
Selbsthilfegruppen und spezielle Beratungsangebote für Problembereich wie
y Drogen
y Gewalt
y Kriminalität
Mediatoren
Familienrichter
Frauenberatungsstellen
Männerberatungsstellen
Tagesbetreuungsstätten
Pflegehilfe
Mobile Altenbetreuung
Pflegegeld
Verbraucherberatung
Schuldnerberatung
Krisentelefon
Eltern mit Jugendlichen/jungen Erwachsenen
Scheidung, Trennung
Alleinerzieher/innen
Alter
Beratung für (Familien)- Haushalte
Allgemeine Beratungsangebote für besondere
Lebenssituationen, für Erstkontakt und Orientierung
Erkundung einer Einrichtung
Welche Beratungsleistungen bietet die Institution?
Wer kann sich an diese Einrichtung wenden?
Welche Hilfe kann man erwarten?
Ist eine (telefonische) Voranmeldung nötig?
Mit welchen Wartezeiten ist zu rechnen?
Was kostet die Beratung?
Berufsorientierung
Wahl eines Berufs
1. Beschreibung der Tätigkeiten, z.B. durch eine Fotodokumentation, die typische Arbeitssituationen zeigt
2. Voraussetzungen (Alter, Schule)
3. Lerninhalte und Dauer der Ausbildung
4. Abschlusszeugnis/-berechtigung
43
4 Themenbereich „Verbraucherbildung
und Gesundheit“
Der Themenbereich „Verbraucherbildung und Gesundheit“ soll zu einem gesundheitlich, ökologisch und ökonomisch
orientiertem Umgang mit Ressourcen im Haushalt (physische und psychische Arbeitskraft, Zeit, natürliche Ressourcen, Geld
104
und Güter) führen.
Kommentar
105
Mit der Einführung des Themenbereiches „Verbraucherbildung und Gesundheit“ wird ein Paradigmenwechsel in der
hauswirtschaftlichen Bildung besonders deutlich.
Während früher der arbeitswissenschaftlich-verfahrenstechnische Ansatz in der hauswirtschaftlichen Unterweisung mit dem
Ziel, Mädchen bzw. Frauen zur ökonomischen Bereitstellung von Eigenleistungen zu befähigen, dominierte, gewinnt heute
Verbraucherbildung und Verbraucherberatung für Privathaushalte als Unterrichtsinhalt zunehmende Bedeutung:
– Die sozio-ökonomischen Entwicklungen seit 1945 erzeugen neue Abhängigkeiten privater Haushalte von Wirtschaft und
Gesellschaft. Der Anteil der in den Privathaushalten erbrachten Eigenleistungen ist zurückgegangen, die Kaufkraft der
106
Privathaushalte sowie die Risikobereitschaft, mit nicht vorhandenem Kapital den Lebensstil zu finanzieren, sind
gestiegen.
– Für Dienstleistungen (z.B. im Rahmen der Kinder-, Alten- und Krankenbetreuung, Wohnraumreinigung,
Ernährungsversorgung, …), die von Gesellschaft und Wirtschaft erbracht werden, müssen bedarfsgerechte
107
Qualitätsstandards eingefordert werden können.
– Der Konsument benötigt Orientierungshilfen am freien und international vernetzten Markt mit seinem unüberschaubaren
Waren- und Dienstleistungsangebot. Relevante Güterkriterien müssen als solche erkannt und von Werbung unterschieden
werden können.
– Die durch Konsumentscheidungen privater Haushalte verursachten Umweltprobleme haben eine Dimension erreicht, die
109
die Erde ökologisch nicht mehr verkraftet. Es herrscht politischer Konsens über die Notwendigkeit eines nachhaltig
orientierten Lebensstils.
108
– Kinder und Jugendliche sind einem massiven Druck bei Konsumenentscheidungen ausgesetzt. Sie sind als Konsumenten
110
Zielgruppe von Marketingstrategien und tätigen Kaufentscheidungen von bislang unvorstellbarer Größenordnung .
– Brüche in der Lebensarbeitsbiographie haben langfristige Auswirkungen auf Lebensgestaltung und Altersversorgung. Die
Sicherheit eines gleichmäßigen Einkommens und damit verbundener Ansprüche auf Sozialleistungen ist keine
111
Selbstverständlichkeit mehr. Mehrmalige Berufswechsel sowie atypische Beschäftigungsverhältnisse werden die Norm.
112
Verbraucherbildung - als Teilbereich der Wirtschaftserziehung - hat zum Ziel, die Selbstkompetenz der Verbraucher zu
stärken. Für den hauswirtschaftlichen Bereich sind die folgenden Kompetenzbereiche relevant: Bedarfsanalyse,
Betriebsmittelanalyse, Marktanalyse, Kaufentscheidung. Die Methode der Wahl in der Verbraucherbildung ist die Arbeit mit
konkreten Fallbeispielen, wobei die beispielhaften Lernanlässe schwerpunktmäßig den einzelnen Kompetenzbereichen
zugeordnet werden können.
104
Lehrplan 2000, Bildungs- und Lehraufgabe in „Ernährung und Haushalt“
Zum Paradigmenwechsel in der hauswirtschaftlichen Bildung in Österreich siehe auch Buchner/Schuh 2000.
106
Z.B. Urlaub auf Kredit, „Jetzt haben – später zahlen“
107
Neue Berufe mit neu eingerichteten Ausbildungen, die diese Standards ermöglichen, sind z.B. Altenfachbetreuer/in, Pflegehelfer/in,
Tageseltern-Ausbildungen, Heimkochausbildung, … usw.
108
Luftschadstoffe durch Individualverkehr und Hausbrand, Müllvolumen durch Konsum- und Wegwerfmentalität, Wasser-, Energie- und
Umweltverbrauch durch Freizeit- und Urlaubsverhalten …: Die Umweltprobleme, mit denen wir es heute zu tun haben, sind in erster Linie
„haus“gemacht!
109
Agenda 21, siehe Seite 46, Fußnote 117.
110
Beispielsweise Kinder als Markenträger von Bekleidung und Sportartikeln; Kinder fällen Entscheidungen im Bereich der
Unterhaltungselektronik und Neuen Technologien, besonders wenn sie über ein höheres Wissen in der IT-Branche verfügen als ihre Eltern.
111
Ca. 43% der Beschäftigten arbeiten bereits außerhalb des 40-Stunden-Normarbeitszeit-Modells: Teilzeit- und befristete Jobs,
geringfügige Beschäftigung, Werkverträge, Tele- und Leiharbeit, oder sie bieten Dienstleistungen freiberuflich an. Es sind dies v.a.
Beschäftigungsverhältnisse für Arbeitnehmerinnen mit Familie, die generell schlechter mit Sozialleistungen versorgt und schlechter bezahlt
sind als Arbeiter mit Beschäftigungsverhältnissen, die dem Normmodell entsprechen.
112
Wirtschaftserziehung ist ein fächerübergreifendes Unterrichtsprinzip (Lehrplan 2000).
105
44
Kompetenzbereich
Bedarfsanalyse
Grundbedürfnisse
Wahlbedürfnisse
Betriebsmittelanalyse
Geld
Güter
Zeit
psychische und physische
Arbeitskraft
natürliche Ressourcen
Marktanalyse
Informationsbeschaffung
Qualitätskriterien
Folgekosten
Kaufentscheidung
Rechtsfolgen
Ökologische und soziale
Verträglichkeit
Erläuterung: Kompetente Verbraucher …
… sind fähig, ihren Grundbedarf festzustellen. Sie wissen,
dass sich der Grundbedarf in Abhängigkeit von der
Lebensphase ändert und können darauf adäquat reagieren.
… sind fähig, über den eigentlichen Grundbedarf hinaus
gehende Wünsche als solche zu erkennen und mit ihnen
angemessen umzugehen.
… sind autonom. Werbung, Moden, Cliquen, was man
„haben“ muss, was „in“ ist, ist nicht immer ident mit dem,
was man „braucht“, um gesund oder zufrieden sein zu
können.
… haben einen Überblick über die ihnen zur Verfügung
stehenden Ressourcen und nutzen sie zukunftssichernd.
… führen ein Haushaltsbuch und haben einen Überblick
über die laufend anfallenden Ausgaben.
… legen Rücklagen für unvorhergesehene Ereignisse, zur
Deckung von Reparaturen oder zur Neuanschaffung von
Waren an.
… nutzen Zeit für die Pflege und Instandhaltung von
Bekleidung und Wohnraum, Wissen und Können für die
eigenständige, sachgerechte Durchführung
hauswirtschaftlicher Arbeiten, sowie psychische Ressourcen
wie Geduld und Muße zur persönlichen Regeneration und
zur Beziehungsarbeit.
… handeln mit Gütern, die nicht mehr den Grundbedarf
sichern (z.B. Babykleider, Kinderspielzeug), indem diese
verschenkt, weiterverkauft oder gegen angemessenere
Ware oder Gegenleistung eingetauscht werden113.
… sind sich bewusst, dass zur Deckung ihrer
Grundbedürfnisse Kosten für die Allgemeinheit anfallen
und natürliche Ressourcen wie Energie und Wasser
verbraucht werden bzw. Schadstoffe, Müll, Emissionen
anfallen. Sie nutzen die Ressourcen so, dass die
Regenerationspotentiale nicht erschöpft werden.
… kennen entweder durch persönliche Markterkundung
oder durch publizierte Marktanalysen das Angebot.
… nutzen die Vorteile der unterschiedlichen
Einkaufsquellen (Fachgeschäfte, Diskontmärkte, Internet).
… kennen Qualitätskriterien für die zu erwerbenden Waren
und Dienstleistungen.
… wissen, wo sie fachkundige, interessensungebundene
Beratung finden.
… berücksichtigen die mit einem Kauf verbundenen Folgen,
z.B. Instandhaltungskosten, Wartungskosten, Ersatzteile …
… kennen die mit dem Rechtsgeschäft verbundenen Rechte
und Pflichten.
… berücksichtigen neben den rechtlichen auch die
gesundheitlichen114 und ökologischen115 Folgen, die die
Gesamtgesellschaft zu tragen hat.
… entwickeln ein Bewusstsein für einen nachhaltig
orientierten Lebensstil.
Beispiele für Praxisbezüge
– Grundnahrungsmittel für den tägliche
Bedarf kennen und einkaufen
– einen Grundvorrat zusammenstellen
– aus dem Grundvorrat Speisen zubereiten
– Ein Baby kommt: Eine Liste für die
Grundausstattung erstellen
– eine Hausapotheke einrichten
– einen Öko-Putzschrank einrichten
– Werbung analysieren
–
–
–
–
–
–
–
–
–
ein Haushaltsbuch führen
einen Finanzplan erstellen
einen Arbeitsablaufplan erstellen
ergonomisch arbeiten
Maßnahmen zur Unfallverhütung
anwenden
eine partnerschaftliche
Arbeitsorganisation vornehmen
einen Hausarbeits-, Familienzeit- und
Freizeitplan erstellen
Müll vermeiden, sortenrein trennen und
entsorgen
Reinigungsmittel sparsam dosieren
– anhand alltäglicher Güter zwischen
Werbung und Produktinformation
unterscheiden
– die für den Verbraucher wesentlichen
Informationen aus der
Warenkennzeichnung entnehmen
– produktrelevante Merkmale beim Einkauf
von Gütern des täglichen Bedarfs
(Lebensmittel, Bekleidung) kennen
– Informationsquellen zur
Produktbeschaffung nutzen
– ein Pflichtenheft für Dienstleister im
Privathaushalt erstellen
– für die EH-Gruppe einkaufen gehen =
einen Kaufvertrag abschließen
– Konsequenzen unterschiedlicher
Zahlungsbedingungen kennen
– die wichtigsten Konsumentenrechte (z.B.
Rücktrittsrecht, Gewährleistungsrechte)
kennen
– anhand konkreter Güter (z.B. Bekleidung,
Lebensmittel) Auswirkungen der
Kaufentscheidung auf Umwelt und
Gesellschaft nachvollziehen
Die ethisch-normative Orientierung in der Verbraucherbildung: Nachhaltigkeit
Als ein Betrag des Faches zur Aufgabe der Schule wird „verantwortungsvolles Verbraucherverhalten durch nachhaltige
116
Nutzung von Ressourcen“ genannt.
Der Begriff „Nachhaltigkeit“ kommt aus der Forstwirtschaft und bedeutete ursprünglich, dass nicht mehr Holz geschlägert
wird, als jährlich zuwächst. Wenn die geschlägerten Flächen aufgeforstet werden, ist ein gleichbleibender Waldbestand
113
Besonders für finanziell schwache Verbraucher sind Talente, die an alternativen Tauschbörsen gehandelt werden können (tausche
Babysitten gegen Rasenmähen, tausche Wohnrecht gegen Betreuung, …), ein bedeutsames Betriebsmittel.
114
Stöckelschuhe mit hohen Absätzen mögen vielleicht chic sein, aber für den Fuß und die Wirbelsäule ist dauerhaftes Tragen belastend.
115
Ein im Diskontmarkt billig erstandenes Blumenbukett aus Argentinien schädigt heimische Händler und belastet die Umwelt durch
Chemieeinsatz und Schadstoffemissionen während Produktion und Flugtransport.
116
Lehrplan 2000, Ernährung und Haushalt: Bildungs- und Lehraufgabe
45
gesichert. Dieser sichert nicht nur das wirtschaftliche Wohlergehen der Folgegeneration, sondern erhält auch das Land als
Lebensraum. Nachhaltig wirtschaften bedeutet die Reduzierung des Ressourcenverbrauchs auf ein Niveau, welches die
Regenerationsfähigkeit der Ressourcenpotentiale nicht überschreitet. Ziel ist, dass die heute lebenden Menschen ihre
Bedürfnisse in einer Weise befriedigen, die auch künftigen Generationen die Chance lässt, ihre Bedürfnisse – zumindest auf
dem heutigen Niveau - zu befriedigen. 117
Heute wird der Begriff „Nachhaltigkeit“ (engl. sustainability) auf alle Lebensbereiche118 des Menschen angewendet. Im
Schulbuch wird er auf folgende drei Dimensionen bezogen119:
Mensch
Gesundheitsverträglichkeit
Umweltverträglichkeit
Umwelt
Sozialverträglichkeit
Gesellschaft
Dimensionen der Nachhaltigkeit (vgl. dazu Schulbuch S. 77)
Aus ethischer Sicht geht es im Wesentlichen um 3 Dinge:
– Fairness innerhalb einer Generation, d.h. Berücksichtung der gerechten Ansprüche der Menschen in anderen Erdteilen oder
anderen Lebenszusammenhängen (z.B. gerechte Teilhabe am wirtschaftlichen Wohlstand, Schonung der Humanressourcen
durch Arbeitnehmerschutz, fairer Handel, Zugang zu Gesundheit und Bildung für alle, …)
– Fairness zwischen den Generationen, d.h. Berücksichtigung der gerechten Ansprüche der nachkommenden Generationen
(z.B. Nutzung regenerierbarer Ressourcen, Reduktion der Konzentration der Schadstoffe und Emissionen in Wasser und Luft
auf ein Maß, das die Regenerationsfähigkeit dieser Ressourcen nicht übersteigt, …)
– Fairness gegenüber Kreaturen der natürlichen Umwelt und ihren Ansprüchen auf artgerechte Lebensbedingungen (z.B.
Artenschutz, Erhalt der Artenvielfalt, umweltverträgliche Landwirtschaft, …).
Eine nachhaltige Lebensgestaltung setzt grundlegende einschlägige Einstellungen und Werthaltungen sich selbst, der Umwelt
und den Mitmenschen gegenüber voraus120.
Für den Bereich Umwelt hat Piorkowsky121 in einer empirischen Untersuchung vier Grundhaltungen umweltbewußten
Haushaltens festgestellt:
Freiwillige Einfachheit: Umweltverträgliche Haushalts- und Lebensführung, die auf ein möglichst geringes Niveau von Konsum
und Verbrauch von Ressourcen zielt. Verzicht auf unnötigen Luxus und Bequemlichkeit: Da wird der Weg zu Fuß/mit dem
Fahrrad nicht gescheut und auf modische Trends genauso wie auf das duftende Schaumbad verzichtet, in Naturkostläden
eingekauft und in vegetarischen Restaurants gegessen, die Wohnung umweltgerecht eingerichtet usw.
Liebe zur Natur: Diese Einstellung richtet sich v.a. auf den Natur- und Artenschutz und ist Menschen eigen, die sich in
Umwelt- und Naturschutzgruppen engagieren, an konkreten Arten-, Biotop- und Landschaftsschutzprojekten teilnehmen und
in ihrem Mobilitätsverhalten v.a. auf umweltschädigende Auto- und Flugreisen verzichten.
Gesunde Ernährung: Menschen handeln nach dieser Einstellung weniger der Umwelt zuliebe, sondern aus Rücksicht auf die
eigene Gesundheit. Sie meiden schadstoffbelastete Lebensmittel, bevorzugen ökologische Produkte, essen wenig bis kein
Fleisch und verhalten sich auch in Urlaub und Freizeit gesünder. Durch eine ökologisch orientierte Produktauswahl stellt diese
Einstellung auch einen Beitrag zu einer verbesserten Umweltsituation dar.
Intelligente Technik zielt auf technische Verbesserungen, die Umwelt sauberer, effizienter und sparsamer nutzen. Menschen
mit dieser Einstellung leben in Niedrigenergiehäusern, nutzen solarthermische und photovoltaische Anlagen, setzen Initiativen
für Verbesserungen in öffentlichen Verkehrseinrichtungen, usw.
117
vgl. dazu Agenda 21, ein Aktionsprogramm für das 21. Jahrhundert, das in Rio de Janeiro 1992 im Rahmen der UN-Konferenz für Umwelt
und Entwicklung von mehr als 170 Staaten verabschiedet worden ist und alle wesentlichen Politikbereiche einer umweltverträglichen,
nachhaltigen Entwicklung anspricht.
118
Kritiker bemängeln den fast schon inflationären Gebrauch des Begriffs, der zum Feigenblatt zahlreicher politischer Absichtserklärungen zu
werden droht.
119
Vgl. dazu die Ausführungen zu Kriterien der Qualitätsbeurteilung von Gütern, Dienstleistungen und Lebensstilen, S. 16.
120
Siehe dazu auch Seite 65.
121
In: Oltersdorf 1996.
46
4.1 Einflüsse auf die Kaufentscheidung anhand eines Beispiels kennen
lernen
4.1.1 Kernbereich
Schulbuch S. 92: Kaufen oder Selbermachen? Zum Beispiel Pizza – Anhand der vorgegebenen Geschichten können die
Einflüsse auf die Kaufentscheidung herausgearbeitet werden. Die vorgegebenen Stichworte helfen, das Unterrichtsgespräch zu
strukturieren.
4.1.2 Erweiterungsbereich
Schulbuch S. 68: Getränkeauswahl – Warum trinken Menschen nicht einfach das Naheliegende, nämlich Wasser?
Schulbuch S. 97: Zukauf von Dienstleistungen – zum Beispiel Wäschepflege – Fragestellungen zur Erkundung und Erprobung,
Entscheidungsmatrix erstellen (siehe dazu Seite 54)
Schulbuch S. 77: Haushalten: So oder so? – Welche Einstellungen und Werthaltungen liegen den Kaufentscheidungen von
Familie Sorglos bzw. vom Öko-Haushalt zugrunde. Siehe dazu auch Lernziel 5.4.
4.1.3 Kommentar
Wie jedes Verhalten122 wird auch das Kaufverhalten von intrapersonalen und extrapersonalen Faktoren beeinflusst. Die
Einflüsse auf Kaufentscheidungen können an beliebigen Produkten aufgezeigt werden:
Einflüsse auf die Kaufentscheidung
Das Leitbild vom „mündigen Konsumenten“ geht davon aus, dass der Mensch als mündiger Verbraucher auf der Basis eines
fundierten Wissens aus dem Angebot bedarfsgerecht auswählen kann, wobei er neben der Befriedigung persönlicher
Bedürfnisse auch die sozialen und ökologischen Folgen seines Handelns einbezieht.
Verbraucherverhalten ist jedoch in der Praxis nicht immer „mündig“. Gewohnheitsmäßig und spontan gefällte
Kaufentscheidungen gehören zum alltäglichen Verbraucherverhalten. Und ist Einkaufen als Freizeitvergnügen, das Spaß macht,
sich von Gefühlen leiten lässt, „unmündiges“ Verhalten?
Normen, Mode und Werbung beeinflussen die Kaufentscheidung erheblich. Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass die
eigene Anfälligkeit für Beeinflussung von außen für wesentlich geringer eingeschätzt wird als die der Mitmenschen. Das
Bewusstmachen der sozialen Einflüsse auf Bedürfnisse und Kaufentscheidungen soll eine größere Unabhängigkeit im Handeln
bewirken.
Das schier unüberschaubare Warenangebot in immer größer werdenden Einkaufszentren überfordert viele Konsumenten nicht
nur im Hinblick auf eine vernünftige Entscheidung (Eignung des Produkts, Langlebigkeit, Preis-Leistungs-Verhältnis), sondern
auch im Hinblick auf die für die Entscheidungsfindung aufzubringende Zeit. Verbraucherberatungsstellen veröffentlichen
Marktanalysen, die nach objektiven, produktrelevanten Kriterien erstellt werden und deren Kenntnis hilfreich für große und
kleine Anschaffungen im Privathaushalt ist.
122
Vgl. dazu Einflüsse auf Essverhalten, Seite 30.
47
4.2 Die Notwendigkeit der Planung von Haushaltseinkommen
und -ausgaben erkennen
4.2.1 Kernbereich
Schulbuch S. 90: Das Haushaltsbuch – Im Rahmen des Unterrichts wird ein Haushaltsbuch in Gestalt eines
Verrechnungsheftes geführt, mit dem die Lehrmittelbeiträge verwaltet werden. Für die Einnahmen- und Ausgabenrechnung
kann der Einsatz des Computers in der Schulküche den sinnvollen Einsatz von PCs in Privathaushalten demonstrieren.
4.2.2 Erweiterungsbereich
Schulbuch S. 91: Der Finanzplan – Die tabellarische Darstellung der finanziellen Situation für einen gewissen Zeitraum (z.B.
ein halbes Jahr) und das Vorwegnehmen von Ereignissen erfordern planerisches Denkvermögen. Die Finanzpläne können von
unterschiedlichen Haushaltssituationen (z.B. Familiengründung, ein Baby kommt, Schuleintritt eines Kindes) und den zu
erwartenden damit verbundenen Kosten ausgehen.
Schulbuch S. 91: Wenn das Geld nicht reicht … – Verschuldung und Überschuldung – Beratung: Wege aus der Krise
Methodische Anregung: fächerübergreifender Lehrausgang in eine Schuldnerberatungsstelle oder Einladung eines
Schuldnerberaters. Fragen vorbereiten123.
4.2.3 Kommentar
Das Haushaltsbuch
Das Wesen der Haushaltsbuchführung ist die Erfassung und Abrechnung von Einnahmen und Ausgaben mit dem Ziel, auch in
Zukunft Bedürfnisse zur Daseins-Vorsorge sichern zu können. Tatsächlich gehört jedoch das Führen eines Haushaltsbuches
nicht zu den üblichen Gepflogenheiten in Österreich. Der gestiegene Wohlstand ermöglicht es, die laufenden Ausgaben aus
dem monatlichen Einkommen zu bestreiten, und wenn „am Ende des Geldes noch viel Monat übrig ist“, erledigt der Kunde das
heute via Kreditaufnahme. Kontoüberziehung, „jetzt kaufen – später zahlen“: Das „In-Der-Kreide-Stehen“ und „AnschreibenLassen“ wird heute von den Banken anonym und diskret gehandhabt, zumindest solange mit regelmäßigen Eingängen auf dem
Gehaltskonto zu rechnen ist.
Für die meisten Haushalte zählten und zählen Kredite zum Alltag. Manchen Leuten ermöglicht erst das Schulden-Machen die
Teilhabe an dem, was für andere selbstverständlich ist: ein Auto fahren, neue Möbel oder einen Fernseher anschaffen, einen
Urlaub buchen. Privat-Kredite sind darüber hinaus ein volkswirtschaftlich bedeutsamer Faktor, denn insbesondere der Absatz
langlebiger Konsumgüter (Wohnung, Einrichtung, Auto) ist ohne Kredit als Finanzierungsinstrument fast undenkbar. Der
Mehrzahl der Haushalte ist es nicht möglich, größere Anschaffungen aus dem laufenden frei verfügbaren Einkommen zu
bestreiten.
Auch die Taschengeld-Geschäfte der Kinder und Jugendlichen erreichen heute noch nie dagewesene Größenordnungen. Einige
dieser Geschäfte entwickeln sich dabei zu richtigen Geldfallen, z.B. das Handy, der Getränkekonsum in Lokalen, modische
Accessoirs, … alles Dinge, die die Zugehörigkeit und den Status in der Gruppe zu sichern vermögen, also über den eigentlichen
Bedarf zur Daseins-Vorsorge hinausgehend einen unverzichtbaren Zusatznutzen – soziale Teilhabe - sichern.
Die Tugend der Sparsamkeit wird stets verknüpft mit der Aufforderung, eine akkurate Buchführung zu pflegen und durch
Bereitstellung von Eigenleistungen (z.B. selber zu kochen statt auswärts zu essen) die Ausgaben zu begrenzen, um nur ja keine
Schulden zu machen. Hierbei wird jedoch übersehen, dass der Konsum von Gütern nie nur zur Grundbedarfsdeckung dient,
sondern immer auch Zusatzfunktionen hat und Konsumverzicht mit sozialer Ausgrenzung verknüpft ist. Gemeinsam mit den
Kollegen in ein Schnellimbiss-Lokal zu gehen, statt alleine am Arbeitsplatz zu bleiben und Mitgebrachtes aus dem
Plastikschüsserl zu löffeln, Markenkleidung und -zubehör: Was sichtbar ist und der sozialen Integration dient, zählt.
Der Finanzplan
Die laufende Verbuchung der Ausgaben im Haushaltsbuch führt dazu, die für die Daseins-Vorsorge notwendigen
Größenordnungen zu ermitteln. Erst wenn die laufenden Kosten bekannt sind, kann ein Finanzplan erstellt werden. Dieser
gestattet die langfristige Planung von Anschaffungen, die im Zusammenhang mit Ereignissen oder Jahreszeiten stehen:
Familienzuwachs, Schuleintritt, Heilbehelfe (z.B. Zahnspange), Heizmaterial für den Winter, Weihnachtsgeschenke, der nächste
Urlaub, …
Jeder Haushalt müsste für langlebige Konsumgüter monatliche Sparrücklagen bilden (gemessen am Kaufpreis, an der
Lebensdauer, den Wartungskosten), um nach Ablauf der Lebensdauer eines Geräts eine Ersatzbeschaffung vornehmen zu
können. Erst wenn alle Lebenshaltungskosten über die Monate (z.B. ein halbes Jahr im Voraus) abgebucht sind, kann ein
Überblick über frei verfügbare Mittel gewonnen werden.
Grundsätzlich gilt:
– Keine zu „optimistische“ Berechnung der Haushaltseinnahmen und -ausgaben. Schon der Wegfall von Überstunden
beeinflusst die Finanzlage erheblich, auch für unvorhergesehene Ereignisse müssen Puffer bleiben.
– Kredite nur für langlebige Güter (die länger als die Laufzeit des Kredits erhalten bleiben)
123
48
vgl. dazu auch Buchner 1993
– Seriöse Beratung und Aufstellung der Gesamtbelastung. Bei Überforderung unbedingt eine Verbraucherberatungsstelle
aufsuchen.
– Der Kredit darf nicht benutzt werden, um fehlendes Einkommen auszugleichen.
Folgen von Verschuldung und Überschuldung (Fragestellung Schulbuch S. 91)
Reicht nach Abzug der Lebenshaltungskosten der verbleibende Rest des Einkommens nicht mehr für die Begleichung der
Schulden und Zinsen aus, spricht man von Überschuldung. Können eingegangene Kreditvereinbarungen nicht eingehalten
werden, so setzt sich eine Kostenlawine in Gang: Bei Zahlungsverzug wird nicht nur die Ratenzahlung, sondern der gesamte
aushaftende Betrag fällig. Von diesem Betrag werden höhere Zinsen berechnet und es fallen viele zusätzliche Gebühren an.
Der Betroffene ist vielleicht noch in der Lage, die Zinsen und Zinseszinsen zu begleichen, die eigentliche Kreditsumme
verringert sich jedoch nicht. Überschuldung hat weitreichende Folgen:
– Forderungen, die als Lohn- und Gehaltspfändungen eingetrieben werden, verursachen in vielen Fällen einen
Arbeitsplatzverlust bzw. sind ein Hindernis bei der Wohnungssuche
– Probleme bei Wohnungserhalt (Heizung, Miete), Wohnungsverlust
– Abhängigkeit von Arbeitsamt, Sozialamt, Obdachlosenbetreuung und damit verbundene sozialen Ausgrenzung
– Folgen im zwischenmenschlichen Bereich: Krisen in der Ehe, Einschränkungen der Kinder, keine Teilhabe am
gesellschaftlichen Leben (Ausgehen, Kino-Besuche, …)
– Gefahr der psychischen Erkrankung (Alkoholismus, Depression, Suizidgefahr), was wiederum die Arbeitsfähigkeit und die
Aussicht auf Lohn/Gehalt minimiert
Exkurs: Armut in Österreich
Österreich zählt zu den 10 reichsten Ländern dieser Welt. Im EU-Vergleich hat das Land eine sehr hohe Beschäftigungsrate
und eine deutlich geringere Quote der Gesamt-, Langzeit- und Jugendarbeitslosigkeit. Die regionale Ungleichverteilung beim
BIP, bei Beschäftigung und Arbeitslosigkeit und auch die Einkommensschere zwischen niedrigen und hohen Einkommen sind
geringer als im Durchschnitt der EU-Länder. Die Nettoreallöhne sind um die Hälfte höher als vor 30 Jahren. Die
Armutsgefährdungsquote liegt um ein Viertel unter jener des EU-Durchschnitts.
Trotz der generellen Wohlstandssteigerung in den letzten Jahrzehnten und der deutlichen Verbesserung der Lebenssituation
der sozial Benachteiligten gibt es immer noch eine nicht unbeträchtliche Zahl von Menschen, deren materielle und
gesellschaftliche Teilhabechancen nach heute allgemein akzeptierten Wertmaßstäben als unzureichend einzustufen sind124.
Definition Armut
„Arm sind jene Personen, Familien und Gruppen, die über so geringe (materielle, kulturelle und soziale) Mittel verfügen, dass
sie von der Lebensweise ausgeschlossen sind, die in dem Mitgliedsstaat, in dem sie leben, als Minimum annehmbar ist.“125
Armut ist ein Mangel an Verwirklichungschancen eines Menschen, der Mangel an der Möglichkeit, an zentralen
gesellschaftlichen Bereichen teilzuhaben: Wohnen, Gesundheit, Arbeitsmarkt, Sozialkontakte, Bildung.
Als armutsgefährdet gelten Personen, deren Einkommen 60% des durchschnittlichen monatlichen Pro-Kopf-Einkommens in
der Bevölkerung nicht erreicht. 1997 waren 11% der Gesamtbevölkerung Österreichs – 900.000 Personen - armutsgefährdet.
Akute Armut liegt vor, wenn zusätzlich zur oben genannten Einkommensschwäche mindestens eine weitere Belastung auftritt
wie
– Substandardwohnung oder überbelegte Wohnung
– große finanzielle Nöte beim Beheizen der Wohnung, bei der Anschaffung von Kleidern und beim Kauf von Lebensmitteln
– wenn es für einen Haushalt finanziell nicht möglich ist, zumindest einmal im Monat nach Hause zum Essen einzuladen
– Rückstände bei Zahlungen von Miete, Betriebskosten und Krediten
Dies betraf 4 % oder 340000 Personen in Österreich.
Armutsgefährdungsschwellen für unterschiedliche Haushaltsgrößen in Österreich (1997)126
Haushaltszusammensetzung
Einpersonenhaushalt
Ein Erwachsener + 1 Kind
Zwei Erwachsene
Zwei Erwachsene + 1 Kind
Zwei Erwachsene + 2 Kinder
Zwei Erwachsene + 3 Kinder
Monatswerte Euro
727
945
1.090
1.308
1.526
1.744
124
Der Europäische Rat hat in Nizza im Dezember 2000 die Ausarbeitung von nationalen Aktionsplänen gegen Armut und soziale
Ausgrenzung beschlossen. Der österreichische Aktionsplan wurde im Mai 2001 vom Ministerrat verabschiedet.
125
EU-Definition von Armut
126
Quelle: IFS (2000) Europäisches Haushaltspanel (ECHP)
49
Risikogruppen
– Personen in atypischen Beschäftigungsverhältnissen mit sehr niedrigen Einkommen (working poor)127
– Langzeitarbeitslose
– kinderreiche Familien mit Alleinverdiener/innen in den unteren Lohngruppen
– Alleinerzieher/innen mit keinem bzw. mit sehr niederen Erwerbseinkommen
– Haushalte mit erwerbseingeschränkten, behinderten Personen
– Migrantinnen-, Migrantenhaushalte
– alleinlebende ältere Menschen (v.a. Frauen)
– „soziale Randgruppen“ wie Haftentlassene, Wohnungslose, Suchtkranke
Problemschwerpunkte aus Sicht der Betroffenen128:
An erster Stelle nennen Betroffene „persönliche Überforderung“, gefolgt von „fehlendes soziales Netzwerk“, „psychische
Erkrankungen“, „finanzielle Probleme“. Dann kommen „schulische Probleme“, „gesundheitliche Probleme“ und
„Überschuldung“.
4.3 Kriterien der Arbeitsorganisation kennen und anwenden
4.3.1 Kernbereich
Schulbuch S. 102: Gut geplant ist halb gelungen
4.3.2 Erweiterungsbereich
Schulbuch S. 103: Anhand jedes beliebigen Rezeptes können die angeführten Planungsschritte angewendet werden.
Schulbuch S.108: Der Reinigungsplan – Kurz-, mittel- und langfristige Zeitpläne
Schulbuch S. 102: Partnerschaftliche Arbeitsteilung
Schulbuch S. 108: „Halbe-Halbe“
4.3.3 Kommentar
Verbraucher wirtschaften nicht nur mit Geld und Gütern, sondern auch mit ihrer physischen und psychischen129 Arbeitskraft.
Arbeitsorganisatorische Maßnahmen sollen dazu beitragen, ein optimales Arbeitsergebnis unter Erhalt der Humanressourcen
zu sichern.
Der Verband für Arbeitsstudien und Betriebsorganisation e.V. (REFA130) ist die größte deutschsprachige Institution auf dem
Gebiet des Arbeitsstudiums. Im Laufe der wissenschaftlichen Beschäftigung mit Arbeit kamen immer neue Aspekte zum Tragen
und heute ist REFA ein Verband, der sich mit allen Faktoren des Arbeitssystems beschäftigt: Mensch, Arbeitsausgabe,
Arbeitsablauf, Betriebs- und Arbeitsmittel, Arbeitsergebnis sowie aus der Umwelt einwirkende Einflüsse auf den arbeitenden
Menschen.131
Die Erkenntnisse der Forschungen aus den REFA-Studien wurden auch für die Arbeit in Privathaushalten und die
hauswirtschaftliche Unterweisung genutzt. 1953 wurde im REFA-Verband ein Fachausschuss „Hauswirtschaft“ gegründet. Zum
ersten Mal wurden auch Zeiterhebungsstudien in Privathaushalten durchgeführt, um den Arbeitszeitaufwand, der für die
Versorgung von Personen notwendig ist, zu erfassen und nach Zeiteinsparungspotentialen zu fahnden132.
Lange Zeit dominierte in Ausbildung und Lehre das Verständnis vom Haushalt als „Kleinbetrieb“ (der „arbeitswissenschaftlichverfahrenstechnische Ansatz“): Es müssten die anfallenden Arbeiten nur nach arbeitswissenschaftlichen Kriterien rationell
gestaltet werden, um dem Leitbild der „nimmermüden Hausfrau“ gerecht werden zu können bzw. im Falle der berufstätigen
Hausfrau und Mutter mit der Doppel- und Dreifachbelastung besser zu Rande zu kommen.
Erst mit dem Aufkommen der Frauenforschung Anfang der 80er-Jahre wurde das Verständnis von Hausarbeit um die
psychische und soziale Dimension („Familienarbeit“) erweitert und die ausschließliche Zuständigkeit des weiblichen
Geschlechts für Familien- und Hausarbeit in Frage gestellt. 1976 wurde der Gleichheitsgrundsatz im österreichischen Eherecht
127
Personen in großteils atypischen Beschäftigungsverhältnissen, deren Einkommen gerade mal ausreicht, von der Hand in den Mund zu
leben.
128
aus: Caritas-Beratungsstellen
129
Geduld, Verständnis, Zeit nehmen … sind Anforderungen an die psychische Arbeitskraft, die für soziale Arbeit und Beziehungsarbeit im
Privathaushalt ebenso einem „Verschleiß“ unterliegen und sich erschöpfen können wie physische Arbeitskraft nach anstrengender
körperlicher Arbeit oder geistige Arbeitskraft nach kognitiv anstrengenden Tätigkeiten.
130
Reichsausschuss für Arbeitszeitermittlung, gegründet 1924 in Berlin
131
Stübler 1986
132
Die erste österreichische Zeitbudgetstudie stammt aus dem Jahr 1992. Im Schulbuch (S. 108) ist ein Ergebnis dieser Studie veröffentlicht,
das immer wieder heftige Reaktionen in der Klasse hervorruft. Es handelt sich um einen statistischen Durchschnitt, Einzelfälle können
natürlich anders aussehen. Häufig spielt aber auch eine verzerrte Wahrnehmung über den tatsächlich geleisteten Arbeitsaufwand eine Rolle.
50
verankert: Der Wandel im gesellschaftlichen Bewusstsein führte dazu, dass das Bildungsziel für den Unterrichtsgegenstand
„Ernährung und Haushalt“ (siehe Seite 65, Fußnote153) geschlechtsneutral formuliert wurde und der Unterricht seit 1986
koedukativ geführt wird. Dies hat zur Folge, dass der Begriff Arbeitsorganisation auch um die Dimension der
133
partnerschaftlichen Arbeitsteilung im Haushalt erweitert werden muss .
Die einzelnen Kriterien der Arbeitsorganisation sind für hauswirtschaftliche Arbeiten unterschiedlich bedeutsam. Rationelle
Haushaltsführung heißt nicht nur ergonomisch Arbeiten und Sparen von Zeit und Geld, sondern auch, für die einzelnen
Arbeiten im Haushalt das jeweils richtige Zeitbudget zur Verfügung zu stellen: So lassen sich Kinderbetreuung oder
Beziehungspflege nicht nach ökonomischen Prinzipien rationalisieren. Und: Hausarbeit kann auch zur Regeneration beitragen,
wenn sie eben nicht systematisch, sondern abwechslungsreich gestaltet wird und es auch gestattet ist, bei der Beschäftigung
mit Dingen „Zeit zu verlieren“, Zeitschriften vor dem Ausmustern nochmals durchzublättern, …
Kriterien der Arbeitsorganisation
Methodische Anregung
Während der fachpraktischen Übungen und v.a. zur Bewertung von deren Ergebnissen werden schwerpunktmäßig einzelne
Kriterien betrachtet. Diese können als Checkliste auch auf den Übungszetteln der Schüler/innen stehen, ihre Anwendung
während der fachpraktischen Übungen im Rahmen der Nachbesprechung bestätigt werden. Beispiele:
1.
UE: Hygiene
fachpraktische Übung: Müsli
Meine Arbeitskleidung (Schürze, Schuhe, Ärmel …) ist korrekt.
Ich habe die Hände vor Kochbeginn gewaschen.
Ich habe richtig gekostet (Kostlöffel, Kostteller).
Ich habe die Küchengeräte sauber abgewaschen.
Ich habe meinen Arbeitsplatz gereinigt (Zwischenreinigung, Endreinigung).
2.
UE: Arbeitsplatzgestaltung
fachpraktische Übung: Gemüsesuppe
Die richtigen Arbeitsmittel vorrichten
Kostteller, Kostlöffel vorbereiten
Teller zum Ablegen des Kochlöffels bereitstellen
Den Kompostteller benützen
küchenfertig geputzte Ware getrennt von Rohware aufbewahren
Arbeitsflächen zwischenreinigen
133
Jetzt muss man nicht nur Zeitpläne erstellen, um komplexe Arbeiten in einen sinnvollen Arbeitsablauf bringen zu können, jetzt muss man
auch noch Gespräche führen, Konflikte austragen, Verantwortung abgeben und einfordern, …
51
3.
UE: Sicherheit
fachpraktische Übung: Aufstriche, Rohkost, Tee
Ruhig arbeiten (leise sprechen, keine Hektik)
Messer richtig einsetzen (Standfläche, Krallengriff, Hebelbewegung)
Küchenmaschine sachgerecht bedienen
Türen, Schubladen schließen
Besondere Sicherheitsaspekte berücksichtigen (Herd, Mixer, … – explizit anführen)
4.4 Kennzeichen von Qualitätsprodukten und Lebensmitteln erkennen
4.4.1 Kernbereich
Schulbuch S. 98: Augen auf beim Lebensmittelkauf!
4.4.2 Erweiterungsbereich
Schulbuch S. 114: Bio-logisch — Warenbezeichnung und Kennzeichen
Schulbuch S. 113: Umweltzeichen und ihre Bedeutung
Schulbuch S. 97: Pflegekennzeichen von Textilien
4.4.3 Kommentar
Megahertz, Gigabyte, Pixel, Baud, … Kennzeichen und Maßeinheiten zum Vergleich von Handys, elektronischen Spielwaren
und Computern kommen Schüler/innen mit Leichtigkeit über die Lippen. Bei alltäglichen Dingen wie Lebens- oder
Reinigungsmitteln wird jedoch auf genauere Qualitätsprüfung verzichtet und es siegt die Macht der Gewohnheit: Gekauft
wird, was man (aus der Werbung) kennt, ohne Produktkennzeichen wahrzunehmen oder ihre Bedeutung für den Konsumenten
überhaupt zu kennen. Geschickte Werbestrategien erschweren zudem die Unterscheidung zwischen Werbung und
Produktkennzeichnung.
Die verbraucherpolitische Strategie im Gemeinsamen Markt liegt in der Informationsphilosophie (zum Unterschied zu der in
Österreich vor dem EU-Beitritt geltenden Schutzphilosophie). Statt den freien Warenverkehr durch Verbote einzuschränken,
soll der mündige Konsument aufgrund der in allen Mitgliedsstaaten zwingend vorgesehenen Produktinformation seine
Kaufentscheidungen treffen.
Lebensmittelkennzeichnung
Pflichtkennzeichen
1. Verkehrs- oder Sachbezeichnung
2. Zutatenliste
3. Füllmenge
4. Aufbrauchsfrist/Mindesthaltbarkeit
5. Name/Anschrift des Herstellers/Verpackers
Preisauszeichnung (inkl. Preis der Einheit)
Weitere Kennzeichnungselemente
Nährwertkennzeichnung
– die großen Vier (E, F ,KH, Energie)
– die großen Acht (Abb. Schulbuch S. 98)
Gebrauchshinweise
Bio-Kennzeichnung
Österreichische Qualitätswarenkennzeichen
Transfair
Umweltzeichen
Genusstauglichkeitskennzeichen (siehe Abb.)
Die Kennzeichen für österreichische Produkte
Mit dem Beitritt zur EU und der Öffnung der heimischen Märkte für ausländische Produkte ist die deutliche Kennzeichnung
der Produkte aus Österreich zu einem wichtigen Kennzeichnungselement für Verkäufer und Käufer geworden.
Die Österreichische Arbeitsgemeinschaft zur Förderung der Qualität (ÖQUA) vergibt
Gütesiegel für Produkte, deren Qualitätsvorsprung mindestens 20 Prozent über
vergleichbaren Produkten liegt. Es gibt diese Qualitätswarenkennzeichen für
Produkte und für Betriebe (z.B.: Österreichischer Musterbetrieb).
Mit den in Europa gültigen ISO-Normen wird der Prozess der Entstehung des
Produkts standardisiert und eine gleichbleibende Qualität auch bei
unterschiedlichen Zulieferern garantiert.
Mit Jahresende 2002 wurde die Vereinigung „Made in Austria“ aufgelöst. Das
„rot-weiß-rote A“ wird nicht mehr als Herkunftszeichen, sondern nur mehr als
Werbemittel eingesetzt. Das heißt, man kann am „A“ nicht mehr ablesen, ob die
beworbenen Produkte tatsächlich aus Österreich stammen.
52
Geprüfte Qualität Austria bzw. AMA-Gütesiegel (Agrarmarketing Austria) bedeutet,
dass mindestens 75 % der Ausgangsstoffe für Lebensmittel (für Frischfleisch
100%, bei definierten Waren genügen 50%) aus österreichischer Produktion
kommen. Dieses Zeichen verlangt keine Bio-Kriterien!
Land
Österreich
Holland
Spanien
Italien
Schweiz
Norwegen
Finnland
Dänemark
Belgien/Luxemburg
Großbritannien
Deutschland
Frankreich
Codes für Produkte zur
Verkaufsvorbereitung innerhalb des
Betriebes
Kennzahl
90-91
87
84
80-83
76
70
64
67
54
50
400-440
30-37
20-29
Der Strichcode dient der Verrechnung an den Scannerkassen
im Geschäft. Er dient dem Warenmanagement und hat für
den Endverbraucher keine Bedeutung.
Die beiden Anfangsziffern lassen erkennen, woher Hersteller,
Abfüller oder Transporteur kommen.
Die Zahlenkombinationen sagen nichts über den Gehalt von
E-Nummern aus, wie in Flugblättern fälschlicherweise
behauptet wird.
Das österreichische Umweltzeichen (Abbildung siehe Schulbuch S. 99, 113)
Produkte und Dienstleistungen mit dem Umweltzeichen müssen eine Reihe von Umweltkriterien erfüllen, deren Einhaltung
durch ein unabhängiges Gutachten nachgewiesen wird. Sie unterliegen einer gesamtheitlichen Beurteilung, bei der nicht nur
die Umweltauswirkungen beim Gebrauch, sondern auch das Produktionsverfahren, die Entsorgung sowie die Qualität und die
Gebrauchstauglichkeit erfasst werden.
Neben Produkten wie Holzbehandlungsmittel, Farben, Bodenbeläge, Möbel, Gartenerde, Sägekettenöle, Getränke in
Mehrwegflaschen, schadstoffarme Druckwerke und Papierwaren, gibt es auch für Dienstleistungs- und Tourismusbetriebe
diese Umweltauszeichnung.
Der grüne Punkt und die Recyclingzeichen sagen nichts über die Umweltverträglichkeit aus, sondern zeigen nur an, dass die
Verpackungsmaterialien der Wiederverwertung zugeführt werden können. Die Buchstaben im Recyclingzeichen kennzeichnen
den verwendeten Kunststoff (PP, PE, PF, PET), denn nur sortenreines Sammeln ermöglicht Rohstoffrecycling!
Kunststoffgemische aus Hausmüll werden hauptsächlich „thermisch recycelt“ (Müllverbrennung).
Bio-Gütesiegel
Produkte aus biologischem Anbau führen die im Schulbuch S. 114 angeführten gesetzlich geschützten Warenbezeichnungen.
Im „Bio-Dschungel“ können grundsätzlich 2 große Richtungen unterschieden werden:
Produktion nach dem Codex, resp. nach den gesetzlichen Bio-VO
des Landwirtschaftsministeriums134
rotes Bio-Siegel
schwarzes Bio-Siegel
70% der Rohstoffe kommen aus
dem Inland (Bio-Austria)
Kontrolle durch AMA
Herkunft der biologischen
Produkte ist egal (auch Übersee
möglich)
Über die Codex-Richtlinien hinausgehende strengere
verbandsinterne Bestimmungen. Zwei unterschiedliche Richtungen:
Organisch-biologischer Landbau Biologisch-dynamischer Anbau
(Dr. Müller/Dr. Rusch)
(R. Steiner)
Nationale und regionale
Demeter-Bund (weltweit)
Verbände, wie z.B. ErnteVerband, Orbi, Erde&Saat, BioEnnstal, Kritische Tiermedizin
AMA- und zusätzliche verbandsinterne Betriebs- und
Bodenkontrollen
Methodische Anregungen
Wer bin ich?
Unterrichtsmittel vorbereiten:
– eine leere Schachtel
– 5 Post-its beschriftet mit den 5 Elementen zur Pflichtkennzeichnung
– weitere Kennzeichnungselemente auf andersfarbigen Post-its
Die leere Schachtel wird den Schüler/innen präsentiert. Wer würde das Produkt kaufen? Niemand, denn es fehlen wesentliche
Angaben, niemand weiß, um welches Produkt es sich handelt. Was müsste am Produkt stehen, damit es verkauft werden
könnte? Die Schachtel den Nennungen der Schüler/Innen entsprechend mit den 5 Pflichtkennzeichen versehen. Darüberhinaus
werden zusätzliche Qualitätswarenkennzeichen angebracht, die dem Verbraucher wertvolle Informationen liefern.
Ein Plakat gestalten – Einzel- oder Partnerarbeit
Die Pflichtkennzeichen auf einer LM-Verpackung suchen, ausschneiden, aufkleben. Die Elemente beschriften.
134
Österreichisches Lebensmittelbuch = Codex Alimentarius Kap. A8 bzw. Bio-Verordnung der EU-VO 2029/91
53
Ein Produkt kennzeichnen
Im Unterricht werden zum Beispiel Muffins, Lebkuchen oder Vollkornweckerl gebacken. Diese werden verpackt und mit den 5
wesentlichen Kennzeichenelementen versehen (Etiketten beschriften).
Erweiterung: Anbringen zusätzlicher Kennzeichenelemente, wie z.B. eines Bio-Siegels bei Verwendung von Zutaten aus
biologischem Anbau. Produktnamen (Phantasienamen) und Werbeslogan finden.
Textilkennzeichen und Pflegekennzeichen
Wäsche sortieren: Ein mit unterschiedlichen Textilien gefüllter Wäschekorb muss für die Reinigung aussortiert werden.
4.5 Den Prozess von der Informationsbeschaffung zur Kaufentscheidung
anhand eines Produkts nachvollziehen
4.5.1 Kernbereich
Schulbuch S. 97: Zukauf von Dienstleistungen - am Beispiel Wäsche – Für die Kaufentscheidung des Produkts „Bügeldienste“
wird eine Entscheidungsmatrix aufgestellt: Kosten-Nutzen-Rechnung erstellen
4.5.2 Erweiterungsbereich
Schulbuch S.68: Getränkeauswahl
Schulbuch S.96: Garen mit der Mikrowelle
4.5.3 Kommentar
Der Prozess der Informationsbeschaffung überfordert angesichts der Vielfalt der am Markt befindlichen Produkte viele
Konsumenten. So wird gekauft, was andere haben oder was aus der Werbung bekannt ist, ohne zu prüfen, ob das Produkt
überhaupt den Anforderungen entspricht. Bei vielen Anschaffungen für den Haushalt, von Reinigungsmitteln, Kosmetika über
Haushaltstextilien bis hin zu technischen Geräten fehlt oft auch das nötige Wissen, um Produktqualität beurteilen zu können.
Darüber hinaus sind viele Verbraucher auch im Hinblick auf die für die Produktauswahl aufzubringende Zeit überfordert. So
bleibt der Preis als einziges „objektives“ Entscheidungskriterium übrig. Warentests, z.B. in der Zeitschrift Konsument, helfen,
Produkte nach relevanten Kriterien zu beurteilen.
Für das Anfertigen von Entscheidungsmatrizes müssen zuerst die relevanten Produktkriterien definiert werden. Das können
sein:
– sachbezogene Produkteigenschaften (Eignungswert, Verschleiß, Sicherheit, …)
– personbezogene Anforderungen (Wegaufwand, Ästhetik, Ausrichten an einer Stilrichtung, …)
– ethische Kategorien (Umweltschutz, Arbeitnehmerschutz, fairer Handel, …)
Siehe dazu auch Mindmap Seite 55: Differenzierte Gesichtspunkte zur Beurteilung von Gütern/Technologien, Dienstleistungen
Methodische Anregung
1. Vorübung: Eine Entscheidungsmatrix erstellen
Arbeitsvorgabe: Ein Produkt, z.B. ein Vollkornweckerl, Lebkuchen, Muffins, soll gebacken und für den Verkauf am Elternabend
verpackt werden. Für die Auswahl des Verpackungsmaterials ist eine Entscheidungsmatrix aufzustellen und auszufüllen. Die
Wahl des Verpackungsmaterials ist zu begründen.
Kriterien
Hygiene (Schutz vor Verunreinigung)
Umweltverträglichkeit
Optik
Preis
Papier
Cellophan
Aluminium
Jausensackerl
2. Von der Informationsbeschaffung zur Kaufentscheidung
Für das im Schulbuch S. 97 angeführte Beispiel „Bügeldienst – ja oder nein“ könnte das Entscheidungsraster folgendermaßen
zusammengesetzt sein:
54
Kriterien
Ergebnis
Selber bügeln
Zufriedenstellend
Abholung/ Zustellung
Preis pro Stück
Entfällt
entfällt
Ausbessern der Wäsche
Ja, wird aber oft verschoben …
Dauer
Spontan, nach Bedarf, abhängig
von Lust und sonstigen
Arbeitsanfall
Firma bügelfix
Perfekt
Hemden auf Bügelhaken
Nein
__ € pro Hemd
Nein, aber auf fehlerhafte
Stellen wird hingewiesen.
2-3 Tage
Frau X
Perfekt
Hemden gelegt
Ja
Stundenlohn (x Hemden pro
Stunde à __ € ergibt __ €)
Ja
1 Woche
136
Zwei Produkte im Hinblick auf ihren Gesundheitswert untersuchen
Kriterien
Fett
TK-Mischgemüse mit Fett-Gewürzmischung
Gehärtete Fette (der Zutatenliste entnehmen)
Die Fett-Menge ist vorgegeben.
Geschmacksgeber
Salz, Geschmacksverstärker, Kräuter –
genormter Geschmack ist vorgegeben.
TK-Mischgemüse natur
Die Zugabe von Fett kann selbst reguliert werden, Fett kann
auch ganz weggelassen werden.
Pflanzliche Öle, wenig Butter nach dem Erhitzen als
Geschmacksbildner zugeben
Salz kann sparsam zugegeben werden.
Geschmack kann individuell gestaltet werden.
Zwei Produkte aus unterschiedlichem Anbau: zum Beispiel Eier
Kriterien
Lebensraum pro Huhn
Tiergerechtes Verhalten
Massentierhaltung
Legebatterien: ¾ Blatt Papier (A4)
Bodenhaltung: 9 Tiere/m2
bis zu 10.000 Tiere pro Stall
Nicht möglich
Gegenseitiges Anpicken, Verletzen
Hygiene
Häufig Salmonellen in Futter, Tier und Eiern
Preis
Ethik
__ €
Das Tier wird wie eine Ware gelagert.
Artgerechte Tierhaltung
2
Freilandhaltung: pro Tier 10 m , Auslauf ins Freie
Ökologische Haltung: 6 Tiere pro m2, nicht mehr als
2
3.000 Tiere pro Stall, pro Tier 4 m Auslauf ins Freie
Möglich
Bewegung, Picken, Scharen, Sandbaden (Hygiene),
Wach-Schlafrhythmus, …
Durch artgerechtes Hygieneverhalten ist die
Salmonellengefahr gering.
__ €
Dem Tier wird das Recht auf ein artgemäßes Leben
zugestanden.
137
Zwei Produkte im Hinblick auf ihre Umweltverträglichkeit untersuchen
Kriterien
Transportkilometer
Treibstoffverbrauch
Fruchtsalat aus
heimischen Früchten
vernachlässigbar
Apfel, Birnen, Zwetschken
aus dem regionalen
Umfeld
Lärm und Schadstoffemission
Chemieeinsatz
gering
gering
Biologische Anbau
möglich
Fruchtsalat aus exotischen Früchen
Kilometer aus Atlas ermitteln:
Bananen aus Costa Rica 9.800 km
Kiwi aus Neuseeland 19.000 km
Ananas aus Hawaii 12.300 km
Äpfel aus Südamerika 11.000 km
(Luftlinie, gerundet)
hoch (Viele Menschen sind davon betroffen)
hoch – Früchte müssen konserviert werden, um den Transport zu
überstehen (Oberflächenbehandlungsmittel)
nein
Einsatz von Insektiziden, chemischen Düngemitteln, Monokulturen
gefährdet Boden, Wasser, Gesundheit der Arbeiter
Zwei Produkte im Hinblick auf ihren Genusswert untersuchen
1. Phase: Wortfelder aufbauen. Speisen schmecken nicht nur gut oder schlecht, sondern haben unterschiedliche Qualitäten,
die wir mit den Sinnen wahrnehmen. Der Aufbau von Wortfeldern erleichtert das Verbalisieren der Eindrücke beim
Verkosten von Speisen. Siehe Schulbuch S. 32: Vom Riechen und Schmecken.
2. Phase: Zwei Produkte verkosten und die geschmacklichen Unterschiede ausdrücken, z.B.: Frischkornbrei und Flockenmüsli,
Fruchtjoghurt selbstgemacht – zugekauft, Naturjoghurt mit 1% und 3,6% Fettgehalt usw.
Wortfelder zum Ausdruck der sinnlichen Wahrnehmung beim Essen
136
137
56
Vgl. Seite 16.
Vgl. Seite 17.
4.7 Maßnahmen des Zivilschutzes im Privathaushalt kennen
4.7.1 Kernbereich
Schulbuch S. 100: Vorrat ist ratsam
Schulbuch S. 105: Die Hausapotheke
4.7.2 Erweiterungsbereich
Schulbuch S. 101: Lebensmittel haltbar machen – Zum Beispiel Tiefkühlen
4.7.3 Kommentar
Das Konzept der umfassenden Landesverteidigung umfasst die
– zivile Landesverteidigung (Zivilschutz, Katastrophenschutz)
– militärische Landesverteidigung
– geistige Landesverteidigung (Unterrichtsprinzip politische Bildung, GLV-Referenten an Schulen)
– wirtschaftliche Landesverteidigung
Jeder Haushalt ist verpflichtet, Maßnahmen zum Zivilschutz zu ergreifen. Die Gemeinden haben ihre Bürger dahingehend zu
unterrichten und regelmäßige Zivilschutzübungen durchzuführen/anzubieten. Im Krisenfall sollen alle verfügbaren
Rettungskräfte zum Einsatz gelangen und nicht für die Versorgung von Privatpersonen abgestellt werden müssen.
Lernanlässe für Vorratswirtschaft
1. Du verbringst einen Urlaub in einer Schihütte. Es besteht die Möglichkeit, dass ihr eingeschneit werdet. Sorgt mit einem
Vorrat für 3 Tage vor! Aus jeder Lebensmittelgruppe müssen geeignete, lagerfähige Lebensmittel ausgewählt und zu
Speisen kombiniert werden.
2. Du versorgst eine Person auf einer „Robinson-Insel“. Was bringst Du ihr mit, damit sie den nächsten Wettbewerb
138
gewinnt? : Die tägliche Essensportion (Schulbuch S. 20) muss in Form von Speisen dargestellt werden.
3. Erntereichtum im Herbst: Einen Vorrat anlegen (Tiefkühlen von küchenfertig geputztem Wurzelwerk, Marmelade
einkochen, Entsaften, …), Geschenke aus der Küche
4. Kochen aus dem Vorratsschrank: Aus den im Lebensmittelschrank vorhandenen Lebensmitteln soll eine Speise gekocht
werden (Kühlschrank und Tiefkühlschrank entsprechend bestücken).
5. Wasservorrat: Annahme: Die Gemeinde informiert, dass die Wasserzuleitung tagsüber gesperrt ist. Zur Vorsorge werden im
Privathaushalt Wasserkanister aufgefüllt. Jede Gruppe bekommt pro Person ½ l Liter Trinkwasser (PET-Flasche) und einen
Kanister Wasser zum Abwaschen.
138
Analoge Beispiele zu den TV-Container-Wettbewerben
57
5 Themenbereich „Lebensgestaltung und Gesundheit“
Der Themenbereich „Lebensgestaltung und Gesundheit“ soll die Erarbeitung eines gesundheitsverträglichen Lebensstilkonzepts
139
unterstützen.
Kommentar
Der Themenbereich „Lebensgestaltung und Gesundheit“ geht von der bio-psycho-sozialen Ganzheit des Menschen aus und
140
umfasst alle Dimensionen, die Gesundheit und Wohlbefinden beeinflussen und bestimmen. Dem Leitsatz der Ottawa-Charta
entsprechend ist Gesundheit kein Zustand, sondern wird im Alltag gelebt: Dort wo Menschen spielen, leben, arbeiten, lernen …
Daher wird den alltäglich gelebten Gewohnheiten in den einzelnen Lebensbereichen in der Gesundheitsvorsorge ein großer
Stellenwert eingeräumt.
Lebensstilfaktoren (ohne Anspruch auf Vollständigkeit)
Gesundheit und Wohlbefinden sind auch von der subjektiven Bewertung der einzelnen Lebensstilfaktoren abhängig. So finden
sich Befindlichkeitsstörungen gehäuft in jenen Bereichen, denen ein hoher Stellenwert und damit eine erhöhte
Aufmerksamkeit zugesprochen wird.
Das Krankheitsrisiko ist abhängig von
– Dauer der Belastung: Chronisch/punktuell
– Vorhersagbarkeit: Ist eine geistige Vorwegnahme, ein Sich-Einstellen auf die belastende Situation möglich?
– Kontrollierbarkeit: Wo das Gefühl des Ausgeliefertseins, das passive Erdulden-Müssen sich einstellen und keine
Verhaltensalternativen erkennbar sind, ist das Erkrankungsrisiko hoch.
Der Gestaltungsspielraum in den einzelnen Lebensstilfaktoren ist für den Einzelnen unterschiedlich hoch. So ist er in den
Bereichen Ernährung und Bewegung für jeden Menschen unmittelbar gegeben, während es im Miteinander-Leben (am
Arbeitsplatz, in privaten Beziehungen) für den Einzelnen oft recht eng und konfliktbeladen wird.
In der Schule gilt es daher, Schüler/innen in ihrer Rolle als aktive Gestalter ihrer Mitwelt anzusprechen und positive
Handlungsalternativen zur Lebensgestaltung aufzuzeigen.
139
Lehrplan 2000, Bildungs- und Lehraufgabe Ernährung und Haushalt
vgl. Ottawa-Charta 1986: „Gesundheit wird von den Menschen in ihrer alltäglichen Umwelt geschaffen und gelebt, dort wo sie spielen,
lernen, arbeiten und lieben.“ Die erste internationale Konferenz zur Gesundheitsförderung hat am 21. November 1986 in Ottawa eine
Gesundheits-Charta verabschiedet. Strategien und Programme wurden entwickelt, um das Ziel „Gesundheit für alle bis zum Jahr 2000“ und
darüber hinaus zu erreichen. Eines davon war die Bildung des europäischen Netzwerkes gesundheitsfördernder Schulen, ein
Gemeinschaftsprojekt von WHO, EU und ER.
140
58
5.1 Unfallvorsorgemaßnahmen im Wohn-, Arbeits- und Freizeitbereich
anwenden bzw. kennen
5.1.1 Kernbereich
Schulbuch S. 104: Unfallverhütung und Erste Hilfe
Methodische Anregung
Partnerarbeit: Die Schüler/innen erhalten Warndreiecke auf Kartons. Lesen (leise) im Buch S. 104f. Anschließend wird
gemeinsam ein Streifzug durch die Schulküche gemacht und jede Schülerin/jeder Schüler schildert einen potentiellen
Gefahrenbereich mit einem Warndreieck aus. Die Schüler/innen artikulieren Maßnahmen zur Verhütung von Unfällen in der
Schulküche.
Schulbuch S. 105: Die Hausapotheke – Fragestellungen bearbeiten.
5.1.2 Erweiterungsbereich
Fächerübergreifendes Bildungsangebot gemeinsam mit dem Roten Kreuz. Erste-Hilfe-Kurse während der Projekttage zu
Schulschluss, die sich thematisch den Lebensbereichen Wohnung, Arbeit, Sport und Freizeit sowie Straßenverkehr widmen.
5.1.3 Kommentar
Die Anzahl der nach Heim-, Freizeit- und Sportunfällen stationär behandelten Patienten stieg vom Jahr 1980 bis zum Jahr
1998 um ca. 60%. In den Bereichen Arbeit und Verkehr hingegen war ein Rückgang bzw. eine Stagnation der
Behandlungszahlen zu beobachten. Dies rechtfertigt das Bestreben, der Unfallprävention im Heim-, Freizeit- und Sportbereich
mehr Augenmerk als bisher zu schenken.
141
Auszüge aus der Unfallstatistik des Instituts Sicher Leben
– Verteilung der Unfälle mit tödlichem Ausgang auf die Lebensbereiche: Heim/Freizeit (47%), Verkehr (37%), Arbeit (9%),
Sport (7%)
– Verteilung der Unfälle mit Krankenhausbehandlung auf die Lebensbereiche: Heim/Freizeit (55%), Arbeit (19%),
Freizeitsport (16%), Verkehr (7%), Schulsport (3%).
– 5% der Kinder unter 5 Jahre sterben durch Unfälle im Heim- und Freizeitbereich. Bei 15-19jährigen liegt die Sterberate der
Unfallopfer bei 50% - bedingt durch die Zunahme bei den Verkehrsunfällen.
– Rund 20% aller Vergiftungen betreffen Kinder bis zum 5. Lebensjahr. Quantitativ bedeutsame Verursacher sind v.a.
Medikamente, Tiergifte, Reinigungsmittel und Alkohol.
– Sturzunfälle auf gleicher Ebene sind nach KFZ-Unfällen die häufigste Unfallart mit Todesfolge. Betroffen sind v.a. betagte
Mitmenschen, häufigste Sturzursache sind Böden (Glatteis) und Treppen/Stufen.
– 1998 starben 52 Menschen an den Folgen eines Brandes. Als Ursache nennt die Sterbestatistik v.a. Brände in
Privatwohnungen, von denen v.a. ältere Menschen betroffen sind.
– Der Großteil der Brände in Privathaushalten sind Brände durch „offenes Licht und Feuer“ und ereignen sich in den Monaten
Dezember und Jänner („Christbaumbrände“).
– Jährlich müssen sich ca. 100 Personen wegen eines Elektrounfalls im Heim- und Freizeitbereich in stationäre
Spitalsbehandlung begeben, davon sind 20% der Patienten unter 5 Jahre alt!
– Jährlich werden in Österreich etwa 3700 Fälle von Verletzungen durch Tierbisse gemeldet. Die Betroffenen sind zumeist
Kinder, die von fremden Hunden gebissen und in der Folge in einer chirurgischen Abteilung ärztlich versorgt werden
müssen.
Vertiefung - Bewusstseinsbildung - methodische Anregung
Schüler/innen können einen „Babysitterpass“ erwerben, wenn sie ihre Wohnung aufmerksam im Hinblick auf Unfallgefahren
durchleuchtet haben.
Sie erhalten dazu die Checkliste (Arbeitsblatt 6) und den festgelegten Zeitrahmen für die Abgabe desselben. Für festgestellte
Mängel sind Vorschläge zur Erhöhung der Kindersicherheit zu machen.
P.S.: Kurse zur Ausbildung zum Babysitter richten sich an Jugendliche ab 15 Jahre und umfassen Grundlagen aus der
Entwicklungspsychologie und Pädagogik, Rechte und Pflichten des Babysitters, Hygiene, Unfallverhütung, Erste Hilfe,
Kinderkrankheiten, praktische Fertigkeiten in Körperpflege und Ernährung.
141
Institut Sicher Leben (Hg): Unfallstatistik 1999, Wien 2000
59
5.2 Zusammenhang zwischen Hygieneverhalten und Gesundheit erkennen
5.2.1 Kernbereich
Schulbuch S.106: Allgemein anerkannte Maßnahmen zur Gesundheitspflege werden „auf einen Blick“ übersichtlich dargestellt.
Schulbuch S.16: Hygiene in der Küche. Die Anweisungen begründen.
5.2.2 Erweiterungsbereich
Schulbuch S.18: Vorsicht Lebensmittelvergiftungen. Salmonellen als exemplarisches Beispiel für Gesundheitsgefährdung
durch mangelhafte Hygiene in der Küche.
Schulbuch S.19: Hygienestudie anhand eines Rezeptes durchführen – Analoge geeignete Rezepte: Milchspeisen,
Geflügelgerichte, Fisch- und Eispeisen
Schulbuch S.108: Hygiene im Wohnbereich - Der Reinigungsplan
Schulbuch S.109: Der Öko-Putzschrank
Schulbuch S.111: Gesundheitsgefahr durch Haushaltschemikalien
Schulbuch S.110: Reinigen – wozu? Gesundheitsbelastung durch Hausstaub. Gesundheitsbelastung durch Schimmelpilze.
Dicke Luft im Wohnbereich. Schädlinge in Küche und Vorratsraum
5.2.3 Kommentar
Hygiene [griech.] als Lehre von der Gesundheit und Gesundheitspflege umfasst alle Maßnahmen, die der Gesundheitserhaltung
und –förderung dienen. Daher wird Hygiene umfassend auf alle Gesundheitsbereiche des Menschen dargestellt - siehe
Schulbuch S. 106. Die Weite des Begriffs macht diesen zugleich aber wieder recht unbrauchbar, weil die jeweiligen
Maßnahmen zur Gesundheitserhaltung sehr unterschiedlicher Natur sind. Dementsprechend wird der Begriff meist im
Zusammenhang mit dem jeweiligen Gebiet der Anwendung verwendet, z.B.: Psychohygiene, Lebensmittelhygiene,
Hygieneartikel, …
Ein wichtiges Teilgebiet der Hygiene ist das Vermeiden von Infektionen. Viele Krankheiten werden durch Mikroorganismen
und/oder ihre Stoffwechselprodukte ausgelöst. Sie wirken als Krankheitskeime und sind überall vorhanden: Im Hausstaub, auf
der Haut, auf den Lebensmitteln, … Beim gesunden Menschen sind die körpereigenen Abwehrkräfte fast immer in der Lage, die
Krankheitskeime unschädlich zu machen.
Einige Toxine auf Lebensmitteln sind jedoch so stark, dass sie auch beim gesunden Menschen krankheitsauslösend wirken und
schwere bis lebensgefährliche Lebensmittelinfektionen hervorrufen.
Andererseits hat nicht zuletzt falsch verstandenes „Hygieneverhalten“, v.a. bei der Wohnraumreinigung und Körperpflege dazu
geführt, dass unser in keimarmer Umgebung aufgewachsenes Immunsystem beim Kontakt mit normalerweise harmlosen
Substanzen zu überschießenden Abwehrreaktionen neigt, an deren Heftigkeit der Betroffene zu leiden hat (z.B.
Hausstaubmilben-Allergie).
Zur Vertiefung in das Thema wird im Schulbuch das Kapitel Hygiene im Hinblick auf Maßnahmen zur Reduktion der
Gesundheitsbelastung aufbereitet:
a) bei der Nahrungszubereitung (Lernbereich Ernährung)
b) bei der Wohnraumreinigung (Lernbereich Haushalt)
Aspekte der Lebensmittelhygiene im Privathaushalt
60
Aspekte der Wohnraumhygiene im Privathaushalt
5.3 Kultur des Zusammenlebens üben
5.3.1 Kernbereich
Schulbuch S. 78: Der Haushalt als Ort des Zusammenlebens: Miteinander leben.
5.3.2 Erweiterungsbereich
Schulbuch S. 80: Familienhaushalte leisten mehr
Schulbuch S. 82: Was Kinder brauchen …
Schulbuch S. 84: Der Haushalt im Alter – Grundsätze für die Betreuung und Pflege betagter Mitbürger
Schulbuch S. 79: Nachbarrecht
Schulbuch S. 81: Ehe- und Familienrecht
Schulbuch S. 86: Gastfreundschaft leben
Schulbuch S. 102: Partnerschaftliche Arbeitsteilung – Aufgabenverteilung
Schulbuch S. 108: Halbe-Halbe: partnerschaftliche Arbeitsteilung
Schulbuch S. 85 und S. 108: Nachbarschaftshilfe
Schulbuch S. 100: Ehrenamt
5.3.2 Kommentar
Zusammen-Leben ist für das Mensch-Sein ebenso lebensnotwendig wie etwa Nahrung zum Erhalt der körperlichen
Gesundheit. Im Lernbereich „Haushalt“ ist das Miteinander-Leben daher genauso als Unterrichtsinhalt zu sehen wie z.B. die
Empfehlungen für eine gesunde Ernährung im Lernbereich „Ernährung“. Folgerichtig sind im Rahmen der fachpraktischen
Übungen nicht nur Techniken zur Nahrungszubereitung, sondern ist auch die Kultur des Zusammenlebens zu üben. Beides
braucht seine Zeit. Und beides braucht eine/n in beiderlei Hinsicht geschulte/n Fach- und Verhaltenstrainer/in. Gruppen leiten
und Beziehungen gestalten ist daher sowohl in der Grundausbildung für EH-Lehrer/innen als auch in der
Lehrer/innen/fortbildung für den EH-Unterricht ebenso als zentrale Bildungsanliegen zu sehen wie eine fundierte
Fachausbildung im Bereich Ernährung.
Nach außen muss das Fach „Ernährung und Haushalt“ sich auch verstärkt als Trägerfach für soziale Bildung positionieren und
142
seinen diesbezüglichen Beitrag zur Aufgabe der Schule offenlegen. Mit dieser Bildungsarbeit kann der Marginalisierung des
Faches in der Stundentafel ein weiteres Argument entgegengesetzt werden.
Die in den Sozialbereichen Familie, Schule, Arbeit und Freizeit gelebte Kultur des Zusammenlebens setzt sich wie ein
Konglomerat aus sämtlichen menschlichen Eigenschaften und Wesensarten, gewachsenen Traditionen, Sitten und neu
verhandelten Normen zum Umgang miteinander zusammen, wobei alle Bausteine einander wechselseitig bedingen und
beeinflussen. Der „Kitt“, der dieses Konglomerat zusammenhält, ist die Fähigkeit, Bindungen aufzubauen, zu gestalten und
gegebenenfalls zu beenden.
142
Lehrplan 2000, allgemeiner Teil: Aufgabe der Schule: Vermittlung von Sach-, Sozial- und Selbstkompetenz
61
Der Grundstein für das, was zum Aufbau von Bindungen notwendig ist, etwa Loyalität und Vertrauen, wird in unserer Kindheit
- im Zusammen-Leben im Familienhaushalt - gelegt. Durch die Zuwendung der primären Bezugspersonen eröffnet sich der
Weg in die eigene Entwicklung. Aus dem Nachmachen und Erproben dessen, was Modelle unserer Umgebung vorgeben,
entwickeln sich Fertigkeiten und Talente. Durch Anerkennung, Aufmerksamkeit und Lob wächst das Selbstvertrauen in die
eigenen Fähigkeiten und stabilisiert sich der Selbstwert - ein Prozess, der lebenslang anhält, denn auch Erwachsene können
ohne den „Spiegel“ des Anderen kaum überleben, brauchen Anerkennung von Freunden, Arbeitskollegen und Vorgesetzten oder
143
die Zuwendung eines Partners, um das eigene „Selbst“ in Balance zu halten .
Die Regeln des Zusammen-Lebens haben sich in der sogenannten westlichen Welt in den letzten 3 Generationen in markanter
Weise geändert:
– Der Autoritätsverlust der Kirche,
– die Möglichkeit sozialen Aufstiegs durch Bildung und
– die Aufhebung der traditionellen Geschlechtsrollenbilder
führten dazu, dass die traditionellen kirchlichen, standes- und geschlechtsspezifischen Normen und Verhaltenskodexe, die
zwar Enge, aber auch Sicherheit und damit Wohlbefinden bewirkten, immer mehr in den Hintergrund treten. In den sozialen
144
Umwälzungen liegt die Chance, neue, unkonventionelle Lebensformen zu entwickeln, aber auch das Risiko der Belastung .
Durch den Wegfall der traditionellen normsetzenden Instanzen ist der einzelne Mensch heute mehr denn je gezwungen, aktiv
145
und im Konsens mit seinen Mitmenschen Muster des Zusammen-Lebens auszuhandeln .
Egal ob es sich um das Miteinander im Privathaushalt, in der Schule und der Arbeitsstätte oder um politische Beziehungen auf
internationaler Ebene handelt, die Qualität der Kultur des Zusammenlebens wird von „KoKoKo“ bestimmt:
Kommunikation als Fähigkeit und Bereitschaft, sich mitzuteilen und zuzuhören ist Voraussetzung, Beziehungen zu den
Mitmenschen in konstruktiver Weise aufzubauen und zu unterhalten und die beiden anderen Bereiche erfolgreich zu gestalten.
Kooperation ist die Bereitschaft und Fähigkeit, gemeinsame Ziele zu definieren und zu verwirklichen.
Konfliktbewältigung ist die Bereitschaft und Fähigkeit, die im Zusammen-Leben auftretenden Widersprüche und Ambivalenzen
konstruktiv zu überwinden.
Jede dieser drei Kompetenzen kann in einen Kanon von Einzelkomponenten zergliedert werden. Eine detaillierte Beschreibung
hilft, Stärken und Schwächen in der Kultur des Zusammenlebens der jeweiligen Gruppe (Familie, Arbeitsteam,
Schülergruppen, …) ausfindig zu machen und ermöglicht es, gezielte Trainingsimpulse zu setzen. Es sprengt jedoch den
Rahmen dieses Lehrerhandbuchs, weiterführende fachwissenschaftliche Grundlagen zu Kommunikation, Kooperation und
Konfliktbewältigung zu vermitteln.
Methodische Anregungen
1. Wechsel der Sozialformen: Einzel-, Partner-, Kleingruppenarbeit
146
Der Trend zu Einkind-Familien verstärkt die „Prinzenrolle“ unserer Kinder . In seiner Herkunftfamilie ist dem Einzelkind
ungeteilte Aufmerksamkeit gewiss. Bestimmte soziale Verhaltensweisen (zugunsten eines Geschwisters auf etwas zu
verzichten, zu teilen, nicht immer das beste, größte oder schönste Stück zu bekommen, warten zu müssen, Entscheidungen
unter Berücksichtigung von Bedürfnissen anderer zu fällen, usw.) können in der Herkunftfamilie nicht erlernt werden. Um
Schüler/innen Gelegenheit zu kompensatorischem sozialem Lernen zu geben, ist es daher notwendig, Sozialformen zu
wechseln.
Einzelarbeit gibt Schülern/innen Gelegenheit, ihre individuelle Leistung und ihre persönlichen Stärken unter Beweis zu stellen.
Sie ist, v.a. wenn es um das Erlernen von Fertigkeiten und Geschicklichkeiten (z.B. Schneideübungen) geht, die Methode der
Wahl.
Das Arbeiten mit einem/r Partner/in steht bei Schüler/innen hoch im Kurs: Es vermittelt Sicherheit und bietet einen
überschaubaren Interaktionsrahmen, um sich zu beweisen und zu messen, sich mit dem Partner zu einigen, Kritik zu üben und
einzustecken, Fehler zu machen und Hilfe anzunehmen, ohne auf einer größeren sozialen Plattform „bloßgestellt“ zu werden.
Schüler/innen werden in der Schulküche meist in Paaren zur Herstellung einer Speise eingeteilt, da vielfach die SchulküchenAusstattung für Einzelarbeit nicht ausreicht. Um die Verarbeitung von Lebensmitteln an realistischen, haushaltsüblichen
Mengen zu üben, sollten nicht 2 Schüler/innen eine Speise für 15 Personen herstellen, sondern 2-3 Paare arbeitsgleich diese
Speise für 4-5 Personen zubereiten.
143
nach: Corrazza u.a. 1990
Als Zeichen für Desorientierung und fehlende Sicherheiten im Bereich des Zusammen-Lebens wird auch die Zuwendung zu relativ rigiden
Formen des Miteinander-Lebens (z.B. Sekten, Jugendbanden) gedeutet.
145
Die Weigerung, sich an einer aktiven Auseinandersetzung zur Gestaltung des Zusammen-Lebens auf gesellschaftspolitischer Ebene
einzulassen, gefährdet Errungenschaften demokratisch strukturierter Gesellschaften.
146
Umgekehrt ist aber auch eine Verwahrlosung der Kinder, z.B. im Hinblick auf die Qualität der Nahrungsversorgung nicht zu übersehen.
Immer mehr Eltern fehlt die Bereitschaft, selbst zugunsten der Versorgung anderer ihre persönliche Zeit und Arbeitskraft einzusetzen und
ihren Kindern eine warme Mahlzeit oder ein Frühstück zuzubereiten, eine Schuljause einzupacken.
144
62
Eine ideale Kleingruppe für das Training von sozialen Interaktionen besteht aus 3-5 Personen. Je mehr Personen in einer
Kleingruppe miteinander arbeiten müssen, desto aufwändiger werden die notwendigen sozialen Interaktionen, und es kann
leicht sowohl eine Überforderung der beteiligten Personen als auch eine Überforderung im Hinblick auf die vorhandene Zeit
eintreten: Der Meinungsbildungsprozess braucht länger, und Konflikte werden um eines Ergebnisses willen meist unterdrückt
statt gelöst. Zu beachten ist, dass Vierergruppen leicht in 2 Paare zerfallen, in Fünfergruppen fällt der schwächsten Person
wieder die Außenseiterrolle zu.
2. Wechselnde Partnerarbeit und Kleingruppen-Zusammensetzung
Statt starrer Gruppenzuteilungen über das Schuljahr hinweg empfiehlt es sich, die Gruppenzuteilungen zu wechseln. Jede
Schülerin/jeder Schüler soll mit jedem zusammenarbeiten - auch im späteren Berufsleben kann man sich die Arbeitspartner
nicht aussuchen, darüberhinaus lernt man mit neuen Partner/innen wieder Neues. Zufallszuteilungen unterbinden Rivalitäten
147
und vermeiden Ausgrenzungen.
Gruppenbildung kann erfolgen durch …
Lehrer/in
Vorteile: Die Zusammensetzung der Gruppe kann „gesteuert“ werden, z.B. unter Berücksichtigung
bestimmter Fähigkeiten oder Persönlichkeitseigenschaften von Schüler/innen.
Nachteile: Widerstände der Schüler/innen, wenn sie gegen ihren Willen mit unbeliebten
Mitschüler/innen zusammenarbeiten müssen. Die Position des Lehrers wird geschwächt, wenn die
Einteilung mit Macht durchgesetzt werden muss.
Schüler/innen
Vorteil: beliebt bei Schüler/innen
Nachteil: Sympathiegruppen haben einen hohen Zusammenhalt und grenzen aus. Manche
Schüler/innen finden keinen Zugang zu einer Freundschaftsgruppe, sondern bleiben als Außenseiter
übrig. Die Aus- und Abgrenzung schafft ständige Konflikte bei unklaren Zuständigkeiten: Wer soll nun
den übrig gebliebenen Topf abwaschen?
Zufall
Vorteil: stärkt das Wir-Gefühl in der Klasse, beugt der Bildung von Cliquen, Randgruppen vor, das
„Schicksal“ wird von Schüler/innen in der Regel akzeptiert, v.a. wenn die Gruppe nach einem
bestimmten Zeitraum wieder neu zusammengesetzt wird.
Beachtenswertes: Gruppentausch (verhandeln) von vornherein ausschließen!
Methodische Anregungen für Zufallszuteilungen
– Lose (Farben, Kojennummer, Rezepte, Nacharbeiten, …) ziehen lassen
– Postkarten, die der gewünschten Personenzahl entsprechend zerschnitten sind, oder Quartettkarten ziehen lassen: die
Gruppen finden sich als zusammengehöriges Ganzes.
– Jeweils 3 oder 4 gleiche Gegenstände (z.B. Gewürze, Zutaten, Geräte, …) die am Unterrichtstag verwendet werden, zur
Auswahl vorlegen.
– Alle, die einander schräg gegenüber sitzen (bei einer langen Tafel)
– Heute arbeitet jeder mit jemanden, mit dem er/sie noch nie gearbeitet hat
– Durchzählen bis 3, 4 oder 5 (je nach gewünschter Gruppengröße)
– 3-4 Schüler/innen dürfen aus allen vorhandenen (umgedreht liegenden) Namenszetteln 3 oder 4 Namen ziehen
– gruppendynamische Spiele (Bewegen zu Musik im Raum; Paare, Triangel … bilden)
– Rotation nach alphabetischer Liste: jede Unterrichtseinheit wird aus jeder Gruppe eine Person in die nächste Gruppe
versetzt
3. Beziehungsorientierte Aufgabenstellungen
Einige Beispiele für Aufgabenstellungen, die das Üben der Kultur des Zusammlebens zum Inhalt haben:
Aufgabenstellung
Für die Titelgestaltung der Arbeitsmappe ist ein Foto eines
appetitlich dekorierten Obstsalates/Obsttellers vorgesehen. Stelle
mit Deiner/em Partner/in, ein perfektes Fotomotiv her.
Heute gibt es … [Speisen nennen]. Erstellt einen Arbeitsplan für
3/4 Personen für die Zubereitung der Mahlzeit einschließlich
Tischgestaltung und Aufräumearbeiten. Bewertet die
Arbeitsergebnisse und das Miteinander-Arbeiten.
Sozialform: Kleingruppen à 3/4 Personen
Speisenvorschläge:
– Suppe/Eintopf und Dessert
– Hauptspeise mit Beilage
– Rohkost mit Brot/Aufstrich
147
Anmerkung
Vorzeigen von Bildern dekorativ angerichteter
Obstteller als Anregung und zur Klarstellung der
Aufgabenstellung, Partnerwahl durch
Zufallsentscheidung, freie Wahl der Zutaten
Mündliche Absprache (Flüstersprache!) vor
Arbeitsbeginn und schriftliche Festlegung der
Verantwortlichkeiten in einem Arbeitsplan (vgl.
Schulbuch S. 102).
Durchführung der Arbeiten mit anschließender
Bewertung der Einzelbeiträge und des
Gesamtergebnisses (vgl. S. 71)
Gruppeneinteilung nach Zufallsprinzip oder Rotation
Vgl. Klippert 2001, S. 48
63
In der nächsten Unterrichtseinheit bist Du für die Zubereitung der
Nachspeise für die EH-Gruppe zuständig. Bereite Dich sorgfältig
vor: Einkaufsliste, Arbeitsplan, Serviervorschlag
Variation der Aufgaben: statt Dessert, Suppe, Vorspeise, Salat,
Kuchen als Nebenarbeit, …
„Einer für alle“ – so eine Aufgabenstellung kann sich
wie ein roter Faden durch das gesamte Schuljahr
(4. Klasse) ziehen. Rezeptauswahl nach Absprache mit
Lehrer/in und Gruppe. Wichtig: Die anderen
Schüler/innen müssen eine positive Rückmeldung, Lob
und Anerkennung für die geleistete Arbeit
aussprechen!
5.4 Bedürfnisse, Werte und Normen für die persönliche Lebensgestaltung
reflektieren
5.4.1 Kernbereich
Schulbuch S. 76: Nachhaltige Lebensstile gesucht. Haushalten: So oder so? – Die Auswirkungen unterschiedlicher
148
Wertorientierungen werden in konkretem haushälterischen Handeln dargestellt. Der Begriff „nachhaltig leben“ kann durch
die Zuordnung der Aussagen zu den jeweiligen Bereichen „sozial gerecht“, „gesund“ und „schont die Umwelt“ konkretisiert
werden. Bearbeitung der Fragestellungen.
5.4.2 Erweiterungsbereich
Schulbuch S. 30: Ernährung – (k)ein Thema für dich?
Schulbuch S. 92: Kaufen oder Selbermachen?
Schulbuch S. 108: Halbe-Halbe: partnerschaftliche Arbeitsteilung im Haushalt
Schulbuch S. 112: Umweltschutz in den eigenen vier Wänden
5.4.3 Kommentar
Bedürfnisse - das Empfinden eines Mangels, verbunden mit dem Wunsch, ihn zu beheben – sind eine Triebfeder menschlichen
Handelns. Die Bedürfnisse können in Kategorien wie Wohnung, Nahrung, Bekleidung, Erholung, Zuwendung, Sinnfindung usw.
eingeteilt werden. Entsteht das Gefühl eines Mangels, z.B. Hunger (= Nahrungsbedürfnis), werden Güter/Leistungen benötigt,
die der Mensch zur Befriedigung des Bedürfnisses verwendet. Diese Güter werden Bedarf genannt, im angeführten Beispiel
sind es Lebensmittel, die als Nahrungsbedarf bezeichnet werden und das Bedürfnis Hunger stillen vermögen. Für die
Herstellung der Güter zur Bedarfsdeckung werden Geld, Zeit, Umwelt und Arbeitskraft (siehe Schulbuch S. 90) benötigt.
Bedarfe können unterschieden werden...
Objektiv
Subjektiv
Orientierung an Erkenntnissen der Wissenschaft
Orientierung an Gewohnheiten und Empfindungen
z.B. Lebensmittelauswahl nach ernährungsphysiologischen
z.B. Lebensmittelauswahl nach individuellen
Kriterien
Geschmacksvorlieben
Individuell
Kollektiv
Beim Konsum des Bedarfs sind andere Personen
Andere Personen sind beteiligt, z.B. beim Wohnungsbedarf,
ausgeschlossen: Lebensmittel, Kleidung, …
Erholungsräume, Bau von Kirchen/Moscheen, …
Frei
Unfrei
Luft, Sonne (Licht, Wärme), Ruhe.
Unfreie oder knappe Güter sind an Verfügungsrechte
Freie Güter können ohne besondere Rechte genutzt werden, gebunden:
da sie in niemandes Eigentum stehen. Natürliche Grenzen
– privatrechtliche (Eigentum, Besitz)
der freien Nutzung liegen dort, wo andere z.B. in ihrem
– öffentlich-rechtliche
Bedürfnis nach Ruhe und Erholung gestört werden.
Werte sind grundlegende ethische Orientierungsmaßstäbe menschlichen Urteilens und Handelns. Aufgrund des
Wertepluralismus kommt es in demokratisch orientierten Gesellschaften häufig zu Konflikten zwischen Werten sowie
zwischen Werten und Handeln. So wird zwar z.B. der Schutz der Menschenrechte und der Umwelt als Wert postuliert, das
tatsächliche Verhalten orientiert sich jedoch an ökonomischen Interessen. Kurz gesagt: Waren müssen billig sein, nicht ethisch
149
korrekt produziert.
Normen sind anerkannte, verbindlich geltende Regeln für das Zusammenleben. Es gibt Bereiche des Zusammenlebens, wo
Normen Gesetzescharakter haben (Rechtsnormen, technische Normen). Andere Bereiche des Zusammenlebens werden durch
Normen geregelt, die von Generation auf Generation übertragen werden (= Sitten).
148
Zur Nachhaltigkeit als ethisch-normative Orientierung siehe Seite 45f.
Jeder wünscht sich zwar eine saubere Umwelt und biologisch erzeugte Lebensmittel – aber um einen Preis, der nur durch
Massentierhaltung und Agrochemie zu erreichen ist. Jeder setzt sich für Arbeitsschutz von Kindern und Frauen, z.B. in der Spielzeug- und
Textilindustrie ein, beim Kauf von Produkten ist jedoch der Preis das überzeugendste Argument.
149
64
Bedürfnisse, Werte und Normen für die persönliche Lebensgestaltung wurden im Laufe der Geschichte von der Kirche, von der
Zugehörigkeit zu einem Stand und von den vorherrschenden Geschlechtsrollenbildern definiert. Wie auf Seite 62 schon
erwähnt, haben die normativen Vorgaben dieser Instanzen in den westlichen Industriegesellschaften an Verbindlichkeit
verloren. Werte und Normen zur persönlichen Lebensgestaltung müssen heute bewußt selbst definiert werden. Geschieht dies
jedoch nicht aktiv im Konsens mit den Mitmenschen, drohen Beliebigkeit und soziale Destabilität. Die im § 2 des SCHOG
150
festgelegte und in allen Lehrplänen vorgeschriebene Wertebildung (religiös-ethisch-philosophische Bildungsdimension), das
Unterrichtsprinzip „Politische Bildung“ und der Ethik-Unterricht in der Oberstufe sind Beispiele für Maßnahmen, die das
Wertegerüst als Basis einer funktionierenden Gesellschaft absichern sollen.
Der vieldiskutierte Wertewandel zeigt sich in allen hauswirtschaftlichen Bereichen. Die im folgenden angeführten Beispiele
erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und geschichtliche Chronologie:
Der Haushalt als Ort
des Zusammenlebens
Der Haushalt als
Versorgungsbereich
Der Haushalt als
Wirtschaftsbereich
Von
Die sozialen Hierarchie im Haushalt wird im Laufe
der Geschichte unterschiedlich begründet:
151
als gottgewollte Ordnung
152
dem Geschlechtscharakter entsprechend
153
standesgemäß
Gesund leben,
156
aus Verpflichtung gegenüber Gott
157
aus Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft
„Spare in der Zeit, dann hast Du in der Not“!
Sparsam haushalten, rationell arbeiten, möglichst
161
viel Eigenleistungen, Vorratswirtschaft
Zu
UN-Deklaration der Menschenrechte
154
(1948)
155
Gleichheitsgrundsatz im Eherecht (1976)
UN-Charta Kinderrechte (1989)
Entdeckung des Selbstwerts – Verpflichtung
158
zur Eigenverantwortung
159
WHO (1946) Gesundheit als Ganzheit
160
Ottawa-Charta (1986) :
Lebensweltorientierte Gesundheitsbildung
Haushalte sind Orte des Konsums: „Ich will
alles und ich will es jetzt“, und: „Gut ist, was
162
mir nutzt“ (Hedonismus ).
Prinzip Verantwortung: Nachhaltiges
163
Handeln auf allen Ebenen: Gesundheit,
Umwelt und Gesellschaft.
150
Lehrplan 2000, allgemeiner Teil: „Die Hauptschule hat im Sinne des § 2 und des § 15 des Schulorganisationsgesetzes an der Heranbildung
der jungen Menschen mitzuwirken, nämlich beim Erwerb von Wissen, bei der Entwicklung von Kompetenzen und bei der Vermittlung von
Werten. Dabei ist die Bereitschaft zum selbstständigen Denken und zur kritischen Reflexion besonders zu fördern. Die Schülerinnen und
Schüler sind in ihrem Entwicklungsprozess zu einer sozial orientierten und positiven Lebensgestaltung zu unterstützen.“
151
Die Frau als „schwaches Werkzeug“ bedarf der sittlichen Führung durch den Mann um ihrer eigenen ewigen Seligkeit willen.
Hausväterliteratur 1600-1750. Zitiert nach Tornieport 1979
152
Kant definierte in seiner Anthropologie (1798) den Geschlechtscharakter von Mann und Frau: Er besitzt Verstand, Kühnheit,
Wahrhaftigkeit und Stärke, … Ihr sind Witz, Listigkeit, Scherz, gefällige Schmeichelei, Schwäche und Furchtsamkeit eigen … Er handelt aus
Pflicht und besitzt die wahre Tugend … Ihr sind soziale Interessen eigen, sie herrscht mit ihren Neigungen …
153
Hauswirtschaftliche Bildung vermittelte jenen Tugendkanon, der die weibliche Jugend in der dienenden, versorgenden Rolle im nichtöffentlichen Bereich sozialisierte: „Im Unterricht sind jene Fertigkeiten und Fähigkeiten zu entwickeln, die der Vorbereitung auf die Aufgaben
der Frau und Mutter dienen“ (Lehrplan 1963)
154
Vgl. Artikel 1: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren …“
155
Die Deklaration der Menschenrechte hatte auch unmittelbaren Einfluss auf das Eherecht in Österreich und die Einführung des
Gleichheitsgrundsatzes im Jahre 1976: Dort heißt es: „Die Ehegatten regeln die konkrete Gestaltung der ehelichen Teilpflichten
einvernehmlich unter wechselseitiger Rücksichtnahme und Beachtung des Wohles allfälliger Kinder.“
156
Vgl. dazu z.B. die Kneipp’schen Gesundheitsanleitungen für Mutter und Kind in: „Kinderpflege in gesunden und kranken Tagen“ (1890).
157
Die Frau bereitet dem Mann das Heim zur Regeneration vor und leistet damit ihren Beitrag zum Erhalt seiner Arbeitskraft bzw. legitimiert
dadurch ihr Dasein als „Nur-Hausfrau“ und ihre Nichtbeteiligung an der Lohnarbeit.
158
„Ebenso wichtig wie die Einführung von Impfstoffen und der Versorgung mit sauberen Wasser dürfte die Einführung des Transistorradios
und des Fernsehens sein, … die Botschaft, dass Fortschritt möglich ist, dass jedes Individuum einzigartig ist und einen Wert hat. Diese
revolutionären Botschaften bewirken eine radikale Umgestaltung des Selbstbildes und der Selbstachtung des einzelnen, der Beziehung
zwischen den Menschen und der Familie, die diese Botschaften an die nächste Generation weitergibt.“ (Sagan 1992, zitiert in BM für
Gesundheit und Konsumentenschutz 1996) Nach Sagan hat die Entwicklung der „romantischen Liebe“, die „Entdeckung der Kindheit“ und
der Aufbau von „liebevollen Kleinfamilien“ mehr zur Gesundheit beigetragen als die zunehmende Medikalisierung der Gesellschaft.
159
1946 wird in der Präambel der Satzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Definition des Begriffs Gesundheit festgelegt:
„Gesundheit ist der Zustand völligen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur das Freisein von Krankheit und
Gebrechen“.
160
Siehe Seite 58, Fußnote 140: In der Weiterentwicklung der Definition von Gesundheit wird diese nicht mehr als Zustand, in dem man sich
befindet oder eben nicht, sondern als gelebtes Sein bezeichnet. Dementsprechend gibt es ein mehr oder weniger an Gesundheit in allen
Bereichen des Mensch-Seins.
161
„Arbeitswille und Ausdauer, Sorgfalt und Sparsamkeit bei allen hauswirtschaftlichen Arbeiten“ (Lehrplan Hauswirtschaft 1963)
162
Hedonismus [griech.], eine Form des Eudämonismus (= Ethik des Glücks), bei der das private Glück als höchstes Gut in der Erfüllung
individueller, physischer und psychischer Lust gesehen wird. „Gut ist, was mir Spaß macht und schmeckt, gefällt, genehm ist …“ vgl. dazu
Werbebotschaften
163
Siehe S. 46.
65
Abstrakte Bedürfnisse, Wert- und Normvorstellungen können anhand einfacher, konkreter Beispiele in Form sogenannter
Paradigmen (= Musterbeispiele) dargestellt werden. Die im Buch S. 76/77 gewählten Beispiele „Haushalten: So oder so?“ sind
164
in Anlehnung an Weinbrenner erstellt.
Familie Sorglos
Einzelhaus im Grünen
Zersiedelung
Erdöl
Strom - Atomenergie
Individualverkehr
Bedürfniskategorie
Wohnen
Flugreisen
Ressourcenintensive Urlaubsziele
Bequemlichkeit, Preis, Genuss hat Vorrang vor
Gesundheit
Freizeit/Urlaub
Weichspüler, Glanzmittel, Desinfektions- und
Chlorreiniger
Einweg
Wegwerfmentalität
Reinigung
Genussorientierung
...
Ernährung
Bildung/
Unterhaltung
usw.
...
Heizung
Verkehr
Einkauf
Müll
Öko-Haushalt
Verdichteter Wohnbau
Landschaftsschutz
Regenerierbare Energieträger
Niedrigenergiehäuser
Öffentliche Verkehrsmittel
Fahrgemeinschaften
Sanfter Tourismus
Bioprodukte
Produkte aus fairem Handel
Grundnahrungsmittel der Region
Öko-Putzschrank
Wasser, sparsame Dosierung der Reinigungsmittel
Mehrweg
Reparatur
Kauf langlebiger Güter
Gesundheitsorientierung
...
...
Der Konflikt zwischen zunehmender Individualisierung und der Frage nach der Umwelt- und Sozialverträglichkeit individueller
Selbstentfaltung wird in alltäglichen Entscheidungen offensichtlich. In der Bearbeitung der Fragestellungen (Schulbuch S. 77)
können altersgemäße Handlungsalternativen in den einzelnen Kategorien erarbeitet werden. Mit der Beantwortung der
Fragestellung „Was hindert mich, so wie im Öko-Haushalt zu handeln?“ können die hinter einer konkreten Handlung liegenden
Bedürfnisse, Werthaltungen oder normativen Zwänge artikuliert werden.
5.5 Einstellungen und Verhaltensweisen, die der sozialen Integration
dienlich sind, entwickeln
5.5.1 Kernbereich
Schulbuch S. 78: Der Haushalt als Ort des Zusammenlebens: Miteinander leben
5.5.2 Erweiterungsbereich
Schulbuch S. 74: Aufgaben und Leistungen privater Haushalte
Schulbuch S. 80: Familienhaushalte leisten mehr
Schulbuch S. 82: Was Kinder brauchen. Wahl geeigneter Betreuungsformen
Schulbuch S. 112: Umweltschutz in den eigenen vier Wänden – Umweltbewusstes Verhalten als durchgängiges Prinzip im
Fach Ernährung (z.B. Lebensmittelauswahl, -verpackung) und Haushalt (z.B. Haushaltsreinigung)
Schulbuch S.76: Nachhaltige Lebensstile gesucht. Haushalten: So oder so?
5.5.3 Kommentar
Maßnahmen zur sozialen Integration sind ein Instrument zur Sicherung des sozialen Friedens sowohl auf regionaler als auch
auf internationaler Ebene. Unter Integration versteht man die Verbindung einer unterschiedlichen Vielheit von Menschen zu
165
einer gesellschaftlichen Einheit .
Sozialintegrative Maßnahmen sind im Lebensraum Schule in unterschiedlichen Bereichen institutionalisiert:
– Gemäß §15 des Schulorganisationsgesetzes ist, dem Prinzip der sozialen Integration entsprechend, Schüler/innen mit
sonderpädagogischen Förderbedarf, die in die Hauptschule aufgenommen wurden, eine der Aufgabe der Sonderschule
entsprechende Bildung zu vermitteln.
– Integration im Sinne einer interkulturellen Begegnung zwischen Schüler/innen unterschiedlicher kultureller Herkunft unter
Akzeptanz, Respekt und gegenseitiger Achtung, mit dem Ziel, die kulturelle Vielfalt als Bereicherung und wertvoll zu
erfahren.
– Mit dem Unterrichtsprinzip „Erziehung zur Gleichstellung von Frauen und Männern“ soll die Gleichbehandlung von Frauen
und Männern und die Erziehung zur partnerschaftlichen Gestaltung der gesellschaftlichen Entwicklungen gefördert und
zum Abbau geschlechtshierarchischer Interaktionsstrukturen beigetragen werden.
164
165
66
„Von Otto Normalverbraucher zu Öko-Paul“, 1992.
Meyer’s PC-Lexikon
Merkmale und …
… Beispiele sozialverträglicher Einstellungen und Verhaltensweisen:
sich selbst wertschätzen
–
–
–
–
–
–
seinen Selbstwert entdecken, achten, schätzen
die eigenen Stärken und Schwächen kennen und annehmen
einen eigenen Lebens-Sinn finden
sich gesund erhalten
seinen Körper annehmen
die eigene Arbeitsfähigkeit durch Regeneration erhalten
positive Beziehungen
gestalten
–
–
–
–
–
–
–
Vertrauen in die Fähigkeiten anderer setzen
Ermutigung und Anerkennung aussprechen
166
167
Empathie , Wertschätzung und Kongruenz leben
168
eine reversible Sprache verwenden bzw. sich reversibel verhalten
den anderen in seiner Andersartigkeit akzeptieren (Toleranz)
sich an der Suche nach Kompromisse beteiligen und diese mittragen
auf das Durchsetzen eigener Interessen zum Schaden Dritter (materiell /ideel) verzichten
solidarisch leben
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
Fairness zwischen den Geschlechtern leben
Fairness zwischen den Generationen leben
sich für die Interessen anderer einsetzen
die Interessen Schwächerer vertreten
Zivilcourage im Alltag leben
ein Ehrenamt ausüben
Nachbarschaftshilfe leisten
Vorbild sein
Macht kraft einer Funktion bzw. Überlegenheit durch Wissen/Bildung nicht missbrauchen
faire Preise für geleistete Arbeit zahlen
durch bewusstes Konsumverhalten gerechte Arbeitsverhältnisse fördern
umweltgerechtes
Verhalten
–
–
–
–
–
sich an Umweltschutzmaßnahmen beteiligen
Ressourcen durch Müllvermeidung schonen
regenerierbare Energieträger bevorzugen
Freizeit und Urlaub umweltgerecht gestalten
Produkte aus ökologischer Produktion bevorzugen
Soziale Einstellungen und Verhaltensweisen werden in erster Linie durch „Lernen am Modell“ vermittelt, wobei die
169
Glaubwürdigkeit des Modellverhaltens dahingehend entscheidend ist, ob eine entsprechende Einstellung auch tatsächlich
verinnerlicht wird. Egal um welchen der hier aufgezählten Bereiche es sich handelt – es gilt, erwünschte Einstellungen und
Verhaltensweisen nicht zu „predigen“, sondern sich der Modellsituation bewusst zu sein und sozial-integratives Verhalten im
Schulalltag der Schulgemeinschaft auch einzufordern. Dies im Bewusstsein, dass Schule nicht die einzige Lebenswirklichkeit
für unsere Schüler/innen ist.
Methodische Anregungen
Zwei Anregungen zur Unterrichtsgestaltung zum Lernziel „Einstellungen und Verhaltensweisen, die der sozialen Integration
dienlich sind, entwickeln“:
Kids & Oldies
Eine Lehreinheit in der 4. Klasse Hauptschule wird mit einer Halbgruppe der 4. Klasse der benachbarten Volksschule
gemeinsam durchgeführt. Jede Schülerin/jeder Schüler bekommt eine Volksschülerin/einen Volksschüler als Schützling
zugewiesen (Namenskärtchen umgedreht auflegen und ziehen lassen). Die Paare (VS-Kid und HS-Oldie) bereiten gemeinsam
eine Speise in der Schulküche zu. Gemeinsam wird gegessen und die Lehrküche aufgeräumt. Auch während der Pausen
betreuen die Hauptschüler/innen die Volksschüler/innen und führen sie durch das Schulhaus.
166
Fähigkeit, sich in die Lage anderer einzufühlen
Echtheit der Gefühle und des Verhaltens
168
reversibles Verhalten = umkehrbares Verhalten. So sprechen bzw. sich so verhalten, wie auch das Gegenüber ungestraft mit mir sprechen
bzw. sich mir gegenüber verhalten kann.
169
Echtheit, Kongruenz des Verhaltens
167
67
Eine Auswahl an vorbereitenden Themen für die Hauptschulgruppe
Haushalte als Orte des Zusammenlebens: Miteinander leben
Familienhaushalte leisten mehr
Was Kinder brauchen – konkretisieren im Hinblick auf die bevorstehende Betreuungssituation der VSKids während der gemeinsamen Lehreinheit
Gastfreundschaft leben – konkretisieren für organisatorische Vorbereitungsarbeiten für die gemeinsame
Lehreinheit
Unfallverhütung – konkret auf die Situation während des gemeinsamen Kochens und während der
Pausenbetreuung der VS-kids bezogen
Gesunde Ernährung beugt Krankheiten vor – die diätetischen Empfehlungen bei der Auswahl der
Rezepte berücksichtigen
Speisenauswahl und Einkauf, Zubereitung der ausgewählten Rezepte üben
Schulbuch S. 78
Schulbuch S. 80
Schulbuch S. 82
Schulbuch S. 86
Schulbuch S. 104
Schulbuch S. 22
Schulbuch S. 32ff
Junior&Senior
Für die Bewohner des örtlichen Seniorenheims wird eine Kaffee- und Kuchenjause gestaltet.
Die Schüler/innen erkunden die Vorlieben und diätetischen Anforderungen und bereiten während des Vormittagsunterrichts
die Speisen zu. Am Nachmittag findet dann der Besuch im Seniorenheim statt. Im Speiseraum werden die Tische gedeckt,
Getränke werden vom Seniorenheim zur Verfügung gestellt. Nach der gemeinsamen Jause erzählen die Senioren über ihre
170
Ernährungsbiographie .
Eine Auswahl an vorbereitenden Themen
Haushalte als Orte des Zusammenlebens: Miteinander leben
Der Haushalt im Alter
Gastfreundschaft leben – konkretisiert auf das Verhalten während der Kaffee- und Kuchenjause im
Seniorenwohnheim
Gesunde Ernährung beugt Krankheiten vor – die diätetischen Empfehlungen bei der Auswahl der
Rezepte berücksichtigen
Das Geheimnis der Hochbetagten – daraus Fragen für das Gespräch zur Ernährungsbiographie
vorbereiten.
Speisenauswahl und Einkauf, Zubereitung der ausgewählten Rezepte üben
170
Schulbuch S. 78
Schulbuch S. 84
Schulbuch S. 86
Schulbuch S. 22
Schulbuch S.7
Schulbuch S. 32ff
Biographisches Lernen: Entlang der historischen Lebenslinie eines Menschen werden Erlebnisse, die mit Ernährung verknüpft sind, in
Erinnerung gerufen: Die Lieblingsspeisen in Kindheit und Jugend (die begehrteste Süßigkeit, die erste Banane, …), wann Essen knapp war
(Nachkriegszeit, die tägliche Essensration), wovor man sich geekelt hat, grundlegende geschichtliche Ereignisse, die die Einstellung zu
Ernährung beeinflussten (z.B. die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl 1986) und welche Einstellung heute zu Ernährung überwiegt. Diese
Eindrücke können anschaulich anhand einer „Lebenskurve“ dargestellt werden.
68
6 Leistungsbeurteilung
Leistungsbeurteilung im Unterricht in „Ernährung und Haushalt“ ist recht ambivalent besetzt. Einerseits sind Lehrer/innen wie
Schüler/innen froh, einmal kein „leistungsorientiertes“ Fach zu haben, andererseits haben die im Rahmen der fachpraktischen
Übungen einzufordernden Arbeitstugenden durchaus berufsvorbereitenden Charakter und sind als Leistung nicht zu
unterschätzen: Zum einen als Voraussetzung, dass Unterricht in gebotener Form überhaupt stattfinden kann, zum anderen
erhalten Schüler/innen eine Chance, ihre Leistungen und Stärken in einer alternativen Form zu beweisen.
Gesetzliche Grundlagen
171
Aus dem Schulunterrichtsgesetz
§ 18 (1) Die Beurteilung der Leistungen der Schüler in den einzelnen Unterrichtsgegenständen hat der Lehrer durch
Feststellung der Mitarbeit der Schüler im Unterricht sowie durch besondere in die Unterrichtsarbeit eingeordnete mündliche,
schriftliche und praktische oder nach anderen Arbeitsformen ausgerichtete Leistungsfeststellungen zu gewinnen. Maßstab für
die Leistungsbeurteilung sind die Forderungen des Lehrplanes unter Bedachtnahme auf den jeweiligen Stand des Unterrichtes.
§ 18 (3) Durch die Noten ist die Selbständigkeit der Arbeit, die Erfassung und die Anwendung des Lehrstoffes, die
Durchführung der Aufgaben und die Eigenständigkeit des Schülers zu beurteilen.
§ 18 (5) Das Verhalten des Schülers in der Schule (§ 21) darf in die Leistungsbeurteilung nicht einbezogen werden.
LP 2000 Ernährung und Haushalt, Fachdidaktische Grundsätze
Selbständigkeit, Übernahme von Verantwortung und Kooperation sind bei der Bewältigung von Aufgaben im Haushalt
wesentliche Kompetenzen und daher im Unterricht ausreichend zu üben und in die Leistungsbeurteilung mit einzubeziehen.
Die Beurteilung der Mitarbeit
„Mitarbeit“ ist zu definieren (siehe oben) und ev. auch im Elternbrief (siehe S.10) zu kommunizieren. Auf alle Fälle sind die
Leistungsanforderungen und –erwartungen in der ersten Unterrichtseinheit den Schüler/innen offen zu legen. Wissen, Können
172
und Wollen werden gleichermaßen vertreten sein:
– Arbeitsmittel und Arbeitsmappe
– Anwendung des Lernstoffes und Eigenständigkeit bei der Durchführung der praktischen Arbeiten
– Zusammenarbeit, positiver Umgang miteinander und Übernahme von Verantwortung (verlässliche Ausführung der
übertragenen Arbeiten)
Das Mitführen der Arbeitsmittel (Schürze, Mappe, Buch, …) ist die Voraussetzung, dass am Unterricht und den fachpraktischen
Übungen in der Küche teilgenommen werden kann. Wenn Schüler/innen ihre Schulsachen am Vorabend gewissenhaft
einpacken, ist dies zwar nicht als „Leistung“ im Sinne eines Lernzuwachses, aber durchaus als Teil der Mitarbeit und
Arbeitshaltung zu bewerten und daher am Beginn jeder Unterrichtseinheit auch entsprechend zur Kenntnis zu nehmen.
173
Die Arbeitsmappe kann als direkte Leistungsvorlage verwendet werden, wenn sie nicht nur als Archiv für kopierte Rezeptund Arbeitsblätter angesehen wird, sondern die einzelnen Leistungen, die die Schülerin/der Schüler während eines Semesters
produziert, auch entsprechend aufbereitet dokumentiert:
– Als einfaches Hilfsmittel der Dokumentation können Fotos und Abbildungen der selbst erstellten Speisen dienen, Skizzen
des Gedecks, gefaltete Servietten …
– Auch gelegentliche schriftliche Vorbereitungen sind ein möglicher Bestandteil der Arbeitsmappe: Ein Rezept in
Arbeitsschritte aufschlüsseln (siehe Schulbuch S. 103) als Vorbereitung für die praktische Arbeit in der Küche.
– Das ausgefüllte Arbeitsblatt 6, eine Recherche zu einem Berufsbild aus dem hauswirtschaftlichen Bereich, ein
Haushaltsbuch über die Ausgaben einer Woche, ein Essensprotokoll für einen Tag/eine Woche: Die Arbeitsmappe kann eine
Fülle von Schätzen beherbergen, die die Leistung eines Schülers/einer Schülerin dokumentieren.
– Eine weitere Möglichkeit ist das Führen eines Lerntagebuchs. Auf einem Blatt werden von der Schülerin/vom Schüler die
Tätigkeiten und Lernzuwächse eingetragen. Die Schüler/innen werden zu einer Selbstbeurteilung angeregt. Die Lehrerin/der
174
Lehrer gibt schriftliche Rückmeldungen, die in der nächsten LE von der Schülerin/vom Schüler gelesen werden .
171
BGBl.Nr. 472/1986, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 78/2001
Lernziele auf der kognitiven, psychomotorischen, sozialen und affektiven Lernebene, siehe dazu auch Fußnote 176.
173
vgl. dazu das Portfolio als alternative Form der Leistungsfeststellung (Brunner 2001, S. 18): „Die Dokumente, die Schüler/innen in ihrer
Mappe sammeln, setzen sich aus vier Typen zusammen: Arbeitsergebnisse, die von der Schule gefordert werden, Arbeitsergebnisse, die
außerhalb des Unterrichts auf Initiative der Schüler/innen entstehen, Rückmeldungen der Lehrer/innen, Schülerreflexionen“.
174
Da es unrealistisch ist, allen Schüler/innen während einer Unterrichtseinheit differenzierte Rückmeldung geben zu können, wird man sich
pro Einheit auf 4-5 Schüler/innen konzentrieren.
172
69
Lerntagebuch von ____________________ (Name)
(Gruppe)
1 Was ich heute gemacht habe
2 Was ich heute gelernt habe
3 Rückmeldung der/s Lehrer/in
Datum
1+2 Eintrag der Schülerin/des Schülers jeweils am Ende der LE
3 Rückmeldungen der/des Lehrers/in
Datum
...
Lerntagebuch mit Rückmeldungen zur Mitarbeit
Für die Selbstbewertung sind Raster zum Abhaken als Hilfestellung sinnvoll. Diese können sach- oder personorientiert
aufgebaut sein und sind vom Thema und der Unterrichtsorganisation der jeweiligen Unterrichtseinheit abhängig. Die Raster
können mittels Computer auf einem Arbeitsblatt mehrfach vervielfältigt, in kleine Zettel zerschnitten und von den
Schüler/innen am entsprechenden Unterrichtstag in das Lerntagebuch eingeklebt werden.
Raster mit sachorientierten Auflistungen zu Aspekten der Arbeitsorganisation sind auf S. 51 vorgestellt. Personorientierte
Selbstbewertung hat sozial-integrative Inhalte zum Ziel und kann sich auf die Eigenständigkeit eines Schülers (Beispiel 1) oder
auf die Teamfähigkeit (Beispiel 2) beziehen:
Beispiel 1
Beispiel 2
–
–
–
–
– Die Arbeitsgruppe arbeitet leise.
– Die Arbeitsgruppe verteilt die anfallenden Arbeiten gerecht
auf.
– Ich habe heute jemandem geholfen.
– Ich habe die Leistungen eines anderen anerkannt.
Ich arbeite selbständig.
Ich befolge die Anleitungen.
Ich lasse mich nicht ablenken.
Ich halte Ordnung.
Lernzielorientierte Leistungsfeststellung
Der Lehrplan 2000 legt in einem verbindlichen Kernbereich jene Ziele fest, die alle Schüler/innen am Ende eines Schuljahres in
den einzelnen Unterrichtsgegenständen erreicht haben sollen. Damit soll ein verlässlicher Standard in der Grundausbildung der
Schüler/innen gesichert werden. Das heißt aber nicht, dass alle Lernziele, die im Lehrplan stehen, via Leistungsfeststellung
„abgeprüft“ werden müssen.
175
Zur Beurteilung von Leistungen müssen zuerst einmal jene Ziele definiert und operationalisiert werden, die für eine
176
Benotung herangezogen werden sollen. Dazu wird ein Zielekatalog erstellt, in dem festgehalten wird, welche Ziele die
Schüler/innen am Ende des Schuljahres (oder auch in mittelfristigen Abständen, z.B. bis Weihnachten, bis Semesterende, bis
Ostern) erreicht haben sollen.
175
Operationalisieren = Definition von Lernzielen durch Angabe von konkret messbarem Verhalten, an dem möglichst eindeutig erkannt
werden kann, ob das Ziel erreicht wurde. Nach Mager (Weinheim 1965) ist ein Lernziel operationalisiert, wenn beobachtbares Verhalten,
Bedingungen und Bewertungsmaßstab formuliert werden.
176
Lernen findet auf verschiedenen Verhaltensebenen statt. Lernziele können folgenden Verhaltensebenen zugeordnet werden:
Wissen
Kognitive Lernebene
Inhaltlich-fachliches Lernen
Vgl. dazu auch Klippert 2001, S. 16.
70
Können
Methodisch-strategisches
Lernen
Psychomotorische Lernebene
Soziale Lernebene
(sozial-integratives Lernen)
Wollen
Affektive Lernebene
Beispiel für einen Zielekatalog für das Jahresende 3. Klasse
Wissen
Können
– Einen Frischkostsalat zubereiten können
– Drei Qualitätskriterien zu einem
– Gemüse im Dämpfereinsatz zubereiten können
Lebensmittel nennen
– Angabe weiterer Kochtechniken
– Verzehrsempfehlungen nennen
– Zu jedem Inhaltsstoff 1 Aufgabe im – Den Esstisch der Mahlzeit entsprechend decken
– Den Müll richtig trennen
Körper nennen
– Den Arbeitsplatz sachgerecht gestalten
– Eine ausgleichende Mahlzeit zu
– Anhand einer Aufgabenstellung die
einer Tagesmahlzeit angeben
Vorarbeiten, die Reihenfolge der
(fehlende LM-Gruppen aus dem
Zubereitungsschritte und die
Essenskreis)
Vollendungsaufgaben ausführen
– Mindestens 5 Produktkennzeichen
– Die Reinigungsarbeiten (Abwaschen, Möbel,
auf einer Lebensmittelverpackung
Boden, …) sachgerecht ausführen
richtig interpretieren
– Zu mindestens 5 Unfallgefahren im
– An mindestens 3 Beispielen den
Wohnbereich Vorbeugemaßnahmen angeben
Zusammenhang zwischen
– Am Beispiel eines Rezepts kritische
Ernährung und Gesundheit
Hygienepunkte angeben
aufzeigen
Wollen
– Die Arbeitsmittel für den
Unterricht mitführen
– In der Gruppe mit Freude
und Einsatz ein
gemeinsames Produkt
herstellen
– Sich bei Tisch
angemessen verhalten
– In differenzierter Weise
den Geschmack einer
Speise beschreiben
– Die am Nacharbeitenplan
festgelegten Arbeiten
gewissenhaft erledigen
Daraus lässt sich ein „Leistungspass“ (Kopiervorlage 1) erstellen, der jeder Schülerin/jedem Schüler zu Semesterbeginn
ausgehändigt wird. Schüler/innen wissen damit, welche Kriterien zu einer Beurteilung führen, und können ihr Verhalten
danach ausrichten, üben und sich zu einem individuell festgelegten Zeitpunkt zur Leistungsbeurteilung und -bestätigung
177
anmelden .
177
Dies v.a. wenn die Unterrichtsform „Lernen in Stationen“ überwiegt, wo Schüler/innen die Ziele zu unterschiedlichen Zeitpunkten
erreichen.
71
Literaturverzeichnis
Auswertungs- und Informationsdienst für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (aid) e.V.:
Ernährung im Fokus. Zeitschrift für Fach-, Lehr- und Beratungskräfte
Verbraucherdienst. Fachzeitschrift für Ernährungs- und Verbraucherthemen.
Barta U., Buchner U.: Medienpaket „Die Inhaltsstoffe unserer Nahrung“, Salzburg 2000 Bezugsadresse: [email protected]
Barta U., Buchner U.: Handlungsorientiert Lernen in Ernährung und Haushalt, Band 1 (Medienpaket mit Materialien zu 3
Unterrichtseinheiten: Getreide, Milch, Kleingeräte in der Küche). Salzburg 2002. Bezugsadresse: [email protected]
Brandauer H., Fartacek W., u.a.: Soziale Erziehung in der Schule. Wien 1983
Brettschneider V., Hübner M.: Konsum im Spannungsfeld von Ökonomie und Ökologie. Stiftung Verbraucherinstitut, Berlin 1992
Brian M.: Essen auf Rezept, Stuttgart 2000
Brunner I., Schmidinger E.: Leistungsbeurteilung in der Praxis. Der Einsatz von Portfolios im Unterricht in der Sekundarstufe I. Linz 2001
Buchner U.: Lehrerhandbuch zum Schulbuch „Du und ich - wir leben im Haushalt“, Salzburg 1993
Buchner U.: Gewusst wie! Zeitgemäße Ernährung, Verlegergemeinschaft Neues Schulbuch, Salzburg 1997
Buchner U., Schuh M.: Hauswirtschaftliche Bildung in Österreich. Hg.: BMBKW, Abt. Präs. 2, Wien 2000
Bundesministerium für Bildung, Kultur und Wissenschaft: Lehrplan der Hauptschule. Kundgemacht im Bundesgesetzblatt II Nr.134 vom 11.
Mai 2000
Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz (Hg): Kann Gesundheitsförderung Schule machen? Eine Analyse am Beispiel des
„Österreichischen Netzwerkes gesundheitsfördernder Schulen“ 2/96
Bundesministerium für Jugend und Familie, Österreichisches Statistisches Zentralamt: Wo kommt unsere Zeit hin? Das Zeit-Budget der
österreichischen Familien. Erhebungszeitraum März - September 1992.
Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft: Lebensmittelbericht Österreich. Wien 1997
Corrazza V., Daimler R. u.a.: Kursbuch Gesundheit. Köln 1990
Deutsche Gesellschaft für Ernährung (Hg): DGE-Beratungsstandards, Frankfurt 2001
Dritte Welt Haus Bielefeld: Atlas der Weltverwicklungen. Wuppertal 1992
Gräbe S. (Hg).: Private Haushalte und neue Arbeitsmodelle. Frankfurt 1995
Grell J., Grell M.: Unterrichtsrezepte. Weinheim 1996
Groot-Böhlhoff Hilka de: Ernährungswissenschaft. Europa Lehrmittel 1994
Gupfinger H., Mraz G., Werner K.: Prost Mahlzeit! Wien-München 2000
Haushalt und Bildung. Zeitschrift Schneider Verlag Hohengehren GmbH
Hierhold E.: Sicher präsentieren - wirksamer vortragen. Wien 1998
Homfeldt H.: Anleitungsbuch zur Gesundheitsbildung. Hohengehren 1993
Imfeld, A.: Hunger und Hilfe. Zürich 1985
Klippert H.: Methoden-Training. Weinheim-Basel 2000
Klippert H.: Teamentwicklung im Klassenraum. Weinheim-Basel 2001
Kluthe R. (Hg): Ernährungsmedizin in der Praxis. Band 1, 2, 3. Balingen 1993
Institut für Ernährungswissenschaften (Hg).: Österreichischer Ernährungsbereicht 1998
Jakubowitz, D.: Genuss und Nachhaltigkeit. Wien 1999
Koerber K., Männle Th., Leitzmann C.: Vollwert-Ernährung. Heidelberg 1999
Koscielny G.: Didaktik der Ernährungserziehung. München 1983
Küster Ch.: Leistungen von privaten Haushalten und ihre Erfassung in der Zeitbudgetforschung. Hohengehren 1994
Langbein K., Mühlberger M., Skalnik C.: Kursbuch Lebensqualität. Wien 1995
Methfessel B. (Hg): Essen lehren – Essen lernen. Hohengehren 1999
Methfessel B.: Hausarbeit zwischen individueller Lebensgestaltung, Norm und Notwendigkeit. Ein Beitrag zur Sozioökonomie des Haushalts.
Hohengehren 1992
Meyer H.: Leitfaden zur Unterrichtsvorbereitung. Frankfurt 1980
Meyer-Harter R. (Hg).:Hausarbeit und Bildung. Zur Didaktik der Haushaltslehre. Frankfurt 1989
Müller M.: Ernährungsmedizinische Praxis. Berlin-Heidelberg 1998
Müller-Kaspar U.: Den Haushalt managen. Konsument extra 2001
Öko-Institut e.V. (Hg): Globalisierung in der Speisekammer. Auf der Suche nach einer nachhaltigen Ernährung. Band 1 und Band 2, FreiburgDarmstadt-Berlin, o.J.
Oltersdorf U., Preiß Th. (Hg).: Haushalte an der Schwelle zum nächsten Jahrtausend. Frankfurt 1996
Österreichische Gesellschaft für zeitgemäße Ernährung (Hg): Ernährung aktuell. Informationsdienst der ÖGE
Pudel V., Westenhöfer J.: Ernährungspsychologie. Göttingen 1991
Pudel V.: Praxis der Ernährungsberatung, Berlin –Heidelberg 1985
Rapin H. (Hg).: Der private Haushalt - Daten und Fakten. Frankfurt 1990
Rapin H. (Hg).: Der private Haushalt im Spiegel sozialempirischer Erhebungen. Frankfurt 1990
Rapin H. (Hg).: Der private Haushalt im Unterricht. Eine Schulbuchanalyse aus haushaltswissenschaftlicher Sicht. Frankfurt 1990
Rützler H.: Bewusst essen – gesund leben. Wien 1995
Schek A.: Ernährungslehre kompakt. Frankfurt am Main 1998
Schlieper C.: Grundfragen der Ernährung. Hamburg 2000
Schulz v. Thun F.: Miteinander reden 1.Reinbek bei Hamburg 1994
Schweitzer R. von: Einführung in die Wirtschaftslehre des Privathaushaltes. Stuttgart 1991
Schwertfeger, G.: Haushalt heute - Haushalt morgen? München 1987
Skrobanek, H.: Didaktik des hauswirtschaftlichen Unterrichts. Hohengehren 1991
Spitzmüller E., Pflug-Schönfelder K, Leitzmann C.: Ernährungsökologie. Heidelberg 1993
72
Statistisches Zentralamt Österreich: Statistisches Jahrbuch 2000
Stiftung Verbraucherinstitut (Hg):
Umweltbezogene Werbung, Berlin 1995
Kranke Umwelt - kranke Menschen, Berlin 1995
Lernwerkstatt Ernährung, Berlin 1999
Strahm, R.: Warum sie so arm sind. Peter Hammer Verlag, Wuppertal 1985
Stübler, C.: Das Arbeitsstudium in der Hauswirtschaft,
Tappeser B. u.a.: Die blaue Paprika. Globale Nahrungsmittelproduktion auf dem Prüfstand. Basel 1999
Tornieporth, G. (Hg): Arbeitsplatz Haushalt. Zur Theorie und Ökologie der Hausarbeit. Berlin 1989
Tornieporth, G. (Hg): Studien zur Frauenbildung. Weinheim-Basel 1979
Verbraucher-Zentrale NRW (Hg):
Bärenstarke Kinderkost. Düsseldorf 2000
Bio-Kost oder Hightech-food? Düsseldorf 1999
Durchblick: Ernährung auf dem Prüfstand. Düsseldorf 2001
Gesundheitskost: gesunde Kost? Düsseldorf 2001
Lernort Schulkiosk, Düsseldorf 1995
Let’s talk about debts. Düsseldorf o.J.
Von Milchriegeln, Obstzwergen und Lachbonbons … Ernährung für Kinder im Spiegel der Werbung. Düsseldorf 2001
Was bedeuten die E-Nummern? Februar 2000
Was mag(ch) ich nur? Unterrichtsbeispiele für eine Verbraucherbildung in der Grundschule. Düsseldorf 1993
Verein für Konsumenteninformation (Hg): Konsument. Das österreichische Test-Magazin.
Wagner C.: Fast schon Food. Die Geschichte des schnellen Essens. Frankfurt 1995
Watzl B., Leitzmann C.: Bioaktive Substanzen in Lebensmitteln. Stuttgart 1995
Weinbrenner P.: Von Otto-Normalverbraucher zu Öko-Paul, Berlin 1992
Zentrum für Schulentwicklung (Hg.: BMUK): Lehrplan-Magazin
Zwirtmayr C.: Haushalten. Wien 1986
Lösungen
Arbeitsblatt 3: Empfehlungen für eine gesunde Ernährung
Getreide: täglich, zum Sattessen
Gemüse und Obst: 5 am Tag
Getränke: 1,5 l Wasser/Tag
Gewürze und Süßungsmittel: sparsam süßen, wenig Salz
Fette und Öle: sparsam verwenden
Fleisch-Fisch-EI: 1x Fisch, 2-3x Fleisch, 1-2 Eier
Milchprodukte: 2 Portionen /Tag
Arbeitsblatt 4: Die Inhaltsstoffe unserer Nahrung
Name
Stärke
Aufgaben im Körper
versorgt die Körperzellen mit Energie
Eiweiß
Baustoff für die Körperzellen
Fett
Vitamine
Mineralstoffe
Energiespeicher
regeln den Ablauf der Lebensvorgänge,
schützen vor Krankheiten
Baustoff und Schutzstoff
Wasser
Ballaststoffe
Baustoff, Lösungs- und Transportmittel
regeln den Stuhlgang
Duft-, Farb-, Geschmacksstoffe,
Schutzstoffe
regen den Appetit an, schützen vor Krankheit
empfehlenswerte Lebensmittel
Getreide (Reis, Mais, Hirse, …) Brot und Gebäck,
Teigwaren, Flocken, … Kartoffeln, Hülsenfrüchte
Milch und Milchprodukte, Fleisch, Fisch, Ei
Getreide, Hülsenfrüchte, Kartoffeln
Pflanzliche Öle, Nüsse, wenig Butter
Gemüse, Obst, Vollkorngetreide, Milchprodukte, Fleisch,
Fisch, Ei, ...
Gemüse, Obst, Vollkorngetreide, Milchprodukte, Fleisch,
Fisch, Ei, Mineralwasser, …
Wasser, Mineralwasser, Tee, verdünnte Säfte
alle pflanzlichen Lebensmittel: Gemüse, Obst,
Hülsenfrüchte, Kartoffeln, Vollkorn-Getreide
Gemüse, Obst, Kräuter,...
Arbeitsblatt 5: Die wichtigsten Garverfahren im Überblick
Bezeichnung
Kochen
Garziehen
Dünsten
Dämpfen
Garen unter Druck
Braten
Backen im Rohr
Hinweise
Deckel auflegen. Platte und Topfboden gleich groß. Ankochen auf
Stufe 3, fortkochen auf Stufe 1.
LM nicht wallend kochen.
Wenig Flüssigkeit, Deckel auflegen.
Wasser bis knapp unter den Siebeinsatz einfüllen. Deckel auflegen.
Betriebsanleitung beachten. Richtig abdampfen.
Nicht zu dunkel braten! Wasserfreie Fette verwenden.
Formen befetten oder auskleiden.
Geeignete Lebensmittel
Suppen, Eintopf
Nockerl, Knödel, Fisch
Gemüse, Fisch
Gemüse, Knödel, Kartoffeln
Kartoffeln, Hülsenfrüchte, Rindfleisch
flache Fleischstücke, Fisch, Gemüse
Gebäck, Kuchen, Fleisch, Aufläufe, …
73
Leistungspass für „Ernährung und Haushalt“
)
Melde Dich zu Beginn der Stunde, wenn Du Dich zu einer Frage prüfen lassen willst. Die
Prüfung wird Dir von mir bestätigt.
Die Verzehrsempfehlungen zu allen
Lebensmittelgruppen aufzählen
können
Vorkommen der Inhaltsstoffe:
jeweils 3 Lebensmittel nennen
Den Arbeitsplatz zu einem
vorgegebenen Rezept gestalten
Eine vollwertige Mahlzeit
zusammenstellen
Beachtenswertes beim Einkauf:
• 5 Punkte mindestens
• 10 Punkte für ein „Plus“
Gemüse dämpfen (Dämpfereinsatz)
Ein Lebensmittel nach drei
verschiedenen Gesichtspunkten
beurteilen
Zu einer vorgegebenen Mahlzeit ein
Gedeck auflegen
Die Arbeitsmappe
• vollständig
• gestalten
5 Unfallgefahren in der Küche
• aufzeigen und
• Maßnahmen zur
Unfallverhütung zeigen
Einen Arbeitsplan mit einer
Arbeitsgruppe erstellen und in
angemessener Verhaltensweise
durchführen
5 Hygieneregeln
• aufzeigen
• einhalten
Den Müll sortenrein trennen
Ein Rezept eigenständig vorbereiten
und nachkochen
Die Nacharbeiten 1,2,3,4 in der
Schulküche laut Plan korrekt
erledigen
1
1
Nacharbeit 1 = abwaschen, Nacharbeit 2 = abtrocknen und richtig einräumen, Nacharbeit 3 = Reinigung von Herd und Oberflächen,
Nacharbeit 4 = Müll, Boden, Lager versorgen.
Arbeitsblatt 1
Arbeitsblatt 2
Empfehlungen für eine gesunde Ernährung
) Beschrifte die einzelnen Lebensmittelgruppen. Notiere die Verzehrsempfehlungen.
Arbeitsblatt 3
Die Inhaltsstoffe unserer Nahrung
Name
Aufgaben im Körper
empfehlenswerte Lebensmittel
) Beschrifte die Symbole. Notiere die Aufgaben der Inhaltsstoffe. Suche zu jedem Inhaltsstoff
3 empfehlenswerte Lebensmittel.
Arbeitsblatt 4
Die wichtigsten Garverfahren im Überblick
Bezeichnung
Hinweise
Geeignete Lebensmittel
) Benenne die abgebildete Gartechnik. Notiere wichtige Hinweise. Schreibe auf, für welche
Lebensmittel die Gartechnik verwendet wird.
Arbeitsblatt 5
Die Wohnung als Lebensraum von Kindern
Überprüfe anhand der Checkliste, ob Deine Wohnung kindersicher ist. Notiere bei jenen
Punkten, die Du nicht ankreuzen kannst, Schutzmaßnahmen zur Vorbeugung von Unfällen.
Fenster durch Gitter oder kindersichere Öffnungsgriffe abgesichert?
Balkon-Gitterstäbe nicht weiter als 10 cm Abstand?
Schutzgitter vor Treppen?
Kindersicherung in den Steckdosen?
Keine frei liegenden Kabel und Schnüre (Stehlampen, Fernseher,...)?
Herdschutzgitter?
Reinigungsmittel nicht unter der Abwasch oder hinter der Toilette frei zugänglich aufbewahrt?
Medikamente für Kinder unerreichbar?
Rauchwaren, Alkohol, Zigarettenreste für Kinder unerreichbar?
Feuerzeuge, Streichhölzer, Messer, Scheren, spitze Gegenstände kindersicher aufbewahrt?
Türgitter und Ladensicherung dort, wo Kinder nicht dazudürfen?
Möbel fix montiert? Regale, die von Kleinkindern als Stehhilfe benutzt werden, dürfen nicht umfallen!
Eckenschutz bei scharfen Kanten?
Kleinteile, die verschluckt werden könnten, wegräumen!
Kindersitz im Auto?
Kindersitz und Speichenabdeckung am Fahrrad?
Arbeitsblatt 6
Herunterladen