The 20th Century Piano

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20TH C
27.06.2015
20TH CENTURY PIANO
„Die Eleganz und Grandezza seines unglaublich souveränen Spiels, die Schmieg- und Biegsamkeit seines Anschlags, die selbstverständliche Leichtigkeit, mit der er Akkordkaskaden niederstürzen oder beidhändige Läufe selbst im größten Tumult noch schillern und leuchten lässt
ohne den geringsten lärmenden Tastendonner: Das ist eine Klasse, die außer Hamelin heute
keiner so beherrscht. Denn in keiner Sekunde verliert er die Herrschaft über das Klavier, sondern weiß das Instrument auch noch in schikanösester Raserei klingen zu lassen.“
Karl Harb, „Salzburger Nachrichten“, August 2009
04 KONZERT
05 „DAS BIZARRSTE, WAS ICH JE GESCHRIEBEN HABE …“
VON VILLA-LOBOS BIS HAMELIN
07
08
BIOGRAFIE
VORSCHAU | IMPRESSUM
SAMSTAG, 27.06.2015
MARC-ANDRÉ
HAMELIN
NDR, ROLF-LIEBERMANN-STUDIO
20 UHR
MARC-ANDRÉ HAMELIN, Klavier
JOHN CAGE (1912 – 1992)
The Perilous Night (1943 – 1944)
No. 1
No. 2
No. 3
No. 4
No. 5
No. 6
K ON Z ER T
20TH CENTURY PIANO
Pause ininterrompue (1952/1959)
1. Slowly, sadly and as if to converse with
2. Quietly and with a cruel reverberation
3. A song of love
HEITOR VILLA-LOBOS (1897 – 1959)
Rudepoêma (1921 – 1926)
Modéré
— Pause —
MARC-ANDRÉ HAMELIN (*1961)
Barcarolle (2013)
Pavane variée (2014)
Chaconne (2013)
Variations on a Theme of Paganini (2011)
Theme: Vigorosamente (q = 116) with a groove.
Var. 1 – Var. 14. Coda
Die Aufzeichnung des Konzerts wird am 26.09.2015
ab 22 Uhr auf NDR Kultur gesendet. Zuvor können Sie
ab 20 Uhr auf NDR Kultur ein Pianistenportrait von
Marc-André Hamelin im Rahmen von „Prisma Musik“ hören.
HR
„DAS BIZARRSTE, WAS ICH JE GESC
IEBEN HABE …“
VON VILLA-LOBOS BIS HAMELIN
Mit fünf Jahren begann Marc-André Hamelin Klavier zu spielen,
kannt ist, liegt manchmal nur an den äußeren Umständen.“ Bis
als 13-Jähriger beherrschte er bereits Charles Ives’ „Concord
heute sind dem Frankokanadier Markt und Mainstream gleich-
Sonata“, die mit ihrem vielfach geschichteten, immer wieder in
gültig, was seiner umfangreichen Diskographie besonderen Reiz
drei Systemen notierten Klaviersatz eine Komplexität erreicht,
verleiht. Denn sie enthält neben Klassikern der Klavierliteratur
die jeden Interpreten vor höchste Herausforderungen stellt.
auch selten aufgeführte Klavierwerke mit extremen technischen
Wenige Jahre später widmete sich Hamelin Pierre Boulez’ Sona-
und interpretatorischen Herausforderungen.
te von 1954; seinen Lehrern an der Montreal Music School sagte
er nichts davon: „Wahrscheinlich kannten sie die Stücke nicht“.
Zu letzteren zählt zweifellos auch „The Perilous Night“ für präpa-
Sie förderten auch nicht, was Hamelin für absolut notwendig
riertes Klavier von John Cage, das sich aus sechs rhythmisch
hält, dass nämlich jeder Musiker auch komponieren sollte:
kontrastierenden Sequenzen zusammensetzt. Cage schrieb die
„Man wird aufmerksamer für alles, was die Komponisten machen.
Stücke, in denen Zeiträume mit Gefühlen strukturiert und diese
Vor allem lernt man, dass jeder Komponist die Notation auf sei-
Gefühle in Töne umgesetzt werden, als er sich von seiner Frau
ne Weise nutzt.“ Als der Pianist 1985 die Carnegie Hall American
Xenia trennte (den Titel entnahm er einer Sammlung irischer
Music Competition in New York gewann – Harold Schonberg,
Volksmärchen), weshalb die kurzen Kompositionen auch emotio-
Chefkritiker der „New York Times“, schrieb begeistert vom
nal um Momente wie Trennung und Einsamkeit kreisen. Ganz
„Über-Virtuosen“ –, spielte Marc-André Hamelin durchweg Stücke
im Sinne von Cages minimalistischem Stil kommen einfach
jenseits des gängigen Repertoires. „Ich unterscheide nicht
strukturierte Tonfolgen zum Einsatz: perpetuum-mobile-artige
zwischen traditionell und exotisch. Dass ein Œuvre nicht so be-
Repetitionen (in der zweiten Sequenz), sanfte Anfänge, Wieder-
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20TH CENTURY PIANO
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TORU TAKEMITSU (1930 – 1996)
„Seitensatz“ exponiert, wobei die Musik zwei groß angelegte
wie Wiederholungen mit hellen Überspielungen und plötzlichem
Steigerungsprozesse durchläuft. Der umfangreiche Mittelteil
Themenwechsel (in der vierten Sequenz). Seinen Abschluss fin-
(eine doppelte Durchführung in zwei verschiedenen Tempi)
Marc-André Hamelin wurde 1961 in
bewegen. Marc-André Hamelin erhielt
det das Werk, in dem eine faszinierende Bandbreite von Klang-
besticht durch eine brillante Mischung von virtuosen Ostinato-
Montreal geboren und studierte in Phi-
den renommierten Preis der deutschen
farben ausgebreitet wird, mit rhythmisch komplexen Tonfolgen,
ketten und energetischen Tontrauben, bevor die Musik in ka-
ladelphia bei Yvonne Hubert, Harvey
Schallplattenkritik für sein Lebenswerk.
deren Tempo schließlich verlangsamt wird.
denziale Cluster mündet. Mit dem anschließenden dritten Teil
Wedeen und Russel Sherman. Er erhielt
Er ist „Officer of the Order of Canada“,
folgt die „Reprise“, in der der Pianist in zahlreichen akkordi-
zahlreiche Preise und gastiert bei den
„Chevalier de l’Ordre du Québec“ und
schen Verzierungen seine Kunst präsentieren kann.
renommiertesten Orchestern auf den
Mitglied der Royal Society of Canada.
Wie „The Perilous Night“ provoziert auch der widersprüchliche
Titel „Pause ininterrompue“ von Toru Takemitsus gleichnamigem
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MARC-ANDRÉ HAMELIN, Klavier
holungen, Pausen oder Nachklänge (in der dritten Sequenz) so-
sich an der Grenze zur Unspielbarkeit
bekanntesten Podien der Welt. Die Saison
Klavierstück eine Vielzahl unterschiedlicher Assoziationen. Die
Schuf Marc-André Hamelin mit seinen Zwölf Etüden in allen
2014/2015 begann für den Pianisten
Überschrift entstammt dem Gedichtzyklus „Distanz der Elfen“
Moll-Tonarten Musik über Musik (jeder Etüde liegt ein Referenz-
mit diversen Rezitals in Aspen, New York,
des japanischen Dichters Shuzo Takiguchi, in dem verschiedene
werk zugrunde, das übermalt, verfremdet, dramatisiert, be-
Verbier, La Roque d’Anthéron, Duszniki
surrealistische Bilder aufeinanderprallen („Die Winde, hockend
schleunigt oder verlangsamt wird), griff er bei seiner neoim-
(im Rahmen des polnischen Międzyna-
auf kahlem Zweig, gewöhnen sich an spärliches Licht / Immer /
pressionistisch schillernden Barcarolle auf die lange Tradition
rodowy Festiwal Chopinowski w Duszni-
Gleich schweigender Spiegel auf dem Berg“). Der harmonisch
des venezianischen Gondellieds zurück – im traditionellen
kach-Zdroju) und Montreal in der Reihe
dichte und bisweilen clusterartige erste Satz, „Slowly, sadly and
6/8-Takt, der einer musikalischen Nachahmung der Ruderbewe-
„Montreal Symphony’s Virée Classique“.
as if to converse with“, entstand 1952, während die Sätze zwei
gung dient. Die „Pavane variée“ basiert demgegenüber auf der
Zudem gastierte Marc-André Hamelin
und drei 1959 nachkomponiert wurden. In „Quietly and with a
Pavane „Belle qui tiens ma vie“, die in Thoinot Arbeaus 1589 er-
beim Montreal Symphony Orchestra als
cruel reverberation“ ist für jeden Takt nur eine Dauer von jeweils
schienener Abhandlung „Orchésographie“ über die Ausführung
Solist in Mozarts Klavierkonzert B-Dur
drei Sekunden vorgeschrieben, innerhalb derer dem Interpreten
von Tänzen in der französischen Renaissance überliefert ist.
KV 595 (Dirigent: Kent Nagano) und über-
ein großes Maß an rhythmischer Freiheit zugestanden wird. Der
„Diese Pavane“, so Hamelin, „ist ein wunderschönes Liebeslied,
nahm, begleitet vom Los Angeles Philhar-
dritte Satz, „A song of love“, exponiert anschließend eine ein-
und sie hat mich nie mehr losgelassen, seit ich sie zum ersten
monic Orchestra, den Solopart in Beet-
fache Melodielinie im hohen Register, die von rhythmisch unre-
Mal gehört habe […]. Es ist mir ein Rätsel, warum das Stück
hovens Fünftem Klavierkonzert op. 73
gelmäßigen Akkorden begleitet wird. Takemitsu sollte dasselbe
anscheinend nicht mehr Komponisten angeregt hat, Variationen
in der Hollywood Bowl (Dirigent: Stéphane
musikalische Material später in einem anderen seiner Werke
darüber zu schreiben. Die einzige Ausnahme, die ich kenne, ist
Denève). Weitere Gastspiele führen Marc-
verwenden: in „Hika“ für Violine und Klavier aus dem Jahr 1966.
ein ganz kurzes Cembalostück von Antonio de Cabezon. Bei der
André Hamelin zum Danish National
Vorstellung des Themas habe ich die Melodie und die Harmonie
Symphony Orchestra sowie zu den Sinfo-
ein klein wenig modifiziert …“
nieorchestern von Cleveland, New Jersey,
Bei „Rudepoêma“ handelt es sich um Heitor Villa-Lobos’ umfangreichstes Soloklavierstück, in dem sich Einflüsse von Stra-
Oregon, Seattle, Utah, Vancouver und
winsky, Skrjabin, Mossolow, Ornstein und Antheil nachweisen
Während Hamelins Chaconne von Johann Sebastian Bachs be-
Philadelphia. Marc-André Hamelin hat
lassen und dessen polytonale Techniken auf der Musik von
rühmter d-Moll-Chaconne inspiriert wurde, reihen sich seine
zahlreiche zum Teil preisgekrönte CDs
Milhaud und Martin aufbauen. Technisch zählt es zu den schwie-
„Variations on a Theme of Paganini“ in eine lange Liste von hoch-
mit Werken von Albéniz, Alkan, Busoni,
rigsten Stücken der Klavierliteratur überhaupt, wobei Villa-
virtuosen Paganini-Variationen ein. „Ich habe“, so der Pianisten-
Brahms, Catoire, Chopin, Godowsky,
Lobos erklärtermaßen ein musikalisches Portrait des Wid-
komponist, „zu meinen Paganini-Variationen absolut nichts zu
Haydn, Kapustin, Liszt, Medtner, Ornstein,
mungsträgers Arthur Rubinstein zeichnen wollte, der ihn seiner-
bemerken, außer dass das Stück wohl zum Bizarrsten gehört,
Reger, Rzewski, Schumann und Schosta-
zeit zu seinem Studium in Paris überredet hatte. Ungeachtet
was ich je geschrieben habe. Sein Witz besteht darin, dass man
kowitsch eingespielt; kürzlich erschien
seiner dichten Harmonik und komplexen Rhythmik hat „Rude-
vorher nicht weiß, was passieren wird. Deshalb will ich den
eine Aufnahme der „Images“ sowie des
poêma“ einen relativ einfachen Formaufbau, in dem Elemente
Hörer die Musik völlig unvorbereitet erleben lassen, ohne vorge-
zweiten Bandes der Préludes von Claude
der „entwickelnden Variation“ mit Rudimenten der Sonatenform
fasste Meinung oder Vorahnung über ihre Abläufe und ihr Ziel.“
Debussy. Als Komponist ist Hamelin
verbunden werden. In der relativ schlichten „Exposition“ wird
neben einem sechstönigen Thema ein daraus abgeleiteter
on a theme of Paganini“ bekannt, die
besonders für seine „12 Études In All the
Harald Hodeige
Minor Keys“ sowie für seine „Variations
BIOGR AFIE
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Ihre nächsten Konzerte in der Reihe
NDR das neue werk
CLAUDE VIVIER – SIDDHARTHA
Donnerstag, 19.11.2015 | 20 Uhr
Kampnagel K6, Jarrestraße 20
Eröffnungskonzert
des Festivals „Greatest Hits“
NDR SINFONIEORCHESTER
Dirigent: MATTHIAS PINTSCHER
MICHAEL JARRELL
Instantanés
CLAUDE VIVIER – TANZTHEATER
Samstag, 21. November 2015 | 20 Uhr
Sonntag, 22. November 2015 | 20 Uhr
Kampnagel K6, Jarrestraße 20
Leitung Bereich Orchester, Chor und Konzerte:
Andrea Zietzschmann
CLAUDE VIVIER – ENLIGHTENED CHILD
Ein Tanztheater von Natalia Horecna
(Uraufführung)
Redaktion NDR das neue werk:
Dr. Richard Armbruster
Koordination: Janina Hannig, Yaltah Worlitzsch
BUNDESJUGENDBALLETT
ENSEMBLE RESONANZ
Dirigent: JEAN-MICHAËL LAVOIE
ALLISON COOK, Sopran
Redaktion des Programmheftes:
Dr. Harald Hodeige
CLAUDE VIVIER
Siddhartha
CLAUDE VIVIER
· Wo bist du Licht!
für Mezzosopran, Streicher, Percussion
und Tonband
· Bouchara
für Mezzosopran, Bläserquintett,
Streichquintett, Percussion und Tonband
· Zipangu
für dreizehn Streicher
Im Rahmen von „Greatest Hits –
Festival für zeitgenössische Musik“
In Kooperation mit Elbphilharmonie Konzerte
und Kampnagel
Im Rahmen von „Greatest Hits –
Festival für zeitgenössische Musik“
In Kooperation mit Elbphilharmonie Konzerte, Kampnagel,
Bundesjugendballett und Ensemble Resonanz
IGOR STRAWINSKY
Le chant du rossignol
GÉRARD GRISEY
„Stèle“ für zwei Schlagzeuger
Herausgegeben vom
Norddeutschen Rundfunk
Textnachweis: Der Einführungstext von
Dr. Harald Hodeige ist ein Originalbeitrag
für den NDR.
Fotos:
Sim Canetty-Clarke
(außer Rückseite: Gita Mundry | NDR)
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