Ernst Fuhrmann Themen- und Aufgabensammlung zur Für Abiturienten und Studienanfänger mit der Ausrichtung auf naturwissenschaftlich-technische Fachrichtungen unter Mitwirkung von Prof. Dr. rer. nat. habil. Prof. Dr. rer. nat. Prof. Dr. rer. nat. Dr. rer. nat. Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. Prof. Dipl.-Ing. Dr. rer. nat. Prof. Dr. rer. nat. Dietrich Demus Christian Jentsch Wolfgang Linden Rolf C. Mayrhofer Günter Mix Hans-Joachim Petrowitz Heinz Plagemann Christine Sögding Heiko Ukens Der Start in ein naturwissenschaftliches oder technisches Hochschulstudium ist ungeheuer spannend, kann aber auch anstrengend und fordernd sein. Mit dem Abitur haben Sie die Zugangsberechtigung zum Hochschulstudium in der Tasche. Ein unterschiedlicher Kenntnisstand, der durch verschiedene Vertiefungsrichtungen, Schulausrichtungen und Bildungspläne zustande kommt, muss aber häufig im Studium nachgearbeitet werden. Dies kann dann zusätzlich zu allen neuen Eindrücken und Anforderungen schnell auch zur Überforderung werden. Für einen flüssigen und gut vorbereiteten Start ins Studium, der alle Grundkenntnisse für ein Studium vermittelt und eine mögliche Überforderung vermeidet, wurde diese Aufgaben- und Themensammlung erstellt. Hiermit können Sie sich alle Grundlagen erarbeiten, um dann voll einsteigen und durchstarten zu können. Die Aufgaben teilen sich wie folgt auf die vier Themenbände auf: PH MA CH ME ET Teilband 1 - Physik Teilband 2 - Mathematik Teilband 3 - Chemie - Mechanotechnik Teilband 4 - Elektrotechnik Themen / Aufgaben 36 33 32 16 22 insgesamt: 139 Insgesamt 18 Hochschullehrer haben die 139 Themen und Aufgaben zur Hochschulreife zusammengestellt. Durch ihre langjährige Tätigkeit als Physiker, Chemiker und Ingenieure und ihre Erfahrung mit vielen jungen Studierenden haben sie den Überblick, welche Grundkenntnisse die zukünftigen Studentinnen und Studenten naturwissenschaftlich-technischer Fachrichtungen für den Einstieg sehr gut brauchen können. Aufgrund der verschiedenen Bildungssysteme und Ausrichtungen der gymnasialen Oberstufe konnten diese leider häufig im Vorfeld nicht ausreichend oder vollständig abgedeckt werden. Dafür haben sie die entsprechenden Themengebiete ausgewählt und passende Übungsaufgaben erstellt, die eine optimale Vorbereitung und einen flüssigen Start in das Studium ermöglichen. Die Themen- und Aufgabensammlung bietet den Lernstoff und Hintergrundwissen zum leichteren Verstehen an, um optimal für das Hochschulstudium vorbereitet zu sein. Genauso helfen die Aufgaben auch im Vordiplom eines begonnenen Studiums, um ergänzende Aufgaben zum Verstehen und Vertiefen der Themenfelder zu finden. Der Inhalt dieser Buchreihe umfasst 1112 Seiten; er wird durch mehr als 500 Bilder, Skizzen und Diagramme anschaulich erläutert und liefert mit den insgesamt über 500 Teilaufgaben und Rechenbeispielen die Möglichkeit, das vorgestellte Wissen zu vertiefen und mit den angebotenen Details leichter zu verstehen. © Copyright expert verlag, 2013. Die komplette Themen- und Aufgabensammlung zur Hochschulreife unter ebook.expertverlag.de 2 Vorwort zur Gesamtausgabe aller Teilbände Die Themen- und Aufgabensammlung zur Hochschulreife umfasst die Wissenskomplexe, die ein Studienanfänger mitzubringen hat, um sein Studium ohne Probleme beginnen und über die systematische Weiterentwicklung dieser Begriffswelten schließlich erfolgreich zum Abschluss führen zu können. Dazu zählen alle Schulfächer für den Aufbau eines allgemein gebildeten Schülers, der nach dem Schulabschluss an einer Hochschule erwünscht ist. Die vorliegende Themen- und Aufgabensammlung will davon einschränkend nur die spezifischen Teile und Grundlagen aufzeigen und als Orientierung angeben, die für Schüler und spätere Studenten naturwissenschaftlich-technischer Fachrichtungen verbindlich sind. Das umfasst die Wissensgebiete Physik, Mathematik, Chemie, Mechanotechnik und Elektrotechnik. Die Unterschiede zwischen den angegebenen Themen und Aufgaben bestehen darin, dass Themen Lehrstoff mit vermitteln und durch zahlreiche Aufgaben (mit ihren Lösungen) erläutern, während die selbständigen Aufgaben nur Teile von Themen in knapper Form behandeln, so wie es typisch für die meisten Mathematik-Aufgaben ist. Die Sammlung stellt somit wichtige Ergebnisse der genannten Fachgebiete vor, die in der Summe das Niveau (dieses Teiles) der Hochschulreife festlegen, ohne dabei die speziellen, ausführlicheren Schulbücher ersetzen zu wollen. Durch die Auswahl der Themen und Aufgaben sollte jeder interessierte Schüler trotzdem in der Lage sein, eine gewisse Übersicht zu behalten, eben nicht im Wust der Details zu ersticken und sich das angebotene Wissen in nachvollziehbaren Schritten anzueignen. Das kann mehr oder weniger Arbeitsaufwand erfordern, das kann mit oder ohne Unterstützung der Fachlehrer geschehen. Wenn diese Darstellungen teilweise schon Anforderungen genügen, die in Grundvorlesungen zu finden sind, dann ist das einmal durch die willkürlichen Grenzen im fachlichen Umfang der Hochschulreife in den einzelnen Bundesländern begründet, die einfach eine Grenzbreite erfordern, um den unterschiedlichen Anforderungen gerecht zu werden. Zum anderen wird mit der aufgezeigten Kontinuität in der Wissensvermittlung beim Übergang Schule – Hochschule die große Bedeutung der schulischen Grundausbildung für die Formung des Wissenschaftsbildes an der Hochschule unterstrichen. Und für die Fachlehrer an den Schulen bleibt die wichtige Aufgabe, auch aus dem Angebot dieser Sammlung ein Wissensangebot zu erarbeiten, aus dem der Schüler erkennt, was für ihn zunächst grundlegende Bedeutung hat, womit er ständig zu arbeiten hat, um seine Kenntnisse zu erweitern, und was er zur weiteren, eingehenderen Klärung beruhigt auf sein späteres Studium verschieben kann. Danach erscheinen folgende Abstufungen sinnvoll: a.) Angebot von Stoffteilen, für die eine nicht weiter zu vertiefende Kenntnisnahme angebracht ist (z.B. Relativitätstheorie, Quantenmechanik); © Copyright expert verlag, 2013. Die komplette Themen- und Aufgabensammlung zur Hochschulreife unter ebook.expertverlag.de 3 b.) Erlangung eines eingehenden Verständnisses zu angebotenen Stoffteilen (z.B. Atombau, Atombindungen, Festkörper-Modell, Leiter / Halbleiter / Isolatoren, Si-Planartechnik, Laser, Analytische Geometrie); c.) Selbstständiger Gebrauch, d.h. Beherrschung von angebotenen Stoffteilen (z.B. Newtonsche Axiome, Hookesches Gesetz, Ohmsches Gesetz, einfache Differentiation und Integration, einfache chemische Bindungen und MolekülStrukturen); d.) Mehr zur Theorie und zu grundlegenden Betrachtungen neigende Ausbildung der Abiturienten; e.) Mehr auf den praktischen Gebrauch und die Anwendung orientierte Ausbildung für Bewerber von Fachhochschulen. Mit diesem differenzierten Angebot gewinnt der Schüler einen Blick, ein Gefühl dafür, wo er mit seinem Wissen steht, welche Dinge er noch bis zur Hochschulreife zu erarbeiten hat und was ihn mit dem weiterreichenden Stoff zu Beginn des Grundstudiums erwartet. Es gilt die einfache Erkenntnis: Je besser und weitreichender diese Grundlagenkenntnisse bis zur Hochschulreife aufgenommen und verarbeitet werden, desto leichter ist das nachfolgende Grundlagenstudium zu absolvieren, um so sicherer wird der Student dann den neuen Anforderungen in den speziellen Vorlesungen der höheren Semester begegnen. Bei der Ausarbeitung der Themen und Aufgaben sind wir von der wichtigen Vorstellung ausgegangen, dass die Atome die wichtigsten Bausteine der Materie sind, dass diese unsere Welt formen und dass also auch wir Menschen aus diesen Atomen bestehen. Folgerichtig ist deshalb in der Physik der Aufbau der Atome mit den hier vertretbaren Mitteln erklärt, sind ihre Eigenschaften erläutert und ist ihr Zusammenschluss zu Molekülen und Festkörpern verdeutlicht worden. Schon die Griechen des Altertums (Demokrit 460-370 vor unserer Zeitrechnung) stellten sich ihre Welt aus Atomen aufgebaut vor. Sie hielten diese kleinsten Teilchen für unteilbar (atomos), hatten demnach noch keine klare Vorstellung über ihren Aufbau und ihr Verhalten. Heute wissen wir schon sehr viel über die Atome; die Atomphysik beschreibt eingehend ihren Aufbau und ihre Eigenschaften. Doch schon mit einfachen Gesetzen der Mechanik, der Elektrizitätslehre und den ersten Quantisierungsvorschriften für die Stufung der Energien der Elektronen (Elektronenbahnen) ist jedem Schüler der (historisch gewachsene) Aufbau der Atome verständlich zu machen. Und mit dieser Bohr-Rutherford-Modellvorstellung lässt sich schon vieles exakt bestimmen, lässt sich die naturwissenschaftlich-technische Vorstellungswelt weiter begründet ausbauen. © Copyright expert verlag, 2013. Die komplette Themen- und Aufgabensammlung zur Hochschulreife unter ebook.expertverlag.de 4 Die Atomistik*) – wie wir diese atomare Ausgangsbasis hier einfach bezeichnen wollen – bietet eine Vielzahl von Erklärungen für die unterschiedlichsten Erscheinungen in der Physik, in der Chemie, in der Mechanotechnik und in der Elektrotechnik. Man findet diese atomaren Grundgedanken natürlich auch in den hier vorgestellten Themen und Aufgaben wieder; verstärkt in der Physik, aber auch in den anderen Fachgebieten. Sind doch die physikalischen Ursprünge und Wurzeln dieser Fächer bekannt, und man weiß, wie sie im Laufe der wissenschaftlich-technischen Entwicklung zu selbstständigen Wissensgebieten geworden sind, die heute ihre eigenständigen, weitreichenden, neuen Erkenntnisse / Gesetze und Techniken vorstellen. Deshalb haben wir nicht nur die Themen und Aufgaben der Chemie von denen der Physik getrennt, sondern auch die der Mechanotechnik und der Elektrotechnik. Dadurch können mehr spezifisch physikalische Themen und Aufgaben in diesem Ausgangsgebiet behandelt werden. Auf der anderen Seite werden Effekte und Techniken in den (abgezweigten) Fachgebieten vorgestellt, wo sie auch heute die größere Bedeutung haben und von der Lehre her vor allem zu finden sind. Doch trotz aller Eigenständigkeit bleibt die Verbindung und Wechselwirkung mit der Physik ungebrochen. Mehr denn je zeichnet sich heute eine verständnisvolle, wirksame Zusammenarbeit zwischen den Physikern und den Fachleuten der verselbstständigten Fachgebiete ab, die einfach notwendig ist, um anstehende, komplexe Probleme in der Naturwissenschaft und Technik zu lösen. Einige Hinweise mögen das verdeutlichen: In der Chemie hat die Zusammenarbeit der Stereochemie mit der physikalischen Strukturanalyse zur Klärung des Aufbaues der Desoxyribonukleinsäure geführt und damit zum Verständnis für die Codierung des menschlichen Erbgutes; In der Mechanotechnik lieferte die Zusammenarbeit der Mechaniker und Festkörperphysiker die Methoden der Finiten Elemente und der Bruchmechanik, womit das Verhalten unserer Werkstoffe hinsichtlich ihrer zulässigen konstruktiven Beanspruchung mit einer bislang nicht gekannten Genauigkeit abgeschätzt oder vorhergesagt werden kann; In der Elektrotechnik brachte die Entwicklung der Halbleiter – insbesondere mit der Ausrichtung auf die Silizium-Planartechnik – als wertvollstes Ergebnis der Zusammenarbeit von Elektrotechnikern und Physikern die Ablösung der Elektronenröhren durch die Einführung zuverlässiger, leistungsstarker elektronischer Schaltkreise mit ihren integrierten, miniaturisierten Halbleiter*) Der Physik-Nobelpreisträger R.P. Feynman brachte die Wichtigkeit dieser atomaren Vorstellungen in seinen „Physikalischen Fingerübungen“ in folgender Form zum Ausdruck: „Wenn durch eine Katastrophe sämtliche Erkenntnisse vernichtet würden und der nächsten Generation nur ein Lehrsatz bliebe, welcher Satz könnte in wenigen Worten die meisten Informationen vermitteln? Ich glaube, das wäre die Atomhypothese (oder Atomistik, wie auch immer Sie es nennen wollen): Alles besteht aus Atomen, kleinsten Teilchen, die sich fortwährend bewegen, einander anziehen, wenn sie nur ein wenig voneinander entfernt sind, sich jedoch abstoßen, wenn man sie zu dicht zusammendrängt.“ © Copyright expert verlag, 2013. Die komplette Themen- und Aufgabensammlung zur Hochschulreife unter ebook.expertverlag.de 5 Bauelementen für die Sende- und Empfangstechnik (Rundfunk, Fernsehen, Handy etc.); Die Verfügbarkeit der schon erwähnten (speziellen) Halbleiter-Bauelemente für die Rechentechnik, die sehr schnell Rechenoperationen durchführen und Daten in großen Mengen speichern können, befähigte u.a. die Mathematiker und Physiker, die entscheidenden Voraussetzungen für die rasante Entwicklung der digitalen, elektronischen Rechentechnik zu schaffen, die wir heute in den unterschiedlichsten Wissensgebieten vorteilhaft nutzen können. Für das zuletzt genannte Fachgebiet Mathematik sind hier nur Themen und Aufgaben zusammengestellt worden, die auf eine praktische oder angewandte Mathematik ausgerichtet sind. Es fehlt in manchen Fällen die exakte, mathematische Beweisführung (lax als Epsylontik bezeichnet), die für die reinen Mathematiker unentbehrlich ist, auf die hier jedoch zugunsten einer anschaulichen ErgebnisDiskussion verzichtet wurde. Das über die Hochschulreife hinausgehende Wissensangebot führt nicht nur in das Grundstudium hinein, es gibt auch schon eine Orientierung über die einzelnen Fachgebiete, welche Kenntnisse davon für eine spätere, erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen den Absolventen der einzelnen Fachrichtungen erforderlich sind. Während jeder Student in seinen speziellen Fachrichtungs-Vorlesungen (auch in Seminaren, in Praktika und über Fachzeitschriften) mit den Details des dort vorhandenen speziellen Wissensstandes vertraut gemacht wird, kann er normalerweise bezüglich der benachbarten Fachgebiete nur auf ein (ständig zu aktualisierendes) Grundwissen vom Grundlagenstudium her zurückgreifen. Das ist die Basis, die zunächst für eine fachübergreifende Kooperation zur Verfügung steht und die vereinfachte Vorstellungen über den Erkenntnisstand und anstehende Probleme in anderen Fachrichtungen vermittelt. Der gewaltige Wissenszuwachs in unserer schnellebigen Zeit lässt nur den Weg erkennen, durch Reduzierung der Details und vereinfachende Angebote beim Fachwissen zu einer ausreichenden Übersicht auch bei Fachgebieten zu kommen, die nicht zum unmittelbaren Bereich des eigenen Fachstudiums und der gewählten, speziellen Arbeitsrichtung gehören. Aber noch ein Aspekt spricht für die Bedeutung eines hochschulreifen Grundwissens in der aufgezeigten Form: Jeder bildungswillige Bürger möchte auch ohne Hochschulstudium informiert sein, welche wichtigen Entwicklungen in den einzelnen Wissensgebieten zu verzeichnen sind und welche richtungsweisenden Ergebnisse dort geschaffen werden. Besitzt er das Wissensniveau einer Hochschulreife, sind diese Forderungen mit Hilfe populärwissenschaftlicher Vorträge und Zeitschriften schnell und vernünftig zu realisieren. Solange die Hochschulreife als Ausgangsniveau vereinbart ist, lassen sich dann auch auftretende Wissenslücken zu jeder Zeit problemlos © Copyright expert verlag, 2013. Die komplette Themen- und Aufgabensammlung zur Hochschulreife unter ebook.expertverlag.de 6 durch Nachschlagen in der Themen- und Aufgabensammlung auffüllen. (Diese Gedanken gelten letztlich für alle Naturwissenschaften. So müsste auch eine Hochschulreife als Themen- und Aufgabensammlung für die Wissensgebiete Geologie, Astronomie, Biologie und Medizin geschaffen werden.) Die vorliegende Sammlung kann vielleicht hier und dort noch durch weitere Themen und Aufgaben ergänzt werden. Die Autoren sind für derartige Hinweise dankbar, würden evtl. auch fertig ausgearbeitete Beiträge bei einer Neuauflage der Sammlung berücksichtigen. Wir wünschen uns eine gute Aufnahme dieser Arbeit bei den Schülern, die sich die Hochschulreife erarbeiten wollen, bei den Studenten der ersten Semester in naturwissenschaftlich-technischen Fachrichtungen, die gern noch einmal auf vertraute Darstellungen des Grundlagen-Stoffes zurückgreifen möchten, um den problemlosen Übergang vom schulischen Lernen zum selbstständigen Studium zu finden, und schließlich bei interessierten Laien, die sich mit der Auffrischung des schulischen Wissens bis zur Hochschulreife den Weg offen halten wollen, den Stand und die Fortschritte in der Naturwissenschaft und Technik über populär-wissenschaftliche Veranstaltungen oder Veröffentlichungen verfolgen und in den Grundzügen verstehen zu können. Allen Mitarbeitern danke ich für die spontane Bereitschaft, ihre Beiträge für diese Sammlung zur Verfügung zu stellen. Ernst Fuhrmann © Copyright expert verlag, 2013. Die komplette Themen- und Aufgabensammlung zur Hochschulreife unter ebook.expertverlag.de 7 Vorwort zum 3. Teilband – für das Wissensgebiet Chemie (a) (H.-J. Petrowitz) ) Ein kurzer Überblick zur Geschichte der Chemie Die Chemie hat im Gegensatz zur Mathematik oder Physik eine lange Zeit gebraucht, um als eigenständige wissenschaftliche Disziplin an Universitäten und Akademien anerkannt zu werden. Dieser langwierige Entwicklungsprozess ist umso bemerkenswerter angesichts der Tatsache, dass die Menschen im europäischen Raum, aber beispielsweise auch in China oder Ägypten schon von frühester Zeit an in ihrem täglichen Leben so mancherlei chemische Reaktionsabläufe nutzbringend anwandten. Dazu zählte besonders auch der vielseitige kontrollierte Umgang mit dem Feuer. Andererseits aber war für Mensch und Natur gerade das Feuer eine unheimliche Naturgewalt, deren zerstörerische Kraft nur zu gut bekannt und gefürchtet war. Die griechischen Philosophen betrachteten das Feuer neben der Erde, dem Wasser und der Luft als das 4. Element. Viel später entwickelte sich dann aus alchemistischen Vorstellungen heraus die Phlogiston-Theorie. Diese basierte auf der Vermutung, dass alle brennbaren Stoffe einen Bestandteil enthalten, der mit den Flammen entweicht, das Phlogiston. Der Franzose Lavoisier (1743-1794) war es schließlich, der als Ergebnis seiner wohl durchdachten Experimente dieser Theorie ein Ende setzte und den Verbrennungsvorgang als die Reaktion eines brennbaren Stoffes mit Sauerstoff (Oxidation) richtig deutete, und das war im Jahre 1783. Lavoisier hat übrigens wesentlich dazu beigetragen, dass viele der von Alchemisten erzielten Resultate chemischer Experimente richtig gedeutet wurden und entsprechend Beachtung fanden. Sein Verdienst war es ferner, die alchemistischen Namen von chemischen Substanzen durch eine Nomenklatur zu ersetzen, bei der die Namen der aufbauenden Elemente genannt werden, wie es im Prinzip bis heute gebräuchlich ist. Lavoisier zählt zur Reihe derer, die als Begründer einer neuzeitlichen Chemie anzusehen sind, was umso verständlicher wird, wenn man seine Blicke auf den zurückliegenden langen Zeitraum lenkt: Es ist unverkennbar, wie auf recht unterschiedliche Weise und mit ebenso unterschiedlichen Zielrichtungen „chemisch experimentiert“ wurde. Ob in Asien, im Orient oder im europäischen Raum, schon lange vor unserer Zeitrechnung waren es eher Handwerker, Bergleute oder Metallurgen, die mit Fleiß, viel Geduld und vor allen Dingen zielgerichtet z.B. Stoffe färbten, Metalle gewonnen und verarbeitet haben oder Porzellan und Keramik herstellen konnten. Später dann zur Zeit der Alchemie waren phantastisch-mystische Vorstellungen vorherrschend. Man wollte den „Stein der Weisen“ finden oder durch „Transmutation“ ein unedles Metall in „Gold umwandeln“. Und in China, wo man schon 600 Jahre v. Chr. die Porzellan - Herstellung beherrschte, versuchten die Alchemisten ein Elixier zu mischen, das „ewiges Leben“ spendet. Anfangs war die Alchemie mit ehrlichen Absichten darum bemüht. diese gesteckten Ziele zu erreichen. Dann © Copyright expert verlag, 2013. Die komplette Themen- und Aufgabensammlung zur Hochschulreife unter ebook.expertverlag.de 8 aber setzte sich allmählich die Einsicht durch, dass alle diesbezüglichen experimentellen Bemühungen zu keinem Erfolg führen. Das erkannte bereits auch Paracelsus (1493-1541), der es viel mehr verstand, Arzneimittel herzustellen und so zum Begründer der „Iatrochemie“ wurde. Den Alchemisten des mittelalterlichen Abendlandes waren Arbeitsgänge wie etwa das Destillieren, Sublimieren und Extrahieren, das Lösen und Fällen von Chemikalien, aber besonders auch die „Scheidekunst“ zur Gewinnung verschiedener Metalle aus ihren Erzen geläufig. Es war ihr unermüdliches Streben, durch Experimente und Naturbeobachtungen neue Erfahrungen und Erkenntnisse zu sammeln wie es auch Joachim Jungius (1587-1657) tat. Für ihn war zunächst die Mathematik der zentrale Ausgangspunkt naturwissenschaftlichen Denkens und erst daran anschließend kam seine „Physica generalis“ als allgemeine Naturlehre und Stoffkunde zur Geltung. Jungius war es, der beobachtete, dass ein Stoff in verschiedenen Aggregatzuständen (16. CH-Aufgabe) vorkommen kann. Nun konnte keine Rede mehr von den vier Elementen der griechischen Philosophen sein. Es war jetzt nur noch ein kleiner Schritt bis zu einer neuen Definition des Element-Begriffes durch Robert Boyle (1617-1691), der Stoffe wie Gold oder Schwefel als nicht weiter zerlegbare Bestandteile der Natur definierte und Elemente nannte. Noch immer aber trieben Gauner und Quacksalber ihr Unwesen und erschwerten der Alchemie, sich vom Image der Scharlatanerie zu befreien. Besonders auf Jahrmärkten inmitten von Musikanten und Tanzbären, von Akrobaten und Possenreißern veranstalteten sie allerlei chemischen und physikalischen Hokuspokus und verblüfften damit ihr Publikum. Auch gab es noch genügend „Schwarzkünstler“, die weiterhin von sich behaupteten, Gold herstellen zu können. Nahm man sie beim Wort, dann wurden sie schnell als Betrüger entlarvt, und so mancher bezahlte seine Großmäuligkeit mit dem Leben. In diesem Zusammenhang sei an den Apotheker Johann Friedrich Böttger (1682-1719) erinnert, der später als Alchemist mit spektakulären Versuchen zur Transmutation von Metallen viel Aufsehen erregte und die Aufmerksamkeit des preußischen Königs Friedrich I. weckte. Böttger zog es vor, nach Sachsen zu flüchten, was ihm aber wenig nützte, da er hier von August dem Starken gefangen genommen wurde. Der befreite ihn zwar von der Bürde eines „Goldmachers“, aber er verpflichtete ihn, sich intensiv mit Porzellan zu beschäftigen. So kam es, dass Böttger maßgeblich an der Herstellung des bis heute berühmten „weißen Porzellans“ aus Meißen beteiligt war. Obgleich er zum Administrator der 1710 gegründeten Porzellanmanufaktur in Meißen ernannt wurde und seinem Landesherren eine neue ergiebige Geldquelle schaffte, konnte Böttger für sich keinen wesentlichen Nutzen aus seinen erfolgreichen Arbeiten ziehen, und er starb als Gefangener. Wie anders war dagegen das Leben von Johann Kunckel (1630-1703), einem Zeitgenossen von Böttger. Kunckel war ein erfolgreicher Glasmacher, der diesem © Copyright expert verlag, 2013. Die komplette Themen- und Aufgabensammlung zur Hochschulreife unter ebook.expertverlag.de 9 Material bei seinen Arbeiten stets treu blieb. Nebenbei noch durchgeführte chemische Experimente blieben nicht ohne Erfolg, aber in keiner Weise wollte er mit der Transmutation von Metallen in Verbindung gebracht werden. In der Zeit von 1678 bis 1688 stand er in den Diensten des „Großen Kurfürsten von Preußen“ (Friedrich Wilhelm von Brandenburg, 1620-1688), der ihm die Leitung der in Potsdam befindlichen Glashütte übertrug. Hier konnte Kunckel das von ihm entwickelte und so begehrte Rubinglas produzieren. Der Fürst schenkte ihm die Pfauen-Insel an der Havel, auf der Kunckel ein Laboratorium errichtete. Nicht selten experimentierte er hier gemeinsam mit dem Fürsten. der sich freute, „wenn etwas zu stande gebracht wurde, was schön und zierlich war“. Vielleicht holte sich der Kurfürst hier auch Anregungen in eigenem Interesse: In damaliger Zeit war es nämlich üblich, dass besonders in adligen Kreisen bei gesellschaftlichen Ereignissen die Gäste mit chemischen und physikalischen Experimenten unterhalten wurden. Zieht man aus dem bisher Gesagten ein Resümee, so ist festzustellen, dass es die Alchemie über Jahrhunderte hinweg sehr schwer hatte, ein echtes Streben nach Erkenntnis glaubhaft zu machen, um als Wissenschaft anerkannt zu werden. Oftmals wurden chemische Experimente nur als Sensation wahrgenommen oder als ein Mittel der Volksbelustigung angesehen. Dazu kam dann noch das Treiben jener Alchemisten, die mit ihren betrügerischen Machenschaften lediglich für Aufsehen sorgten. Auf tragische Weise endete bekanntlich das Leben Lavoisiers während der Französischen Revolution durch die Guillotine. Es nützte ihm nichts, angesehenes Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu sein, zumal das JakobinerTribunal erklärte, dass „die Revolution keine Chemiker bräuchte“. So verlor die gerade im Aufbruch befindliche Chemie einen ihrer fähigsten Experimentatoren; die absurde Meinung der Jakobiner aber beeindruckte in keiner Weise die Chemiker des 19. Jahrhunderts! Für sie, von denen im Rahmen dieses Vorwortes leider nur ein kleiner Teil namentlich Erwähnung finden kann. war endlich der Zeitpunkt gekommen, die Chemie als Wissenschaft an den Universitäten zu etablieren. An herausragender Stelle ist hier der schwedische Chemiker Berzelius (17791848) zu nennen, dessen Experimental-Vorlesungen sich sogar zu einem gesellschaftlichen Ereignis ersten Ranges entwickelten. Von wesentlicher Bedeutung sind seine grundlegenden Erkenntnisse zur Isomerie oder Katalyse (28. CHAufgabe), aber auch die Einführung der Summenformeln für chemische Verbindungen. Ferner entdeckte er neue Elemente wie Silicium, Zirkonium, Tantal, Titan und Tellur und beschäftigte sich mit Verbindungen des Fluors, der Molybdänsäure oder mit dem Chromylchlorid. Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass es Berzelius war, der praktische Gerätschaften wie Reagenzgläser, Bechergläser, Glastrichter und auch Spritzflasche © Copyright expert verlag, 2013. Die komplette Themen- und Aufgabensammlung zur Hochschulreife unter ebook.expertverlag.de 10 oder Platintiegel für Laborarbeiten einführte. Zu seinen Schülern zählte Friedrich Wöhler (1800-1882), ein vielseitig forschender Chemiker, dem 1828 die Synthese der organischen Verbindung Harnstoff, aus der anorganischen Verbindung Ammoniumcyanat gelang, womit die sogen. vis-vitalis-Lehre durchbrochen war. Ohne Zweifel zählt Michael Faraday (1791-1867) zu den bedeutendsten Naturwissenschaftlern weltweit. Von den Ergebnissen seiner breit gefächerten wissenschaftlichen Tätigkeit soll hier die systematische Erforschung der Elektrolyse (13. CH-Aufgabe) als Grundlage für die Elektrochemie hervorgehoben werden. Zudem sei daran erinnert, dass fundamentale Begriffe wie Anion und Kation von ihm eingeführt wurden. In ähnlicher Weise hat Justus Freiherr v. Liebig (1803-1873) die Chemie in Forschung und Lehre maßgeblich geprägt. Zu seinen Verdiensten zählt die Vervollkommnung der Elementaranalyse und in diesem Zusammenhang das Beschäftigen mit vielen organisch – chemischen Verbindungen (24./26./29./30. CH-Aufgabe). Liebig begründete die Agrikulturchemie, ein Spezialgebiet, das in dieser Aufgabensammlung nicht berücksichtigt wird. In Deutschland war Liebig einer der ersten Chemie-Professoren, die das Studium der Chemie nicht nur auf Vorlesungen beschränkte, sondern ein chemisches Praktikum als Ergänzung einführte. Die Analytische Chemie beispielsweise erschließt sich dem Studierenden viel mehr durch das eigenhändige Experimentieren und weniger durch Literaturstudium; daher findet die qualitative und quantitative Analytik in dieser Aufgabensammlung höchstens einmal beiläufig Erwähnung. Justus Liebig hat viele bedeutende Chemiker ausgebildet, von denen hier nur August Kekulé (1829-1896) erwähnt sei, dem es 1865 gelungen war, die ringförmige Struktur des Benzens (veraltete Bezeichnung Benzol) und damit der aromatischen Verbindungen zu formulieren (18. CH-Aufgabe). Zu den herausragenden Ergebnissen des 19. Jahrhunderts zählt schließlich die Aufstellung des Periodischen Systems der Elemente (01. CH-Aufgabe) durch Dmitrij Ivanovic Mendelejew (1834-1907) im Jahre 1869. Als im Jahre 1901 zum ersten Mal der Nobelpreis verliehen wurde, war der in Holland geborene Chemiker vant’Hoff (1852-1911) unter den Preisträgern, der wesentlich zur Entwicklung der Stereochemie beigetragen hat. Im darauf folgenden Jahr ging der Nobelpreis dann an Emil Hermann Fischer (18521919) als Auszeichnung für die von ihm durchgeführten Polypeptid-Synthesen, die später Bausteine für die Proteine (27. CH-Aufgabe) waren. In der Namensliste bedeutender deutscher Chemiker ist der Name Fischer übrigens zehnmal vertreten, wobei noch zwei weitere der Namensträger mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurden (Hans Fischer, Nobelpreis 1930; Ernst Otto Fischer, Nobelpreis 1973). Schließlich sei an den Namen Franz Fischer (1877-1947) und in diesem Zusammenhang an die Fischer-Tropsch-Synthese erinnert (28. CH-Aufgabe). © Copyright expert verlag, 2013. Die komplette Themen- und Aufgabensammlung zur Hochschulreife unter ebook.expertverlag.de 11 Im 19. Jahrhundert waren es vielfach die Chemiker an den Universitäten, die durch ihr erfolgreiches Experimentieren der Chemie als Wissenschaft Geltung verschafften. Im Prinzip blieb das auch im 20. Jahrhundert so, doch es entwickelte sich jetzt zunehmend eine intensive Forschungstätigkeit in den Laboratorien der Industrie, die teilweise in enger Zusammenarbeit mit Hochschul-Instituten erfolgte. Als treffendes und bedeutsames Beispiel soll hier die Haber-BoschAmmoniaksynthese genannt werden. Diese und andere großtechnisch betriebene Synthesen zur Gewinnung anorganischer oder organischer Chemikalien werden im Rahmen dieser Sammlung behandelt (19./20./21./24./28.CH-Aufgabe), wobei besonders auf die Bedeutung der Kunststoffe hingewiesen sei. Die Grundlagenforschung geht auf diesem Gebiet besonders auf Hermann Staudinger (18811965, Nobelpreis 1953) zurück, der auch den Namen Makromolekül prägte. Von den allgemein bekannten Kunststoffen begann bereits 1907 die technische Herstellung des von Leo Hendrick Baekeland (1863-1944) entwickelten PhenolFormaldehyd-Kondensationsproduktes Bakelite. Es folgte im Jahre 1913 das von Fritz Klatte (l880-1934) hergestellte Polyvinylchlorid (PVC) und später dann die Polyamidfaser Nylon (Erfinder: Wallace Hume Carothers, 1896-1937) und die Perlon-Faser (Erfinder: Paul Schlack, 1897-1987). Die Entscheidung fällt schwer, welche der oft bahnbrechenden Forschungsergebnisse aus der Fülle der Möglichkeiten hervorgehoben werden sollen. Von großer Bedeutung für die Chemie ist die von Sir Derek Harold Richard Barton (1918-1998, Nobelpreis 1969) im Jahre 1950 veröffentlichte Konformationstheorie. Als beachtenswert muss neben wesentlichen Arbeiten für die Entzifferung des genetischen Codes besonders die erste Synthese eines Gens hervorgehoben werden, die Har Gobind Khorana (geb. 1822, Nobelpreis 1968) im Jahre 1970 gelungen ist. Nur zwei Jahre später war es Robert Burns Woodward (1917-1979, Nobelpreis 1965), dem gemeinsam mit Albert Eschenmoser die Totalsynthese des Vitamin B12 gelang. ) Aufteilung und Schwerpunkte in der Darstellung der Chemie Bei manchen Aufgaben dieser Sammlung fällt es schwer, sie im Bereich eines bestimmten Fachgebietes festzulegen. So ist z. B. der Anteil der chemischen Entwicklungsarbeit bei der klassischen, analogen Fotografie sehr hoch einzuschätzen, obwohl uns didaktische Gründe veranlassten, eine diesbezügliche Aufgabe bei der Physik einzuordnen (15. PH-Aufgabe). Ähnlich verhält es sich bei der Kernspaltung durch Otto Hahn (06. PH-Aufgabe). Weiterhin sei bemerkt, dass in diesem Vorwort bewusst auch Dinge angesprochen worden sind, die in keinem Bezug zu bestimmten Aufgaben dieser Sammlung stehen, wohl aber als eine Anregung zum Nachlesen angesehen werden sollten. © Copyright expert verlag, 2013. Die komplette Themen- und Aufgabensammlung zur Hochschulreife unter ebook.expertverlag.de 12 In der anliegenden Übersicht, in der die üblichen Teilgebiete der Chemie aufgeführt sind, erkennt man auch die jeweilige Zuordnung unserer CH-Themen/ Aufgaben. Verständlich, dass bei den ersten zwei Teilgebieten die Grundlagen nicht mehr aufgeführt sind, die bereits bei den Physik-Aufgaben abgehandelt wurden. Dazu zählen Atomaufbau, Bindungsarten der Atome, atomare Strahlungsemission etc. Es war das Bestreben, den Stoffumfang nicht zu stark anwachsen zu lassen, aber dennoch alle wichtigen Chemie-Themen zu berühren bzw. zu erläutern, über die ein Schüler mit Hochschulreife informiert sein sollte. © Copyright expert verlag, 2013. Die komplette Themen- und Aufgabensammlung zur Hochschulreife unter ebook.expertverlag.de 13 Vorwort zum 3. Teilband – für das Wissensgebiet Mechanotechnik (b) ) Ein kurzer Überblick zur Geschichte der Mechanotechnik Auch hier finden sich die Anfänge in der Antike. Die schon in der Geschichtsübersicht der Physik genannten ersten Naturforscher haben auch Prinzipien der klassischen 1) Mechanik vorgestellt. So konnte der Grieche Thales von Milet (624-546 v.Chr. ) über seine mechanischen Beobachtungen/ Berechnungen zur Bewegung der Himmelskörper bereits eine Sonnenfinsternis (der Erd-Mond schiebt sich durch die Sichtachse Erdbeobachter - Sonne) voraussagen. Der Sizilianer Archimedes (etwa 267-212 v.Chr.) formulierte die Hebelgesetze und benutzte den Flaschenzug. Der Ägypter Heron von Alexandria (1. Jahrhundert n.Chr.) fasste die damals bekannten Gesetze der Mechanik schon in einer Schriftenreihe zusammen. Erst im Mittelalter baute der Italiener Galileo Galilei (1564-1642) die Kenntnisse über die Mechanik mit den Gesetzen zur Pendelbewegung und zum freien Fall weiter aus. Der Engländer Isaak Newton (1643-1727) 2) fixierte u.a. die grundlegenden, sogen. Newtonschen Axiome und das Gravitationsgesetz. Von den Extremal-Prinzipien seien hier das d'Alembertsche Prinzip des Franzosen Jean d'Alembert (1717-1783) und der Satz von Hamilton, des Engländers William Rowan Hamilton (1805-1865), erwähnt. Wesentliche Beiträge zur Himmelsmechanik und zur Entstehung von Sonnensystemen lieferte der Franzose Pierre Simon de Laplace (1749-1827). In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, in die auch die Arbeiten des Franzosen Simon Denis Poisson (1781-1840); 3) fielen, erreichte die klassische Mechanik einen gewissen Abschluss. Das zunehmende Interesse fokussierte sich jetzt mit der wachsenden Industrialisierung zum Abschluss des 19. Jahrhunderts und am Anfang des 20. Jh. auf die sogen. Technische Mechanik. Sie befasst sich vor allem mit Fragen der Festigkeit normaler (metallischer) Werkstoffe, die für Gebäude, Maschinen, Brücken, Schiffe etc. von Bedeutung sind. Parallel dazu musste man sich erweiternd der relativistischen Mechanik zuwenden, die von der Relativitätstheorie und der Quantenmechanik entwickelt wurde und deren Bedeutung in atomaren Dimensionen, aber auch in Dimensionen des Weltalls (Astronomie, Kosmologie) liegt. ) Aufteilung und Schwerpunkte in der Darstellung der Mechanotechnik Bleiben wir also bei der klassischen Mechanik. Hier ist vor allem die Klärung der Begriffe Kraft und Moment wichtig. Ihre Summenwirkung am ruhenden, starren 1) Im Gegensatz zu der später entwickelten relativistischen Mechanik (zur Relativitätstheorie gehörig) soll hier nur der erste, ursprüngliche, klassische Mechanik-Teil betrachtet werden. 2) Siehe ME-Aufgabe 01 3) Poissonsche Zahl: Das Verhältnis von Querdehnung zur Längsdehnung an einem gezogenen Stab ; d : L P d © L Copyright expert verlag, 2013. Die komplette Themen- und Aufgabensammlung zur Hochschulreife unter ebook.expertverlag.de 14 Körper entscheidet darüber, ob er gegenüber Verschiebung oder Drehung im Gleichgewicht ist 1) , also in Ruhe bleibt, oder ob er sich im Ungleichgewicht befindet 2) , also in Bewegung setzt. Den Gleichgewichtsfall berechnet und strebt man in der Statik an; der Ungleichgewichtsfall führt zu den Gesetzen der beschleunigten Bewegung in der Dynamik. Diesen Komplexen ist ein Großteil der nachfolgenden, einführenden MEAufgaben gewidmet. Die Mechanik befasst sich heute auch mit dem Verhalten von Schüttgütern, sie deutet die Kräfte und Bewegungen in Gesteinsschichten, in Eismassiven (Gletschern), in Kontinentalschollen, aber auch bei riesigen Körpern/ Massenanhäufungen im Weltall (Makromechanik; Mehrkörperprobleme). Selbst in kleinsten Dimensionen der Mikroelektronik sorgt die Mikromechanik für die zuverlässige Ausbildung von Strukturen im Silizium, die meist als Stellglieder zur Steuerung mechanischer Vorgänge in Mikro-Dimensionen arbeiten müssen. Ein besonders wichtiges Teilgebiet der Mechanik ist die Festigkeitslehre. Man berechnet hier die Belastungsgrenze eines beliebig geformten, komplex belasteten Körpers/ Bauteiles. Sie drückt sich in bestimmten Spannungs- bzw. Verformungshöhen in kritischen Punkten dieser beanspruchten Körper, Bauteile, Brücken, Maschinen etc. aus. Diese Werte sind sorgfältig genau zu bestimmen. Das ist die Kernaufgabe der sogen. Technischen Mechanik. Erleichtert wird diese Aufgabe, wenn man dabei auf den Gebrauch der sogen. Finite-Elemente- Methode (FEM) und auf die Bruchmechanik zurückgreifen kann. Das sind wertvolle Hilfen, um diese kritischen Spannungs- und Verformungshöhen mit erstaunlicher Genauigkeit festzulegen. Gleichzeitig gestattet die Ermittlung der Belastungsgrenzen, Sicherheits- und Zuverlässigkeitsgarantien für technisch- mechanische Bauteile, Geräte, Fahrzeuge etc. auszusprechen. Der Verbraucher macht sich allgemein wenig Gedanken über die Wege, um zu Qualitätsgarantien zu kommen, d.h. über die Verfahrenswege der Technischen Mechanik. Wir beschränken die Hinweise zur Festigkeitslehre hier in der Aufgabensammlung auch nur auf die Vorstellung des einfachen Hookeschen Gesetzes 3). Unsere ME-Aufgaben sind meist zur Einführung auf die Teilgebiete Statik, Kinematik, Dynamik und Kinetik ausgerichtet. Die nachfolgende Übersicht zeigt die Teilgebiete der Mechanik mit der Zuordnung unserer ME-Aufgaben. Daraus wird deutlich, welche erste, einführende Funktionen diese ME-Aufgaben besitzen und welche Teilgebiete der Mechanik hier überhaupt nicht berührt werden. 1) Fi 0 ; Mi 0 2) Fi 0 ; Mi 0 3) Siehe ME-Aufgabe 12 © Copyright expert verlag, 2013. Die komplette Themen- und Aufgabensammlung zur Hochschulreife unter ebook.expertverlag.de 15 Themen u. Aufgaben des 3. Teilbandes – für das Wissensgebiet (a) Chemie 01. CH-Aufgabe: 02. CH-Aufgabe: 03. CH-Aufgabe: 04. CH-Aufgabe: 05. CH-Aufgabe: 06. CH-Aufgabe: 07. CH-Aufgabe: 08. CH-Aufgabe: 09. CH-Aufgabe: 10. CH-Aufgabe: 11. CH-Aufgabe: 12. CH-Aufgabe: 13. CH-Aufgabe: 14. CH-Aufgabe: 15. CH-Aufgabe: 16. CH-Aufgabe: 17. CH-Aufgabe: 18. CH-Aufgabe: 19. CH-Aufgabe: 20. CH-Aufgabe: 21. CH-Aufgabe: 22. CH-Aufgabe: 23. CH-Aufgabe: 24. CH-Aufgabe: 25. CH-Aufgabe: 26. CH-Aufgabe: 27. CH-Aufgabe: 28. CH-Aufgabe: 29. CH-Aufgabe: 30. CH-Aufgabe: 31. CH-Aufgabe: 32. CH-Aufgabe: © Periodensystem der Elemente Gase Molekulare Bindung Massenanteil Volumenanteil und Dichte Zustandsgleichung idealer Gase Stoffmengen Stoffmengenbeziehungen Molare Massen Stoffmengenanteil Stoffmengenkonzentration I Stoffmengenkonzentration II Elektrolyse Korrosion Akkumulator Aggregatzustände, Phasendiagramm Kohlenwasserstoffe I Kohlenwasserstoffe II Makromolekulare Stoffe I Makromolekulare Stoffe II Hochpolymere / Feste Kunststoffe Flüssige Kristalle – Grundlagen Anwendungen flüssiger Kristalle Carbonsäuren Aminosäuren Alkohole Proteine Katalyse Aldehyde und Ketone I + II Kohlenhydrate Glas Bauchemie Copyright expert verlag, 2013. Die komplette Themen- und Aufgabensammlung zur Hochschulreife unter ebook.expertverlag.de 18 23 39 50 51 52 54 55 56 59 60 61 62 64 68 70 78 85 89 93 97 107 113 118 129 136 145 154 161 169 179 194 16 Themen u. Aufgaben des 3. Teilbandes – für das Wissensgebiet (b) Mechanotechnik 01. ME-Aufgabe: 02. ME-Aufgabe: 03. ME-Aufgabe: 04. ME-Aufgabe: 05. ME-Aufgabe: 06. ME-Aufgabe: 07. ME-Aufgabe: 08. ME-Aufgabe: 09. ME-Aufgabe: 10. ME-Aufgabe: 11. ME-Aufgabe: 12. ME-Aufgabe: 13. ME-Aufgabe: 14. ME-Aufgabe: 15. ME-Aufgabe: 16. ME-Aufgabe: Newtons Axiome Hebelgesetze Beschleunigung Kräfte Technisches Darstellen I Technisches Darstellen II Haftreibung I Haftreibung II Schiefe Ebene Karussell Pendel / Energie und Impuls Hookesches Gesetz Zentralbewegung Linearbewegung Rotationsbewegung Körperschwerpunkt Themen und Aufgaben des 1. Teilbandes - Physik Themen und Aufgaben des 2. Teilbandes - Mathematik Themen und Aufgaben des 4. Teilbandes - Elektrotechnik Einheiten, Relationen und Symbole Autoren aller Teilbände © Copyright expert verlag, 2013. Die komplette Themen- und Aufgabensammlung zur Hochschulreife unter ebook.expertverlag.de 214 223 225 227 232 236 239 242 243 246 248 250 257 261 267 272 274 276 277 278 281 17 1. CH-Aufgabe: Periodensystem der Elemente (E. Fuhrmann) Nach dem Bohr-Rutherford’schen Atommodell ist jedes Atom der irdischen Materie aus einem positiv geladenen Atomkern (positiv geladene Protonen + elektrisch neutrale Neutronen) und einer negativen Elektronenhülle ( Aufgabe 1 und 2 Physik) aufgebaut. Beim ungestörten Atom kompensieren sich die in gleicher Zahl vorhandenen elektrischen Ladungen der Protonen im Kern mit denen der Hüllenelektronen, so dass das Atom nach außen hin elektrisch neutral erscheint. Es gilt nun ein einfaches Aufbauprinzip, wonach das Atom eines jeden Elements (etwa 100 Elemente sind bekannt) aus einer bestimmten Zahl von Protonen (1 Masseneinheit = 1,6598 · 10-24 g; elektrische Ladung = +1,6 · 10-19 As) im Kern und der entsprechenden Zahl von Elektronen (1/1836 von 1 Masseneinheit; elektrische Ladung = -1,6 · 10-19 As) in der Elektronenhülle besteht. Die Zahl der Neutronen (1 Masseneinheit = 1,6598 · 10-24 g) im Kern verhindert mit ihren Austauschkräften die gegenseitige Abstoßung der gleichartig geladenen Protonen. 1.1 Kennzeichnen Sie die ersten vier Atomarten / Elemente des Periodensystems nach ihrem Aufbau und skizzieren Sie die Anordnung der Bausteine in ebener Darstellung. 1.2 Bei der Teilaufgabe a) ist die K-Schale maximal mit 2 Elektronen, die L-Schale maximal mit 8 Elektronen zu besetzen. Allgemein gilt für die maximale Besetzung der einzelnen Elektronenschalen 2n2 (n: Hauptquantenzahl mit 1, 2, 3, 4... für die K-, L-, M-, N-... Schale). Kennzeichnen Sie danach die Atomarten / Elemente mit der Ordnungszahl 8 Sauerstoff O (8 Protonen im Kern) und mit der Ordnungszahl 29 Kupfer Cu (34 Neutronen im Kern) auch in der Besetzung ihrer Elektronenschalen. Weshalb wird bei Kupfer 63,29 57 Cu angegeben? 1.3 Prüfen Sie bei den Edelgasen 2 4,003 He - Helium, 10 20,183 Ne - Neon, 18 39,944 A - Ar- gon, 8336 ,7 Kr - Krypton, ob allein die Vollbesetzung der Hauptschalen oder auch die Besetzung der äußersten Schale mit 8 Elektronen für den reaktionsträgen, edlen Charakter dieser Atome verantwortlich ist. Welche Bedeutung hat die Wertigkeit der Atome für die Molekülbindung? © Copyright expert verlag, 2013. Die komplette Themen- und Aufgabensammlung zur Hochschulreife unter ebook.expertverlag.de 18 1.4 Die Austauschkräfte der 146 Neutronen im Kern des Uran-Atoms 238,92 07 U können die Abstoßungskräfte der 92 Protonen im Kern gerade noch kompensieren. 92 Wenn sich aber an einem Isotop 235 U ein langsames, thermisches Neutron anlagert (O. Hahn), wird das Gleichgewicht so gestört, dass der Kern „zerplatzt“, sich 55 z.B. in die zwei neuen Kernteile (Atome) Cäsium 140 Cs und Rubidium 37 94 Rb spaltet. Stellen Sie diese Anlagerung und den Zerfall in Form einer Gleichung dar. Lösung: Zu 1.1 Hydrogenium / Wasserstoff (Abb. 1.1a1) Helium (Abb. 1.1a2) Lithium (Abb. 1.1a3) Beryllium (Abb. 1.1a4) Zahl der Protonen im Kern / Ordnungszahl im Periodischen System der Elemente 1 H 1 Zahl der atomaren Masseneinheiten*) im Kern (Protonen + Neutronen) 2 He 4 (4-2 = 2 Neutronen im Kern) 3 Li 7 (7-3 = 4 Neutronen im Kern) 4 Be 9 (9-4 = 5 Neutronen im Kern) usw.! Zu 1.2 Für das Sauerstoff-Atom O (Oxygenium) findet sich im Periodensystem die Angabe 168 O , d.h. es steht an achter Stelle, besitzt 8 Protonen im Kern (+ 8 Neutronen) und die acht Elektronen verteilen sich in der Hülle auf (2n2) K-Schale (n = 1) : 2 Elektronen L-Schale (n = 2) : 8 Elektronen maximal, d.h. die Schale ist nur mit 6 Elektronen besetzt. *) relative Atommasse © Copyright expert verlag, 2013. Die komplette Themen- und Aufgabensammlung zur Hochschulreife unter ebook.expertverlag.de 19 Für das Kupfer-Atom Cu gilt die Angabe 63,29 57 Cu , d.h. es befinden sich 29 Protonen im Kern, also auch 29 Elektronen in der Hülle. Die Elektronen verteilen sich wie folgt: 2 12 2 auf die K-Schale (maximal), 2 22 8 auf die L-Schale (maximal), 2 32 18 auf die M-Schale (maximal) 1 auf die N-Schale. Der von der ganzen Zahl abweichende Wert bei der Massezahl deutet darauf hin, dass es Kupferatome mit der Massezahl 63 und 64 gibt, die also jeweils 34 bzw. 35 Neutronen im Kern besitzen. Statistisch kommen so auf 100 Cu-Atome 43 mit 29 der Kennzeichnung 29 63 Cu und 57 mit 64 Cu . Sie stehen zusammen auf Platz 29 des Periodensystem der Elemente*), weil beide Atomarten wegen der gleichen Elektronenhülle identische chemische Eigenschaften aufweisen. Zu 1.3 Während bei Helium- und Neon-Atomen noch die Vollbesetzung der K-Schale mit 2 Elektronen bzw. der L-Schale mit 8 Elektronen gegeben ist, tritt ab Argon die Besetzung der äußeren M-Schale nur mit 8 Elektronen in Erscheinung, bei Krypton sind nur 8 Elektronen in der äußeren N-Schale. Man spricht von einer Oktett-Struktur der äußeren Elektronenschalen, die sehr stabil ist und bei der allgemeinen Molekülbindung dann in dieser Besetzung angestrebt wird ( Wertigkeit der Atome für die Molekülbindung). Zu 1.4 92 0 92 55 37 0 235 U 1n236 U*140 Cs 94 Rb 2 1 n 200MeV Stets muss die Gleichung der Protonenzahlen in der oberen Indizierung und in der unteren für die Massezahlen erfüllt sein. Bei der Spaltung des instabilen 92 236 U * -Kernes entstehen die zwei neuen Atomarten, es werden zwei schnelle Neutronen freigesetzt und ein Energiebetrag von 200 MeV heizt die Umgebung auf. - e 1 1 - H 2 ·n + p e - e 2 · p+ 2 4 He K-Schale Abb. 1.1a1) Hydrogenium / Wasserstoff *) Abb. 1.1a2) Helium Das gesamte Periodensystem der Elemente im Anhang! © Copyright expert verlag, 2013. Die komplette Themen- und Aufgabensammlung zur Hochschulreife unter ebook.expertverlag.de 20 e 4 ·n e 3 ·p - e 5 ·n e e Abb. 1.1a: - + 3 Li 7 Abb. 1.1a3) Lithium - - 4 ·p e - + - e - 4 Be 9 Abb. 1.1a4) Beryllium L-Schale Aufbau der ersten Elemente / Atome des Periodischen Systems Das Periodensystem der Elemente auf der nächsten Seite – Abb. 1.1b – zeigt für die Atome der einzelnen Elemente (Kürzel) links oben ihre Ordnungszahl (Zahl der Protonen im Kern) und links unten ihre Massenzahl *) (Zahl der Protonen und Neutronen im Kern). Die Abweichung der Massenzahlen von den normal zu erwartenden ganzen Zahlen (mProton = 1, mNeutron = 1) bei einem bestimmten Element deutet die Anwesenheit von Isotopen (am gleichen Ort des Systems stehend) an, deren geringer prozentualer Gehalt mit der abweichenden Neutronenzahl diese Abweichung erklären (z.B. gibt es neben der überwiegenden Anzahl von Atomen mit 30 30 65 Zn (35 Neutronen im Kern) auch diese: 66 Zn , also mit 36 Neutronen im Kern. Das normale Atomgemisch von Zink hat daher die Kennzeichnung 30 65,38 Z ). Die Perioden im System sind durch den weitgehend ähnlichen Aufbau der Elektronenhüllen der dort stehenden Atome bestimmt, was sich dann auch im ähnlichen chemischen Verhalten dieser Atome ausdrückt. *) relative Atommasse © Copyright expert verlag, 2013. Die komplette Themen- und Aufgabensammlung zur Hochschulreife unter ebook.expertverlag.de 21 © Copyright expert verlag, 2013. Die komplette Themen- und Aufgabensammlung zur Hochschulreife unter ebook.expertverlag.de 22 1. ME-Aufgabe: Newtons Axiome (E. Fuhrmann) Der englische Physiker Isaac Newton (1642-1727)*) hat durch grundlegende mechanische Experimente und Analysen drei elementare Gesetzmäßigkeiten gefunden und beschrieben, die bis heute ihre Bedeutung behalten haben. Da diese Prinzipien (Axiome) in der Mechanik von Wichtigkeit sind, sollen sie hier mit Erläuterungen vorgestellt werden. Damit die hier in der deutschen Übersetzung gegebenen Texte auch mit Hilfe mathematischer Formeln ausgedrückt werden können, soll daran erinnert werden, dass ein Körper durch seine Masse m [kg], in seiner (geradlinigen) Bewegung durch die Geschwindigkeit v [m/s], durch seinen Bewegungszustand, das ist der Impuls als Produkt von Masse und Geschwindigkeit, I m v[kg m / s] , zu charakterisieren ist. 1.1 Newton I (Trägheitsprinzip) „Ein Körper verharrt im Zustand der Ruhe oder der geradlinig, gleichförmigen Bewegung, solange er nicht durch (äußere) Kräfte gezwungen wird, diesen Zustand zu ändern.“ Dies lässt sich mathematisch in der Form ausdrücken: Bei Abwesenheit von äußeren Kräften Fi**) gilt I m v const . Aufgabe 1.1.1 Ein PKW mit einer Gesamtmasse m = 1000 kg fährt mit einer konstanten Geschwindigkeit v = 72 km/h auf ebener Strecke geradlinig vorwärts. Wie groß ist sein Impuls und welche (äußeren) Kräfte wirken auf ihn ein? Der Impuls beträgt I m v 1000 kg 20 m 20000 kg m const . s s Da in diesem Falle die Antriebskraft des Motors F1 gleich der gesamten Reibungskraft (Rollreibung der Reifen, Gleitreibung der Lager, Luftreibung) ist, gilt F1 = F2 oder F1 – F2 = 0 = Fres, d.h. es existiert keine resultierende Kraft! *) Julianischer Kalender Gleichbedeutend ist, wenn zwar äußere Kräfte da sind, sie sich in ihrer Wirkung aber aufheben, also keine resultierende Kraft vorhanden ist: Fi 0 Fres . **) © Copyright expert verlag, 2013. Die komplette Themen- und Aufgabensammlung zur Hochschulreife unter ebook.expertverlag.de 23 Aufgabe 1.1.2 Eine glatte Eisenkugel (r = 0,5 cm / Eisen 7,8 103 kg / m³ ) wird in Wasser (20°C) geworfen und sinkt dann mit konstanter Geschwindigkeit v = 3,85 cm/s *) auf den Grund. Wie groß ist ihr Impuls und welche Kräfte wirken auf sie ein? Ihr Impuls beträgt I m v 4,08 g 3,85 cm s I 1,57 10 4 kg m . s Die Gewichtskraft der Kugel F1 4 r 3 Eisen g* muss in diesem Falle gleich 3 der Summe von Auftrieb F2 4 r 3 Wasser g* (g* 9,81 m/s² als Erdbe3 schleunigung) und Reibungskraft F3 6 v r (Stokes / Wasser hat bei 20°C eine dynamische Zähigkeit 0,01 Poise 9,62 N s 2 **)): m F1 F2 F3 oder F1 F2 F3 0 Fres . D.h. es wirkt in der Summe keine resultierende Kraft, und die Kugel bewegt sich deshalb mit der konstanten Geschwindigkeit v nach unten. Aufgabe 1.1.3 Für ein ruhendes Auto (mAuto) und für eine ruhende Kugel (mKugel) am Grunde ist v = 0; damit sind ihre Impulse, ihre Bewegungszustände auch gleich 0. Es ist also I mAuto v mKugel v 0 . 1.2 Newton II (Aktionsprinzip) „Der Betrag der Änderung des Bewegungszustandes eines Körpers (m) ist der Kraft proportional, die diese Änderung hervorruft, und vollzieht sich in Richtung der geraden Linie, in die die Kraft wirkt.“ Das lässt sich mathematisch in der Form ausdrücken: Unter der Wirkung einer (äußeren, resultierenden) Kraft F ändert der Körper zeitlich seinen Bewegungszustand I F d d dv I (m v) m mb, dt dt dt was u.a. zu der einfachen Aussage führt: d.h. Kraft = Masse · Beschleunigung b [m/s²]. *) F mb , * 2 2 ( Fe H 2O ) g r v 9 **) Die Umrechnung der Poise-Werte in die Werte des m kg s – Systems verlangt die Multiplikation des PoiseWertes mit 962! © Copyright expert verlag, 2013. Die komplette Themen- und Aufgabensammlung zur Hochschulreife unter ebook.expertverlag.de 24 Aufgabe 1.2.1 Wie groß ist die (resultierende) Kraft F auf einen PKW mit der Masse m = 1000 kg, der aus der Ruhe (v = 0) in t = 10 s auf eine Geschwindigkeit v = 72 km/h ( km 1000 m 72 000 m v 72 72 20 m ) beschleunigt wird. Die Beschleus h 60 min 60 60 s nigung als Geschwindigkeitsänderung in der Zeiteinheit berechnet sich zu dv b oder hier einfacher mit den Differenzen (Abb. 1.2.1) dt Lösung: m m v 20 s 0 s b tan 2m . s² t 10 s Damit bestimmt sich die wirkende Kraft F zu F m b 1000 kg 2 m 2000 kg m s s² F 2000 N . v v= 72 km/h v v=0 0 t 10 s t Abb. 1.2.1: Beschleunigungsvorgang aus der Ruhe (v = 0) mit der konstanten Geschwindigkeitszunahme v und der Zeiteinheit t. v b tan const t Aufgabe 1.2.2 Eine Eisenkugel wird von einem hohen Turm fallen gelassen. Durch die wirkende Anziehungskraft der Erde – durch die Gewichtskraft FE – fällt sie beschleunigt. Nach der 1. Sekunde ist sie s1 = 4,905 m, nach der 2. Sekunde insgesamt s2 = 19,62 m, nach der 3. Sekunde insgesamt s 3 = 44,145 m tief gefallen und so weiter (Abb. 1.2.2) (die Luftreibung soll hier vernachlässigt werden, so dass man vom „freien Fall“ spricht). Wie groß ist die auf die Kugel wirkende Beschleunigung? © Copyright expert verlag, 2013. Die komplette Themen- und Aufgabensammlung zur Hochschulreife unter ebook.expertverlag.de 25 b 2s t² b berechnet sich diese spezielle Beschleunigung 2 t² an der Erdoberfläche, die wir als Erdbeschleunigung b = g* bezeichnen, Mit der Formel s nach der 1. Sekunde zu s1 4,905 m nach t1 = 1s g* 2s1 2 4,905 m m 9,81 , 1s² 1s ² s² nach der 2. Sekunde zu s2 g* 19,62 m nach t2 = 2s nach der 3. Sekunde zu g* s3 44,145 m nach t3 = 3s 2s2 2 19,62 m m 9,81 , 4 s² 4 s² s² 2s3 2 44,145 m m 9,81 . 9 s² 9 s² s² Sie ist also konstant. Deshalb ergibt sich für die ebenfalls konstante Gewichtskraft an der Kugel: m FG m b m g* 1 kg 9,81 s² kg m FG 9,81 9,81 Newton s² FG 9,81 N . Abb. 1.2.2: Fallbewegung einer Kugel an der Erdoberfläche. Aufgabe 1.2.3 Ein PKW (m = 1000 kg) wird – unter Vernachlässigung aller Reibungskräfte außer den an den Bremsen – von einer Geschwindigkeit v1 = 72 km/h (20 m/s) in t = 5 Sekunden auf v2 = 36 km/h (10 m/s) abgebremst. Wie groß ist die hierbei auftretende Verzögerung (negative Beschleunigung) und welche Bremskraft FB ist dabei wirksam? © Copyright expert verlag, 2013. Die komplette Themen- und Aufgabensammlung zur Hochschulreife unter ebook.expertverlag.de 26 v + v1 = 72 km/h v2 = 36 km/h v t b tan( ) b tan t = 5s v t v t t Abb. 1.2.3: Bremsvorgang mit Verzögerung, d.h. negative Beschleunigung. Nach Abb. 1.2.3 muss für tan = b hier der negative Winkel (im Uhrzeigersinn drehend / mathematisch positiv wäre gegen den Uhrzeigersinn drehend!) genommen werden: v tan( ) b tan b t 20 m 10 m 10 m v1 v 2 s s s b 2 m . b tan s t 5s 5s Die Bremskraft lautet damit FB m b 1000 kg ( 2 m ) 2000 kg m s² s² FB 2000 N . Das negative Vorzeichen von FB zeigt an, dass diese Bremskraft gegen die Fahrtrichtung wirkt. Aufgabe 1.2.4 Zwei Massen m1 und m2, die an einer festen Rolle in der Abb. 1.2.4a hängen, sind im Kräftegleichgewicht ihrer Gewichte – also in Ruhe –, solange ihre Massen gleich groß sind (m1 = m2). In diesem Falle heben sich die beiden gleichgroßen Gewichtskräfte F1 = m1 · g* = G1 und F2 = m2 · g* = G2 (mit g* = 9,81 m/s² als Erdbeschleunigung) auf: F1 F2 F1 F2 0 . Verschiebt man nämlich die Kräfte in ihrer Wirkungslinie längs des Seiles rückwärts bis zum höchsten Punkt der Rolle (was erlaubt ist), dann ist diese gegenseitige Kompensation sofort ablesbar. © Copyright expert verlag, 2013. Die komplette Themen- und Aufgabensammlung zur Hochschulreife unter ebook.expertverlag.de 27 F2 F1 F2 F1 Fres = F1 - F2 = 0 Fres = F2 -F1 m2 m2 m1 m1 F2 = m2 · g* F1 = m1 · g* F1 = m1 · g* F2 = m2 · g* Abb. 1.2.4a: Bei m2 = m1 ist das Gewichtssystem in Ruhe, da die resultierende Kraft Fres = 0 ist. Abb. 1.2.4b: Bei m2 = 2m1 wird das Gewichtssystem nach links drehend beschleunigt. Die resultierende Kraft Fres = F2 – F1 muss dabei die Gesamtmaße (m1 + m2) beschleunigen. Was geschieht nun aber, wenn z.B. die Masse m2 > m1 ist (m2 = 2 kg, m1 = 1 kg), das Übergewicht in der Abb. 1.2.4b links die Masse m2 absenkt, die Masse m1 emporgehoben wird? Für diese beschleunigte Bewegung (Reibungskräfte an der Rolle und in der Luft = 0) gilt die resultierende Kraft Fres F2 F1 m2g* m1g* ( m2 m1 )g* muss gleich sein Fres ( m2 m1 ) b . Daraus folgt für die wirksame Beschleunigung b: m ( m 2 m1 )g* (2 kg 1 kg) 9,81 s² b ( m1 m 2 ) (1 kg 2 kg) b 3,27 m . s² © Copyright expert verlag, 2013. Die komplette Themen- und Aufgabensammlung zur Hochschulreife unter ebook.expertverlag.de 28 Die beschleunigende Kraft Fres auf die zwei Massen (Trägheit der Rolle und des Seiles kann vernachlässigt werden) berechnet sich dann zu: Fres ( m1 m2 ) b (1 kg 2 kg) 3,27 m Fres 3 kg 3,27 kg m Fres 9,81 N . s² 9,81 kg m s² s² 1.3 Newton III (Wechselwirkungsprinzip) „Zu jeder Aktion (Kraftwirkung) existiert immer eine gleichgroße und entgegengesetzt gerichtete Reaktion.“ Dies lässt sich mathematisch so ausdrücken: F1: Aktionskraft , F2: Reaktionskraft F1 F2 oder F1 F2 0 . Aufgabe 1.3.1 Zwei gleichgewichtige Männer (m = 80 kg) stehen sich in gleichen Ruderbooten (mB = 100 kg) gegenüber und drücken sich t = 0,5 s lang mit der Kraft F = 200 N voneinander ab (Abb. 1.3.1). vA vA (actio) 200 N = F1 s = 5,25 m (v = 0) FR mG = 180 kg Abb. 1.3.1: F2 = 200 N (reactio) 0 s = 5,25 m (v = 0) FR mG = 180 kg Abstoß zweier Männer (mit Booten mG = 180 kg) voneinander mit einer t = 0,5 s lang wirkenden Kraft F1 = -F2 = 200 N. Nur wenn beide die Kräfte F1 = 200 N (actio) und F2 = -200 N (reactio) aufbringen, gelingt der Abstoß voneinander. Sie fahren dann jeweils mit der gleichen Geschwindigkeit vA auseinander. Wie groß ist diese Anfangsgeschwindigkeit v A, die beide Einheiten zu Beginn des Beschleunigungsvorganges gewinnen? Wenn man für die Boote eine geschwindigkeitsunabhängige Reibungskraft von FR = 5 N ansetzt, ist die in jede Richtung wirkende resultierende Kraft Fres F1 FR 200 N 5 N © Fres 195 N . Copyright expert verlag, 2013. Die komplette Themen- und Aufgabensammlung zur Hochschulreife unter ebook.expertverlag.de 29 Geht man von Fres mG schreiben: v aus (mG = m + mB), dann ist nach Umformung zu t Fres t 195 N 0,5 s mG 180 kg 195 kg m 0,5 s s² v v A v (0) 180 kg v A 0,54 m . s v Durch den Kraftstoß erreichen beide Boote diese entgegengesetzten Ausgangsgeschwindigkeiten vA, die dann durch die Reibungskraft längs eines Weges von s = 5,25 m wieder auf v = 0 abgebremst werden*). Aufgabe 1.3.2 Eine kleine Feuerwerks-Rakete mit mG = 200 g (m1 = 100 g Brennstoff, m2 = 100 g Körper und Feuerwerk) wird senkrecht nach oben gestartet. Die Aktionskraft F1, die hier nach Abb. 1.3.2 von den nach unten ausgestoßenen Verbrennungsgasen stammt, befindet sich mit der entstehenden Reaktionskraft F 2, der Antriebskraft auf die Rakete, im Gleichgewicht (F1 + F2 = 0). Das verbrannte Brennstoffgas, das eine Ausströmgeschwindigkeit von v A = 30 m/s besitzt und t = 2 s lang wirkt (Brenndauer), liefert die Antriebskraft F2 = -F1. Da die Rakete jedoch während der Antriebsphase Masse verliert (insgesamt 100 g), ist hier vereinfachend und näherungsweise während der Beschleunigungsphase mit einer „mittleren“, konstanten Masse m*G 150 g zu rechnen. Bei Abwesenheit anderer Kräfte würde die Rakete so nach t = 2 s auch etwa eine Endgeschwindigkeit von 30 m/s erreichen. Das ergibt für F2 F2 m*g 30 m s 150 g 30 m s 2s 2s kg m F2 2,25 2,25 N . s² Bei senkrechtem Start ist aber außerdem noch die Schwerkraft FG m*G g* und bei diesen Geschwindigkeiten eine Luftreibung FR = 0,5 N zu berücksichtigen. *) Mit dem Energiesatz ist die Wegstrecke s auszurechnen, die beide Boote jeweils vom Ausgangspunkt 0 her in die entgegengesetzten Richtungen bis zum Stillstand zurücklegen: m² mG m v ² 180 kg 0,54² s² v A ² FR s s G A 5,25 m 2 2 FR 2 5 kg m s² © Copyright expert verlag, 2013. Die komplette Themen- und Aufgabensammlung zur Hochschulreife unter ebook.expertverlag.de 30 So errechnet sich eine resultierende Kraft Fres für den Vortrieb der Rakete Fres F2 FG FR 2,25 kg m Fres 2,25 kg m 2,25 kg m s² s² s² m*G g* 0,5 kg m 150 g 9,81 m 1,472 kg m s² s² s² 0,5 kg m 0,5 kg m s² s² Fres 0,278 N (siehe Abb. 1.3.2). Die Gesamtenergie der verbrannten Gase beträgt: WG m1 100 g vA ² 30² m² 45 kg m m s² s² 2 2 Damit ist die Steighöhe H der Rakete zu berechnen: WG m*G g* H FR H ( m*G g* FR ) H H WG 45 Nm . FG FR F2 Reaktionskraft Fres WG (m *G g * FR ) 45 Nm 150 g 9,81 m 0,5 N s² 45 Nm 1,9715 N H 22,83 m . Rakete mit m*G 150 g vA der Gase = 30 m/s F1 Aktionskraft Abb. 1.3.2: Kräfte beim Raketenstart. © Copyright expert verlag, 2013. Die komplette Themen- und Aufgabensammlung zur Hochschulreife unter ebook.expertverlag.de 31