1 Der Konflikt Aserbaidschan und Armenien Asker KARTARI I. Einleitung Um den Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan über die Herrschaft des aserbaidschanischen autonomen Gebiets Berg-Karabakhbesser zu verstehen, muss man erst die Faktoren des Einflusses über diesen Krieg herausarbeiten. Der Aufbau dieser Arbeit basiert auf diesen Faktoren: die geschichtlichen Hintergründe, die innenpolitische Situation beider Länder und die Rolle anderer Länder, die direkt oder indirekt in diesem Konflikt beteiligt sind. Aserbaidschan und Armenien liegen im einem der strategisch, wirtschaftlich und politisch wichtigsten Teile von Eurasien. Transkaukasien besteht aus georgischen, armenischen und aserbaidschanischen Territorien. Aserbaidschan hat 86.000 qkm Territorium und seine Bevölkerungszahl beträgt nach der Volkszählung der ehemaligen UdSSR im Jahre 1989 7,2 Mio. Armenien hat 29.800 qkm Landfläche eine und Bevölkerungszahl von 3,4 Mio. Personen (Roland Götz/Uwe Halbach: Daten zu Geographie, Bevölkerung, Politik und Wirtschaft der Staaten der GUS, S.1-15). Das Konfliktspektrum im Raum Armenien-Aserbaidschan ist mehrdimensional; Ausgangpunkt des Konfliktes war der Versuch, die mehrheitlich von Armeniern bewohnte Enklave Berg-Karabakhaus der Republik Aserbaidschan herauszulösen und in die Republik Armenien einzugliedern. Kennzeichneten Streiks, Massendemonstrationen, Blockaden, gegenseitige Übergriffe, wechselseitige Fluchtbewegungen sowie massive Sicherungseinsätze von Militär und Sondereinheiten des Innenministeriums das Konfliktbild der Jahre 1988/1989, so eskalierte der Konflikt zu Jahresbeginn 1990 zum regelrechten "Bürgerkrieg" (Archiv der Gegenwart vom 29.1.1990, S. 34180). II. Der geschichtliche Zusammenhang Das Wort "Karabach" ist aserbaidschanisch-türkisch und heiβt "schwarzer Obstgarten". Das Gebiet war zuerst ein Teil von Klein-Media, unter dem Stadthalter von Alexander d.Gr. Atropat. Das war im 4. Jahrhundert v.Ch. Nach seinem Tode (323 v.Ch.) hat Atropat Klein-Media zu einem selbständigen Land gemacht. Nach Meinung der Historiker stammt der Name Aserbaidschan von dessen Namen. Nachfolgend war es Kaukasisch-Albania, was nichts mit dem heutigen Albanien zu tun hat. Herodot, Strabon, Plinius und Ptolemaeus erwähnten Kaukasisch-Albanien als einen Teil des heutigen Aserbaidschans; eines Teils Südaserbaidschans, welches das Gebiet bis nordkaukasischen Ebene umfaβt. Das Gebiet war ein eigenständiges Staatsgebiet, das weder mit dem heutigen,noch mit dem antiken Armenien im Zusammenhang steht. Die Bevölkerungsstruktur von Albanien war sehr unterschiedlich. Den gröβten Volksstamm bildeten die Albanier. Sie beherrschten sogar die Fluβmündung ins Kaspische Meer. Antike Historiker zählten in Kaukasisch-Albanien 26 Volksstämme. 1 A.Kartarı 2 Seit der Antike ist die Geschichte Aserbaidschans bzw. Karabachs fest mit der Südaserbaidschans verbunden. Seltschuken kamen Anfang des 11. Jahrhunderts nach Azerbaidschan (vgl.Bohdan Nahaylo/Victor Swoboda: Soviet Disunion, S.11-12). Ein Teil zog dann in das heutige Anatolien, ein anderer Teil hat sich im 12. Jahrhundert im heutigen Nachitschewan nidergelassen und hat das Ildenisenreich gegründet, welches das jetzige Südaserbaidschan und das heutige Aserbaidschan umfasst. Die Hauptstadt war Täbris, die heute noch das politische und kulturelle Zentrum von Persisch-Aserbaidschan ist. Dann kamen die Mongolen und danach wurde das Land von den Timuren besetzt. Als dieses Reich zerfiel, kamen zunächst die Akkojunlu-, später die Karakojunlu Dynastien an die Macht. Micheal M. Gunter schreibt, dass nach dem Jahr 900 verschiedene armenische Königreiche für kurze Zeit autonom existiren konnten, die in der Mitte des 11. Jahrhunderts allerdings ins Byzantinische Imperium eingegliedert wurden (Micheal M. Gunter: Transnational Armenien Activism, S.2). Das hieβe, dass Berg-Karabakhseit dieser Zeit niemals Teil eines armenischen Staates war und die Aseris das Gebiet weder von den Armeniern noch von einem armenischen Staat erobert hatten. Deshalb wäre es unrecht, die "Wiedervereinigung Berg-Karabachs" zu fordern. Im 15. Jahrhundert übernahmen die Safewiden die Staatsgewalt. Schach Ismail war ein groβer Dichter und schrieb unter dem Pseudonym Chatai in aserbaidschanischer Sprache. Es folgte die Kadschar Dynastie, die die Safewiden stürzte und ungefähr 300 Jahre lang Persien und Aserbaidschan beherrschte. Mitte des 18. Jahrhunderts war das persische Reich sehr geschwächt. Die einheimischen Fürsten zogen daraus Nutzen, sagten sich in den fünfziger Jahren des 18. Jahrhunderts von Persien los und gründeten neun Chanate (Fürstentümer). Von diesen 9 Chanaten war eines Karabach, ein anderes "Irewan" (bis Ende des 2. Weltkrieges hieβ die heutige Hauptstadt Jerewan "Irewan"). Schuscha war die Hauptstadt von Karabach. "Als sich die armenische Kirche in Persien immer stärker für die Selbstständigkeit der Armenier einzusetzen begann, verschärfte Persien den Druck auf die gregorianischen Cristen. Auswanderung war die Folge" (Eva-Maria Auch: "Ewiges Feuer" in Aserbaidschan..., S.13). Russland versuchte teils durch provizierte Zwistigkeiten, teils durch Intrigen, diese Chanate auf seine Seite zu ziehen. Zarenvertreter versprachen den Fürsten Privilegien, wie die russische Staatsbürgerschaft und Unterstützung gegen Persien und die Osmanen. Durch List und Bedrohung gewann die zaristische Regierung einen Fürsten nach dem anderen für sich, nur die Fürsten von Karabakhund von Gence waren entschlossen, Widerstand zu leisten und zu kämpfen. Ende des 18. Jahrhunderts griff der persische Schach A a Muhammed Kadschar das Gebiet Karabakhan. Der Chan von Karabach, Ibrahim Chalil Chan, wurde ermordet, etwas später auch A a Muhammed Schach. Russische Armeeeinheiten überschritten den Fluβ Arax und besiegten die Perser. Infolge dieses Krieges eroberte Russland weite Gebiete im Transkaukasus, darunter Karabakhim Jahre 1805. "Eine neue Einwanderungswelle von Armeniern nach Karabakhsetzte 1809 ein" (Auch: ibid, S.14). 2 A.Kartarı 3 1813 wurde der Vertrag von Gülistan vom Iran akzeptiert; damit wurden Daghestan, das nördliche Aserbaidschan und andere Gebiete von Russland anektiert (Bohdan Nahaylo/Victor Swoboda, ibid.S.11-12; Tadeuzs Swietochowski: Russian Azerbaijan 1905 - 1920..., S.23-24). Die Armenier des heutigen Karabachs wurden seit Anfang des 19. Jahrhunderts durch Begünstigung des zaristischen Russlands aus Iran und der Türkei dorthin umgesiedelt. Im zweiten Krieg gegen Persien fielen auch Irewan und Nachitschewan an Russland. Die in dem Türkmentschei-Abkommen 1828 festgelegte Grenze entlang des Araxes teilte das Siedlungsgebiet der Aseri in einen Nord- und einen persischen Südteil. Zugleich erhielten die Armenier Persiens die Möglichkeit, in den russisch beherrschten Norden umzusiedeln (Eva-Maria Auch: Aserbaidschan Wirtschaftsprobleme, soziale Verwerfungen, politischer Nationalismus..., S.259; Uwe Halbach: Die Armenier in der Sowjetunion..., S.518). Nach der vorhandenen Literatur verteilte sich der Anteil armenischer und aserbaidschanischer Bevölkerung dieser Gebiete wie folgt: Zeitraum Region Aseri % Armenier % ------------------------------------------------------------------------------------------------------1823 - 1827 Karabakh 91 8,4 Nachitschewan 86,5 13,5 Irewan 76 24 1830 - 1834 Karabakh 64,8 34,8 Nachitschewan 50,6 49,4 Irewan 46,2 53,8 ------------------------------------------------------------------------------------------------------Quelle:Süleyman Alijarow: Açıg Mektub, In: Azerbaycan, Nr.8, 1988. S.180-185. Eva-Maria Auch merkt zur armenischen Bevölkerungsentwicklung an: "Lebten 1846 Transkaukasien ca. 200.000 Armenier, so waren es 1915 bereits 1,68 Mio, die in 12 der 13 kaukasischen Verwaltungseinheiten als Minderheit siedelten" (Auch: ibid, S.259). Anfang des 20. Jahrhunderts wurde durch die revolutionäre Bewegung einerseits und andereseits durch die Niederlage im Krieg mit Japan die Position Russlands im Kaukasus, insbesondere in der Industriestadt Baku (in der sich 75% der Ölproduktion konzentrierte), sehr geschwächt. Russland suchte Wege und Mittel, um seine Macht wieder zu stärken und verwendete dabei die Methode "Spalte und regiere", - oder "teile und herrsche" -. Dazu wurden von Russland in Aserbaidschan, speziell in den gröβen Städten, nationale Massaker zwischen Aserbaidschanern und Armeniern angezettelt. Erst nach groβen Menschen- und Materialopfern konnte mit Hilfe der 3 A.Kartarı 4 Intelligenzia auf der einen wie der anderen Seite das gegenseitige Töten beendet und die Konflikte abgeschwächt werden (Swietochowski: ibid, S.73-74; Hüseyin Baykara: Azerbaycan ⁄stiklal Mücadelesi Tarihi, S.107-112). Ein aserbaidschanischer Dramatiker, Cefer Cabbarly, schrieb über dieses Thema ein Bühnenstück mit dem Titel "Im Jahre 1905". Es wurde bis in die jüngste Zeit auch auf armenischen Bühnen gezeig ("Cabbarlı, Cefer", In: Azerbaycan Sovet Ensiklopedijası, Band X., S. 387). Aus der neueren Geschichte des armenische-aserbaidschanischen Konflikt sind im Zusammenhang mit dieser Arbeit besonders folgende Daten relevant. Lenin setzte nach der Oktoberrevolution Stepan Schaumian, -ein aktiver, armenischer Bolschewik-, für den Kaukasus als auβerordentlichen Kommissar ein und übertrug ihm alle Macht. 1918 riss der Internationalist Stepan Schaumian mit einer handvoll Revolutionären in Baku die Macht an sich und proklamierte den sogenannten "Bakunischen Rat der Sowjets". Die Regierung Schaumians bestand einschlieβlich Schaumians aus 26 Kommisaren, deshalb ist seine Zeit auch als die "der 26 Kommisare" in die aserbaidschanische Geschichte eingegangen. Alle national denkenden Politiker lehnten Schaumians Regierung ab und verweigerten ihre Mitarbeit. Von den 26 Kommissaren waren nur zwei bedeutungslose Aserbeidschaner (Swietochowski: ibid, S.144-149). Ein Mann namens Ezizbejow war auf dem Papier Schaumians Stellvertreter. In dieser Zeit gab es ständig Aufruhr und Schieβereien. Die Verhältnisse waren chaotisch, denn Schaumian saβ nicht fest im Sattel und seine Lage war sehr ernst. So beschloβ er genauso zu handeln, wie die zaristische Regierung im Jahre 1905. Mit Hilfe seiner Anhängern provozierte er wieder ein aserbaidschanisch - armenisches Massaker. In diesem Völkermord spielten die Armenier aus Karabakhdie Hauptrolle (Mecid Musazade: Einige Auszüge aus der reichen Geschichte von Qaraba , S.6; Halbach: ibid, S.519). Nach den in der Literatur vorhandenen Informationen wurden im Jahre 1918 allein im Gebiet von Karabakh25.000 unschuldige Menschen, d.h. 20% der Gesamteinwohner von Karabach, hingemordet. Ein groβer Teil dieser Opfer waren Aserbaidschaner. Schuscha und 45 Dörfer wurden zerstört, niedergebrannt und Tausende flüchten. Nach Angaben der aserbaidschanischen Zeitungen waren in Baku und Schamachy etwa 25-30.000 Opferzu beklagen (Musazade: ibid, S.7). Nach sowjetischen Presseberichten forderte dieser Bürgerkrieg beide Völker 70-80.000 Menschenleben und wurde am 31. März 1918 beendet. Die sowjetischen Propagandisten versuchten, die Schuld an dem von Schaumians Clique inszenierten Völkermord auf die Engländer zu schieben. Das war bislang unbekannt. Man nimmt an, dass auch Stalin mitgemischt haben könnte. Er war in dieser Zeit Nationalitäten-Kommissar (Musazade: ibid, S.6-7; Baykara: ibid, S.131-132). Am 28. Mai 1918 erklärten Aserbaidschan, Georgian und Armenien ihre Selbständigkeit. Weil Baku von Schaumians Clique besetzt war, wurde 4 A.Kartarı 5 dieUnabhängigkeitserklärung in Gendsche proklamiert (Baykara: ibid. S.259). In dieser Zeit marschierte eine deutsche Einheit durch die Türkei in Georgien ein. Das beunruhigte die Engländer, die in Persien stationiert waren. Deshalb drangen englische Einheiten in das Freie Aserbaidschan ein und besetzten die Hauptstadt Baku. Die englischen Truppen blieben nur kurze Zeit dort. Auf ihrem Rückzug führten sie Schaumian und seine Leute mit und erschossen sie in Karakorum. Die aserbaidschanische Regierung kam erst im Sommer 1918 nach Baku. Während der Unabhähgigkeit waren nicht nur Berg-Karabach, sondern auch Sengesur (heute eine Region in Armenien) Bestandteile des aserbaidschanischen Territorium. Die aserbaidschanische Republik bestand nur 23 Monate. Sie wurde von der Roten Armee am 27. April 1920 besetzt und am 28. April 1920 wurde Aserbaischan SSR gegründet (Nahaylo/Swoboda, ibid, S.45; Swietochowski, ibid, S.242-243). Schaumians sogenannte "heroischen" Verdienste wurden auf Anweisung des Obersten Sowjet in Aserbaidschan durch Errichtung von Denkmälern geehrt und die Haupstadt von Karabach, Chankendi, auf seinen Namen in Stepanakert (Dorf von Stepan) umbenannt ("Stepenakert", In: Azerbaycan Sovet Ensiklopedijası, Band IX, S.34). In November 1920 wurde Armenien von der Roten Armee besetzt. Am 29. November 1920 wurde in Armenien die Sowjetrepublik Armenien ausgerufen . Die Region Sengesur mit einer Fläche von 9.000 qkm wurde von Aserbaidschan abgetrennt und die Schenkung an Armenien als ein Akt internationaler Groβzügigkeit bezeichnet (Sülejman Alijarow, ibid, S.184). Dadurch wurde Aserbaidschans Territorium auf 86.000 qkm verkleinert. In dem Territorium Sengesur, -zwischen Nachitschewan und dem übrigen Aserbaidschan gelegen-, lebten mehrere hunderttausend Aserbaidschaner. Viele von ihnen wanderten später nach Aserbaidschan ab. Am 21. März 1921 einigten sich die Türkei und Russland SFR auf den Status von Nachitschewan (Sinan O an: Azerbaycan..., S.3; vgl. Auch:"Ewiges Feuer" in Aserbaidschan..., S.19; Halbach: ibid, S.521). Um die territoriale Frage endgültig zu klären, kam schlieβlich am 4. Juli 1921 das Plenum des Kaukasischen Büros zusammen. Nach zweitägigen Konsultationen kam das Plenum am 5. Juli 1921 zu dem Ergebnis, dass Berg-Karabakhmit dem neuen Status "Autonome Region Berg-Karabach" weiterhin bei Aserbeidschan verbleiben soll. Zuerst wurde im Jahre1923 derName Karabakhbei der Autonomisierung in Da lyg-Karabakh(Nagornyj-Karabach) umbenannt ("Da lıg-Garaba ", In: Azerbaycan Sovet Ensiklopedijası, Band.III, S.3O8-309; Uwe Halbach: ibid, S.513). Zu Beginn des 2. Weltkrieges wurden mehr als 10.000 Aseri aus Armenien nach Aserbaidschan in den Raum Gendsche zwangsumgesiedelt. Sie wurden in die Häuser der deutschen Kolonie Hellendorf und Agstafa einquartiert, deren Bewohner im Sommer1941 nach Mittelasien deportiert und verbannt worden waren. Nach und während des 2.Weltkrieges, insbesondere 1948, lebten in den zwangsweise an Armenien angegliederten Gebieten ungefähr 250.000 Aserbaidschaner, der gröβte Teil von ihnen wurde mit einem Federstrich Stalins nach Aserbaidschan abgeschoben, aber kein Armenier zwangsweise nach Armenien geschickt (Musazaade: ibid, S.9). 5 A.Kartarı 6 IV. Die Argumentation beider Seiten 1. Armenische Argumentation Uwe Halbach fasste die armenische Argumentation in seiner Studie "Ethno-territoriale Konflikte in der GUS" folgendermaβen zusammen: "Armenische Argumentation bezieht sich auf die demographische Situation in Berg-Karabach, wo 1989 eine armenische Bevölkerungsmehrheit von 75% bei einer Gesamtbevölkerung von 188.000 (4.400) qkm lebte, und auf die nationalen Existenzrechte dieser Bevölkerung. Die Armenier behaupten, dass Baku in Karabakh eine Politik der gezielten "Entarmenisierung" betrieben habe und verweisen auf das Beispiel Nachitschevans, aus dem armenische Bevölkerung ebenfalls systematisch verdrängt wurde. Die Armenier in Karabakhbeklagen sich über gezielte sozialökonomische, kulturelle und infrastrukturelle Vernachlässigung und Unterentwicklung und Behinderung ihrer nationalen Rechte. Als Anfang 1988 die ersten Massendemonstrationen für die Vereinigung in Eriwan und in Stepanakert aufgenommen wurden, waren keine armenische Kirche und keine armenische Schule in Berg-Karabakhmehr geöffnet. Die armenische Regierung lieβ im Verlauf des Konflikts erkennen, dass es ihr mehr als um Angliederung des Gebietes an Armenien um seine administrative Ausgliederung aus Aserbaidschan gehe. Von entscheidender Bedeutung bei der armenischen Wahrnehmung des Konflikts ist seine historische Einordnung in die Geschichte türkischer Gewalt an Armeniern und insbesondere die Erinnerung an den bis heute in der Türkei offiziell geleugneten Genozid von 1915" (Uwe Halbach: Ethno-territoriale Konflikte in der GUS, BIOS, 31/1992, S.19; vgl. Halbach: Die Armenier in der Sowjetunion, S.520). 2. Die Aserbaidschanische Argumentation Aserbaidschan betrachtet Berg-Karabakh als "integralen Bestandteil seiner Territorialund Kulturgeschichte" (Halbach, ibid, S.19). Was die historischen Argumente der Armenier betrifft, so besteht kein Zweifel, dass das Gebiet Berg-Karabakh zu keinem Zeitpunkt Bestandteil eines Armenischen Staates gewesen sei (Ahmed Omid Yazdani: Geteiltes Aserbaidschan, S.83). Von 1747 bis 1822 existierte in dieser Region das Chanat Karabakh, ein aserbaidschanischer Feudalstaat, der aufgrund der bilateralen Übereinkunft vom 14. Mai 1805 zwischen Ibrahim Chalil Chan und dem Kommandeur des russischen Heeres, D. Siotianov, an Russland angegliedert wurde. Die von der russischen Regierung eingesetzte Verwaltungsadministration für diese Region hatte keinerlei Bindung an Armenien. Später, bis 1920, gehörte Karabakh zum Gouvernement Jelizavetpol (Gendsche), einer der beiden wichtigsten Verwaltungseinheiten Nord-Aserbaidschans. Schlieβlich wurde Karabakh1918 Bestandteil der Aserbaidschanischen Demokratischen Republik, danach Aserbaischanische SSR. Es war also ganz offensichtlich, dass Berg Karabakh in seiner Geschichte niemals ein Bestandteil Armeniens gewesen sei (Yazdani, ibid, S.84). Nach Sülejman Alijarow schrieb der Armenier Anastas Mikojan, damaliger Erster 6 A.Kartarı 7 Sekretär des Revolutionskomitees von Baku, in einem Brief vom 22. Mai 1920 an Lenin und das Zentralkomitee der bolschewistischen Partei: "Die Daschnaken streben nach der Vereinigung von Berg-Karabakh mit Armenien. Aber sollte dieser Wunsch tatsächlich in die Wirklichkeit umgesetzt werden können, würde die Bevölkerung von Karabakh, die zu keiner Zeit eine Verbindung zu Eriwan gehabt hatte, von ihrer Lebensquelle Baku abgeschnitten werden. Die Vertreter der Armenier haben deshalb auf dem fünften Kongress der Partei die Vereinigung von Berg Karabakh mit Aserbaidschan akzeptiert" (Alijarow, ibid, S.185). "Die armenischen Vorwürfe, die Autonomie der Karabakh-Armenier sei eingeschränkt, werden mit dem Fehlen solcher Autonomierechte für über 245.000 Aseris in Armenien abgewiesen" (Auch: Aserbaidschan..., S.261). 3. Die Hauptgründe des Konflikts Wie andere national-territoriale Konflikte, wird auch der Karabakh-Konflikt durch bestimmte Faktoren beeinflusst. Armenier wie auch Aseris erheben Ansprüche auf Karabakh. Beide Nationen behaupten, dass sie früher als andere in diesem Gebiet lebten und deshalb müsse dieses Gebiet unter ihrer Macht verbleiben (David Hamburg: Ethnische Konflikte..., S.116). Sie verweisen nahezu auf dieselben schriftlichen und archäologischen Quellen als Beweismaterial für ihre Behauptungen. Aber sie vergessen, dass Transkaukasien in der Geschichte immer ein zentrales Durchzugsgebiet zwischen dem Nahen Osten, Mittelasien, Russland, Persien und Anatolien war. In diesem Gebiet trafen sich viele verschiedene Ethnien wie Araber, Perser, Ibero-Kaukasier und die Türkvölker. Auch verschiedene Religionen entwickelten in diesem Gebiet ihre Glaubensgemeinschaften, nämlich Christentum, Judentum und Islam. Ein Grund des Karabakh-Konflikts besteht meiner Meinung nach in den Grenzziehungen und der Umsiedlungspolitik von Russland und der ehemaligen UdSSR. Nachitschevan, Zengesur und Karabakh waren zwischen 1918 und 1920 die integralen Bestandteile der Aserbaidschanischen Republik, die mit Armenien und Georgien verbündet war.1920 wurden zunächst Nachitschevan und Zengesur an Armenien angegliedert. Karabakh war noch aserbaidschanisches Territorium (Uwe Halbach: Die Armenier in der Sowjetunion..., S.519). Im selben Jahr wurde dann Zengesur an Armenien angeschlossen. 1921 wurde Nachitschevan mit dem Status einer Autonomen Republik an Aserbaidschan angegliedert. Ein Teil Karabakhs mit dem Namen Berg-Karabacher hielt im Jahre 1923 den Status eines autonomen Gebietes. Die Bevölkerung der Gebiete von Nachitschevan bis Berg-Karabakh wurde nach 20-jährigem Kriegszustand noch 3 Jahre lang in Angst und Schrecken gehalten, indem die Feindschaft zwischen beiden Völkern verschärft wurde. Während der sowjetischen Herrschaft wurde die Bevölkerung nur mit den Mitteln der Bestrafung, Umsiedlung und Verbannung unterdrückt. In der kaukasischen Geschichte fällt auf, dass kaum ein Konflikt zwischen den vielfältigen Völkern politisch gelöst wird. Die alltäglichsten Konflikte verwandelten sich ganz leicht in blutige Kämpfe. In diesem Konflikt dachten Armenier und Aseris nicht daran, dass "es zwischen totaler Unterwerfung einerseits und totaler Unabhängigkeit andererseits verschiedene Zwischenstadien gibt (zum Beispiel 7 A.Kartarı 8 Autonomie und bundesstaatliche und föderale Vereinbarungen)" (Elizabeth Fuller: Konflikte im Transkaukasus: Wer könnte vermitteln?, S.193-194). Ein anderer Grund für die Eskalation des Konflikts ist in der "Untätigkeit" der herrschenden Organe zu suchen. Wenn zum Beispiel die Regierung der UdSSR im Jahre 1987 und später die Regierung Aserbaidschans im richtigen Zeitpunk richtige Entscheidungen über Karabakh getroffen hätte, wäre der Konflikt nicht eskaliert. Zu Beginn des Jahres 1988, "zögerte Führung der Sowjetunion hinsichtlich Berg-Karabakh irgendwelche Zugeständnisse an Armenien zu machen, aus Angst, damit die Büchse der Pandora vergleichbare territorialen Ansprüche zu öffnen. Als andere Völker dennoch dem Beispiel der Armenier folgten, indem sie Grenzberichtigungen oder Autonomie forderten, reagierte Moskau, indem es ihnen kurzfristige und weitgehend ineffektive politische Lösungen aufzwang. Als diese versagten, zog sich das Regime auf brutale Gewalt zurück (wie etwa bei der blutigen Intervention sowjetischer Truppen in Tiflis im Jahr 1989 und Baku 1990). In der Folge hat über mehrere Jahre hinweg die Spirale der Gewalt und Gegengewalt den gegenseitigen Hass und das Misstrauen geschürt, bis zu einem Punkt, an dem es nahezu unmöglich geworden war, ein vernünftiges Gespräch zustande zu bringen, ohne dass es stecken geblieben wäre bei gegenseitigen Vorwürfe und dem besessenen Bedürfnis, Schuld zuzuweisen. So hat der Vorsitzende des abchasischen Parlaments, Wladislaw Ardsinba, kürzlich bemerkt: 'Es wird schwierig, in gutem Glauben mit einem gegenüber zu verhandeln, der seine Absicht, dich als Nation zu stören, erklärt und gezeigt hat' (UNPO Okt.-Nov.1992). Die Aufteilung der Hinterlassenschaften der früheren Sowjetarmee, in deren Folge Armenien, Aserbaidschan und Georgien erhebliche Mengen an hoch entwickelten Waffen und Rüstungsgütern erhielten, hat ebenso zur Eskalation der Feindseligkeiten beigetragen" (Füller, ibid, S.194; vgl. Gerhard Simon: Die Nationalbewegungen und das Ende des Sowjetsystems, S.775-776, 785-786). Infolge des Misstrauen gegenüber Moskau waren die an dem Konflikt beteiligten Seiten nicht bereit, Moskaus Lösungsvorschläge ernst zu nehmen. Jede Seite fürchtete, dass der Lösungsvorschlag Russlands die andere Seite bevorzugen würde. Hinzu kommt, dass die internationalen Organisationen sich zu spät an den KonΞiktlösungsstrebungen beteiligten. V. Zur Innenpolitik beider Seiten 1. Das Verhältnis zwischen armenischer Regierung und Opposition. Armenien betrachtet man die als politisch-stabilste Republik des Kaukasus. Aber die regierende armenische pannationale Bewegung, die im Sommer 1990 an Macht gekommen ist, wird von der Opposition zunehmend kritisiert. Die Opposition behauptet, dass die Regierung sich an die ehemalige kommunistische Nomenklatur anschlieβe, gegen wirtschaftlichen Zusammenbruch machtlos sei und durch Abschwörung der Forderungen der "vorigen armenischen Länder", einschlieβlich Berg-Karabachs verratete (Elizabeth Fuller, Transcaucasia: Ethnic Strife Threatens 8 A.Kartarı 9 Democratization, S.17). "Die Wähler, die für die AAB-Liste (Armenische Allnationale Bewegung) votiert und im Mai 1990 die kommunistische Herrschaft bei den Parlamentswahlen gestürzt haben, würden heute für die AAB - nach den jüngsten Meinungsumfragen lediglich 25 % der Stimmen abgeben" (Aschot Manutscharjan, Zur politischen Situation in Armenien, S.2) Manutscharjen schrieb, dass das innenpolitische Klima durch die kritischen Stellungnahme der wissenschaftlich-technischen und der geistwissenschaftlichen Intelligenzija gegenüber der regierenden Armenischen Allnationalen Bewegung und der Regierung aufgeladen würde. Die nicht an der Macht beteiligten Kreise dieser Intelligenzija warfen sowohl der Regierung als auch AAB "Neobolschewismus" vor. Manutscharjan betonte, dass oben genannte Intelligenzija einen groβen EinΞuβ auf die Bildung der öffentlichen Meinung habe. Diese Intelligenzija, die der AAB mit ihrem Einsatz für Berg-Karabakh zu ihren Wahlerfolgen verholfen habe, sammelte nunmehr gegnerische Kräfte und beteiligte sich aktiv an der Arbeit der Opposition. Als Folge dieser oppositionellen Aktivitäten verlor die unter Präsident Ter-Petrosjan regierende "Armenische Nationale Bewegung" in der Bevölkerung beständig an Rückhalt (Archiv der Gegenwart vom 6. Juni 1993, S.37915; Manutschurjan, ibid, S.2). Sieben Parteien der armenischen Opposition hatten sich vor einem Jahr, nämlich Ende Juni 1992, zu einer Union, der Nationalen Allianz, zusammengeschlossen. Diese Union hat seit dieser Zeit die Mehrheit im armenischen Parlament inne. Ihre Hauptforderungen seien der Rücktritt Ter-Petrosjans, die Gründung einer nationalen Armee und die Anerkennung der Unabhängigkeit Barg-Karabachs. Innerhalb der Opposition im Parlament habe die Daschnak-Partei besonders Gewicht (siehe Michael M. Gunter: Transnational Armenien Activism, S.15-21). Vor allem die Fraktion des radikalen Daschnak-Verbandes im armenischen Parlament übte Druck auf den Präsidenten aus; dieser verurteilte die Haltung der Daschnak. Er sagte sie, betreibt Krieghetze ((Archiv der Gegenwart von dem 10. September 1992, S.37140)). Die Armenische Regierung behauptet, dass ihre Streitkräfte am Krieg in Berg-Karabakh nicht teilnehmen würden. Aber nach den militärischen Rückschlägen in Berg-Karabakh im Sommer 1992 kritisierte das armenische Parlament die Regierung sehr hart und es demonstrierten zwischen 14. und 17 August täglich zehntausend Menschen in Jerewan für den Rücktritt des als "Verräter" beschimpften Präsidenten Ter-Petrosjans und seiner Regierung. Demonstranten warfen den Regierenden vor, dass deren "katastrophale Politik" zu den letzten militärischen Rückschlagen geführt habe. Die Protestaktionen wurden von den nationalistischen Oppositionskräften im Parlament organisiert. Am 16. Oktober 1992 trat der Auβenminister Armeniens, Howanissjan zurück. Der Grund war seine harte Politik gegen die Türkei. Am 20. Oktober 1992 entlieβ Ter-Petrosjan den Verteidigungsminister Sarkissjan und ernannte stattdessen einen der Führer der Oppositionsparteien, Manukjan, zum neuen Verteidigungsminister. Die 9 A.Kartarı 10 Berufung eines Verteidigungsministers aus der Opposition, der zudem ein Konzept für den Aufbau einer einheitlichen Nationalarmee besitzt und ein härteres Vorgehen an der Grenze zu Aserbaidschan befürwortet, wurde als Konzession des Präsidenten an die oppositionelle "Nationale Allianz (Union)" interpretiert (Archiv der Gegenwart vom 6. Juni 1993, S.37915). Am 2.Februar 1993 entlieβ Präsident Ter-Petrosjan Ministerpräsident Arutjunjan. Er war seit Juli 1992 im Amt gewesen. Meinungsverschiedenheiten seien über den neuen Wirtschaftsreformsplan entstanden. Arutunjans Nachfolger war Wirtschaftsminister. Die wirtschaftliche Lage Armeniens bewog die Regierung, harte Maβnahmen zu ergreifen. Die erhöhte Besteuerungen sowie zusätzliche Produktionssteuern führten zu steigenden Produktions-kosten, die viele der neuen Unternehmer zur Betriebsaufgabe zwingen (Manutschurjan, ibid, S.2). Die aserbaidschanische Blockade spielt auch eine wichtige Rolle bei den wirtschaftlichen Schwierigkeiten Armeniens. Die armenische Kirche unterstützt aber die Regierung Armeniens (Vigen Guroian: Faith, Church And Nationalism In Armenia, S.35-36). Trotz aller Diskussionen zwischen der armenischen Regierung und der oppositionellen Fraktion kann man feststellen, dass in Armenien über den Konflikt mit Aserbaidschan ein Grundkonsens besteht. 2. Die Innenpolitik Aserbaidschans Die Innenpolitik Aserbaidschans spielt meiner Meinung nach beim Karabakh-Konflikt eine gröβere Rolle als die übrigen Faktoren. Jeder Machtwechsel in Aserbaidschan hatte Auswirkung auf den Karabakh-Konflikt wie auch umgekehrt. Nach jeder Niederlage wurden in Baku die regierenden Personen gestürzt und als Folge des Machtwechsels eskalierte der Konflikt, wobei Aserbaidschan wiederum einen Teil seines Territoriums verlor. Nun möchte ich die innenpolitischen Ereignisse und ihre Folgen auf den Karabakh-Konflikt chronologisch darstellen. Nach den Massendemonstrationen in Berg-Karabakh und Jerewan ging erst im Sommer 1988 aus dem "Klub der Wissenschaftler der Stadt Baku" eine Initiativgruppe hervor. Von dieser Gruppe wurde die Volksfront Aserbaidschans gegründet. Die Volksfront Aserbaidschans konnte in kurzer Zeit landesweit eine Organisation aufbauen und die Massen "aus Anlass des Karabakh-Konfliktes für die Herstellung staatlicher Souveränität und die Sicherung der territorialen Integrität" mobilisieren (Auch: ibid, S. 262; Mark Saroyan: The "Karabakh Syndrome" and Azerbaijani Politiks“, S. 22). Am 23.9.1989 wurde das Gesetz "Über die Souveränität Aserbaidschans" verabschiedet. Wegen Unzufriedenheit mit der Regierung zettelte die aserbaidschanische Opposition erfolgreiche Streikaktionen an. Zwischen 3. und 11. September 1989 fand in Aserbaidschan ein Generalstreik statt, durch den auf aserbaidschanischan Gebiet die Transportwege für die Lebensmittelsorgung 10 A.Kartarı 11 Berg-Karabachs und Armeniens blockiert wurden. Wegen Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Volksfront führten ihre örtlichen Abteilungen eigenständige Aktionen durch: "die Machtergreifung in Lenkeran, Grenzdurchbrüche im Dezember/Januar 1990 in Nachitschevan, die Abspaltungen radikaler Gruppen unter N. Penachov und die anti-armenischen Pogrome am 13. bis 16.1.1990, auf die hin die sowjetische Armee in Baku (19.-20. Januar 1990) intervenierte" (Auch; ibid, S. 263; vgl. Saroyan: ibid, S. 28). Als Gegenmaβnahmen auf die Aktionen der oppositionellen Volksfront löste die Kommunistische Partei Abdulrahman Wasirow ab und ersetzte ihn am 24.1.1990 durch den linientreuen Ajaz Mutalibow. Dieser wurde am 27. Januar 1990 zum Regierungschef ernannt. Nach der Wahl wollte Mutalibow der Bevölkerung Aserbaidschans zeigen, dass er den Konflikt in kurzer Zeit lösen könne (Arnold Hottingen: Zukunftsfragen für Zentralasien, S. 399). Ab April begannen die OMON-Truppen neue Angriffe gegen armenische Stützpunkte in Berg-Karabach. Auβerdem erließ Mutalibow für zwei Monate den Ausnahmezustand, wodurch die Lage in Baku stabilisiert und das Verteidigungspotential gegen die "armenische Aggression" mobilisiert werden sollte. Demonstrationen und Versammlungen wurden verboten, die Bewegungsfreiheit im Land wurde eingeschränkt. Im Sommer 1991 kämpften sowjetische Truppen, die in auf aserbaidschanischen Territorium stationiert waren, zusammen mit aserbaidschanischen Einheiten gegen armenische Verbände. Zur Zeit des Putschversuchs gegen Gorbatschow machte Mutalibow in Teheran einem Staatsbesuch und wies darauf hin, dass er die Putschisten unterstützen werde. Im August 1991 erklärte Aserbaidschan seine Unabhängigkeit. "In den Parlamentswahlen vom Sommer/Herbst 1990 trat die Volksfront innerhalb des Blocks 'Demokratisches Aserbaidschan' zusammen mit über 40 Gruppierungen in 132 von 349 Wahlbezirken an. Die gemeinsame Wahlplattform lautete: Politische und ökonomische Souveränität Aserbaidschans auβerhalb der Union, Sicherung der Menschenrechte, ökonomischer und politischer Pluralismus" (Auch: ibid, S. 263). Nur 31 Kandidaten des Blocks wurden Abgeordnete, während 21 Parlamentssitze von offiziellen Vertretern der Nationalisten besetzt waren. Die neue Zusammensetzung des Parlaments mit insgesamt 166 Sitzen zeigte, dass die aserbaidschanischen Kommunisten ihre Mehrheit mit 104 Sitzen bewahren konnten. Nach den Wahlen wurde die alte KP Aserbaidschans am 14. Oktober 1991 aufgelöst. Mutalibow erzielte eine Vereinbarung über den Waffenstillstand zwischen Armeniern und Aseris in und um Berg-Karabakh (23. Oktober1991 in Schelesnowodsk) und die Aufhebung des autonomen Status Berg-Karabakhs. Durch diese Maβnahmen erhielt er Bestätigung durch die Bevölkerung Aserbaidschans. Daraufhin reagierte Berg-Karabakh mit der Erklärung seiner Unabhängigkeit. Das aserbaidschanische Parlament hob den autonomen Status Berg-Karabakhs auf (Archiv der Gegenwart vom 25.11.1991, S.36356). Im Dezember 1991 nahm Mutalibow an der Alma-Ata Konferenz teil und Aserbaidschan wurde Mitglied der GUS, aber bis heute wurde diese 11 A.Kartarı 12 Entscheidung noch nicht durch das aserbaidschanische Parlament bestätigt. Die aserbaidschanische Opposition akzeptierte auch den Eintritt in die GUS nicht. Nachdem Jelzin den russischen Streitkräften den Rückzug aus dem Gebiet Berg-Karabakhs befohlen hatte und nach Absturz eines aserbaidschanischen Hubschraubers, begann eine neue Gewaltspirale. Nach Angaben der aserbaidschanischen Presse wurde der Hubschrauber, in dem sich bekannte aserbaidschanische Militär-Kommandeure und andere Politiker befanden, von Regierungstruppen abgeschossen. Präsident Mutalibow stellte Berg-Karabakh unter direkte Verwaltung durch Baku. Am 19. Januar erklärte Berg-Karabakh erneut seine Unabhängigkeit von Aserbaidschan. Am 26. Februar besetzten die armenischen Truppen die Stadt Chodschalı. Nach Angaben auch der westlichen Presse gab es hierauf ein blutiges Massaker. Die armenischen Truppen töteten in einigen Stunden mehr als 1.000 Aseris. Andere Einwohner der Stadt konnten fliehen. Innenpolitisch gesehen, war die Besetzung Chodscalıs sehr wichtig. Die Opposition machte der Präsidenten und seine Regierung dafür verantwortlich und forderte ihren Rücktritt. Die Volksfront Aserbaidschans organisierte Massendemonstrationen in Baku. Am 6. März 1992 wurde Mutallibow durch das Parlament zum Rücktritt gezwungen. Der Dekan des medizinischen Instituts Bakus, Jakub Mamedow, wurde zum amtierten Präsidenten gewählt (Fuller, Azerbaijan After the Presidential Elections, S. 2). Die Volksfront akzeptierte keine Beteiligung an de Koalition. Am 7. Juni sollten Präsidentschaftswahlen stattfinden. Am 8. Mai einigten sich Aserbaidschan und Armenien unter der Vermittlung Irans auf eine Waffenruhe, aber am 9. Mai griffen die armenischen Einheiten die Stadt Schuscha an und besetzten sie. Das war das Ende Mamedows. Die Anhänger des ehemaligen Präsidenten Mutalibows begannen in der Hauptstadt Baku zu demonstrieren und belagerten am 12. Mai das Parlamentsgebäude. Die Abgeordneten wurden gezwungen, innerhalb weniger Tage die Chodschalı-Tragedie erneut zu behandeln. Für den 14. Mai war dies das erste Thema der Debatte und das Parlament beschloss, Mutalibow dazu einzuladen, um seine Erklärungen zu hören. Mutalibow kam und sprach. Die Mehrheit der 240 Abgeordneten befürworteten eine Resolution zur Annullierung des Rücktritts Mutalibows. Mutalibow wurde wieder zum Präsidenten gewählt. Am Tag nach der Wiedereinsetzung Mutalibows demonstrierten in Baku Zehntausende von Anhängern der Volksfront und anderer Regierungskritiker und forderten Demokratie, Freiheit und die Durchführung der vorgesehenen Präsidentschaftswahlen. Mit Hilfe der Armee Aserbaidschans stürmten sie den Präsidentenpalast sowie das Parlament und besetzten weitere zentrale Gebäude der Stadt, darunter den Rundfunk- und Fernsehsender. Die Volksfront forderte den Rücktritt Mutalibows, der hielt sich seit Beginn der Proteste versteckt hielt. Am16. Mai fanden Verhandlungen im Nationalrat statt, wobei sich die Ex-Kommunisten und die Volksfrontangehörigen auf die Bildung einer Koalitionsregierung einigten. Die Maβnahmen und Beschlüsse Mutalibows wurden für ungültig erklärt. Zu den 12 A.Kartarı 13 Forderungen der Volksfront gegenüber der Regierung zählte auch die Intensivierung des Kampfes gegen Armenien. Am 18. Mai bestimmte das Parlament einen der Mitbegründer der Volksfront zum neuen Interimpräsidenten, Isa Gamberow. Die Präsidentschaftswahlen sollten wie geplant am 7. Juni stattfinden. Die nationalistisch-muslimische Volksfront hatte in den Auseinandersetzungen mit Armenien immer wieder für ein hartes Vorgehen plädiert und Mutalibows Haltung als zu zurückhaltend kritisiert. Sie hatte Mutalibow im März vorgeworfen, die Aseri in Berg-Karabakh nicht mit allen militärischen Mitteln gegen armenische Angriffe zu schützen. Nach dem Sturz Mutalibows wurde deutlich, dass es innerhalb der Volksfront einander widersprechende Gruppierungen gibt; während manche für die Errichtung eines demokratischen, weltlichen Staates eintraten, kämpfen andere für eine islamische Republik Aserbaidschan. Am selben Tag wurde Latschın von armenischen Einheiten besetzt und den Armeniern gelang es, einen Korridor zwischen Berg-Karabakh und dem Armenischen Staatsgebiet herzustellen. Die Anhänger Mutalibows und die Ex-Kommunisten machten dafür die Volksfront verantwortlich. Aber sie konnten die Regierung nicht stürzen. Am 1. Juni sagte Aserbaidschans neuer Interimpräsident Gamber: "Es wird von Armenien abhängen, ob (Anm: die Lösung des Konflikts) dies auf friedlichem Weg oder durch einen bewaffneten Kampf erfolgen werde. Die Republik hält nach wie vor an einer friedlichen Lösung des Problems fest" (Archiv der Gegenwart vom 23. Juni 1993). Bei den ersten freien Wahlen in Aserbaidschan am 7. Juni 1992 errang der " für seine pantürkische Visionen bekannte" intellektuelle Ebulfes Eltschibej mit 60 Prozent der Stimmen einem klaren Sieg (Neue Zürcher Zeitung, 7. Juli 1993). Nach der Wahl begann die aserbaidschanische Armee eine neue Groβoffensive gegen armenische Einheiten in Berg-Karabakh und brachte in den folgenden Tagen weite Gebiete im Nordosten unter ihre Kontrolle, darunter die Stadt Ağdere (Mardakert) und die Stadt Görenboj (Schaumjan). An diesen Kämpfen nahm auch Süret Hüssejnow als Kommandeur seiner eigenen Streitskräfte teil und er wurde von Präsident Eltschibej zum Volkshelden erhoben. Er war der Vertreter Eltschibej im Kampfgebiet. Als die Armenier Anfang Februar 1993 eine neue Groβoffensive starteten, verlor die aserbaidschanische Armee Ağdere und Görenboj wieder an den gegnerischen Truppen. Für diese Niederlage machte Präsident Eltschibej seinen Helden Hüssejnow verantwortlich und entlieβ ihn. Er zog seine Einheiten, die von ihm persönlich finanziert und bewaffnet worden waren, in die Stadt Gendsche zurück. Die armenischen Verbände konnten mit Hilfe ihrer modernen Waffen die aserbaidschanischen Widerstände brechen und am 3. April 1993 ging die Stadt Kelbedscher in die Hände der Armenier über. Rund 40.000 Aseri wurden von den armenischen Streitkräften eingeschlossen. Die aserbaidschanische Opposition griff die Regierung mit heftigen Vorwürfen an und forderte deren Rücktritt. Der Chef der oppositionellen Partei Istiglal (Unabhängigkeit), E'tibar Mamedow teilte mit, dass sie am 31. Mai in Baku eine Massendemonstration gegen die Regierung geplant hätten. Die Regierung erklärte daraufhin den Ausnahmezustand und schickte Armeeeinheiten aus Berg-Karabakh nach Baku. Auch Suret Hüssejnow kritisierte die Regierung und kündigte an, dass er die 13 A.Kartarı 14 Verwaltungsbeamten der Stadt Gendsche entlassen werde. In Gendsche waren bei dem Versuch, die Truppen des aufständischen Suret Hüssejnow zu entwaffnen, 70 Personen getötet und über 200 verletzt worden. Hüssejnow machte für die blutigen Ereignisse Präsident Eltschibej verantwortlich und bestand auf dessen Rücktritt. Er brachte mit seinen Truppen einen groβen Teil Aserbaidschans unter seine Kontrolle. Eltschibej rief zur Vermittlung den Parlamentschef Nachitschevans, Hajdar Alijew, nach Baku, der dann zum Parlamentschef Aserbaidschans gewählt wurde. Am 18. Juni verlieβ Präsident Eltschibej die Stadt Baku und floh nach Nachitschevan. Er erklärte, dass die Armee nicht in der Lage wäre, ihn zu verteidigen und er sich deshalb nach Nachitschevan begeben würde, um das Blutvergießen zu vermeiden. Die Bevölkerung Aserbaidschans unternahm nichts, um den frei gewählten Präsidenten zu verteidigen. Nach Meinung westlicher Politiker könne man die Bevölkerung verstehen, weil Eltschibej und seine Regierung es nicht geschafft hatten, die schweren Wirtschaftsprobleme des Landes zu bewältigen. Die Einführung einer eigenen Währung, des Manats, geriet zu einer ökonomisch äuβerst schädlicher Hängepartie. Inflation und Rubel-Knappheit brachten Industrie und Landwirtschaft an den Rand der Katastrophe. Eltschibej unternahm auch keinerlei Initiative, um Wirtschaftspläne zu entwickeln. Die wichtigen Wirtschaftsbeziehungen zu Russland wurden abgeschnitten. Eltschibej sagte nach der Entmachtung des Parlaments, es sei sein Ziel, eigentlich Aserbaidschan schneller als die beiden Nachbarrepubliken Armenien und Georgien aus der Wirtschaftskrise zu führen. Er konnte dies aber nicht schaffen. Eltschibej konnte weder den Konflikt mit Armenien lösen, noch die von armenischen Einheiten besetzten Territorien zurückgewinnen; ganz im Gegenteil: während seiner Herrschaft verlor Aserbaidschan wichtige Landteile, wie Kelbedcher. Die Korruptions-Vorwürfe gegenüber seinen Amtskollegen füllten immer noch die Zeitungsseiten. Am 20. Juni stoppten die Aufständischen ihren Marsch nach Baku 16 Kilometer vor der Hauptstadt, wo inzwischen Parlamentschef Hajdar Alijew praktisch die Amtgeschäfte des Präsidenten führte. Alijew erklärte, dass Eltschibej nach wie vor der demokratisch gewählte Präsident Aserbaidschan sei. Eltschibej erklärte, dass er der legale Präsident Aserbaidschans sei und die neuen Machthaber nicht anerkennen werde. Er betrachtete seine Entmachtung durch das Parlament als verfassungswidrig. Der Präsident werde in Aserbaidschan schlieβlich nicht vom Parlament, sondern vom Volk gewählt. Sein Sturz sei die "Rache des sowjetischen Reiches". Aserbaidschan habe nämlich versucht, schneller als die anderen kaukasischen oder zentralasiatischen Republiken dem EinΞuβ Moskaus zu entkommen. Nach den Gesprächen zwischen Alijew und Hüssejnow ernannte das aserbaischanische Parlament Hüssejnow zum Premier Aserbaidschans. Dieser übernahm auch die Ämter der Verteidigungs-, Innen- und Sicherheitsministerien und nach einigen Tagen rückte er mit seinen Truppen ins Kampfgebiet Karabakh. Er forderte, die ehemaligen Regierungsmitglieder oder die Offiziere, die für Ereignisse verantwortlich zu sein schienen, zu finden und zu bestrafen. In kurzer Zeit klärte das Untersuchungskommitee die Schuldfrage, demzufolge der ehemalige Parlamentschef Issa Gamber, der Verteidigungsminister und der Innenminister verhaftet wurden. In dieser Zeit protestierten die Anhänger der Volksfront gegen die Regierung, aber sie konnten keine 14 A.Kartarı 15 groβe Resonanz finden. Die Polizei intervenierte und verhaftete die Demonstranten. Die Regierung zensierte die aserbaidschanische Presse und die Zeitung der Oppositionspartei "Istiglal" wurde mit unbedruckten Seiten publiziert. Die Anhänger der Volksfront wurden aus ihrem staatlichen Ämternentlassen und die neue Regierung begann mit der Verfolgung früherer Staatsbediensteter. Nach dem Verlust Ağdams am 23. Juli 1993 erklärte Eltschibej als Begründung für die Niederlage, dass die regierenden Kräfte die National-Armeeeinheiten als "Volksfrontsmänner" bezeichnet und sie entwaffnet hätten. Diese falsche Behauptung ist auch ein Grund dafür, dass sich Aserbaidschan wegen innerpolitischer Ungereimtheiten nicht auf den Konflikt und den Krieg mit Armenien konzentrieren kann. VI. Die Haltung anderer Länder 1. Die wichtigen Beteiligten am Konflikt a. Russland "Die Russen waren bei Konflikten mit den muslimischen Völkern im Kaukasus und in der Türkei traditionell die Bundesgenossen der ebenfalls christlichen Armenier" schrieb Thomas Urban (Süddeutsche Zeitung, 12. Januar 1993). Bei dieser weit verbreiteten Meinung in der Weltöffentlichkeit, folgerte die Presse, dass auch in Baku, Jerewan oder Chankendi (Stepanakert) die eigentlich Schuldigen für die eigene Niederlage sofort gefunden seien: die Russen (vgl. Burkhard Bischof, Selbstbestimmungsrecht kontra territoriale Integrität, Die Presse, 16. April 1993). Auch nach der jüngsten Niederlage behauptete Baku, russische Armeeeinheiten hätten sich am armenischen Vormarsch beteiligt. Nach Bischofs Meinung, glaubten die westlichen Beobachter nicht, dass es eine eindeutige Parteinahme Russlands und einen Einsatzbefehl Moskaus für die regulären Truppen gebe, auf armenischer Seite zu kämpfen. Unbestritten aber sei, dass russische Söldner auf beiden Seiten kämpfen, mehr auf der Seite der Armenier, weil diese durch Diaspora-Hilfe mehr Devisen in ihrer Kriegkasse hätten. Unwidersprochen sei ferner, dass die ehemaligen sowjetischen Streitkräfte Unmengen von Waffen an Armenier und Aseris lieferten. Sicher ist, dass die Sympathie der Russen in diesem Konflikt eher den christlichen Armeniern als den muslimischen Aseris gehört. Das hat historische, aber auch aktuelle politisch-strategische Gründe. Die durch die Staatsgrenzen der Türkei, Aserbaidschans, Irans und Georgiens und Blockaden der Türkei und Aserbaidschans isolierte Republik Armenien ist ein aktives Mitglied der GUS, während das aserbaidschanische Parlament bisher die Mitgliedschaft der GUS nicht bestätigte. Armenien ist auch in den Augen Moskaus ein strategischer "Sperr-Riegel" gegen "groβtürkische" Bestrebungen, einen Korridor zum Kaspischen Meer und von dort nach Zentralasien zu öffnen. Aber der armenische Abgeordnete Aschot Nawasardjan sieht das anders: Moskaus eigentliche Absicht sei es, sich den gesamten Kaukasus wieder einzuverleiben. Er glaube daran, dass Moskau Jerewan 15 A.Kartarı 16 eine Gendarmenrolle zugewiesen habe, damit es seine Nachbarn Georgien und Aserbaidschan in das russische Imperium zurücktreibt. Russlands Beziehungen zu Aserbaidschan wurden nach dem Zerfall der ehemaligen Sowjetunion durch die Erklärungen der aserbaidschanischen leitenden Politiker bestimmt. Erst waren die so genannten Exkommunisten an der Macht, nämlich Wesirow und Mutalibow, die immer ihre Loyalität gegenüber Russland äuβerten. Nach dem zweiten Machtwechsel in Baku beschuldigte de Interimspräsident Aserbaidschans, Jagub Mamedow, den russischen Präsidenten Jelzin, einseitig für Armenien Partei zu ergreifen. Nach der Präsidentschaftswahl am 7. Juni 1992 verkündete der neu gewählte Präsident Aserbaidschans seine Ansicht über die Nachbarstaaten. Ebülfes Eltschibej, "der sich nicht als Anhänger eines fundamentalistischen Islam sieht, hatte zuvor geäuβert, er wolle keinen streng islamischen Staat schaffen, sondern einen demokratischen, der sich zur Türkei, aber auch zu Iran und Russland orientiere" (Archiv der Gegenwart vom 23 Juni 1992, S.36897). Nach den Berichten der Associated Press Agentur am 24. Juni sagte Tamara Dragadze aus Slovanic and East European Studies School at the University of London: "There are very active forces in Russia who want to keep Azerbaijan within their sphere of influence, because (they) are vengeful about the collapse of the former Soviet Union". Trotz dieser Äuβerungen "grenzte (Präsident Eltschibej) gleich nach dem Wahlsieg Aserbaidschan von seinen Nachbarstaaten Russland und Iran ab, wies (...) die Mitgliedschafts-Baku in der GUS zurück und machte sein Schicksal vom Wohlwollen der Regierung in Ankara anhängig" (Neue Zürcher Zeitung, 7. Juli 1992). Die westliche Presse veröffentlichte Berichte über die Gefechte am 30. April 1991, dass Aserbaidschans OMON Truppen und die sowjetischen Armeeeinheiten mit Panzern und Radfahrzeugen armenische Siedlungen entlang der armenisch aserbaidschanischen Grenze angegriffen hätten. Dies war der Grund für die Eskalation des Konflikts durch eben die Beteiligung der Sowjetischen Truppen. (Elizabeth Fuller: What Lies Behind the Current Armenian-Azerbaijani Tensions?, S.1). In der jüngsten Zeit warfen die europäischen Zeitungen Russland vor, dass "der aserbaidschanische Rebellenführer Husseinow von den russischen Einheiten mit schweren Waffen ausgerüstet worden" sei (Handelsblatt, 23. Juni 1993). Tatsächlich teilten Hüssejnows eigene Truppen in Gendsche die Armeebasis mit der russischen 709. Division. Diese Division sollte bis zum Ende1994 Aserbaidschan verlassen, aber tatsächlich verlieβen sie die Stadt bereits Anfang Mai 1993 und hinterlieβen ihre schwere Waffen nicht der Nationalen Armee Aserbaidschans, sondern Hüssejnows Truppen; im Wissen, dass er vom Präsidenten entlassen worden war. Nach Angaben militärischer Informanten in Aserbaidschan, kaufte Hüssejnow russische Waffen, als er in Berg-Karabakh Kommandeur war. Marcus Warren schrieb: "In both Transcaucasian conflicts, Muslims (Aseris and Abkhazians) are fighting Christians (Georgians and Armenians), but the roots of the trouble lie in territory and the old 'divide and rule' tactics of the Bolshevics" (The Daily Telegraph, 6. Juli 1993). Der von Russland indirekt unterstützte Rebellenaufstand durch Suret Hüssejnow hatte zwei wichtige Folgen: Erstens wurde der nationalistisch-orientierte Präsident 16 A.Kartarı 17 Eltschibej entmachtet, zweitens wurde der Ex-KP-Chef Aserbaidschans, Hajdar Alijew, zumindest vorläufig an die Macht gebracht. Nach dem Machtwechsel sagte Alijew: "Wir wollen gute Beziehungen mit allen Ländern in der Region haben, und Russland muss eines von ihnen sein" (Türkiye, 24. Juni 1993). Während und nach dem Putsch schwieg Russland. Laut der britischen Zeitung "The Sunday Times" vom 28. Juni 1993 gab ein russischer Sicherheitsoffizier zu, Moskau habe den Regierungswechsel in Aserbaidschan "durch Nicken und mit dem Wink" gefördert. Am Ende Juli 1993 berichtete die Presse, dass ein russischer Vertreter mit einer Friedensmisson nach Baku und Jerewan ging. Nach dessen Reise verlor Aserbaidschan die Stadt A dam. Deshalb hat die aserbaidschanische Bevölkerung kein Vertrauen zu Russland mehr. Auch in Armenien genieβt Russland weniger Vertrauen. "Die armenische Regierung erhob den Vorwurf (im Jahre 1992), dass die abziehenden Soldaten der ehemaligen Sowjetarmee den weitaus gröβten Teil ihrer Waffen Aserbaidschan übergeben, dagegen die Abgabe an Armenien aber immer wieder verzögert hätten. Auf diese Weise heize Russland den Konflikt zusätzlich an. Zahlreiche Offiziere der frühere Sowjetarmee seien als Söldner in die aserbaidschanischen Streitkräfte eingetreten" (Archiv der Gegenwart vom 10. September 1992, S.27142). Russland genieβt weder in Aserbaidschan noch in Armenien Vertrauen, aber beide Republiken sind, zumindest ökonomisch und militärisch, vom Russland anhängig. Man kann sie vorstellen, dass Russland, - wie schon in Georgien und Tadschikistan -, versucht, Moskaufreundliche Führungen in den unabhängig gewordenen Nachbarrepubliken zu installieren. Die Russen gaben bisher nicht auf, diese Republiken in ihrer Einflusssphäre zu belassen. Z.B. warnte der Verteidigungsminister Russlands, Pawel Gratscov, die Türkei, so berichteten die türkischen Zeitungen, vor allzu groβem Engagement in Baku (Milliyet vom 18. Mai 1993). Er sagte bei einem Besuch in Ankara im Mai: "Lassen Sie die Hände von unserem Aserbaidschan". b. Iran Iran hat direkten Zugang zu Armenien über die neue Brücke von Meghri, die Hauptstadt Baku ist auf Wegen entlang der kaspischen Küste erreichbar. In Iran leben ca. 250.000 Armenier, während ein Fünftel der iranischen Bevölkerung aus Aseris bestehen. Die Wiederannäherung zwischen Iran und Aserbaidschan fand nach dem Tod Ajatollah Chomeini im Juni 1989 statt, als der Präsident Irans, Ali Akbar Haschemi Rafsandschani, Moskau und Baku besuchte. Trotz der iranischen Besorgnis wegen des Wiedererstehens eines aserbaidschanischen Nationalismus, der auch Nationalgefühle bei den Aseris wecken könnte, besuchten eine Reihe von Regierungsvertretern Baku und beschlossen verschiedene Abkommen über Handel, Reiseverkehr und kulturelle Zusammenarbeit. Iran zögerte aber, Aserbaidschans Unabhängigkeit anzuerkennen, bis die Sowjetunion zerfallen war (Elizabeth Fuller: Nagorno-Karabakh: Internal Conflict Becomes International, S.1). 17 A.Kartarı 18 In Iran pochte man nachdrücklich auf die Gleichwertigkeit derNachbarn Aserbaidschan und Armenien. Mit beiden Ländern strebt Iran demnach gleiche Beziehungen an. Kommt die Rede auf Hilfeleistungen, so zitiert man Präsident Rafsandschanis Ausspruch: Aserbaidschan müsse so viel unterstützt werden wie Armenien und umgekehrt. Der aserbaidschanische Präsident Eltschibej und auch die iranischen Aseris behaupteten, dass Iran Armenien durch Waffen- und Energielieferungen unterstütze. Laut "Neue Zürcher Zeitung" sagten die iranischen Armenier in Täbris überschwänglich, Armeniens militärische Hauptversorgungsroute führe durch Täbris (Neue Zürcher Zeitung 2.Juli 1993). Der neugewählte Präsident Aserbaidschans, Eltschibej, sprach im Juni 1992 von der Wiedervereinigung des geteiltes Aserbaidschans und beunruhigte den Iran. Nach Berichten aserbaidschanischer Zeitungen sandte Iran tausende "Mullas" nach Aserbaidschan, um die schiitisch-muslimische Bevölkerung "aufzuwecken". Die Mullahs fanden in Aserbaidschan einige Anhänger für die Gründung eines Religionsstaates. Der Iran will offensichtlich in seiner Nordflanke keinen demokratischen Staat nach dem Vorbild der Türkei. Im Iran befürchtet man, dass eventuell die iranischen Aseris auch ihre Souveränität fordern könnten. Solange der Kampf zwischen Armenien und Aserbaidschan anhält, verschärft der Iran auch die Spannung zwischen Jerewan und Ankara. Da die iranischen Aseris sehr passiv und die iranische Armenier sehr aktiv in Wirtschaft und Politik Irans vertreten sind, ist die iranische Haltung gegenüber diesen Republiken von inneren Rücksichten und staatlichen Interessen geprägt. Man betrachtet den Iran als den regionalen Gegner der Türkei, weil Irans regionaler EinΞuβ auf Kosten der Türkei wächst. Irans Vermittlerrolle beim Karabakh-Konflikt führte zu territorialen Gewinnen der Armenier. Deshalb traut der gröβte Teil der aserbaidschanischen Bevölkerung dem Iran nicht mehr. Am 16. Februar erklärte der damalige Präsident Mutalibow, dass er eine Vermittlertätigkeit des Irans begrüβe. Am 25. Februar 1992 meldete Radio Teheran, dass sich Aserbaidschan und Armenien auf eine weitere 72-stündige Feuerpause geeinigt hätten, um den Weg für Verhandlungen unter der Vermittlung der iranischen Regierung zu ebnen. Am 26. Februar1992 besetzten armenische Einheiten die Stadt Chodschaly. Die Armenier hätten Greueltaten an der Bevölkerung begangen. c. Türkei Die Türkei hat lange Grenzen mit Georgien und Armenien. Sie hat mit der Autonomen Republik Aserbaidschans, Nachitschevan, nur sechs Kilometer gemeinsame Grenze, und von dort führt wegen des Krieges um Berg-Karabakhk ein Landweg in die Mutterrepublik Aserbaidschan. Die Türken stehen den Aseris in jeder Hinsicht sehr nahe. Ankara hat deshalb im Herbst 1991 als erster Staat die Unabhängigkeit Aserbaidschans, sowie die der anderen unabhängig gewordenen ehemaligen Sowjetrepubliken anerkannt und engagiert sich seitdem politisch, wirtschaftlich und 18 A.Kartarı 19 kulturell in Baku. Das Verhältnis Ankaras zu Armenien ist andererseits historisch schwer belastet. Bisher versuchte die Türkei den Konflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien friedlich zu lösen. Die Lösungen müssten nach Meinung der Türkei auf internationale Ebene gefunden werden. Deshalb unterstütze sie immer die Bemühungen der KSZE und der UNO. "Die Türkei setzt - trotz gelegentlicher harscher Worte des verstorbenen Präsidenten - immer wieder auf Gespräch und Vermittlung, sei es bilateral, sei es im Zusammenhang mit der KSZE" (Günter Lerch: Wirren in der "Stadt der Winde", Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22. Juni 1993). Die Auffassung des türkischen Präsidenten wird vorwiegend von der Opposition und der öffentlichen Meinung unterstützt, während die türkische Regierung einen sehr vorsichtigen Kurs einschlägt, um den aserbaidschanisch-armenischen Konflikt friedlich zu lösen. "Nicht zuletzt der armenische Präsident Ter-Petrosjan hatte dies honoriert, als er zur Trauerfeier für Özal Mitte April 1993 in Istanbul erschien "(Günter Lerch: Wirren in der "Stadt der Winde", Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22. June 1993). Im April 1993 arbeitete die Türkei mit den Vereinigten Staaten und Russland zusammen, um einen Friedensplan zur Lösung des Karabakh-Konflikts zu erstellen. Ihr Plan wurde erst von Aserbaidschan und Armenien akzeptiert, aber nicht von den Armeniern Berg-Karabachs. Sie protestierten gegen die Beteiligung der Türkei an den Friedensbemühungen und gegen die verringerten Sicherheitsmaβnahmen nach dem Rückzug der armenischen Armeeeinheiten aus dem von ihnen besetzten Territorium. Die zweite Version des tripartiten Friedensplans wurde auch von den Armeniern Berg-Karabachs nicht akzeptiert, trotz der Befürwortung des Vertreters der KSZE, Mario Rafaelli. Nach der Besetzung Kelbedscher durch armenische Einheiten wurde die türkische Politik gegenüber Armenien schärfer. Sie forderte den Rückzug der armenischen Armeeeinheiten und Verbände aus dem aserbaidschanischen Territorium. Sie erklärte die Beteiligung der armenischen Armee auf aserbaidschanischen Territorium für unakzeptabel und rief die internationalen Organisationen zur Intervention auf. Der Machtwechsel in Aserbaidschan hatte in Ankara bittere Folgen, weil die Türkei vor der Gefahr stand, ihren Einfluss auf Aserbaidschan und die mittelasiatischen Republiken zu verlieren. Doch der neue Präsident Hajdar Alijew sagte, dass die türkischen Interessen in Aserbaidschan während seiner Amtzeit gewahrt werden würden. d. USA In den ersten Jahren der Unabhängigkeit Aserbaidschans berücksichtigte die USA dieses Land fast gar nicht. Nach den türkischen Bemühungen um Einflussnahme im mittelasiatischen Raum, begann auch die USA sich mehr für dieses Gebiet zu interessieren. Sobald es um Fragen der Erdölförderung ging, tauchten amerikanische Erdölfirmen auf und schlossen mit türkischen und britischen Firmen Kooperationsverträge. Der Hauptanteil der Förderung fiel an die Amerikaner. Trotz aktiver Handelsabkommen zwischen aserbaidschanischen und amerikanischen 19 A.Kartarı 20 Firmen, half die Regierung der Vereinigten Staaten immer nur Armenien unter dem Namen "Humanitäre Hilfe". Man weiß heute, dass in der ehemaligen Sowjetunion auch das Mehl als Waffe benutzt werden kann. Wenn man Mehl zu Geld macht, kann man mit den erhaltenen Geldern alle Art von Waffen auf dem "Schwarzen Basar" kaufen. Am diesen Grund hatte die Türkei nach der Besetzung der aserbaidschanischen Stadt Kelbedscher durch die Armenier die Hilfsmittellieferung durch ihr Gebiet gestoppt. Die Vereinigten Staaten verurteilten die Besetzung der Stadt A dam durch armenische Einheiten und erklärten, dieser Akt könne nicht als Selbstverteidigung bewertet werden. In jüngster Zeit erklärte die USA, dass Eltschibej der gesetzliche Präsident Aserbaidschan sei. Seiner Vertreter sprach aber mit dem neuen Machthaber Alijew in Baku. Die USA nahm auch mit der Türkei und Russland an der Friedensbemühungen teil, hatte aber kein Erfolg. 2. Internationale Organisationen Bei jeder Eskalation des Konfliktes zwischen Aserbaidschan und Armenien appellierten beide Seiten an die UN. Beide Republiken klagten über die Angriffe des Gegners. Aserbaidschan wollte den Konflikt nicht auf die internationale Ebene bringen. Aber Armenien bemühte sich immer, dies zu erreichen. Doch die UN reagierte sehr langsam. Die KSZE bemühte sich um Frieden in Berg-Karabakh seit dessen Gründung Anfang 1992. Am 12. Februar 1992 reiste eine KSZE-Beobachtermission nach Armenien, Aserbaidschan und Berg-Karabach, um dort mit örtlichen Vertretern über die Beendigung der nationalen Konflikte zu verhandeln. Der Leiter war der tschechoslowakische Chef der Präsidialkanzlei, Karl von Schwarzenberg. Am 15. Februar 1992 führten der aserbaidschanische und armenische Auβenminister in Moskau ein kurzes Gespräch. Beide Seiten bekräftigten ihr Festhalten an der KSZE. Sie einigten sich auf sofortige Einstellung der Kämpfe in Berg-Karabakh und die Aufhebung der Blockade der Straβen, Verkehrwege und die Verhinderung der Lieferung humanitärer Hilfe. Am 26. Februar 1992 besetzten Armenier die Stadt Chodschalı. Am 4. März schrieb der aserbaidschanische Auβenminister Hüssejnağa Sadıchow an UN-Generalsekretär Butros-Ghali und teilte ihm die Situation in Chodschaly mit. Das Ziel der KSZE ist es, eventuell eine Konferenz über das Thema ‚Aserbaidschan-Armenien Konflikt’ in Minsk abzuhalten. Ende August 1992 traf sich der KSZE-Unterhändler Rafaeli mit den Präsidenten Aserbaidschans und Armeniens und erklärte, dass die Friedensbemühungen in eine Sackgasse geraten seien. Er hatte Ter-Petrosjan einen Vorschlag für eine Feuerpause 20 A.Kartarı 21 als Voraussetzung für weitere Friedensverhandlungen unterbreitet; doch der armenische Präsident hatte Vorbehalte geäuβert und vertrat die Ansicht, ein Abkommen müsse zwischen Aserbaidschan und Berg-Karabakhdirekt geschlossen werden; Armenien könne nicht für Berg-Karabakh mitstimmen, sondern nur für sich selbst (Archiv der Gegenwart vom 12. September 1992, S.37142-37143). Eine weitere Runde der KSZE-Gespräche in Rom vom 7. bis zum 10. September endete, ohne dass ein Termin für die Fortsetzung der Vorverhandlungen festgelegt werden konnte. Nach der Besetzung der Stadt Kelbedscher forderte der UN-Sicherheitsrat am 30. April mit der Resolution 822, "fremde und örtliche" bzw. "reguläre und unreguläre" armenische Kräfte sollten sich aus dem besetzten aserbaidschanischen Territorium zurückziehen, die Feindlichkeiten in und um Berg-Karabakhstoppen, und sie sollten die Wiederaufnahme des Friedenprozesses und der humanitären Hilfelieferungen nicht verhindern. Am 25.Juni 1993 akzeptierte Armenien diese UN-Resolution. Der so genannte "tripartite" Friedensplan wurde am 3. Mai 1993 verabschiedet. Aserbaidschan akzeptierte ihn am 6.Mai 1993. Berg-Karabakh lehnte ihn ab, weil er keine Möglichkeit enthielte, aserbaidschanische Angriffe zu verhindern. Die zweite Version des Plans wurde zwischen dem 14. und 15. Mai vorbereitet und am 18. Mai verabschiedet. Diese neue Version forderte, alle armenischen Truppen innerhalb des Zeitraums 29. Mai - 3. Juni aus dem aserbaidschanischen Territorium zurückzuziehen und am 1.Juni Waffenruhe zu schaffen. Dennoch verschärften die armenischen Einheiten ihre Angriffe gegen aserbaidschanische Siedlungen und besetzten die Stadt A dam. Wenige Tage später einigten sich die Militärs Aserbaidschans und Berg-Karabachs auf eine Feuerpause, doch liegt nach Angaben der Medien die Stadt Fisuli noch unter dem Feuer der Armenier. VII. Zusammenfassung Die Innenpolitik Aserbaidschans und Armeniens spielen beim Karabakh-Konflikt eine bedeutende Rolle. Beide Länder haben radikal national-denkende politische Gruppen, nämlich die Daschnaken in Armenien und "rechtsradikalen" in Aserbaidschan. Diese Gruppen haben einen groβen Einfluss auf die Politik der Regierungen. Jedem Machtwechsel in Aserbaidschan folgt stets eine Eskalation des Karabakh-Konflikts, wie jede Niederlage einen Machtwechsel in Baku zur Folge hat. Die demokratischen Kräfte konnten in Aserbaidschan als auch in Armenien die ehemalige Nomenklatur nicht beseitigen. Ehemalige Parteifunktionäre, wie Alijew, haben gute Beziehungen zu Moskau, und wie wir in der jüngsten Zeit in Aserbaidschan gesehen haben, versucht Moskau immer, die alten Kommunisten in diesen Ländern an die Macht zu bringen. Moskau unterstützt diese Bemühungen sehr. Die anderen Länder, wie die Vereinigten Staaten und die EG Länder, wollen durch humanitäre Hilfe den Menschen in der bedrohten Region helfen. Doch erreicht die humanitäre Hilfe nur wenige Menschen, weil die Transkaukasier auf den gut funktionierenden "schwarzen Bazars" Hilfsgüter gegen Waffen eintauschen und mit diesen weiterkämpfen. Der Iran will den Konflikt ebenfalls nicht lösen, weil er erstens einen gröβeren 21 A.Kartarı 22 Machteinfluss der Türkei befürchtet, zweitens sich ein freies Aserbaidschan zu einem reichen und demokratischen Staat entwickeln könnte und drittens sich die iranischen Aseris dann auch für eine Selbständigkeit zu Wort melden würden. Die Türkei kann keine Vermittler-Rolle übernehmen, da die Armenier Berg-Karabachs und die Daschnaken von Armenien die Einmischung der Türkei nicht akzeptieren. Die internationalen Organisationen versuchen den Konflikt friedlich zu lösen. Aber die Armenier nutzen die Bemühungen dieser Organisationen aus und nach jeder Feuerpause besetzen sie ein weiteres Stück des aserbaidschanischen Territoriums. Aserbaidschan hat keine Kontrolle über seine Verbände, weil sie untereinander nicht koordiniert sind. Auch wenn die Schluβbemerkung nicht befriedigen kann, muss leider festgestellt werden, dass die seienden diffusen und unstabilen politischen wie militärischen Verhältnisse auch in mittlerer Sicht keine dauerhaftige Lösung des Gesamtkonflikts erwarten lassen. Literatur Alijarow, Süleyman: Açıg Mektub, In: Azerbaycan, Nr.: 8/1988, S.180-185. Archiv der Gegenwart. Auch, Eva-Maria: "Ewiges Feuer" in Aserbaidschan. Ein Land zwischen Perestrojka, Bürgerkrieg und Unabhängigkeit, BIOS, 8/1992. _______: Aserbaidschan - Wirtschaftsprobleme, soziale Verwerfungen, politischer Nationalismus. In: Vierteljahres Berichte. Problems of International Cooperation, Nr.128, September 1992, S. 255-264. Azerbaycan Sovet Ensiklopedijasi. Baykara, Hüseyin: Azerbaycan İ⁄stiklal Mücadelesi Tarihi, İstanbul 1975. 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