Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Physik und Umwelt – Lerneinheit 3 Hauptsätze der Thermodynamik Wärmekraftmaschinen Wärmeübertragung Wärmeschutz und energetische Sanierung Dampfkraft und Kohleförderung als Schrittmacher der industriellen Revolution Dieter Bangert Februar 2017 LE-3-1 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 1 Hauptsätze der Thermodynamik Das Studium der Wärme und ihrer Umformungen war für die Entwicklung der modernen Zivilisation von großer wissenschaftlicher und noch größerer technischen und wirtschaftlichen Bedeutung. John Desmond Bernal (1901 – 1971) 1.1 Erster Hauptsatz (Energieerhaltung) Der Erste Hauptsatz der Thermodynamik schränkt die in der Natur vorkommenden Prozesse ein: Nur solche Prozesse sind möglich, bei denen die Gesamtenergie konstant bleibt. Innerhalb eines Systems können die verschiedenen Energieformen jedoch ineinander umgewandelt werden. Dabei sind Wärme und Arbeit gleichwertig. Wärme kann aus Arbeit erzeugt und umgekehrt kann Wärme in Arbeit umgewandelt werden. Der Erste Hauptsatz der Thermodynamik stellt daher eine Zusammenfassung der experimentellen Erfahrung aus der Energieumwandlung dar. Er wird üblicherweise in verschiedenen Formulierungen angegeben: Wärme und Arbeit sind gleichwertig. Wärme kann in Arbeit und Arbeit in Wärme umgewandelt werden. Oder: Es gibt kein Perpetuum mobile erster Art; das heißt, es gibt keine Maschine, die ständig Arbeit abgibt, ohne gleichzeitig Energie aufzunehmen. dU = dQ + dW Bei reversibler Volumenänderungsarbeit ist dW = -pdV. Der Erste Hauptsatz der Thermodynamik stellt eine andere Formulierung des verallgemeinerten Energieerhaltungssatzes der Mechanik dar: dE = dQ + dW Die Rolle der mechanischen Energie dE spielt in der Thermodynamik die innere Energie dU. Die Änderung der inneren Energie dU eines geschlossenen Systems ist gegeben durch die Summe von übertragener Wärme dQ und mechanischer Arbeit dW, die das System an seiner Umgebung verrichtet. Dabei gilt die Vorzeichenkonvention: dQ, dW sind positiv, wenn das System Wärme und Arbeit aufnimmt; dQ, dW sind negativ, wenn das System Energie nach außen abgibt. LE-3-2 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 2 Reversible und irreversible Prozesse Nach dem 1. Hauptsatz sind alle Energieformen ineinander umwandelbar, wenn nur ihre Summe unverändert bleibt (Energieerhaltung). Die Erfahrung zeigt nun, dass die in der Natur möglichen Prozesse einer zusätzlichen Einschränkung unterliegen. Nicht alle im Einklang mit dem Ersten Hauptsatz der Thermodynamik stehenden Umwandlungsprozesse werden auch tatsächlich beobachtet. Manche Prozesse verlaufen in der Natur offensichtlich nur in einer Richtung ab, nicht aber umgekehrt. Man nennt sie irreversibel, d.h. nicht umkehrbar. Diejenige Größe, die die Richtung von irreversiblen Zustandsänderungen festgelegt, ist die Entropie S (grch. entrepo: umkehren). Sie ist neben p, T, V eine weitere wichtige Zustandsgröße der Thermodynamik. Bei reversiblen Zustandsänderungen in einem abgeschlossenen System bleibt die Gesamtentropie S konstant. Bei irreversiblen Zustandsänderungen nimmt die Gesamtentropie im abgeschlossenen System stets zu. Die Entropie kann bei allen Zustandsänderungen nie abnehmen. Die Entropie S eines Systems ist ein Maß für die mikroskopische Realisierungswahrscheinlichkeit eines speziellen Zustands des Systems. Beispiel: 2.1 Zwei Wassermengen verschiedener Temperatur mischen sich von selbst so, dass sich eine einheitliche Mischtemperatur einstellt. Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik Die experimentelle Erfahrung zeigt: - Wärme geht von selbst nur von einem Körper höherer Temperatur auf einen Körper tieferer Temperatur über. - Nur ein Teil der Wärme lässt sich in Arbeit umwandeln. Diese Erfahrungstatsachen führen zu folgenden Formulierungen des Zweiten Hauptsatzes: Es existiert keine periodisch arbeitende Maschine, die einem einzelnen Wärmereservoir nur Wärme entzieht und daraus ausschließlich Arbeit erzeugt. Oder: In einem isolierten System kann die Entropie nicht abnehmen, d.h. es gilt ∆S ≥ 0 . Alle Vorgänge in einem abgeschlossenen System verlaufen von selbst so, dass sich Ordnung in Unordnung umwandelt. Der Endzustand ist immer derjenige, in dem der Ordnungszustand des Systems minimal ist. Das abgeschlossene System strebt somit dem Zustand maximaler Unordnung oder maximaler Entropie an. Ein Perpetuum mobile 2. Art, d.h. eine Maschine, die gegen den 2. Hauptsatz verstößt, ist unmöglich. Im Gegensatz zum Perpetuum mobile 1. Art würde diese Maschine nicht gegen den Energieerhaltungssatz verstoßen. Das Perpetuum mobile 2. Art wäre ein Prozess, der LE-3-3 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 einem System Wärme entzieht um diese vollständig in Arbeit umzuwandeln. Als Konsequenz ergibt sich gemäß Kapitel 4 die prinzipielle Beschränkung des Wirkungsgrades η von Wärmekraftmaschinen zu: η < η th = 1 − T2 T1 η th ist der thermodynamische Grenzwert des Wirkungsgrades. BeispieIe: I R R E V E R S I B L E PROZESSE Diffusion von Wolken Wärmekontakt B A TA T B heiß kalt TAB mittlere Temperatur TAB Abb. 1: Beispiele für nichtumkehrbare Prozesse Werden zwei Körpern mit unterschiedlichen Temperaturen TA und TB in Wärmekontakt gebracht, in dem die thermisch isolierende Zwischenwand entfernt wird, so stellt sich durch Temperaturausgleich eine mittlere Temperatur TAB ein. 2.2 Entropie Der 1. Hauptsatz sagt nichts über die Richtung aus, in der ein Vorgang ablaufen kann. Zur Beschreibung von irreversiblen Vorgängen, die ohne äußere Einwirkung nur in eine Richtung ablaufen, dient die Entropie S. Die Änderung der Entropie dS ist wie folgt definiert: dS = dQ T [ S ] = J/K LE-3-4 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Mit dieser Definition der Entropie wird folgende experimentelle Beobachtung erfasst: Wärme ist um so wertvoller ist, je höher die Temperatur ist, bei der sie zur Verfügung steht. Für reversible adiabatische Vorgänge folgt aus dQ = 0 auch dS = 0 und damit S = konst. Adiabatische Vorgänge laufen daher bei konstanter Entropie ab und heißen daher auch isentropisch. Während die Temperatur nur für thermische Gleichgewichtszustände definiert ist, kann die Entropie für jeden beliebigen Zustand eines thermodynamischen Systems festgelegt werden. 2.3 Freie Energie Da jedes System das Bestreben hat, in einen Zustand niedrigstmöglicher Energie überzugehen, verlaufen z. B. chemische Reaktionen nur dann von selbst, wenn ein Energieunterschied zwischen den Ausgangs- und den Endprodukten besteht. A + B → C + D + Energie Dieser Energieunterschied stellt dabei die treibende Kraft für die chemische Reaktion dar und ist gleichzeitig die Ursache für die chemische Bindung. Als Beispiel soll dazu die Bildung von Wasser aus Wasserstoff H2 und Sauerstoff O 2 betrachtet werden: 2 H2 + O 2 → 2 H2 O + Energie Obwohl die Bildung von Wasser aus Wasserstoff und Sauerstoff eine exotherme Reaktion ist, passiert zunächst überhaupt nichts, wenn man beide Gase durch Wegnehmen einer Trennwand in einem Gefäß mischt. Abb. 2: Diffusion und Vermischung zweier getrennter Gase Zwischen dem Ausgangszustand ( H2 -/ O 2 -Gemisch) des Reaktionssystems und dem Endzustand ( H2 O ) scheint eine Energiebarriere zu liegen, die das System daran hindert, sofort in den energetisch günstigeren Zustand zu gelangen. Um diese Barriere zu überwinden, ist Energie notwendig, die als Aktivierungsenergie bezeichnet wird. LE-3-5 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Abb. 3: Definition der Aktivierungsenergie Zwischen dem Ausgangszustand und dem Endzustand einer Reaktion A + B → C + D liegt ein Energieberg, dessen Höhe durch die so genannte Aktivierungsenergie gegeben ist. Diese Energie muss dem System A + B erst zugeführt werden, bis es vom höchsten Punkt, dem Übergangszustand, in den energetisch günstigsten Endzustand (C + D) "herunterfallen" kann. Je höher die Aktivierungsenergie, um so langsamer läuft die Reaktion ab. Durch Zufuhr z. B. von Wärme wird das System den Berg gewissermaßen hinaufgeschoben; daher werden alle chemischen Reaktionen durch Erhitzen der Ausgangsstoffe beschleunigt. Bevor durch die Bildung neuer chemischer Bindungen Bindungsenergie gewonnen wird, muss Energie zugeführt werden, um die Bindungen der Ausgangsstoffe aufzubrechen. Wird diese Aktivierungsenergie, die nichts mit der eigentlichen Reaktionsenergie zu tun hat, von außen zugeführt, so wird die exotherme Reaktion eingeleitet (hier: Knallgasexplosion). Durch Verwendung so genannter Katalysatoren, d.h. Stoffe, die die chemische Reaktion beschleunigen ohne selbst als Ausgangsstoffe oder Endprodukte aufzutreten, wird die Aktivierungsenergie einer chemischen Reaktion herabgesetzt. Abb. 4: Wirkungsweise von Katalysatoren Ein Katalysator beschleunigt eine Reaktion, in dem er die Aktivierungsenergie herabsetzt. Bei Anwesenheit eines Katalysators weniger Energie gebraucht, um das System den Aktivierungsberg hinauf zuschieben. Der Effekt ist für Hin- und Rückreaktion der Gleiche; deshalb verschiebt die Anwesenheit des Katalysators nicht die Lage eines chemischen LE-3-6 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Gleichgewichts. Dieser Vorgang wird Katalyse genannt. In der Technik werden oft fein verteilte Metalle (z. B. Platin) als Katalysatoren verwendet. In der Biochemie werden Enzyme, d.h. große Proteinmoleküle als Katalysatoren eingesetzt. Mit Hilfe des Entropiebegriffes ist es möglich, die Energie darzustellen, die ein System tatsächlich abzugeben in der Lage ist. Man nennt sie Freie Energie F und es gilt für sie: F = U - TS Diese Beziehung zeigt, dass die tatsächlich verfügbare Energie, die Freie Energie F, sich aus dem Bilanzwert für die innere Energie U, vermindert um den Anteil T ⋅ S , ergibt. Das Produkt T ⋅ S stellt die thermische Energie dar, die im System durch Änderung ihres Ordnungszustandes infolge der betrachteten Umwandlung selbst verbraucht wird und damit nicht mehr verfügbar ist. 3 Thermodynamischer Wirkungsgrad und Carnot-Prozess Ändert man durch äußere Einwirkungen den Zustand eines thermodynamischen Systems, so bezeichnet man diesen Vorgang als thermodynamischen Prozess. Einen Prozess, bei dem sich ein System nach einer Folge von Zustandsänderungen wieder im Ausgangszustand befindet, nennt man Kreisprozess. Man unterscheidet Kreisprozesse in geschlossenen Systemen von Kreisprozessen in offenen Systemen. In geschlossenen Systemen wird die Wärmeenergie mittels Wärmeleitung durch geschlossene Wände von außen in das in der Wärmekraftmaschine strömende Fluid (Flüssigkeit, Gas, Dampf) übertragen, so z. B. in der Dampfkraftmaschine vom Feuerungsraum zum Heizkessel. In offenen Systemen werden die Reaktionswärmen durch chemische Reaktion der Brennstoffe mit Sauerstoff in der Wärmekraftmaschine freigesetzt. Daher stellen alle Brennkraftmaschinen offene Systeme dar, bei denen Brennstoff und Luft von außen zugeführt und die Abgase nach außen abgeführt werden. Der Carnot-Prozess nach Sadi Carnot (1796 - 1832) ist dabei der wichtigste Kreisprozess der Thermodynamik. Er gibt an, wie Wärme bei einer gegebenen Temperatur am besten in Arbeit umgewandelt wird. Der Carnot-Prozess ist ein Kreisprozess in einem geschlossenen System. Jede zyklisch, d.h. in einem Kreisprozess arbeitende Maschine nimmt Wärme auf und gibt Wärme ab. Man bezeichnet einen Kreisprozess als reversibel oder umkehrbar, wenn der Anfangszustand ohne Änderung der Umgebung erreicht wird. Der reversible Kreisprozess stellt jedoch einen praktisch nicht durchführbaren Idealprozess dar, mit dem die praktisch realisierbaren irreversiblen Kreisprozesse verglichen werden. Man bezeichnet die reversiblen Kreisprozesse daher auch als Vergleichsprozesse. Der Carnot-Prozess stellt einen idealisierten Kreisprozess dar, der aus zwei reversiblen isothermen Zustandsänderungen und zwei reversiblen adiabatischen Zustandsänderungen besteht. Das Arbeitsgas befindet sich dabei in einem Zylinder mit beweglichem Kolben. Durch Verschiebung des Kolbens kann Volumenänderungsarbeit verrichtet werden. Der Carnot-Prozess stellt die beste Realisierung für die Umwandlung von Wärme in Arbeit dar. Der Wirkungsgrad des Carnot-Prozesses kann daher von keinem anderen Kreisprozess übertroffen werden. LE-3-7 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Im Folgenden kennzeichnet Wik die am Arbeitsgas bei Kompression während der Zustandsänderung i → j verrichtete und damit zugeführte Arbeit. Mit − Wlm wird die vom Arbeitsgas bei Expansion über den beweglichen Kolben während der Zustandsänderung l → m nach außen abgegebene Arbeit bezeichnet. Der Carnot-Prozess, der durch insgesamt vier Zustandsänderungen realisiert wird, beginnt in Abb. 5 mit der isothermen Expansion des Arbeitsgases von V1 nach V2 . Der Zylinder steht dabei in thermischen Kontakt mit einem Wärmereservoir mit einer hohen Temperatur T1 . Seine Wärmekapazizät ist so groß, dass eine ihm entnommene und dem Gas zugeführte Wärmemenge keinen Einfluss auf die Temperatur T1 des Reservoirs hat. 1. Isotherme Expansion vom Zustand p1, V1 in den Zustand p2, V2 bei T1 = konst. zu Die nach außen isotherm abgegebene Arbeit − W12 wird in Form von Wärmeenergie Q12 dem umgebenden Wärmereservoir entnommen und dem Arbeitsgas zugeführt: V2 W12 = − ∫ pdV V1 V2 V2 V1 V1 zu − W12 = Q12 = ∫ pdV = ∫ nRT1 Zustandsgleichung: V dV V2 n dV m = ∫ RT1 = RT1 ln 2 V V M V1 V1 M pV = p= m RT1 M m RT1 M V 2. Adiabatische (isentrope) Expansion von p 2 , V2 nach p 3 , V3 . Sie erfolgt ohne Wärmeaustausch mit der Umgebung (dQ = 0). Die abgegebene Arbeit − W23 ist gleich der Abnahme der inneren Energie: W23 = c V m( T3 − T2 ) = c Vm(T2 − T1) = −c Vm(T1 − T2 ) − W23 = c V m(T1 − T2 ) 3. Isotherme Kompression von p3, V3 nach p4, V4. Hierbei wird dem Gas isotherm Arbeit zugeführt. Der Zylinder steht dabei in thermischen Kontakt mit einem Wärmereservoir mit einer niedrigen Temperatur T2 . Seine Wärmekapazizät ist so groß, dass eine dem Gas entnommene und ihm zugeführte Wärmemenge keinen Einfluss auf die Temperatur T2 des Reservoirs hat. Die der Kompressionsarbeit entsprechende Wärmemenge − Q 34 wird an das Wärmereservoir abgegeben: LE-3-8 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert V4 V4 V3 V3 W34 = − ∫ pdV = − ∫ W34 = − Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 m dV m V ab RT2 = − RT2 ln 4 = −Q12 M V M V3 m V m V RT2 ln 4 = RT2 ln 3 M V3 M V4 4. Adiabatische (isentrope) Kompression von p4, V4 nach p1, V1. Dies ist die Umkehrung von Schritt 2. V1 W41 = − ∫ pdV = c Vm(T1 − T4 ) V4 W41 = c V m(T1 − T2 ) Dabei wird dem Gas die gleiche Arbeit W41 = − W23 zugeführt, die von ihm während der adiabatischen Expansion nach außen abgegeben wurde. Durch Addition der vier Teilprozesse lässt sich die insgesamt von dem Arbeitsgas abgegebene Arbeit − ∆W ermitteln, die gemäß Konvention mit negativen Vorzeichen versehen ist: − ∆W = − W12 − W23 + W34 + W41 = − W12 + W34 da W23 = W 41 folgt − W23 + W 41 = 0 − ∆W = − W12 + W34 − ∆W = m V V R (T1 ln 2 + T2 ln 4 ) M V1 V3 Für adiabatische (isentrope) Zustandsänderungen gilt das Poissonsche Gesetz: pV κ = konst. oder TV κ −1 = konst. Für die im p,V-Diagramm des Carnotschen Kreisprozesses eingezeichneten Adiabaten, welche die isentrope Expansion (Kurve → ) und die isentrope Kompression (Kurve → ) beschreiben, gilt: T1V2κ −1 = T2 V3κ −1 T2 V4κ −1 = T1V1κ −1 Division liefert: ( V V2 κ −1 ) = ( 3 ) κ−1 V1 V4 oder V2 V3 = V1 V4 LE-3-9 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Damit folgt für − ∆W , der beim Durchlaufen des Kreisprozesses insgesamt abgegebenen Arbeit, der sog. Nutzarbeit : m V R(T1 − T2 ) ln 2 M V1 − ∆W = Dabei gilt: ln V V V V4 V = ln( 3 ) −1 = −1⋅ ln 3 = − ln 3 = − ln 2 V3 V4 V4 V4 V1 Aus dem Wärmereservoir mit der höheren Temperatur T1 wird während der isothermen zu Expansion ( → ) die größere Wärmemenge Q12 entnommen. Sie wird dem thermodynamischen System zugeführt und bestimmt über den Anteil, der in mechanische Arbeit überführt werden kann, den Wirkungsgrad. Im übernächsten Schritt des Kreisprozesses wird vom System während der isothermen Kompression ( → ) die kleinere Wärmemenge − Q ab 34 an das Wärmereservoir mit der niedrigeren Temperatur T2 abgegeben. Diese Wärmemenge ist dann für den Prozess „verloren“. Der Wirkungsgrad η th ist definiert als Quotient aus abgegebener Arbeit − ∆W und der dem zu Wärmebad entnommenen und damit dem System zugeführten Wärme Q12 . − ∆W η = = zu Q12 th m R(T1 M m RT1 M V2 T V1 T1 − T2 = = 1- 2 V T1 T1 ln 2 V1 − T2 )ln Für den thermodynamischen Wirkungsgrad erhält man: η th = p T1 - T2 T = 1- 2 T1 T1 1 T = konst. 2 p ,V 1 p ,V1 1 2 2 ∆W p4 ,V 4 p ,V 4 3 3 3 T2 = konst. V Abb. 5: Schematisches p-V-Diagramm eines Carnotschen Kreisprozesses LE-3-10 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Die während eines Zyklus des Kreisprozesses nach außen abgegebene Arbeit − ∆W , die auch als Nutzarbeit bezeichnet wird, entspricht betragsmäßig dem in Abb. 5 grau unterlegtem Flächeninhalt, der von den vier Zustandsänderungskurven umschlossenen Fläche. Die vier Teilprozesse eines Carnotschen Kreisprozesses sind: 1. Isotherme Expansion ( → ) 2. Adiabatische Expansion ( → ) 3. Isotherme Kompression ( → ) 4. Adiabatische Kompression ( → ) Beim rechtsläufigen Kreisprozess wird das p, V-Diagramm im Uhrzeigersinn durchlaufen. Abb. 6: Realisierung der 4 Teilprozesse eines Carnotschen Kreisprozesses Hinweis: Die Indizes der Zustandsgrößen in den oben aufgeführten Formeln hängen von der Nummerierung der vier Zustandsänderungen ab. Diese wird durch den beliebig wählbaren Ausgangspunkt bestimmt. 4 Verbrennungsmaschinen Verbrennungsmotoren sind Kolbenmaschinen, die in der Regel Zylinder und Kolben verwenden. Am gebräuchlichsten sind dabei Hubkolbenmotoren. Ein Kreiskolbenmotor, der nach seinem Erfinder Felix Wankel (1902 – 1988) Wankelmotor genannt wird, konnte sich am Markt nicht durchsetzen. Das Gas im Zylinder könnte je nach Art des eingesetzten Brennstoffes z. B. eine Mischung von Kohlenwasserstoffen und Luft sein. Wenn das Gemisch gezündet wird, wandelt sich die im Brennstoff gespeicherte chemische Energie in Wärmeenergie um. Die entstehenden heißen Verbrennungsgase bauen dabei einen hohen Druck auf, der den Kolben in Bewegung setzt. Wird der Kolben über eine Pleuelstange mit einer Kurbelwelle verbunden, so kann die kinetische Energie der Translationsbewegung des LE-3-11 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Kolbens in kinetische Energie der Rotation umgesetzt werden. Man unterscheidet 2-Takt- und 4-Takt-Verfahren, wobei jede Kolbenverschiebung einen Takt darstellt. Beim heute üblichen Viertaktmotor wird der Kolben während eines Kreisprozesses viermal verschoben. Jeder vierte Takt ist dabei ein Arbeitstakt, d. h. alle zwei Umdrehungen gibt der Viertaktmotor nach außen Arbeit ab. Verbrennungsmotoren werden in Dieselmotoren (Erfinder: Rudolf Diesel (1858 – 1913)) und in Ottomotoren eingeteilt. Ottomotoren sind Benzinmotoren, die nach dem Erfinder des Viertaktmotors Nikolaus Otto (1832 – 1889), Ottomotoren genannt werden. Ottomotoren werden mit Benzin betrieben. Benzin ist ein Gemisch, das hauptsächlich aus gesättigten kettenförmigen Kohlenwasserstoffen (Alkane mit der Summenformel CnH2n+2) mit n = 5 - 9 Kohlenstoffatomen besteht. Diesel- und Heizöl enthalten vor allem Alkane mit 12 bis 18 C-Atomen. Der Flammpunkt von Benzin ist sehr niedrig (zwischen – 55°C und –25°C), je nach Zusammensetzung. Benzindämpfe sind aus diesem Grund sehr leicht entzündlich und feuergefährlich. Mit Luft bilden die Dämpfe explosive Gemische. Im Ottomotor erfolgt die Zündung des Benzindampf-Luft-Gemisches durch einen elektrischen Zündfunken der Zündkerze. Man spricht von externer Zündung oder Fremdzündung. Im Dieselmotor entzündet sich das Gemisch aus Luft und feinsten Öltröpfchen durch die bei der Verdichtung auftretende adiabatische Kompressionswärme von selbst. Dieselmotoren benötigen keinen Vergaser und keine elektrische Zündung; sie sind Selbstzünder. Im Folgenden sollen einige technische Kreisprozesse vorgestellt werden. Die Kreisprozesse, die in realen Verbrennungskraftmaschinen ablaufen, können durch idealisierte Vergleichsprozesse angenähert werden, die sich aus reversiblen Zustandsänderungen zusammen setzen. Als Fluid wird dabei das ideale Gas eingesetzt. Obwohl Verbrennungsmotoren offene Systeme darstellen, können sie näherungsweise als geschlossene Systeme beschreiben werden. 4.1 Otto-Prozess Es soll der Wirkungsgrad eines normalen Viertakt-Benzinmotors (Ottomotor) untersucht werden, wie er z. B. im Auto verwendet wird. Während eines Zyklus bewegt sich der Kolben zweimal abwärts und zweimal aufwärts, was zur Bezeichnung Viertakt geführt hat. Die verschiedenen Phasen eines vollständigen Zyklus sind nachstehend in Abb. 7 dargestellt. Die Kreisprozesse, die in technischen Wärmekraftmaschinen ablaufen, können durch idealisierte Vergleichsprozesse angenähert werden. Beim Otto-Prozess verbrennt das Benzin-Luftgemisch nach der Zündung so schnell, dass die Wärmezufuhr als isochore Zustandsänderung betrachtet werden kann. Der Otto-Prozess beginnt in Abb. 7 unten links mit dem Ansaugtakt (e → f) und wird dann über den Verdichtungstakt als rechtsläufiger Prozess im Uhrzeigersinn durchlaufen. LE-3-12 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 1. Ansaugtakt 2. Verdichtungstakt p b c a Z 1 bar f e 3. Arbeitstakt 0 4. Auslaßtakt d V1 V2 V Abb. 7: Arbeitszyklus des Viertakt-Ottomotors als rechtsläufiger Kreisprozess in schematischer Darstellung im p, V-Diagramm 1. Ansaugtakt : Einlass des Benzin-Luft-Gemischs 2. Verdichtungstakt : Adiabatische Kompression des Benzin-Luft-Gemischs Zündpunkt Z : Zündung und schnelle Verbrennung 3. Arbeitstakt Adiabatische Expansion des heißen Gases. Nur während dieses Taktes gibt der Motor Arbeit nach außen ab. 4. Auslasstakt : : Ablassen der Verbrennungsrückstände zum Auspuff LE-3-13 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Zeichenerklärung: a = Z Das komprimierte Benzin-Luft-Gemisch wird mit einer Zündkerze gezündet (Z = Zündpunkt). a → b Plötzlicher Druckanstieg nach der Zündung infolge der Verbrennung. Der Otto-Prozess stellt eine Gleichraumverbrennung dar. c Ende der isentropen (adiabatischen) Expansion, das Auslassventil wird geöffnet. c → d Das heiße noch unter Druck stehende Gas verlässt den Zylinder nahezu isochor durch das Auslassventil. Der Druck fällt auf den Umgebungsdruck ab. e Der Kolben hat das restliche Gas aus dem Zylinder gedrückt (d → e), danach schließt sich das Auslassventil, und das Einlassventil öffnet sich. f Frisches Benzin-Luft-Gemisch ist angesaugt worden, das Einlassventil schließt sich. f → a Das frische Gemisch wird isentrop (adiabatisch) komprimiert. Der Otto-Prozess (Abb. 8) kann idealisierend durch zwei isentrope und zwei isochore Zustandsänderungen angenähert werden. p 3 p Qzu 23 p p ∆w 2 4 Qab 41 p =p 1 V2 V1 V Abb. 8: p, V-Diagramm des idealen Otto-Prozesses Ein Benzin-Luftgemisch setzt bei der Verbrennung pro Liter Brennstoff ungefähr 30 MJ Wärmeenergie frei. Der Heizwert von Benzin beträgt Hu = 42 MJ/kg. Nur ein Bruchteil dieser Wärmemenge kann in nutzbare mechanische Energie umgewandelt werden. Dieser Bruchteil wird als der ideale thermische Wirkungsgrad ηth des Motors bezeichnet: ηth = ∆W ∆W = zu ∆Qa,b Q23 LE-3-14 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Dabei entspricht die grau unterlegte Fläche ∆W = Wn der vom Motor beim einmaligen zu ist die vom Gemisch Arbeitskreislauf geleisteten mechanischen Nutzarbeit. ∆Qa,b = Q 23 nach erfolgter Zündung freigesetzte und dem Motor in Folge einer Gleichraumverbrennung isochor zugeführte Verbrennungswärme. Die Nutzarbeit ∆W = Wn ist die Differenz der zwischen b und c (beim Otto-Vergleichsprozess zwischen 3 und 4) während des Arbeitstaktes durch isentrope Expansion abgegebenen Volumenänderungsarbeit und der zwischen d und a (beim Otto-Vergleichsprozess zwischen 1 und 2) durch isentrope Kompression während des Verdichtungstaktes am Benzin-Luft-Gemisch verrichteten Volumenänderungsarbeit. Im Fall der isentropen Kompression wird diese Arbeit in innere Energie umgewandelt und führt zu einer Temperaturerhöhung des komprimierten Gemisches. Während des Auslasstaktes wird die Wärmemenge ∆Q c,d = Q ab 41 durch Ablassen der Verbrennungsrückstände zum Auspuff abgegeben. ∆W = W b→c - W d→a = WV 34 − WV 12 ∆W = ∆W = pb V2 V p V V [1 - ( 2 ) κ −1 ] - a 2 [1 - ( 2 ) κ −1 ] κ −1 κ −1 V1 V1 (p b − p a ) V 2 κ −1 [1 - ( V2 κ −1 ) ] V1 Für ein Gas mit der Masse m gilt aufgrund der Zustandsgleichung: m (p - pa) V2 = R (Tb - Ta) b M m R(Tb − Ta ) V M [1- ( 2 ) κ −1 ] ∆W = cp − c V V1 cV Unter Ausnutzung der Mayerschen Gleichung cp - cv = ∆W = cv m (Tb - Ta) [1 - ( m folgt dann: M V2 κ −1 ) ] V1 Die Wärmemenge ∆Qa,b, die benötigt wird, um das Gas der Masse m von Ta = T2 auf Tb = T3 zu erwärmen, ist: ∆Qa,b = m cv (Tb - Ta) = m c V (T3 − T2 ) Damit folgt schließlich für den idealen thermischen Wirkungsgrad: LE-3-15 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert ∆W η Otto = ∆Q a,b th = Physik und Umwelt ∆W Q zu 23 = 1- ( Thermodynamik LE3 V2 κ −1 1 1 ) = 1− = 1 − κ −1 V V1 ε ( 1 ) κ −1 V2 Der Wirkungsgrad ηth hängt dabei nur vom Verdichtungs- oder Kompressionsverhältnis V ε = 1 ab. Um einen hohen Wirkungsgrad zu erzielen, sollte ε möglichst groß gewählt V2 werden. In der Kfz-Praxis besitzen Ottomotoren je nach Modell Verdichtungsverhältnisse zwischen 9 und 11. Das Verdichtungsverhältnis wird durch die Gefahr der unerwünschten vorzeitigen Explosion des Benzin-Luftgemisches infolge von Selbstzündung („Klopfen“) nach oben begrenzt. Für den Otto-Prozess lässt sich der Wirkungsgrad auch über ein Temperaturverhältnis definieren. Für eine adiabatische Zustandsänderung gilt: T ⋅ V κ −1 = const. Damit erhält man für die adiabatische Kompression während des Verdichtungstaktes: T1V1κ −1 = T V2κ −1 oder ( V1 κ −1 T2 ) = . V2 T1 Für die adiabatische Expansion während des Arbeitstaktes gilt: T3 V2κ −1 = T4 V1κ −1 ( oder V1 κ −1 T3 . ) = V2 T4 Für den Wirkungsgrad erhält man damit: ηOtto = 1− th T1 T = 1− 4 . T2 T3 Beispiel: Wie groß ist der theoretische Wirkungsgrad eines Benzinmotors mit einem Verdichtungs- oder Kompressionsverhältnis von a) ε = 8 : 1 und b) ε = 11 : 1 ? κ = 1,4 (Luft) Annahme: a) V1 = 8 V2 ηthOtto = 1 − 1 ε κ −1 = 1- b) 1 = 0,56 8 0,4 V1 = 11 V2 ηthOtto = 1 − 1 ε κ −1 = 1− 1 = 0,62 110,4 Der Wert von etwa 62 % stellt die theoretische Obergrenze für den Wirkungsgrad eines Ottomotors dar. Tatsächlich haben Benzinmotoren Wirkungsgrade, die nur halb so groß oder sogar noch kleiner sind. Das hat mehrere Ursachen: Das Benzin verbrennt nicht vollständig; LE-3-16 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 die Zylinderwände werden gekühlt, folglich geht Wärme im Kühlsystem verloren; schließlich werden heiße Abgase ausgestoßen und außerdem spielt die Reibung im Motor eine Rolle. Als Faustformel gilt: Jeweils ein Drittel der bei der Verbrennung freiwerdenden Wärme wird als mechanische Antriebsenergie genutzt, als Abwärme an das Kühlsystem und an das Abgassystem abgegeben. Ein Gas- oder Heizöl-Brenner kann bei der Erzeugung von Wärme ohne Brennwerttechnik je nach Abgasverlust auf etwa 95 % Wirkungsgrad kommen, ein Benzinmotor dagegen verwandelt im Allgemeinen nur ungefähr 25 % der im Brennstoff gespeicherten chemischen Energie in mechanische Bewegungsenergie; der Rest geht zum größten Teil als Wärme verloren. Beim Ottomotor verlässt das Betriebsmittel den Kreislauf nach einmaligem Durchlauf als heißes Auspuffgas mit der Temperatur T4 , das sich dann auf die Umgebungstemperatur T1 abkühlt. Beispiel: V1 8 = erhält man unter V2 1 der Annahme einer adiabatischen Expansion eines idealen Gases für das Verhältnis von Auspuff- und Verbrennungstemperatur: Bei einem Verdichtungs- oder Kompressionsverhältnis ε = T T4 V = c = ( 2 ) κ −1 T3 Tb V1 Da das Gas hauptsächlich aus Luft besteht ist κ = 1,4: 1 T4 = ( 8 )0,4 = 0,435 T3 Ist T3 = 2250 °C, so ist die Abgastemperatur T4 = 979 °C. 4.2 Diesel-Prozess Treibstoffe aus schwereren Erdölfraktionen verdampfen nicht so leicht wie Benzin und sind auch schwieriger durch Funken zu zünden. Rudolf Diesel ließ 1892 einen Motor patentieren, bei dem eine im Zylinder erzeugte Mischung aus Ölnebel und Luft allein durch adiabatische Kompression zum Zünden gebracht wurde. Bei der heute üblichen Technik der DirektEinspritzung wird der Treibstoff direkt unter Anpassung an die jeweilige Motorbelastung in den Brennraum des Zylinders eingespritzt. Dieser selbstzündende Dieselmotor arbeitet im Viertaktzyklus. Jedoch wird bei ihm nur Luft angesaugt und verdichtet. Die DieselölEinspritzung erfolgt dann so in die durch Kompression erhitzte Luft, dass die Verbrennung durch Selbstzündung näherungsweise isobar erfolgt. LE-3-17 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Beim Dieselmotor liegt somit eine Gleichdruckverbrennung vor. Das Kompressionsverhältnis liegt üblicherweise bei Werten von etwa 20:1 und kann in Sonderfällen bis zu 30:1 reichen. Der Diesel-Prozess stellt einen technischen Kreisprozess dar, und zwar einen reversiblen Vergleichsprozess, der aus zwei adiabatischen, einer isobaren und einer isochoren Zustandsänderung besteht. Die bei dem Kreisprozess gewonnene mechanische Nutzarbeit ∆W errechnet sich einerseits aus der bei einem Zyklus zugeführten abzüglich der abgegeben Wärmeenergie. zu ∆W = Q 23 − Q ab 41 Andererseits ergibt sich ∆W ergibt aus der Summe der am Kreisprozess beteiligten Volumenänderungsarbeiten und entspricht damit der von der Folge der vier Zustandsänderungen umschlossenen Fläche im p,V-Diagramm (Abb. 9). ab ab zu ∆W = ∆W23 + ∆W34 − ∆W12 Unter dem Wirkungsgrad versteht man den Quotienten aus der von der Wärmekraftmaschine abgegebenen Energie in Form der mechanischen Nutzarbeit ∆W und zu der aufgewendeten Energie in Form der zugeführten Wärmeenergie Q 23 . ηth = zu − Q ab Qab ∆W Q 23 41 41 1 = = − zu zu zu Q 23 Q 23 Q 23 ηDiesel = 1− th m ⋅ c V ⋅ (T4 − T1 ) T4 − T1 = 1− m ⋅ c p ⋅ (T3 − T2 ) κ ⋅ (T3 − T2 ) Um einen möglichst großen thermischen Wirkungsgrad zu erzielen, muss die Temperaturdifferenz (T4 – T1) möglichst klein sein. Der thermische Wirkungsgrad ist somit um so größer, je kleiner die Auslasstemperatur T4 , d. h. je größer die Abkühlung bei der isobaren Expansion ist. Gleichzeitig sollte die Temperaturdifferenz (T3 – T2) möglichst groß sein. Dazu müsste bei der Gleichdruckverbrennung durch vollständige Ausnutzung des Brennstoffs und optimierten Reaktionsbedingungen des Verbrennungsprozesses eine hohe Temperatur T3 erreicht werden. Andererseits liefert eine detaillierte Rechnung: V3 κ ) −1 V2 = 1− . V3 V1 κ −1 κ ⋅( − 1)( ) V2 V2 ( ηDiesel th Mit Hilfe der Größen VH = Hubvolumen oder Hubraum (VH = V1 – V2) VK = Kompressionsvolumen VK = V2 VE = Einspritzvolumen (VE = V3 – V2) LE-3-18 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 folgt für das Verdichtungs- oder Kompressionsverhältnis ε : ε= VH + VK V1 = VK V2 und für das Einspritzverhältnis ϕ (auch Volldruckverhältnis genannt) ϕ= VK + VE V3 = . VK V2 Der ideale thermische Wirkungsgrad des Dieselmotors ergibt sich dann zu: ηthDiesel ϕκ − 1 = 1 − κ −1 ⋅ . κ ⋅ (ϕ − 1) ε 1 Einen großen thermischen Wirkungsgrad erreicht man mit einem großen Verdichtungsverhältnis ε und einem kleinen Einspritzverhältnis (oder Volldruckverhältnis) ϕ . Wie beim Ottomotor nimmt somit auch beim Dieselmotor der Wirkungsgrad mit zunehmenden Verdichtungs- oder Kompressionsverhältnis zu. Da beim Dieselmotor ε um den Faktor 2 größer als beim Ottomotor ist, übertrifft der Wirkungsgrad des Diesel-Prozesses den des Otto-Prozesses. Allerdings ist der mittlere Kolbendruck im Dieselmotor wesentlich höher als im Ottomotor. Q zu p 23 p 2 3 ∆w 4 p 4 Q ab 41 p 1 V2 V3 V1 V Abb. 9: p, V-Diagramm des idealisierten Diesel-Prozesses Ablauf des in Abb. 9 dargestellten Diesel-Prozesses: → : Adiabatische Kompression, dabei erhitzt sich die Luft auf etwa 700° C. → : Dieselkraftstoff wird eingespritzt. Es erfolgt Selbstzündung und Zufuhr der zu Verbrennungswärme Q 23 . Infolge isobarer Expansion (Gleichdruckverbrennung: p 2 = p 3 ) wird Volumenänderungsarbeit auf den Kolben übertragen. → : Das Kompressionsvolumen VK = V2 hat sich um das Einspritzvolumen VE auf das LE-3-19 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Volumen V3 = VK + VE vergrößert. Es erfolgt adiabatische Expansion, bei der weitere Volumenänderungsarbeit auf den Kolben übertragen wird. → : Das heiße Gas entspannt sich isochor, d.h. bei konstantem Volumen und entweicht über das geöffnete Auslassventil zum Auspuff. Dabei wird die Wärmemenge Qab 41 abgeführt und der Ausgangszustand wieder erreicht. Der Kreisprozess ist geschlossen. 5 Enthalpie In technischen Prozessen wird oft die Energie eines unter Druck stehenden Gases hoher Temperatur in einer Wärmekraftmaschine in Arbeit umgesetzt. Erfahrungsgemäß ist dabei neben der Temperatur auch der Druck des Gases für die Umwandlung in Arbeit von Bedeutung. Die druckunabhängige innere Energie U ist daher für die Beurteilung der "Arbeitsfähigkeit" eines solchen Gases nicht hinreichend. Diese Überlegungen führten 1876 Josiah Willard Gibbs(1830 – 1903) zur Definition einer weiteren kalorischen Zustandsgröße, die seit 1909 nach Heike Kamerlingh Onnes (1853 – 1926), dem Entdecker der Supraleitung, als Enthalpie H (grch. en thalpein = erwärmen) bezeichnet wird. Sie dient als Maß für den Wärmeinhalt eines thermodynamischen Systems. Das Formelzeichen H für die Enthalpie stammt von der englischen Bezeichnung heat content für den Wärmeinhalt. Die innere Energie U dient somit zur Beschreibung von Systemen und deren Veränderung bei konstantem Volumen V ( isochore Zustandsänderung). Zur Beschreibung von Systemen und deren Veränderungen unter konstantem Druck p (isobare Zustandsänderung) wird die Enthalpie H eingeführt. H = U + pV [H]=J Der Term pV in der Definition der Enthalpie H stellt die Volumenänderungsarbeit Wv dar, die erforderlich wäre, um dem thermodynamischen System unter Umgebungsbedingungen, die durch den Druck p charakterisiert sind, einen Raumanspruch mit dem Volumen V zu verschaffen. Bei einem Gas ist die Enthalpie H = f(T, p) als die Summe aus innerer Energie U und der Energie pV infolge eines von außen aufgeprägten Druckes gegeben. Differentiation nach der Temperatur T liefert: dH dU d dU dV dp dT = dT + dT (p V ) = dT + p dT + V dT oder: dH =dU + pdV + Vdp Mit Hilfe des 1. Hauptsatzes dQ = dU + pdV folgt: dH = dQ + Vdp LE-3-20 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 oder dQ = dH - Vdp Für konstanten Druck p gilt: dp = 0 dQ = dH oder Q=H In Worten: Die Enthalpie ist die Wärmemenge, die bei konstantem Druck zugeführt wird. Die physikalische Größe Enthalpie wird dort verwendet, wo Prozesse bei konstantem Druck ablaufen. Bei einer Stoffumwandlung oder Bildung einer chemischen Verbindung ist die Enthalpie der Endprodukte HE, im Allgemeinen nicht gleich der Summe der Enthalpien der Ausgangsstoffe HA. Die Differenz ∆H = HE - HA nennt man Wärmetönung der chemischen Reaktion bzw. der Stoffumwandlung. Ist ∆H > 0, so erfolgt der Prozess unter Wärmeaufnahme (endothermer Prozess), wie beispielsweise das Verdampfen von Wasser. Hierbei muss dem System von außen Energie zugeführt werden. Ist ∆H < 0, so wird bei dem Prozess Wärme frei (exothermer Prozess), wie beispielsweise beim Verbrennen von Kohlenstoff. 5.1 Freie Enthalpie Der Begriff der Enthalpie dient auch der Darstellung des gesamten Energieinhaltes von Arbeitsstoffen wie Dämpfen oder Wärmeüberträgern. Auch die Enthalpie beschreibt dabei nur das energetisch mögliche. Welche Prozesse tatsächlich ablaufen und wie viel Energie wirklich frei, d.h. verfügbar wird, folgt aus der Freien Enthalpie G. Analog zur Freien Energie F gilt für die Freie Enthalpie G: G = H - TS Diese Beziehung wird auch als Gibbs-Helmholtzsche Gleichung bezeichnet. Abb. 10: Freie Enthalpie LE-3-21 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 5.2 Enthalpiezunahme beim Schmelzen und Verdampfen Die spezifischen Verdampfungswärmen der Stoffe sind stets wesentlich größer als die spezifischen Schmelzwärmen. Ebenso wie beim Schmelzen wird beim Verdampfen eine Abtrennarbeit verrichtet. Während beim Schmelzen Atome gegen die Bindungskräfte des festen Körpers verschoben werden, geschieht dies beim Verdampfen gegen die kleineren Bindungskräfte der Flüssigkeit. Sowohl beim Schmelzen als auch beim Verdampfen wird dabei die Bewegungsenergie der Moleküle vergrößert. Diese Zunahme der Bewegungsenergie der Moleküle führt zu einer Zunahme der inneren Energie U. Da die Verdampfung bei konstanter Temperatur erfolgt, gilt: Der Dampf eines Stoffes besitzt eine größere innere Energie als die Flüssigkeit bei gleicher Temperatur. Beim Übergang vom flüssigen zum dampfförmigen Zustand vergrößert sich das Dampfraumvolumen gegenüber dem Volumen der Flüssigkeit. Der entstehende Dampf leistet dabei Volumenänderungsarbeit gegen den äußeren Druck. Die zum Verdampfen erforderliche zugeführte Wärmemenge ∆Q setzt sich aus der Erhöhung der inneren Energie ∆U und der vom Dampf verrichteten Volumenänderungsarbeit ∆W zusammen. Beim Verdampfen einer Flüssigkeit, die immer bei der Verdampfungs- oder Siedetemperatur erfolgt, erhöht sich der Wärmeinhalt um die Verdampfungswärme ∆Q und es gilt: ∆Q = ∆H = ∆U + ∆W Die Verdampfungswärme wird auch als Verdampfungsenthalpie bezeichnet. Der deutsche Ingenieur Richard Mollier (1863 – 1935) erstellte Zustandsdiagramme für Dämpfe, die auch als Mollier-Diagramme bezeichnet werden. Für jeden dampfartigen Stoff existiert eine Temperatur, oberhalb der eine Verflüssigung auch mit größten Drücken nicht mehr möglich ist. Diese Temperatur wird als kritische Temperatur und der zugehörige Druck als kritischer Druck bezeichnet. Beispiel: Wasser ( ϑkr = 374,12 °C; pkr = 221,15 bar) 6 Spezifische Zustandsgrößen In GdP-LE-1 wurde zwischen intensiven und extensiven Größen unterschieden. Intensive Zustandsgrößen behalten bei der Teilung eines thermodynamischen Systems, unabhängig von der Masse, ihren Wert. Sie sind daher masse-unabhängig. Extensive Zustandsgrößen ändern ihren Wert bei der Teilung des Systems proportional zur Masse. Extensive Zustandsgrößen eines Systems lassen sich additiv aus den entsprechenden Zustandsgrößen der Teilsysteme zusammensetzen. Um die Abhängigkeit der extensiven Zustandsgrößen von der oft zufälligen Masse eines Systems auszuschließen, können diese Größen auf die Systemmasse m bezogen werden. Damit erhält man die so genannten spezifischen Zustandsgrößen. Sie werden mit Kleinbuchstaben charakterisiert. LE-3-22 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Spezifisches Volumen υ= V m mit der Einheit [ υ] = m 3 / kg , Spezifische innere Energie u= U m mit der Einheit [u] = J/kg, Spezifische Entropie s= S m mit der Einheit [s] = J/(kg K) Spezifische Enthalpie h= H m mit der Einheit [h] = J/kg 7 Das thermodynamische Gleichgewicht Ein thermodynamisches System ist im Gleichgewicht, wenn es sich zeitlich nicht mehr ändert. Durch äußere Einflussnahme kann jedoch der Gleichgewichtszustand gestört werden. Das Gleichgewicht heißt stabil, wenn nach Wegfall der Äußeren Einflussnahme, das System wieder in den ursprünglichen Gleichgewichtszustand zurückfällt. Bei mechanischen Systemen entspricht der Gleichgewichtszustand dem Minimum der potentiellen Energie Epot. Bei Verschiebung des Systems aus dem Gleichgewichtszustand entstehenden rücktreibende Kräfte, die zum Minimum der potentiellen Energie hin gerichtet sind. Für ein isoliertes thermodynamisches System bestimmt die Entropie den Gleichgewichtszustand. Das thermodynamische Gleichgewicht ist der Zustand maximaler Entropie. Jeder benachbarte Zustand entwickelt sich im Sinne zunehmender Entropie zum stabilen Gleichgewichtszustand hin. Bei einem System, das Energie, aber keine Materie mit der Umgebung austauschen kann, muss die Umgebung mit einbezogen werden. Von selbst laufen nur Prozesse ab, für die ∆SSystem + ∆SUmgebung ≤ 0 ist. Der Gleichgewichtszustand liegt bei SSystem + SUmgebung = max oder ∆SSystem + ∆SUmgebung = 0 . Diese Definition hat den Nachteil, das nicht nur Systemeigenschaften das Gleichgewicht bestimmen, sondern noch die Entropieänderung ∆SUmgebung berücksichtigt werden muss. Bei einem massedichten System ist nur ein Wärmeaustausch ∆Q mit der Umgebung möglich. Ist ∆Q die dem System zugeführte Wärme, so verliert die Umgebung die Wärmemenge ∆Q . Die Entropieänderung der Umgebung ist folglich: LE-3-23 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert ∆SUmgebung = − Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 ∆Q . T Damit erhält man für den Gleichgewichtszustand des Systems: ∆SSystem = ∆Q T oder unter Weglassung des Index „System“ ∆S = ∆Q . T Nach dem 1. Hauptsatz dient ∆Q teils zur Erhöhung der inneren Energie U des Systems, teils zur negativ zu rechnenden Arbeitsleistung durch das System. Damit erhält man die Gleichgewichtsbedingung ∆S = ∆U − ∆W T oder ∆U − ∆W − T∆S = 0 . Wenn nur Druckarbeit möglich ist gilt ∆W = −p∆V und man erhält: ∆U + p∆V − T∆S = 0 . Wird zwangsweise auch das Volumen V konstant gehalten, so ist p∆V = 0 und man erhält bei konstanter Temperatur T die Gleichgewichtsbedingung ∆(U − TS) = 0 . Wegen F = U – TS folgt: ∆F = 0 . Unter isotherm-isochoren Bedingungen ist das thermodynamische Gleichgewicht gegeben durch das Minimum der freien Energie F = U – TS. Änderungen in der freien Energie F stellen die „rücktreibenden Kräfte“ dar, die die Prozesse in Richtung Gleichgewichtszustand treiben. Sind dagegen p und T konstant, d.h. unter isotherm-isobaren Bedingungen folgt aus ∆U + p∆V − T∆S = 0 mit G = U + pV – TS ∆(U + pV − TS) = 0 oder LE-3-24 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 ∆G = 0 . Unter isotherm-isobaren Bedingungen ist das thermodynamische Gleichgewicht durch das Minimum der freien Enthalpie G gegeben. Änderungen in der freien Enthalpie G stellen die „rücktreibenden Kräfte“ dar, welche die thermodynamischen Prozesse in Richtung Gleichgewichtszustand treiben. Wenn Wärmeaustausch unterbunden ist ( ∆Q = 0), aber Arbeitsleistung möglich ist, wird T∆S = 0 und aus ∆U + p∆V − T∆S = 0 folgt mit p = konst. ∆(U + pV ) = 0 oder mit H = U + pV ∆H = 0 . Unter adiabatisch-isobaren Bedingungen liegt das thermodynamische Gleichgewicht im Minimum der Enthalpie H. Unter adiabatisch-isochoren Bedingungen ist ∆Q = 0 und ∆V = 0, folglich wird T∆S = 0 und aus ∆U + p∆V − T∆S = 0 folgt ∆U = 0 . Unter adiabatisch-isochoren Bedingungen liegt das thermodynamische Gleichgewicht im Minimum der inneren Energie U. 8 Wärmetransport 8.1 Wärmeübertragungsarten Die Ausbreitung der Wärme stellt eine Energieübertragung dar. Sie kann durch - Wärmeleitung - Wärmeströmung (Konvektion) - Wärmestrahlung erfolgen. Voraussetzung für das Entstehen eines Wärmestromes zwischen zwei Systemen ist ein thermisches Ungleichgewicht, also eine Temperaturdifferenz. Nach dem 2. Hauptsatz erfolgt der Wärmetransport immer in Richtung von der höheren zur niedrigeren Temperatur, und zwar so lange, bis kein Temperaturunterschied mehr besteht. Die in der Zeiteinheit dt transportierte Wärmemenge dQ nennt man den Wärmestrom I Q . IQ = dQ = Q& dt LE-3-25 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 [ IQ ] = J/s = W Der Wärmestrom wird in der Literatur gelegentlich auch durch das Symbol Φ bezeichnet. Die „treibende Kraft“ für den Wärmestrom ist ein Temperaturgefälle, der so genannte Temperaturgradient. Die Wärmeausbreitung kann durch Leitung, Konvektion oder Strahlung erfolgen. Diese drei Vorgänge können einzeln, aber auch gemeinsam auftreten. 8.2 Wärmeleitung Fließt ein Wärmestrom durch einen Körper, so spricht man von Wärmeleitung. Zunächst soll die Wärmeleitung durch ebene Wände betrachtet werden. Die experimentelle Erfahrung zeigt: Für die Wärmeleitung ist ein Temperaturgefälle notwendig. Die pro Zeitintervall dt durch die Querschnittsfläche A hindurchströmende Wärmemenge dQ, nämlich der Wärmestrom IQ ist der ebenen Fläche A und der Temperaturdifferenz ∆T direkt und der Dicke d des Körpers umgekehrt proportional: dQ A I Q = dt = λ ∆T d Der Proportionalitätsfaktor λ ist eine Materialkonstante, sie wird Wärmeleitfähigkeit genannt. [ λ ] = W/(m K) oder [ λ ] = W cm K -1 -1 Isolation T1 T 2 A A d Abb. 11: Wärmeleitung durch eine seitlich isolierte Wand (dunkele Isolierschicht) A : Wandfläche, d : Wanddicke In der Wärmeschutzpraxis wird die Länge des Wärmeleiters als Wanddicke d bezeichnet, um die Verhältnisse mit großen Flächen und kleinen Dicken angemessen zu charakterisieren. Die im Zeitintervall dt durch die Querschnittsfläche A einer Wand LE-3-26 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 hindurchgetretene Wärmemenge dQ ist somit dem Temperaturgefälle T1 - T2 d = ∆T , dem ∆x Querschnitt A und der Zeitdauer dt proportional. Ist beispielsweise T1 > T2, dann folgt: ∆T = T1 − T2 > 0 . Für die Dicke d gilt: d = x 2 − x 1 = ∆x . Die Temperaturen T1 und T2 an den Enden des wärmeleitenden Körpers werden konstant gehalten. Dann stellt sich im stationären Fall ein zeitlich konstantes Temperaturprofil T(x) ein, d. h. an jeder Stelle x des Körpers herrscht eine konstante Temperatur T(x). Abb. 12: Temperaturgradient und Wärmestrom durch eine Wand (Fläche A, Dicke d) dQ = λ ⋅ A ⋅ T − T1 ∆T dT dt = λA ⋅ ∆∆Tx dt = −λ ⋅ A ⋅ 2 dt = λ ⋅ A ⋅ (− )dt d x 2 − x1 dx dT dT ∆T ersetzt. Der Ausdruck stellt mathematisch einen durch ∆x dx dx Temperaturgradienten dar, der geometrisch als die Steigung der Funktion T(x) interpretiert werden kann. Er beschreibt die Körpertemperatur T als Funktion des Ortes x. Hierbei wurde dQ dT = Q& = I Q = λ ⋅ A ⋅ ( − ). dt dx In dem wärmeleitenden Stab ist aufgrund der angenommenen Homogenität die Wärmeleitfähigkeit überall gleich. Es bildet sich aufgrund der ebenen Geometrie in Übereinstimmung mit der experimentellen Beobachtung ein lineares Temperaturgefälle aus. Das Minuszeichen berücksichtigt die Erfahrungstatsache, dass die Wärme immer in Richtung des Temperaturabfalls (von heiß nach kalt) fließt. Mit Hilfe der Wärmestromdichte q& = IQ & Q = jQ = A A erhält man die 1. Wärmeleitungsgleichung: q& = − λ ⋅ dT dx LE-3-27 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Die Wärmestromdichte q& (oder j Q ) ist dem Temperaturgefälle proportional. Dieser Sachverhalt wird als 1. Wärmeleitungsgleichung oder auch als Fourier’sches Wärmeleitungsgesetz bezeichnet (Jean Baptiste Joseph Fourier, 1768 - 1830, franz. Mathematiker und Physiker). Das Fouriersche Wärmeleitungsgesetz gilt nur für den stationären Fall, d. h. bei konstantem Temperaturgefälle. Durch geeignete technische Maßnahmen kann das Temperaturgefälle ständig aufrechterhalten werden. Das heißt: In jedem beliebig herausgegriffenen Volumenelement des Wärmeleiters bleibt dann die Temperatur konstant. Es fließt an jeder Stelle genauso viel Wärme zu wie ab. Die Wärmeleitung erfolgt nur in Materie. Die Wärmeleitfähigkeit ist jedoch keine Stoffkonstante. Sie ist vielmehr temperatur-abhängig. In nichtmetallischen Festkörpern erfolgt die Wärmeleitung durch Energieübertragung mittels Gitterschwingungen infolge der elastischen Kopplung der Atome/Moleküle und nimmt häufig mit steigender Temperatur aufgrund der Zunahme von Gitterdefekten ab. Die Wärmeleitfähigkeit der Metalle wird zusätzlich durch freie Leitungselektronen bestimmt und ist wesentlich größer als bei Nichtmetallen. In Gasen und Flüssigkeiten erfolgt die Wärmeleitung durch unregelmäßige Stöße zwischen den Molekülen und ist oft von Transportvorgängen in Form von makroskopischen Strömungen (Konvektion) überlagert. Sie nimmt bei Gasen mit wachsender Temperatur zu. Die folgende Tabelle listet die Wärmeleitfähigkeiten einiger Stoffe bei Zimmertemperatur auf. Material Diamant Aluminium Gold Kupfer Silber Stahl (unlegiert) Stahl (V2A) Normalbeton Glas Holz (Fichte/Eiche) Kork PVC Polystyrol (EPS) Sandstein/Kalkstein Ruß Wasser Luft Argon Krypton λ/ Wm K 1000 – 3300 237 317 400 427 45 – 65 14 2,1 0,5 – 1,2 0,13 - 0,2 0,05 0,16 0,035 2,2 0,07 0,6 0,025 0,017 0,009 -1 -1 Tab. 1: Wärmeleitfähigkeit bei 20°C LE-3-28 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Für die während einer Zeitspanne ∆t = t 2 − t 1 durch Wärmeleitung transportierte Wärmemenge Q erhält man: Q= Q t2 0 t1 ∫ dQ = ∫ IQ dt = λ t 2 A A A ∆T ∫ dt =λ ∆T (t 2 - t 1 ) = λ ∆T ∆t d d d t1 Oft wird in Anlehnung an das Ohmsche Gesetz [elektrischer Widerstand (R) = Spannung (U) / elektrische Stromstärke (I)] ein Wärmeleitwiderstand R als Quotient aus der vorhandenen Temperaturdifferenz ∆T und dem dadurch verursachten Wärmestrom I Q definiert: R= ∆T IQ Insbesondere ergibt sich damit für den Wärmeleitwiderstand R: R= 1 d λ A [R]=K/W Von besonderem technischen Interesse ist der Wärmetransport durch Rohrleitungen z. B. zu Heizzwecken und zur Warmwasserversorgung. Dabei treten durch stationäre Wärmeleitung durch die zylindrische Rohrwand Energieverluste auf. Im Folgenden soll ein Rohr der Länge L und der Wanddicke d = R a − R i betrachtet. Die Rohrwand habe die Wärmeleitfähigkeit λ . Das Fourier’sche Wärmeleitungsgesetz liefert für den Wärmestrom IQ durch eine Rohrwand den Ansatz IQ = λ ⋅ A ⋅ ( − dT ). dx Wird als Abstandskoordinate der Radius r verwendet und der Temperaturgradient − durch − dT dx dT ersetzt, so folgt mit der Mantelfläche A = 2πrL für die Wärmestromstärke I Q : dr IQ = −λ 2πrL dT dr Zur Berechnung des Temperaturprofils T(r) verfährt man folgendermaßen: dT = − IQ 1 dr λ2πL r LE-3-29 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 T IQ r 1 ∫ dT = − λ2πL R∫ r dr Ti i T(r ) − Ti = − IQ r ln λ2πL R i T Ti T(r) Ta Ri Ra r Abb. 13: Nichtlineares Temperaturprofil durch ein Rohr bei Ti > Ta Ti ist die Temperatur des strömenden Mediums im Innenrohr, R i ist der Innenradius, R a der Außenradius des Rohres, dort herrschen die Wandtemperaturen Twi bzw. Twa . Ta ist die Umgebungstemperatur im Außenraum. Für einen beliebigen Abstand r mit R i ≤ r ≤ R a ergibt sich bei stationärem Wärmestrom IQ ein nichtlineares Temperaturprofil T(r): T (r ) = Twi − IQ λ 2πL ln r . Ri Für eine einschalige zylindrische Wand (Rohr) mit Ti > Ta folgt: Twa = Twi − IQ λ 2πL ln Ra . Ri Damit ergibt sich für den Wärmestrom IQ durch Wärmeleitung durch eine Rohrwand: IQ = λ 2π L (Twi − Twa ) R ln a Ri Bei nichtstationärer Wärmeleitung ändert sich die Temperatur in einem herausgegriffenen Volumenelement ∆V an der Stelle x durch unterschiedlichen Zu- und Abfluss von Wärme. Für die zeitliche Änderung der in ∆V = A∆x steckenden Energie ∆Q erhält man: LE-3-30 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Abb. 14: Zur Ableitung der 2. Wärmeleitungsgleichung dQ dq& = A ⋅ q& ( x ) − A ⋅ q& ( x + ∆x ) = − A ⋅ ∆x ⋅ dt dx Die Änderung der Energiedichte w = ∆V = A∆x : ∆Q folgt aus obiger Gleichung durch Division durch ∆V dw dq& =− dt dx Die Wärmezufuhr lässt sich durch die zugehörige Temperaturänderung ausdrücken: dQ = c ⋅ m ⋅ dT Wegen dw = dQ folgt: dV dw = c ⋅ ρ ⋅ d T . c ist die spezifische Wärmekapazität und ρ die Massendichte des Mediums. Aus dw dq& =− erhält man dann: dt dx c ⋅ρ⋅ dT dq& =− . dt dx Wird für die Wärmestromdichte q& das Fourier’sche Wärmeleitungsgesetz eingesetzt, so folgt als Ergebnis die 2. Wärmeleitungsgleichung für eindimensionalen Wärmetransport: ∂T( x, t ) λ ∂ 2 T( x, t ) = ⋅ . ∂t cρ ∂x 2 LE-3-31 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Die Temperatur T( x, t ) ist dabei eine Funktion von Ort und Zeit. Bei nicht-stationärer Wärmeleitung ist also eine partielle Differentialgleichung zweiter Ordnung zu lösen. λ m2 = G T wird Temperatur-Leitwert genannt. Ihre Einheit ist . Der c ⋅ρ s Temperatur-Leitwert bestimmt die Zeit τ , die zum Temperaturausgleich benötigt wird, sie wird thermische Relaxationszeit genannt. Für sie gilt Die Größe d 2 d 2 ρc τ= = . GT λ Die Größe d charakterisiert die Abmessung des Raumbereiches, über den sich das Temperaturgefälle erstreckt. 8.3 Wärmeübertragung durch Konvektion Unter einem Wärmeübergang (konvektiver Wärmeübergang) versteht man die Übertragung von Wärmeenergie durch die Grenzfläche zweier angrenzender Körper mit verschiedenen Aggregatzuständen. Berührt ein Fluid (Flüssigkeit oder Gas) mit der Temperatur TF eine feste Wand mit der Temperatur TW , so findet an der Grenzfläche der beiden Medien ein konvektiver Wärmeübergang statt. An der Übergangsstelle tritt dabei ein Temperatursprung ∆T = TW − TF auf. Der übertragene Wärmestrom ist der Berührungsfläche A und dieser Temperaturdifferenz ∆T proportional. dQ I Q = dt = h A ∆T Der Proportionalitätsfaktor h heißt Wärmeübergangskoeffizient. Gelegentlich wird für den Wärmeübergangskoeffizienten in der Literatur noch das früher übliche Symbol α verwendet. Er hängt von der Oberflächenbeschaffenheit der Wand ab und wird wesentlich durch die Strömungsgeschwindigkeit der Flüssigkeiten bzw. der Gase an der Grenzfläche Wand/Fluid bestimmt. Beim konvektiven Wärmetransport unterscheidet man zwischen freier und erzwungener Konvektion. Die freie Konvektion beruht auf dem Auftrieb des fluiden Mediums infolge seiner temperaturabhängigen Dichte. Durch Wärmeausdehnung nimmt nämlich die Dichte des fluiden Mediums ab. Die durch Sonneneinstrahlung über dem Erdboden erhitzte Luft dehnt sich aus. Ihre Dichte nimmt ab und sie steigt gegenüber der sie umgebenden Kaltluft auf. Dieser Vorgang wird in der Meteorologie Thermik genannt und beuht auf freier Konvektion. Der Strom aufsteigender Warmluft, die Thermik, wird beispielsweise von Greifvögeln oder Segelflugzeugen ausgenutzt, um „antriebslos“ Höhe über dem Erdboden zu gewinnen. Freie Konvektion kann auch in einem mit Wasser gefülltem Kochtopf auf der heißen Herdplatte beobachtet werden. Bei der erzwungenen Konvektion handelt es sich um eine durch Pumpen oder Ventilatoren hervorgerufene Zwangskonvektion. Ein Beispiel für erzwungene LE-3-32 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Konvektion stellt das Umluftgebläse eines Backofens dar.Die Konvektion stellt somit eine Form der Wärmeübertragung dar, die durch eine (materielle) Strömung des fluiden Mediums bewirkt wird. Für die durch Wärmeübergang in der Zeitspanne ∆t durch das Fluid 1 (Luft) in die Wand transportierte Wärmemenge Q gilt: Q = h A ∆T∆t [h ] = W m2 K Besteht für eine Wand ein Temperaturgefälle gemäß Abb. 15, so gilt für den Wärmetransport durch Wärmeübergang an der linken Grenzfläche: Q1 = h i A∆Ti ∆t (Wärmeübergang Fluid 1 / Wand) ∆Ti = ϑ1 − ϑ w,i ϑ1 ist die mittlere Temperatur des Fluids 1 (Innenraumtemperatur) und ϑ w,i die Oberflächentemperatur der Innenseite der Wand. ϑ Fluid 1 ϑ1 Wand Fluid 2 αi d ϑ w,i αa ϑw,i ϑw,a λ ϑw,a ϑ2 x Abb. 15: Wärmeübergang ( αi = hi und α a = ha ) an Grenzschichten (schematisch) Für den Wärmeübergang an der rechten Grenzfläche gilt: Q 2 = h a A∆Ta ∆t (Wärmeübergang Wand / Fluid 2) ∆Ta = ϑ w,a − ϑ 2 ϑ2 ist die mittlere Temperatur des Fluids 2 (Außentemperatur der Luft) und ϑ w ,a die Oberflächentemperatur der Außenseite der Wand. Durch die einschalige Wand, die wärmetechnisch durch Wanddicke d und Wärmeleitfähigkeit λ charakterisiert ist, findet ein Wärmetransport durch Wärmeleitung statt. Die Konvektion setzt einen Energieaustausch LE-3-33 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 durch Erhöhung der Teilchenenergie der Gas- oder Flüssigkeitsmoleküle des Fluids und anschließenden Transport der Teilchen an eine Stelle niederer Temperatur voraus. Die Konvektion in Gasen und Flüssigkeiten beruht auf Energie- und Massentransport. Die Wärmeleitung in festen Körpern erfolgt dagegen nur durch Energietransport. Beispiel: Abkühlung/ Erwärmung eines Körpers in einem umgebenden Medium konstanter Temperatur Eine heiße Metallkugel der Masse m, der spezifischen Wärmekapazität c, der Oberfläche A und mit der Anfangstemperatur T0 wird in ein kaltes Wasserbad von gegebener Temperatur TU getaucht. Es gelten folgende idealisierende Voraussetzungen: Das Bad ist derart groß, dass seine Temperatur durch den Prozess nicht beeinflusst wird. Der eingetauchte Körper hat jederzeit überall dieselbe Temperatur. ∆T = T( t ) − TU sei die Temperaturdifferenz zwischen den Körper und dem umgebenden Bad. dQ Ausgehend vom Wärmestrom I Q = dt = h A ∆T = hA (T − TU ) wird Wärme an die Umgebung abgegeben. Der Körper kühlt sich dadurch ab. Seine Temperatur T = T(t) ist dadurch eine Funktion der Zeit. Im infinitesimal kleinen Zeitintervall dt gibt er die Wärmemenge dQ = −mcdT an das umgebende Wärmebad ab. Durch das negative Vorzeichen wird berücksichtigt, dass die Temperatur abnimmt. Denn für eine Temperaturabnahme ist dT < 0 und folglich sind dann dQ und I Q > 0. dQ − mcdT = hA (T − TU ) dt = dt dT hA =− dt T − TU mc T ∫ T0 t dT hA =− dt T − TU mc 0 ∫ Zum Anfangszeitpunkt t = 0 ist T = T0 . Auswertung des Integrals liefert schließlich: ln T − TU hA =− t T0 − TU mc Nach Delogarithmierung folgt: − t T − Tu = e mc T0 − TU hA LE-3-34 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Die Abkühlungsfunktion ergibt sich damit zu T ( t ) = (T0 − TU )e − hA t mc + TU . Die Temperatur senkt sich im Laufe der Zeit exponentiell und nähert sich der Umgebungstemperatur TU an. T(t) T0 TU 0 t Abb. 16: Abkühlung eines heißen Körpers auf Umgebungstemperatur TU 8.4 Wärmedurchgang Der Wärmedurchgang durch eine beliebige Wand wird durch die Beziehung dQ I Q = dt = U A ∆T beschrieben. Der Proportionalitätsfaktor U wird nach EN ISO Wärmedurchgangskoeffizient oder U - Wert der Wand genannt. In der physikalischen Fachliteratur ist allerdings auch noch die alte Bezeichnung k-Wert gebräuchlich. [U]= W m2 K Ist eine einschalige ebene Wand der Dicke d beidseitig von zwei Fluiden z. B. Luft umgeben, so findet zunächst ein Wärmeübergang vom Gas auf die Wand statt. In der Wand wird die Wärmeenergie durch Wärmeleitung übertragen. Die Wand gibt dann die Wärmeenergie wieder durch Wärmeübertragung an die Luft ab. Im stationären Fall bleibt die Temperatur T(x) an jeder Stelle x konstant, d.h. die Wärmeaufnahme ist an jeder Stelle der Wand gleich der dortigen Wärmeabgabe. LE-3-35 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert T 1 TL i Luft Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Luft Wand 2 3 TW i TWa 4 TLa d x Abb. 17: Wärmedurchgang durch eine einschalige ebene Wand Der Wärmestrom IQ ist im stationären Fall überall gleich groß. Für den Wärmedurchgangskoeffizienten U dieser einschaligen Anordnung gilt: Wärmeübergang an der Innenwand ( h i = h 1 ): (1) I Q = h 1 ⋅ A ⋅ (ϑ L ,i − ϑ W ,i ) IQ oder ϑ L , i − ϑ W ,i = oder ϑW ,i − ϑW ,a = IQ λ ⋅A d ϑ W ,a − ϑ L ,a = IQ h1 ⋅ A Wärmeleitung durch die Wand: (2) IQ = λ ⋅ A ⋅ (ϑW ,i − ϑW ,a ) d Wärmeübergang an der Außenwand ( h a = h 2 ): (3) I Q = h 2 ⋅ A ⋅ (ϑ W , a − ϑ L , a ) oder h2 ⋅ A Durch Addition der rechten und linken Seiten der Gleichungen (1) – (3) erhält man: (ϑ L ,i − ϑ W ,i ) + ( ϑ W ,i − ϑ W , a ) + (ϑ W , a − ϑ L , a ) = IQ h1 ⋅ A + IQ IQ + λ h2 ⋅ A ⋅A d Umformung liefert: ϑ L,i − ϑ L,a = ∆ϑ = IQ A ⋅( 1 d 1 + + ) oder h1 λ h 2 IQ = 1 ⋅ A ⋅ ∆ϑ . 1 d 1 + + h1 λ h 2 In Kurzform erhält man für den Wärmedurchgang die Gleichung: LE-3-36 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 IQ = U A ∆T Koeffizientenvergleich liefert für den Wärmedurchgangskoeffizienten U einer einschaligen ebenen Wand: 1 1 1 d = + + . U h1 h 2 λ Für eine mehrschalige ebene Wand aus insgesamt n verschiedenen wärme-leitenden Schichten und m Wärmeübergängen lässt sich der Wärmedurchgangskoeffizient U auf die Wärmeleitfähigkeiten λ i der einzelnen Schichten mit den jeweiligen Schichtdicken di und die Wärmeübergangskoeffizienten h j zurückführen. Es gilt: 1 i =n di j =m 1 = ∑ + ∑ U i =1 λi j =1 h j ϑ ϑi ϑw,i ϑg αi d1 d2 λ1 λ2 1 2 ϑ w,a ϑa αa x Abb. 18: Wärmedurchgang durch eine zweischalige ebene Wand mit λ 1 > λ 2 und h i = α i sowie h a = α a Für den Wärmedurchgang durch eine zylindrische Rohrwand müssen zunächst die Wärmeströme infolge Wärmeübergang an der Innen- und Außenseite der Rohrwand berechnet werden. Für den Wärmestrom durch Wärmeübergang innen bzw. außen gilt: I Q = h i A i (Ti − Twi ) = h i 2πR i L(Ti − Twi ) I Q = h a A a (Twa − Te ) = h a 2πR a L(Twa − Ta ) LE-3-37 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Dabei sind h i und h a die Wärmeübergangskoeffizienten innen bzw. außen und A i = 2πR i L sowie A a = 2πR a L sind die Wandflächen innen bzw. außen. Aus der Temperaturbilanz Ti − Ta = (Ti − Twi ) + (Twi − Twa ) + (Twa − Ta ) und aus dem Tatbestand, dass alle Wärmeströme im stationären Zustand gleich groß sind, folgt die Berechnungsformel für den Wärmedurchgang: IQ = 2πL(Ti − Ta ) = UA(Ti − Ta ) 1 1 R 1 + ln a + R ihi λ R i R a h a U ist der Wärmedurchgangskoeffizient und A = 2πR a L ist die von der Rohrgeometrie abgängige Außenfläche. U= 1 Ra R R 1 + a ln a + R ihi λ Ri ha Besteht das Rohr aus mehreren Schichten, addieren sich die einzelnen Wärmeleitwiderstände (analog zur ebenen mehrschaligen Wand) zum Gesamtwärmeleitwiderstand. Beispielsweise erhält man dann für den Wärmestrom infolge Wärmedurchgang durch eine zweischalige Rohrwand (Rohr mit Isolierschicht): IQ = 2π L (Ti − Ta ) = UA(Ti − Ta ) 1 1 R 1 Ra 1 + ln 1 + ln + R i h i λ1 R i λ 2 R 1 R a h a R i ist der Innenradius des Innenrohres (1. Rohres mit der Wärmeleitfähigkeit λ1 ), dort herrscht die Temperatur Twi . R1 ist der Außenradius des Inennrohres (identisch mit dem Innenradius des Außenrohres). R a ist der Außenradius des Außenrohres mit der Wärmeleitfähigkeit λ 2 . Dort herrscht die Wandtemperatur Twa . Mit A = 2πR a L folgt für den Wärmedurchgangskoeffizienten U eines zweischaligen Rohres: U= 1 Ra R R R R 1 + a ln 1 + a ln a + R i h i λ1 R i λ 2 R 1 h a 8.5 Wärmestrahlung Aus Erfahrung ist bekannt, dass alle Körper bei höheren Temperaturen eine spürbare Wärmestrahlung abgeben. Wird ein Temperaturausgleich infolge Wärmeleitung und Konvektion zwischen zwei Körpern unterschiedlicher Temperatur unterbunden, indem sie ins Vakuum gebracht werden, so stellt man fest, dass sich trotzdem eine einheitliche Temperatur einstellt. Die Wärmestrahlung setzt keine Materie für den Energietransportvorgang voraus. Sie erfolgt somit auch durch den materiefreien Raum (Vakuum). LE-3-38 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Systeme oder Körper verschiedener Temperatur stehen in Strahlungswechselwirkung untereinander. Sie tauschen Wärmestrahlung, die wie Licht eine elektromagnetische Strahlung ist, aus. Alle Körper strahlen daher Wärme ab, man spricht von Emission, und nehmen Wärmestrahlung, die von anderen Körpern ausgeht, auf. Dieser Vorgang wird Absorption genannt. Durch Wärmestrahlung kann Wärmeenergie auch im materienfreien Raum transportiert werden, wie das Beispiel der Sonneneinstrahlung durch den Weltraum auf die Erde zeigt. Welche Energie ein Körper dabei durch Wärmestrahlung abgibt, ist nur von seiner Eigentemperatur nicht aber von der Temperatur der Umgebung abhängig. Wird die Temperatur eines Körpers erhöht, so steigt nicht nur die von ihm ausgesandte Strahlungsleistung an, sondern es ändert sich auch die spektrale Zusammensetzung. Unter Wärmestrahlung (nahe und mittlere Infrarotstrahlung) versteht man dabei den infraroten Spektralbereich mit Wellenlängen zwischen 0,8 µm - 10 µm . Die sog. extreme Infrarotstrahlung reicht bis zu einer Wellenlänge von 1000 µm und grenzt dort an die Mikrowellenstrahlung. Beispiel: Farbeindruck einer erhitzten Stahlprobe als Funktion seiner Temperatur ϑ / °C 650 900 950 1000 1100 ≥ 1300 Farbeindruck Dunkelrot Hellrot Orange Gelb Hellgelb Weiß Die von der Sonne emittierte Strahlung gelangt durch den interplanetarischen Raum zur Erde. Sie besteht im Wesentlichen aus dem sichtbaren Licht (SL), der ultravioletten Strahlung (UV) und der infraroten Strahlung (IR), die auch als Wärmestrahlung bezeichnet wird. Die Solarstrahlung stellt jedoch nur einen kleinen Ausschnitt aus dem gesamten Spektrum der elektromagnetischen Strahlung dar, zu dem auch die Röntgenstrahlung und die extrem kurzwellige Gammastrahlung gehört. HF SL UV ... IR fernes nahes IR IR Radiowellen Mikrowellen ... 6 10 Hz 109 Hz 10 12 Hz ... 1mm 100µm 1015 Hz f λ 1µm 100nm Abb Abb. 19: Ausschnitt aus dem elektromagnetischen Strahlungsspektrum Der Infrarotstrahlung schließt sich in Richtung abnehmender Frequenzen (zunehmender Wellenlängen) der elektrotechnisch genutzte Hochfrequenzbereich (HF) an. Die elektromagnetische Strahlung wird auch als Photonenstrahlung bezeichnet. Details werden im Rahmen einer Einführung in die Atomphysik dargestellt. LE-3-39 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Zwischen der Wellenlänge λ und der Frequenz f einer elektromagnetischen Welle besteht die Beziehung: λ f=c [λ]=m 1 [ f ] = s = Hz Dabei gilt: 1 s-1 = 1 Hz (Hertz) c ist die Ausbreitungsgeschwindigkeit der elektromagnetischen Strahlung, die Lichtgeschwindigkeit. c = 2,99792454 ⋅ 10 8 m / s ≈ 3 ⋅ 108 m / s Eine elektromagnetische Welle mit der Frequenz f transportiert die Strahlungsenergie E: E=hf Der Proportionalitätsfaktor h ist das Plancksche Wirkungsquantum, eine fundamentale Konstante der Atomphysik. h = 6,626 ⋅ 10 −34 Js Die von einem Körper ausgehende Strahlungsleistung P = E& ist identisch mit dem EnergiedE oder Strahlungsstrom E& = = Φ der Strahlungsquanten, den sog. Photonen. Die dt Strahlungsleistung hängt von der Temperatur T des Körpers, seiner Fläche A sowie seiner Oberflächenbeschaffenheit ab. Als fotometrische Größe wird der Strahlungsstrom, üblicherweise mit dem Formelzeichen Φ versehen, auch als Strahlungsfluss bezeichnet. [P] = [E& ] = [Φ ] = W Unter dem spektralen Strahlungsfluss Φ λ versteht man den auf das Wellenlängenintervall dλ bezogenen Anteil des Strahlungsflusses, der durch Photonen im Wellenlängenbereich zwischen λ und λ + dλ hervorgerufen wird. Φλ = dΦ dλ und [Φ λ ] = W m LE-3-40 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 ∞ Es gilt: Φ = ∫ Φ λ dλ 0 Die auf die Senderfläche A bezogene Strahlungsleistung wird Strahlungsflussdichte ϕ oder spezifische Ausstrahlung M genannt. ϕ=M= P Φ = A A und [M] = W m2 A ist die Senderfläche des Strahlers. Analog erhält man für die spektrale Strahlungsflussdichte oder spezifische spektrale Ausstrahlung Mλ : Mλ = dM Φ λ 1 dΦ = = dλ A A dλ und [Mλ ] = W m3 Bringt man beispielsweise einen Kupferwürfel mit verschiedener Oberflächenbeschaffenheit von 4 seiner 6 Seitenwände (Seitenfläche 1: blank poliert; Seitenfläche 2: farbig lackiert; Seitenfläche 3: weiß; Seitenfläche 4: mattschwarz lackiert) auf eine einheitliche Temperatur T, so stellt man fest, dass die Strahlungsintensität der Seitenflächen verschieden ist. Abb. 20: Massiver Kupferwürfel mit konstanter Temperatur T Die weiße Fläche strahlt stärker als die blank polierte, die bunte strahlt stärker als die weiße und die schwarze Fläche strahlt am stärksten. Man sagt, das Emissionsvermögen oder der Emissionsgrad ist verschieden; es hängt offensichtlich von der Oberflächenbeschaffenheit der Körper ab. Die Erfahrung zeigt ferner, dass ein dunkler Körper sich bei auftreffender Strahlung stärker erwärmt als ein heller. Das Absorptionsvermögen oder der Absorptionsgrad ist ebenfalls verschieden. Das größte Absorptionsvermögen besitzt ein Körper, der alle einfallende Strahlung vollständig absorbiert. Er besitzt das Absorptionsvermögen α = 1 und erscheint einem Beobachter im auffallenden Licht schwarz, da er keinerlei Strahlung reflektiert. Einen solchen LE-3-41 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Körper nennt man einen ideal schwarzen Körper oder einen schwarzen Strahler. Die beste Realisierung eines schwarzen Strahlers stellt ein beheizter Hohlzylinder der Temperatur T mit einer kleinen Öffnung A dar. Der Strahlungsstrom, der von außen durch die kleine Öffnung in den Hohlraum eintritt, wird im Innern nach mehrfacher Reflexion nach Maßgabe seines Absorptionsgrades schließlich vollständig absorbiert ( α = 1). Der aus dem Hohlraum durch die Öffnung mit der Fläche A austretende Strahlungsstrom ist identisch mit dem von einer schwarzen Fläche gleicher Temperatur ausgehenden Strahlungsstrom. Die von einem schwarzen Strahler ausgehende Strahlung wird daher auch Hohlraumstrahlung genannt. Der auf einen Körper auftreffende Strahlungsstrom Φ 0 kann absorbiert (Anteil Φ a ), reflektiert (Anteil Φ r ) oder durchgelassen (Anteil Φ d ) werden. Φ0 Φa =α Φ 0 Φr =ρ Φ 0 Φd =τ Φ 0 Abb. 21: Absorption, Reflexion und Transmission von Strahlung Es gilt: α= Φa Φ0 ρ= Φr Φ0 τ= Φd Φ0 α heißt Absorptionsgrad, ρ ist der Reflexionsgrad und τ wird Transmissionsgrad genannt. Mit diesen Definitionen folgt: α+ρ+τ =1 α , ρ und τ stellen dimensionslose Stoffkennzahlen dar. [α] = [ρ ] = [τ ] = 1 LE-3-42 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Unter einem schwarzen Körper (Strahler) versteht man denjenigen Körper, der das Absorptionsvermögen α S = 1 besitzt, der somit die einfallende Strahlung im gesamten Spektrumbereich vollständig absorbiert und in Wärme umwandelt. Für den schwarzen Körper (Strahler) gilt: αS = 1 und ρS = τS = 0 Für den weißen Körper (Strahler) gilt: ρW = 1 und α W = τ W = 0. Der schwarze als auch der weiße Körper (Strahler) sind theoretische Grenzfälle. Die meisten Körper sind im Hinblick auf ihr Absorptionsvermögen dagegen grau, d.h. sie absorbieren von der Strahlung unabhängig von ihrer Wellenlänge stets den gleichen Anteil (0 < α < 1). Im Unterschied dazu absorbieren farbige Körper im optischen Bereich die Strahlung verschiedener Wellenlängen unterschiedlich stark. Ihr Absorptionsvermögen α ist somit wellenlängenabhängig. α = α ( λ ) wird daher auch spektraler Absorptionsgrad genannt. Messungen bei verschiedenen Wellenlängen führen ebenfalls auf verschiedene ρ − und τ − Werte. Diese Größen sind daher ebenfalls von der Wellenlänge λ und der Temperatur T abhängig. Stellt man zwei nach außen isolierte Körper 1 und 2 (Abb. 22) gleicher Fläche A mit den Absorptionsvermögen α 1 und α 2 im Vakuum gegenüber, so ergibt sich Folgendes: Der linke Körper (Index 1) im oberen Teil der Abb. 22 emittiert den Strahlungsstrom Φ 1 , der rechte Körper (Index 2) Φ 2 . Von der auf Körper 1 auftreffenden Strahlung Φ 2 absorbiert der linke Körper α 1Φ 2 und reflektiert Φ r ,1 = ρ1Φ 2 = (1 − α 1 )Φ 2 . Der rechte Körper absorbiert α 2 Φ 1 und reflektiert Φ r ,2 = ρ 2 Φ 1 = (1 − α 2 )Φ 1 . Im thermischen Gleichgewicht sind für beide Körper die emittierten und absorbierten Strahlungsströme identisch. Andernfalls würde sich im Widerspruch zum 2. Hauptsatz der Thermodynamik von selbst eine Temperaturdifferenz aufbauen. Im Strahlungsgleichgewicht folgt: Φ 1 + Φ 1,r = Φ 2 + Φ 2,r Φ 1 + (1 − α 1 )Φ 2 = Φ 2 + (1 − α 2 )Φ 1 LE-3-43 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Φ1 α1 = Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Φ2 α2 Vakuum 1 2 1 α1 2 (1-α1 )Φ2 α2 (1-α2)Φ1 verspiegelt Vakuum 1 2 s αs =1 α<1 2 (1-α) Φs verspiegelt Abb. 22: KIRCHHOFFsches Strahlungsgesetz Ist Körper 1 ein schwarzer Strahler ( α 1 = α S = 1) und Körper 2 ein grauer Strahler mit dem Absorptionsgrad α < 1 (unterer Teil der Abb. 22), so emittiert der schwarze Strahler den Strahlungsstrom Φ 1 = Φ S und absorbiert den Strahlungsstrom Φ 2 des grauen Strahlers sowie den vom grauen Strahler reflektieren Anteil Φ r = ρΦ S = (1 − α )Φ s . Im thermischen Gleichgewicht sind emittierter und absorbierter Strahlungsstrom des schwarzen Körpers gleich groß: Φ S = Φ 2 + Φ r = Φ 2 + (1 − α )Φ S oder Φ 2 (T ) = αΦ S (T ) Allgemein gilt: Ein beliebiger, durch sein Absorptionsvermögen α gekennzeichneter nichtschwarzer Körper emittiert einen Strahlungsstrom Φ , der um den Faktor α kleiner ist als derjenige eines schwarzer Strahlers gleicher Temperatur. Φ ( T ) = αΦ S ( T ) Wegen Φ 2 (T ) = Φ s (T ) α folgt: LE-3-44 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Für alle Körper gleicher Temperatur T ist das Verhältnis von emittierten Strahlungsstrom zum Absorptionsvermögen gleich. Also gilt insbesondere Φ 1 Φ 2 Φ S (T ) Φ S (T ) = = = = Φ S (T ) . α1 α 2 αS 1 Der schwarze Strahler absorbiert nicht nur am besten, er gibt auch von allen Körpern gleicher Temperatur T die größte Strahlungsleistung ( ε S = 1 ) ab. 1859 fasste Gustav Kirchhoff (1824 – 1887) die Ergebnisse seiner umfangreichen experimentellen Untersuchungen folgendermaßen zusammen: Das Emissionsvermögen ε eines Körpers ist gleich seinem Absorptionsvermögen α : ε=α Φ(T ) = αΦ S (T ) = εΦ S (T ) Dieses Ergebnis wird als Strahlungsgesetz von Kirchhoff bezeichnet. Die Stoffkennzahl ε wird auch Emissionsverhältnis oder Emissionsgrad genannt und ist eine dimensionslose Zahl. [ε] = 1 Aus dem Kirchhoffschen Gesetz folgt, dass im Strahlungsgleichgewicht die pro Zeiteinheit ausgestrahlte Energie (emittierte Strahlungsleistung) gleich der pro Zeiteinheit absorbierten Energie (absorbierte Strahlungsleistung) ist. Im Strahlungsgleichgewicht ändert sich daher die Temperatur des Strahlers nicht, da der Temperaturausgleich erreicht ist. Das Emissionsvermögen eines Körpers hängt von seiner Oberflächenbeschaffenheit ab und wird wesentlich durch sein Verhalten im nichtsichtbaren Infrarotbereich bestimmt. Stoff Kupfer poliert Kupfer aufgeraut (geschmirgelt) Kupfer schwarz oxidiert Aluminium poliert Aluminium aufgeraut Aluminium schwarz eloxiert Heizkörperlack schwarzer Mattlack Wasseroberfläche Eisoberfläche Ruß Emissionsgrad ε 0,03 0,1 0,8 0,04 0,1 0,85 0,95 0,97 0,95 0,96 0,98 Tab. 2: Emissionsgrad von Stoffen mit unterschiedlicher Oberflächenbeschaffenheit LE-3-45 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Die spezifische Ausstrahlung M, d. h. die Energie, die ein Körper (Strahler) pro Sekunde und Flächeneinheit, d.h. bezogen auf seine Oberfläche, in den Halbraum abstrahlt, ist proportional zur vierten Potenz seiner absoluten Temperatur. Dies ist die Aussage des Stefan-Boltzmannschen Gesetzes: M = εσT 4 Der Faktor σ heißt Stefan-Boltzmann-Konstante. σ = 5,67 ⋅ 10 −8 W m −2 K −4 Das Stefan-Boltzmannsche Gesetz wurde 1879 von dem österreichischen Mathematiker und Physiker Josef Stefan (1835 – 1893) zur Interpretation von Messdaten formuliert, die bei der Untersuchung des Strahlungsverhaltens schwarzer Körper experimentell ermittelt worden waren. Sein Schüler, der Wiener Physiker Ludwig Boltzmann (1844 – 1906), hat dieses Gesetz später theoretisch aus der Planckschen Strahlungsformel abgeleitet. Für den schwarzen Körper (Strahler) mit der Oberfläche A = 1m 2 ist ε = ε S = 1 und: Ms = σT 4 Die Wärmestrahlungsleistung grauer Körper ist wegen des (von der Wellenlänge unabhängigen) kleineren Emissionskoeffizienten (ε < 1) geringer als die des schwarzen Körpers bei derselben Temperatur. M = εMs Der Index s in M s charakterisiert den schwarzen Strahler. in Der Wärmeverlust eines Körpers mit der Oberflächentemperatur T, der Oberfläche A und des Emissionsgrades ε durch Wärmestrahlung in den Halbraum ist dann: P = Φ = M ⋅ A = AεσT 4 Die Strahlungsleistung P stellt dabei einen strahlungsbedingten Wärme- oder Strahlungsstrom Φ dar. Durch die abgegebene Strahlung verliert der "Strahler" Wärmeenergie und kühlt sich ab. Der durch das Stefan-Boltzmannsche Gesetz beschriebene Zusammenhang gilt auch für die absorbierte Strahlungsleistung, wenn die Umgebung des Körpers die Temperatur T besitzt. Bei der Absorption geht allerdings der Absorptionsgrad α ein. Er ist im allgemeinen kleiner 1, da ein Teil der auftreffenden Strahlung reflektiert wird. 8.6 Strahlungsgesetz von Planck Jeder Körper mit der absoluten Temperatur T ist Quelle einer elektromagnetischen Strahlung, der so genannten Wärmestrahlung. Die spektrale Strahlungsflussdichte (kurz spektrale Strahldichte) oder spektrale spezifische Ausstrahlung Mλ (λ ) ist eine Funktion der Wellenlänge λ und wird durch das Plancksche Strahlungsgesetz beschrieben. Es beschreibt die im Wellenlängenbereich von λ bis dλ emittierte Strahlungsleistung. Für die LE-3-46 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 dM s eines schwarzen Strahler ( ε = ε S = 1 ) mit der dλ Senderfläche A = 1 m 2 in den Halbraum ( Ω = 2π ) gilt: spektrale spezifische Ausstrahlung M s,λ = Ms,λ (λ ) = 2πhc 2 λ5 1 hc e kλ T − 1 Dieses Ergebnis wurde im Jahre 1900 von Max Planck (1858 – 1947) in der Zeitschrift Annalen der Physik veröffentlicht. Er wurde dafür 1918 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet. Die Größen c, h und k sind Naturkonstanten. c ist die Lichtgeschwindigkeit, h ist das Plancksche Wirkungsquantum und k ist die Boltzmann-Konstante. Die von einem schwarzen Strahler emittierte spektrale spezifische Ausstrahlung Ms,λ ist für jede spezielle Wellenlänge λ nur von der Temperatur des Körpers abhängig und unabhägig von seinem Material. M s,λ 10 W/m³ 10 UV IR SL viol. blau grün gelb rot 13 6000K 5 5000K 4000K 0 500 λ/nm 1000 Abb. 23: Spektrum des schwarzen Strahlers bei verschiedenen Temperaturen Durch Integration lässt sich die spezifische Ausstrahlung M berechnen. Für einen schwarzen Körper erhält man: ∞ ∞ 2πhc 2 M s = ∫ M s , λ dλ = ∫ 0 0 5 λ 1 hc k e λT dλ = −1 2π 5 k 4 3 2 T 4 = σT 4 15h c Hinweis: Die Auswertung des uneigentlichen Integrals ist etwas trickreich und wird daher im Anhang dargestellt. Diese Gesetzmäßigkeit ist das von den österreichischen Physikern Josef Stefan 1879 experimentell gefundene und von Ludwig Boltzmann 1884 theoretisch begründete Stefan-Boltzmann-Gesetz. Darin steht die Stefan-Boltzmannsche Konstante σ als Abkürzung für folgenden Ausdruck der Naturkonstanten: σ = 2π 5k 4 W = 5,6705 ⋅ 10 −8 2 4 3 2 15h c m ⋅K LE-3-47 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Die Lage des Maximums λ max im Planckschen Strahlungsgesetz (Abb. 23) verschiebt sich offensichtlich mit wachsender Temperatur des Strahlers zu kürzeren Wellenlängen hin. Wilhelm Wien (1864 – 1928) konnte experimentell eine Proportionalität der Form λ max ∝ 1 / T nachweisen, welche auch rechnerisch aus der Planckschen Strahlungsformel folgt. Die Lage des Maximums λ max im Planckschen Strahlungsgesetz folgt aus M ′s, λ (λ max ) = 0. Mit der Abkürzung x = M s, λ (λ ) = 2πhc 2 hc folgt: kTλ 1 λ5 e hc k B λT = f ( x) = 2πk 5 T 5 x5 c 3h 4 ex − 1 −1 d f ( x) = f ' ( x) dx f ′( x ) = [ 2πk 5 T 5 5 x 4 (e x − 1) − x 5 e x [e 3 4 c h x ] −1 ] 2 x E sei Extremum, dann gilt: f ′( x E ) = 0 5 x E (e x E − 1) − x E e x E = 0 4 5 5e x E − 5 − x E e x E = 0 5 − 5e − x E − x E = 0 5 = 5e − x E + x E 1 = e −x E + xE 5 Diese transzendente Gleichung besitzt die numerisch ermittelte Lösung x E = 4,9651. Mit x E = hc und den Daten der Naturkonstanten k B Tλ max LE-3-48 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt c = 299792458 m/s, k B = 1,380658 10 -23 Thermodynamik LE3 J/K und h = 6,626075 10 -34 Js folgt: λ max T = hc = 2,8978 ⋅ 10 −3 m ⋅ K oder kB xE λ max T = b Diese Beziehung wird Wiensches Verschiebungsgesetz genannt und wurde von dem deutschen Physiker Wilhelm Wien erstmals aufgestellt. Die Konstante b hat den Wert b = 2,8978 ⋅ 10 −3 m ⋅ K = 2,8978 mm K und heißt Wien-Konstante. Die Lage λ max des Maximums der spektralen Strahlungsflussdichte wird durch die Temperatur T eindeutig festgelegt; sie verschiebt sich mit zunehmender absoluter Temperatur des Strahlers nach kürzeren Wellenlängen, wobei das Produkt aus Wellenlänge λ max und Temperatur T konstant bleibt. Das Wiensche Verschiebungsgesetz erlaubt eine Temperaturbestimmung sehr heißer Körper durch Messung der von ihnen abgegebenen elektromagnetischen Strahlung. Die dazu notwendigen Strahlungsmessgeräte werden Pyrometer genannt. Auch die im Rahmen der energetischen Gebäuesanierung wichtige Thermographie, mir deren Hilfe wärmetechnische Schwachstellen in der Gebäudehülle ermittelt werden, basiert auf der Auswertung von IR-Strahlung. Weitere Anwendungen der Wärmestrahlung sind Nachtsichtgeräte und PIR-Bewegungsmelder in der Sicherheitstechnik. Temperaturstrahler geben nur einen Bruchteil ihrer Energie im sichtbaren Strahlungsbereich ab, der im Folgenden detailliert berechnet werden soll. Das Produkt M s,f df beschreibt den auf die Frequenzen zwischen f und f + df entfallenden Bruchteil der Gesamtenergiestromdichte (Strahlungsleistung) M s . Damit gilt definitionsgemäß: ∞ 0 ∞ λ =0 f =∞ f =0 M s = ∫ M s,λ dλ = ∫ M s,f df = − ∫ M s,f df Wegen λf = c korrespondieren kleine Wellenlängen mit großen Frequenzen und umgekehrt. Es zeigt sich: Die spektrale Verteilungsfunktion der Strahlungsleistung wird allein von der Temperatur T des Strahlers bestimmt und ist unabhängig vom Material des Strahlers. Alle schwarzen Körper besitzen unabhängig von ihrem Material und von ihrer Form die gleiche spektrale Verteilungsfunktion M s, λ = M s, λ (λ, T ) bzw. M s, f = M s,f (f , T ) . Analog zur spektralen spezifischen Ausstrahlung M s,λ = M s ,f = dM s eines schwarzen Strahler ist dλ dM s . df LE-3-49 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Ferner gilt: M s,λ dλ = − M s,f df c c folgt: df = − 2 dλ λ λ c M s,λ dλ = − M s,f df = M s,f 2 dλ λ Mit f = Schließlich folgt: M s ,f = λ2 M s ,λ c Das Plancksche Strahlungsgesetz kann damit in Übereinstimmung mit den experimentellen Befunden auch als spektrale Verteilungsfunktion der Strahlungsleistung in Abhängigkeit von der Frequenz f beschrieben werden: M s, f = 2πh f3 c2 hf e kT − 1 Die gesamte Energiestromdichte (Strahlungsleistung) M s des schwarzen Strahlers ergibt sich dann zu: ∞ M s = ∫ M s,f df = f =0 2πh ∞ f3 df ∫ c 2 f = 0 hf e kT − 1 Die Substitution x = Ms = hf liefert: kT 2πk 4T 4 ∞ x 3dx 2π5k 4 4 = T = σT 4 2 3 ∫ x 2 3 c h 0 e − 1 15c h Sichtbares Licht kann mit dem Sehorgan „Auge“ wahrgenommen werden. Die Wellenlängen des sichtbaren Lichts (SL) liegen im Bereich von etwa λ m ≈ 380 - 400 nm (violetter Farbeindruck) bis etwa λ M ≈ 780 - 800 nm (roter Farbeindruck). Die Empfindlichkeit des menschlichen Auges nimmt an den Wahrnehmungsgrenzen allmählich ab. Daher kann keine scharfe Wahrnehmungsgrenze angegeben werden. Wegen der Beziehungen λf = c und x = hf lassen sich entsprechende Wahrnehmungsgrenzen auch für f und x angeben. kT 3 8 3 4 Der sichtbare Frequenzbereich liegt zwischen fm = 1015 Hz (rot) und fM = 1015 Hz (violett). Die entsprechenden Grenzen für x hängen von der Temperatur T des Strahlers ab, LE-3-50 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 die als Parameter in die spektrale Verteilungsfunktion der Strahlungsleistung eingeht. Für die im sichtbaren Bereich liegende Strahlungsleistung M SL s folgt: λM fM 2πk 4T 4 x M x 3dx SL M s = ∫ M s, λ dλ = ∫ M s, f df = ∫ c2h 3 x m e x − 1 λm fm 3 x 15 4 M x dx M SL = σ T ∫ x s π4 xm e −1 Dieses bestimmte Integral muss numerisch ausgewertet werden. Für hf > kT ist e x > 1 und e x − 1 ≈ e x . Der Integrand in der Planckschen Strahlungsformel kann dann durch die sog. Wiensche Approximation beschrieben werden, welche nur für hohe Frequenzen gültig ist: 3 x x 15 4 M x dx 15 4 M 3 −x M SL = σ T = σ T ∫ ∫ x e dx s x π4 π4 xm e xm Für den prozentualen Anteil der im sichtbaren Spektralbereich liegenden Strahlungsleistung an der gesamten Strahlungsleistung des schwarzen Körpers folgt: φSL = xM MSL s = 15 x 3e − x dx 4 ∫ Ms π xm Die Auswertung des Integrals ist im Anhang (Kap. 8.7) beschrieben. In Tabelle 3 sind die Ergebnisse für φSL für verschiedene Temperaturen T des schwarzen Strahlers aufgeführt. Die Strahlungsquelle befindet sich im Vakuum, sodass keine weiteren Energieverluste durch Wärmeleitung und Konvektion auftreten. Dagegen sind reale Glüh- und Halogenlampen aus herstellungstechnischen Gründen mit einem Schutzgas gefüllt, wodurch zusätzliche Wärmeverluste auftreten, die zu einer Herabsetzung von φSL führen. T/K 1000 1250 1500 1750 2000 2250 2500 2750 3000 3250 3500 4000 5000 6000 xm 18 14,4 12 10,3 9 8 7,2 6,5 6 5,5 5,1 4,5 3,6 3 xM 36 28,8 24 20,6 18 16 14,4 13 12 11,1 10,2 9 7,2 6 φSL /% 0,0016 0,03 0,2 0,8 2 3,9 6,6 10 12,6 17,8 22 29,7 40,9 47 Tab. 3: Sichtbarer (prozentualer) Strahlungsanteil von Temperaturstrahlern LE-3-51 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Das Auge erzeugt auf der lichtempfindlichen Netzhaut (Retina) Bilder von physikalischen Objekten. Die Netzhaut besitzt zwei Arten von modifizierten Nervenzellen. Die als Stäbchen bezeichneten Zellen sind sehr lichtempfindlich und gewährleisten in der Dämmerung das Schwarz-Weiß-Sehen. Die farbempfindlichen Zapfen gewährleisten bei Tageslicht das Farbensehen. Verantwortlich für das Sehen dieser zellulären Photorezeptoren der Netzhaut sind lichtabsorbierende Pigmentmoleküle (Rhodopsin). Dabei unterscheidet man drei unterschiedliche Zapfentypen, die man als Rot-, Grün- und Blau-Zapfen bezeichnet. Die durch die Lichtreize verursachten visuellen Signale werden über die Fasern des optischen Nervs zum visuellen Cortex im Okzipitallappen der Großhirnrinde weitergeleitet. Hellempfindlichkeitsgrad V(λ) Die Farbempfindlichkeit des menschlichen Auges kann durch Kurven relativer spektraler Helligkeitsempfindlichkeit dargestellt werden. Die Abszisse stellt die in Nanometern (nm) gemessene Wellenlänge des Lichts dar. Auf der Ordinate ist die Empfindlichkeit (reziproker Schwellenwert) dargestellt. Das Empfindlichkeitsmaximum wurde willkürlich für beide Kurven jeweils gleich Eins gesetzt. Nachtsehen Tagsehen 1,0 0,5 0 400 500 600 nm Abb. 24: Relative spektrale Hellempfindlichkeit des Auges Die linke Kurve stellt das skotopische Sehen (Nachtsehen) und die rechte Kurve das photopische Sehen (Tagsehen) dar. Diese Zweiteilung des Sehens basiert anatomisch auf den beiden unterschiedlichen Rezeptortypen der Netzhaut, nämlich den Zapfen und den Stäbchen. Im Rahmen einer funktionellen Definition spricht man statt von Zapfensehen von photopischen Sehen (Tagsehen) und statt von Stäbchensehen von skotopischen Sehen (Dämmerungssehen). Die Zapfen der menschlichen Netzhaut mit ihren nachgeschalteten neuronalen Elemente sind nur bei ausreichend heller Beleuchtung in Aktion. Sie ermöglichen dann ein hohes zeitliches und räumliches Auflösungsvermögen und eine Unterscheidung von Farben. Die Stäbchen mit den ihnen nachgeschalteten neuronalen Elementen hingegen sind in der Lage, auch bei schwacher Beleuchtung (Dämmerung, Nacht) ein Sehen zu vermitteln, wobei bei ausschließlicher Erregung dieser Rezeptoren kein Farbensehen möglich ist. Durch Zusammenschalten zahlreicher Stäbchen zu größeren funktionellen Einheiten ist die absolute Lichtempfindlichkeit hoch, während das Auflösungsvermögen (Sehschärfe) gering ist. Das Empfindlichkeitsmaximum des skotopischen Sehens liegt bei etwa 507 nm (Farbeindruck: blaugrün). LE-3-52 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Die spektrale Helligkeitsempfindlichkeit wird wie folgt bestimmt: Dem Auge werden unter den Bedingungen des skotopischen Sehens Lichter verschiedener Wellenlänge dargeboten, die dann farblos erscheinen. Als Maß für die relative Wirksamkeit der Wellenlängen wird von jeder Wellenlänge die Intensität bestimmt, welche die gleiche Helligkeitsempfindung erzeugt wie eine Standardintensität weißen Lichtes. Dann wird die relative Empfindlichkeit in Form des Reziprokwertes der jeweiligen Strahlungsintensität gegen die Wellenlänge aufgetragen und man erhält schließlich die skotopische spektrale Helligkeitskurve. Das Empfindlichkeitsmaximum des photopischen Sehens liegt bei etwa 555 nm (Farbeindruck: gelbgrün bis grün). Dieses Maximum der Augenempfindlichkeit wurde nach DIN 5031 „Strahlungsphysik im optischen Bereich“ durch Reihenuntersuchungen als Durchschnittswert ermittelt. Bei einer effektiven Oberflächentemperatur der Sonne von T = 5785 K folgt mit Hilfe des Wienschen Verschiebungsgesetzes für das spektrale Maximum der Sonnenstrahlung: λ E = 468 nm. Der Farbeindruck einer solchen monochromatischen Strahlung ist „blau“. Aufgrund der selektiven Absorption und der wellenlängenabhängigen Streuung der Gase der Erdatmosphäre ändert sich die spektrale Zusammensetzung des am Erdboden ankommenden Sonnenlichts. Bei etwa 555 nm (Farbeindruck ist „grün“) besitzt das Sonnenspektrum an der Erdoberfläche ein breites Intensitätsmaximum (Abb. 25). Die in Abb. 25 dargestellten Sonnenspektren haben folgende Bedeutung: 1: Schwarzer Strahler (gestrichelte Kurve) bei T = 5800 K 2: Extraterrestische Messung der spektralen Strahlungsleistung (oberhalb der Erdatmosphäre) 3: Messung der spektralen Strahlungsleistung am Erdboden Ms,λ 1013 W/m3 UV SL IR Abb. 25: Sonnenspektren Die Verschiebung der spektralen Empfindlichkeit von der kurzwelligen zur langwelligen Seite des Spektrums bei Reizung mit hohen Lichtintensitäten (photopisches Sehen) bzw. die umgekehrte Verschiebung bei Reizung mit schwachen Lichtintensitäten (skotopisches Sehen) ist die Ursache der Purkinje-Shift: Gegenstände von blauer und roter Farbe, die im LE-3-53 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Tagessehen etwa gleich hell erscheinen, ändern ihre Helligkeit während der Dämmerung; während das Blau nunmehr als helles Grau erscheint, wirkt Rot beinahe als Schwarz. Die Grenzen des sichtbaren Spektrums liegen zwischen 400 und 780 nm. Sie sind allerdings nicht scharf. Bei linsenlosem Auge können Strahlungen von 300 nm bis zu 1000 nm registriert werden. Die starke UV-Absorption des Auges begrenzt die Wahrnehmbarkeit von kurzwelliger Strahlung. Da die lichtbrechenden Medien der Arthropoden wie z. B. der Bienen aus UV-durchlässigen Chitin bestehen, reicht ihr Sehvermögen weit ins Ultraviolett hinab. Eine höhere Infrarotempfindlichkeit des Auges wäre insofern unzweckmäßig, als die durch die Körpertemperatur von 37 °C bedingte Infrarotstrahlung eine ständige Lichtempfindung verursachen würde. ϑ = 37°C ≡ T = 310 K ⇒ λ E = 9,35 µm 8.7 Mathematischer Anhang Gemäß dem Stefan-Boltzmannschen Gesetz ist zu zeigen: Ms = 2πk 4T 4 ∞ x 3dx 2π5k 4 4 = T = σT 4 2 3 ∫ x 2 3 c h 0 e − 1 15c h Hierzu muss das uneigentliche Integral ausgewertet werden. Dabei ergibt sich folgendes Ergebnis: ∞ x3 0e x ∫ −1 dx = 6 ⋅ π4 90 Zur Berechnung des Integrals wird der Integrand x3 ex −1 = x3 e x (1 − e − x ) = x3 ex −1 umgeformt: x 3e − x (1 − e − x ) Mit der Abkürzung z = e − x folgt: x3 e −1 x = x 3e −x ⋅ 1 1− z Für alle z < 1 erhält man durch Reihenentwicklung die unendliche Reihe: 1 = 1 + z + z 2 + z 3 + ... 1− z LE-3-54 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Damit ergibt sich für den Integranden: x3 e −1 x x3 e −1 x ∞ x3 0e x ∫ = x 3 e − x ⋅ (1 + e − x + e −2 x + e −3x + e −4 x + ...) = x 3 ⋅ (e − x + e −2 x + e −3x + e −4 x + .e −5 x ..) −1 ∞ ∞ ∞ 0 0 0 dx = ∫ x 3 (e − x + e −2 x + e −3x + ...)dx = ∫ x 3 e − x dx + ∫ x 3 e −2 x dx + ... Man erhält damit eine unendliche Reihe, deren Summanden uneigentliche Integrale sind. Jedes Glied dieser unendlichen Reihe lässt sich durch dreimalige Anwendung der partiellen Integration ∞ ∞ ∞ ∫ gh ′dx = gh 0 − ∫ hg ′dx 0 0 integrieren. Für das n-te Glied der unendlichen Reihe erhält man mit g = x 3 und h = e − nx : ∞ 1 3 −nx 3 − nx ∫ x e dx = − x e n 0 ∞ 3 − nx ∫ x e dx = 0 0 3 n 2 ∞ ∫e 1 ∞ −nx 2 ∫ e 3x dx n0 − nx 2 xdx = − 6 ∞ 0 n3 0 ∫e 6 n 0 ∞ 3 − nx ∫ x e dx = + 1 ∞ −nx 2 3 2 −nx ∫ e 3x dx = − 2 x e n0 n ∞ 3 − nx ∫ x e dx = ∞ 0 − nx dx = − 6 n4 3 ∞ 0 xe −nx e −nx ∞ 0 ∞ 0 =+ + ∞ 3 + n 2 6 ∞ n 3 ∫e − nx 2 xdx 0 ∫e − nx dx 0 6 n4 Aus ∞ x3 0e x ∫ −1 ∞ dx = ∫ x 3 (e −x + e −2 x + e −3x + ...)dx 0 folgt durch gliedweise Integration mit n = 1, 2,3, ... LE-3-55 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert ∞ ∫ x3 0e x ∞ x3 0e x ∫ −1 −1 dx = 6 4 6 + 1 2 4 + ∞ 1 n =1 n4 dx = 6 ⋅ ∑ 6 3 4 Physik und Umwelt + 6 44 Thermodynamik LE3 + ... Aus der Theorie der unendlichen Reihen folgt: Die Reihe ist konvergent. Als Grenzwert der Partialsummenfolge ergibt sich die Summe der Reihe zu π4 ∑ 4 = 90 n =1 n ∞ 1 Damit folgt das behauptete Endergebnis ∞ x3 0e x ∫ −1 ∞ 1 n =1 n4 dx = 6 ⋅ ∑ = 6⋅ π4 π4 = . 90 15 Für technisch realisierbare Glühwendeltemperaturen T < 3500 K und für hohe Frequenzen (sichtbares Licht) kann die Plancksche Strahlungsformel gut durch die Wiensche Approximation beschrieben werden (Abb. 26). Für die Berechnung von φSL , des prozentualen Anteils der im sichtbaren Spektralbereich liegenden Strahlungsleistung ist folgendes Integral auszuwerten: φSL = xM MSL 3 −x s = 15 ∫ x e dx 4 Ms π xm Nach dreimaliger Anwendung der partiellen Integration folgt: xM 3 −x −x ∫ x e dx = 3e (− xm x3 − x 2 − 2 x − 2) 3 xM xm = 3e − x M (− x 3M x3 − x 2M − 2x M − 2) − 3e − x m ( − m − x 2m − 2 x m − 2) 3 3 hf 3 3 und f m = 1015 Hz bzw. f M = 1015 Hz ergeben sich für verschiedene kT 8 4 hf Temperaturen T die in Tab. 3 aufgeführten Integrationsgrenzen x m = m kT Mit x = hf M mit denen sich nach Auswertung des bestimmten Integrals die tabellierten kT Zahlenwerte für φSL ergeben. und x M = LE-3-56 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 9. Gebäude-Energieeffizienz und energetische Sanierung Etwa 35 % der in Deutschland 2010 über alle Anwendungsbereiche (private Haushalte, Industrie, Verkehrssektor, Gewerbe, Handel und Dienstleistungen) bereitgestellten Endenergie in Höhe von 9310 PJ wird als Heizenergie für Raumwärme (30 %) und Warmwasserbereitung (5 %) eingesetzt. Bei der nachgefragten Endenergie dominiert damit der Wärmemarkt (35 %) gefolgt vom Mobilitätsmarkt (28 %). Für die Bereitstellung von industrieller Prozessenergie (Prozesswärme und mechanische Energie) werden etwa 24 % der Endenergie benötigt. Auf IKT (Information und Kommunikation) sowie auf Beleuchtung entfallen zusammen etwa 6%. Die restlichen 7 % des Endenergiebedarfs entfallen auf sonstige Energie-Anwendungszwecke (u. a. Prozesskälte und Klimakälte). Die prozentuale Verteilung der verschiedenen Verbrauchsbereiche am deutschen Endenergieverbrauch zeigt die folgende Graphik beispielshaft für das Jahr 2000. Energieverbrauch 2000 Verkehr 30% Industrie 26% Haushalte 28% Kleinverbraucher 16% Abb. 26: Sektorale Verteilung des Endenergieverbrauchs in Deutschland (Kleinverbraucher: Gewerbe, Handel, Dienstleistungen) LE-3-57 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Die Verteilung des deutschen Endenergieverbrauchs auf die einzelnen Verbrauchssektoren hat sich in den letzten Jahren nur unwesentlich verändert. Sektor Industrie Verkehr Haushalte Kleinverbraucher 1990 31,4% 25,1% 25,0% 18,5% 2000 26,2% 29,8% 28,0% 16,9% 2010 28,1% 28,2% 28,5% 15,2% 2015 29,0 30,4 25,6 15,0 Tab. 4: Verbrauchssektoren des deutschen Endenergieverbrauchs Der deutsche Primärenergieverbrauch schwankt seit 1990 um etwa 490 Mio. t SKE, wobei die Witterung und die jeweiligen Mineralöl- und Gaspreise eine große Rolle spielen. Im Jahr 2000 wurden laut Energiebericht des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) 491,4 Mio. t SKE oder 14402 PJ an Primärenergie verbraucht. Unter Berücksichtigung von Umwandlungs- und Verteilungsverlusten wurden den Verbrauchern 9200 PJ an Endenergie bereitgestellt. Hierbei gilt folgende Umrechnungsbeziehung: 1 kg SKE (Steinkohleeinheit) = 8,14 kWh = 29308 kJ 1 Petajoule = 1 PJ = 1015 J Jahr 1990 2000 2010 2015 PEV / PJ 14905 14402 14217 13335 EEV / PJ 9472 9235 9310 8648 Tab. 5: Deutscher Primärenergieverbrauch (PEV) und Endenergieverbrauch (EEV) in PJ Das Verhältnis Endenergie / Primärenergie beträgt etwa 64%, d. h. etwa 36% der eingesetzten Primärenergie gehen als Verluste bei der Erzeugung, Verteilung und Bereitstellung der Endenergie verloren. 2010 entfielen vom Endenergieverbrauch der privaten Haushalte in Höhe von 2676 PJ etwa 1900 PJ (71%) auf Raumwärme und 373,5 PJ (14%) auf Warmwasserbereitung. Insgesamt verwenden sie damit 85% der eingesetzten Endenergie für Heizzwecke. In den Sektoren Haushalt und Kleinverbrauch (Gewerbe, Handel, Dienstleistungen und Landwirtschaft), die zusammen ohne ihren verkehrsbedingten Anteil etwa 45% der insgesamt verbrauchten Endenergie benötigen, überwiegt mit etwa 80 % der Bedarf an Niedertemperaturwärme für Raumheizung und Warmwasserbereitung sowie für Niedertemperaturprozesse bis 300 °C im verarbeitenden Gewerbe. Gemäß dem „Energiekonzept“ der Bundesregierung vom 28. September 2010, welches eine bis 2050 reichende Gesamtstrategie beschreibt, soll die Energieversorgung LE-3-58 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 versorgungssicher, umwelt- und klimagerecht und wirtschaftlich erfolgen. Die weltweit steigende Energienachfrage wird demnach zu deutlich steigenden Energiepreisen führen. Zu dem sind 80% der derzeitigen Treibhausgasemissionen dem Energieverbrauch anzulasten und damit „energiebegingt“. In einem 2016 von der Bundesregierung beschlosenem „Klimaschutzplan 2050“ ist eine Minderung des gesamten Treibhausgasausstoßes bis 2050 um 95% gegenüber 1990 vorgesehen. Das Umweltbundesamt (UBA) hat dazu in einem Positionspapier Vorschläge erarbeitet. Demnach müsste dazu der Treibhausgasausstoß des Energie- und des Verkehrssektors auf null gesenkt werden. Verbrennungsmotoren und auf Verbrennung beruhende Heizungen wären verboten. Und bei der bei der Stromerzeugung wäre ein vollständiger Verzicht auf die Verstromung von Kohle und anderen fossilen Energieträgern notwendig. Neben dem kosteneffizienten Ausbau der erneuerbaren Energien liegt ein zentraler Schwerpunkt des Energiekonzeptes in der energetischen Gebäudesanierung. Drei Viertel des Altbaubestands wurde noch vor der 1. Wärmeschutzverordnung aus dem Jahr 1977 errichtet. Der Wärmebedarf des Gebäudesbestandes soll bis 2020 um 20% reduziert werden und bis 2050 soll ein „klimaneutraler“ Gebäudebestand verwirklicht werden. Dadurch sollen 2050 eine Energieverbrauchssenkung für Wärme und Kühlung im Gebäudebereich von 80% im Vergleich zu 2008 erzielt werden. Das Energieverbrauchsniveau „klimaneutrales Gebäude“ soll mit der Novelle der Energieeinsparverordnung (EnEV 2014) für Neubauten konkretisiert werden. Wegen dieser Bedeutung soll im Folgenden der Wärmemarkt näher betrachtet werden. Durch Maßnahmen zur Wärmedämmung kann ein hohes Energie-Einsparpotential im Bereich der Wärmeversorgung genutzt werden. Der Heizwärmebedarf von Gebäuden ist von einer Vielzahl von Faktoren abhängig: Dabei ist die Bauweise der Gebäude und hier insbesondere die Wärmedämmung der Fassaden (Außenwände, Dach, Boden), der Fensteranteil und die thermische Fensterqualität von großer Bedeutung. Der Tatsache, dass jeder Energieverbrauch mit einer Belastung der Ökosphäre verbunden ist, muss verstärkt auch im Baubereich Rechnung getragen werden, der einen zentralen Beitrag zur CO 2 -Reduktion leisten kann. Das gesetzgeberische Instrumentarium stellt in diesem Zusammenhang das Energieeinsparungsgesetz, genauer Gesetz zur Einsparung von Energie in Gebäuden (EnEG) vom 22.07.1976, dar. Der bauliche Wärmeschutz wurde durch die am 11.08.1977 verabschiedete und am 01.11.1977 in Kraft gesetzten „Verordnung über einen energiesparenden Wärmeschutz“ (Wärmeschutzverordnung) erstmals auf eine gesetzliche Grundlage gestellt. Im Jahre 1982 erfolgte eine Überarbeitung der Wärmeschutzverordnung (WSchVO 1982), die 1995 durch die Verordnung über einen energiesparenden Wärmeschutz bei Gebäuden (WSchVO 1995) weiter verschärft wurde, wodurch für Neubauten eine Energieverbrauchsminderung von rund 30% erzielt wurde. Durch die am 1. Februar 2002 in Kraft getretene Energieeinsparverordnung (EnEV 2002) wurden Wärmeschutzverordnung und Heizungsanlagenverordnung ersetzt. Die EnEV wurde 2004, 2007 und 2009 modifiziert. Am 21.11.2013 wurde die EnEV 2014 bekannt gemacht (BGBl. I S. 3951), die am 1. Mai 2014 in Kraft getreten ist. Im Vergleich zur EnEV 2009 wurden darin ab 1.1.2016 die primärenergetischen Anforderungen für Neubauten um 25% und die Wärmedämmung der Gebäudehülle um etwa 20% angehoben. Diese Anforderungen sollen auch zukünftig fortlaufend erhöht werden. LE-3-59 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Dadurch wurden die Anforderungen für die Senkung des Energiebedarfs eines neu zu errichtenden Gebäudes erneut erhöht, indem der zulässige Jahres-Primärenergiebedarf herabgesetzt und die Anforderungen an den Wärmeschutz der Gebäudehülle verschärft wurde. Die EnEV legt die Mindeststandards zur Energieeinsparung im Gebäudebereich fest und regelt die energetische Beurteilung von Häusern. Bereits mit der EnEV 2009 wurde das Referenzgebäude-Verfahren eingeführt und das energetische Anforderungsniveau neu festgelegt. Der Höchstwert des Jahres-Primärenergiebedarfs wird durch ein Referenzgebäude gleicher Geometrie, Gebäudenutzfläche und Ausrichtung wie das zu errichtende Gebäude berechnet und festgelegt. Die für das Referenzgebäude ermittelten zulässigen Höchstwerte dürfen nicht überschritten werden. Die Nutzung von erneuerbaren Energien zur Deckung des Wärmebedarfs wird seit dem 1. Januar 2009 durch das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) geregelt, das bei zu errichtenden Gebäuden eine Deckung des Wärmebedarfs durch erneuerbare Energien in Höhe von 15% vorschreibt. Abb. 27: Einflussgrößen auf den Heizwärmebedarf Im Folgenden sollen einige bauphysikalische Begriffsbildungen beispielshaft vorgestellt werden, die in der EnEV Anwendung finden. Die aktuell zulässigen Höchstwerte müssen der jeweils gültigen Fassung der EnEV entnommen werden. Während die Wärmeschutzverordnungen den zulässigen Jahresheizwärmebedarf pro Quadratmeter Nutzfläche qh begrenzte, zielt die Energieeinsparverordnung in ihren Anforderungen an bauliche und anlagentechnische Maßnahmen auf den auf die Gebäudenutzfläche A N bezogenen JahresPrimärenergiebedarf q P ab. qP = QP AN LE-3-60 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Der Primärenergiebedarf Q P stellt dabei die Energiemenge dar, die letztlich zur Deckung des Endenergiebedarfs benötigt wird. Der Endenergiebedarf entspricht dem Heizenergiebedarf, der an der Schnittstelle Gebäudehülle an den Verbraucher übergeben wird und beinhaltet die Energiemenge, die für Gebäudeheizung Q h und Warmwasserbereitung Q W einschließlich der dabei auftretenden Verluste aufgebracht werden muss. Die für den Betrieb der Anlagentechnik (Pumpen, Regler, etc.) benötigte Hilfsenergie ist dabei ebenfalls einzubeziehen. Der Primärenergiebedarf Q P nach EnEV enthält jedoch keinen weiteren Bedarf für sonstigen Haushaltsstrom. Der Heizwärmebedarf stellt schließlich die Wärmemenge dar, die vom Heizsystem an das Gebäude abgegeben werden muss, um eine vorgegebene Innentemperatur aufrecht zu erhalten. QP = Q h + Q W + Q V Q V fasst die energetischen Verteilungs- und Umwandlungsverluste zusammen. Die wichtigste Kennzahl der EnEV ist die primärenergiebezogene Anlagen-Aufwandszahl e P , die das Verhältnis von Primärenergie zu Nutzwärmebedarf für Heizung Q h und Warmwasser Q w beschreibt: eP = QP Gesamtaufw and = Qh + Q W Nutzen Damit folgt für den nutzflächenbezogenen Jahres-Primärenergiebedarf q P : qP = (qh + q W )e P q W ist der flächenbezogene Warmwasserwärmebedarf und qh stellt den flächenbezogenen Jahres-Heizwärmebedarf dar. qW = QW AN qh = Qh AN Gemäß EnEV 2002 ist bei Wohngebäuden q W pauschal mit q W = 12,5 kWh / m 2 a zu veranschlagen. e P ist die Gesamt-Anlagenaufwandszahl zur Erzeugung von Heizwärme und zur Warmwasserbereitung. Die Aufwandszahl stellt das Verhältnis von Aufwand zu Nutzen dar und ist der Kehrwert des in der Anlagentechnik gebräuchlichen Nutzungsgrades. Sie fasst die Verluste bei Wärmeerzeugung, Wärmespeicherung und Wärmeverteilung zusammen. Je kleiner die Aufwandszahl, desto energetisch günstiger ist das Heizungssystem. Sie berücksichtigt auch Umwandlungsverluste für die eingesetzten Energieträger entlang der Prozesskette von der Primärenergie zur Endenergie. Ein 2 spezifischer Jahres-Heizwärmebedarf qh von Wohnhäusern von 70 kWh/m entspricht einem jährlichen Verbrauch von etwa 7 l Heizöl bzw. 7 m 3 Erdgas pro Quadratmeter Wohnfläche. LE-3-61 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Um bestimmte Energieeffizienzhaus-Kriterien der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW 85, KfW 70, KfW 55 und KfW 40) zu erfüllen, dürfen vorgegebene Grenzwerte für JahresPrimärenergiebedarf pro Quadratmeter Gebäudenutzfläche, Jahres-Heizwärmebedarf pro Quadratmeter Wohnfläche und bezüglich des Transmissionswärmeverlustes nicht überschritten werden. Beim KfW-Effizienzhaus 85 muss QP ≤ 85% des EnEV (2009) Höchstwertes sein und beim KfW-Effizienzhaus 40 gilt: QP ≤ 40% des EnEV-Höchstwertes. Beim sog. tatsächlichen Jahres-Primärenergiebedarf werden dagegen Strombedarf und Wärmebedarf addiert. Allgemein werden zurzeit vier Energieeffizienz-Hausklassen unterschieden: Niedrigenergiehaus, Passivhaus, Nullenergiehaus und Plusenergiehaus. Der Heizwärmebedarf eines Passivhauses beträgt maximal 15 kWh/m²a. Die beiden letzten Bezeichnungen sind dabei euphemistisch gewählt, denn Nullenergiehaus oder auch Plusenergiehaus stellen keine energieautarken Häuser dar. Es handelt sich dabei vielmehr um Nullenergiebilanz- bzw. Plusenergiebilanzhäuser. Der über das Jahr durch Solarkollektoren und Solarzellen kumulierte Energieertrag, der hauptächlich (zu etwa 75%) in der verbrauchsarmen Sommerzeit anfällt deckt gerade (Nullenergie) oder überschreitet (Plusenergie) den benötigten Jahresenergiebedarf. Überschüsse der photovoltaisch erzeugten elektrischen Energie werden im Sommer ins öffentliche Stromnetz eingespeist. Das Stromnetz wird dabei missbräuchlich als eine Art „Energiespeicher“ verwendet. In der verbrauchsintensiven Winterperiode ist jedoch eine erhebliche externe Energiezufuhr (in Form von Wärme oder Strom) erforderlich. Abb. 28: Jahresgang PV-Ertrag einer Solaranlage mit 1 kWp - Leistung Bauphysikalisch sind als Kenngrößen für den erforderlichen Wärmeschutz die Wärmeleitfähigkeit λ der verwendeten Baustoffe und der daraus abgeleitete Wärmedurchgangskoeffizient U von Bedeutung. LE-3-62 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Die Vakuumisolationspaneele (VIP) ist der Wärmedämmstoff mit der kleinsten Wärmeleitfähigkeit, die zwischen 0,004 und 0,008 W/(mK) liegt. Die VIP besteht aus einem porösen Kernmaterial aus fest gepresster Kieselsäure, bei der die sich in den Hohlräumen befindliche Restluft evakuiert wurde. Um den dabei entstehenden niedrigen Innendruck aufrecht zu erhalten, wird das Kernmaterial von einer gasdichten Polymer-Metall-Folie umschlossen. Das Dämmmaterial wird zu vorgefertigten Elementen verarbeitet, die wegen der notwendigen Gasdichtheit unbeschädigt eingebaut und nicht durch Zuschnitt mechanisch verletzt werden darf. Der nach Verletzten der Gasdichtheit („Vakuum“) nach vorhandene Mindestwärmeschutz für die „belüftete“ Vakuumisolationspaneele soll noch λ = 0,02 W (m ⋅ K ) betragen. Material Sandstein/Kalkstein Normalbeton Glas Porenbeton / Gasbeton Poroton Ziegelstein Holz (Fichte/Eiche) PVC Schaumglas Kork Mineralwolle Flachs Zellulose Polystyrol (EPS u. XPS) Polyurethan (PUR-Schaum) Luft Argon Krypton Vakuumisolationspaneele Vakuum λ/ Wm K 2,2 2,1 0,5 – 1,2 0,12 0,10 0,13 - 0,2 0,16 0,04 – 0,060 0,04 - 0,055 0,035 – 0,050 0,04 – 0,050 0,04 – 0,045 0,035 0,025 0,025 0,017 0,009 0,005 – 0,008 0 -1 -1 Tab. 6: Wärmeleitfähigkeit Bau- und Dämmstoffe bei 20°C LE-3-63 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Abb. 29: Aufbau Vakuumisolationspaneele (VIP) (Quelle: Zentrum für Angewandte Energieforschung Bayern (ZAE), Würzburg) Die Vorgaben der EnEV 2014 (in der ab 01.01.2016 gültigen Version) für die Höchstwerte der Wärmedurchgangskoeffizienten U für das Referenz-Wohngebäude sind für einige Bauteile in der folgenden Tabelle aufgeführt: Bauteil / System Außenwand, Geschossdecke gegen Außenluft Referenzausführung Außenwand gegen Erdreich, Bodenplatte U = 0,35 W /(m 2 ⋅ K ) Dach, oberste Geschossdecke U = 0,20 W /(m 2 ⋅ K ) Fenster, Fenstertüren U w = 1,30 W /(m 2 ⋅ K ) U = 0,28 W /(m 2 ⋅ K ) Tab. 7: Höchstwerte der Wärmedurchgangskoeffizienten nach EnEV 2014 Schließlich wird für freistehende Wohngebäude mit A N ≤ 350 m 2 der Höchstwert des spezifischen, auf die wärmeübertragende Umfassungsfläche bezogenen Transmissionswärmeverlustes H′T vorgegeben: H′T = 0,40 W /(m 2 ⋅ K ) Zur Zeit sind in Deutschland von 38,4 Mio. Wohnungen (Stand: 2012) über 20 Mio. Altbauwohnungen mit unzureichenden Wärmeschutz versehen. Durch eine Steigerung der Energieeffizienz und Ressourcenproduktivität würde auch ein messbarer Beitrag zur CO2Reduzierung und damit zum Klimaschutz geleistet. Ein ungedämmter Altbau hat je nach geographischer Lage im Jahresdurchschnitt einen Heizölverbrauch von 20 –30 l/m² pro Jahr. 2 Der Durchschnittswert im deutschen Wohnhäuserbestand lag 2005 bei etwa 200 kWh/m , 2 was 20 l/m entspricht. LE-3-64 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Unter Ausnutzung aufwendiger Isolierungs- und Energiespartechniken können heute schon Häuser errichtet werden, deren jährlicher Heizwärmeverbrauch pro Quadratmeter Nutzfläche 2 unter 15 kWh/ m liegt. Sie stellen sog. Passivhäuser (PH) dar. Eine Weiterentwicklung stellen Nullenergiehaus und Plusenergiehaus dar, die neben einer optimierten Wärmedämmung regenerative Energien (hauptsächlich solare Strahlungsenergie) technisch nutzen und bei Verwendung des elektrischen Vesorgungsnetzes als „Energiespeicher“ eine ausgeglichene oder gar positive Gesamtenergiebilanz aufweisen. Der Jahres-Heizwärmebedarf eines Gebäudes kann im Detail durch genaue Berücksichtigung der Transmissionsverluste, der Lüftungsverluste sowie des Wärmegewinns durch Sonneneinstrahlung infolge von passiver Sonnenenergienutzung berücksichtigt werden. Dabei hat insbesondere auch die Bauart Einfluss auf den Heizwärmeverbrauch. Freistehende Ein- und Zweifamilienhäuser haben einen höheren Jahres-Heizwärmebedarf als Reihenhäuser und diese einen größeren als kompakte Wohnblöcke. Als bestimmende Kenngröße für den mittleren Wärmeverlust wird das Verhältnis von Gebäudeaußenfläche A (Hüllfläche) zum beheizten Bauwerksvolumen V (umbauter Raum) gewählt. Die eingezeichnete Bandbreite spiegelt den unterschiedlich hohen Aufwand bei Wärmschutzmaßnahmen wider. Der thermischen Isolation kommt daher für eine effiziente Energienutzung große Bedeutung zu. q H kW h/m² a 200 WSchVO 1984 150 WSchVO 1995 100 EnEV 2002 50 0 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 A / V (m -1) Abb. 30: Jahreswärmebedarf von Einfamilienhäusern als Funktion vom Hüllfläche/Volumen – Verhältnis Der qH -Berechnung gemäß EnEV wurden folgende Daten zugrunde gelegt: A N = 147 m 2 ; e P = 1,49 Die zeitliche Entwicklung des Jahreswärmebedarfs qH von Wohnhäusern ist in der unten stehenden Abbildung dargestellt. Die Breite der Kurve stellt die typische Schwankungsbreite des nutzflächenbezogenen Jahres-Heizbedarfs qH dar. LE-3-65 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 qH kWh / m²a 300 270 250 200 220 150 180 150 120 100 90 70 50 0 30 30 Bestand bis 1983 WSchVO 1984 WSchVO 1995 EnEV 2002 PH Abb. 31: Entwicklung des Jahres-Heizbedarfs Die Frankfurter Firma Techem Energy Services GmbH & Co. KG registriert jährlich den durchschnittlichen Heizölverbrauch westdeutscher Städte. Dabei wird der in Litern gemessene jährliche Heizölverbrauch pro Quadratmeter Wohnfläche erfasst. Nach der 2002 veröffentlichten Studie Energiekennwerte wurden beispielsweise für die Heizperiode 2000/01 in zentralbeheizten Mehrfamilienhäusern folgende Daten ermittelt: Kiel Bremen Kassel Essen Freiburg 2 18,61 l / m a 2 17,31 l / m a 2 16,34 l / m a 2 15,28 l / m a 2 14,24 l / m a Der mittlere Heizwärmebedarf pro Quadratmeter Wohnfläche hängt stark von den durch die geographische Lage bedingten klimatischen Verhältnissen ab. Die Wärmeverluste werden durch die Temperatur- und Windbedingungen des Wohnortes bestimmt. Sie können durch verbesserte Wärmedämmung und energiebewusstes Verhalten der Wohnungsinhaber reduziert werden. Die Aufteilung des Endenergieverbrauchs der privaten Haushalte auf die verschiedenen Anwendungsbereiche zeigt die folgende Abbildung. LE-3-66 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Energieverbrauch der privaten Haushalte (Stand 2002) Haushaltsgeräte Beleuchtung 2% Warmwasser 9% 12% Heizung 77% Abb. 32: Endenergieverbrauch der privaten Haushalte Für die Transmissionsverluste durch eine Fläche A gilt: I Q = U A(Ti − Ta ) U stellt dabei den Wärmedurchgangskoeffizienten, Ti die Innen- und Ta die Außentemperatur dar. I Q ist dabei der Wärmestrom oder Wärmefluss. Die Wärmeverluste eines Gebäudes durch die Gebäudehülle können mit Hilfe einer Infrarot-Kamera messtechnisch erfasst werden. Das Thermogramm erlaubt die Identifizierung von Schwachstellen in der thermischen Isolation. Die Infrarot-Kamera stellt einen IR-empfindlichen Detektor dar und besteht im Wesentlichen aus einem Empfängerarray für IR-Photonen. Hierbei handelt es sich um einen Matrixempfänger aus n z x n S InSb- oder HgCdTe-Pixeln. Die Bildpunkte sind zeilenförmig angeordnet mit n Z Zeilen mit n S Spalten. Das Objekt wird mithilfe eines Objektivs auf den matrixförmigen Empfänger abgebildet. Das Messprinzip beruht auf der Absorption von IRStrahlung wodurch die Fotoleitfähigkeit erhöht und der elektrische Widerstand erniedrigt wird. Das zweidimensionale Raster von infrarotempfindlichen Bildpunkten wird im Abstand von einigen Millisekunden ausgelesen und von einem Prozessor zu einem Bild zusammengesetzt und auf einer Speicherkarte abgespeichert. Das Messergebnis in Form eines sog. "Thermogramms" ist in Abb. 33 gezeigt. Die gemessenen Oberflächentemperaturen des Gebäudes werden überlicherweise durch Fehlfarben dargestellt. LE-3-67 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Abb. 33: Thermogramm einer Infrarotaufnahme (Schuster / Kolobrodov, Infrarotthermographie, Wiley-VCH) Hauptaufgabe eines effizienten Wärmeschutzes ist daher die Reduzierung der Wärmeverlustes durch Minimierung des Wärmedurchgangskoeffizienten. Für ein Bauteil mit der Gesamtfläche A, dass sich aus Teilflächen A i mit verschiedenen Wärmedurchgangskoeffizienten U i zusammensetzt, wird ein mittlerer U-Wert Um angegeben. Um = 1 A ∑U ⋅ A i i i und A = ∑ A i i Bei Fenstern unterscheidet man zwischen U g (Verglasung, auch mit U v bezeichnet), U f (Rahmen) und U w (Fenster = Verglasung einschließlich Rahmen). Bei Vernachlässigung des längenbezogenen Wärmebrückenverlustkoeffizienten des Glasrandverbundes (z. B. bei Sprossenfenstern) erhält man für den Wärmedurchgangskoeffizienten U w eines Fensters: Uw = Ug Ag + Uf Af Ag + Af Der U g -Wert der Fensterverglasung kann allein schon durch Mehrfachverglasung erheblich herabgesetzt werden (siehe obere Zeile der unten stehenden Abbildung). Während bei einer LE-3-68 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Einfachverglasung (E) z. B. Ug (E) = 5,8 W /(m 2 K ) ist, erhält man für eine ZweischeibenIsolierverglasung (Z) Ug ( Z ) = 3,0 W /(m 2 K ) und für eine Dreischeiben-Isolierverglasung (D) Ug (D) = 2,3 W /(m 2 K ) . Bei Einsatz einer Wärmeschutzverglasung wird bei Zweischeibenfenstern ( Z WS ) heute ein Standardwert von Ug ( Z WS ) = 1,0 W /(m 2 K ) erreicht, wohingegen bei Dreischeibenfenstern ( D WS ) Wärmedurchgangskoeffizienten von Ug (D WS ) = 0,5 W /(m 2 K ) technisch realisierbar sind. Ug (E) = 5,8 W /(m 2 K ) Ug ( Z ) = 3,0 W /(m 2 K ) Ug (E WS ) = 2,4 W /(m 2 K ) Ug ( Z WS ) = 1,0 W /(m 2 K ) Ug (D) = 2,3 W /(m 2 K ) Ug (D WS ) = 0,5 W /(m 2 K ) Abb. 34: Wärmeschutz durch Mehrfach- und Wärmeschutzverglasung Obiger Vergleich zeigt, dass sich die Wärmeverluste durch normales Zweischeiben- oder Dreischeiben-Isolierglas verringern lassen. Ein noch besserer Wärmeschutz wird mit hochwärmedämmenden Fenstersystemen mit IR-selektiver Beschichtung erzielt, bei denen für marktgängige Wärmeschutz-Verglasungen U-Werte von Ug = (1,1 − 0,5) W / m 2K erreicht werden. Wärmetechnische Schwachstellen (Wärmebrücken) stellen zurzeit noch die Fensterrahmen dar. Die Fensterrahmenprofile, die aus mehreren Kammerm bestehen, erreichen standardmäßig nur U-Werte von UF = 1,4 W /(m 2 ⋅ K ) . Der Wärmedurchgangskoeffizient U gibt dabei die Wärmeleistung an, die durch eine Fläche des Materials von 1 m 2 bei einer Lufttemperaturdifferenz von 1 K von der Seite höherer Temperatur zur Seite niedriger Temperatur übergeht. Die experimentell ermittelte Abhängigkeit des Reflexionskoeffizienten ρ = ρ(λ ) von der Wellenlänge λ der elektromagnetischen Strahlung ist in der nachstehenden Abbildung für verschiedene Metalle dargestellt. Wegen α + ρ + τ = 1, bedingt ein hoher Reflektionskoeffizient ρ für Infrarotstrahlung gleichzeitig einen geringen LE-3-69 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Absorptionskoeffizienten α und damit aufgrund des Kirchhoffschen Gesetzes auch einen kleinen Emissionskoeffizienten ε . Die selektive Beschichtung der Glasscheiben erfolgt durch Aufdampfung. Dabei sollte das aufgedampfte Material einen hohen Transmissionskoeffizienten im optischen Bereich besitzen, damit die Scheibe durchsichtig bleibt. Abb. 35: Reflexionskoeffizient als Funktion der Wellenlänge Für eine undurchsichtige Metallschicht gilt, wegen τ = 0 : ρ+α =1 oder α = 1− ρ Aufgrund des Kirchhoffschen Gesetzes gilt: ε=α oder ε = 1− ρ Für hohe Reflexionsgrade ρ > 0,9 ist daher ε < 0,1. Durch eine dünne, optisch transparente Ag- oder In 2 O 3 -Beschichtung von Glas kann, ohne wesentliche Beeinträchtigung der Tageslichtnutzung, aufgrund des geringen Emissionsvermögens ε die Wärmeabstrahlung gemäß Φ = M⋅ A = A εσT4 stark unterdrückt werden. LE-3-70 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Die Verwendung solcher IR-selektiven Schichten erlaubt die Konstruktion der oben genannten Fenster mit Zweischeiben- und Dreischeiben-Wärmeschutzglas und mit Ug Werten von: Ug ( Z WS ) = 0,9 W /(m 2 K ) und Ug (D WS ) = 0,5 W /(m 2 K ) Fazit: Der Wärmeschutz muss sich in Zukunft in Deutschland verstärkt auf die Altbausanierung konzentrieren. Denn durch verschärfte Neubau-Vorschriften wie die Energieeinsparverordnung (EnEV) wird nur der Zuwachs des Energieverbrauchs gebremst. Eine tatsächliche Verringerung des Energieverbrauchs bei der Erzeugung von Raumwärme ist nur durch eine konsequente Altbausanierung und Heizungsmodernisierung im Gebäudebestand zu erreichen. Ausgehend vom bereits etablierten Passivhaus-Standard stellen Nullenergiehaus und Plusenergiehaus interessante Zukunftsoptionen dar, die auf einer kosteneffizienten Nutzung von Sonnenenergie und Erdwärme beruhen, bei denen jedoch das Problem der Energiespeicherung noch ungelöst ist. Die solare Architektur zur passiven Sonnenenergienutzung, der Einsatz von Wärmepumpen (Luft, Grundwasser und Erdsonden) sowie der Photovoltaik zur Eigenstromversorgung werden zukünftig weiter an Bedeutung gewinnen. Die Rolle der Solarkollektoren zur Brauchwassererwärmung und zur Unterstützung der Heizung erscheint im Hinblick auf die Kosteneffizienz im Vergleich zur Photovoltaik ungewiß. Die Speicherung überschüssiger elektrischer Energie und ihre bedarfsgerechte Bereitstellung stellt eine große Zukunftsaufgabe dar. Literaturnachweis - BMWi Energiedaten, Stand: 12.10.2015 - Zweite Verordnung zur Änderung der Energieeinsparverordnung, BGBl. I, S. 3951, vom 21.11.2013 LE-3-71 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert 10 Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Wiederholungstest 10.1 Testfragen Aufgabe 1A (3P.) Infrarotstrahlung besitzt folgende Eigenschaften: (A) (B) (C) (D) (E) Sie ist eine Ultraschallstrahlung Sie stellt eine unsichtbare Wärmestrahlung dar. Ihre Energie ist größer als die von UV-Strahlung. Sie entsteht im Atomkern von Molekülen durch Nukleonenanregung Sie ist eine elektromagnetische Strahlung. Aufgabe 2A( P.) Welcher atomphysikalische Vorgang wird als Absorption bezeichnet? Unter Absorption versteht man (A) (B) (C) den Grad der Strahlungstransmission eines Stoffes. die Umwandlung von Wärmeenergie in Strahlungsenergie an der Oberfläche eines Körpers. Die Umwandlung von Strahlungsenergie in Wärmeenergie an der Oberfläche eines Körpers. Aufgabe 3A (3 P.) Welche der folgenden Aussagen zur Wärmestrahlung treffen zu? (1) (2) (3) (A) (B) (C) (D) (E) Jeder Körper (T > 0 K) strahlt elektromagnetische Strahlung ab. Infolge Wärmestrahlung ist ein Wärmetransport auch ohne materielle Verbindung, also auch durch ein Vakuum hindurch, möglich. Je höher die Temperatur wird, desto intensiver wird die von ihm ausgehende Wärmestrahlung. nur (1) ist richtig nur (2) ist richtig nur (1) und (3) sind richtig nur (2) und (3) sind richtig (1), (2) und (3) sind richtig Aufgabe 4A (3 P.) Wenn man die Oberflächentemperatur T eines schwarzen Körpers verdoppelt, dann steigt die Leistung seiner gesamten Temperaturstrahlung um einen Faktor (A) 2 (B) 4 (C) 6 (D) 8 (E) 16 (D) 32 LE-3-72 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Aufgabe 5A (3 P.) Die ursprünglich verschiedenen Temperaturen zweier Körper (ohne Heizvorrichtung), die nahe beieinander stehen und sich nicht berühren, gleichen sich an (Aussage 1), weil Wärmestrahlung ausschließlich vom Körper höherer Temperatur auf jenen mit der niedrigeren Temperatur übergeht (Aussage 2). Antwort Aussage 1 A richtig B richtig C richtig D falsch E falsch Aussage 2 richtig richtig falsch richtig falsch Verknüpfun g richtig falsch ------- Aufgabe 6 (3 P.) Die Wärmeleitfähigkeit (A) (B) (C) ist ein Proportionalitätsfaktor im Fourier-Gesetz. ist ein Maß für die Wärmespeicherfähigkeit einer Masse. ist eine dimensionslose Größe. Aufgabe 7A (3 P.) Der bei der Wärmeübertragung wesentliche U-Wert (A) (B) (C) ist ein Maß für die Wärmeleitung ist ein Maß für den Wärmeübergang ist ein Maß für den Wärmedurchgang und (D) (E) (F) (G) hat die Einheit W/(K m²) hat die Einheit W/(K m) hat die Einheit W/K hat die Einheit W/m² 10.2 Lösungen der Testfragen Aufgabe 1: B, E Aufgabe 2: C Aufgabe 3: E LE-3-73 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Aufgabe 4: E Aufgabe 5: C Aufgabe 6: A Aufgabe 7: C, D 11 Übungen 11.1 Übungsaufgaben Aufgabe 1 2hc 2 1 beschreibt die experimentellen hc 5 λ e k B λT − 1 Beobachtungen für alle Wellenlängen. Dies gilt insbesondere auch, wenn die Wellenlänge gegen null geht. Berechnen Sie den Grenzwert lim Mλ (λ ) . Das Plancksche Strahlungsgesetz Mλ (λ ) = λ →0 hc Hinweis: Führen Sie die neue Variable x = ein. k B Tλ Aufgabe 2 In der Kryotechnik wird flüssiger Stickstoff in Spezialbehältern gelagert. Ein solcher Behälter besitze eine zweischalige Wand aus Stahlblech (SB) umgeben von einer Polyurethanschicht (PUR). Seine Oberfläche sei A = 10 m 2 . Auf der Stahlblech-Innenseite herrsche eine konstante Wandtemperatur von ϑi = −196 °C und auf der Pur-Außenseite eine Wandtemperatur von ϑ a = 15 °C . Welche Wärmemenge wird aufgrund von Wärmeleitung innerhalb eines Tages durch die Behälterwand transportiert, die vereinfachend als eben angesehen werden soll? Daten: d SB = 3 mm ; λ SB = 60 W /( m ⋅ K ) ; d PUR = 50 mm ; λ PUR = 0,030 W /( m ⋅ K ) 11.2 Lösungen der Übungsaufgaben Lösung der Aufgabe 1 Die Plancksche Strahlungsformel Mλ (λ ) = 2hc 2 λ5 1 hc k B λT liefert durch unmittelbares e −1 Einsetzen von λ = 0 einen unbestimmten Ausdruck der Form ∞ ⋅ 0 . Zur Bestimmung des hc durchgeführt: Grenzwertes lim Mλ (λ ) wird eine Variabelensubstitution mit x = λ →0 k B Tλ LE-3-74 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 5 2k T 5 x 5 lim Mλ (λ ) = lim B3 4 λ →0 x →∞ c h ex −1 Mit x →∞ liegt ein unbestimmter Ausdruck der Form ∞ vor. Anwendung der Regeln von ∞ Bernoulli-de L'Hospital ergibt: 5 5 2k B T 5 x 5 10k B T 5 x 4 = lim = x →∞ c 3 h 4 e x − 1 x →∞ c 3 h 4 e x lim 5 5 40k B T 5 x 3 120 k B T 5 x 2 = lim = x →∞ c 3 h 4 e x x →∞ c 3 h 4 ex lim 5 5 240 k B T 5 x 240 k B T 5 1 lim = lim =0 x →∞ c3 h 4 e x x →∞ c 3 h 4 ex Insgesamt musste die Regel von Bernoulli-de L'Hospital 5-mal angewandt werden. Die Exponentialfunktion im Nenner wächst somit stärker als die fünfte Potenz im Zähler des Planckschen Strahlungsgesetzes. Als Ergebnis erhält man: lim Mλ (λ ) = 0 λ →0 Lösung der Aufgabe 2 ∆Q = I Q ∆t Sei ϑ Z die Temperatur an der Berührfläche des Stahlblechs zur PUR-Dämmschicht. Dann folgt für die Wärmeströme infolge Wärmeleitung durch die beiden Wandmaterialien: I Q (SB) = λ SB A d SB (ϑ Z − ϑ i ) und I Q (PUR ) = λ PUR A d PUR (ϑ a − ϑ Z ) Im stationärem Gleichgewicht sind beide Wärmeströme gleich groß: I Q = I Q (SB) = I Q (PUR ) Da die Temperatur ϑ Z nicht bekannt ist, muss eine Umformung vorgenommen werden, damit diese Größe aus der Berechnungsgleichung herausfällt. I Q d SB λ SB A = (ϑ Z − ϑ i ) I Q d PUR λ PUR A = (ϑ a − ϑ Z ) LE-3-75 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Addition dieser beiden Gleichungen liefert: I Q d SB λ SB A + I Q d PUR λ PUR A = ( ϑ Z − ϑ i ) + (ϑ a − ϑ Z ) I Q d SB d PUR ( + ) = (ϑ a − ϑ i ) A λ SB λ PIUR Damit folgt für den Wärmestrom: IQ = d SB λ SB A (ϑ a − ϑ i ) = 1266 W d PUR + λ PUR ∆Q = I Q ∆t = 1,266 kW ⋅ 86400 s = 109,38 MJ Hinweis: Für den Wärmeleitungsstrom I Q durch eine n-schalige Wand mit den Schichtdicken d i mit den jeweiligen Wärmeleitfähigkeiten λ i (i = 1 bis n) gilt bei Wandtemperaturen ϑi (innen) und ϑ a (außen): IQ = A (ϑ − ϑ i ) di a ∑ i =1 λ i n LE-3-76 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Anhang A1 Griechisches Alphabet Α α Β β Γ γ ∆ δ Ε ε Ζ ζ Η η Θ ϑ Ι ι Κ κ Λ λ Μ µ Alpha Beta Gamma Delta Epsilon Zeta Eta Theta Jota Kappa Lambda My Ν ν Ξ ξ Ο ο Π π Ρ ρ Σ σ Τ τ Υ υ Φ ϕ Χ χ Ψ ψ Ω ω Ny Xi Omikron Pi Rho Sigma Tau Ypsilon Phi Chi Psi Omega LE-3-77 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert A2 Physik und Umwelt Thermodynamik LE3 Formelzeichen Symbol α,h Benennung Einheit W /(m2 K ) α η Wärmeübergangskoeffizient Absorptionsgrad Wirkungsgrad 1 1 ε Emissionsvermögen 1 ϑ Celsiustemperatur °C κ Adiabatenkoeffizient 1 λ Wärmeleitfähigkeit W /(m K ) λ Wellenlänge M Φ Strahlungsstrom W ρ Reflexionsgrad 1 τ Transmissionsgrad 1 υ spezifisches Volumen m 3 / kg ∆T Temperaturänderung K ∆V Volumenänderung m3 A Fläche m2 c, cp , c V spezifische Wärmekapazität J/(kg K) d Wanddicke M E, E kin , E pot Energie J f Frequenz Hz H Enthalpie J h spezifische Enthalpie J/kg U, k Wärmedurchgangskoeffizient W /(m2 K ) M Spezifische Ausstrahlung W / m2 Mλ spektrale Ausstrahlung W / m3 m Masse kg n Stoffmenge Mol p Druck Pa P Strahlungsleistung W Q Wärmemenge J & Q Wärmestrom W q& Wärmestromdichte W / m2 S Entropie J/K LE-3-78 Technische Betriebswirtschaft D. Bangert Physik und Umwelt T Temperatur K U innere Energie J V Volumen m3 W Arbeit J A3 Thermodynamik LE3 Literaturauswahl Herr, H.: Kuchling, H.: Technische Physik, Band 3, Wärmelehre Europa-Lehrmittel, Haan Taschenbuch der Physik, Fachbuchverlag Leipzig Lindner, H.: Physik für Ingenieure, Fachbuchverlag Leipzig Müller, R.: Thermodynamik Walter de Gruyter, Berlin Pitka, R. et al.: Physik Der Grundkurs Verlag Harri Deutsch, Frankfurt Aufgrund fortlaufender Aktualisierung seitens der Verlage, wurde auf die Nennung der jeweils gültigen Auflage sowie auf das Erscheinungsjahr verzichtet. LE-3-79