Widerstand - Das andere Leben

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Inhaltsverzeichnis
Widerstand
3—
Jüdischer Widerstand
4—
Innerdeutscher Widerstand und Hilfsaktionen
5—
Untertauchen und Verstecken von inländischen Flüchtlingen
6—
Widerstand in den besetzten oder verbündeten Ländern
7—
Weiterer europäischer Widerstand
7—
Befreiung der Überlebenden in den Lagern
Widerstand
Jüdischer Widerstand
Die nach dem Krieg weit verbreitete Auffassung, die Juden hätten kaum Widerstand gegen
ihre Deportationen und schließliche Ermordung geleistet, wurde in den letzten Jahren
von der historischen Forschung korrigiert. Nur wenige Juden ahnten zunächst etwas vom
ganzen Ausmaß des ihnen zugedachten „Schicksals“. Für viele waren die Informationen über
Massenvernichtungslager, die um 1942/43 unter anderem in den jüdischen Ghettos Polens,
Litauens und Weißrusslands zunehmend kursierten, lediglich Gerüchte. Die Vorstellung, dass
sie als ganzes Volk ermordet werden sollten, erschien den meisten anfangs schon wegen der
Dimension als wenig glaubhaft. Der Gedanke war stark, dass ihr Leben als Arbeitskraft wichtig
genug war, um wenigstens als Sklavenarbeiter überleben zu können, bis die Deutschen besiegt
seien.
Allerdings gab es auch Widerstand unter den Juden. Eines der bekanntesten Beispiele dafür –
und ein Fanal für den jüdischen Widerstand insgesamt – war der Aufstand im Warschauer Ghetto
vom 19. April bis zum 16. Mai 1943. Er wurde organisiert durch die jüdische Kampforganisation
„ZOB“ in der Endphase der Auflösung des Ghettos durch die Nationalsozialisten, als alle dort
noch verbliebenen Juden in die Vernichtungslager – vor allem nach Treblinka – deportiert werden
sollten. Die Untergrundorganisation war von Kurieren, die zwischen dem „arischen“ Teil und dem
abgeriegelten jüdischen Ghetto Warschaus unter lebensgefährlichen Bedingungen pendelten,
nach und nach mit Waffen beliefert worden.
Die in verschiedenen Häusern des Ghettos kämpfenden Gruppen konnten den eindringenden
Räumkommandos der SS zunächst in einem Überraschungsmoment hohe Verluste beibringen
und sie in die Flucht schlagen. Daraufhin kehrte die SS mit schwerem Gerät wie Panzern
und Artilleriegeschützen zurück. Trotz der Übermacht der SS konnten sich die jüdischen
Widerstandsgruppen in einem etwa vier Wochen andauernden Häuserkampf halten. Am Ende
blieb den noch übrigen Kämpfern nur die Kapitulation und damit in den meisten Fällen der Tod
durch Erschießen. Nur wenige Beteiligte dieses Aufstands konnten sich durch die Abwasserkanäle
retten.
Auch in anderen Ghettos bildeten sich jüdische Widerstandsgruppen, die verschiedentlich
Ghettobewohnern zur Flucht verhalfen, und vereinzelt auch kleinere Revolten initiieren konnten,
so zum Beispiel in Białystok und Vilnius. Ferner gab es in den KZs und Vernichtungslagern
Osteuropas in einigen Fällen Aufstände jüdischer Häftlinge:
• Der Aufstand von Treblinka am 2. August 1943 war der erste Aufstand in einem
Vernichtungslager mit der Folge einer Massenflucht jüdischer Lagerinsassen. Neben der
Flucht war ein Ziel des Aufstands, das Lager zu zerstören. Diesen von etwa 400 Häftlingen
durchgeführten Aufstand überlebten letztendlich bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs
etwa 60 Personen.
• Am 14. Oktober 1943 kam es zu einem von sowjetisch-jüdischen Kriegsgefangenen
angeführten weiteren bekannt gewordenen Aufstand von Sobibór in Ostpolen. Dabei gelang
es den Aufständischen, neun Angehörige der Wachmannschaften zu töten. Der Aufstand
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weitete sich zu einem Massenaufstand der Häftlinge aus. 65 jüdischen Gefangenen gelang
letztlich die Flucht. Das Ende des Krieges erlebten 47 dieser Flüchtlinge aus Sobibor. Gegen
Ende des Jahres 1943 gaben die Nationalsozialisten das Lager in Folge der Massenflucht
auf.
• Im KZ Auschwitz-Birkenau gab es etwa 700 einzelne Fluchtversuche, von denen etwa
300 erfolgreich waren. Am 7. Oktober 1944 kam es zum Aufstand des jüdischen
Sonderkommandos in Auschwitz, das an den Krematorien, den Verbrennungsöfen für die
Opfer der Massenvergasungen, eingesetzt war. Durch die Zündung des von weiblichen
Gefangenen eingeschmuggelten Sprengstoffs wurde ein Teil des Krematoriums IV zerstört.
250 Gefangene versuchten zu flüchten, wurden aber bald gefasst und umgebracht.
Europaweit waren Tausende untergetauchte Juden beteiligt am Partisanenkrieg gegen
die deutschen Besatzer, insbesondere in Frankreich, Belgien, den Niederlanden, Italien,
den Balkanstaaten und Griechenland, wo sich jüdische Partisanen meist den bestehenden
Widerstandsgruppen anschlossen. In Osteuropa, vor allem im katholisch geprägten Polen,
gelang es den aus den KZs und Ghettos Entkommenen eher selten, sich schon bestehenden
Partisanengruppen anzuschließen, da dort auch manche NS-Gegner Antisemiten waren. Darum
bildeten sich gerade in Polen stärker als in West- und Südeuropa auch eigene spezifisch jüdische
Partisaneneinheiten, die trotz ihrer anfänglichen Unerfahrenheit schnell in den Ruf kamen,
besonders entschlossene und motivierte Kämpfer gegen die Deutschen zu sein, und die im
weiteren Kriegsverlauf von der vorrückenden Roten Armee teilweise bevorzugt mit Waffen
versorgt wurden. Insbesondere beim so genannten „Schienenkrieg“, der sich auf Anschläge
und Sabotageaktionen gegen Eisenbahntransporte der deutschen Wehrmacht an die Ostfront
konzentrierte, traten jüdische Partisanengruppen häufig in Erscheinung und schlugen zeitweilig
erhebliche Lücken in die Kriegsinfrastruktur der Deutschen.
In der mit den Deutschen kollaborierenden französischen Kolonie Algerien waren es jüdische
Widerstandskämpfer, die bei der „Operation Fackel“ die als uneinnehmbar geltende Festung
Algier von innen erstürmten, und damit einen entscheidenden Beitrag für die Landung der
Alliierten und deren anschließenden erfolgreichen Feldzug gegen die deutsche Wehrmacht in
Nordafrika leisteten.
Viele Juden, die in den 1930er Jahren und zu Beginn des Krieges vor den Nationalsozialisten
ins sichere Ausland emigrieren konnten, schlossen sich während des Zweiten Weltkrieges den
Truppen der verschiedenen Alliierten an. In vielen Armeen gab es eigene jüdische Einheiten,
beispielsweise die Jüdische Brigade als Teil der britischen Armee. Gegen Ende des Krieges
wurde die jüdische Fluchthilfe-Bewegung Beriha (hebräisch „Flucht“) gegründet, mit deren Hilfe
zwischen 1944 und 1948 etwa 250.000 Juden aus osteuropäischen Ländern flüchten konnten.
Nach dem Krieg dienten emigrierte deutsche Juden den Alliierten oft als Übersetzer im besetzten
Deutschland.
Schätzungen zufolge waren europaweit bis zu 1,5 Millionen Juden am regulären militärischen
Kampf, als auch im Untergrund als Partisanen aktiv am Widerstand gegen die nationalsozialistische
Herrschaft beteiligt.
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Innerdeutscher Widerstand und Hilfsaktionen
Vereinzelt setzten sich auch nichtjüdische Deutsche gegen den geplanten und laufenden Genozid
an den Juden zur Wehr. Solche Rettungstaten waren mit ständiger Lebensgefahr verbunden und
selten.
Der deutsche Industrielle Oskar Schindler bewahrte im Deutschen Reich 1200 jüdische
Zwangsarbeiter vor der Vernichtung, indem er sie bis Kriegsende als kriegswichtig für seinen
Betrieb deklarierte und für ihren Unterhalt persönlich aufkam.
Auch die als Rote Kapelle bezeichnete Berliner Gruppe versteckte Juden und verhalf ihnen zu
falschen Pässen, mit denen sie ausreisen konnten. Das Büro Grüber der Bekennenden Kirche half
seit 1938 Christen jüdischer Herkunft, aber auch Juden zur Ausreise. Eine ähnliche Anlaufstelle
gab es auch auf katholischer Seite.
Am 27. Februar 1943 versammelten sich die Ehepartner und Angehörigen von „Mischjuden“,
die als Zwangsarbeiter in Berliner Rüstungsbetrieben beschäftigt waren und nun deportiert
werden sollten, vor dem Gestapohauptquartier in der Berliner Rosenstraße. Dies war die einzige
öffentliche Protestdemonstration während des Krieges gegen eine Deportation, die zudem
erfolgreich war: Die inhaftierten Personen wurden freigelassen.
Untertauchen und Verstecken von inländischen Flüchtlingen
Das Untertauchen von jüdischen Bewohnern während der NS-Zeit zur Rettung vor der Deportation
führte zu der Redewendung „als U-Boot leben“. Zum Teil wurde von den betreffenden Personen
versucht, dieses Verschwinden durch einen vorgetäuschten Selbstmord oder die Ankündigung
einer Reise plausibel zu machen. Das Verschwinden aus der Einwohnerliste konnte für die als
U-Boot bezeichnete Person und für ihre Helfer schwerwiegende Folgen haben.
Im Falle der Entdeckung wurde die Person ohne gültige Aufenthaltsgenehmigung verhaftet.
Allerdings konnte sie nicht mit einem gerichtlichen Verfahren rechnen, sondern wurde
dadurch in aller Regel zum Häftling in einem Konzentrationslager. Davor kam jedoch eine Zeit
der Vernehmungen und Folter durch die Gestapo, die auf diese Weise weitere „U-Boote“
suchte. Sollte die Verbindung zu weiteren Helfern bekannt werden, waren auch diese massiv
gefährdet. Die rechtlichen oder faktischen Bedrohungen konnten sich nach Reichsgebiet oder
Besatzungsstatut und nach Position der jeweiligen Person zur Besatzungsmacht, der Polizei bzw.
den NSDAP-Stellen unterscheiden.
Es gab in Deutschland relativ viele lokale verdeckte Netzwerke von Helfern, die Menschen in Not
(Flüchtlingen, vor allem Juden u. a.) halfen. Oftmals hatten die Flüchtlinge Adressen von Menschen
bei sich, die sie zwar nicht kannten, von denen sie aber durch andere wussten, dass sie ihnen
auf ihrer Flucht weiterhelfen würden. Oft bekamen die Flüchtlinge dann von diesen Helfern eine
weitere Adresse als neuen Anlaufpunkt auf ihrem Weg. Es waren in aller Regel Privatleute, die
aus ihrem Gewissen heraus Menschen auf der Flucht versteckten oder anderweitig weiterhalfen
und keine Rücksicht darauf nahmen, dass sie und ihre Familie, würden sie entdeckt, Schlimmes zu
erwarten hätten. Solche Netzwerke sind zum einen Teil aus den verfolgten politischen Parteien und
Organisationen heraus entstanden, zum anderen aus christlichen Gruppierungen heraus. Vielfach
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handelten Menschen deshalb zugunsten dieser Flucht-Netzwerke, weil Angehörige durch die
NSDAP oder Gestapo-Stellen bereits zu Tode gekommen waren und sie deshalb möglicherweise
ihr eigenes Leben gering schätzten oder auch aus einem tiefen, innerem Humanismus heraus,
den die inzwischen Jahre dauernde Propaganda der Nationalsozialisten nicht erschüttert hatte:
Tiefgreifendere wissenschaftliche Untersuchungen sind dazu noch erforderlich.
Das Untertauchen einer Person in einem von Kriegswirtschaft geprägten Land war schwierig.
Lebensmittel waren nicht auf dem freien Markt erhältlich, sondern nur gegen Abschnitte von
Lebensmittelkarten, die eine Bezugsberechtigung und deren Überprüfung voraussetzten. Das
Mitsichführen von Gepäck konnte bei Kontrollen sofort Verdacht auslösen. Der länger als übliche
Aufenthalt in einer Gaststätte, Bibliothek oder einem Kino konnte Nachfragen zur Identität
auslösen. Die Gestapo versuchte, Spitzel in Netzwerke einzuschleusen (Berlin – Februar 1943;
zum Beispiel Stella Goldschlag).
Widerstand in den besetzten oder verbündeten Ländern
Eine kleine Anzahl von Juden wurde gerettet, weil die Regierungen ihrer Heimatländer der
Forderung des Deutschen Reichs zu ihrer Auslieferung nicht nachgaben.
Finnland, seit 1941 Deutschlands Verbündeter im Krieg gegen die Sowjetunion, lieferte seine Juden
größtenteils nicht aus, obwohl Himmler dies im Sommer 1942 bei einem Finnland-Aufenthalt von
der finnischen Regierung gefordert hatte. Regierungschef Rangell soll darauf geantwortet haben,
Finnlands Juden seien Bürger wie alle anderen und dienten auch als Soldaten im Krieg gegen die
Sowjetunion. Diese Praxis wurde aber schon ab Dezember 1942 eingestellt, nachdem Zeitungen
und einige Politiker dagegen protestiert hatten. Zwar wurde jüdischen Flüchtlingen zeitweise die
Einreise nach Finnland verweigert; aber die etwa 1.800 finnischen Juden entgingen dem Zugriff
der Deutschen. Einige ausländische Juden wurden dennoch ausgeliefert, weil sie Kommunisten
waren. Neuere Forschungen ergaben, dass Finnland von 1941 bis 1944 insgesamt 129 Flüchtlinge
an das Deutsche Reich auslieferte, dazu über 2800 sowjetische Kriegsgefangene, von denen 78
Juden waren.
In Dänemark ergriff König Christian X. Partei für die Juden, als die deutschen Besatzungsbehörden
auch sie zum Tragen des Judensterns zwingen wollten. Ein zum Widerstand gehörender
Mitarbeiter der Besatzungsmacht warnte die dänische Untergrundbewegung vor drohenden
Razzien der SS. Daraufhin gelang es unter Mithilfe großer Teile der Bevölkerung im September
und Oktober 1943, die meisten der im Land lebenden ca. 6000 Juden in das neutrale Schweden
zu schleusen. So wurde eine vergleichsweise niedrige Anzahl dänischer Juden, 161 Menschen, in
deutschen Lagern ermordet. (Siehe auch Rettung der dänischen Juden.)
Der italienische Faschismus war ursprünglich nicht antisemitisch. Dazu kam, dass Italien anfangs
ein Verbündeter Deutschlands und kein besetztes Land war. Zwar wurden nach Kriegsbeginn
antijüdische Gesetze erlassen, aber die Regierung und besonders die Armee widersetzten sich
dem Drängen der Deutschen, die italienischen Juden in den Tod zu schicken. Sie wurden interniert,
aber unter besseren Bedingungen als in den deutschen Konzentrationslagern und ohne ständige
Todesdrohung. Daher flüchteten einige Juden aus dem besetzten Frankreich und aus Jugoslawien
nach Italien. Erst nach dem Frontwechsel Italiens 1943 behandelten die Deutschen das Land wie
ein besetztes Gebiet und überführten die italienischen Juden in ihre eigenen Vernichtungslager.
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Auch das Beispiel Bulgariens – ebenfalls ein Verbündeter Deutschlands – beweist, dass ein
entschiedener Widerstand die deutschen Pläne erfolgreich durchkreuzen konnte. Hier wurden
dank der festen Haltung von Regierung und Bevölkerung etwa 50.000 Juden gerettet.
In Polen gab es neben Personen, die Juden auslieferten – viele auch um selbst zu überleben –
einige (auch katholische) Gruppierungen wie die Żegota, die den Juden halfen, obwohl dafür,
anders als in Westeuropa, nicht nur die Todesstrafe für den einzelnen Helfer, sondern regelmäßig
auch für seine Familie oder das ganze Dorf drohte. Mehr als eine halbe Million polnischer Juden
überlebte den Holocaust, viele durch Hilfen aus der Bevölkerung. Viele Polen waren entsetzt
über die Ermordung jüdischer Kinder und versteckten sie zum Beispiel auf dem Land, bei den
Partisanen oder in katholischen Klöstern. So stellen die Polen auch mehr als ein Drittel aller in
Yad Vashem als Gerechte unter den Völkern Ausgezeichnete dar.
Weiterer europäischer Widerstand
Die von den Achsenmächten umschlossene neutrale Schweiz lieferte keine Juden mit Schweizer
Bürgerrecht aus. Während des Krieges nahm sie zigtausende von Flüchtlingen, darunter auch
viele Juden, legal auf, viele weitere schafften den Grenzübertritt illegal und wurden von den
Behörden (geduldet) oder von Privaten (illegal) im Land behalten. Insbesondere in den letzten
Kriegsjahren, als auch die Schweiz nur noch wenige Flüchtlinge aufnehmen konnte, konnten
an der Westschweizer Landesgrenze Flüchtlinge doch auf Soldaten hoffen, die einmal auch
wegschauten, oder auf hilfsbereite Bürger, die die Flüchtlinge mit Kost und Logis versorgten.
Insgesamt überlebten in der Schweiz 275.000 Flüchtlinge – davon 26.000 aus dem Ausland in die
Schweiz geflüchtete Juden. Es wurde aber auch eine große unbekannte Anzahl von Flüchtlingen
– darunter mindestens 30.000 Juden – an der Grenze zurückgewiesen oder illegal Eingereiste den
Nationalsozialisten übergeben.
Die Schweiz wurde von Hitler mehrfach aufgefordert, keine weiteren Juden aufzunehmen und
geflüchtete Juden auszuliefern. Zumindest letzterer Forderung wurde nie entsprochen, der
ersten im Laufe des Krieges mal mehr, mal weniger, je nach aktueller Kriegslage und subjektiv
eingeschätzter Invasionsgefahr. Die Schweiz versuchte während des Krieges, zwischen ihren
humanitären Grundsätzen (Aufnahme von Flüchtlingen) und militärischen SelbstschutzInteressen (Geringhalten von Invasionsabsichten seitens der Nationalsozialisten) die Balance
zu finden. Ob der Schweiz das gelungen ist, oder ob sie mehr Juden hätte aufnehmen können
oder müssen und ob die Aufnahme von mehr Juden zu einer Invasion der Schweiz geführt hätte,
ist noch nicht ausreichend erforscht und deshalb aus den verschiedenen Sichtweisen heraus
umstritten. Insgesamt allerdings überlebten Hunderttausende Personen in der Schweiz, die in
den Nachbarländern wohl nicht überlebt hätten.
Befreiung der Überlebenden in den Lagern
Entsprechend dem Fortschritt der alliierten Angriffe gegen die Hitler-Koalition wurden
Überlebende in den Lagern zu sehr verschiedenen Zeitpunkten befreit. Als Beispiele werden hier
jeweils KZ genannt, die von einem der Alliierten als erste in seinem Frontabschnitt erreicht wurden.
1944
• 23. Juli: die Rote Armee befreit das KZ Majdanek als erstes der großen KZ/Vernichtungslager
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im von Deutschland besetzen Polen.
• Im August 1944 können auch westliche Journalisten erstmals aus dem KZ Majdanek
berichten (Titelgeschichten des Life-Magazin am 28. August und in der New York Times am
30. August 1944).
1945 (im Osten)
• 27. Januar: Das KZ Auschwitz-Monowitz wird am Vormittag, das Stammlager Auschwitz I
und das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau am frühen Nachmittag durch die Soldaten
der sowjetischen 322. Division befreit.
(im Westen)
• 11. April: Konzentrationslager Buchenwald: Um 14.30 Uhr erreicht die 6. Panzerdivision der
3. US-Armee das Konzentrationslager.
• 12. April: das KZ Westerbork in den Niederlanden wird von kanadischen Soldaten befreit.
• 15. April Übergabe des KZ Bergen-Belsen an britische Truppen durch die Wehrmacht.
• 29. April: das KZ Dachau, Ziel verschiedener so genannter Evakuierungsmärsche, wird von
US-Truppen, die nach München vorrücken, erreicht.
• Am 10. Mai können in Flensburg die letzten KZ-Häftlinge befreit werden.
In den Monaten darauf erfolgt die Rückführung der meisten noch lebenden ehemaligen KZHäftlinge in die Heimatorte/-länder; Stichworte Displaced Persons – DP-Camps). Nach dem
strengen Winter 1945/1946 bleiben Gruppen von DPs aus ganz verschiedenen Gründen heimatlos
in Deutschland und werden nicht mehr repatriiert.
Fast überall in den befreiten Lagern entstanden Häftlingsvereinigungen, die dort zunächst
wichtige soziale (Überlebens-) Funktionen für die Mitgefangenen ausüben.
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