Stadt Gera Fachdienst Umwelt Untere Naturschutzbehörde Amthorstraße 11 07545 Gera Informationsblatt Umwelt 01/2012 Die Erdkröte (Bufo bufo) Die Erdkröte wurde von der Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde zum Lurch des Jahres 2012 gekürt. Sie gehört in Europa und Asien zu der am häufigsten vorkommenden Krötenart. Obwohl sie gern mit Fröschen verwechselt wird, gehört sie zu einer eigenen Familie (Bufonidae) und wird in der Gattung der Kröten (Bufo) als „Echte Kröte“ (Bufo bufo) geführt. Die Wissenschaft ist sich derzeit nicht sicher, ob es innerhalb der bei uns verbreiteten Erdkröten mehrere Unterarten gibt. Merkmale: Im Unterschied zu anderen heimischen Froschlurchen fällt die Erdkröte durch das hohe und kurze Maul sowie die extrem warzige Haut besonders auf. Ihre Färbung ist meist unauffällig: Sie variiert zwischen grau, braun oder oliv, die Bauchseite ist weiß oder gelblich. Außerdem kann eine hellbeige, dunkelbraune oder rötliche Pigmentierung auftreten. Typisch für die Erdkröte ist auch der ausgeprägte Geschlechtsdimorphismus: Erwachsene Weibchen können bis 15 cm lang und 150 g schwer werden. Die Männchen bleiben wesentlich kleiner und leichter. Zur Abwehr von Fressfeinden haben Erdkröten einen speziellen Schutzmechanismus entwickelt: Durch die warzigen Hautdrüsen können giftige Sekrete (Bufotoxine) ausgesondert werden. Erdkrötenmännchen (alle Fotos: U. Perlet) In der freien Landschaft können Erdkröten bis 12 Jahre alt werden. Unter optimalen Lebensbedingungen in Gefangenschaft sind schon Tiere mit einem Alter bis 36 Jahre nachgewiesen worden. Regionales Vorkommen: Erdkröten sind im gesamten Geraer Stadtgebiet zu finden. Selbst strukturreiche Gärten der Innenstadt werden von Erdkröten besiedelt. Ihren Verbreitungsschwerpunkt besitzen sie jedoch in der Nordregion Geras, da hier vermehrt naturnahe Stillgewässer mit einer stabilen Wasserhaltung vorhanden sind. Noch in den 90er Jahren konnte man in zahlreichen Geraer Ortsteilen wie z. B. Steinbrücken, Aga, Reichenbach, Hain, Taubenpreskeln und Kaimberg eine große Anzahl dieser Tiere bei ihrer Wanderung zu den Laichgewässern beobachten. An den vier am stärksten frequentierten Straßenabschnitten wurden deshalb durch die untere Naturschutzbehörde der Stadtverwaltung Gera unter Mithilfe von zahlreichen Tier- und Naturfreunden Amphibienschutzzäune aufgebaut, betreut und die Ergebnisse dokumentiert. 1 Dabei wurde deutlich, dass die Populationsstärken trotz aufwendiger ehrenamtlicher Tätigkeit in den vergangenen 15 Jahren erheblich zurück gegangen sind. Besonders auffällig war, dass auf etwa zehn männliche Erdkröten nur ein weibliches Tier kam. Von Seiten der unteren Naturschutzbehörde werden deshalb aktuell keine Amphibienschutzzäune mehr gestellt, da deren Effizienz in Frage steht. Außer Erdkröten laichen oft noch weitere Amphibienarten im gleichen Gewässer, deren Wander- und Laichverhalten sich von dem der Erdkröten nur unwesentlich unterscheidet. So kommt es vor allem bei extrem warmen Wetterereignissen im Frühjahr zu einer Konzentration der Wanderaktivitäten mehrerer Arten mit der Folge, dass zum Gewässer hinlaufende und zurücklaufende Tiere zeitgleich unterwegs sind. Stehen Amphibienschutzzäune nur auf einer Straßenseite, wird die Rückwanderung behindert. Die rückwandernden Tiere werden dann nicht selten von den Helfern selbst totgetreten. Außerdem werden Fangeimer bei unzureichender Betreuung oder plötzlichem Kälteeintritt nicht selten zu Todesfallen für kleine Amphibienarten wie Teich- und Bergmolch und sonstiges Kleingetier. Aus Sicht der unteren Naturschutzbehörde sind kurzzeitige Straßensperrungen bzw. die absolute Rücksichtnahme der Verkehrsteilnehmer in den wenigen warmen, feuchten Nächten mit Aktivitätsmaxima die einfachste und zugleich wirksamste Maßnahme zum Amphibienschutz an untergeordneten, kleineren Straßen. Kostenintensiv ist die Anlage stationärer Amphibienleiteinrichtungen. Wenn diese gut „funktionieren“, sind sie allerdings die für Amphibien sicherste Lösung für stark befahrene Straßen. Sie ermöglichen vor allem auch den Jungtieren nach dem Verlassen der Laichgewässer eine sichere Straßenquerung. Lebensraum, Lebensweise, Ernährung: Erdkröten sind sehr anpassungsfähig und kommen in den unterschiedlichsten Lebensräumen vor. Bevorzugt werden vor allem lichte naturnahe Wälder, wechselfeuchte Auen, Streuobstwiesen sowie naturnahe Gärten als Sommer- und Winterlebensraum. Die Eignung aller Teillebensräume einschließlich der einzelnen Wanderstrecken zwischen diesen ist gleichermaßen entscheidend für das Überleben dieser nützlichen Tiere. Erdkröten sind wechselwarme Tiere, die besonders in der Dämmerung und an milden Regentagen aktiv sind. Kühle, trockene Nächte sind z. B. für Tiere auf der Wanderung zum Laichgewässer sehr gefährlich. Können sie sich bei Nachtfrösten nicht schnell genug eingraben, verenden sie während der Wanderung. Tagsüber ruhen Erdkröten unter großen Steinen, Laub, Totholz, in dichtem Gebüsch oder selbst gegrabenen Erdlöchern. Erdkröten ernähren sich von Schnecken, Würmern, Asseln, Spinnen und anderen Insekten und sind daher umweltschonende Schädlingsvertilger in Hof und Garten. Mit Beginn der kalten Jahreszeit vergraben sie sich im Boden und überdauern in einer Art Kältestarre das Winterhalbjahr. Beispiel für ein Laichgewässer Bei der Auswahl ihrer Laichgewässer gehören Erdkröten nicht zu den sensiblen, anspruchsvollen Arten, dennoch benötigen sie einige Mindestvoraussetzungen. Das sind z. B.: • • • geeignete Unterwasserstrukturen, an denen sie ihre Laichschnüre befestigen und die Kaulquappen Deckung finden können, Licht und Wärme im Gewässer, um das Larvenstadium rechtzeitig abschließen zu können, stabilen Wasserstand bis zur Beendigung der Entwicklung des fertigen Jungtieres. 2 Werden Gewässer einmal von Erdkröten zum Laichen angenommen, bleiben sie als sog. „Traditionslaicher“ diesen Biotopen treu. Aufgrund der geringen Genießbarkeit der Larven für Fische können sich Erdkröten auch in den meisten „Fischgewässern“ erfolgreich reproduzieren. Andererseits werden sie selbst von größeren Beutegreifern wie Marder, Iltis, Katze und Waschbär gefressen. Auch bei Graureihern, Greifvögeln und Schlangen stehen Erdkröten auf dem Speiseplan. Jungtiere werden von einigen Singvogelarten und Laufkäfern erbeutet. Fortpflanzung: Geschlechtsreife Erdkröten wandern zwischen Mitte März und Mitte April unmittelbar nach Beendigung der Winterruhe zum Laichgewässer. Dabei legen Sie z. T. mehrere Kilometer zurück. Der entscheidende Faktor für den Beginn der Wanderung ist wahrscheinlich der Anstieg der Bodentemperatur. Sobald ein Männchen ein paarungsbereites Weibchen erspäht, klammert es sich am Weibchen fest und lässt sich bis zum Laichgewässer tragen. Im Gewässer beginnt das Weibchen erst nach einigen Tagen mit der Laichabgabe, indem es um geeignete Unterwasserpflanzen herumschwimmt und die in Laichschnüren befindlichen Eier an diesen befestigt. Die Männchen geben ihr Sperma unmittelbar beim Ablaichvorgang hinzu. Bereits nach wenigen Tagen entwickeln sich aus dem Laich die Larven (Kaulquappen). Diese atmen durch Kiemen und ernähren sich von Algen sowie pflanzlichen und tierischen Abbauprodukten im Gewässer. Für die Dauer der Larvenentwicklung sind vor allem die Temperatur und der Nährstoffgrad des Wassers entscheidend. Gut besonnte Gewässer mit ausreichend grasartiger Ufer- und Bodenvegetation sind deshalb ideale Fortpflanzungsbiotope. Der Zeitraum zwischen Laichabgabe und vollendeter Metamorphose beträgt im Normalfall 60 bis 80 Tage. Danach verlassen die winzigen Erdkröten ihr Laichgewässer und sind, inzwischen ausgestattet mit Lungenatmung, für das Landleben gerüstet. Erdkröten brauchen 3 bis 5 Jahre, um geschlechtsreif zu werden. Erst danach kehren sie zu ihrem eigenen Laichgewässer zurück, um jetzt selbst an der Fortpflanzung teilzunehmen. Erdkrötenpaar Gefährdung und Schutz: Die Erdkröte ist in erster Linie aufgrund der Zerschneidung ihrer Lebensräume durch Straßen oder andere bauliche Anlagen extrem gefährdet. Empfindliche Verluste treten insbesondere bei den jährlichen Massenwanderungen zwischen Winterlebensraum und Laichgewässer auf, bei denen auch stark frequentierte Straßen zu überqueren sind. Dabei kann es mittelfristig zum Verlust der gesamten lokalen Erdkrötenpopulation eines Laichgewässers kommen. Auch während anhaltender Trockenperioden im Sommer wechseln Erdkröten ihren Lebensraum und sind von dem gleichen Problem betroffen. Anlagen der Oberflächen- und Straßenentwässerung sind für wandernde Amphibien ebenfalls tödliche Fallen. Die Tiere geraten in Schächte und Kanäle, aus denen sie sich nicht mehr befreien können und verenden qualvoll. Die Verfüllung, Trockenlegung oder sonstige Vernichtung ihrer Laichgewässer stellt eine weitere wesentliche Ursache für ihren Bestandsrückgang dar. Nicht zuletzt sind es beseitigte Strukturen wie Hecken, Baumstreifen, Grasränder, Lesesteinriegel u. a. m. die zum ständigen Verlust von Lebensräumen beitragen. Im Rahmen von naturschutzrechtlichen Kompensationsmaßnahmen, über staatliche Fördergelder und mit Unterstützung des zweiten Arbeitsmarktes wurden in den vergangenen Jahren unter Federführung der unteren Naturschutzbehörde im Geraer Stadtgebiet zahlreiche Teiche saniert und Landschaftsstrukturen neu angelegt. Zu ihnen gehören auch Totholzhecken, die bei ausreichender Breite ein beliebter Lebensraum der Erdkröten sind. 3 Erfreulich für den Fortbestand der Erdkröten ist deshalb auch, dass in Gera in vielen Haus- und Kleingärten Miniteiche und Tümpel angelegt wurden. Bei Ausstattung mit geeigneten Wasserpflanzen werden diese gern als Laichgewässer angenommen. Helfen Sie mit! Erdkröten sind nach dem Bundesnaturschutzgesetz besonders geschützt. Jeder kann helfen, etwas zu ihrem Fortbestand beizutragen. • • • Achten Sie auf Hinweisschilder während der Zeit der Amphibienwanderung Beleben Sie Ihren Garten durch Strukturen wie Steinhaufen, dichte Strauchareale, Laubund Reisighaufen Legen Sie kleine Laichgewässer an! Laichgewässer in Dorna Fragen zur Erdkröte und anderen seltenen und schützenswerten Arten beantworten Ihnen die Mitarbeiter der Stadtverwaltung Gera Dezernat Bau und Umwelt Untere Naturschutzbehörde Amthorstr. 11 07545 Gera 0365 838-4240 E-Mail: [email protected] 4